Das Deutsche als Mischsprache

Zu Anglizismen im Deutschen und die Möglichkeiten für den Deutschunterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2010

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Zur Unterscheidung von mischsprachlichen Elementen im Deutschen

3. Zur Entwicklung von Anglizismen im modernen Deutschland

4. Möglichkeiten für den Deutschunterricht

5. Fazit

6. Literaturliste

1. Einleitung

Es gibt ein anhaltendes Streitgespräch über den Gebrauch von Fremdwörtern in der deutschen Sprache. Die Debatte ist nicht jeden Tag eine Schlagzeile wert und wird seit Jahren mehr im toten Winkel des öffentlichen Interesses geführt, wobei ab und zu in Zeitschriften immer wieder die gleiche Frage aufgeworfen wird: „Wie groß ist der Schaden an der eigenen Sprache durch Fremdwörter und warum brauchen wir überhaupt fremde Wörter zur Benennung von Dingen?“ Die Diskussion um die Bereicherung oder den Schaden von Anglizismen im Deutschen ist ebenso facettenreich wie ungeklärt. Kritik am Gebrauch von Fremdwörtern gab es schon im 17. Jahrhundert durch Sprachgesellschaften (ULRICH 2004:4) und es gab die Diskussionen wegen verschiedenster Sprachen. Begibt man sich auf die Suche nach Argumenten und verfolgt man das Für und Wider der Diskussion, stößt man schnell auf ultra-nationalistische Tendenzen, auf konservative Traditionisten und auf wissenschaftliche Betrachtungen. Dabei fällt auf, dass der oft angeführte Schaden an der deutschen Sprache nicht messbar oder sichtbar ist. Ebenso ist der Nutzen oft nicht einsehbar, besonders im Bereich der Werbung scheint die Verwendung von Anglizismen nur auf manipulativer Ebene zu geschehen. Die beständige Aktualität und gleichzeitige Ungeklärtheit ist ein guter Grund, das Thema im Unterricht genauer zu beleuchten. Zudem handelt es sich dabei auch um ein Thema, das den Schülern sehr nahe ist, da es ihre aktuelle Sprache berührt und den Horizont zur Sprachbenutzung zumindest eröffnen und bewusst werden lassen kann. Es ist zu erwarten, dass die Abgrenzung von Fremdwörtern zur Wahrnehmung des Deutschen beiträgt und eventuelle Unterschiede erst dadurch sichtbar gemacht werden. Es kann hinterfragt werden, wie auf die Tendenz reagiert werden kann oder ob überhaupt reagiert werden sollte. Die vorliegende Arbeit soll den Blick für mischsprachliche Elemente und besonders Anglizismen im Deutschen schärfen und ein Angebot machen, wie man sich dem Thema im Unterricht nähern könnte. Dabei ist zu erwähnen, dass die Umsetzung für den Unterricht auf Ungewissheit basiert. Es gibt derzeit keinen Standard für Lehrer, der Linguistik oder Sprachwandel im Unterricht behandelt. Es handelt sich bei der Unterrichtsskizzierung in Kapitel 4 um eine experimentelle Annäherung, deren Ausgang jetzt noch ungewiss ist. Daher stellen das Thema und die Verbindung zum Unterricht eine besondere Herausforderung für kommende und aktuelle Lehrergenerationen dar.

2. Zur Unterscheidung von mischsprachlichen Elementen im Deutschen

Das Deutsche ist ein Sprachsystem, welches aus Wörtern und Zeichen besteht, welche durch ein System von Regeln (die Grammatik) verknüpft werden. Alles, was gegen diese Regeln verstößt, scheint fremd und überdies falsch. Die Abweichungen von der Norm scheinen aber vor allem dann falsch zu sein, wenn sie offensichtlich sind, wie es bei Fremdwörtern der Fall ist (ULRICH 2003:4). Um das zu verstehen, muss man den Wortschatz der gegenwärtigen deutschen Sprache genauer betrachten. Seine Struktur kann man sich als Zweischichtenmodell vorstellen: Im Kern ist das sogenannte Basissystem der Sprache, auch Erbwortschatz genannt. Dies bezeichnet den ursprünglichen Wortschatz einer Sprache ohne jegliche Lehnwörter oder Entfremdungen. Um den Wortschatz herum bildet sich das Ergänzungssystem, bestehend aus dem Lehnwortschatz. Als Lehnwörter bezeichnet man diejenigen Wörter, die sowohl semantisch, morphologisch als auch phonologisch keinerlei Besonderheiten aufweisen. Sie bilden eigenständige Wortfamilien, werden wie Erbwörter flektiert, haben ein unauffälliges Schriftbild und gelten daher als vollständig assimiliert (vgl. NÜBLING ET AL. 2008:139). Die Besonderheit der Lehnwörter ist also ihre auffällige Unauffälligkeit. Die Beispiele, die bei Nübling angeführt werden (ebd.) zeigen, wie stark integriert diese Wörter sind: Mauer ist ein Lehnwort, Trauer hingegen ein Erbwort. Lautlich sind beide nicht zu unterscheiden. Andere Beispiele sind Tischler oder schreiben. Eine stichprobenartige Umfrage im (studierten) Bekanntenkreis zeigte, dass viele nicht wissen, dass es sich bei diesen Wörtern nicht um Erbwörter handelt. Die letzte Stufe der Integration ist nahezu erreicht und nur linguistisch Interessierte erkennen die wahre Herkunft, das Lateinische. In einer Untersuchung mit 80 Testpersonen aus unterschiedlichsten Bildungsschichten, die aus einer gemischten Menge von Erbwörtern, Lehnwörtern und Fremdwörtern diejenigen markieren sollten, welche sie für nichtdeutsche Herkunft hielten, zeigte sich, dass die Testpersonen im Gesamtbild keine eindeutige Abgrenzung von deutschen zu fremden Wörtern markieren konnten (HELLER 1967:19). Erbwortschatz und Lehnwortschatz werden in der weiteren Überlegung von peripheren Systemen berührt, den sogenannten Fremdwortsystemen. Als Fremdwörter werden jene Wörter bezeichnet, die fremdsprachliche Merkmale in die beiden Systeme transferieren. Diese sind mehr oder weniger deutlich erkennbar als Fremdkörper. Nübling führt folgende Merkmale zur Fremdworterkennung auf (NÜBLING 2008:139):

1. Verräterisches Schriftbild: Wörter wie Feeling transferieren beispielsweise den Laut [i:] über den Doppelvokal <ee>; ein Vorgang, der im deutschen Erbwortschatz so nicht vorkommt.
2. Auffällige Lautkombinationen, die es im Deutschen nicht gibt: So zum Beispiel [pju:] in Computer.
3. Die Pluralbildung dieser Wörter geschieht häufig mit dem fremden s- Plural wie bei Cappuccinos oder Partys.
4. Ihre Fähigkeit, Wortfamilien zu bilden, ist häufig auf Komposita beschränkt: als Beispiel dient hier Scanner, einscannen, scannen (ebd.).

Fremdwörter finden einen Zugang zu anderen Sprachen, wenn zum Beispiel neue Dinge entstehen, die einer Bezeichnung bedürfen. Häufig versuchen die Sprecher, die originalen Wortlaute zu imitieren. Carstensen weist daraufhin, dass jene, die die englische Sprache beherrschen, auch versuchen werden, englische Fremdwörter englisch auszusprechen (CARSTENSEN 1965:37). Dadurch kommt es zu phonologischen Transferenzen, die im Erbwortschatz unüblich sind. Es gibt verschiedene phonologische Fremdheitsmerkmale, die Hinweise auf Fremdwörter geben. Allerdings eignen sich diese Merkmale nicht, um umgekehrt damit den allgemeinen Fremdwortschatz zu spezifizieren (MUNSKE 1988:52). Zu den phonologischen Fremdheitsmerkmalen gehören:

- Lehnphoneme; also Laute, die im Phoneminventar des indigenen Wortschatzes nicht vorkommen; bei Anglizismen sind es zum Beispiel die Übernahmen des Diphthongs [ɛɪ] wie in Baseball oder Make-up.
- Der gespannte Kurzvokal; dieser kommt in großer Zahl in Fremdwörter nebentonig oder unbetont vor. Allerdings ist er auch im Erbwortschatz vorhanden, wenn auch eher als Randerscheinung. Ein englisches Beispiel konnte leider nicht gefunden werden.
- Phonotaktisch spezifische Vokal- und Konsonantenverbindungen; hierunter zählen Vokalverbindungen und An-und Auslautverbindungen, die den lautkombinatorischen Regeln des indigenen Systems widersprechen. Beispiele hierfür sind st- (Stewart), -ye- (Sprayer), sp- (Sponsor) oder auch ̸ s ̸ [sɜː] (Essay).
- Differenzierte Nebensilbenvokale im Auslaut; die seit dem Mittelhochdeutschen geltenden Restriktionen des auslautenden Vokalismus wurden hierdurch aufgehoben. Es darf also wieder vokalisiert werden im Auslaut wie zum Beispiel bei Party, Jury, Baby oder Pony.
- Der Fremdwortakzent; im Deutschen gilt: „In indigenen Wörtern des Deutschen erhält im Allgemeinen der erste Vokal des Basismorphems den Hauptakzent.“ (MUNSKE 1988:55). Bei Fremdwörtern ist dies anders: Den Hauptakzent erhält die letzte schwere Silbe, also Silben mit Diphthong, Langvokal oder Kurzvokal mit Konsonant.

Zum Beispiel bei down’load. Gibt es keine schwere Silbe, erhält die erste Silbe den Hauptakzent. (MUNSKE 1988:52-54)

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Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Das Deutsche als Mischsprache
Untertitel
Zu Anglizismen im Deutschen und die Möglichkeiten für den Deutschunterricht
Hochschule
Universität Hamburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
14
Katalognummer
V197477
ISBN (eBook)
9783656236580
ISBN (Buch)
9783656279365
Dateigröße
561 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
deutsche, mischsprache, anglizismen, deutschen, möglichkeiten, deutschunterricht
Arbeit zitieren
Marco Baumgarten (Autor:in), 2010, Das Deutsche als Mischsprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197477

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