Emil Franzel (1901 – 1976): Biografie eines sudetendeutschen Intellektuellen


Magisterarbeit, 2012

125 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Dank

I. Einleitung
I.1. Das Thema
I.2. Fragestellung und Methode
I.3. Forschungsstand und Quellenlage

II. Die frühen Jahre
II.1. Kindheit und Jugend in Nordböhmen
II.2. Eintritt in die DSAP und Studium in zwei Metropolen

III. Die erste Metamorphose: Vom Marxisten zum „nationalen Sozialisten“?
III.1. Die hauptamtliche Arbeit für die DSAP: Bildungssekretär und Redakteur
III.2. Von der „Revolution des Proletariats“ zur „abendländischen Revolution“
III.3. „Auseinandergelebt“ und doch noch Parteimitglied?

IV. Vom Anschluss des Sudetenlandes bis zur Gefangenschaft – Anpassung oder Überzeugung?
IV.1. Übernahme des Volksbildungsinstituts Urania in Prag: Verrat an der Sozialdemokratie?
IV.2. Berufswechsel nach Kriegsbeginn: Vom Redakteur zum Bibliothekar
IV.3. Schutzpolizeireserve statt Front: Schreiber, Redakteur und Geschichtslehrer
IV.4. Kriegsverletzung, Gefangenschaft und Zwangsaussiedlung

V. Neuanfang in Bayern: Die zweite Metamorphose – dieses Mal vom nationalen Sozialisten zum christlich-sozialen?
V.1. Neuanfang in Bayern nach der Zwangsaussiedlung
V.2. „Neues Abendland“ statt „Abendländische Revolution“
V.3. Emil Franzels persönliche Integration als Angehöriger des „vierten Stamm Bayerns“
V.4. Das „publizistische Maschinengewehr“ der Sudetendeutschen
V.5. Alte und neue „Freundschaften“
V.6. Die Schlachtfelder des Lebensabends

VI. Schlussbetrachtungen

Anhang
A. Quellen und Literatur
I. Archivbestände
II. Befragte Personen
III. Quelleneditionen, Lexika und Handbücher
IV. Zeitgenössische Literatur, Memoiren und Artikel in Periodika
V. Forschungsliteratur
B. Abkürzungen
C. Lebenslauf von Emil Franzel
D. Auswahlbibliografie von Emil Franzel
I. Monografien
II. Beiträge in Sammelbänden
III. Herausgeberschaften
IV. Vortrags- und Redemanuskripte
V. Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften
VI. Sonstige als Mitarbeiter
E. Pseudonyme
F. Topografisches Register

Dank

Mein besonderer Dank gilt Professor Dr. Günter Schödl, der sich trotz seiner Emeritierung bereit erklärt hatte diese Magisterarbeit zu betreuen und es bereits bei der Themenfindung mit dem Autor nicht leicht hatte. Dann möchte ich mich bei Thomas Oellermann bedanken, der mich auf die Person Emil Franzels aufmerksam gemacht hat, mir einige seiner Forschungsergebnisse zur Verfügung stellte und mir mit seinen Tschechischkenntnissen bei Anfragen bei tschechischen Institutionen eine große Hilfe war, mich bei Übersetzungen unterstützte und mir wichtige Kontakte vermittelte. Letzteres bringt mich zu meinem Dank für Dr. Martin K. Bachstein, der mir in zwei Gesprächen in seinem Pöckinger Haus wertvolle Hinweise zu Emil Franzel und dessen persönlichen Beziehungen gab, mir das Manuskript zur Autobiografie von Emil Franzel anvertraute und in zahlreichen per E-Mail geführten Diskussionen allzu gewagte und nicht beweisbare Thesen kritisch dekonstruierte. Er hat mich auch auf den in München lebenden Sohn von Emil Franzel aufmerksam gemacht. Ihm schulde ich nicht zuletzt besonderen Dank dafür, dass er sich bereit erklärte, mein Manuskript vor der Abgabe noch einmal kritisch zu lesen.

Mein besonderer Dank gilt aber auch den beiden noch lebenden Söhnen Emil Franzels – Ruprecht und Dr. Rüdiger Franzel. Bei beiden bedanke ich mich für das entgegengebrachte Vertrauen und Dr. Rüdiger Franzel schulde ich ganz besonderen Dank für ein langes Gespräch in seiner Privat-wohnung bei dem er mir sehr viele wertvolle und interessante Hinweise für diese Biografie gab.

Hanna Zakhari, Tochter von Karl Rybnicky, einem der drei Gründer der Sozialistischen Aktion, stellte mir dankenswerterweise den Schriftwechsel ihres Vaters rund um die Zeitschrift der DSAP-Oppositionsgruppe zur Verfügung.

Natürlich schulde ich auch zahlreichen Institutionen, Archiven und Bibliotheken, meinen Dank für ihren guten Service. Darunter ganz besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Archivs und der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, des Bayerischen Hauptstaatsarchivs, des Archivs für Christlich-Soziale Politik, des Archivs der Ackermann-Gemeinde, dem Stadtarchiv Weilheim i. OB und dessen Leiter Bernhard Wöll für umfangreiche Auskünfte, der Bibliothek des Collegium Carolinum und der Bibliothek des Herder-Instituts sowie der zahlreichen Staats-, Universitäts- und Landesbibliotheken die die Literatur für diese Arbeit bereitgestellt haben. Ganz besonders danken möchte ich an dieser Stelle Frau Ingrid Sauer, M.A. vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv und Andreas Bitterhof, dem stellvertretenden Leiter des Archivs für Christlich-Soziale Politik, die beide meine Arbeit mit sehr viel persönlichem Engagement bei der Archivalienrecherche und –beschaffung unterstützt haben. Für sehr kurzfristige und schnelle Auskünfte per E-Mail möchte ich Dr. Claudius Stein, M. A. vom Archiv der Ludwig-Maximilians-Universität München und Herrn Mag. Thomas Maisel, Leiter des Archivs der Universität Wien danken.

Last but not least danke ich meiner Frau und meinen Eltern, die mich sowohl ideell als auch finanziell bei meinem Studium immer wieder unterstützt haben. Insbesondere schulde ich meiner Frau und meiner Schwägerin Dank für deren engagiertes Korrekturlesen.

I. Einleitung

I.1. Das Thema

Wie bei jeder wissenschaftlichen Arbeit drängt sich die Frage auf, warum das Thema bearbeitet wird und warum es wissenschaftlich interessant ist. Bei einer Biografie stellt sich zuerst die Frage nach der persönlichen Aktualität. Diese ist bei Emil Franzel im Jahr 2011 gleich in doppelter Hinsicht gegeben. Zum einen war der 29. Mai 2011 sein 110. Geburtstag, der 3. Juli 2011 war sein 35. Todestag – zwei zumindest halbrunde persönliche Gedenktage in einem Jahr.[1] Emil Franzel ist schon bei einem ersten Blick in Biogramme eine sehr interessante Persönlichkeit. Er war nicht nur sehr vielseitig: Bibliothekar, Volksbildner, Redakteur, Publizist, Historiker ist nur eine Auswahl der Berufsbezeichnungen, die Autoren von Biogrammen ihm zugeschrieben haben. Darüber hinaus hat er auch noch eine Entwicklung vom Sozialdemokraten zum Konservativen vollzogen. Trotzdem ist er in Deutschland, außerhalb der sudetendeutschen Verbände und Institutionen, kaum noch bekannt. Zu dieser Aussage gelangt der Autor aufgrund zahlreicher – sicherlich nicht repräsentativer – Gespräche in seinem wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Umfeld. Kaum jemand außerhalb der Gruppe, die sich mit der Erforschung der sogenannten Sudetendeutschen[2] in der Tschechoslowakei beschäftigt, kannte den Namen „Emil Franzel“. Lediglich in der Seliger-Gemeinde ist der Name Emil Franzel zumindest einigen, meistens älteren, Mitgliedern noch ein Begriff. Aber gerade das Vorhandensein respektive Nichtvorhandensein von Lexikoneinträgen scheint die Aussage, dass Franzel nur noch in „sudetendeutschen Kreisen“ bekannt ist, zu stützen. So findet sich im Biographischen Lexikon zur Geschichte der Böhmischen Länder sein Biogramm.[3] Wenn man dagegen das Lexikon des Konservatismus[4] aufschlägt, fällt auf, dass dort zu Emil Franzel kein Lemma zu finden ist. Dies überrascht umso mehr, weil gerade die „konservative Phase“ inzwischen – teilweise natürlich nach Redaktionsschluss des Lexikons des Konservatismus – relativ intensiv wissenschaftlich aufgearbeitet wurde.[5]

Warum also könnte eine Biografie von Emil Franzel wissenschaftlich interessant – vielleicht sogar ein Desiderat – sein? Alleine die gerade schon angedeutete Vielseitigkeit macht Franzel zu einer interessanten Persönlichkeit. Andererseits macht ihn aber auch gerade die Trennung von der Sozialdemokratie zu einem interessanten Zeitzeugen.[6]

Bisher wurden hauptsächlich Biografien der politisch exponierten nationalsozialistischen Persönlichkeiten wie Konrad Henlein und Karl Herrmann Frank geschrieben. Daneben gibt es einige Biografien von Persönlichkeiten im sozialdemokratischen Lager: Wenzel Jaksch, Ludwig Czech, Josef Seliger. Über Persönlichkeiten der politischen „zweiten Reihe“ und sudetendeutsche Intellektuelle existieren wenige ausführliche Biografien.

I.2. Fragestellung und Methode

Der Titel der Arbeit und das in Kapitel I.1 dargestellte verdeutlichen die Wahl eines biografischen Ansatzes. Daher ist es naheliegend, Leben und Karriere im Wesentlichen chronologisch abzuhandeln. Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den „frühen Jahren“, der Zeit vor dem Berufseinstieg als Redakteur der sozialdemokratischen Presse. Dieser Teil gliedert sich in zwei Abschnitte. Zuerst wird versucht, die Kindheit und Jugend Emil Franzels in seiner nordböhmischen Heimat zu rekonstruieren. Dieser Abschnitt wird allerdings nicht mit dem Schulabschluss beendet – was auf den ersten Blick vielleicht die logische Zäsur gewesen wäre – sondern endet mit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Die Einteilung trägt dem Umstand Rechnung, dass nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die Anfänge von Franzels politischer Betätigung und der Parteieintritt, gemeinsam mit den letzten Schuljahren und dem Abitur, einen deutlich von den frühen Jugendjahren getrennten Lebensabschnitt kennzeichnen, mit einer völlig anderen biografischen Qualität. Deswegen wurden diese letzten Jugendjahre gemeinsam mit seiner Studienzeit im Abschnitt über seinen Eintritt in die sozialdemokratische Partei und seinem Studium in Prag und Wien behandelt. Die Analyse im zweiten Abschnitt zeichnet die Entwicklung nach, die dazu führte, dass Emil Franzel vom sozialdemokratischen Redakteur und Bildungssekretär zunehmend zum „Außenseiter“ in seiner Partei wird und diese schließlich im November 1937 verlässt. Die drei Abschnitte dieses Kapitels bauen nicht streng chronologisch aufeinander auf, sie sind vielmehr thematisch voneinander abgegrenzt. Das Ende dieses Kapitels bildet die in gewisser Weise logische Zäsur des Parteiaustritts. Das dritte Kapitel beginnt dann mit der Entwicklung Franzels ausgehend von seinem Austritt aus der DSAP, dem beruflichen Neubeginn in der Urania und der Rolle Emil Franzels bei der Übernahme der Urania durch die Nationalsozialisten. Für die Zeit von 1939 bis 1946 wurde versucht, in drei chronologisch aufeinander aufbauenden Kapiteln seinen erneuten Berufswechsel hin zum Bibliothekar, seine Dienstzeit in der Schutzpolizeireserve, die Kriegsverletzung direkt bei Kriegsende und die folgende Kriegsgefangenschaft und Zwangsaussiedlung faktographisch zu rekonstruieren. Damit ergibt sich ein annäherungsweise vollständiges Bild dieses Zeitraums. Im letzten Kapitel ist dann der Neuanfang Emil Franzels in Bayern dargestellt. Wie bereits im dritten Abschnitt bauen die verschiedenen Abschnitte nicht streng chronologisch aufeinander auf. Es sind drei thematische Abschnitte – Wirken in der sudetendeutschen Nachkriegspublizistik und „abendländischer“ Publizistik sowie „alte und neue Freundschaften“ – zwischen den chronologischen Abschnitten eingeschoben. Der letzte Abschnitt des vierten Teils ist wieder chronologisch aufgebaut und geht von der Pensionierung bis zum Tode Emil Franzels am 3. Juli 1976 in München.

I.3. Forschungsstand und Quellenlage

Zum Forschungsstand zur tschechoslowakischen Geschichte, insbesondere auch der DSAP, sowie der Geschichte der Vertriebenenorganisationen und der Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen in die Bundesrepublik Deutschland sei auf die Berichte zum Forschungsstand in der in der Fußnote zitierten Literatur verwiesen.[7] An dieser Stelle kann und soll nur ein Überblick von Forschungsstand und Quellenlage zur biografierten Person gegeben werden.

Bisher existiert noch keine wissenschaftliche Biografie von Emil Franzel. Im Biographischen Lexikon zur Geschichte der Böhmischen Länder unter dem Lemma Franzel, Emil waren lediglich zwei Nachrufe aus dem Jahr 1976 vermerkt, die bereits zwei Fragen aufwarfen.[8] Erstens, wann war Emil Franzel gestorben? Am 29. Juni 1976, wie der Lexikoneintrag und der Nachruf in den Mitteilungen des SdA angaben? Oder doch am 3. Juli 1976, den der Artikel im Volksboten als Todesdatum nennt? Die zweite und wichtigere Frage war die nach den potentiellen weiteren Quellen. Die Literaturangaben erwiesen sich schnell als so „dünn“, dass darauf aufbauend ohne weiteres Material keine wissenschaftliche Magisterarbeit möglich gewesen wäre. Deswegen wurde der Entschluss gefasst die Recherche auch auf Archive auszudehnen, die möglicherweise Bestände zu Emil Franzel besitzen könnten.

Die erst nach dem Tod von Emil Franzel vom Sudetendeutschen Archiv herausgegebene Autobiografie erwies sich schnell als die biografische Hauptquelle. Die Kopie des Original-Manuskripts wurde im Laufe der Recherche von Martin K. Bachstein zur Verfügung gestellt, konnte aber aufgrund des Umfangs der Autobiografie und des Manuskripts nur in sehr begrenztem Umfang für diese Magisterarbeit verwendet werden. Im Rahmen einer umfangreicheren Arbeit bleibt das Manuskript daher noch systematisch auszuwerten. Der Umfang der Autobiografie war in gewisser Weise das erste Problem, da es schon schwer erschien, die Vielzahl von Anekdoten so zu filtern, dass diese für eine etwa 80 bis 100seitige Magisterarbeit ausreichend wären. Erschwert wurde diese Arbeit weiter dadurch, dass ein Ereignis oft in mehreren Anekdoten, die in verschiedenen Kapiteln zu finden sind, beschrieben wird und die Autobiografie vom SdA lediglich mit einem Personenverzeichnis, nicht aber auch mit einem Sachverzeichnis erschlossen wurde.[9] Hinzu kommt, dass diese Anekdoten, oft Gespräche mit anderen Personen, wissenschaftlich nicht zu beweisen sind. In der Einleitung zur Autobiografie beschreibt der damalige Leiter des SdA Heinrich Kuhn die weiteren Probleme. Das Manuskript zur Autobiografie Franzels wurde erst in den Jahren 1971/72 – also mit teilweise über 50 Jahren Abstand zu den beschriebenen Ereignissen – ohne „Tagebuchaufzeichnungen oder sonstige chronologische Hilfsmittel“ aufgeschrieben.[10] Etwas paradox mutet auch die Aussage eines Archivars an, Franzels „umfassende Geschichtskenntnisse“ hätten es diesem ermöglicht, ohne „zeitraubendes Quellenstudium“ Aufsätze und Romane niederzuschreiben.[11] Dies erklärt zwar hinreichend, warum kaum Daten oder auch nur Jahreszahlen in der Autobiografie zu finden sind, zieht aber für eine wissenschaftliche Biografie das Problem nach sich, diese aus anderen Hilfsmitteln rekonstruieren zu müssen.

Bedauerlicherweise stellte sich heraus, dass kein archivalischer Nachlass von Emil Franzel in einem öffentlichen oder privaten Archiv existiert.[12] Deswegen ist die Überlieferung der nicht publizierten Quellen sehr stark in verschiedenen Archiven in den dort lagernden Nachlässen und Akten von Privat-personen, Institutionen und staatlichen Stellen mit denen Emil Franzel Kontakt hatte, zersplittert.[13] Das Bundesarchiv in Berlin war die erste Adresse, um eventuell Hinweise auf eine NSDAP-Mitgliedschaft oder Mitgliedschaften in anderen nationalsozialistischen Organisationen überprüfen zu können.[14] Der wertvollste Bestand dort für diese Arbeit war die Personalakte Emil Franzels bei der Reichsschrifttumskammer, die einen Lebenslauf aus dem Jahr 1941 und ein Arbeitszeugnis für seine Tätigkeit bei der Urania in Prag enthält.[15] Im Bayerischen Hauptstaatsarchiv (BayHStA) in München wurde ebenfalls nachgeforscht. Dort wurde die Personalakte von Emil Franzel aus seiner Zeit bei der Bayerischen Staatsbibliothek vermutet. Außerdem wird inzwischen auch das Sudetendeutsche Archiv (SdA) hier verwahrt. Aus biografischer Sicht war der „Personalbogen für Beamte“ in Franzels Personalakte das wichtigste chronologische Hilfsmittel.[16] Das Archiv für Christlich-Soziale Politik[17] und das Archiv der Ackermann-Gemeinde in München wurden aufgesucht, da aus den Biogrammen sowohl eine Nähe Emil Franzels zur CSU, als auch zur Ackermann-Gemeinde abgeleitet werden konnte. Das Seliger-Archiv, seit 1989 im Archiv der sozialen Demokratie[18] bei der FES in Bonn angesiedelt, wurde besucht, um zu überprüfen, ob dort Korrespondenz von Emil Franzel mit ehemaligen Genossen aus der DSAP zu finden ist. Außerdem ist dort – zusammen mit der Bibliothek der FES, die größte Anzahl sozialdemokratischer Publikationen, auch solche aus der Tschechoslowakei, verfügbar.

Das Stadtarchiv Weilheim und das Archiv der Universität Wien wurden per E-Mail angefragt, aber nicht persönlich besucht. Im Stadtarchiv Weilheim befinden sich Meldeunterlagen und Akten der VHS Weilheim, die Emil Franzel mitaufgebaut hat. Im Universitätsarchiv Wien befinden sich Inskriptionsunterlagen. Das Archiv der Universität München hat auf seiner Website die Digitalisate der Personen- und Studentenverzeichnisse zur Verfügung gestellt. Im Jahr 1922 ist Emil Franzel nicht verzeichnet und für den Zeitraum vom Sommersemester 1923 bis einschließlich Sommersemester 1924 weisen die Digitalisate leider eine Lücke auf, weswegen zusätzlich per E-Mail angefragt wurde.[19] Neben der allgemeinen Problematik, dass zahlreiche Archive biografisch interessante Überlieferungen von Emil Franzel besitzen könnten, hat sich hat sich bei der Archivrecherche als besonders problematisch erwiesen, dass das Material doppelt zersplittert ist. Wie bereits dargestellt ist es, nicht nur über zahlreiche verschiedene Archive, sondern oft innerhalb der einzelnen Archive über diverse Fonds verteilt. In einzelnen Fonds existieren oftmals nur wenige Dokumente, die Emil Franzel betreffen.

Im Laufe der Recherchen stellte sich heraus, dass zwar noch keine Biografie von Emil Franzel geschrieben wurde. Verstreut über verschiedene wissenschaftliche Arbeiten existieren jedoch eine ganze Fülle mehr oder weniger umfangreicher und genauer Biogramme, meist von Historikerinnen und Historikern aus dem Bereich der Konservatismusforschung, die sich auch mit dem publizistischen Werk Emil Franzels in seiner „konservativen Phase“ beschäftigen.[20]

In der Dissertation von Rudolf Ebneth wurde Emil Franzel nicht nur als Zeitzeuge interviewt, sondern erstmals sein publizistisches Werk in der konservativen österreichischen Zeitung der Zwischenkriegszeit, dem Christlichen Ständestaat analysiert.[21] Wertvoll ist diese Arbeit insbesondere auch wegen ihrer Hinweise auf von Emil Franzel in der Zwischenkriegszeit benutzten Pseudonymen.[22] Martin K. Bachstein führte mit Emil Franzel zahlreiche Gespräche über Wenzel Jaksch und die DSAP, was die Wenzel-Jaksch-Biografie auch zu einer interessanten und wichtigen Quelle für die „sozialdemokratische Phase“ Emil Franzels macht, da zumindest teilweise auch die Rolle Emil Franzels in der DSAP herausgearbeitet wurde.[23] Außerdem verfasste Martin Bachstein mehrere Aufsätze zur DSAP, die auch die Rolle Franzels in der Partei analysierten. Für die „sozialdemokratische Phase“ Emil Franzels gibt es noch zwei herausragende wissenschaftliche Arbeiten, die sich neben der älteren Forschungsliteratur auch wesentlich auf die Presse der Arbeiterbewegung bei ihrer Untersuchung stützen und damit natürlich auch Emil Franzel ausführlich behandelt haben.[24]

Neben den bereits aufgeführten wissenschaftlichen Biogrammen existieren mehrere nichtwissenschaftliche Bücher, Aufsätze und Artikel – darunter mehrere Nachrufe aus dem Jahr 1976 – von Weggefährten, Kollegen und ehemaligen Genossen.[25] In dieser Kategorie sind auch einige Artikel, insbesondere von ehemaligen sozialdemokratischen Genossen, zu finden. Sie enthalten zahlreiche polemische Wertungen, weisen aber trotzdem interessante biografische Details auf und besitzen darüber hinaus auch einen ausgezeichneten Quellenwert für die Darstellung von Konflikten um Emil Franzel nach 1945.[26]

Ansatzweise wurden die Methoden der Oral History[27] für diese Arbeit genutzt. Allerdings beschränkte sich die Zeitzeugenbefragung im Wesentlichen auf Informationen zu personellen und institutionellen Zusammenhängen. Befragt wurden Dr. Rüdiger Franzel, einer der drei Söhne von Emil Franzel sowie Dr. Martin K. Bachstein.

Das gleiche Problem, wie bei der Autobiografie, stellte sich auch beim sehr umfangreichen publizistischen Lebenswerk Emil Franzels. Sein politisch-historisches Weltbild zu verschiedenen Zeitpunkten lässt sich daraus zwar rekonstruieren. Allerdings ist für eine Magisterarbeit die schiere Masse schwer zu bewältigen. Bei alleine etwa 12.000 Beiträgen in Periodika, ganz überwiegend politisch-historischer Art, aber auch Feuilletons und Glossen, fallen die mehreren Dutzend gedruckten Redemanuskripte und Bücher fast nicht mehr ins Gewicht.[28] Da auch die Belletristik überwiegend historische Thematiken behandelt und autobiografische Züge trägt, war Eingrenzung das oberste Gebot bei dieser Quellengattung.[29] Zur Masse der Publikationen kommt hinzu, dass viele Beiträge entweder unter Pseudonymen oder sogar anonym veröffentlicht wurden. Relativ viele Beiträge, die in seiner „sozialdemokratischen Phase“ im Arbeiter-Jahrbuch, sowie in den theoretischen Zeitschriften Tribüne und Der Kampf veröffentlicht wurden, weisen Namensnennungen auf. Deswegen wurden hauptsächlich diese Zeitschriften als Quelle genutzt.

II. Die frühen Jahre

II.1. Kindheit und Jugend in Nordböhmen

Geboren wurde Emil Eduard Franzel am 29. Mai 1901 – einem Mittwoch – im 2.200-Seelen-Dorf Haan als Sohn des Lehrers Emil Franzel (sen., geb. 20. Dezember 1868) und dessen Ehefrau Helene (geb. Zimmermann, geb. 5. Oktober 1876).[30] Seine Eltern wohnten zu diesem Zeitpunkt in Haan Hausnummer 141. Wie zu dieser Zeit üblich wurde Emil Franzel nur wenige Tage nach seiner Geburt am 5. Juni 1901 katholisch getauft.[31] Die Eheschließung seiner Eltern hatte am 7. August 1900 in Troppau, dem Wohnort seiner Mutter, stattgefunden. Der Großvater mütterlicherseits, Josef Zimmermann, von Beruf Zimmermaler, war zum Zeitpunkt der Geburt von Emil Franzel bereits verstorben.[32] Die Großmutter mütterlicherseits, Agnes Kreisel stammte aus Langendorf in Mähren.[33] Väterlicherseits stammte die Familie aus Ladowitz, wo der Großvater von Emil Franzel in Ladowitz Hausnummer 51 Müller gewesen war. Auch dieser Großvater war bereits vor der Geburt von Emil Franzel an Magenkrebs verstorben – was von Emil Franzel als „Müllerkrankheit“ bezeichnet wird.[34] Die Wassermühle des Großvaters wurde wohl noch vor der Jahrhundertwende verkauft und die fünf Kinder – zwei Töchter und drei Söhne – suchten in der Folge eine Existenz im kleinbürgerlichen Milieu.[35] Die Großmutter väterlicherseits, Agnes, geb. Funke aus Loosch, lebte während der Kindheit von Emil Franzel noch und wurde von ihm regelmäßig besucht.[36] Zur Familie von Emil Franzel gehörten noch seine beiden jüngeren Schwestern Helene und Elisabeth.[37]

Emil Franzel gehörte mit seinem Geburtsjahrgang 1901 zu den sudetendeutschen politischen Intellektuellen der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, die die Habsburgermonarchie noch bewusst miterlebt hatten.[38] Deutlich wird dies an der Erwähnung des Ereignisses, das nach seinen Angaben die Anfänge seines politischen Interesses bildete: die Bosnienkrise und das Kaiserjubiläum 1908. Damals seien zahlreiche junge Männer zur Armee einberufen worden und Mehl sei erst knapp und dann teurer geworden.[39]

Im einleitenden Kapitel zu seiner Autobiografie berichtet Emil Franzel anekdotenhaft – meistens ohne oder mit sehr ungenauen Zeitangaben – etwas zu seiner kulturell-sozialen Prägung.

Mit der Zeitungslektüre begann Emil Franzel nach seiner eigenen Aussage sehr früh und las zu Hause hauptsächlich das von seinem Vater abonnierte liberale Lokalblatt des Teplitz-Schönauer Anzeigers.[40] Bei den Besuchen seiner Großmutter las er in deren Haus sowohl die „Freiheit“, eine sozialdemokratische Zeitung, als auch eine nicht näher benanntes – in Dux herausgegebenes – Wochenblatt der DAP/DNSAP.[41] Nach seinen eigenen Angaben las er seltener auch die liberale „Bohemia“ und das „Prager Abendblatt“.[42] Neben den Zeitungen und Zeitschriften nennt Franzel noch einige Bücher und Autoren, die er während seiner Kindheit und Jugend gelesen habe. Als eine der Quellen für Literatur nennt er die Lehrerbibliothek im „größere[n] Schulgebäude“, in das die Familie umgezogen sei, nachdem sein „Vater Oberlehrer geworden war“ – einen genaueren Zeitpunkt gibt er hierfür nicht an.[43] Emil Franzel zählt als Beispiele seiner frühen Lektüre auch zahlreiche deutsch-nationale Literatur wie Heinrich Friedjungs „Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland“, Felix Dahns „Kampf um Rom“ oder „Velhagen und Klasings Monatshefte“, auf.[44] Andererseits berichtet Franzel in seiner Autobiografie aber auch, dass er durch die politischen Karikaturen des – antiklerikalen und antifeudalen – Simplicissimus „lebhafte Anregung“ bekommen habe.[45] Besonders erinnert er sich an eine Ausgabe mit „einer balkanesischen Ziegenrückenbrücke“ auf der die Vertreter der europäischen Großmächte – sich kratzend – abgebildet sind.[46] Emil Franzel schreibt selbst über sich, dass er „das, was man eine Leseratte nennt“ gewesen sei – ein Urteil, das in Anbetracht der erwähnten Literaturfülle durchaus angebracht erscheint, wenn es sich auch eines wissenschaftlichen Beweises entzieht.[47]

An zahlreichen Beispielen in seiner Autobiografie verdeutlicht Franzel seine „Liebe zur Geschichte“.[48] Während sich die geschilderten Einstellungen – pro habsburgisch – nicht dahingehend überprüfen lassen, ob sie tatsächlich in dieser Form schon während der Kindheit vorhanden waren oder erst nachträglich beim Niederschreiben der Autobiografie so empfunden worden sind, klingt das geschilderte Interesse an Geschichte und Politik bzw. die Anlässe durchaus plausibel. Zweifel an einer starken pro-habsburgischen Einstellung in seiner Jugend kommen auf, weil er einige Beispiele aufzählt, die nicht in dieses Bild passen. So hat er mehrere Male Heinrich Friedjungs Werk „Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland“ und sowohl sozialdemokratische, liberale, als auch deutsch-nationale Presse gelesen.[49]

Gemeinsam mit seinem Vater besuchte Emil Franzel an einem Sonntagnachmittag des Jahres 1912 eine „Arbeitervorstellung“ von „Die Räuber“ im Stadttheater von Teplitz.[50] Es bleibt unklar, warum Franzel diese nicht nachprüfbare Information in seine Autobiografie einfügt. Zum einen könnte er mit dem Theaterbesuch ein weiteres Mosaiksteinchen seiner frühen kulturellen Prägung in die Autobiografie eingefügt haben. Allerdings hätte er dann auch einfach einen Theaterbesuch erwähnen können und nicht notwendigerweise den Begriff „Arbeitervorstellung“ verwenden müssen. Der spezielle Begriff „Arbeitervorstellung“ wirkt wie ein Hinweis auf eine frühe Verbindung zur Sozialdemokratie – vielleicht auch des Elternhauses.[51]

Wahrscheinlich 1918/19 las Ernest Klee in Teplitz aus seinen Dichtungen. Emil Franzel besuchte gemeinsam mit seinem Vater diese Lesung von Klee, der ein Sohn eines Lehrerkollegen von Emil Franzel Senior war.[52] Emil Franzel erinnert sich in seiner Autobiografie daran, dass ihn insbesondere das Revolutionsdrama „Der Prophet“ stark beeindruckt habe.[53]

Zu seinem Weg in die Publizistik berichtet Emil Franzel, dass er bereits in der Schule so gerne schrieb, dass er für Mitschüler die „Hausaufsätze (reduziert auf das jeweils glaubhafte Niveau)“ geschrieben habe.[54] Das erste publizierte Schriftstück, war die Einsendung eines Leserbriefes an die sozialdemokratische Tageszeitung „Freiheit“ in Teplitz-Schönau, anlässlich eines Gemeinderats-beschlusses in Zinnwald. Dieser Beschluss hatte verfügt, dass vom Grab eines dort verstorbenen französischen Kriegsgefangenen die französische Inschrift wieder entfernt werden müsse. Nach eigenem Bekunden begehrte er dagegen auf, da ihm dies als „kleinlicher Nationalismus“ vorkam und er schon seit seiner Kindheit frankophil gewesen sei.[55]

Haan wird von Emil Franzel als typisches böhmisches Industriedorf beschrieben, das von verschiedenen Schichten bewohnt war – dazu zählt er Arbeiter, Bauern und Gewerbetreibende.[56] Interessant sind in dieser Schilderung einige Details, die Aufschluss über das Geschichts- und Menschenbild Franzels geben – wenn sich auch nicht feststellen lässt, ob diese tatsächlich in seiner Kindheit und Jugend so bestanden haben, oder ob es sich nur um nachträgliche Wertungen handelt. Emil Franzel schreibt, dass „selbstverständlich … [seine] Umwelt für die Entstehung erster Ansichten über Staat und Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung“ seien.[57] Seine Familie ordnet Emil Franzel in die soziale Schicht des Kleinbürgertums ein.[58] Allerdings berichtet er, dass seine Kontakte in der Kindheit im Wesentlichen auf die Jungen der Arbeiter beschränkt gewesen seien.[59] Mit der sozialen Oberschicht – zu der Franzel Bergwerksingenieure und Kassierer zählt – hatte er nach eigenem Bekunden erst Kontakt, als er einigen Söhnen solcher Familien Nachhilfeunterricht erteilte.[60] Eine bemerkenswerte Bewertung enthält auch die Aussage, dass er „die Tschechen zunächst nur als Proletarier der untersten Stufe“ kennengelernt habe, „die ihrem kulturellen Niveau nach weit unter dem der meisten deutschen Arbeiter standen“.[61] Lediglich der tschechische Lehrer der Oberschule in Ossegg habe zu seinem eigenen kleinbürgerlichen Milieu gehört und im Alter von zehn Jahren – also wahrscheinlich im Sommer 1911 – habe er einen tschechischen Schüler der siebten Gymnasialklasse kennengelernt, der bei seinen Eltern gewohnt hat, um über die Ferien sein Deutsch zu verbessern.[62] Dieser Austauschschüler habe ihm erstmals vor Augen geführt, dass „die Tschechen ein Kulturvolk wie wir [TK: die Deutschen] sind“.[63] Emil Franzel schreibt im nächsten Satz dann noch, dass „manche Tschechen … die deutsche Schule [besuchten], weil dies für sie den Aufstieg in eine höhere Kulturschicht bedeutete und sie bessere Chancen im Leben hatten, wenn sie beide Sprachen beherrschten“.[64]

Aus biografischer Sicht soll hier noch kurz die Schullaufbahn Emil Franzels skizziert werden, soweit sie sich aus den Quellen nachzeichnen lässt. Von 1907 bis 1912 besuchte er die Volksschule in Haan.[65] In der zweiten und dritten Klasse – also in den Schuljahren 1908/09 und 1909/10 – wurde er von seinem Vater unterrichtet.[66] Sein drittes Schuljahr bezeichnet Franzel, zumindest aus der Retroperspektive des hohen Alters, als sein schönstes Schuljahr.[67] Vielleicht blieb ihm dieses Schuljahr in besonderer Erinnerung, da noch während der davorliegenden Sommerferien der Bruder seiner Mutter zu Besuch war und man eine nach seinen damaligen Vorstellungen große Reise nach Aussig inklusive einer Dampferfahrt auf der Elbe bis Tetschen unternahm.[68] Auch die Krankheit mit Bettruhe, die er in seinem Aufsatz „Mein schönstes Schuljahr“ beschreibt, könnte sich in das kindliche Gedächtnis eingeprägt haben, da nicht nur die längere Bettruhe, sondern auch die Krankenbesuche seiner Schulfreunde mit kleinen Geschenken vielleicht ungewöhnlich waren.[69] Als den Höhepunkt des Jahres beschreibt Franzel die Zentenarfeier des Tiroler Aufstandes von 1809.[70] Im Anschluss an diese ersten Schuljahre in der Volksschule Haan absolvierte er von 1912 bis 1920 das Realgymnasium in Dux.[71] Der Schulweg nach Dux war etwa fünf Kilometer lang und wurde von Emil Franzel täglich gelaufen, da er auch während des Besuchs des Gymnasiums zuhause bei seinen Eltern in Haan wohnte.[72] Die siebte Klasse – oder österreichisch, wie Franzel das ausdrückt, die Sekunda – ist ihm im Gedächtnis geblieben, da er auf einem Schulausflug in Dresden war, als Extrablätter die Nachricht von der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand und dessen Gemahlin verkündeten.[73]

Die Kindheit und frühe Jugend von Emil Franzel kann wohl zu Recht als „behütete bürgerliche Kindheit“ bezeichnet werden.[74] Die von ihm beschworene „Liebe zum Erzhaus“[75] lässt sich mit den bisher bekannten und für diese Arbeit verwendeten Quellen wissenschaftlich weder nachweisen, noch widerlegen. Uneingeschränkt geteilt werden kann die Ansicht, dass Emil Franzel die Habsburger-Monarchie noch bewusst miterlebt hat, da er bei der ersten von ihm beschriebenen Erlebnis – der Bosnienkrise – bereits sechs Jahre alt war und bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges, ein sicherlich einschneidendes Erlebnis, auch für einen Jugendlichen, der noch keinen Kriegsdienst leisten musste, dreizehn Jahre alt war.[76] Gerade dieses bewusste Erleben von zwei Krisen der Monarchie in seiner Kindheit und Jugend lassen durchaus Raum für Zweifel an der Darstellung, dass Emil Franzel schon immer „ habsburgischer Legitimist“[77] gewesen ist. Die in diesem Kapitel dargestellten Ansätze eines „sozialdemokratischen Milieus“ – Freunde überwiegend aus Arbeiterkreisen, sozialdemokratische Lehrerkollegen seines Vaters, Besuch der „Arbeitervorstellung“ im Theater, Lesen von sozialdemokratischen Zeitungen – lassen ebenfalls nicht zweifelsfrei den Schluss zu, dass Emil Franzel und dessen Familie zu dieser Zeit begeisterte oder vorbehaltlose Anhänger der Monarchie gewesen sind.

II.2. Eintritt in die DSAP und Studium in zwei Metropolen

Nach dem Kriegsende 1918 – also wahrscheinlich im Oktober oder November – wurde auch an Emil Franzels Schule versucht, eine Schülerselbstverwaltung umzusetzen; ein Schülerrat wurde in jeder Klasse gewählt, Franzel wurde in seiner Klasse Vorsitzender.[78] In seiner Klasse war auch der von ihm als Freund bezeichnete jüdische Mitschüler Robert Gottlieb, in den Schülerrat gewählt worden. Daraufhin verweigerte die nächsthöhere Klasse wohl die Zusammenarbeit, was zu polemischen Auseinandersetzungen zwischen den Klassenverbänden geführt haben muss.[79]

Als eine der entscheidenden Stationen auf seinem Weg in die sozialdemokratische Partei beschreibt Franzel seine erste Massendemonstration am 4. März 1919 in Dux, bei der er erstmals Johann Patzelt, den späteren sozialdemokratischen Bürgermeister von Turn, als Redner erlebte.[80] Maßgeblich für den Eintritt in die Partei war wohl der Kontakt zu einem lokalen Vertrauensmann der Sozialdemokraten, den Franz Rehwald, ein zwei Jahre jüngerer Freund von Emil Franzel, der ebenfalls aus Haan stammte, herstellte.[81] So kam es, dass Franzel „…am 1. Mai 1919 schon mit den Sozialdemokraten in Reih‘ und Glied, die rote Nelke im Knopfloch…“ mit marschierte.[82]

Im Laufe des Jahres 1919 gründete Emil Franzel gemeinsam mit ehemaligen Mitschülern aus der Volksschule in Haan eine Ortsgruppe der sozialdemokratischen Jugendbewegung.[83] Der Schwerpunkt dieser frühen Betätigung war die Bildungsarbeit. Es gelang ihm, für die Durchführung von Veranstaltungen einen Raum der Schule von der Gemeinde zur Verfügung gestellt zu bekommen.[84] Von anfänglich etwa 150 Teilnehmern müssen bald nur noch wenige übrig geblieben sein und als Franzel zum Studium nach Prag ging, wurden die Bildungsveranstaltungen wohl auch bald darauf wieder eingestellt.[85] Auch in Dux hatte Emil Franzel in diesem Jahr einige Vorträge zu mehreren Kapiteln aus Robert Dannebergs Buch „Parteiprogramm“ gehalten – in einem schnell kleiner werdenden Kreis, wie er selbst schreibt.[86] In diesem Zusammenhang berichtet er auch, dass die Bildungsarbeit der DSAP zu diesem Zeitpunkt rudimentär gewesen sei und erst 1923 mit dem systematischen Aufbau einer „Zentralstelle für das Bildungswesen“ unter der Regie des Wiener Schriftstellers Josef Luitpold Stern – zuerst in Teplitz, später dann in Prag – begonnen habe.[87]

Emil Franzel nennt in seiner Autobiografie mehrere Gründe für seinen Eintritt in die sozialdemokratische Partei. So hätte ihn seine „leidenschaftliche Liebe zur Gerechtigkeit“ sich der Sozialdemokratie anschließen lassen, da ihm die sozialen Missstände in seiner Heimat quasi keine andere Wahl gelassen hätten.[88] Vielleicht war auch der vorwiegende Umgang mit Gleichaltrigen aus der Arbeiterklasse für seine Prägung bedeutsam, nicht zuletzt wohl auch der Eindruck, dass die Wohnungen, der – in Partei und Gewerkschaft – „organisierten“ Arbeiter besser aussahen, als die ärmlichen Mietskasernen und die „Organisierten“ sich auch bewusst von den „deklassierten Arbeitern“ distanzierten.[89] Vielleicht waren aber auch die Bilder von Marx und Lassalle – die neben den Kommunionbildern seiner Freunde hingen – die emotionalen Gründe, die seiner Meinung nach oft die politischen Entscheidungen beeinflussen.[90] Der vielleicht wichtigste Grund für den Eintritt in die Sozialdemokratie war wahrscheinlich das Nationalitätenprogramm.[91] Zusätzlich begründet Franzel, warum für ihn kein Beitritt in eine andere Partei in Frage kam. Die Nationalsozialisten kritisiert er dafür, dass sie „zu sehr Schönerianer“ waren und ihre Haltung zu all-deutsch sowie anti-österreichisch gewesen sei.[92] Außerdem lehnt er nachdrücklich den Antisemitismus der Nationalsozialisten ab. Obwohl er selbst einräumt, dass „einzelne Schwächen oder Untugenden … auch [ihn] … störten“, mutete ihm der stark verallgemeinernde Antisemitismus der Nationalsozialisten als „unmenschlich und töricht“ an.[93] Über die „Christlichsozialen“ habe er zu wenig gewusst.[94]

Als weiteren Faktor auf seinem Weg in die Sozialdemokratie nennt Emil Franzel die Kollegen aus dem Lehrerkollegium seines Vaters.[95] Den einzigen, den er namentlich aus diesem Kreis hervorhebt ist Ernest Klee, Sohn eines Kollegen seines Vaters, der Emil Franzel in der sozialdemokratischen Parteizeitung Freiheit als „literarische Hoffnung“ bezeichnet haben soll. Emil Franzel empfand dies als ein besonderes Lob, da Klee so etwas wie der „offizielle Parteidichter“ der Sozialdemokraten gewesen sei.[96] Als geradezu determinierenden Grund für seinen Weg in die Sozialdemokratie berichtet er, dass die revolutionären Ereignisse und eine religiöse Krise, die er zu dieser Zeit durchlebt hätte, zeitgleich abgelaufen seien.[97]

Emil Franzel schildert, dass er nicht nur zu „den Genossen im Dorf und im Bezirk“ Kontakt hatte, sondern auch „solche in einflußreicheren Positionen“ kennenlernte, „da in Teplitz nicht nur die Redaktion der »Freiheit« und der Sitz der Kreisorganisation der Partei waren, sondern auch das Hauptsekretariat der sozialdemokratischen Jugendbewegung und bis zum Tode Josef Seligers die Parteiführung saßen“.[98] Der geschilderte engere persönliche Kontakt mit Josef Hofbauer erscheint durchaus wahrscheinlich, da dieser nach 1910 bis Mitte der 1920er Jahre als Redakteur der sozialdemokratischen Zeitung Freiheit in Teplitz arbeitete und lebte.[99]

Im Juli 1920 macht Emil Franzel am Realgymnasium in Dux sein Abitur.[100] Eine ergänzende Prüfung in Griechisch musste er vor Studienbeginn in Prag im September 1920 ablegen.[101] Nach seiner Darstellung, die sowohl aufgrund seines sozialen Hintergrundes als auch aufgrund seines späteren Lebensweges glaubwürdig klingt, war er der „Primus“ seiner Klasse.[102]

Wann Emil Franzel genau in Prag studierte, ist in den für diese Arbeit zur Verfügung stehenden schriftlichen Quellen nicht exakt dokumentiert.[103] Das Ende von Franzels Schulzeit bzw. sein erstes Studienjahr in Prag fiel genau in den Zeitraum der Spaltung der sozialdemokratischen Parteien in der Tschechoslowakei. Daher verwundert es auch nicht, dass diese Thematiken in seiner Autobiografie relativ ausführlich behandelt werden. Gerade die Monate Juli bis September 1920 werden als Höhepunkt der Auseinandersetzungen zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten in der Sozialdemokratie gesehen.[104] Die entscheidenden Schritte zur Trennung von Sozialdemokratie und Kommunisten wurden allerdings erst in den darauffolgenden Monaten unternommen.[105] Emil Franzel beschreibt in seiner Autobiografie zwar die Spaltung der Partei, räumt seine Distanz zu diesem Prozess allerdings explizit ein, wenn er schreibt, dass er „damals, im Herbst 1920, … Czech nicht [kannte]“ und „kaum etwas von den personellen Möglichkeiten, die es sonst vielleicht gegeben hätte“ wusste.[106] Franzel gesteht auch ein, dass er „vor allem keine Ahnung [hatte], wie sich der Kampf um Funktionen und Machtpositionen innerhalb einer Partei abspielt“.[107] Insofern ist auch sicherlich sein Personalvorschlag von Karl Kreibich, den Franzel in dieser Passage seiner Autobiografie macht, als nachträgliche Idee zu bewerten und nicht in den turbulenten Monaten der Jahre 1920 und 1921 entstanden. Noch deutlicher wird dies vielleicht auch an zwei Beispielen, die er aus diesem Zeitraum aufzählt – den Kampf um den Verbleib seiner Jugendgruppe in der sozialdemokratischen Jugend-bewegung und seine Schilderungen rund um die Freie Vereinigung Sozialistischer Akademiker.

Im Gegensatz zur Partei zerbrach der sozialdemokratische Jugendverband bereits im November 1920. Der Aufbau des eigenständigen Jugendverbandes der deutschen Sozialdemokratie in der Tschechoslowakei, der beim Umzug seines Hauptquartiers nach Teplitz-Schönau 1920 immerhin 32.000 Mitglieder umfasste, erfolgte unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg.[108] Beim Verbandstag vom 30. Oktober bis 1. November 1920 hat Ernst Paul „den Verband verloren“, da bei der Abstimmung der kommunistische Kandidat 82 Stimmen erhielt und Paul selbst nur 22; damit war er als Vorsitzender abgewählt und in der Folgezeit wurden die sozialdemokratischen Anhänger aus dem nunmehr kommunistischen Verband ausgeschlossen.[109] Eine wesentliche Rolle soll bei der kommunistischen Machtübernahme im Jugendverband auch dessen Sekretär Karl Hanzliček gespielt haben.[110] Bereits vier Wochen später, am 5. Dezember 1920, erfolgte die Gründung eines neuen sozialistischen Jugendverbandes, der von ehemals 32.000 Mitgliedern auf 6.000 Mitglieder geschrumpft war.[111] Erster Vorsitzender wurde bis 1926 Ernst Paul.[112] Der neue, bis 1938 bestehende, Verband bot verstärkt auch kulturelle Aktivitäten an, um damit die „Überpolitisierung“ zu verhindern, die den ersten Jugendverband geprägt und zerstört hätte.[113] Die Bildungsarbeit hatte einen großen Stellenwert, da überwiegend „junge Arbeiter ohne weiterführende Schulbildung“ die Mitgliedschaft des Jugendverbandes stellten.[114] Emil Franzel schildert, dass es ihm gemeinsam mit Franz Rehwald gelungen sei, die eigene Ortsgruppe in einer Diskussion gegen den zu den Kommunisten übergewechselten ehemaligen sozialdemokratischen Funktionär Hanzliček im sozialdemokratischen Lager zu halten.[115] Diese Diskussion müsste wahrscheinlich vor dem Verbandstag am 30. Oktober 1920 stattgefunden haben – oder aber spätestens bis zum 5. Dezember 1920. Sie war wahrscheinlich eine von vielen Diskussionen, die zu dieser Zeit im Jugendverband geführt wurden.[116]

[...]


[1] Bachstein 2011, 6-7: Martin K. Bachstein hat in seinem Artikel in der Sudetendeutschen Zeitung vom 10.6.2011 ebenfalls die Verknüpfung dieser beiden Jubiläen an den Anfang seines Artikels gestellt.

[2] Der Begriff „Sudetendeutsche“ wird eindeutig als ein Begriff des, vom Autor abgelehnten, völkischen Weltbildes und des damit eng verbundenen sogenannten „Volkstumskampfes“ eingestuft. Dass eine „sudetendeutsche kollektive Identität“ lediglich ein politisches Konstrukt ist, ist in der Geschichtswissenschaft inzwischen weitestgehend unumstritten (vgl. die gute Zusammenfassung der Literatur zu diesem Punkt bei Franzen 2010, 8-9), auch wenn der sehr dezidierte, aber gut begründete Standpunkt von Samuel Salzborn teilweise noch als „polemisch“ bewertet wird (Franzen 2010,8 – auch mit Literaturnachweisen zu Salzborn). Für die Zeit vor 1918 würde sich in dieser Arbeit vielleicht der Begriff „Deutsche in den Böhmischen Ländern“ anbieten, während man in der Zwischenkriegszeit „Deutsche in der Tschechoslowakei“ (wobei die Deutschen in der Slowakei nie als Sudetendeutsche angesehen wurden) verwenden könnte. Wobei nach Ansicht des Autors vieles dafür spricht, „Deutsch“ durch „deutschsprachig“ zu substituieren. Alle Ersatzkonstruktionen haben allerdings gemeinsam, dass sie teilweise die Darstellung komplizieren würden und „Sudetendeutsch“ gerade ab den 1930er Jahren auch der in den Quellen am häufigsten verwendete Begriff ist. Daher werden im Rahmen dieser Arbeit die Begriffe „Deutsche“ und „Sudetendeutsche“ als gleichberechtigte Begriffe nebeneinander gebraucht und wo eine Unterscheidung zwischen Deutschen in der Tschechoslowakei und Deutschen im – oder aus dem – Deutschen Reich notwendig ist, wird „reichsdeutsch“ verwendet.

[3] Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Teil 1: A-H. Hrsg. im Auftrag des Collegium Carolinum von Heribert Sturm. München 1979 , 380-381. Etwas überraschend wird dort im Eintrag von Emil Franzel das Sterbedatum mit 29.6.1976 falsch angegeben (richtig wäre der 3.7.1976), obwohl auf der Titelseite einer Sammlung mit biografischem Material zu Emil Franzel, die das Collegium Carolinum dem Autor dieser Arbeit dankenswerterweise in Kopie zur Verfügung gestellt hat, das richtige Datum – also der 3.7.1976 – handschriftlich als Todestag vermerkt wurde.

[4] Lexikon des Konservatismus. Hrsg. von Caspar von Schrenck-Notzing. Graz, Stuttgart 1996.

[5] Vgl. hierzu die Ausführungen im folgenden Abschnitt zum Forschungsstand und dort insbesondere die Anmerkungen zu den Arbeiten von Rudolf Ebneth, Doris Brelie-Lewien, Axel Schildt und Vanessa Conze.

[6] Interessant ist Franzel als Zeitzeuge für die Sozialdemokratie, da er keinen verklärenden Blick auf einen „heldenhaften Kampf“ gegen den Nationalsozialismus hat. Andererseits ist genau das auch problematisch, da er einem doppelten Erklärungsdruck ausgesetzt ist, da er sowohl erklären muss, warum er zur Sozialdemokratie kam, als auch warum er die Sozialdemokratie gerade 1937 verließ und 1938 der SdP beitrat. Diese Problematik ist bei der Jaksch-Biografie von Martin K. Bachstein (Bachstein 1974, passim), bei der Emil Franzel als Zeitzeuge und langjähriger Kenner von Wenzel Jaksch – aufgrund kaum zugänglicher Archive in der Tschechoslowakei – eine sehr wichtige Quelle war, sehr gut gelöst worden.

[7] Franzen 2010, 5-16; Gebel 1999, 1-24; Küpper 2010, 10-18; Zimmermann 1999, .21-33. Eine Forschungslücke schloss auch Brandes, Detlef: Die Sudetendeutschen im Krisenjahr 1938, München 2008 (Veröffentlichungen des Collegium Carolinum Bd. 107). Zum Forschungsstand zur deutschen Arbeiterbewegung in den böhmischen Ländern vgl. Abschnitt 2 zur Historiographie der deutschen Arbeiterbewegung in den böhmischen Ländern http://www.vifaost.de/fachdaten banken/seliger/seliger-arbeiter/.

[8] Lemma Franzel, Emil, in: Biographisches Lexikon zur Geschichte der Böhmischen Länder. Hrsg. im Auftrag des Collegium Carolinum von Heribert Sturm. Band I: A – H. München, Wien 1979, 380-381. Falsch sind in diesem Eintrag das Sterbedatum, die Fächerkombination seines Studiums, da er nie Soziologie studierte, das Ende seiner Tätigkeit an der Urania, der Beginn seiner Tätigkeit als Bibliothekar im Böhmischen Landesmuseum. Ungenau sind sowohl die Angabe „Nachdem er sich von der Sozialdemokratie trennte (1937) bis 1939 Leiter des Prager Volksbildungshauses Urania,…“, die den Eindruck erweckt, dass Franzel bereits 1937 und nicht erst 1938 Leiter der Urania geworden wäre, als auch die Angabe: „Seit 1919 Mitarbeiter der sozialdemokratischen Reichsstelle für Bildungswesen in Prag, bis 1934 Leiter des Parteibildungswesens…“. Die Bildungszentrale gab es erst seit 1923 und sie residierte vor ihrem Umzug nach Prag in Teplitz-Schönau, aber insbesondere ist Umfang der und Art der Tätigkeit (hauptberuflich, nebenberuflich, ehrenamtlich) unklar, da im Artikel auch angegeben wird, dass Franzel bis 1925 studiert hat. Vollkommen unklar ist in diesem Lemma auch, ab wann Franzel Leiter des Parteibildungswesens gewesen war.

[9] Franzel beschreibt seine Verwundung beim Abzug aus Prag hauptsächlich im Kapitel „Neu beginnen“ auf S. 416 (Franzel 1983, 416). Aber bereits auf S. 299 im Kapitel „Habsburg oder Hitler“ erwähnt er die Einlieferung in ein Notlazarett am 9. Mai 1945 nach seiner Verwundung (Franzel 1983, 299).

[10] Franzel 1983, 7 (Vorwort von Heinrich Kuhn).

[11] Franzel 1983, 7 (Vorwort von Heinrich Kuhn).

[12] Im Vorfeld der Arbeit wurde eine Suche mit Kalliope, dem Verbundkatalog für Nachlässe und Autographen (http://kalliope.staatsbibliothek-berlin.de/) durchgeführt und beim langjährigen Arbeitgeber Franzels in München, der Bayerischen Staatsbibliothek, ist ebenfalls kein Nachlass verzeichnet (vgl. http://www.bsb-muenchen.de/Nachlaesse-A-F.2213.0.html letzter Zugriff am 22.1.2012). Die beiden Söhne von Emil Franzel, Dr. Rüdiger Franzel und Ruprecht Franzel verneinten die Existenz eines archivalischen Nachlasses, z.B. in Form einer Dokumenten- und Briefsammlung.

[13] Archive in der Tschechischen Republik konnten, mit Ausnahme der im Anhang verzeichneten Online-Ressource mit Personenstandsakten, im Rahmen dieser Arbeit nicht für die Forschung verwendet werden. Für eine umfangreichere Arbeit wären das Národní archiv (Nationalarchiv) in Prag und das Archiv hlavního města Prahy (Stadtarchiv Prag) von großem Interesse. Auch in Österreich wären mehrere Archive, hauptsächlich in Wien, von Interesse. Dazu zählen sicherlich das Archiv der Universität Wien und des Vereins für die Geschichte der Arbeiterbewegung.

[14] Nicht beachtet werden konnten Akten und Dokumente, die sich eventuell in anderen Dienstorten des BA in Bayreuth (Ost-Dokumentation und Akten der Ausgleichsverwaltung), Freiburg (Militärarchiv) oder Ludwigsburg (Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen) befinden könnten.

[15] BA Berlin RK/RSK II Personalakte Emil Franzel.

[16] BayHStA Generaldirektion Bayr. Staatl. Bibliotheken 1822 Personalakte Emil Franzel.

[17] Der im ACSP lagernde NL Strauß wurde nicht verwendet, da nicht die notwendige Genehmigung seiner Tochter Monika Hohlmeier eingeholt werden konnte.

[18] Vgl. http://www.fes.de/archiv/adsd_neu/inhalt/archive/seliger.htm letzter Zugriff am 22.1.2012.

[19] Zur Angabe des Aufenthalts in München vgl. Franzel 1983, 63-64. Für die Digitalisate der Personen- und Studentenverzeichnisse vgl. http://epub.ub.uni-muenchen.de/view/subjects/pverz.html letzter Zugriff am 12.1.2012.

[20] Pustejovsky 2010, 157-267 (Biogramm: 216-219). Der Historiker Otfrid Pustejovsky verwendet in seinem Biogramm für Franzel den Begriff „mehrere Metamorphosen“, ohne dass der Aufsatz von Pustejovsky bei der Wahl des Titels dieser Arbeit bereits bekannt gewesen war (vgl. Pustejovsky 2010, 216-217). Weger 2008, 597 (Biogramm) Weger 2008, passim (Franzel als Akteur sudetendeutscher Organisationen). Conze 2005, 71-85 (Biogramm); Conze 2005, passim (Verweise auf Publikationen Franzels). Schildt 1999, 42 in Fn. 103 (Biogramm); Schildt 1999, passim (Verweise auf Publikationen Franzels). Brelie-Lewien 1986, 81-83, 235 (Biogramm).

[21] Ebneth 1976, passim.

[22] Ebneth 1976, 53 (Erläuterung, warum Franzel anonym oder unter Pseudonymen veröffentlichte); 257 (Liste der Pseudonyme im Christlichen Ständestaat).

[23] Bachstein 1974, passim (Emil Franzel als Quelle für Wenzel Jaksch).

[24] Sator 1996, passim; Schaffrannek 2003, passim.

[25] Hauschka 1990, 212-221 (umfangreicher Text, der insbesondere aufgrund der relativ umfassenden Kritik von Franzels literarischem Werk nach 1945 durch den Literaturwissenschaftler und Bibliothekar von Interesse ist); Kern 1976, 21-22; Schütz 1971, 219-228; Schütz 1976, 5; Stindl 1976,1.

[26] Zu diesen Texten zählen z.B.: Brügel 1963, 202-212 (zu Franzel: 210-212); Werner 1993, 48-58; Zischka 1968 (Sonderdruck).

[27] Zur Begriffsdefinition vgl. http://www.uni-giessen.de/cms/fbz/fb04/institute/geschichte/didaktik/dokumente/Mat_ Medien/geschichtsdidaktische-pruefungsthemen/zeitzeugenbefragung-und-oral-history/definition-zeitzeugenbefragung letzter Zugriff am 12.1.2012.

[28] Zum publizistischen Lebenswerk von Emil Franzel vgl. die Auswahlbibliografie in Anhang D.

[29] Hauschka 1990, 215 (autobiografische Züge).

[30] SOA Leitmeritz Taufmatrik Osek (Niederhaan), Folio 306 (auch alle weiteren Angaben zum Personenstand von Emil Franzel und seinen Eltern, sowie Großeltern in diesem Abschnitt sind dieser Taufmatrik zu entnehmen). Geburtseintrag des Vaters: SOA Leitmeritz Taufmatrik Dux (Ladowitz) 36/24, Folio 387. Geburtseintrag der Mutter: ZA Opava Taufmatrik Opava, Svatý Duch 61 Op II 13, Folio 262. Helene Franzel soll Lehrerin wie ihr Mann gewesen sein (vgl. Hauschka 1990, 212). Die Richtigkeit dieser Information ist nicht verifizierbar und fraglich, da Emil Franzel nichts über den Beruf seiner Mutter schreibt, sondern in seinen Büchern eher den Eindruck erweckt, als ob diese Hausfrau gewesen sei (vgl. Franzel 1983, 9-33; Franzel 1974, 99-108) und in den beiden vorliegenden Lebensläufen von 1941 (BA Berlin RK/RSK II Personalakte Emil Franzel; hier: Lebenslauf v. 18.6.1941) und 1945 (Lebenslauf v. 20. November 1945; abgedruckt in: Brandstaller 1969, 253-263) ebenfalls kein Beruf der Mutter angegeben ist.

[31] In den böhmischen und mährischen Taufmatriken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die nicht nur für die Anfertigung dieser Arbeit gelesen wurden, wurde die Mehrzahl der Täuflinge in der ersten Lebenswoche, oft auch schon am Tag der Geburt oder am Tag nach der Geburt getauft.

[32] Emil Franzel schreibt, dass sein Großvater mütterlicherseits – Josef Zimmermann – bei seinem Tod „wenig über dreißig Jahre alt“ gewesen sei, ohne darauf einzugehen wann dies in etwa war (vgl. Franzel 1983, 21). Da Emil Franzels Mutter am 5.10.1876 geboren wurde, könnte Josef Zimmermann zwischen Ende 1876 und Anfang 1900 gestorben sein. Die Sterbematriken eines solch langen Zeitraums in einer größeren Stadt mit mehreren Pfarreien für eine nicht genealogisch ausgerichtete Arbeit zu durchsuchen, erscheint weder angemessen noch notwendig.

[33] Der Ort konnte nicht eindeutig lokalisiert werden. Wahrscheinlich handelt es sich um Langendorf im Kreis Sternberg (heute: Dlouhá Loučka im Okres Olomouc), das etwa 70 km von Troppau entfernt ist (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Dlouh%C3%A1_Lou%C4%8Dka zuletzt besucht am: 12.09.2011). In der Hanna gibt es ein Dorf Dlouhá Ves (bei Němčice nad Hanou; auf Deutsch: Niemtschitz an der Hanna), das ebenfalls auf Deutsch als Langendorf bezeichnet wurde (vgl. Schwoy 1793, 323). Möglich wäre aber auch, dass es sich um das zu Mußlau gehörige Mährisch Wiesen handelt, das umgangssprachlich als Langendorf bezeichnet wurde (vgl. http://www.zwittau.de/orte/wiesen/wiesen.htm zuletzt besucht am: 12.09.2011). Die beiden letztgenannten Ortschaften sind etwa 125 bis 130 km von Troppau entfernt. Da die Matriken der drei genannten Orte bisher nicht im Internet durchsuchbar sind, müsste für eine genealogische Arbeit die Recherche vor Ort in den Archiven in Zámrsk und Olomouc erfolgen.

[34] Franzel 1983, 20.

[35] Franzel 1983, 20 (Emil Franzel gibt folgende Beschäftigungen an: Leiter einer Bezirkskrankenkasse, Frau eines Waldhegers/Försters, Schneiderin, Bezirksstraßenmeister und sein Vater wurde Oberlehrer).

[36] Franzel 1983, 16. SOA Leitmeritz Taufmatrik Osek (Niederhaan), Folio 306; SOA Leitmeritz Taufmatrik Dux (Ladowitz) 36/24, Folio 387 (Personenstandsangaben zur Großmutter Agnes Franzel, geb. Funke aus Loosch).

[37] Hauschka 1990, 212; Lebenslauf v. 20. November 1945; abgedruckt in: Brandstaller 1969, 253-263.

[38] Seibt 1993, 368; noch weitergehend: Conze 2005, 72 (sieht auch, dass Emil Franzel die Doppelmonarchie noch bewusst erlebt hat, ist aber darüber hinaus der Ansicht, dass er „[s]ein Leben lang … ‚Habsburgs europäische Sendung‘ [beschwor]“, obwohl Conze wahrscheinlich vorrangig die Zeit nach Franzels „Abendländische Revolution“ analysiert hat).

[39] Franzel 1983, 17 (ob die Mehlknappheit tatsächlich mit der Bosnienkrise oder mit einer Missernte zusammenhing, wurde nicht überprüft).

[40] Franzel 1983, 16 (eine genauere Angabe, ab wann er mit der Zeitungslektüre anfing, macht Franzel in seiner Autobiografie nicht).

[41] Franzel 1983, 16.

[42] Franzel 1983, 16.

[43] Franzel 1983, 24; unklar bleibt bei der Lektüre von Franzels Autobiografie, in welchem zeitlichem oder sachlichem Zusammenhang dieser Umzug mit einem für etwa 1915 genannten Umzug steht (vgl. Franzel 1983, 12): „In Haan wurde ich geboren und habe ich meine Kindheit bis zum vierzehnten Lebensjahr verlebt. Wir wohnten im Gemeindehaus, das eigentlich ein zweites Schulgebäude war, in dem neben vier Schulklassen Wohnungen für Lehrer und für einen Hausmeister vorhanden waren. Später übersiedelten wir in das ältere Schulgebäude an der großen Dorfstraße, etwa 120 m weiter südwestlich.“.

[44] Franzel 1983, 24-25.

[45] Franzel 1983, 25.

[46] Franzel 1983, 25; es gibt tatsächlich eine Ausgabe des Simplicissismus vom 9. November 1908 (vgl. digitalisierte Ausgabe: http://www.simplicissimus.info/uploads/tx_lombkswjournaldb/pdf/1/13/13_32.pdf), dessen Titelbild die oben beschriebene Karikatur mit einer für den Balkan typischen Einbogenbrücke abbildet; etwas erstaunlich ist allerdings, dass Emil Franzel auch den unter der Karikatur stehenden Spruch „Wenn es einen da unten am Balkan juckt, kratzt sich ganz Europa.“ wortwörtlich zitiert (vgl. Franzel 1983, 25), was dafür spricht, dass Franzel die Ausgabe beim Schreiben seiner Autobiografie vorlag, da man sich über einen Zeitraum von über 50 Jahren einen Satz nicht wortwörtlich merken kann.

[47] Franzel 1983, 24 (Zitat).

[48] Franzel 1983, 22-27.

[49] Franzel 1983, 24 (Friedjung) [TK: Heinrich Friedjung war radikal-liberal und deutsch-national, wendete sich gegen den unter Franz Joseph I. herrschenden Antiliberalismus und den österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867(vgl. Lemma Friedjung, Heinrich. In: ÖBL I, 362-363)]; Franzel 1983, 16 (Presselektüre).

[50] Franzel 1983, 36.

[51] Es gibt Forschungsarbeiten zum Nationaltheater in Prag, die darstellen, dass es dort bereits in der Zeit vor 1914 sogenannte „Arbeitervorstellungen“ gab, zu denen die Sozialdemokratische Partei das gesamte Theater anmietete „und Karten an verdiente Mitglieder vergaben.“ (vgl. Ther 2006, 285-291; Ther 2009, 261). Ob solche Vorstellungen auch in Teplitz stattfanden – insbesondere im Jahr 1912 – konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht überprüft werden. Während sich bei detaillierteren Forschungen in diesem Bereich sicher interessante Erkenntnisse zur Arbeiterkultur gewinnen lassen, ist unwahrscheinlich, dass sich die Anwesenheit von bestimmten Personen bei einzelnen Vorstellungen nachvollziehen lassen würde. Franzels Aussage in seiner Autobiografie beinhaltet folglich zwei Teile. Die Existenz solcher „Arbeitervorstellungen“ im Stadttheater Teplitz wäre wahrscheinlich verifizierbar. Nicht verifizierbar wird wohl auch bei genaueren Forschungen bleiben, ob und wann der Besuch von Emil Franzel und seines Vaters bei einer bestimmten Vorstellung stattgefunden hat. Allerdings würde dies vielleicht Aussagen ehemaliger Genossen, dass Franzel „seit frühester Jugend sozialdemokratischer Publizist“ gewesen sei, stützen (vgl. Brügel 1963, 210). Der Begriff früheste Jugend ist hochgradig subjektiv und nicht auf ein bestimmtes Alter einzugrenzen.

[52] Franzel 1983, 36.

[53] Franzel 1983, 36-37. Ob und wann genau es zu der von Emil Franzel beschriebenen Begegnungen mit Ernest Klee kam, lässt sich nicht überprüfen. Das mögliche Datum der Lesung in Teplitz könnte sich über eine Ankündigung in der Lokalpresse noch herausfinden lassen. Möglich sind diese persönlichen Begegnungen mit Klee, da Emil Franzel wahrscheinlich von ihm als Beistand im Parteiordnungsverfahren benannt wurde.

[54] Franzel 1983, 35-36.

[55] Franzel 1983, 16 – 17.

[56] Franzel 1983, 12-15.

[57] Franzel 1983, 11-12. Die Aussage enthält eher eine Spur marxistischen Denkens, als ein monarchistisches Weltbild.

[58] Franzel 1983, 20.

[59] Franzel 1983, 18.

[60] Franzel 1983, 13.

[61] Franzel 1983, 14.

[62] Franzel 1983, 14 (E.F. macht keine direkte Aussage, ob die Praxis des „Kinderwechsel“ in Haan vor dem 1. Weltkrieg weit verbreitet war); eine umfangreiche Studie zum Thema Kinderwechsel/Kindertausch in der Zeit von 1918 bis 1938 legte Erich Illmann an der Universität Mainz als Magisterarbeit vor (vgl. Illmann, Erich: Der Schüleraustausch in der 1. Tschechoslowakischen Republik 1918 – 1938. Mainz, 2002.).

[63] Franzel 1983, 14.

[64] Franzel 1983, 14 (Hervorhebung nicht im Original). Wolfgang Wippermann: Die Ostsiedlung in der deutschen Historiographie und Publizistik. Probleme, Methoden und Grundlinien der Entwicklung bis zum Ersten Weltkrieg. In: Germania Slavica I, hrsg. v. Wolfgang H. Fritze, Berlin 1980, 41–70. (Kulturträgertheorie).

[65] BayHStA Generaldirektion Bayr. Staatl. Bibliotheken 1822 Personalakte Franzel (hier: Personalbogen für Beamte).

[66] Franzel 1974, 100-101.

[67] Franzel 1974, 99-108.

[68] Franzel 1974, 103.

[69] Franzel 1974, 103-109.

[70] Franzel 1974, 104-105.

[71] Personalakte der Generaldirektion Bayr. Staatl. Bibliotheken 1822 im BayHStA, hier: Personalbogen für Beamte.

[72] Hauschka 1990, 212 (Schulweg); Franzel 1983, 35-36 (Wohnung bei Eltern in Haan).

[73] Franzel 1974, 110.

[74] Diese Schlussfolgerung zieht Conze (2005, 71) in der biografischen Skizze von Emil Franzel wahrscheinlich aufgrund dessen Ausführungen im ersten Kapitel seiner Autobiografie (vgl. Franzel 1983, 9-33).

[75] Franzel 1983, 44.

[76] Seibt 1993, 368; Conze 2005, 72.

[77] Franzel 1983, 44 (Zitat).

[78] Franzel 1983, 31.

[79] Franzel 1983, 31. Emil Franzel beschreibt im Folgenden in diesem Zusammenhang noch zwei Ereignisse, die es möglich erscheinen lassen, dass er trotz Negation an mehreren Stellen in seiner Autobiografie, eine antisemitische Grundeinstellung hatte. Bei einem Treffen der Schülerräte in Komotau hätte der „Zynismus“ und die „Anmaßung“ der Kollegen aus Saaz, die „offensichtlich größtenteils Söhne wohlhabender jüdischer Hopfenhändler“ gewesen seien, ihn abgestoßen. Etwas später bei einer Tagung sozialdemokratischer Gymnasiasten in Teplitz sei diese bis auf ihn und „seinen Freund Franz Rehwald…so gut wie ausschließlich von Juden beschickt“ gewesen. „Da aber bei der Parteispaltung 1921 [TK: Abspaltung der KPČ von der DSAP] die jüdischen Studenten fast alle zu den Kommunisten gingen, war das Problem für mich zunächst erledigt.“ (Hervorhebung nicht im Original). Eine fundierte Aussage zu möglichen antisemitischen Tendenzen würde eine gründliche Analyse von Franzels zahlreichen Texten voraussetzen und kann deswegen im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet, aber als Desiderat für eine umfangreichere Forschungsarbeit gesehen werden.

[80] Franzel 1983, 38 – 40 (die Wertung Johann Patzelts in dieser Passage als „einer der besten Kommunalpolitiker, die aus der Sozialdemokratie hervorgingen“, zeigt deutlich, dass die Autobiografie aufgrund des großen zeitlichen Abstands von erst später entstandenen Wertungen durchsetzt ist und als Quelle für die zeitgenössische Bewertung von Personen und Ereignissen – wenn überhaupt – nur bedingt tauglich ist).

[81] Franzel 1983, 40.

[82] Franzel 1983, 40; wenn Emil Franzel vor Mai 1919 in die Sozialdemokratische Partei eingetreten war, wäre er noch in die Böhmische Provinzorganisation der SDAPÖ eingetreten, da sich die DSAP erst auf dem Parteitag vom 31. August bis 3. September 1919 in Teplitz formal von der österreichischen Mutterpartei löste (vgl. Wingfield 1989, 15; Meiler 1989, 9).

[83] Franzel 1983, 43 (er gibt keine Daten für die Gründung der Ortsgruppe an); aufgrund seines Eintritts in die DSAP zwischen März und Mai 1919 (vgl. Franzel 1983, 40) und seinem Studium in Prag ab 1920, kann die Gründung allerdings nur zwischen März/April 1919 und spätestens Mitte 1920 erfolgt sein; wobei eine frühere Gründung in der ersten Jahreshälfte 1919 wahrscheinlicher erscheint, aber aufgrund der vorliegenden Quellen nicht verifiziert werden kann.

[84] Franzel 1983, 43.

[85] Franzel 1983, 43-44.

[86] Franzel 1983, 40-41.

[87] Franzel 1983, 41-42.

[88] Conze 2005, 72; Franzel 1983, 11 (Zitat; nicht wie von Conze angegeben S. 9); Franzel 1983, 12-22 (Beschreibung der sozialen Zustände in seinem Heimatdorf und den Städten der Umgebung).

[89] Franzel 1983, 18-19 (Beschreibung der ärmlichen Verhältnisse in „einige[n] der Arbeitermietshäusern“ auf S. 14).

[90] Franzel 1983, 18-19 (Beschreibung der Arbeiterwohnungen); Franzel 1983, 9-10 (zum hohen Maß „emotionaler Entscheidungen“ im politischen Bereich).

[91] Franzel 1983, 22 und 27-29; das 1919 auf dem Parteitag in Teplitz verabschiedete Programm war stark an das Brünner Programm der österreichischen Sozialdemokraten von 1899 angelehnt.

[92] Franzel 1983, 30.

[93] Franzel 1983, 31. Kurz vorher bezeichnet er die hohe Zahl der jüdischen Studenten in der DSAP als „Problem“, das sich für ihn mit deren mehrheitlichen Übertritt zu den Kommunisten im Jahr 1921 „erledigt“ hätte.

[94] Franzel 1983, 29. Diese eingeschobene kurze Bemerkung über sein geringes Wissen über die Christlich-Sozialen vermittelt den Eindruck, dass dies eine Entschuldigung in Hinblick auf seine Freunde in der CSU war, insbesondere auch für Hans Schütz, mit dem er auch in der Ackermann-Gemeinde zusammenarbeitete.

[95] Franzel 1983, 36.

[96] Franzel 1983, 36-37.

[97] Franzel 1983, 31-32.

[98] Franzel 1983, 44. Franzel nennt keine Beispiele für Persönlichkeiten, die er dort kennengelernt hat, lediglich für einen späteren Zeitpunkt nennt er Karl Čermak (Franzel 1983, 80-82).

[99] Franzel 1983, 45.

[100] BayHStA Generaldirektion Bayr. Staatl. Bibliotheken 1822 Personalakte Emil Franzel, hier: Personalbogen für Beamte

[101] BayHStA Generaldirektion Bayr. Staatl. Bibliotheken 1822 Personalakte Emil Franzel, hier: Personalbogen für Beamte

[102] Franzel 1983, 32. Der wissenschaftliche Nachweis für diese Aussage dürfte nicht mehr möglich sein, da es unwahrscheinlich ist, dass sich Zeugnisse oder Notenlisten seiner Abiturklasse in den Archiven finden lassen.

[103] Im Lebenslauf v. 20.11.1945 (abgedruckt in: Brandstaller 1969, 253-263, hier: 253) schreibt er nur sehr kursorisch, dass er „4 Jahre die philosophische Fakultät in Prag und 1 Jahr … in Wien“ besucht hätte. Im Lebenslauf vom 18.6.1941 (BA Berlin RK/RSK II Personalakte Emil Franzel) schreibt er noch kursorischer „Universität in Prag und Wien 1920-1925“. Hilfreich erscheint in diesem Zusammenhang die Aufteilung dieses Blockes in seiner Personalakte bei der Bayerischen Staatsbibliothek, in der zwei Blöcke aufgeführt sind – wobei auch nur Jahreszahlen verzeichnet sind. Dort wird angegeben, dass Emil Franzel sein Studium 1920 in Prag aufnahm und an der Deutschen Universität bis 1922 studierte. Der zweite Block umfasst die Jahre 1923 bis 1925 und nennt als Studienorte neben Wien und Prag erstmals auch München (vgl. BayHStA Generaldirektion Bayr. Staatl. Bibliotheken 1822 Personalakte Emil Franzel, hier: Personalbogen für Beamte). Eine Anfrage beim Archiv der Universität Wien ergab, dass Emil Franzel dort vom Wintersemester 1923/24 bis einschließlich Sommersemester 1924 immatrikuliert war (E-Mail vom Archiv der Universität Wien). München als Studienort wird nur einmal in der Autobiografie erwähnt (Franzel 1983, 87). Bei der zweiten Nennung Münchens für den fraglichen Zeitraum, schreibt Franzel nur, dass er im Jahr 1922 Hirsch in München getroffen habe (Franzel 1983, 64). Allerdings konnte weder eine Recherche in den digitalisierten Studentenverzeichnissen der Universität München (vgl. http://epub.ub.uni-muenchen.de/view/subjects/pverz.html Zugriff am 6.1.2012), noch eine Anfrage beim Archiv der Ludwig-Maximilian-Universität (E-Mail vom 12.1.2012) einen Beleg dafür erbringen, dass Emil Franzel zwischen 1920 und 1925 in München immatrikuliert war. Die TU München hatte und hat keine Philosophische Fakultät und kann daher als Studienort von Emil Franzel ausgeschlossen werden. Daher wird im Weiteren davon ausgegangen, dass Emil Franzel nur an der Deutschen Universität Prag (Wintersemester 1920/21 bis Sommersemester 1923; Wintersemester 1924/25 bis Sommersemester 1925) und an der Universität Wien (Wintersemester 1923/24 bis Sommersemester 1924), nicht aber an der Universität München studiert hat.

[104] Zeßner 1976, 163.

[105] Der genaue Zeitpunkt der Abwendung der linken Sozialdemokraten von der Sozialdemokratie und die darauf folgende Hinwendung zum Kommunismus lassen sich nicht genau feststellen (Meiler 1989,10; Oschlies 1975, 53-82). Auf jeden Fall kann aber festgehalten werden, dass sich diese bei den tschechischen Sozialdemokraten, wohl wegen ihrer Koalition mit bürgerlichen Parteien, etwas früher stattfand, als bei den deutschen Sozialdemokraten (Meiler 1989, 10-11). Für die Tschechischen Sozialdemokraten wird teilweise die Gründung der Marxistischen Linken am 7. Dezember 1919 als Beginn ihrer Hinwendung zum Kommunismus gesehen (Oschlies 1975, 61). Auf dem Karlsbader Parteitag vom 3. bis 7. Oktober 1920 konnte die Spaltung in der DSAP noch vermieden werden, obwohl es mit dem Aktionsprogramm der Linken deutliche Anzeichen für stark divergierende Auffassungen innerhalb der Partei gab (Meiler 1989, 14). Die Wortführer der Linken waren Karl Kreibich und Otto Hahn (Meiler 1989, 14-15). Am umstrittensten war die Haltung zur „Diktatur des Proletariats“ und zum Rätesystem (Meiler 1989, 16). Nicht einmal zwei Wochen nach dem Ende des Parteitages starb Josef Seliger am 18. Oktober 1920 und Ludwig Czech wurde als Nachfolger gewählt (Zeßner 1976, 168 – zum Tod von Seliger; Meiler 1989, 25). Als Auslöser der endgültigen Spaltung der Partei wird der Dezemberstreik 1920, der am 9.12.1920 nach der gewaltsamen Räumung des Národni dům (Volkshauses) in Prag begann und bereits am 16. Dezember wieder beendet wurde, gesehen (Meiler 1989, 24). Am 17. Januar 1921 wurde die komplette Reichenberger Kreisorganisation mit der Begründung, dass keine Position mehr mit zuverlässigen Personen besetzt sei, aus der DSAP ausgeschlossen (Meiler 1989, 25-26; Oschlies 1975, 62 – „Januar 1921“ ohne genaues Datum). Am 15. März 1921 erfolgte die Gründung der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (deutsche Abteilung) aus der Reichenberger Organisation und anderen deutschen Sozialdemokraten, die sich angeschlossen hatten (Oschlies 1975, 62). Im April 1921 fand in Dresden eine Konferenz von deutschen und tschechischen Kommunisten aus der Tschechoslowakei sowie Vertretern der III. Internationale statt, bei der die Gründung einer Kommunistischen Partei für die gesamte Tschechoslowakei beschlossen wurde (Oschlies 1975, 64-65). Beim Kongress der Marxistischen Linken erfolgt vom 14. bis 21. Mai 1921 die Gründung der KPČ (Oschlies 1975, 65). Der Vereinigungsparteitag von KPČ und KPTsch (deutsche Abteilung) war dann vom 30. Oktober bis 4. November 1921 (Oschlies 1975, 67).

[106] Franzel 1983, 66-69 (Zitat auf S. 68).

[107] Franzel 1983, 68.

[108] Sippl 1997, 20; Meiler 1989, 23 (Mitgliedszahlen); Ernst Paul war ehrenamtlicher Vorsitzender des Verbandes und musste daneben die Buchhaltung für die DSAP machen (vgl. Sippl 1997, 20).

[109] Sippl 1997, 20-21. Grund sei die starke internationale Ausrichtung der Sozialdemokratie zu dieser Zeit gewesen und da die internationale Orientierung gerade bei der Jugend besonders groß gewesen sei, war es für die Kommunisten einfacher den Jugendverband, als die Partei, an sich zu bringen; als weiterer Grund wird eine „Überpolitisierung“ des Verbandes angeführt. Meiler 1989, 23.

[110] Franzel 1983, 69 („heimtückische Rolle“); Franzel 1983, 44 („Zentralsekretär“); Kern 1980, 41 („Karl Hanslitschek“ / „Sekretär des Jugendverbandes“; betont wird dessen Rolle bei der Vorbereitung des Verbandstages, ohne dass hierzu Details genannt werden).

[111] Meiler 1989, 23; Sippl 1997, 21. Franzel lobt die „organisatorische und taktische Begabung“ Ernst Pauls beim Aufbau des Jugendverbands und hebt unter dessen Helfern Karl Kern hervor (vgl. Franzel 1983, 70). Karl Kern besuchte Emil Franzel auch nach 1945 in München (Mitteilung von Rüdiger Franzel und Martin K. Bachstein).

[112] Sippl 1997, 21.

[113] Sippl 1997, 21. In seiner Autobiografie betont Emil Franzel die Bedeutung der kulturellen Aktivitäten des neuen Jugendverbandes: „Der neue Verband war weit mehr als der alte vom Geist der deutschen Jugendbewegung durchglüht, die damals erst über die Grenzen griff und in den Akademischen Freischaren an der Universität, in der Katholischen und in der Landjugendbewegung wie bei den jungen Sozialisten ein spätes Echo fand“ (Franzel 1983, 70).

[114] Obwohl Ernst Paul bereits 1924 als Bildungsreferent nach Prag ging, führte er den Jugendverband noch bis 1926 weiter (vgl. Sippl 1997, 21). Emil Franzel beschreibt seine eigene Aktivität in der Bildungsarbeit kurz, ohne auf Inhalte und Zeitpunkt genauer einzugehen (Franzel 1983, 43).

[115] Franzel 1983, 69-70 (die Identität von „Hanzliček“ kann nicht eindeutig geklärt werden, da Franzel keinen Vornamen anführt und als einzige zusätzliche Information auf S. 43 seiner Autobiografie angibt, dass dieser Generalsekretär des Jugendverbandes gewesen sei, bei Karl Kern (1980, 41) wird ein „Karl Hanslitschek“ als „Sekretär des Jugendverbandes“ erwähnt und in der Digitalen Bibliothek der FES findet sich der Autorenname „Karl Hanzliček“ (vgl. http://library.fes.de/pdf-files/bibliothek/bestand/a-49038.pdf) für die 1920 in Teplitz-Schönau erschienene – und vom Verband der sozialdemokratischen Arbeiterjugend herausgegebenen – Schrift „Fluch dem Militarismus“. In den Protokollen des Jugendverbandes könnten sich evtl. weitere Hinweise auf Stellung und Rolle von Hanzliček finden und in der lokalen sozialdemokratischen Presse könnte sich evtl. Berichterstattung zum Verbleib der Jugendgruppe befinden).

[116] Kern 1980, 40-41 („Dem Verbandstag war ein heißes Ringen in den Ortsgruppen, Kreis- und Bezirksorganisationen vorausgegangen.“).

Ende der Leseprobe aus 125 Seiten

Details

Titel
Emil Franzel (1901 – 1976): Biografie eines sudetendeutschen Intellektuellen
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Geschichtswissenschaften)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
125
Katalognummer
V195350
ISBN (eBook)
9783656256151
ISBN (Buch)
9783656256168
Dateigröße
1429 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Franzel, Sudetendeutsche Geschichte, Tschechoslowakei, DSAP, Sozialdemokratie, Nationalsozialismus, Ackermann-Gemeinde, Neues Abendland, Konservatismus
Arbeit zitieren
M.A. Thomas Keller (Autor:in), 2012, Emil Franzel (1901 – 1976): Biografie eines sudetendeutschen Intellektuellen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195350

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