Die rechtlichen Rahmenbedingungen im Investmentfondsgeschäft von Liechtenstein und Österreich aus Sicht einer Kapitalanlagegesellschaft

Ein Vergleich


Diplomarbeit, 2007

57 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen des Investmentfondsgeschäftes
2.1 Die Investmentidee
2.2 Der Begriff des Investmentfonds
2.3 Aufbau und Struktur von Investmentfonds
2.3.1 Kapitalanlagegesellschaft
2.3.2 Fondsvermögen
2.3.3 Depotbank

3 Die Harmonisierung des europäischen Investmentrechts
3.1 Der europäische Investmentfondsmarkt
3.2 Entwicklung und Ziele des Binnenmarktes
3.3 Die Richtlinie 85/611/EWG vom 20. Dezember 1985
3.3.1 Grundsätze und Zielsetzung
3.3.2 Regelungsgehalt der Richtlinie
3.4 Änderungsrichtlinien
3.5 Aktualisierungsbedarf

4 Das Investmentfondswesen im Fürstentum Liechtenstein
4.1 Allgemeines und Entwicklung
4.2 Kollektive Kapitalanlagen
4.3 Investmentunternehmen
4.3.1 Anlagefonds
4.3.2 Anlagegesellschaft
4.4 Die Verwaltungsgesellschaft
4.4.1 Zulassung
4.4.2 Tätigkeitsbereich
4.4.3 Pflichten
4.5 Veranlagungsvorschriften
4.5.1 Investmentunternehmen für Wertpapiere
4.5.2 Investmentunternehmen für andere Werte
4.5.3 Investmentunternehmen für andere Werte mit erhöhtem Risiko
4.5.4 Investmentunternehmen für qualifizierte Anleger
4.6 Besteuerung

5 Das Investmentfondswesen in der Republik Österreich
5.1 Allgemeines und Entwicklung
5.2 Der Investmentfonds
5.3 Die Kapitalanlagegesellschaft
5.3.1 Konzession nach dem BWG
5.3.2 Konzession nach dem InvFG
5.3.3 Tätigkeitsbereich
5.3.4 Pflichten
5.4 Veranlagungsvorschriften
5.4.1 Wertpapiere und Geldmarktinstrumente
5.4.2 Abgeleitete Finanzinstrumente (Derivate)
5.5 Besteuerung

6 Vergleich der rechtlichen Rahmenbedingungen in Liechtenstein und Österreich
6.1 Kapitalanlagegesellschaft
6.1.1 Zulassung
6.1.2 Rechtsform
6.1.3 Kapitalausstattung
6.1.4 Tätigkeitsbereich
6.1.5 Pflichten
6.2 Anlagemöglichkeiten
6.3 Besteuerung

7 Zusammenfassung und Fazit

Literaturverzeichnis

Rechtsquellen

Danksagung

Mein Dank gilt allen, die mich bei der Erstellung meiner Diplomarbeit unterstützt haben und mir jederzeit mit wertvollen Ratschlägen zur Seite gestanden sind.

Ganz besonderer Dank gebührt Herrn Prof. Dr. Friedrich Then Bergh, Leiter des Studiengangs Bank und Finanzmanagement, der meine Diplomarbeit betreut und mich in allen Belangen unterstützt hat sowie Herrn Prof. Dr. Bernd Rieger, der mir aufgrund seiner persönlichen Erfahrung im Bereich der Investmentfondsauflage wertvolle Anregungen gegeben hat.

Weiters möchte ich mich bei Frau Mag. Andrea Mörtl, Leiterin der Aufsicht über Veranlagungsgemeinschaften bei der österreichischen Finanzmarktaufsicht und ihrer Mitarbeiterin Frau Mag. Hulda Wiltschko für die Einladung nach Wien und die dor tige Betreuung bedanken. Großzügige Unterstützung erfuhr ich durch Herrn Dr. Heinz Macher, Leiter für Recht, Steuern und Compliance der Raiffeisen Capital Management (RCM) in Wien vor allem hinsichtlich österreichischer Literatur. Ge nauso gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Marco Menichetti, Leiter des Studiengangs Banking und Financial Management an der Hochschule Liechtenstein, für die Be reitstellung einer Reihe von Seminarunterlagen zum Thema Investmentfonds in Liechtenstein.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs und Tabellenverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Investmentfonds1 verschaffen privaten Anlegern Zugang zu professionell verwalte ten und diversifizierten Anlagen und machen bereits rund 12,6 % des gesamten Fi nanzvermögens eines europäischen Haushaltes aus. Innerhalb von zwölf Jahren hat sich das verwaltete Vermögen von Investmentfonds um ein fünffaches gesteigert. Die europäische Kommission erwartet bis 2010 Wachstumsraten von jährlich 10 %, womit sich der Gesamtwert der verwalteten Vermögen auf über 8 Bill. Euro steigern würde.2

Da sich das Angebot an Investmentfonds nicht nur ausschließlich an institutionelle Anleger, die mit dem Markt und den Risiken von Investmentfonds vertraut sind, richtet, sondern auch an den privaten Anleger, verlangt dieser nach einer kompeten ten und gut regulierten Investmentfondsbranche. Aus diesem Grund besteht bereits seit 1985 eine Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft (EG)3, welche die Harmo nisierung des europäischen Fondsmarktes bezweckt. Mittlerweile findet die Richtli nie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW), die im in ternationalen Sprachgebrauch üblicherweise als Undertakings for Collective Investments (UCITS) bezeichnet wird, sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU globa le Akzeptanz.4 Mit ihr wurde ein europaweit standardisierter Investmentfondstyp geschaffen, der unter erleichterten Bedingungen in ganz Europa vertrieben werden kann. Dadurch soll sowohl der private Anleger geschützt werden, als auch etwaige Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Staaten abgebaut werden.5

Für die Mitglieder der EU sowie des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) war die Umsetzung der Richtlinie verpflichtend. Da die Richtlinie aber nur das Konzept der Mindestharmonisierung verfolgt, obliegt die Gesetzgebung über die Richtlinie hinaus dem jeweiligen Staat. Dieser Handlungsspielraum erlaubt es die Rahmenbe dingungen der Investmentfondsauflage individuell zu gestalten, die Attraktivität des eigenen Investmentfondsmarktes zu steigern und somit in weiterer Folge Wettbe werbsvorteile gegenüber anderen konkurrierenden Staaten zu schaffen und zu nut zen. Angesichts der von der EU verfolgten Ziele stellt sich daher nun die Frage, ob die mit der Richtlinie beabsichtigten Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Staa ten auch tatsächlich abgebaut werden konnten.

Um dies zu prüfen, werden im Rahmen dieser Arbeit zunächst die allgemeinen Grundlagen des Investmentfondsgeschäftes erarbeitet. Im Mittelpunkt stehen hier der Begriff des Investmentfonds6 sowie dessen grundsätzlicher Aufbau und die Struktur. Weiters wird auf die Entwicklung des europäischen Investmentfondsmark tes eingegangen. Aufbauend auf die erarbeiteten Grundlagen des Investmentfonds geschäftes und die Zusammensetzung des Investmentfondsmarktes wird die Harmo nisierung des europäischen Raumes mittels Richtlinie über OGAW erläutert. Hierbei soll vor allem geklärt werden, wie sich die Richtlinie im Einzelnen zusammensetzt, was die EU mit der erlassenen Richtlinie erreichen will und wie die zukünftige Ent wicklung der Richtlinie durch die EU gestaltet wird. Im Anschluss daran wird die Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene sowohl für das Fürstentum Liechten stein als auch für die Republik Österreich7 dargestellt, um im weiteren Verlauf der Arbeit zu untersuchen, in welchen Bereichen signifikante Vorteile der jeweiligen Rechtsvorschriften gegeben sind. Hierzu wird ein Vergleich hinsichtlich Zulassung, Tätigkeitsbereich und Pflichten sowie Anlagemöglichkeiten und Besteuerung, je weils aus der Sicht einer Kapitalanlagegesellschaft, vorgenommen.

2 Grundlagen des Investmentfondsgeschäftes

2.1 Die Investmentidee

„Das Ziel der Gesellschaft ist es, den kleinen Sparern dieselben Vorteile zu ver schaffen wie den Reichen, indem das Risiko durch die Streuung der Kapitalanlage auf eine Vielzahl verschiedener Aktien vermindert wird.“8 Bereits im Gründungs prospekt des 1868 in Schottland errichteten „The Foreign and Colonial Government Trust“, welcher neben den Investmentgesellschaften Société Générale des Pays-Bas (1822) und Crédit Mobilier (1840) als eine der ersten Investmentgesellschaften gilt, ist das Ziel und gleichzeitig auch das Problem des Investmentsparens beschrieben, denn einem durchschnittlichen Investor fehlt es fast ausnahmslos an notwendigem Fachwissen, an der Zeit die jeweils interessanten Anlagemärkte zu ermitteln und laufend zu beobachten sowie an den heutzutage häufig erforderlichen Mindestanla gesummen oder an Mitteln für eine ausreichende Streuung seiner Anlagen.9 Mit ei ner Beteiligung an einem Investmentfonds können diese faktischen Hemmnisse ü berwunden werden.10 Sie bietet potentiellen Anlegern Chancengleichheit an allen Anlagemärkten und ermöglicht einer breiten Schicht der Bevölkerung den Zugang zu unmittelbaren Ertragsquellen unserer Wirtschaft.11

2.2 Der Begriff des Investmentfonds

Hinter dem Begriff des Investmentfonds steht ein Vermögen, welches von einer De potbank verwahrt sowie von einer Kapitalanlagegesellschaft12 verwaltet wird. Auf gabe der Kapitalanlagegesellschaft ist es, Gelder von Investoren (Kapitalgeber) ent gegenzunehmen und diese gemäß Anlagestrategie des jeweiligen Investmentfonds in verschiedene Wertpapiere, Grundstücke und Beteiligungen zu investieren.13 Die von einem Anleger erworbenen Anteilscheine eines Investmentfonds sind, im Gegensatz zu einem Sparbuch, kein originäres, sondern ein synthetisches Anlageprodukt. Syn thetisch deshalb, weil ein Anteilschein eines Investmentfonds nichts Neues schafft, sondern nur Direktanlagen, wie zum Beispiel den Kauf von Aktien, durch die Betei ligung an einem Fonds ersetzt.14 Es handelt sich also um ein Veranlagungsinstru ment, das das Kapital einer Vielzahl von Anlegern sammelt, um dieses gemein schaftlich und bestmöglich anzulegen.15

2.3 Aufbau und Struktur von Investmentfonds

Zur Umsetzung der Investmentidee bedarf es einer Rechtskonstruktion, welche aus der Kapitalanlagegesellschaft, dem Fondsvermögen sowie der Depotbank besteht.16

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Struktur eines Investmentfonds (Quelle: eigene Darstellung in Anleh nung an Dembowski (2000), Seite 41)

2.3.1 Kapitalanlagegesellschaft

Die Kapitalanlagegesellschaft ist ein Unternehmen, das einen oder mehrere Invest mentfonds auflegen kann. Häufig spricht man auch von einer Fondsgesellschaft oder einfach einer Investmentgesellschaft. Ihre Aufgabe ist es, das Fondsvermögen in eigenem Namen für gemeinsame Rechnung aller Anteilinhaber zu verwalten.17 So mit obliegt ihr die laufende Investition und Verwaltung des Fondsvermögens. In einzelnen Fällen ist es einer Kapitalanlagegesellschaft auch erlaubt, neben der Ver waltung des Fondsvermögens andere Geschäftsfelder, die ursprünglich Banken oder Finanzdienstleistern vorbehalten waren, zu besetzen. Dabei unterliegt sie in jedem Land einem eigenen Gesetz, welches die Kapitalanlagegesellschaft als solche defi niert. Um das Investmentgeschäft in einem Land zu betreiben, bedarf es der Erfül lung aller im Gesetz vorgeschr enden Bewilligung durch die zuständigen Behörden.18

2.3.2 Fondsvermögen

Hierunter versteht man das von den Anlegern eingelegte Geld und die damit erwor benen Vermögensgegenstände, wie zum Beispiel Wertpapiere, Immobilien, Beteili gungen und sonstige Forderungen. Zum Fondsvermögen gehört zudem auch alles was die Kapitalanlagegesellschaft aufgrund eines zu den Vermögensgegenständen gehörenden Rechts erwirbt (Dividenden, Zinsen,…). Man kann das Fondsvermögen somit auch als Depot sehen, das aus einer Vielzahl an Vermögensgegenständen be steht. Dabei sind die jeweils gesetzlich vorgegebenen Anlagevorschriften von der Kapitalanlagegesellschaft zu beachten.19 Teilweise besitzt das Fondsvermögen eine eigene Rechtspersönlichkeit. In diesem Fall wird das Fondsvermögen neben der Ka pitalanlagegesellschaft als eigene Rechtsform geführt. In einzelnen Ländern kann es hingegen auch vorkommen, dass das Fondsvermögen als so genanntes Sonderver mögen geführt wird. Dies bedeutet, dass es über keine eigene Rechtpersönlichkeit verfügt, sondern nur ein Vermögen ist, welches vom Vermögen der Kapitalanlage gesellschaft getrennt gehalten wird.20

2.3.3 Depotbank

Der Depotbank werden grundsätzlich zwei Aufgaben zugeteilt. Einerseits die Mit wirkung bei der Durchführung des Investmentgeschäftes und andererseits werden ihr Überprüfungskompetenzen hinsichtlich der Verwaltung des Fondsvermögens, also der Kapitalanlagegesellschaft, zugesprochen.21 Primäre Aufgabe der Depotbank ist es, das von der Kapitalanlagegesellschaft verwaltete Fondsvermögen sicher zu ver wahren. Dabei führt sie eine gewisse Treuhänderfunktion über das Fondsvermögen aus. Aus diesem Grund ist es von hoher Bedeutung, dass das Fondsvermögen von der verwaltenden Kapitalanlagegesellschaft rechtlich und personell getrennt ist.22 Neben der Verwahrung der Vermögenswerte führt die Depotbank noch weitere, viel fach administrative Aufgaben aus. Zudem hat die Depotbank eine Aufsichtsfunktion inne, bei der sie die Einhaltung der Anlagerichtlinien und Investmentgesetze kon trolliert.23 Bei der Auflage eines Investmentfonds ist die Kapitalanlagegesellschaft verpflichtet eine Depotbank zu bestellen. Da der Vergleich der rechtlichen Rahmen bedingungen dieser Arbeit aus Sicht der Kapitalgesellschaft vollzogen werden soll, wird im weiteren Verlauf der Arbeit nicht näher auf die Depotbank eingegangen.

3 Die Harmonisierung des europäischen Investmentrechts

3.1 Der europäische Investmentfondsmarkt

Die ersten Investmentgesellschaften wurden von der Scottish-American-Investment Company um 1860 in England und Schottland gegründet. Grund hierfür war ein zu dieser Zeit sehr niedriges Zinsniveau und damit zusammenhängend ein Überhang des zur Verfügung stehenden Kapitals, wodurch anderen Volkswirtschaften wie zum Beispiel den USA dringend benötigtes Geld als Kredit in Form von Anleihen zur Verfügung gestellt werden konnte. Allerdings war das Risiko, dass eine Anleihe nicht zurückbezahlt wurde, in einer Volkswirtschaft wie es die USA war, viel grö ßer. Aus dieser Situation heraus beschloss man, die Mittel mehrerer Anleger zu sammenzulegen, um diese auf mehrere Anleihen aufzuteilen, und so das Risiko zu diversifizieren sowie zu minimieren. Gleichzeitig beauftragten die Anleger einen Treuhänder mit der Veranlagung ihrer Mittel. In der Folge wurde der „Foreign & Colonial Government Trust“ aufgelegt, welcher noch heute als der erste Investment fonds betrachtet wird.24

Bereits kurze Zeit später griff die Gründung von Investmentgesellschaften dann auch auf die USA und anschließend auf das restliche Europa über. Die Phase des wirt schaftlichen Aufschwungs nach dem zweiten Weltkrieg lockte unzählige ausländi sche Kapitalanlagegesellschaften nach Europa, die jedoch aufgrund fehlender Rege lungen und Gesetze frei nach ihren Wünschen agieren konnten.25 Um diesem Prob lem entgegenzuwirken wurden von den einzelnen Staaten gesetzliche Regelungen sowohl für inländische als auch für ausländische Kapitalanlagegesellschaften ent worfen und verabschiedet, die im Laufe der Jahre immer wieder aktualisiert und erneuert wurden.26 Da durch die unzähligen Neuerungen die einzelnen Rechtsvor schriften der damaligen EG-Mitgliedstaaten erheblich voneinander abwichen, der EG-Vertrag aber einen gemeinsamen Markt vorsah, beschloss die EG eine Richtlinie zu erlassen. Diese 1985 erlassene Richtlinie wurde von den einzelnen Mitgliedsstaa ten in den Folgejahren in nationales Recht umgesetzt und dadurch ein europaweit standardisierter Fondstyp (OGAW-Fonds) geschaffen, der unter erleichterten Bedin gungen in ganz Europa vertrieben werden kann.27

Seit Verabschiedung der Richtlinie vor gut 20 Jahren hat sich der europäische Markt für Investmentfonds stark vergrößert. Die Anzahl der Investmentfonds hat ständig zugenommen und verzeichnet hohe Wachstumsraten.28 Allein im vergangenen Jahr 2006 verzeichnete die europäische Investmentfondsindustrie ein Wachstum von 14,9 %, was zu verwalteten Vermögenswerten in Höhe von 7,574 Bill. Euro führte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Entwicklung des europäischen Investmentfondsmarktes (Quelle: eige ne Darstellung in Anlehnung an EFAMA (2007), Seite 2)

Von den am europäischen Investmentfondsmarkt insgesamt verwalteten Vermö genswerten entfallen 5,974 Bill. Euro auf die OGAW-Investmentfonds, was ein Wachstum von 15,1 % entspricht, während die restlichen nicht standardisierten Investmentfonds 1,6 Bill. Euro an Vermögenswerten verwalten und deren Wachstum immerhin noch bei beachtlichen 13,9 % liegt.29

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Marktanteil der standardisierten OGAW-Investmentfonds am europäi sche Investmentfondsmarkt (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an KOM (2006) 686, Seite 3)

Ende des Jahres 2006 gab es bereits über 33.600 Investmentfonds des standardisier ten Typs, denen rund 9.000 des nicht standardisierten gegenüber standen.30 Allein in den letzten zehn Jahren haben sich die verwalteten Vermögenswerte vervierfacht. Wie Abbildung 3 deutlich zeigt entfallen in der EU etwa 79 % sämtlicher Invest mentfonds auf den standardisierten Fondstyp.31

3.2 Entwicklung und Ziele des Binnenmarktes

Der EG-Vertrag brachte die Aufgabe mit sich, einen gemeinsamen Markt zu schaf fen, der später in der Vollendung des Binnenmarktes unter Einhaltung der vier Grundfreiheiten, freier Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital, resultiert. Hierunter fällt auch die Schaffung eines einheitlichen europäischen Fi nanzraumes, der sämtliche Finanzmärkte der europäischen Mitgliedstaaten umfasst. Obwohl mit der Umsetzung des Zieles relativ früh begonnen wurde, standen sich dennoch nach wie vor mehr oder weniger getrennte nationale Finanzmärkte gegen über, die von unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen und politischen Entscheidungen geprägt waren.32 Zur Verbesserung des Zustandes wurden in mehre ren Schritten aufeinander aufbauende Generationen von Richtlinien erlassen. Im Zuge dieser Novellierungen hat sich die Kommission auch dem Bereich der Invest mentfonds gewidmet und die Richtlinie zur Koordinierung der Rechts und Verwal tungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW beziehungsweise UCITS) von 1985 (85/611/EWG) entworfen und umgesetzt.33

3.3 Die Richtlinie 85/611/EWG vom 20. Dezember 1985

3.3.1 Grundsätze und Zielsetzung

Als Bedingung für die Verwirklichung des einheitlichen europäischen Finanzraumes ging die Kommission zu Beginn noch von einer vollständigen Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften aus. Aber gerade im Bereich der Investmentfonds machten es die stark divergierenden einzelstaatlichen Regelungen und die damit verbundenen unterschiedlichen nationalen Interessenslagen nahezu unmöglich einen gemeinsamen Nenner zu finden.34 Zumindest sah die Kommission keine Chance dieses Ziel in vertretbarer Zeit zu verwirklichen. Aus diesem Grund ist sie vom ur sprünglichen Ziel abgekommen und versucht nun im Bereich der Investmentfonds eine Strategie durchzusetzen, die durch drei Grundsätze gekennzeichnet ist und durch deren Kombination das Konzept nunmehr Mindestharmonisierung bei wech selseitiger Anerkennung lautet.35 Dies bedeutet, dass die Rechtsvorschriften für OGAW im Hinblick auf die Verwirklichung der genannten Ziele gemeinsamen Mindestregelungen bezüglich der Zulassung, Aufsicht, Struktur, Geschäftstätigkeit sowie Informationspflichten unterzogen werden sollen. Zudem sollen die Maßnah men von den Mitgliedstaaten jeweils gegenseitig anerkannt werden sowie das Her kunftslandprinzip gelten, welches besagt, dass die Aufsicht nur den Behörden des jeweiligen Heimatlandes obliegt.36

3.3.2 Regelungsgehalt der Richtlinie

Vor dem obgenannten Hintergrund wurde am 20. Dezember 1985 die Richtlinie Nr. 85/611/EWG zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften betref fend OGAW vom Rat der Europäischen Gemeinschaft beschlossen. Bei den OGAW handelt es sich um speziell gebildete Wertpapierbestände. Gemäß der Richtlinie sind nur solche Organismen als OGAW anzusehen, deren ausschließlicher Zweck es ist, beim Publikum beschaffte Gelder für gemeinsame Rechnung nach dem Grundsatz der Risikostreuung in Wertpapiere und andere, von der Richtlinie festgelegte liquide Finanzanlagen, zu investieren und deren Anteile auf Verlangen der Anteilinhaber zu Lasten des Vermögens der Organismen zurückgenommen oder ausbezahlt werden.37 Mit der erlassenen Richtlinie verfolgt man drei Hauptziele. An erster Stelle stand die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen für Investmentfonds. Weiters wollte man durch eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen einen sicheren und einheitli chen Anlegerschutz gewähren sowie den freien Vertrieb von Anteilen an Invest mentfonds in den Mitgliedstaaten der EU erleichtern.38 Um diese auch zu verwirkli chen enthält die erlassene Richtlinie detaillierte Mindestvorschriften, die vom An wendungsbereich über die Struktur, Geschäftstätigkeit, Anlagepolitik und Aufsicht bis hin zu Publizitätserfordernissen beziehungsweise Informationspflichten für OGAW reichen. Gemäß der erlassenen Richtlinie unterliegen sowohl die Verwal tungsgesellschaften von Investmentfonds als auch deren Anlagepolitik einer Zulas sung, die an spezifische Anforderungen gebunden ist. Unterstützt durch strenge An lagebeschränkungen, Kapital und Offenlegungsanforderungen sowie durch die Verwahrung von Vermögenswerten und Beaufsichtigung des Investmentfonds durch eine unabhängige Verwahrstelle (Depotbank) soll ein gewisses Niveau an Anleger schutz gewährleistet und gewahrt werden. Zudem profitieren die OGAW vom so genannten „Europäischen Pass“. Dieser ermöglicht nach einmaliger Zulassung eines Investmentfonds im Herkunftsmitgliedstaat den Vertrieb der Anteile in allen anderen EU-Mitgliedstaaten, ohne weitere komplizierte Zulassungsvorschriften und Aufla gen.39

3.4 Änderungsrichtlinien

Bereits vor Verabschiedung und Inkrafttreten der grundlegenden Richtlinie von 1985 waren teilweise schon die ersten Probleme bekannt. Größtenteils wurden diese Probleme aber erst mit der Umsetzung der Richtlinie in das jeweilige nationale Recht und der damit zusammenhängenden Ausschöpfung der Gestaltungsfreiräume sichtbar. Aus diesem Grund kam es bereits relativ früh zu den ersten Reformvor schlägen. Ein erster Anlauf zu einer grundlegenden Überarbeitung nahm die Kom mission bereits 1993. Dieser scheiterte jedoch an den unterschiedlichen Vorstellun gen der einzelnen Mitgliedstaaten. Demnach waren für die Entwicklung eines euro päischen Binnenmarktes sowie die dafür erforderliche Harmonisierung des europäi schen Investmentrechts stets die divergierenden, nationalen Interessen prägend.40

Um die Entwicklung voranzutreiben wurde daher von der Kommission 1999 ein Aktionsplan für Finanzdienstleistungen, der so genannte Financial Action Plan, ver öffentlicht. In diesem Aktionsplan definiert die Kommission Ziele sowie die not wendigen Maßnahmen für die Verwirklichung eines gemeinsamen Finanzraumes.41 Hierauf hat die Kommission erneut eine Gesetzgebungsinitiative zur Überarbeitung der Richtlinie von 1985 gestartet, mit dem Ziel, die Anlagemöglichkeiten auch auf andere, hinreichend liquide Finanzanlagen auszuweiten und damit den aktuellen Marktentwicklungen gerecht zu werden. Aufgrund laufender Produktinnovationen bestand hier akuter Nachholbedarf.42 Darüber hinaus enthielt die bestehende Richtli nie nur unzureichende Regelungen und Vorschriften in Bezug auf die Struktur und Organisation der Kapitalanlagegesellschaften. Insbesondere gab es keine Bestim mungen mit denen in allen Mitgliedstaaten gleichwertige Marktzugangsvorschriften und gleichwertige Bedingungen für die Ausübung der Tätigkeiten gewährleistet werden konnten.43 Die beiden Änderungsvorschläge wurden 2002 in zwei einzelnen Richtlinien („Verwaltungsgesellschafts-Richtlinie“ 2001/107/EG und „Produkt Richtlinie“ 2001/108/EG) vom europäischen Parlament und vom Rat erlassen und anschließend von den Mitgliedstaaten der EU in nationales Recht umgesetzt.

3.5 Aktualisierungsbedarf

Mit der Richtlinie betreffend OGAW wurde ein erster wichtiger Schritt in Richtung integrierter und wettbewerbsfähiger europäischer Binnenmarkt für Investmentfonds gemacht. Trotz der Akzeptanz sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU sind vie le Interessensvertreter der Auffassung, dass die Rechtsvorschriften betreffend OGAW besser funktionieren könnten. Ihrer Ansicht nach verfügen die Vorschriften nicht über die erforderliche Flexibilität, um den sich rasch verändernden Fondsmärk ten gerecht zu werden und das volle Potential auszuschöpfen.44

Allerdings besteht für die Kommission derzeit keine Notwendigkeit, die Rechtsvor schriften grundlegend zu überarbeiten. Vielmehr sollen die Möglichkeiten der beste henden Rechtsvorschriften besser genutzt werden. Daher konzentriert sich die Kommission auf Mittel und Wege die aufzeigen, wie der bestehende Rechtsrahmen besser ausgeschöpft werden kann.45 Hierzu hat die Kommission das Grünbuch und darauf aufbauend das Weißbuch veröffentlicht, die erste Vorschläge zur effektiveren Nutzung enthalten. Im Vordergrund stehen die Vereinfachung des grenzüberschrei tenden Vertriebes, die Erzielung von Größenvorteilen und die Verbesserung der Li quidität von Investmentfonds durch Förderung von Fusionen und die einfachere Ver waltung von Investmentfonds aus einem anderen Mitgliedstaat sowie der Ausbau der aufsichtsrechtlichen Zusammenarbeit.46

4 Das Investmentfondswesen im Fürstentum Liechtenstein

Nachdem in den vorigen Kapiteln grundsätzliche Informationen zum Investment fondsgeschäft und dem europäischen Fondsmarkt gegeben wurden, sowie die Dar stellung der rechtlichen Vorgaben seitens der EU erfolgt ist, soll in den folgenden zwei Kapiteln die Rechtslage sowie Umsetzung der OGAW-Richtlinie jeweils für Liechtenstein und Österreich vermittelt werden. Besonderes Augenmerk wird hier bei auf die Anforderungen an eine Kapitalanlagegesellschaft sowie die Anlagevorschriften und die Besteuerung gelegt.

[...]


1 Für die Bezeichnung eines Investmentfonds werden in der Literatur diverse Bezeichnungen, wie etwa „Investmentunternehmen“, „Kapitalanlagefonds“, „Anlagefonds“ oder auch ganz einfach nur „Fonds“ als Synonyme verwendet. Um im weiteren Verlauf der Arbeit Verwirrungen zu vermeiden, wird grundsätzlich die Bezeichnung Investmentfonds verwendet.

2 Vgl. KOM(2006) 686 (2006), Seite 2

3 Die Richtlinie wurde noch von der damaligen EG erlassen, welche in die 1992 gegründete EU ein gegliedert wurde und seither die erste und wichtigste von drei Säulen auf denen die EU basiert wider spiegelt. Aus diesem Grund können die beiden Bezeichnungen EG und EU quasi als Synonyme ver wendet werden.

4 Vgl. SEK(2006) 1452 (2006), Seite 2 3

5 Vgl. Hallas (1997), Seite 26 28

6 Eine Einteilung von Investmentfonds erfolgt meist in die beiden Hauptkategorien Wertpapiere und Immobilien. Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf Investmentfonds, die in Wertpapiere investieren. Immobilienfonds spielen hierbei keine tragende Rolle.

7 In der Folge werden in dieser Arbeit sowohl für das Fürstentum Liechtenstein als auch für die Re publik Österreich die jeweiligen Kurzformen Liechtenstein beziehungsweise Österreich verwendet.

8 Laux / Päsler (1992), Seite 9

9 Vgl. Balk / Eller / Gutmann (1991), Seite 4

10 Vgl. Laux / Päsler (1992), Seite 9 10

11 Vgl. Hallas (1997), Seite 5 12

12 Analog den verschiedenen Bezeichnungen für einen Investmentfonds bestehen auch für die Kapi talanlagegesellschaft verschiedene Bezeichnungen wie beispielsweise „Investmentfondsgesellschaft“

oder „Verwaltungsgesellschaft“, die als Synonyme verwendet werden.

13 Vgl. Esser (2000), Seite 15 16

14 Vgl. Den Otter (2003), Seite 21

15 Vgl. Aigner (2002), Seite 14

16 Vgl. Laux / Päsler (1992), Seite 28 30

17 Vgl. Mol (1991), Seite 20 22

18 Vgl. Raab, Hrsg. (2006), Seite 15 17

19 Vgl. Laux / Päsler (1992), Seite 34 45

20 Vgl. Dembowski (2000), Seite 42

21 Vgl. Hallas (1997), Seite 41 44

22 Vgl. Mol (1991), Seite 22 24

23 Vgl. Lau (2004), Seite 32 33

24 Vgl. Dembowski (2000), Seite 20 23

25 Vgl. Lau (2004), Seite 10 18

26 Vgl. Raab, Hrsg. (2006), Seite 1 7

27 Vgl. Hallas (1997), Seite 26 28

29 Vgl. EFAMA (2007), Seite 2

30 Vgl. EFAMA I (2007), Seite 8

31 Vgl. IP/06/1569 (2006), Seite 1

32 Vgl. Horstkotte (2001), Seite 53

33 Vgl. Richtlinie 85/611/EWG (2005), Seite 2

34 Vgl. Horstkotte (2001), Seite 53 54

35 Vgl. Sieberer (1996), Seite 39

36 Vgl. Richtlinie 85/611/EWG (2005), Seite 2 3

37 Vgl. KOM(2005) 314 (2005), Seite 2

38 Vgl. Horstkotte (2001), Seite 55

39 Vgl. KOM(2006) 686 (2006), Seite 3

40 Vgl. Horstkotte (2001), Seite 58

41 Vgl. KOM(1999) 232 (1999), Seite 1 2

42 Vgl. Richtlinie 2001/108/EG (2002), Seite 35 36

43 Vgl. Richtlinie 2001/107/EG (2002), Seite 20 21

44 Vgl. Fragos (2006), Seite 10 11

45 Vgl. KOM(2005) 314 (2005), Seite 2

46 Vgl. IP/07/396 (2006), Seite 1

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Die rechtlichen Rahmenbedingungen im Investmentfondsgeschäft von Liechtenstein und Österreich aus Sicht einer Kapitalanlagegesellschaft
Untertitel
Ein Vergleich
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Ravensburg, früher: Berufsakademie Ravensburg  (Bank- und Finanzmanagement)
Veranstaltung
Diplomarbeit, Betriebswirtschaftslehre
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
57
Katalognummer
V112703
ISBN (eBook)
9783640122486
ISBN (Buch)
9783640123889
Dateigröße
819 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vergleich, Rahmenbedingungen, Investmentfondsgeschäft, Fürstentum, Liechtenstein, Republik, Sicht, Kapitalanlagegesellschaft, Diplomarbeit, Betriebswirtschaftslehre
Arbeit zitieren
Dipl. Betriebswirt (BA) Johannes Ruhm (Autor:in), 2007, Die rechtlichen Rahmenbedingungen im Investmentfondsgeschäft von Liechtenstein und Österreich aus Sicht einer Kapitalanlagegesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112703

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