Judo. Koedukative Gruppenarbeit zur Erstellung einer Choreographie aus Übungselementen zur Gürtelprüfung des 8. Kyo im MSS Grundkurs 11/1


Examensarbeit, 2002

121 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Unterrichtsvoraussetzungen
2.1 Eigene Vorkenntnisse und Erfahrungen
2.2 Personale Unterrichtsvoraussetzungen
2.3 Institutionelle und Räumliche Unterrichtsvoraussetzungen
2.4 Inhaltliche Unterrichtsvoraussetzungen

3 Inhaltsstruktur und Didaktische Entscheidungen
3.1 Sachanalyse
3.1.1 Die Grundidee des Judo
3.1.2 Das Anforderungsprofil
3.1.2.1 Trefferoptimierung
3.1.2.2 Situationsorientierung
3.1.2.3 Aktive Gegnerbehinderung
3.1.3 Pädagogische Perspektiven im Bezug zum Lehrplan Sekundarstufe II
3.2 Bewegungsanalyse
3.2.1 Ukemi-Waza (Falltechniken)
3.2.1.1 Yoko-Ukemi-Waza (Falltechnik seitwärts)
3.2.1.2 Mae-Ukemi-Waza (Falltechnik vorwärts)
3.2.1.3 Ushiro-Ukemi-Waza (Falltechnik rückwärts)
3.2.2 Nage-Waza (Wurftechniken)
3.2.2.1 Te-Waza und Koshi-Waza
3.2.2.1.1 Uki-Goshi (Hüftschwung)
3.2.2.1.2 O-Goshi (Großer Hüftschwung)
3.2.2.1.3 Ippon-Seoi-Nage (einhändiger Schulterwurf)
3.2.2.2 Ashi-Waza (Fuß- und Beinwürfe)
3.2.2.2.1 O-Soto-Gari (große Außensichel)
3.2.3 Ne-Waza (Griff- bzw. Bodentechniken)
3.2.3.1 Kesa-Gatame (Schärpenschlüssel)
3.2.3.2 Kami-Shiho-Gatame (Oberer Viererschlüssel)
3.2.3.3 Yoko-Shiho-Gatame (Seitlicher Viererschlüssel)
3.2.3.4 Tate-Shiho-Gatame (Reitviererschlüssel)
3.2.4 Grundlagen der judospezifischen Bewegungen
3.2.5 Die Technikverbindungen für die Choreographie bzw. Kampf
3.3 Das Erstellen einer Choreographie
3.3.1 Eine Arbeitsdefinition des Begriffs Choreographie
3.3.2 Der Gestaltungsprozess
3.4 Didaktische Reduktion

4 Lernziele
4.1 Übergeordnetes Lernziel der Unterrichtsreihe
4.2 Psychomotorische Lernziele
4.3 Kognitive Lernziele
4.4 Affektive Lernziele

5 Methodische Konzepte, Überlegungen und Entscheidungen
5.1 Allgemeingültige methodische Maßnahmen und Verfahrensweisen im Schulsport
5.2 Sportartspezifische Methodikansätze im Judo
5.2.1 Das Kodokan-Judo nach Kano
5.2.2 Die Methode nach Geesink
5.2.3 Die Methode nach Ohgo - analytisch – synthetische Methode
5.2.4 Die Methode nach Bonfranchi und Klocke
5.2.5 Begründung und Bewertung der Methodikwahl
5.2.5.1 Vermittlung der Falltechniken
5.2.5.2 Vermittlung der Wurftechniken
5.2.5.3 Vermittlung der Haltegrifftechniken
5.3 Medieneinsatz
5.4 Ordnungsrahmen

6 Planung und Durchführung der Unterrichtsreihe
6.1 Grobplanung der Unterrichtsreihe
6.2 Grobplanung der Doppelstunden bzw. Einzelstunden
6.3 Planung, Durchführung und Reflexion der Doppel- bzw. Einzelstunden
6.3.1 1. Unterrichtsstunde
6.3.1 2. Unterrichtsstunde
6.3.1 3. Unterrichtsstunde
6.3.1 4. Unterrichtsstunde
6.3.1 5. Unterrichtsstunde
6.3.1 6. Unterrichtsstunde

7 Lernzielkontrolle
7.1 Leistungsfeststellung
7.2 Überprüfung der Einstellung zur Kampfsportart Judo

8 Zusammenfassende Evaluation der Unterrichtsreihe
8.1 Evaluation der Auswahl der Unterrichtsinhalte
8.2 Evaluation der gesamten Unterrichtsreihe
8.3 Weiterführung und Ausblick der Unterrichtsreihe

9 Literaturverzeichnis

10 Anlagen

A. geplante Verlaufspläne der Unterrichtsreihe Judo

B. Handreichung für die Lerngruppe

C. zusätzliche Abbildungen und Graphiken

D. Arbeitsblätter und Wandtafeln (kleines Format)

E. Beurteilungsbogen zur Unterrichtsreihe Judo

F. Fachbegriffe

1 Einleitung

Die Idee zu dieser Unterrichtsreihe entstand im Laufe meiner Unterrichtspraxis im Rahmen der Referendarausbildung. Die SchülerInnen1 des Kurfürst – Balduin – Gymnasiums Münstermaifeld sprachen mich immer wieder an, ob ich nicht innerhalb einer Arbeits-gemeinschaft eine neue Sportart anbieten könnte. Dies ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass vorrangig die traditionellen Schulsportarten unterrichtet werden. Während meiner Ausbildung konnte ich die Feststellung machen, dass die „nichttraditionellen“ Sportarten (z.B. Badminton, Hockey und Rudern) einen hohen Motivationsgrad bei den SchülerInnen hervor-riefen, da sie so genannte neue Bedürfnisse befriedigen. Sofort entschloss ich mich einen Kurs der Klassenstufe 11 zu übernehmen, um mit der Sportart Judo den Bewegungshorizont der Jugendlichen zu erweitern und somit eine Verbesserung der motorischen Fitness zu erwirken. Judo ist eine Kampfsportart, die sich im außerschulischen Sport in Vereinen etabliert hat und dort einen hohen Zuspruch seitens der SchülerInnen erhält. Im Schulsport wird Judo noch immer nicht gewürdigt und gefördert. Es ist eine Randsportart, der es sicherlich an der fehlenden, fachlichen Ausbildung der Lehrkräfte mangelt und sich mit einer spärlichen Materialausstattung präsentiert.

Der Sportunterricht im ersten Halbjahr der MSS 11 wird als themenorientierter Kurs durchgeführt, in dem die Verbesserung der Fitness als Ziel, aber auch als Prozess im Mittelpunkt steht. In diesem Kurshalbjahr sollen die angehenden Abiturienten lernen, wie man gezielt und systematisch seine Fitness verbessern kann. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Kraft und Kraftausdauer sowie der Koordinationsfähigkeit. Nicht nur diese Aspekte werden mit der Sportart Judo geschult, sondern auch in hohem Maße lassen sich die psychischen Grundeigenschaften, insbesondere die anaerobe Ausdauer, die dynamische und statische Kraft, die Kraftausdauer, die Aktions- und Reaktionsschnelligkeit, die Koordinationsfähigkeit, außerdem das Konzentrationsvermögen sowie die Willensstärke verbessern. Im Lehrplan für die Sekundarstufe II des Landes Rheinland-Pfalz gehört Judo als einzige Kampfsportart zur Gruppe der „C - Sportarten“2.

Das Ziel dieser Unterrichtsreihe ist es zu prüfen, ob Judoelemente der Anfängerausbildung in der MSS 11 sich innerhalb einer Choreographie sinnvoll verbinden lassen. Mit meiner Thematik betrete ich in Rheinland-Pfalz Neuland, da Judo in einer koedukativen Lerngruppe der Klassenstufe 11 Vor- und Nachteile mit sich bringt. Der Vorteil liegt sicherlich in der Eigenmotivation der Übungsgruppe für diese Unterrichtsreihe. Der Nachteil manifestiert sich in dem nicht vorhandenen Rückgriff auf bewährte und erprobte Unterrichtskonzepte und die in der Judoliteratur konträren bzw. fehlenden Meinungen hinsichtlich der Reihenfolge und Auswahl der Inhalte für die Anfängerausbildung. Auch die komplizierte Verbindung zweier Sportarten (Tanz und Judo) könnte sich als Nachteil herausstellen. Damit sind die Lernenden gefordert, einfache Fähigkeiten wieder neu zu entdecken und diese auch noch sinnvoll und zielgerichtet anzuwenden.

Judo - (jap.): „ der sanfte Weg“, japanische Kampfkunst, 1882 von Professor Jigoro Kano aus der kriegerischen Kunst des Jiu-Jitsu gegründet und im Sinne des Budo entwickelt.3

Choreographie – aus dem griechischen choros – Tanz und Graphien – Schrift, „eine Tanzschrift, mit deren Hilfe man versucht, Haltungen, Stellungen, Einzel- und Gruppenbewegungen und Richtungen im Zusammenhang tänzerischer Bewegungsfolgen mit eigens dafür erfundenen Symbolen und graphischen Systemen aufzuzeichnen.“4

Judo und Choreographie – Begriffe, die sich auf den ersten Blick zu widersprechen scheinen. Woran denkt man, wenn man Judo hört? Doch sicherlich erst einmal an Kampf,5 man impliziert also einen Konflikt, einen Antagonismus, zwei Kontrahenten arbeiten bewusst gegeneinander. Hört man dagegen Choreographie, denkt man zuerst an Tanz, an festgelegte Schrittfolgen, rhythmische Bewegungen zur Musik, an geplantes und durchdachtes Miteinander. Die oben gezeigte Karikatur soll, zugegebenermaßen etwas überspitzt, ver-deutlichen: der Gegensatz ist nur scheinbar. Sowohl Kampf als auch Tanz, beides übt auf den Betrachter eine faszinierende Wirkung aus. Ist es bei Ersterem das Spannungsmoment, die Ungewissheit des Ausgangs, das physische und mentale Kräftemessen, so ist es bei Letzterem die phantasievolle Gestaltung des Raumes bzw. der Zeit durch variationsreiche Bewegungen und einfallsreiche Gruppierung der Tänzer. Bei beiden ist es Kraft und Eleganz, die der Bewegung innewohnende Ästhetik. Kampf und Tanz zu kombinieren ist keine neue Idee. Das moderne Showgeschäft macht rege von optischen Effekten Gebrauch. Jetzt noch der passende musikalische Background und die Wirkung ist perfekt. Durch japanische Musik im Hintergrund werden verschiedene Aspekte bei den SchülerInnen bzw. auch beim Publikum geweckt, so zum Beispiel Motivation, Beruhigung, Konzentration oder Disziplin. Somit trägt und führt die Musik die judospezifische Choreographie. Kampfkunstshows begeistern längst nicht mehr nur einen kleinen Kreis von Kampfsportfans. Nicht umsonst feiert die brasilianische Kampfkunst Capoeira einen enormen Aufschwung, vereint sie in sich doch Musik, Tanz und Kampf. Spektakuläre Vorführungen chinesischer Mönche werden von Musik begleitet. Der letzte Schrei im Fitnessbereich: Thai-Bo, eine Kombination aus Kampfsport und Aerobic. Da derartige Präsentationen solch ein Motivierungspotential besitzen, liegt es nahe, Musik und choreographische Elemente in den Judounterricht einfließen zu lassen. Abschließend ist festzuhalten, dass im Judounterricht keine Kampfkunstshow erreicht werden kann, denn die musikalischen Takt- und Rhythmusabstimmungen zwischen den einzelnen Choreographieelementen wären zu kompliziert. In der Anfängerausbildung ist es jedoch sinnvoll, einzelne technisch und koordinativ anspruchsvolle Judoelemente miteinander zu kombinieren und in einer Gruppenchoreographie zu präsentieren. Durch die Präsentationen haben die SchülerInnen Gelegenheit, ihre Persönlichkeit über eigene kreative Elemente zum Ausdruck zu bringen und mit judospezifischen Elementen zu verbinden.

2 Unterrichtsvoraussetzungen

2.1 Eigene Vorkenntnisse und Erfahrungen

Judo ist mir als Kampfsportart aus der eigenen Schulzeit bekannt. Im Rahmen meiner universitären Ausbildung haben ich das Grundfach, sowie auch das Schwerpunktfach Judo belegt und erfolgreich abgeschlossen (Note: Praxis 1,4 / Theorie: 2,0). Innerhalb dieser Anfängerausbildung habe ich zwei Gürtelprüfungen absolviert. Weiterhin besuchte ich einen Judohochschulverein in Jena, wo mir die Möglichkeit gegeben wurde, zwei weitere Gürtelprüfungen abzulegen, so dass ich berechtigt bin, den blauen Gürtel zu tragen. Meine selbst erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen gehen über das normale Ausbildungsmaß hinaus, so dass ich meine persönlichen Eindrücke bzw. Begeisterungen für die Sportart Judo in diesen Kurs implizieren konnte. Besonders motivierend für mich war die Erkenntnis, dass die optimale Verbindung von Kraft, Technik, Geschicklichkeit, Schnelligkeit und mentaler Stärke das Gesamtbild eines guten Judokas ausmacht. Besonders die Philosophie „des sanften Weges“ nach Kano beeindruckt mich noch heute. Dieser Aspekt kommt sicherlich den weiblichen Schülern entgegen und lässt sie an eigenen Erfolgserlebnissen wachsen.

2.2 Personale Unterrichtsvoraussetzungen

Der Oberstufenkurs 11/1 des Staatlichen Kurfürst – Balduin – Gymnasiums in Münster-maifeld setzt sich aus 13 Schülern und 11 Schülerinnen (insgesamt 24 SchülerInnen) zusammen. Das Leistungsbild der Lerngruppe stellt sich heterogen und leistungsmittelmäßig dar, welches sich mit den Zeugnisnoten im Fach Sport des letzten Schuljahres belegen lässt.

Zeugnisnote im Fach Sport (Sommer 2002):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der durchschnittliche Leistungszustand (Note: 2,29) könnte zurückgeführt werden auf die häufigen bis mäßigen außerschulischen Aktivitäten in verschiedenen Sportvereinen. Einen Aufschluss soll folgende Graphik über die Vereinsporttätigkeiten geben:

(Umfrageergebnisse wurden von mir vor bzw. während des Kurses ermittelt)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Sozialverhalten ist innerhalb der Lerngruppe bemerkenswert gut, so dass zum jetzigen Zeitpunkt keine so genannten „Außenseiter“ auszumachen sind. Insgesamt stimmt die Chemie zwischen den SchülerInnen. Die Lerngruppenteilnehmer sind vorwiegend engagiert, kooperativ und leistungsbereit. Sie versuchen stets, die gestellten motorischen und kognitiven Aufgaben im Rahmen ihrer Fähigkeiten zu erfüllen. Beim selbständigen Er- und Bearbeiten von Unterrichtsinhalten sind die SchülerInnen schon etwas eingeübt, so dass ich diesen Aspekt der Selbständigkeit weiterhin schulen möchte.

2.3 Institutionelle und Räumliche Unterrichtsvoraussetzungen

Die Turnhalle des Kurfürst – Balduin – Gymnasiums reicht für die geplante Unterrichtsreihe vollkommen aus. Die Ausübung des Judosports ist eher gebunden an die materiellen Bedingungen, als an die räumlichen Bedingungen. Aus Sicherheitsgründen kann man auf entsprechende Matten und im Hinblick auf Wurf- und Grifftechniken auch auf entsprechende Kleidung nicht verzichten. Das Problem der Judobekleidung konnte ich bereits im Vorfeld lösen, da mir 20 komplette Judoanzüge vom Gutenberg – Gymnasium der Stadt Erfurt anspruchslos bereitgestellt wurden. 4 SchülerInnen waren selbst im Besitz eines Judogi, so dass zu Beginn des Judokurses alle Teilnehmer optimal ausgerüstet waren.

Das Münstermaifelder Gymnasium ist leider nicht mit Judomatten ausgerüstet, so dass die Frage von Ersatzmöglichkeiten für eine optimale Judofläche geklärt werden musste. Nach einer Durchsicht der verfügbaren Matten wurde ein Mattenbild erstellt (siehe Anlage C).

Die Bodenturnmatten bilden hauptsächlich die Übungsmattenfläche, wobei darauf zu achten ist, dass keine Zwischenräume während der Übungsphasen entstehen. Sollte dies dennoch geschehen, so sind die SchülerInnen angehalten, die optimalen Mattenflächenbedingungen wiederherzustellen. Die Niedersprungmatten und Weichböden haben die Funktion einer so genannten Schutzzone (Abgrenzung zum Hallenparkett). Die Niedersprungmatten werden darüber hinaus noch als Ausweichmöglichkeiten bei der Wurfschulung miteinbezogen.

Dieser Aufbau hat sich, unter den gegebenen Hallen- und Materialbedingungen, als sinnvoll herausgestellt.

Am Kurfürst – Balduin – Gymnasium Münstermaifeld steht für den MSS – Kurs 11/1 lediglich eine Doppelstunde pro Woche zur Verfügung. Dieser Sportunterricht findet jeweils Mittwoch in der 7. und 8. Unterrichtsstunde (13:45 – 15:15 Uhr) statt. Ungünstig für meinen Kurs ist vor allem, dass die Jugendlichen aus der langen Mittagspause kommen und so teilweise verspätet erscheinen. Auch nach der Doppelstunde stellt sich folgendes Zeitproblem, denn die SchülerInnen haben entweder noch Nachmittagsunterricht oder sie müssen einen bestimmten Bus erreichen, so dass ich gezwungen bin, die Unterrichtszeit um etwa 5 bis 10 Minuten zu verkürzen.

2.4 Inhaltliche Unterrichtsvoraussetzungen

Die Unterrichtsreihe stellt insgesamt eine schulische Anfängerausbildung dar, bei dem bis auf zwei SchülerInnen, die bereits schon einmal mit der Sportart Judo (Verein) vor einigen Jahren Kontakt hatten, ansonsten von einer breiten Basis der Unkenntnis bezüglich der Sportart ausgegangen werden muss. Spezielle Vorkenntnisse sind also nicht vorhanden. Lediglich ist es mir bereits im Vorfeld möglich gewesen allgemeine Grundlagen für die Mattengewöhnung und für die Falltechniken seitwärts, vorwärts und rückwärts zu legen (etwa 3 Doppelstunden), so dass ich zu Beginn der Unterrichtsreihe auf diese Falltechniken bereits zurückgreifen kann und diese auch weiterhin schulen und fördern muss.

3 Inhaltsstruktur und Didaktische Entscheidungen

3.1 Sachanalyse

Im folgenden Abschnitt soll die Grundidee des Judo erläutert werden. Im anschließenden Anforderungsprofil, dass durch die Bereiche Trefferoptimierung, Situationsorientierung und aktive Gegnerbehinderung deutlich wird, sollen die judospezifischen Lernfelder transparent gemacht werden. Anschließend werden die pädagogischen Perspektiven der Kampfsportart Judo erläutert.

3.1.1 Die Grundidee des Judo

Die Anfänge des Judosports kamen über Indien nach China und von dort nach Japan. Um etwa 1650 n. Chr. soll ein in Tokio lebender Chinese mit Namen Tsin Gembin einen japanischen Ritter (Samurai) erstmals die Kunst des Jiu-Jitsu eingeweiht haben.6 Bekannt ist in diesem Zusammenhang, dass das Judo seinen Ursprung im Jiu-Jitsu hat, und sich aus dieser Selbstverteidigungskunst später entwickelte. Der Gelehrte Jigoro Kano konstruierte 1882 aus der alten Kunst Jiu-Jitsu und verschiedenen anderen Kampftechniken ein neues System und eröffnete an der kaiserlichen Universität bereits mit 22 Jahren eine Judoschule. Er reformierte das Jiu-Jitsu, indem er alle verletzenden Griffe und Tritte entfernte und somit eine neue Kampfkunst ins Leben rief. In diesem System gab es eine ganz neue Philosophie und zwar die Erziehung der Werte. Er gab dem neuen System den Namen Judo, was sinngemäß übersetzt heißt: „Der sanfte Weg.“7

Judo besteht aus zwei Schriftzeichen: JU-DO

JU bedeutet sinngemäß „nachgeben oder widerstandslos“. Dies soll den Grundgedanken deutlich machen, dass ein Schwächerer einen Stärkeren nur das Prinzip des JU überlegen ist.

DO besitzt eine tiefere philosophische Bedeutung. DO bezeichnet man „als den Weg zur Vollendung bzw. Perfektion.“8 Judo wird aus heutiger, europäischer Sichtweise als Zweikampfsportart betrachtet, die durch sportwissenschaftliche Betrachtungsweisen zugänglich ist. Die Grundidee des Judo liegt im nach Regeln geführten Zweikampf, in dem der Gegner durch Wurf- oder Bodentechniken (Würge-, Halte- oder Hebeltechniken) bezwungen werden soll. Mit diesem Verständnis steht die Sportart für die Präsentation der sportlichen Leistung eines Zweikampfs, bei dem es darum geht, einen Gewinner und einen Verlierer zu ermitteln, im Vordergrund. Judo vermittelt darüber hinaus auch Sinneserfahrungen ganz eigener Art. Bewegungen des überraschenden Angriff bzw. Wurfansatzes, die explosive Überwindung des Gegnerwiderstandes oder das wirbelnde Fallen lösen Empfindungen und Körpererlebnisse aus, die keine andere Sportart in diesem Umfang leisten kann. Für einige SchülerInnen sind solche Bewegungen sicherlich keine alltäglichen Erfahrungen, denn zum Beispiel das Fallen soll und wird im Alltag vermieden werden, aber für die Sportart Judo ist es grundsätzlich und wird sogar gefordert bzw. geschult. Judo besitzt auch eine große Bedeutung für Erziehungsprozesse, da es nicht alleine, sondern nur mit einem Partner9 betrieben werden kann, der auf der einen Seite ein sportlicher Gegner ist, aber auf der anderen Seite als Hilfe für das Einüben von Wurf-, Boden- oder Falltechniken dient. Ohne eine gegenseitige Achtung ist Judo nicht erfolgreich bzw. sogar nicht durchführbar. Bestimmte Regeln sind somit notwendig, um einen korrekten Übungsablauf und Umgang miteinander zu gewährleisten.

Insgesamt profitieren die angehenden Abiturienten vom Lernen judospezifischen Haltungen und Einstellungen und vor allem von Gefühlen für diesen Sport (Philosophie).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Übersicht 1 10

Die Ausführungen haben gezeigt, dass Judo nach heutiger Sichtweise viele allgemeinpädagogische Aspekte beinhaltet und somit zu recht den Legitimationsanspruch als Kampfsportart im Schulsport besitzt.

3.1.2 Das Anforderungsprofil

Die Anforderungen des Judo liegen nicht nur im Bereich der konditionellen Faktoren, wie zum Beispiel Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer, sondern ebenfalls im Bereich koordinativer Präzisionsfaktoren und nicht zu vergessen die psychische Stabilität. Die Spezifik der Zweikampfsportart und deren judospezifischen Lernfeldern ergibt sich aus dem Anforderungsprofil, dass sich durch die Momente Trefferoptimierung, Situationsorientierung und aktiver Gegnerbehinderung charakterisiert.

3.1.2.1 Trefferoptimierung

Schierz zählt Judo zu jenen Sportarten, die, wie auch Boxen, Ringen oder Fechten, darauf abzielen, Treffer zu erzielen. Treffer sind im Judo solche Aktionen, die eine unmittelbare Wirkung zeigen, also den Gegner zu Fall bringen, zur Aufgabe zwingen oder zumindest eine zeitweilige Kontrolle ermöglichen. Ein erfolgreicher Angriff basiert auf dem effektiven und präzisen Einsatz zum Teil außerordentlich komplexer Wurf-, Hebel- und Haltetechniken und diversen Kombinationen.11 Der Zielgenauigkeit wird der Ablaufgenauigkeit einer Bewegung gegenübergestellt, mit der eine exakte Koordination aller Teilbewegungen bestimmter Judoelemente verfolgt wird. So hängt vor allem das Gelingen eines großen Hüftwurfes von der Abstimmung der Druck- und Zugbewegung der Arme, der Beugeeindrehung des ganzen Körpers sowie der zeitlich versetzten Beinstreckung ab, die der Judoka je nach Gewicht, Stellung und Bewegungsrichtung des Gegners variabel anpassen und einsetzen muss. Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Trefferoptimierung besonders die koordinativen Anforderungen der Ziel- und Bewegungsgenauigkeit unterstreicht.

3.1.2.2 Situationsorientierung

Im Wettkampf muss sich ein Judoka ständig auf die Aktionen des anderen einstellen und möglichst erfolgreich agieren und reagieren. Stets variierende situative Bedingungen, ständige Positionswechsel sowie die Absicht des Gegners durch überraschende Angriffe bzw. Aktionen Vorteile zu erlangen, zwingen zu einer Antizipation erfolgsversprechender Handlungen. Der Sportler ist stets gefordert seine Empfindungs- und Wahrnehmungsgabe zu schulen. Er muss verschiedene Handlungsprozesse des Gegners erkennen bzw. vorausahnen und mit passenden Handlungslösungen sich einstellen. „Situationsorientierung verweist deshalb auf Anforderungen an die Entscheidungsfähigkeit bei der Auswahl und Zuordnung bestimmter Fertigkeiten zu bestimmten Situationen, an die Übertragungs- und Gestaltungs-fähigkeit bei neuartigen Situationen und an die Wahrnehmungs- und Antizipationsfähigkeit von Situationen überhaupt.“12

3.1.2.3 Aktive Gegnerbehinderung

In Vorbereitung eigener Angriffe wartet ein Judoka nicht nur passiv auf eine günstige situative Konstellation, sondern bemüht sich eigene Angriffsakzente zu setzen und diese auch erfolgreich abzuschließen. Dies geschieht durch eine ständige Behinderung des Gegners, der seinerseits bemüht ist, durch bestimmte Behinderungen Vorteile zu erlangen. Im Verlauf einer Kampfhandlung folgen viele verschiedene azyklische Bewegungen aufeinander, deren Erfolgsgrad neben der Präzision und der Situationsangemessenheit auch vom Faktor der Dynamik abhängig ist. Schon beim kraftvollen Wurfansatz ist ein hohes Schnellkraftpotential gefragt. Dieser Schnellkraftcharakter bewirkt mit zunehmender Kampfdauer ein optimales Mischungsverhältnis zwischen den Faktoren Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer. Schnellkraft und Schnelligkeitsausdauer spiegeln das konditionelle Anspruchsniveau des Judo wider.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Sportart Judo mit seinem hohen Anforderungsprofil gut geeignet ist, konditionelle und koordinative Fähigkeiten zu entwickeln und zu schulen. Die folgende Tabelle soll Aufschluss geben, welche körperlichen Qualitäten mit der Kampfsportart Judo entwickelt werden. Dabei schneidet Judo im Vergleich zum Boxen und Ringen besonders gut ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 13

Schierz beschreibt das Phänomen so: „Der Reiz des Judo liegt darin, dass die Bewegungen des überraschenden Wurfansatzes, der explosiven Überwindung des Widerstandes, des eleganten Ausweichens, des wirbelnden Fallens Empfindungen auslösen, die als lustvoll und sensationell erlebt werden. Judo vermittelt Sinneserfahrungen ganz eigener Art, die die besondere Bedeutung der Sportart für Körpererlebnisse ausmacht.“14

3.1.3 Pädagogische Perspektiven im Bezug zum Lehrplan Sekundarstufe II

Die Kampfsportart Judo lässt sich im Lehrplan Sport der Sekundarstufe II der Sportartengruppe des Inhaltsbereichs C zuordnen. Sie vereinigt mehrere Perspektiven miteinander. Vor allem im ersten Kurshalbjahr 11/1 ist es innerhalb des themenorientierten Fitnesskurses möglich, Judo als pädagogischen Freiraum sinnvoll anzuwenden. Die Kampfsportart vereinigt anaerobe Ausdauer, Kraft bzw. Kraftausdauer sowie Koordination und entspricht somit dem Anforderungsprofil des Fitnesskurses. Die oben genannten und zu bearbeitenden Festhaltetechniken sind Inhalte bzw. Ziele, die dem Anforderungs- und Kursniveau 1 der MSS 11/1 entsprechen.

Judo stellt hohe psychomotorische, kognitive und sozial-affektive Anforderungen an die SchülerInnen. „Diese Sportart schult und verbessert in hohem Maße die psychischen Grundeigenschaften, insbesondere die anaerobe Ausdauer, die dynamische und statische Kraft, die Kraftausdauer, die Aktions- und Reaktionsschnelligkeit, die Koordinations-fähigkeit, außerdem das Konzentrationsvermögen sowie die Willensstärke.“15

Die Sportart Judo besitzt einen hohen Anforderungscharakter und ist darüber hinaus in den Vereinen mit einem relativ hohen Freizeitwert ausgestattet. Beim Judo agieren zwei Judokas gegeneinander (siehe Kampf) bzw. miteinander (siehe Kata = Situation für das Einüben von verschiedenen Judotechniken), um im Endeffekt im Kampf erfolgreich zu sein. Aufgrund der sportartspezifischen Handlungsbedingungen leistet Judo einen hohen Beitrag zur Erweiterung der Sozialkompetenz und der Persönlichkeitsentwicklung. Besonders für die weiblichen Kursteilnehmer liefert die Kampfsportart Judo verschiedene Erfolgserlebnisse, die durch das Werfen und kontrollierte Festhalten am Boden von stärkeren männlichen Mitschülern erlangt werden. Darüber hinaus bietet Judo für die weiblichen Schüler im alltäglichen Leben eine größere Sicherheit (Selbstschutz), da sie die erlernten Fertigkeiten anwenden können. Demzufolge steigern sie durch die Kampfsportart Judo auch ihr Selbstbewusstsein.

Das Erlernen der Wurf- und Grifftechniken ist nur durch die kooperative Mitarbeit des jeweiligen Übungspartners möglich. Die gegenseitige Abhängigkeit zwingt jeden Partner zu fairem Verhalten und zum Einhalten der Judoregeln und dabei muss jeder Judoka ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstdisziplin entwickeln (z.B. Hilfestellung beim Wurf oder gegenseitige Korrektur bei neuen Haltetechniken) (Perspektive: Miteinander).

Judo umfasst einige besondere Aspekte, die ich kurz erläutern möchte. Der Kampfgedanke und die Judoregeln sind leicht verständlich, eindeutig und klar und sind somit relativ überschaubar. Eine steigende Spannung und Lösung im Kampf bzw. Übungsverlauf ist durch erfolgreiche oder misslungene Aktionen bzw. durch einen individuellen Kampfstil stark ausgeprägt und entspricht somit Anforderungsperspektive Leistung (Perspektive: Leistung).

Judo lässt sich hinsichtlich der einzelnen Grundelemente in der Anfängerausbildung recht schnell erlernen und vermittelt im alltäglichen Unterricht ein neues Erfolgserlebnis in vielen unterschiedlichen Situationen. Durch die ständig veränderten Situationsbedingungen im Kampf bzw. in Übungsphasen (z.B. durch verschiedene Partner) lässt sich die Perspektive der Spannung gut erkennen (Perspektive: Spannung).

Die Handlungen im Judo sind gekennzeichnet durch eine stark gebundene Motorik, die aber einen gewissen Spielraum offen lässt (z.B. taktische Handlungsentscheidungen im Kampf oder auch in Übungsphasen). Bereits auf einem niedrigen technischen Niveau können die SchülerInnen beim Üben eine hohe Bewegungsintensität erzielen und damit ihrem Bewegungsbedürfnis gerecht werden. Somit können neben der Koordination auch die konditionellen Fähigkeiten, wie Beweglichkeit, Ausdauer (Kraftausdauer) und Reaktions- und Aktionsschnelligkeit geschult und verbessert werden (Perspektive: Gesundheit). Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Kampfsportart Judo den Anforderungen eines mehrperspektivischen Sportunterrichts einspricht, dessen Ziel es ist, durch verschiedene Bewegungsformen die Handlungsfähigkeit der SchülerInnen hinsichtlich der Sozial-, Methoden- und Sachkompetenz zu verbessern.

Zusammenfassen ist festzustellen, dass der Judosport nicht nur die vom Lehrplan vorgeschriebenen Kriterien bzw. Perspektiven erfüllt, sondern darüber hinaus noch vielfältige pädagogische Ansatzpunkte bezüglich der Legitimation als Schulsportart in der Sekundarstufe II enthält. Ob und in welcher Form sich Judo als Thema für den Fitnessorientierten Sportunterricht eignet, ist letztendlich eine Frage, die jeder Sportlehrer für sich alleine beantworten muss, vorausgesetzt das entsprechende Material steht zur Verfügung und sie besitzen die notwendigen Qualifikationen, in Form einer Aus- oder Fortbildung.

3.2 Bewegungsanalyse

Die Sportart Judo lässt sich in verschiedene Technikgruppen einteilen und systematisieren. Eine Anlehnung an den Lehrplan Sport des Landes Rheinland-Pfalz soll mit folgender Graphik veranschaulicht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Übersicht 2 16

In der dargestellten Graphik wird eine Dreiteilung der judospezifischen Technikgruppen deutlich. Hierbei handelt es sich um Ukemi-Waza, Nage-Waza und Ne-Waza. Diese sollen im weiteren Verlauf analysiert werden.

3.2.1 Ukemi-Waza (Falltechniken)

Judo ist eine Kampfsportart, bei dem der Gegner auf eine relativ harte Matte geworfen wird. Damit dies gefahrlos geschehen kann, müssen die SchülerInnen das Fallen systematisch erlernen. Fallen als ein Grundelement des Judo muss behutsam geschult werden, denn wer Angst hat, verkrampft sich und weicht Wurfversuchen aus. Misserfolge, die sich in schmerzhaftem Fallen niederschlagen, sind Gift für die Motivation des Judos. Im Judo ist eine Technik herausgearbeitet worden, die durch federndes Abschlagen mit einem oder zwei Armen bzw. Füßen den Fall bricht, und mit der offenen Beinhaltung die Aufprallenergie auf eine möglichst große Fläche verteilt. Der Kopf muss vom Boden weggebeugt werden, so dass der Hinterkopf nicht aufschlägt. Durch die Kontraktion der Bauchmuskulatur und gleich-zeitiger Beugung der Wirbelsäule, vor allem im unteren Brustwirbelbereich, verlagert sich der Körperschwerpunkt zur Körperstelle, die auf den Boden prallt. So wird der Aufschlag zu einem tangentialen Stoß in Richtung der Rückgratstruktur. Bändern, Knochen und Muskeln haben hierbei die Aufgabe den Körper abzufangen. Beim Aufprall muss der rechte oder der linke Arm (nicht gebeugter Ellenbogen) in einem Winkel von 45 Grad zur Körperseite aktiv werden. Zu beachten ist, dass der Abschlag zum richtigen Zeitpunkt erfolgt, das heißt, dass Sekundenbruchteile vor dem eigentlichen Aufprall die Handflächen, Unter- und Oberarm schnellkräftig auf die Matte abschlagen. Ein „Knall“ gilt als Qualitätsmerkmal. Die reaktive Kraft wirkt der Trägkraft des fallenden Körpers entgegen und ermöglicht eine teilweise neutralisierte Fallenergie.

Folgende Grundprinzipien sind bei der Fallschule zu beachten:

1. Der Kopf muss vom Boden weggebeugt werden und die gesamte Muskulatur ist vollständig angespannt und ermöglicht ein große Körperoberfläche bzw. Abrollfläche.
2. Im Augenblick des Aufpralls ist kräftig mit Füßen und Händen (45 Gradwinkel) abzuschlagen, um die Fallenergie zu neutralisieren.
3. Hinsichtlich der Fallbewegung ist zu beachten, dass über die Schulter (bzw. Schultergürtel) und die seitliche Hüfte ein schmerzfreies Abrollen gewährleistet wird.

3.2.1.1 Yoko-Ukemi-Waza (Falltechnik seitwärts)

Im folgenden Abschnitt soll das Fallen seitwärts nach links beschrieben werden. (Das Fallen seitwärts nach rechts erfolgt analog.) Aus dem Stand knickt der Judoka das rechte Bein etwas ein und das linke Bein wird auf einer leichten Halbkreisbahn am rechten Bein vorbeigeführt. In dieser Position senkt man sich in die Hocke ab, um sich anschließend auf der linken Gesäßhälfte abzusetzen. Zur gleichen Zeit beginnt die Ausholbewegung des linken Armes an der rechten Schulter und die linke Hand ist fixiert am Gürtel. Aus der Hockposition kippt der Oberkörper in einer L-Körperhaltung nach links ab. Dabei wird eine kleine Rolle beschrieben, dass heißt der Körper rollt ab vom linken Fuß über den linken Oberschenkel, linkes Gesäß Hüfte und linke Schulter. Das rechte Bein steht zur Unterstützung der Körperhaltung neben dem linken Bein. Der linke gestreckte Arm (und die linke Handfläche) schlägt im 45 Gradwinkel zum Körper kräftig und federnd ab, kurz bevor die Schulter den Mattenboden erreicht. Beim Abschlagen muss kräftig ausgeatmet werden, um die Fallenergie zu neutralisieren. Während der Fallbewegung wird der Kopf durch das Kinn auf der Brust fixiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 17

3.2.1.2 Mae-Ukemi-Waza (Falltechnik vorwärts)

Die Falltechnik vorwärts ist hier nach rechts beschrieben. (Das Fallen vorwärts nach links erfolgt auch hier analog.) Bei dieser Falltechnik müssen der rechte Arm und das rechte Bein etwas nach vorn genommen werden (Ausfallschritt). Die Hände zeigen entgegen der Fallrichtung. Der Judoka senkt den Oberkörper nach vorne ab, das Kinn wird auf die linke Brustseite gewendet, die Hände werden aufgesetzt und durch Mithilfe des hinteren, gestreckten Beines setzt der Schwung zur Rolle an. Es wird über die rechte Schulter bzw. über den Schultergürtel gerollt. Der Mattenkontakt läuft über den Arm und quer über den Rücken (großräumig). Die Rolle endet auf der linken Seite liegend. Im Moment, da das linke gestreckte Bein und die rechte Fußsohle die Matte berühren, schlägt man mit dem linken Arm und der linken Handfläche kräftig ab (ausatmen ist wichtig) und unterbricht so die Rollbewegung. Der Abschlagwinkel sollte etwa 45 Grad betragen. Die rechte Hand wird in der Endposition am Gürtel fixiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 18

3.2.1.3 Ushiro-Ukemi-Waza (Falltechnik rückwärts)

Die Falltechnik rückwärts ist die einzige Falltechnik, bei der beide Arme abgeschlagen werden. Man lässt sich aus dem Stand mit vorgestreckten Armen über die flüchtige Hocke in die Rückenlage fallen. Das Kinn ist in Richtung Brust gedrückt und verhindert somit einen Mattenkontakt des Kopfes. Die Füße sind in der Ausgangsstellung V-förmig positioniert. Beim Fallen ist zu beachten, dass man sich nicht auf den kompletten Rücken fallen lässt, sondern vielmehr den oberen Rücken bzw. Schultergürtel als Aufprallfläche benutzt. Abgerollt wird über den unteren Rücken. Im Moment des Bodenkontakts schlagen beide Arme mit den Handflächen in etwa 45 Grad Abstand zum Oberkörper kräftig auf die Matte. Durch das Abschlagen wird eine Rollbewegung nach hinten unterbrochen. Beim Abschlagen soll kräftig ausgeatmet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3 19

3.2.2 Nage-Waza (Wurftechniken)

Die Wurftechnik lässt sich in drei Phasen unterteilen und zwar in die Phase des Kuzushi (Gleichgewichtsbrechung), des Tsukuri (Eindrehbewegung – Wurfansatz) und des Kake (eigentlicher Niederwurf). Alle drei Phasen müssen fließend ineinander übergehen. Die Phase der Gleichgewichtsbrechung ist in der Regel für eine optimale Wurftechnik am wichtigsten. Im Gegensatz kommt der Phase des Niederwurfs eine geringere Bedeutung zu, aber für die Sicherheit bzw. Verantwortung für den Gegner ist sie besonders wichtig. Der Sicherheits-aspekt besteht darin, dass der Tori (Werfender) mit einer gesicherten Hilfestellung den Uke (Fallender) beim Fallen unterstützt (Körperschwerpunktsenkung und Sicherung des Haltearms).

Bei allen drei Phasen wechseln die Kraftquellen, die Art und Weise der Kraftübertragung, die Art der Muskelkraft (isometrische oder isotonische Kontraktion), die Art der Kraft, die Kraftrichtung und die Hebelverhältnisse.20

1. Kuzushi

Der Tori versucht das Gleichgewicht von Uke zu brechen, indem er ihn zieht oder in eine bestimmte Richtung drückt. Im Judo gibt es 8 Arten des Kuzushi:

1. Stören des Gleichgewichts nach rechts
2. Stören des Gleichgewichts nach links
3. Stören des Gleichgewichts nach vorn
4. Stören des Gleichgewichts nach hinten
5. Stören des Gleichgewichts nach vorn rechts
6. Stören des Gleichgewichts nach vorn links
7. Stören des Gleichgewichts nach hinten rechts
8. Stören des Gleichgewichts nach hinten links

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4 21

Bei der Gleichgewichtsbrechung ist folgendes zu beachten:

Zieh, wenn der Gegner drückt, und drücke, wenn der Gegner zieht. Tritt dabei mehrmals als vom Gegner erwartet zurück und vor, ohne dabei selbst das Gleichgewicht zu verlieren. Ziehe oder drücke bereits, sobald der Gegner mit dem Druck oder Zug beginnt. Wichtig ist beim Kuzushi, das nicht nur die Arme arbeiten, sondern der ganze Körper die Kraft auf den Gegner überträgt. Der Krafteinsatz muss explosiv, aber nicht ruckartig erfolgen. Alle Bewegungen müssen geschmeidig ablaufen, so dass der Gegner nicht durch einen als Versteifung fühlbaren und unnötigen Kraftaufwand gewarnt ist. Während der ersten Phase ist es dringend notwendig, dass der eigene Körperschwerpunkt gesenkt ist, denn nur so wird dem Gegner eine geringere Angriffsfläche geboten. Beim Übergang vom Kuzushi zum Tsukuri dürfen Zug oder Druck keinen Augenblick nachlassen bzw. unterbrochen werden.

2. Tsukuri

In dieser Phase muss Tori die Gleichgewichtsbrechung nun weiter verfolgen, um den Uke letztendlich zu werfen. Dafür ist es notwendig, dass er in eine gute Wurfposition (nah am Gegner) gelangt. Die Wurfphase Tsukuri stellt hohe motorische Anforderungen an den Tori. Hier sind unter Fortführung und Verstärkung der Gleichgewichtsstörung Bewegungen des Rumpfes und der Extremitäten erforderlich, die sehr komplex und auf den Gegner bzw. die Situation anzupassen sind. Eine große Rolle spielen dabei die inneren und äußeren Kräfte, weil Tori und Uke ein System bilden müssen. So zum Beispiel kann der Tori mit Hilfe der inneren Kräfte Uke auf sich ziehen (eigenen Körperschwerpunkt senken) und mit dem Zug zugleich seine Annäherung an Uke oder seine Eindrehbewegung beschleunigen bzw. steuern. Andererseits kann der Tori mit Hilfe der äußeren Kräfte wesentlich extremer auf Uke einwirken, wenn er zum Beispiel bereits im Verlauf der Eindrehphase seine Längsachse mehr oder weniger in Wurfrichtung neigt und damit seine Schwerkraft nutzt. Beim Eindrehen ist besonders zu beachten, dass der Abstand und Winkel zwischen Uke und Tori richtig gewählt ist.

3. Kake

Ist das Gleichgewicht gebrochen und befindet sich Tori in der optimalen Wurfposition, so ist die letzte Phase des Abwerfens nicht mehr schwierig. Die Richtung der Armkraft wird im Verlauf des Kake stets geändert, weil Uke bei fast allen Würfen erst durch eine Drehung der Achse mit dem Rücken auf die Mattenfläche auftreffen kann. Beim Kake findet in der Regel die Kraftübertragung nicht nur mittels der Arme statt. Je nach Wurf wird die Kraft mit den Beinen, mit der Hüfte und / oder mit dem Rumpf übertragen. Wie bereits beschrieben, über-nimmt der Tori die Kontrolle und somit Verantwortung für den Uke beim Niederwurf, indem er den eigenen Körperschwerpunkt senkt (Beugung der Knie), den Oberkörper aufrecht hält und den Haltearm des Uke kontrolliert.

Beim Erlernen sind folgende Grundsätze von besonderer Bedeutung:

- Der Kopf wird in der Regel aufrecht gehalten und grundsätzlich in Wurfrichtung gedreht.
- Weder Tori noch Uke sollten auf die gegnerischen Füße sehen, sondern den Blick auf die Brust des anderen richten.
- Tori darf die Kraftrichtung nur im Bogen eines stumpfen Winkel verändern.
- Tori muss Uke beim Kuzushi, spätestens im Verlauf des Wurfansatzes, gleichzeitig mit strecken.
- Tori muss bei allen Würfen, bei denen er zu Beginn des Kake dicht am Gegner stehen soll, bereits das Herangehen an Uke mindestens mit der erforderlichen Beugung der Beine durchführen.
- Tori darf bei allen Würfen, bei denen er sich eindrehen muss, mit dem Rumpf nicht schon während des Tsukuri zu nah am Mann stehen, damit er seine eigene Eindrehbewegung nicht behindert.22

Diese Ausführungen beschreiben nur den Teil der Hand-, Schulter- und Hüftwürfe, denn alle weiteren Wurftechniken würden einerseits den Rahmen der pädagogischen Hausarbeit sprengen und andererseits sind sie im Bezug auf das motorische Anforderungsniveau für die Anfängerausbildung vollkommen ausreichend. Im Judo gibt es mehr als 50 verschiedene Techniken der Nage-Waza, ohne die einzelnen Kontertechniken und Kombinationstechniken. Deshalb musste ich die umfangreiche Thematik sinnvoll kürzen und habe eine Vorauswahl innerhalb der Darstellung vorgenommen. Eine besondere Rolle spielte dabei vor allem der Choreographieaspekt. Die ausgewählten Wurftechniken lassen sich schnell und sinnvoll miteinander (auch mit den Fall- und Bodentechniken) kombinieren und können somit den Gedanken einer Choreographie gerecht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2.2.1 Te-Waza und Koshi-Waza

Die Wurfgruppen Te- und Koshi-Waza beinhalten Eindrehtechniken mit beiden Beinen. Eine Zusammenführung beider Gruppen ist möglich, da die Hauptfunktionsphase identisch ist. Bei beiden wird mit Hilfe der Drehung des Oberkörpers, Senkung des Körperschwerpunktes und der Beinstreckung der Partner geworfen. Sie unterscheiden sich ausschließlich bei den Ausholbewegungen, den Griffarten, der unterstützenden Hilfsfunktionsphasen sowie den Körperkontaktstellen beim Wurfansatz bzw. Wurf. Folgende Würfe werden hinsichtlich ihrer Prozessstruktur analysiert und dargestellt.

3.2.2.1.1 Uki-Goshi (Hüftschwung)

Tori und Uke stehen zur Ausführung des Uki-Goshi in der Grundstellung. Tori zwingt Uke durch einen kräftigen Zug der rechten Hand (am linken Revers) links vorzukommen, setzt aber seinen Fuß vor den rechten Fuß von Uke. Gleichzeitig führt Tori seinen rechten Arm um die Hüfte Ukes. Tori zieht mit der linken Hand den rechten Arm von Uke auf den eigenen Bauch zu, während er den linken Fuß im Halbkreis nach hinten setzt. Uke wird durch die Drehung der Hüfte (Tori) nach vorn geworfen. Uke kommt auf wie beim Fallen vorwärts, allerdings werden sein linker Arm und, wenn möglich, auch der Oberkörper noch immer von Tori kontrolliert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5 23

3.2.2.1.2 O-Goshi (Großer Hüftschwung)

Tori greift mit der rechten Hand auf Ukes Rücken. Die linke Hand fasst Ukes rechten Ärmel. Durch Armzug wird Ukes Gleichgewicht gebrochen. Ziel ist es, Uke nach vorn auf die Zehenspitzen zu zwingen. Tori dreht sich so weit ein, dass er direkt vor Uke steht (Rücken-Bauch-Kontakt), und geht zeitgleich in die Knie, wobei er den Armzug verstärkt. Die Beine werden gestreckt und der Oberkörper diagonal in Wurfrichtung weitergedreht, bis Uke zu Fall kommt. Uke vollzieht das Fallen vorwärts. Tori kontrolliert ihn genauso wie beim Uki-Goshi.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6 24

3.2.2.1.3 Ippon-Seoi-Nage (einhändiger Schulterwurf)

Tori greift mit der linken Hand Ukes rechten Ärmel. Nun taucht Tori mit rechtem Arm unter Ukes rechter Achsel und klemmt dessen Arm in seiner Armbeuge ein. Er zieht den eingeklemmten Arm vor den Oberkörper. Während Tori sich eindreht, geht er in die Knie und hält die ganze Zeit Körperkontakt zu Uke (Gesäß an Ukes rechte Beininnenseite). Der Wurf wird tief angesetzt und weit eingedreht. Die Füße sind V-förmig vor denen von Uke platziert. Um Uke zu Fall zu bringen, vollendet Tori den Wurf durch leichtes Weiterdrehen des Oberkörpers zusammen mit Beinstreckung, Armzug und Wurfausführung über die Schulter.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7 25

3.2.2.2 Ashi-Waza (Fuß- und Beinwürfe)

Diese Wurfgruppe lässt sich unterscheiden in Gari- und Barai-Techniken. Bei den Barai-Techniken (Fegen) wird das unbelastete Bein weggefegt und bei den Gari-Techniken (Sicheln) wird das belastete Bein weggesichelt. Die Würfe kennzeichnen sich dadurch, dass Tori im Gegensatz zu den Eindrehtechniken einen Schritt auf Uke zugeht, so dass er gezwungen ist, in die entgegengesetzte Richtung zu blicken. Durch die verschiedenen Ansatzpunkte und die unterschiedlichen Richtungen der Gleichgewichtsbrechung von Uke lassen sich die einzelnen Würfe voneinander unterscheiden. Somit ändert sich auch die Falltechnik für den Uke, denn im Gegensatz zu den Eindrehtechniken wird er nun nicht mehr nach vorn, sondern nach hinten geworfen. Bei den Ashi-Waza habe ich mich nur für den O-Soto-Gari entschieden, da er im Hinblick auf die eng bemessene Unterrichtszeit schnell und einfach zu erlernen ist. Hinzu kommt, dass sich dieser Wurf sehr gut mit einer anschließenden Haltetechnik am Boden verbinden lässt.

3.2.2.2.1 O-Soto-Gari (große Außensichel)

Tori greift mit rechts Ukes Kragen und mit links dessen Ärmel. Tori soll jetzt schon einen engen Kontakt mit Uke haben, um eine gute Kontrolle über Ukes Körper zu erlangen. Tori zieht Uke nah an sich heran, so dass dieser aus dem Gleichgewicht gebracht wird und das rechte Bein voll belastet ist. Nun schwingt Tori sein rechtes Bein von hinten gegen Ukes belastetes Bein (Beinrückseitenkontakt) und sichelt dieses weg. Um genug Schwung zu haben und Uke zu Fall zu bringen, muss Toris Bein hoch zwischen Ukes Beinen nach hinten durchsicheln.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8 26

3.2.3 Ne-Waza (Griff- bzw. Bodentechniken)

Die gesamten Bodentechniken lassen sich mit dem Begriff Ne-Waza bezeichnen. Sie umfassen im Judo verschiedene Halte-, Armhebel- und Würgetechniken sowie deren Befreiungen. Die folgende Graphik soll die Struktur der Ne-Waza deutlich machen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Übersicht 3 27

Nach dem Deutschen Judo-Bund e.V. werden für die Gürtelprüfung zum 8. bzw. 7. Kyo nur die Osae-Komi-Waza geltend gemacht. Für die ersten kämpferischen Übungen und Erfahrungen bieten die oben genannten Haltetechniken eine optimale und risikolose Vorgehensweise. Hinsichtlich des Ausbildungs- und Gürtelprüfungsprogramms für den weiß-gelben bzw. gelben Gürtel wird zunächst auf die Hebel- und Würgetechniken bewusst verzichtet, da sie enorme Verletzungsgefahren in sich bergen. Somit sind sie für den Schulsport verboten. Für einen wettkampfgerechten Haltegriff müssen verschiedene Bedingungen erfüllt und gewertet werden:

1. Tori muss Uke kontrollieren, so dass Uke mit dem Rücken bzw. mindestens mit einer Schulter auf der Matte liegt.
2. Tori muss sich über Uke befinden.
3. Es muss eine Haltekontrolle von Tori auf Uke sichtbar sein.
4. Tori muss frei sein, dass heißt, er muss jederzeit aufstehen können, was zum Beispiel nicht möglich ist, wenn Uke ein Bein von Tori umklammert.

Wesentlich ist, dass der Tori Uke ohne Unterbrechung mit seinem Körpergewicht belastet und kontrolliert. Die Haltetechniken werden in vier große Haltegriffgruppen unterteilt.

Trotz der Literatur, in der verschiedene Variationen erklärt und genannt werden, habe ich mich im folgenden jeweils auf die Darstellung der Grundform beschränkt.

3.2.3.1 Kesa-Gatame (Schärpenschlüssel)

Das Halteprinzip lässt sich wie folgt kennzeichnen. Uke liegt auf dem Rücken. Tori, der sich rechts von Uke in der Seitenlage befindet und sich mit seiner rechten Seite gegen Ukes Rippen lehnt, umschlingt mit dem rechten Arm ganz eng dessen Kopf bzw. Nacken. Er greift dabei oberhalb des Kopfes in die Judojacke, um den Griff optimal kontrollieren und wenn nötig auch variieren zu können. Mit der linken Hand ergreift Tori des Gegners rechten Ärmel in Oberarmhöhe, zieht dessen rechten Arm dicht an seine linke Seite und klemmt ihn fest unter seinen eigenen linken Oberarm. Das rechte Bein hat Tori nach vorn und das linke Bein etwas zurückgenommen. Beide Beine sind leicht gebeugt und fast entspannt. Der Winkel, den die Oberschenkel miteinander bilden, ist stumpf. Den Kopf neigt Tori so weit nach vorn, dass sich die rechte Wange neben Ukes rechter Wange befindet.

(Wichtig: 1. Tori muss Uke von der Seite her belasten. Er darf sich nicht auf ihn legen. 2. Der eingeklemmte Arm von Uke darf nicht losgelassen werden.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9 28

3.2.3.2 Kami-Shiho-Gatame (Oberer Viererschlüssel)

Den auf dem Rücken liegenden Uke belastet Tori von dessen Kopfseite her mit der Brust. Mit beiden Händen greift er unter Ukes Schultern hindurch in dessen Gürtel und klemmt dabei die Arme ein. Tori kontrolliert Uke, in dem er ihn fest heranzieht, seine Brust nach unten drückt und auch das Kinn einsetzt. Die Beine Toris können angewinkelt oder gestreckt (Winkel der gegrätschten Beine beträgt etwa 30 Grad) sein. Dies hängt von den Befreiungsversuchen Ukes ab.

(Wichtig: 1. Die Belastung auf Ukes Schulter und Brust.

2. Der Druck mit dem Kopf.

3. Das Einklemmen beider Arme.

4. Die Veränderung der Beinstellung.

5. Das Beibehalten der Position zum Partner (Tori bildet mit Uke eine Linie).)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 10 29

3.2.3.3 Yoko-Shiho-Gatame (Seitlicher Viererschlüssel)

Uke befindet sich in der Rückenlage. Tori liegt mit dem Gesicht nach unten quer über Uke. Sein Kopf zeigt nach Uke linker Seite. Bauch und Rippen drücken auf Ukes Bauch und Rippen. Die Beine hat er gewinkelt und die gegrätschten Knie gegen Ukes rechte Schulter und rechte Hüfte gedrückt. Er blockiert mit seinem Kopf den linken Arm Ukes von oben und presst ihn gleichzeitig mit seinem Arm an dessen Körper. Den rechten Arm schiebt Tori von oben zwischen Ukes Beine. Die rechte Hand erfasst unter Ukes linkem Oberschenkel hervor den Gürtel. Wenn Uke versucht, Tori über sich weg nach seiner linken Seite zu heben, und sich damit aus dem Festhaltegriff befreien will, muss der Festhaltende schnell die Beine ausstrecken. Er darf sich aber keineswegs steif machen. Das Gewicht wird dabei voll auf Ukes rechte Seite verlagert. Versucht Uke, sich mit einer Rechtsdrehung zu befreien, so winkelt Tori die Beine schnell wieder an und verlagert sein Körpergewicht auf Ukes linke Seite.

(Wichtig: 1. Uke liegt im rechten Winkel zu Uke.

2. Er muss mit beiden Armen gut festhalten.

3. Der Kopf Ukes wird leicht angehoben.

4. Tori muss seinen Kopf fest auf Ukes Bauch drücken.

5. Tori muss die rechte Hüfte Ukes gut kontrollieren.

6. Tori muss seinen eigenen Schwerpunkt tief halten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11 30

3.2.3.4 Tate-Shiho-Gatame (Reitviererschlüssel)

Tori sitzt im Reitsitz auf Uke und belastet ihn mit seinem Oberkörper. Kopf und Arm Ukes werden zwischen Toris rechter Schulter und Kopfseite eingeklemmt und so blockiert. Beide Hände Ukes greifen ineinander. Ukes Schultergürtel und Hüfte werden blockiert, indem Tori sein Becken senkt und Uke mit dem ganzen Körpergewicht belastet. Diese Wirkung wird verstärkt, wenn Tori seinen Oberschenkel fest gegen Ukes Hüfte presst und seine Füße unter die Oberschenkel von Uke schiebt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 12 31

[...]


1 SchülerInnen – gemeint sind alle Schüler und Schülerinnen

2 MBWW Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Lehrplan Sport Sekundarstufe II. Grünstadt 1998, S. 7.

3 Lind, W.: Ostasiatische Kampfkünste – Das Lexikon. Berlin 1986.

4 Vent, H.: Choreographie – ästhetische und pädagogische Aspekte. In: Fritsch, U.: Tanzen. Reinbek bei Hamburg 1988, 25 – 40.

5 Zum Phänomen Kampf: Binhack, A.: Über das Kämpfen – Zum Phänomen des Kampfes in Sport und Gesellschaft. Frankfurt am Main 1998, siehe insbesondere das Kapitel: Merkmale einer Formalstruktur des Kampfes; ebd., S. 21 – 43.

6 Velte, H./ Seyfried, H.G./ Raab, P.: Von weiß-gelb bis grün. Die Judo-Gürtelprüfung. 7. aktualisierte u. erweiterte Neuauflage, Mainz 2000, S. 9.

7 Ebd.

8 Vgl. Kurihara-Wilson: Meisterliches Judo. Fulda 1966, S. 14.

9 Partner – gemeint sind weibliche und männliche Schüler

10 Clemens, E./Metzmann, O./Simon, K.H.: Judo als Schulsport. Schriftreihe zur Praxis der Leibeserziehung und des Sports Band 193. Schorndorf 1989, S. 27.

11 Vgl. Schierz, M.: Judo Praxis. Reinbek bei Hamburg 1989, S. 14 – 15.

12 Ebd., S. 15.

13 Autorenkollektiv: Kampfsport in der Schule. Volk und Wissen. Berlin 1981, S.20. In: Clemens, E./Metzmann, O./Simon, K.H.: Judo als Schulsport. Schriftreihe zur Praxis der Leibeserziehung und des Sports Band 193. Schorndorf 1989, S.35.

14 Schierz, M.: Judo Praxis. Reinbek bei Hamburg 1989, S. 9.

15 Vgl. MBWW Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Lehrplan Sport Sekundarstufe II. Grünstadt 1998, S. 74.

16 Kultusministerium Rheinland-Pfalz (Hrsg.): Lehrplan Sport - Grundfach in der Oberstufe des Gymnasium. Ergänzung: Sportarten der Gruppe D. Worms 1985. In: Clemens, E./Metzmann, O./Simon, K.H.: Judo als Schulsport. Schriftreihe zur Praxis der Leibeserziehung und des Sports Band 193. Schorndorf 1989, S. 30.

17 Schäfer, A.: Richtig Judo. BLV Sportpraxis TOP. München 2002, S. 20.

18 Ebd., S. 22.

19 Ebd., S. 17.

20 Vgl. Wolf, H.: Judo Kampfsport. Technik und Methodik für Einsteiger. Berlin 1993, S.63.

21 Clemens, E./Metzmann, O./Simon, K.H.: Judo als Schulsport. Schriftreihe zur Praxis der Leibeserziehung und des Sports Band 193. Schorndorf 1989, S. 99.

22 Vgl. Wolf, H.: Judo Kampfsport. Technik und Methodik für Einsteiger. Berlin 1993, S. 61 – 62.

23 Schäfer, A.: Richtig Judo. BLV Sportpraxis TOP. München 2002, S. 26.

24 Ebd., S. 25.

25 Ebd., S. 39.

26 Ebd., S. 43.

27 Ihlo, H.: Kampfsport in der Schule. Volk und Wissen Berlin 1983, S. 133.

28 Schäfer, A.: Richtig Judo. BLV Sportpraxis TOP. München 2002, S. 70.

29 Ebd., S. 74.

30 Ebd., S. 72.

31 Ebd., S. 73.

Ende der Leseprobe aus 121 Seiten

Details

Titel
Judo. Koedukative Gruppenarbeit zur Erstellung einer Choreographie aus Übungselementen zur Gürtelprüfung des 8. Kyo im MSS Grundkurs 11/1
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
121
Katalognummer
V115982
ISBN (eBook)
9783668102361
ISBN (Buch)
9783668102378
Dateigröße
18031 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Judo, Koedukative, Gruppenarbeit, Erstellung, Choreographie, Gürtelprüfung, Grundkurs, Staatliches, Seminar, Koblenz
Arbeit zitieren
Sven Starkloff (Autor:in), 2002, Judo. Koedukative Gruppenarbeit zur Erstellung einer Choreographie aus Übungselementen zur Gürtelprüfung des 8. Kyo im MSS Grundkurs 11/1, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115982

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