Kaiser Maximilian und der Buchdruck: Die Zeit der aussterbenden Handschrift


Hausarbeit, 2011

21 Seiten, Note: 2,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

I. Einleitung

II. Zum Buchdruck
1. Die Anfänge des Buchdrucks
2. Zeit und Gründe des medialen Wandels
3. Techniken und Druckverfahren um 1500

III.Das Ambraser Heldenbuch und sein Mäzen
1. Vorstellung des Ambraser Heldenbuches
2. Vorstellung Kaiser Maximilians I

IV.Zur Bedeutung des Heldenbuches und seiner Machart
1. Hofkultur und alte Traditionen
2. Über das Ansehen von Handschriften
3.Mögliche Gründe Maximilians zur Umgehung der neuen Medien

V. Schlusswort

VI. Literaturverzeichnis und Anhang

I. Einleitung

Die Bewahrung ritterlicher Werte und ein gutes Ansehen der Nachwelt waren Kaiser Maximilian I. Zeit seines Lebens ein wichtiges Anliegen. Der „letzte Ritter“ tat in seinen Aufzeichnungen alles dafür, dass er in den Augen der nachfolgenden Generationen als edler, guter und ritterlicher Herrscher in Er- innerung bleiben sollte. Doch auch innerlich schien er in dieser längst ver- gangenen Welt zu leben: Heldensagen und Geschichten von aventiûre bilden den Großteil seiner in Auftrag gegebenen prachtvollen Handschrift, dem Am- braser Heldenbuch. Der um 1510 entstandene Sammelband umfasst eine Vielzahl einzigartiger Geschichten und Sagen, die sonst an keiner Stelle mehr zu finden sind. Doch wieso wollte Kaiser Maximilian diese Sammlung für sich? Wieso ließ er in Zeiten der sich-ausbreitenden Drucktechnik eine Handschrift anfertigen, die von Anfang an nicht zur Vervielfältigung gedacht war?

In dieser Arbeit soll es um die Frage gehen, was den Kaiser zu Lebzeiten dazu trieb, die seltenen Schriften aus den vergangenen Jahrhunderten für sich selbst in einem handschriftlichen Sammelband festzuhalten, anstatt ein gedrucktes Buch für Jedermann zu veröffentlichen. Ferner beschäftigt sich diese Arbeit mit der Frage, wie Kaiser Maximilian die Entwicklung der Druck- technik erlebt haben könnte, wie er zu technischen Neuerungen stand und ob er sich diesen öffnete oder verschloss. Das Ziel dieser Arbeit ist die Be- antwortung der Frage, warum Kaiser Maximilian das Ambraser Heldenbuch als Handschrift fertigen ließ, warum er das Werk nicht veröffentlichte und was dies mit seinem Hofstaat und seinem einzigartigen Führungsstil zu tun haben könnte. Zu Beginn steht daher die Erklärung der Entwicklung der frühzeitli- chen Drucktechnik aus, die sich beinahe parallel zu Kaiser Maximilans Leben abspielte. Im ersten Kapitel geht es daher vorrangig um den Buchdruck, die Gründe des medialen Wandels um 1500 und die damalige Technik zur Ferti- gung von Büchern. Anschließend wird das Ambraser Heldenbuch und sein Mäzen, Kaiser Maximilian I., vorgestellt, damit im letzten Kapitel kombiniert werden kann, warum der Herrscher anstelle eines modernen Buches lieber zu einer Handschrift griff.

II. Zum Buchdruck

1. Die Anfänge des Buchdrucks

Der Buchdruck ist wesentlich älter als die Erfindung der Buchpresse seitens Gutenberg es vielleicht suggerieren mag. Das älteste Buch der Welt ist das koreanische Jikji, welches datiert ist auf den Juli des Jahres 1377. Da sich aber die europäische Buchdrucktechnik grundlegend von der asiatischen un- terscheidet und beide Verfahren sich in den Anfängen vollkommen unabhän- gig voneinander entwickelt haben, soll dies nur am Rande erwähnt werden. Der moderne europäische Buchdruck entwickelte sich tatsächlich erst mit Johannes Gutenberg, genauer um das Jahr 1440. Nahm man vor der Erfin- dung Gutenbergs vor allem fertige Tafeln, die man aus Metallplatten schlug, oder später Holzplatten, die man sich schnitzte, vereinfachte Gutenberg die- sen Prozess bedeutend.

Johannes Gutenberg sah sich zunächst das bisherige Druckverfahren an, und konnte anschließend mit großem erfinderischen Geist und einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand die einzelnen Schritte der Drucke in ei- ner Maschine zusammenfassen. Musste man vorher für wenige Buchseiten eine große Platte zurechtschneiden und somit Fehler in der Herstellung dau- erhaft in Kauf nehmen, so erlaubte Gutenbergs Druckpresse erstmals die Verwendung von beweglichen Lettern. Diese Erfindung hatte derart viel Er- folg, dass die früher angewandte Technik wenige Jahre nach Einführung der Presse fast vollkommen ausstarb und nur wenige Drucktafeln weiterhin ver- wendet wurden.

Der Erfolg der Druckpresse war enorm. Gab es 1458 nur eine einzige Druckerei im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, genauer in Straßburg, erhöhte sich deren Anzahl zwischen 1470 und 1490 von 17 auf 204. Bis 1500 waren es insgesamt 252 Druckereien.

Die meisten Bücher der damaligen Zeit waren auf Latein, ein nicht unerhebli- cher Teil der Drucke war religiöser Natur, meist die Lutherbibel, welche im 16. Jahrhundert rund ein Drittel aller gedruckten Bücher ausmachte. Da jedoch viele Menschen kein Latein konnten, stieg mit der Zeit auch die Anzahl der Werke, die auf mittelhochdeutsch gedruckt worden sind.1

2. Zeit und Gründe des medialen Wandels

Der mediale Wandel von aufwändigen Handschriften zu vereinfachten und massenhaft gedruckten Büchern hat mehrere Ursachen. Im 13. und 14. Jahrhundert stieg die Lesefähigkeit der normalen Bürger und somit auch die allgemeine Nachfrage nach Büchern und Lektüre, die vorher so gut wie gar nicht existierte. Immer mehr nicht-klerikale Menschen waren im Stande zu lesen und der Handel mit Waren wurde immer weiter dokumentiert und verschriftlicht, was ebenfalls zu einer Steigerung der Lesefähigkeit und auch des allgemeinen Interesses an Literatur führte.2

Zeitgleich sorgte die Erfindung und vor allem die fortschreitende industrielle Fertigung von Papier für den nötigen Rohstoff, um Drucke in großer Auflage zu realisieren, da in früherer Zeit nicht zuletzt die Kosten eine große Rolle bei der Erstellung von Büchern spielten und meist der limitierende Faktor für ei- ne größere Auflage waren. War vorher also für ein Buch ein großer finanziel- ler Aufwand nötig, da Vieh für das Pergament geschlachtet werden musste, und die Häute anschließend entsprechend verarbeitet werden mussten, konnte durch die Verbreitung des neuen Schreibstoffes ein reger Handel mit Büchern entstehen. Größere Auflagen waren erstmals in der Geschichte der Buchherstellung keine Hürde mehr und die Preise blieben moderat.

Durch diese beiden Veränderungen entstand mit der Zeit ein regelrechter Markt für Schreibende und Lesende, der vorher nicht denkbar gewesen wäre. Doch der Übergang von der Handschrift zum Buch war dennoch ein schleichender Prozess. Zunächst wurden Schriften in so genannten Skriptorien weiterhin von Hand hergestellt. Aufgrund der Verfügbarkeit des Rohstoffes Papier jedoch nicht mehr in mühsamer Kleinarbeit, sondern vielmehr in großer Menge mit nahezu identischem Aussehen.

Diese Zeit bot nachweislich die Möglichkeit, Bücher und Schriften einfach so zu kaufen, ohne sie vorher bestellen zu müssen, da die Schreibstuben auf „Lager“ produzierten, und nicht, wie vorher, nur auf Bestellung eines reichen Mäzens.

Die relativ lange Beibehaltung der Erstellung von Handschriften sorgte nach Einführung der mechanischen Presse noch längere Zeit dafür, dass viele alte Berufe auch weiterhin koexistieren konnten, da die Leserschaft nach wie vor großen Wert auf das „handschriftliche Layout“ legte, also reiche Verzierun- gen auf ihren Werken nicht missen wollten, die auf der Druckerpresse nicht realisierbar waren. So gab es selbstständige Buchmaler und Illuminatoren, die fertige Bücher nach dem Druck den Wünschen den Kunden entspre- chend verzierten und das Aussehen des Buches einer alten Handschrift an- glichen.3

Trotz des langsamen Übergangs von Handschrift zum maschinell-hergestell- ten Massenprodukt bezeichnen Kulturhistoriker die Entwicklung des Buch- drucks als einen Meilenstein in der Geschichte, vergleichbar mit der Erfin- dung der Sprache, der Erfindung des Alphabets und der Erfindung des Com- puters.

Beim Buchdruck stand die schnelle und vor allem fehlerfreie Produktion von Wissen im Vordergrund. Dies sieht man besonders dann, wenn man sich an- sieht, welche Schriften zu Beginn des Buchdruckes oberste Priorität hatten. Die Belletristik, also die rein unterhaltenden Bücher, fand jedoch auch aus- gesprochen schnell ihren Weg in die Druckstätten, da die Leser zur damali- gen Zeit ein großes Interesse an Geschichten hatten, die ihnen den Alltag auflockern konnten. So gab es, ähnlich wie heute auch, eine regelrechte Hetze gegen das neue Medium, da das Lesen von belletristischen Büchern als Sucht und jugendlicher Unsinn tituliert worden ist. Vor allem im ausge- henden 18. Jahrhundert war dies ein großes Thema, Romane wie Don Quijo- te läuteten bereits um 1600 die Schelte der Lesenden ein.

Für die Autoren begann mit der Einführung der Buchpressen ein neues Zeit- alter. War es vorher zum Teil recht schwierig, einzelne Werke auf ihren ur- sprünglichen Autor zurückzuführen, da jeder, der eine Handschrift anfertigte, meist seine eigenen Einflüsse auf das Werk hatte, gewann die Autorschaft mit dem stets gleichbleibenden Werk zu großen Teilen an Bedeutung. Die Werke waren nun stets identisch und man konnte auf lange Zeit den Urheber identifizieren. Die Rolle des Mäzens verlor hingegen mit dem Buchdruck all- mählich an Bedeutung, da es nun keine Besonderheit mehr war, ein Buch schreiben zu können. Papier war billig und die Druckereien waren daran inte- ressiert, gute Werke zu drucken. Die Motivation ein Buch zu schreiben kam also nicht mehr aus einem Auftrag eines reichen Menschen, sondern viel- mehr aus der Lust, eine Geschichte oder einen Sachverhalt schriftlich fest- zuhalten.

3. Techniken und Druckverfahren um 1500

War vor der Einführung von Druckerpressen insbesondere die Herstellung von Metall oder Holzplatten eine Herausforderung, änderte sich dies mit Einführung der neuen Technik grundlegend. Die Vorlagen für den Druck wurden nicht wie früher in einem großen Gesamtbild hergestellt, sondern aus vielen kleinen Teilen, die beliebig austauschbar waren.

Grundlage der neuen Technik war der so genannte Setzkasten. Dieser ent- hielt eine Vielzahl von beweglichen Lettern, die später für die Zeichen auf dem Druck sorgten. Ein Letter war ein gegossener Buchstabe auf einer Me- tallplatte mit bestimmten Maßen. Diese Letter wurden zur Anfertigung einer Druckvorlage auf einen Winkelhaken gesetzt. Wort für Wort, Zeile für Zeile. Beschäftigt wurde damit der sogenannte Setzer, der mit äußerster Konzen- tration jedes einzelne Zeichen in den Winkelhaken setzen musste, damit die später sichtbaren Zeilen entstanden. War der Winkelhaken mit Lettern gefüllt, so legte man den Inhalt auf ein Setzschiff, eine große Platte mit seitlichen Begrenzungen, die das Ausmaß von zwei bis vier Seiten hatte. Diesen Vor- gang wiederholte man anschließend so oft, bis das Setzschiff voll war und dementsprechend einige Seiten für das Buch fertig gesetzt waren. Für den eigentlichen Druck benötigte man die Presse, Papierbögen und Tinte.

Die Druckpresse war in den Anfängen wie folgt aufgebaut: Als Grundlage für seine Maschine nahm Gutenberg eine alte Weinpresse. Dort, wo vorher der Behälter für die Trauben stand, befand ich in der modifizierten Version die Auflage für das Setzschiff. Das Gestell der Presse bestand aus zwei senk- rechten Balken mit einem oberen Querbalken, genannt Krone. Ein unterer Verbindungsbalken trug die Schienen, auf die der Karren, also der bewegli- che Teil der Presse, auf den man das fertige Setzschiff auflegen konnte, be- festigt war. Der eigentliche Druck wurde mit dem so genannten Tiegel aus- geübt. Der Tiegel war eine Platte aus Holz (später Metall), welche an einer großen Schraube befestigt wurde. Diese Schraube nannte man Pressspin- del.

Die Pressspindel war eingelassen in einen inneren Verbindungsbalken un- terhalb der Krone und einen weiteren Balken circa in der Mitte der Spindel, oberhalb des Tiegels. Um den Tiegel auf und ab zu bewegen, musste der Drucker nach eingehender Vorbereitung nur noch an einem Hebel ziehen, der die Spindel runter drehte und den Tiegel samt Papier auf das Setzschiff drückte.

Das Papier selbst wurde zuletzt in die Presse eingelegt, da viel Aufwand nö- tig war, diese vorzubereiten. Ein typischer Erstdruck konnte Tage dauern, da aufgrund der mechanischen Bauteile und der manuellen Bedienung zahlrei- che Fehler entstehen konnten, die man zum Teil erst nach einem Probedruck sehen konnte.

Allein für die Farbe brauchte Gutenberg viele Jahre, da die herkömmliche Tinte aufgrund der hohen Feuchtigkeit, die das Papier beim Druckvorgang stark einweichte, nicht brauchbar war. Am Ende wurde die Farbmischung mit Leim und Sirup, Glycerin und Zucker oder Gelatine verdickt, viel später wur- de Kautschuk für diesen Zweck genutzt. Farblich kam in der ersten Zeit nur Schwarz in Frage, da andere Farben und Pigmente in dieser Menge unwirt- schaftlich waren.

Nachdem der Druckvorgang mit der öligen Tinte beendet war und eventuelle Fehler durch Papiereinlagen korrigiert wurden, mussten die Seiten oftmals lange Zeit trocknen, da es beinahe unmöglich war, das Papier während des Druckvorgangs nicht einzuweichen. Nachdem die Farbe eingezogen war und das Papier wieder trocken war, bediente man sich deshalb einer Glättpresse, die die entstandenen Unebenheiten aus dem Papierbogen rausdrücken soll- te. Man kann heute noch an alten Büchern (besonders bei Großformaten) sehen, dass das gesamte Werk oftmals trotzdem durchgehend gewellt ist.4

[...]


1 Vgl. Wittmann, Reinhard: Geschichte des deutschen Buchhandels. München, 1999, Seite 27.

2 Vgl. Augustyn, Wolfgang: Zur Gleichzeitigkeit von Handschrift und Buchdruck in Deutschland. In: Dicke, Gerd (Hrsg.): Die Gleichzeitigkeit von Handschrift und Buchdruck. Wiesbaden, 2003, Seite 7.

3 Vgl. Augustyn, Wolfgang: Zur Gleichzeitigkeit von Handschrift und Buchdruck in Deutschland. In: Dicke, Gerd (Hrsg.): Die Gleichzeitigkeit von Handschrift und Buchdruck. Wiesbaden, 2003, Seite 17.

4 Informationen zur Technik von Tiegeldruckpressen entnommen aus Wolf, Hans-Jürgen: Geschichte der Druckpressen. Frankfurt, 1974, S. 39ff.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Kaiser Maximilian und der Buchdruck: Die Zeit der aussterbenden Handschrift
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Forschungsparadigmen der Älteren Germanistik
Note
2,3
Jahr
2011
Seiten
21
Katalognummer
V199261
ISBN (eBook)
9783656256687
ISBN (Buch)
9783656256892
Dateigröße
420 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kaiser, maximilian, buchdruck, zeit, handschrift
Arbeit zitieren
Anonym, 2011, Kaiser Maximilian und der Buchdruck: Die Zeit der aussterbenden Handschrift, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/199261

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