"Das Versprechen" von Friedrich Dürrenmatt. Didaktisch-methodische Überlegungen zu Buch und Filmen

Mit Entwicklung eines Filmheftes


Examensarbeit, 2009

48 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Mediendidaktik
2.1. Literaturdidaktik
2.2. Filmdidaktik
2.3. Didaktischer Begründungszusammenhang

3. Sachanalyse
3.1. Der Autor
3.2. Die Gattung: Der Kriminalroman
3.3. Das Genre: Der Kriminalfilm
3.4. Der Regisseur von ´Das Versprechen – The pledge´
3.5. Inhaltsanalyse
3.5.1. Das Buch
3.5.2. Der Film: Es geschah am helllichten Tag
3.5.3. Der Film: Das Versprechen
3.6. Die Erzählperspektive
3.6.1. Das Buch
3.6.2. Der Film: Es geschah am helllichten Tag
3.6.3. Der Film: Das Versprechen
3.7. Der Ermittler
3.7.1. Das Buch
3.7.2. Der Film: Es geschah am helllichten Tag
3.7.3. Der Film: Das Versprechen
3.8. Literarische Stilmittel vs. Filmeffekte
3.8.1. Das Buch
3.8.2. Der Film: Es geschah am helllichten Tag
3.8.3. Der Film: Das Versprechen
3.8.3.1. Stilmittel im Film
3.8.3.2. Ton (Musik und Sprecher)
3.8.3.3. Kamera und Schnitt
3.8.3.4. Licht und Farben

4. Didaktische Überlegungen zu Buch und Filmen
4.1. Exemplarische Bedeutung
4.2. Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung
4.3. Zugänglichkeit

5. Methodisch – didaktische Überlegungen zum Filmheft
5.1. Einstieg
5.2. Erarbeitung
5.3. Schlussphase
5.4. Exemplarische Filmheftbearbeitung
5.4.1. Überlegungen zum Film
5.4.2. Die Gefühlswelt des Rezipiente

6. Schluss

7. Siglenverzeichnis

8. Literaturverzeichnis
8.1. Primärtitel

9. Internetverzeichnis

1. Einleitung

Es ist kein Geheimnis mehr, dass deutsche Schüler immer weniger lesen und ihre Freizeit lieber vor dem Computer oder Fernseher verbringen. Die Jugend, Information (Multi-) Media – Studie (kurz JIM-Studie) aus dem Jahr 2008 hat ergeben, dass 67 % der Realschüler ein Fernsehgerät besitzen.[1] Betrug die durchschnittliche tägliche Sehdauer der 12 – 19-jährigen im Jahre 1996 unter der Woche noch 98 Minuten[2], so stieg diese Zahl im Jahr 2006 auf 135 Minuten Sehdauer täglich an Wochentagen.[3] Die Studie ergab im Jahr 2008 zudem, dass 63 % der Jungen und Mädchen ab 12 Jahren täglich fernsehen, dagegen aber nur 23 % täglich ein Buch lesen.[4]

Hildebrand hat in seinem Filmratgeber aus dem Jahre 2001 noch drastischere Ergebnisse veröffentlicht. Demnach fristen Jugendliche rund 15.000 Stunden ihres Lebens in der Schule, wohingegen sie ca. 18.000 Stunden vor dem Fernseher verbringen.[5]

Viele Deutschlehrer sehen es deshalb als ihre Pflicht an, gerade in der Schule auf das Medium Film und Fernsehen zu verzichten und ihre Schüler mit ihnen weniger bekannten oder beliebten Medien zu konfrontieren – dem Buch. Dies ist wohl einer jahrzehntelangen Negierung, wenn nicht sogar Verteufelung von Film und Fernsehen im Unterricht geschuldet. Nicht nur in den Anfängen von Film und Fernsehen wurde dieses Medium als Gefährdung für Kinder und Jugendliche gesehen, wie man in einem Zitat von Uhlshöfer 1958 in einer Ausgabe der Zeitschrift ´Der Deutschunterricht´ erkennen kann, denn Literatur sei „in Bezug auf künstlerischen Wert, Echtheit, Unmittelbarkeit und Lebenswahrheit weit über den Film zu stellen“.[6]

Noch lange Zeit später ist der Film immer noch nicht im Unterricht angekommen, wie beispielsweise ein Zitat aus den Richtlinien Deutsch der Sekundarstufe I NRW 1985 zeigt: „Sieht man nun erneut von anspruchsvollen Jugendbüchern ab, so läßt sich nicht leugnen, daß zumindest die so wichtigen audiovisuellen Texte des Fernsehens und die Trivialliteratur in ihrer dominanten Wirkung auf den Rezipienten eines gemeinsam haben: Sie lähmen seine analytische Aktivität, seine aktive ´Verstehensfähigkeit´, weil ihre Decodierung für den Zuschauer weitgehend automatisiert ist, den präformierten Erwartungen entsprechend verläuft und mühelos Genuß ermöglicht.“[7]

In den 1960-er Jahren hat man für diese Einstellung gegenüber dem Medium Film sogar einen Begriff geprägt: ´ inoculative paradigm´, was soviel bedeutet wie der verderbliche Einfluss, den die visuellen Medien auf die SchülerInnen ausüben.[8]

Ein weiterer Grund für den fehlenden Einsatz von Filmen im Unterricht liegt wohl darin, dass den meisten LehrerInnen oft die nötige Kompetenz im Umgang mit dem Medium Film fehlt. Doch sollten sich die Lehrenden im Klassenzimmer heutzutage wirklich so weit entfernt von der Realität der Lernenden bewegen? Ist es nicht sinnvoller sich den Kindern und Jugendlichen über eine Verknüpfung ihnen bekannter Medien mit dem Unbekannten zu nähern? Die Abneigung gegenüber Film und Fernsehen sollte nicht darin münden, alle Medien, mit denen sich Schüler gerne in ihrer Freizeit beschäftigen, zu verbannen und die Medienerfahrung der Kinder ungenützt zu lassen.

Da jedoch die bloße Filmrezeption alleine nicht ausreicht, um die SchülerInnen im Umgang mit Medien zu schulen, bietet sich die Arbeit mit einem Filmheft an. Zugleich verhilft diese Arbeit, besonders in Verknüpfung mit dem Thema Literaturverfilmungen, sich dem Medium Film zu nähern, ohne dabei zwangsläufig das Medium Buch außer acht zu lassen. Gerade die methodische und rezeptionale Vielfalt durch die Verbindung Buch und Film wird in den sehr heterogen besetzten Klassen immer notwendiger, da ein abwechslungsreicher Unterricht für die Motivation der SchülerInnen förderlich sein kann. Genauso wie die zu vermittelnde Medienkompetenz, die Schüler nur erlangen können, wenn alle zur Verfügung stehenden Medien zum Einsatz kommen.[9] Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Medien wird daher explizit für den Unterricht an bayerischen Schulen gefordert.[10]

Um einen kleinen Beitrag zur besseren Einbindung der Filmdidaktik in den Deutschunterricht zu leisten, und die Aversion oder auch Angst gegenüber diesem Medium zu verringern, ist das von der Verfasserin entwickelte Filmheft ´Das Versprechen´ daher Gegenstand dieser Zulassungsarbeit sowie die damit verbundene didaktische Auseinandersetzung.

Die Begründung für die Wahl der literarischen Grundlage ´Das Versprechen´ von Friedrich Dürrenmatt folgt im Hauptteil.

Wie schon erläutert, verbindet ein Filmheft die Literatur- mit der Filmdidaktik, deshalb werden in Punkt 2.1. und 2.2. die beiden Begriffe gegenübergestellt und in Punkt 2.3. die Gemeinsamkeiten eruiert. Im Folgenden soll in Anlehnung an die didaktische Analyse Klafkis die Arbeit mit einem Filmheft im Unterricht besprochen werden. Da diese Zulassungsarbeit jedoch nicht den Anspruch einer Unterrichtsvorbereitung erhebt, werden nicht alle Schritte der didaktischen Analyse Klafkis besprochen. Deshalb verzichtet diese Arbeit auch auf eine ausführliche methodische Analyse und beschränkt sich auf einige methodische Überlegungen. Bevor jedoch die methodische Auseinandersetzung mit dem Filmheft ´Das Versprechen´ erfolgt, sind zuvor eine Sachanalyse sowie einige didaktische Überlegungen notwendig. In der Sachanalyse soll das Fachwissen dargestellt werden, das die Lehrkraft für die Unterrichtsstunde benötigt, um eloquent und sicher möglichen Fragestellungen begegnen zu können. Der oder die Lehrende sollte sich demnach vor der Durchführung mit dem darzubietenden Stoff auseinander setzen. Insofern werden zu Anfang Friedrich Dürrenmatt als Autor des Romans sowie Sean Penn als Regisseur der Romanverfilmung vorgestellt. Es folgt die Einordnung der filmischen und literarischen Gattung. Zuletzt werden der Kriminalroman ´Das Versprechen´, die aktualisierte filmische Adaption des Romans ´Das Versprechen´ und der Film ´Es geschah am hellichten Tag´ untersucht und miteinander verglichen. Die gegenwärtige und zukünftige Bedeutung für die Schüler im Hinblick auf das Thema, sowie die Zugänglichkeit des Themas und die Relevanz für den Lehrplan sollen in den didaktischen Überlegungen ergründet werden. In der methodisch-didaktischen Auseinandersetzung erfolgt dann die Gliederung der Unterrichtsschritte, in Anlehnung an die Dreiteilung von Rupp: Einstieg, Erarbeitung, Schlussphase.[11] Eine exemplarische Filmheftbearbeitung sowie das Filmheft finden sich am Ende der Arbeit, wobei in der exemplarischen Filmheftbearbeitung auf die Ausführungen der ´kreativen´ Fragen, aufgrund der schwierigen Umsetzung, verzichtet wird.

Das Filmheft enthält Fragen und Erläuterungen zu der amerikanischen Romanverfilmung von Friedrich Dürrenmatts ´Das Versprechen´ aus dem Jahr 2001 sowie zum Roman selbst. Die Filmfassung des amerikanischen Regisseurs Sean Penn steht im Mittelpunkt des Filmhefts. Zwar beziehen sich einige Fragen im Filmheft auch auf die deutsche Filmfassung ´Es geschah am helllichten Tag´, die 1958 von dem Regisseur Ladislao Wechsler gedreht wurde. Sie steht aber nicht im Fokus, da hier der Roman nicht Vorlage der Filmhandlung war, sondern ein von Dürrenmatt schon früher konzipiertes Drehbuch, was sich in grundlegenden Dingen von seinem später verfassten Roman unterscheidet, wie auch später noch näher erläutert wird. Aus diesem Grund wird der Film mit Heinz Rühmann und Gerd Fröbe im Filmheft auch nur am Rande behandelt.

2. Mediendidaktik

War es in den 1960-er Jahren noch verpönt, Filme in die unterrichtliche Arbeit einzubinden, denn sie galten als zu trivial, als dass sie als anspruchsvolles Medium einen Platz im Klassenzimmer hätten finden können, wandelte sich diese Auffassung langsam mit der literaturdidaktischen Diskussion, die in den 1970-er Jahren aufkam (s. Punkt 3.2.).

Doch erst Anfang der 1990-er Jahre, als Film und Fernsehen aus der Welt der Kinder und Jugendlichen nicht mehr wegzudenken waren, ging man dazu über, sich dem Medium Film und Fernsehen immer mehr zu öffnen. Man hatte erkannt, dass Film und Fernsehen zur Lebenswelt der Heranwachsenden gehören und diese Medien deshalb auch Einzug in die Unterrichtswelt finden müssen. Ein schülerzentrierter oder wenigstens schülerbezogener Unterricht kann und sollte deshalb nicht auf deren Einsatz verzichten, denn die Welt der SchülerInnen sollte nicht nur akzeptiert werden, es muss auch darauf reagiert werden. Die Schlussfolgerung muss demnach die Einbindung einer vielseitigen Mediendidaktik in den Deutschunterricht sein. Die Realität muss ins Klassenzimmer gebracht werden, um die Schüler ausreichend für ein zukünftiges Leben vorbereiten zu können.[12]

Wie schon in der Einleitung erwähnt, ist ein wichtiges Schlagwort der Mediendidaktik die Medienkompetenz. Dieter Baacke formuliert die Aufgabe der Medienkompetenz folgendermaßen: Sie ist „die Fähigkeit, in die Welt aktiv aneignender Weise auch alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen.“[13] Der kompetente und bewusste Umgang mit unterschiedlichen Medien soll den SchülerInnen als Schlüsselkompetenz vermittelt werden. Dabei gilt es, die Kompetenz der Medienkunde, die Nutzungskompetenz, die Kritikkompetenz sowie die Mediengestaltungskompetenz der Schüler zu entwickeln und/oder zu schulen.[14] Der Umgang mit unterschiedlichen Medien im Unterricht ist daher unerlässlich.

2.1. Literaturdidaktik

Die Schrift lässt uns die Möglichkeit, unsere Phantasie frei zu entfalten. Das Wort alleine gibt uns einen Anstoß und so kann der Leser hinabtauchen in eine Welt, die aus Lettern besteht. Unsere Vorstellungskraft produziert Bilder, die nicht nur visuell, sondern auch akustisch, taktil und olfaktorisch erlebt werden können. Diese sogenannte literar-ästhetische Erfahrung ist also ein „inneres Erleben von Gedanken, Gefühlen und Sinneseindrücken, wachgerufen durch die produktiv mitschaffende Rezeption von Dichtung.“[15]

Die Literatur schafft mit Hilfe von „Leerstellen“ die Möglichkeit, dem Leser eine Welt zu eröffnen, die jenseits von den gedruckten Buchstaben der Lektüre erschlossen werden kann. Der Leser kann sich mit Hilfe des Textes in einer selbst geschaffenen Welt verlieren oder sich fehlende Bausteine sinnbildlich vorstellen.[16] Für Iser stellt sich sogar erst durch die Interaktion des Lesers mit der Lektüre das eigentliche Lesevergnügen ein.[17] Es sollte deshalb nicht darauf verzichtet werden, den SchülerInnen Literatur näher zu bringen. Denn obwohl sich die Leselust in Deutschland seit der Veröffentlichung der PISA-Studie aus dem Jahr 2000 gesteigert hat[18], geben immer noch 11 % der Jugendlichen im Alter von 14 – 19 Jahren an, keine Bücher zu lesen.[19] Um möglichst alle Lernenden an Literatur heranzuführen, sollte sie im Unterricht nicht die bloße Klassenlektüre erwarten. Nur durch einen spannenden und unterhaltsamen Zugang hat man die Chance, möglichst viele SchülerInnen zu erreichen.

2.2. Filmdidaktik

Die immer wiederkehrende Kritik an der Filmdidaktik war und ist heute auch noch stellenweise zu finden, dass der Film die Phantasie des Rezipienten nicht anregen kann. Dem Medium Film wird, anders als dem Medium Buch, die Fähigkeit abgesprochen, die eigene Vorstellungswelt des Zuschauers zu aktivieren. So schreibt Iser in seinem Artikel ´Der Lesevorgang´: „Die Romanverfilmung hebt die Kompositionsaktivität der Lektüre auf. Alles kann leibhaftig wahrgenommen werden, ohne dass ich etwas hinzu bringe, geschweige denn mich mit dem Geschehen gegenwärtig machen muß. Deshalb empfinden wir dann auch die optische Genauigkeit des Wahrnehmungsbildes im Gegensatz zur Undeutlichkeit des Vorstellungsbildes nicht als Zuwachs oder gar als Verbesserung, sondern als Verarmung.“[20] Doch jeder Mensch, der schon einmal einen Film gesehen hat, weiß, dass es während und nach der Filmrezeption nicht nur bei den Bildern auf der Leinwand bleibt. Wenn nicht schon im Kino- oder Fernsehsessel, produziert er spätestens nach dem Filmerleben in seiner eigenen Gedankenwelt neue Bilder. Dies kann man z.B. gut daran beobachten, dass viele Menschen nachdem sie einen Horrorfilm oder Thriller gesehen haben, automatisch von einem Angstgefühl beschlichen werden, was sie oft bis in die eigenen vier Wände begleitet. Die Phantasie wird also auch bei der Filmrezeption angeregt.

Werden die Medien Film und Fernsehen im Unterricht einbezogen, bietet dies die Möglichkeit, die SchülerInnen während ihrer Rezeption zu begleiten. Die Lernenden werden so nicht mit dem Medium Film alleine gelassen und gerade durch die Begleitung der Lehrkraft kann der reflektierte, sinnvolle und raisonable Umgang mit dem Medium Film entstehen. „Die Lernenden machen die Erfahrung, dass Filmrezeption nichts zu tun haben muss mit automatisierter, stumpfer Wahrnehmung. Ein ästhetischer Umgang mit dem Film kann letztlich sogar über den abgegrenzten künstlerischen Rahmen hinaus für intensivere und differenziertere Alltagswahrnehmung sensibilisieren.“ In diesem Sinne kann die Filmdidaktik einen Beitrag zu einer umfassenden Wahrnehmungsschulung leisten.[21]

2.3. Didaktischer Begründungszusammenhang

Literatur und Film müssen sich nicht ausschließen, haben sie doch einige verbindende Elemente aufzuweisen. Beide Medien transportieren eine Geschichte und gehen eine Wechselwirkung mit dem Rezipienten ein.[22] Diese kann sogar im selben Dreiaktschema erzählt werden (wie in Punkt 4.1. näher erläutert wird).[23] Auch die Erzählstrukturen, wie auktorialer, personaler und Ich-Erzähler, finden sich nicht nur in der Literatur, sondern auch im Film wieder, was die beiden Medien auch in dieser Hinsicht vergleichbar macht.[24] Der mediendidaktische Unterricht sollte nicht im Spannungsverhältnis zwischen einer „Lese- und einer Medienkultur“ gesehen werden, sondern sollte eine Verbindung zwischen ´neuen´ und ´alten´ Medien schaffen.[25]

Eine Möglichkeit mediendidaktischen Literaturunterricht umzusetzen ist die Nutzung des imaginationsorientierten Verfahrens. Das Weiter- und Umschreiben von Einzelepisoden oder dem Schluss, das szenische Spielen zu ausgewählten Buchpassagen, bzw. Filmszenen, das Verfassen von inneren Monologen, das Zeichnen zu Bildsequenzen u.v.m., können sowohl filmisch, als auch literarisch umgesetzt werden.[26]

Gerade in der Arbeit mit einem Filmheft werden imaginationsorientierte Verfahren angewandt und binden so Buch und Film über entsprechende Arbeitsaufträge gleichermaßen ein. Auf spannende, abwechslungsreiche Weise nähern sich die Schüler dem schriftlichen und audiovisuellen Medium. Interessante, aufschlussreiche und herausfordernde Fragen sollen die Schüler dazu ermutigen, den Film nicht nur als reinen Zeitvertreib wahrzunehmen, sondern sich auch kritisch und reflektorisch mit dem Gesehenen auseinander zu setzen.[27] So gibt das Filmheft Anregungen, wie die Bearbeitung der literarischen, als auch der filmischen Vorlage aussehen kann. Der einzelnen Lehrkraft wird jedoch noch genügend Spielraum zur Interpretation eigener Ideen zur Verfügung gestellt.

Die Rezeption einer Literaturverfilmung kann zudem zu einem besseren Verständnis der literarischen Vorlage dienen oder sogar zu einem ersten Zugang zum Medium Buch verhelfen, da das Interesse über den Film geweckt werden kann.[28]

3. Sachanalyse

3.1. Der Autor

Friedrich Dürrenmatt wurde am 5.Januar 1921 im schweizerischen Konolfingen als Sohn eines protestantischen Pfarrers geboren. Schon als junger Mann fühlte er sich zum Künstler berufen und kündigte seinen Eltern früh an, sich in diesem Metier versuchen zu wollen. Allerdings war er in diesen frühen Jahren noch nicht ausschließlich auf den Beruf des Autors festgelegt, sondern tendierte auch stark zum Beruf des Kunstmalers.

Aus jugendlicher Rebellion heraus, um dem konservativen Elternhaus zu trotzen, schloss sich Dürrenmatt 1938 für kurze Zeit der frontistischen Jugendbewegung in der Schweiz an, die den Nationalsozialismus Hitlers unterstützte. Doch kehrte er Hitler und seinen Schergen bald den Rücken zu und distanzierte sich von diesem Gedankengut: „[...] Der Mensch erschien mir als kosmischer Missgriff, als Fehlkonstruktion eines offenbar gleichgültigen, wenn nicht stumpfsinnigen Gottes, für den bestenfalls Hitler als Symbol dienen konnte, als Weltfratze, von der allgemeinen Unvernunft heraufbeschworen.“[29] Als Schriftsteller setzte sich Dürrenmatt in seinen Texten fortan mit politischen, philosophischen und religiösen Themen auseinander. Des Weiteren interessierte ihn besonders das Sujet Gerechtigkeit, das oft in seinen Werken aufgegriffen wird, z.B. in ´Der Verdacht´ oder in ´Der Besuch der alten Dame´.[30]

Nachdem sich Dürrenmatt entschied, sein Studium der Philosophie abzubrechen, widmete er sich ganz seiner Leidenschaft des Schreibens und begann seine Karriere als Schriftsteller. Obwohl Dürrenmatt Unterstützung von Seiten einiger Bewunderer erhielt, hatte er lange Zeit mit finanziellen Problemen zu kämpfen, denn seine Arbeit als Schriftsteller war nicht immer von Erfolg gekrönt. So wurde beispielsweise 1948 sein Stück ´Die Ehe des Herrn Mississippi´ von dem Basler Theaterdirektor, Regisseur und Schauspieler Kurt Horwitz, der zu seinem wichtigsten Förderer wurde, abgelehnt und stürzte Dürrenmatt und seine Familie in größte finanzielle Bedrängnis. Um dieser Misere entkommen zu können, nahm er als Schriftsteller Auftragsarbeiten für Kriminalgeschichten der Zeitschrift ´Der schweizerische Beobachter´ an.[31] So entstanden dann die beiden bedeutenden Werke Dürrenmatts: ´Der Richter und sein Henker´, welcher in acht Folgen zwischen 15.12.1950 und 31.3.1951 abgedruckt wurde, sowie ´Der Verdacht´, der 1951/1952 folgte.[32] Wie die beiden Vorläufer war auch ´Das Versprechen´ eine Auftragsarbeit. Friedrich Dürrenmatt verfasste aber nicht nur aus kommerziellen Gründen in unregelmäßigen Abständen Kriminalromane. Das Genre interessierte ihn, was seine umfangreiche heimische Sammlung an Kriminalromanen erkennen ließ. Dürrenmatt hatte sich jedoch zum Ziel gesetzt, die klassischen Detektivgeschichten, wie sie von weltberühmten Autoren wie Sir Arthur Conan Doyle, Agatha Christie oder Edgar Allen Poe verfasst wurden, zu ´entstauben´. Er war der Meinung, dass herkömmliche Kriminalgeschichten nur einem bestimmten Muster folgen – der Ermittler verfolgt den Bösewicht und bringt ihn am Ende des Romans zur Strecke. Dürrenmatt wollte das immer wieder kehrende Muster der klassischen Detektivgeschichte durchbrechen.

1957 bekam er von dem Schweizer Filmproduzenten Lazar Wechsler den Auftrag ein Exposé für einen Film mit der Thematik „Sexualverbrechen an Kindern“ zu entwerfen. Später entwickelte Dürrenmatt in Zusammenarbeit mit dem Regisseur Ladislao Vadja anhand dieser Vorlage das Drehbuch zu dem Film ´Es geschah am helllichten Tag´, das dann unter der Regie des Co-Autors mit den Schauspielern Heinz Rühmann und Gerd Fröbe 1958 umgesetzt wurde.[33] Nach Beendigung des Drehbuchs wandte er sich erneut dem Stoff zu und schrieb eine neue Fassung: "[...] Was ich schreiben wollte, ist ein Kriminalroman, nicht in der Art von Poe oder Faust [...] Ein Detektiv, der völlig vom Absurden erschüttert wird."[34] Das eigentliche Ziel der Detektivgeschichte, die Auflösung des Falles, findet sich hier nicht. Das klassische Kriminalschema wird nicht verfolgt. Der Ermittler kann nicht als glorreicher Held triumphieren.[35] Daran kann man die Eigenwilligkeit des Autors erkennen, der schon in den 1950-er Jahren als „Enfant terrible“ galt und sich nicht scheute, unangenehme Themen aufzugreifen und festzuhalten.[36]

Als einer der ersten deutschsprachigen Theater- und Dramenautoren nach 1945[37], starb Dürrenmatt am 14. Dezember 1990 im Alter von 69 Jahren im schweizerischen Neuchâtel.[38]

3.2. Die Gattung: Der Kriminalroman

Im 19. Jahrhundert, als sich ein Justizsystem etablierte, das sich nicht Willkür, sondern Recht und Ordnung auf die Fahnen schrieb, und die Massenpresse ihre Ausbreitung fand, mit der sich auch der kleine Mann eine Zeitung leisten konnte, erlebte die Kriminalgeschichte ihre entscheidende Phase. Die Sensationslust der Leser konnte nicht nur durch die Verbreitung neuester Unglücksnachrichten gestillt werden. Erdachte Verbrechensgeschichten waren ein unterhaltsames Mittel die Menschen von dem Wissen über ihr eigenes Elend abzulenken.

Als „Väter des Detektivromans“ dürfen wohl der Amerikaner Edgar Allan Poe und der Engländer Sir Arthur Conan Doyle genannt werden. Mit dem Roman „The Murders in the Rue Morgue“ etabliert Poe den klassischen Kriminalhelden Auguste Dupin, der durch Logik und Kombinationsgabe zur Aufklärung des Verbrechens gelangt. Doch weltbekannt wurde der Detektivroman wohl durch Sir Arthur Conan Doyles Figur Sherlock Holmes, der mit seinem Scharfsinn sämtliche Kriminalfälle löst.[39] Zur klassischen Detektivgeschichte, in der die zentrale Hauptfigur ein Verbrechen zur Aufklärung bringen muss, gesellt sich noch eine weitere Subgattung des Kriminalromans - die Verbrechensgeschichte. Hier stehen die Planung, Durchführung und letztendlich dann doch auch die Aufklärung des Verbrechens im Mittelpunkt.[40]

Allgemein kann man festhalten, dass der Kriminalroman noch heute zu einem der beliebtesten literarischen Gattungen zählt, da er Spannung verspricht und im Leser zahlreiche Emotionen auslöst. Der Leser zu Hause auf dem Sofa wird keiner unmittelbaren Gefahr ausgesetzt und kann so ohne jegliches Risiko an aufregenden, spannenden Geschichten partizipieren. Obwohl schon lange populär, hielten Krimis als Teil der Trivialliteratur erst Anfang der 1970-er Jahre im Zuge der „kommunikativen Wende“ Einzug in den Unterricht.[41]

Jedoch hat der traditionelle Kriminalroman, oder auch Kriminalerzählung genannt aufgrund der oft feststellbaren kurzen Texten, eines geringen Figurenrepertoires sowie einer „kompakt strukturierten Handlung“ heutzutage ausgedient. Das strenge und immer gleich bleibende Muster von Verbrechensaufklärung wurde abgelöst durch die Darstellung eines Ermittlers, der nicht perfekt erscheint und sich stattdessen mit Schwierigkeiten im Arbeits- oder Privatleben konfrontiert sieht. Der Kommissar macht Fehler - diese Realitätsnähe kommt beim Publikum gut an, auch deshalb erfreuen sich heutige fiktive Kriminalkommissare wie Kurt Wallander, entwickelt von Henning Mankell oder Inspektor Jury, erfunden von Elizabeth George, größter Beliebtheit.[42]

3.3. Das Genre: Der Kriminalfilm

Mit Aufkommen des Kinofilms etablierte sich schnell ein sehr beliebtes Genre – der Kriminalfilm. Als erster großer Kriminalfilm ist wohl Fritz Langs ´M – Eine Stadt sucht ihren Mörder´ zu nennen, der schon 1931 über die Kinoleinwände flimmerte.

[...]


[1] http://www.mpfs.de/index.php?id=119/ Stand: 29.12.08

[2] http://www.mpfs.de/fileadmin/Einzelstudien/Fernsehen_Sch_ler.pdf/ Stand: 29.12.08

[3] http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf06/JIM-Studie_2006.pdf / Stand: 29.01.09

[4] http://www.mpfs.de/index.php?id=126 / Stand: 29.01.09

[5] Vgl. Zeitlinger, Edith: Unterhaltungsfilme im Unterricht? – Versuch einer Begründung in Theorie und Praxis. In: ide – Film. S. 78.

[6] Zit. in: Schörkhuber, Wolfgang: Film im Deutschunterricht – Literaturtransporteur, Filmanalyse oder was?. In: ide – Film. S. 9.

[7] Zit. in: Tiemann, Hans-Peter: Filme erleben. S. 168.

[8] Vgl. Holzmann, Christian: Plädoyer für einen schlechten Film. In: ide – Film. S. 48.

[9] Krämer, Felix: Spiel Film Spiel. S. 278 f.

[10] Internet: http://www.km.bayern.de/imperia/md/content/pdf/medienerziehung/2.pdf / Stand: 25.01.09

[11] Vgl. Abraham, Ulf: Praxis des Deutschunterrichts. S. 265 f.

[12] Vgl. Lange, Günter: Film und Fernsehspiel im Unterricht. In: Taschenbuch des Deutschunterrichts. Bd. 2. S. 695 f.

[13] Zit. in: Hoffmann, Bernward: Medienpädagogik. S. 31.

[14] Lange. S. 703.

[15] Zit. n.: Köppert, Christine/Spinner, Kaspar H.: Filmdidaktik. Imaginationsorientierte Verfahren zu bewegten Bildern. In: Deubel, Volker/ Kiefer, Klaus H.: MedienBildung im Umbruch Lehren und Lernen im Kontext der Neuen Medien (Hrsg.). Bielefeld 2003, S. 59.

[16] Krämer, S. 80 ff.

[17] Vgl. Tiemann, S. 76.

[18] Vgl. Studie: Lesen in Deutschland 2008. Stiftung Lesen, S. 21, Mainz 2008.

[19] Ebd., S. 22.

[20] Zit. in: Krämer, S. 81.

[21] Zit. n.: Köppert, S. 72. ff.

[22] Vgl. Zeitlinger, Edith: Unterhaltungsfilme im Unterricht? – Versuch einer Begründung in Theorie und Praxis. In: ide – Film. S. 80.

[23] Vgl. Schwarz, Florian: Der Roman „Das Versprechen“ von Friedrich Dürrenmatt und die Filme „Es geschah am hellichten Tag“ (1958) und „The Pledge“ (2001). S. 14 f.

[24] Ebd., S. 29 / 32.

[25] Vgl. Lange, S. 703.

[26] Vgl. Köppert, S. 59 – 61.

[27] Rußegger, Arno: Film im Deutschunterricht. In: ide Film, S. 18.

[28] Vgl. Lange, S. 706.

[29] Zit. in: Weber, Ulrich: Friedrich Dürrenmatt. S. 10 ff.

[30] Weber, S. 24.

[31] Vgl. Weber, S. 14 f.

[32] Vgl. Klöhr, Friedhelm: Interpretationshilfe deutsch – Friedrich Dürrenmatt ´Der Verdacht´, S. 4.

[33] Vgl. Schwarz, S. 48.

[34] Zit. in: Pasche, Wolfgang: Interpretationshilfen Friedrich Dürrenmatts Kriminalromane: Der Richter und sein Henker, Der Verdacht, Die Panne, Das Versprechen. S. 157.

[35] Vgl. Klöhr, S. 100.

[36] Internet: http://www.abendblatt.de/extra/service/944949.html?xmlurl=http%3a%2f%2f87.230.59.37%2fha%2f1958%2fxml%2f19580405xml%2fhabxml58_8501.xml&pdfurl=http%3a%2f%2f87.230.59.37%2fha%2f1958%2fpdf%2f19580405.pdf%2fASV_HAB_19580405_HA_022.jpg / Stand: 08.01.09

[37] Vgl. Weber, S. 31.

[38] Ebd., S. 26.

[39] Hickethier, Knut (2005): Filmgenres – Kriminalfilm. S. 14 f.

[40] Vgl. Lange, S. 788

[41] Ebd., S. 787

[42] Ebd., S. 794

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
"Das Versprechen" von Friedrich Dürrenmatt. Didaktisch-methodische Überlegungen zu Buch und Filmen
Untertitel
Mit Entwicklung eines Filmheftes
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Deutsche Philologie - Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur)
Note
2
Autor
Jahr
2009
Seiten
48
Katalognummer
V131377
ISBN (eBook)
9783640377015
ISBN (Buch)
9783640377145
Dateigröße
601 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das Filmheft selbst ist in dieser Veröffentlichung nicht enthalten.
Schlagworte
Versprechen, Friedrich, Dürrenmatt, Didaktisch-methodische, Buch, Filmen, Entwicklung, Filmheftes
Arbeit zitieren
Saskya Olympio (Autor:in), 2009, "Das Versprechen" von Friedrich Dürrenmatt. Didaktisch-methodische Überlegungen zu Buch und Filmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131377

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