Auswirkungen ökonomischer Globalisierung auf staatliche Politik: Die Rolle nationaler Politik im Standortwettbewerb


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

27 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Grundelemente und Merkmale von Globalisierung
2.1 Begriffliches
2.2 Dimensionen ökonomischer Globalisierung
2.2.1 Standortfaktoren
2.2.2 Arbeitskosten und Produktivität
2.2.3 Finanzmärkte
2.2.4 Direktinvestitionen

3 Auswirkungen ökonomischer Globalisierung auf staatliche Politik
3.1 Souveränitätsverlust in der Makroökonomie?
3.2 Einschränkung sozialpolitischer Gestaltungsfähigkeit?
3.4 Fraktionierung und Regionalisierung?
3.5 Fazit zu staatlicher Politik

4 Schlussbetrachtung

5 Literatur

1 Einleitung

Die Diskussion der Konsequenzen von Globalisierung findet vor dem Hintergrund einer radikalen Herausforderung durch ein neu erstarktes marktwirtschaftliches Lager in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik statt, das die Globalisierung der Wirtschaft als drastischen Einschnitt darstellt und als einzige mögliche Reaktion eine ebenso drastische Befreiung des Marktes und der Marktkräfte von politischer und institutioneller Regulierung proklamiert und in Angriff nimmt. Nun sind liberale Forderungen nach Wiedereinsetzung des Marktes alles andere als neu, was den Verdacht fördert, dass Globalisierung als neue Rechtfertigung für die Verfolgung alter Interessen vorgeschoben werde. Ebenso wenig neu ist die Behauptung, dass freie Märkte nicht nur die effizientesten, sondern zugleich auch die sozial gerechtesten Allokations-mechanismen seien, weshalb Deregulierung allen nutze, einschließlich denjenigen, die durch Regulierung geschützt werden sollen. Neu ist jedoch, dass das liberale Lager heute zunehmend die von ihm schon immer unterstellte technische und normative Ineffizienz regulative Eingriffe in den Markt auf ihren nationalen Charakter zurückführt. Politische Interventionen in den Markt müssen angeblich zu nicht optimaler Faktorenallokation wie beispielsweise Wachstumsverluste und Rückgang der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, die auf dem nationalen Territorium produzieren sowie zu sozialer Ungerechtigkeit mit einhergehender hoher Dauerarbeitslosigkeit und wachsender Ungleichheit zwischen Arbeitslosen und Arbeitsplatzbesitzern führen, während die Wirtschaftssubjekte zunehmend international agierten und sich deshalb nationalstaatlichen Regulierungen notfalls zum Schaden der jeweiligen Volkswirtschaft entziehen könnten. Dies führe dazu, dass soziale Standards unter dem Druck zunehmenden wirtschaftlichen Wettbewerbs ebenso zusammenbrechen müssten wie die Institutionen und Organisationen, die derartige Standards bisher gegen den Markt durchgesetzt haben.

Andere Positionen schätzen die Rolle nationaler Politik im Standortwettbewerb dahingehend anders ein, als dass nationale wirtschaftspolitische Interventionen in einer internationalisierten Ökonomie die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Volkswirtschaft erhöhen können, und zwar sowohl durch infrastrukturbildende Industriepolitik, als auch durch eine den sozialen Ausgleich sichernde Sozialpolitik mit dem Hinweis darauf, dass sozialer Friede ein entscheidender Produktionsfaktor sei. Dies erfordere politische

Interventionen und Investitionen beispielsweise in Forschung und Technologie über Bildungs-, Arbeitsmarkt- und soziale Sicherungspolitik, um social dumping entgegen zu wirken.

In dem Maße, wie die Möglichkeiten des Kapitals wachsen, aus nationalen Zusammenhängen bei nichtgefallen auszutreten, schwinden die Möglichkeiten der Organisation der weniger mobilen Arbeit ebenso wie die Möglichkeiten von auf nationaler Basis konstituierten korporatistischen und staatlichen Institutionen, dem Kapital Bedingungen für die Kooperation der Gesellschaft mit seinen Gewinninteressen aufzuerlegen. Damit verändern sich die politischen terms of trade, die in dieser Arbeit untersucht werden sollen.

Dazu werden nachfolgend im ersten Teil der Arbeit Grundelemente und Merkmale von Globalisierung geschildert. In diesem Zusammenhang wird versucht Globalisierung historisch und begrifflich zu fassen sowie Dimensionen ökonomischer Globalisierung mit Standortfaktoren, Finanzmärkte und Direktinvestitionen zu erläutern.

Danach wird im zweiten Teil der Frage nachgegangen, ob ökonomische Globalisierung Auswirkungen auf staatliche Politik im Kontext von Standortwettbewerb hat. Ein möglicher Souveränitätsverlust in der Makroökonomie mit einhergehender Einschränkung sozialpolitischer Gestaltungsfähigkeit wird dazu ebenso beleuchtet wie die Tendenz zu Fraktionierung und Regionalisierung. Hierbei wird ein Fazit zu den Auswirkungen ökonomischer Globalisierung auf staatliche Politik gegeben.

Abschließend wird beurteilt ob es Staaten gelingt den internationalen Konkurrenzdruck mit nationalen Strategien abzufangen, oder ob nicht angesichts der bisherigen Konsequenzen makroökonomische Elemente stärker zwischen ihnen abgestimmt werden müssten.

2 Grundelemente und Merkmale von Globalisierung

2.1 BEGRIFFLICHES

Nohlen (2001: 181ff) verweist, dass der Terminus Globalisierung ursprünglich im ökonomischen Bereich verwendet wurde, um zunehmende globale Verflechtung der Ökonomien, insbesondere der Finanzmärkte auf den Begriff zu bringen. Bedingt durch seine breite Verwendungspraxis ist der Begriff nicht einheitlich zu definieren. Im Kern besagt er die rapide Vermehrung und Verdichtung grenzüberschreitender gesellschaftlicher Interaktionen, die in räumlicher und zeitlicher Hinsicht die nationalen Gesellschaften immer stärker miteinander verkoppeln. Damit sind in bestimmten Sachfeldern globale Phänomene, die häufig von den Interaktionspartnern der Globalisierung gemeinsam hervorgerufen werden, von weitreichender Bedeutung für die Ebenen geringerer territorialer Reichweite.

Beck (1998: 19) weist zurecht in der Kontroverse um Globalisierung darauf hin, „daß der Grad weltwirtschaftlicher Verflechtungen heute etwa dem entspricht, der bereits vor dem Ersten Weltkrieg zur Zeit des Pax Britannica erreicht war“. Globalisierung meint in diesem Kontext zunehmende blockgebundene Wirtschaftsverflechtungen, die sich vor allem auf die großen kontinentalen Wirtschaftsblöcke Europa, Asien und Amerika, also innerhalb der OECD-Welt, konzentrieren. Globalisierung bezieht sich nach Hirst/Thompson (1998: 93f). also demnach auf eine zunehmende Interaktionsdichte des internationalen Handelns, die globale Vernetzung und enorme Beschleunigung der Finanzmärkte und die daraus entstehenden globalen Risiken sowie den Machtzuwachs transnationaler Konzerne. Die Bedeutung der Globalisierung für den einzelnen, Gruppen, Ländern wechselt, etwa aufgrund der Art der Integration eines Landes in die internationale Arbeitsteilung.

Neben der Globalisierung verlaufen Prozesse der Regionalisierung und kleinräumigen Fragmentierung. Innerhalb der Gesellschaften, auch in denen, die auf der ’Gewinnerseite’ stehen, gibt es demnach Gewinner und Verlierer der Globalisierung. Die territoriale Entgrenzung ist folglich begleitet von nationaler und sozialer Ausgrenzung und „kritische Stimmen beschwören nicht zu unrecht, dass unter dem Deckmantel der Globalisierung der Sozialstaat demontiert, der Umweltschutz klein geschrieben und die Solidarität zwischen den Völkern zur Leerformel degradiert wird“ (Nohlen 2001: 183). Damit droht eine Entgrenzung der wirtschaftlichen Prozesse die bestehenden sozialen Integrationsmechanismen zu überfordern und die demokratischen Kontrollverfahren auszuhebeln, denn diese besitzen nach Beck (1998: 10ff) nur nationale Wirkungshorizonte. Der Begriff der Globalisierung weist also auch in die Richtung, dass die Räume des Wirtschaftens größer werden. Sie überschreiten nationale Grenzen und damit werden folglich auch die Räume relevanter politischer Regelungen weiter (Dahrendorf 1998:50).

Ferner erscheint die Globalisierung in der Literatur häufig als eine vom Westen ausgehende, durch die gleichzeitige und gleichgerichtete Entwicklung von Technologie, Wirtschaft und Kultur vorangetriebene weltweite Vereinheitlichung oder Standardisierung. Im Kontext von Globalisierung geht es also nicht um Naturgewalten, die plötzlich auf die erstaunte Welt losgelassen wurden (Simons/Westermann 1997: 17). Die Bedingungen der Umsetzung neuer technischer Möglichkeiten in Realitäten werfen somit die Frage auf wer ein Interesse an der Globalisierung hat und wer davon profitiert:

„Was vor wenigen Jahren als ’Internationalisierung’ noch eine deutlich positiven Zungenschlag besaß, wird heute unter dem Stichwort ’Globalisierung’ zur argumentativen Keule gegen alles, was sich den geforderten Einschnitten in nationale Leistungsstandards widersetzt. Löhne, soziale Sicherungssysteme und gesellschaftlicher Konsens scheinen so zur Disposition zu stehen“ (Simons/Westermann 1997: 11).

2.2 Dimensionen ökonomischer globalisierung

Bis zu den siebziger Jahren bezogen sich die ökonomischen Analysen auf die nationalen Volkswirtschaften als Basiseinheiten. Der Vergleich ihrer Leistungsfähigkeit lieferte den Maßstab für wirtschaftlichen Erfolg. Die Prämisse lautete, dass für die Volkswirtschaften die entscheidenden Initiativen von den Regierungen ausgingen, auch wenn ihre Politik einer freien Marktwirtschaft verpflichtet war, „denn die Betriebswirtschaft behandelte Unternehmen und Individuen als subsidiäre Einheiten auf der Angebotsseite einer nationalen Volkswirtschaft“ (Albrow 1998: 415). Nicht alles fügte sich nahtlos diesem Bezugsrahmen. Die nationalen Volkswirtschaften operierten nicht in einer neutralen Umgebung. Speziell die Währungspolitik ließ sich nicht ohne internationale Abstimmung der Wechselkurs betreiben. Außerdem gehörten weder Unternehmen noch Individuen eindeutig zu einem einzigen Nationalstaat. Nach 1945 schien der internationale Handel durch das Abkommen von Bretton Woods problemlos geregelt zu sein. Der Anstieg der Ölpreise in den frühen siebziger Jahren brachte der ganzen Welt zu Bewusstsein, dass die ölproduzierenden Länder ein weiteres Machtzentrum waren. Neben dem amerikanischen Kapital erlangten Europa und Japan ökonomische Macht. Dies waren nicht die einzigen Veränderungen, denn die Internationalisierung von Produktion und Handel erforderten in steigendem Maße flexible und schnelle Reaktionen der Finanzmärkte. Die zunehmende Koordination der nationalen Aktienmärkte aufgrund neuer Technologie, die einen weltweiten Online-Datenaustausch und interaktive Kommunikation per Computer brachte, führte Anfang der achtziger neben dem Zugang von privaten Personen zum Markt vor allem zu schrankenlosen Finanzmärkten (Perraton/Goldblatt/ Held/McGrew 1998: 135). Das Ende des Dollars als intendierter Reservewährung, die Aufhebung seiner Konvertibilität in Gold 1971, war also ein wichtiger Schritt. Mit dem einsetzende Floating begann ein Prozess, der die Globalisierung der Finanzmärkte erleichterte. Zudem begannen zwei Runden der Handelsliberalisierung. Die Uruguay-Runde im damaligen GATT schloss in gewissem Umfang auch Dienstleistungen ein und führte zu einem neuen Regulator, der 1945 vergeblich erstrebten WTO oder Welthandelsorganisation. Zieht man die Summe aus solchen Entwicklungen, so kann man zu dem Schluss kommen, „daß wirtschaftliche Entwicklung in den neunziger Jahren nicht mehr die Sache der Wenigen ist. Sie ist tatsächlich global geworden. Das ist die entscheidende Tatsache, die nämlich begründet, warum Wettbewerbsfähigkeit ihre Qualität verändert hat. Der Weltmarkt ist nicht mehr ein OECD-Markt, sondern ein beinahe die ganze Welt umfassender Markt“ (Dahrendorf 1998: 44).

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Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Auswirkungen ökonomischer Globalisierung auf staatliche Politik: Die Rolle nationaler Politik im Standortwettbewerb
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Ideologien der Globalisierung - Globalisierung der Ideologien
Note
gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V10438
ISBN (eBook)
9783638168601
Dateigröße
632 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Auswirkungen, Globalisierung, Politik, Rolle, Politik, Standortwettbewerb, Ideologien, Globalisierung, Ideologien
Arbeit zitieren
Martin Würfel (Autor:in), 2003, Auswirkungen ökonomischer Globalisierung auf staatliche Politik: Die Rolle nationaler Politik im Standortwettbewerb, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/10438

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