Düfte als Instrument des erlebnisorientierten Marketings


Bachelorarbeit, 2012

52 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Erlebnismarketing unter Einbezug von Düften
2.1 Begriffshinführung zum Erlebnismarketing
2.2 Düfte als Instrument des Erlebens

3. Grundlagen über den Geruchssinn für den Marketingeinsatz
3.1 Funktionsweise des menschlichen Geruchssinns
3.1.1 Physiologische Grundlagen des Riechens
3.1.2 Riechfunktionen - Emotionen und Erinnerungen
3.2 Faktoren der Geruchswahrnehmung
3.2.1 Reizintensität
3.2.2 Reizdauer
3.2.3 Riechschärfe
3.3 Benennung und Klassifizierung von Düften
3.4 Kulturspezifische Duftpräferenzen

4. Düfte als Marketinginstrument
4.1 Marketingziele durch den Einsatz von Düften
4.2 Strategisches und operatives Marketing als Ausgangspunkt für die Einsatzmöglichkeiten von Düften
4.3 Einsatzmöglichkeiten von Düften
4.3.1 Produktpolitik
4.3.2 Raumgestaltung
4.3.3 Kommunikationspolitik
4.3.4 Corporate Identity
4.4 Kriterien für die Duftauswahl
4.5 Technische Methoden zur Verbreitung von Düften

5. Kritik an der Nutzung von Düften
5.1 Manipulation
5.2 Gesundheitliche Gefahren

6. Fazit und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wichtigkeit der Sinne bei Kaufentscheidungen

Abbildung 2: Duftklassen und kennzeichnende Beispiele

Abbildung 3: Ziele durch den Einsatz von Düften

Abbildung 4: Einsatzmöglichkeiten von Düften

Abbildung 5: Geruchsprisma nach Henning

1. Einleitung

Heutzutage werden so viele Marken, Produkte und Dienstleistungen allein in Deutsch- land beworben, dass es unvorstellbar ist sich an jede einzelne zu erinnern. Die Werbun- gen, mit denen ein Konsument tagtäglich konfrontiert wird, werden nur zu einem Bruchteil bewusst wahrgenommen, da es zu einer Informationsüberlastung kommt.1 Zudem gleichen sich die beworbenen Produkte und Dienstleistungen immer weiter an, sodass eine qualitative Differenzierung kaum noch möglich ist. Um sich von der Kon- kurrenz erfolgreich abzuheben, sind innovative Maßnahmen der Unternehmen nötig. Hinzu kommt, dass die Kunden eine immer größere Abwechslung suchen und in ihrem Alltag Erlebnisse erfahren wollen, die den Einkauf zu etwas Besonderem machen. Der klassische Marketing-Mix genügt nicht mehr, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Aus diesem Grund haben sich weitere Instrumente herausgebildet. Eines davon ist die Integration von Düften.

„ Wir atmen 23.000 mal am Tag. Mit jedem Atemzug riechen wir -überwiegend unbewusst - Objekte und Menschen in unserer Umgebung. Wir k ö nnen unsere Au- gen schlie ß en, uns die Ohren zuhalten, k ö nnen Berührungen vermeiden, aber wir k ö nnen nicht aufh ö ren zu atmen … also auch nicht aufh ö ren zu riechen! “ 2

Wie das Zitat zeigt, haben Düfte eine besondere Rolle für unsere Wahrnehmung, da diese eng mit Emotionen verbunden sind und somit auch unseren Erlebnisgrad beein- flussen. Wir können uns den Düften nicht entziehen und nehmen so ständig Gerüche wahr. Die Einsatzmöglichkeiten von Düften sind heute besonders vielfältig und bezie- hen sich nicht nur auf den direkten Produktnutzen, wie z.B. bei Parfüms, sondern kön- nen auch bei solchen Produkten und Dienstleistungen angewandt werden, die norma- lerweise nicht mit diesen in Verbindung stehen. Da Düfte überwiegend unbewusst wahrgenommen werden, sollten sie für das Marketing nicht unterschätzt werden. Schließlich werden unsere Entscheidungen zu 70 - 80% unbewusst und auf emotionaler Ebene getroffen.3

Angesichts dieser Tatsachen soll in der vorliegenden Arbeit der Einsatz von Düften als erlebnisorientiertes Instrument genauer vorgestellt werden, da dieser zu einem wichti- gen Differenzierungsgrad beitragen kann und somit eine große Relevanz darstellt. Die Bachelorarbeit befasst sich mit der Fragestellung in welchen Bereichen Unternehmen Düfte anwenden können und worauf sie bei dem Einsatz von Düften achten sollten. Die Ausarbeitung ist als allgemeine Handlungsempfehlung zu verstehen, die Aufschluss über die unterschiedlichen Möglichkeiten darstellen soll und ist insofern von anderen Arbeiten abzugrenzen, welche sich bereits auf einige wenige Ansatzmöglichkeiten, wie z.B. die Duftwirkung auf Marken oder in Räumen, spezifiziert haben.

Die vorliegende Arbeit basiert auf theoretischen und literaturgestützten Grundlagen, welche durch Anwendungsbeispiele veranschaulicht wird.

In Kapitel zwei der Arbeit werden das Erlebnismarketing und der Bezug zu Düften dar- gestellt, welches die Bedeutung des olfaktorischen Sinns darstellen soll. Dieses Kapitel ist als Ausgangslage für die Thematik zu verstehen, da es das Potenzial für Unterneh- men aufzeigt, mit dem sich diese von den Mitbewerbern abheben können. Der folgende Abschnitt widmet sich den Grundlagen des olfaktorischen Sinns (Geruchssinn) und geht auf spezifische Besonderheiten ein, die bei dem Einsatz von Düften beachtet werden sollen. Es geht hauptsächlich um Hintergrundwissen, welches ein Unternehmen bei dem Einsatz von Düften beachten sollte und erklärt, wie der Geruchssinn des Menschen funktioniert. Nachdem in den ersten beiden Kapiteln die Basis geschaffen wurde, wird in Abschnitt vier konkret auf das Marketing und die Einsatzmöglichkeiten von Düften eingegangen. Neben den allgemeinen Überlegungen, die ein Unternehmen für den Dufteinsatz vornehmen sollte, werden die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten so- wie darauf aufbauend die Kriterien für die Duftauswahl als auch die technischen Mög- lichkeiten vorgestellt. In Abschnitt fünf werden die Kritikpunkte durch den Einsatz von Duftstoffen dargestellt, wobei analysiert wird, wie man diese umgehen kann bzw. ob diese gerechtfertigt sind. Den Abschluss bilden ein Fazit und Ausblick über mögliche Entwicklungstendenzen für den Einsatz von Düften.

2. Erlebnismarketing unter Einbezug von Düften

2.1 Begriffshinführung zum Erlebnismarketing

Damit sich eine Marke heutzutage auf dem Markt profilieren kann, reichen die gewöhn- lichen Marketingmaßnahmen kaum noch aus. Aufgrund gesättigter Märkte und funktio- naler Produktangleichungen stehen die Unternehmen vor einer neuen Herausforderung, um ihre Produkte von den übrigen differenzieren zu können. Um der Homogenität ent- gegenzuwirken hat sich das Erlebnismarketing in den vergangenen Jahren herausgebil- det. Dieses ist ein Marketingkonzept, welches hauptsächlich bei gesättigten Märkten zur Anwendung kommt und auf die Gefühle der Konsumenten abzielt.4 Es sollen besondere Konsumerlebnisse geschaffen werden, die den Kauf eher auf emotionaler als auf ratio- naler Ebene beeinflussen. Dadurch soll der Einkauf zu einem individuellen Erlebnis werden.5

Es gibt noch keine eindeutige Definition des Begriffs „Erlebnis“. Daher wird im Folgenden von der Erklärung Weinbergs ausgegangen:

„ Unter einem Erlebniswert versteht man den subjektiv erlebten, durch das Pro dukt, die Dienstleistung, das Verkaufsgespräch oder die Einkaufsstätte vermittelten Beitrag zur Lebensqualität der Konsumenten. Es handelt sich dabei um sinnliche Erlebnisse, die in der Gefühls- und Erfahrungswelt der Konsumenten ver ankert sind und einen realen Beitrag zur Lebensqualität leisten “ . 6

Weinberg beschreibt somit auch, dass Erlebnisse mit Emotionen (der Gefühlswelt) stark verbunden sind. Über die menschlichen Sinne sollen emotionale Erlebniswerte in den Vordergrund des Konsumenten gerückt werden.7 Hierzu wird zwischen den folgenden fünf Sinnen unterschieden:

- visuell (sehen)
- akustisch (hören)
- haptisch (fühlen)
- olfaktorisch (riechen)
- gustatorisch (schmecken)

Um die Erlebniswirkung optimal zu erreichen, ist es vorteilhaft diese Sinne gleichzeitig anzusprechen, sodass der Konsument ein Produkt mit möglichst vielen Sinnen erleben kann und auf diese Weise eine tiefere Verankerung des Erlebnisses stattfindet. Die An- sprache mehrerer Sinne wird auch als multimodale oder multisensuale Erlebnisvermitt- lung bezeichnet8. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die angesprochenen Sinne aufei- nander abgestimmt werden müssen. Als Beispiel kann ein Orangensaft aufgeführt wer- den, der grün gefärbt ist. Da der Verbraucher Orangen mit der Farbe Gelb oder Orange assoziiert, stößt der grün gefärbte Orangensaft auf Widerspruch und wird nicht gekauft. Knoblich, Scharf und Schubert beschreiben hingegen ein positives Beispiel der multisensualen Ansprache: Die TUI AG hat ein Reisebüro geöffnet, wo an Terminals Filmausschnitte gezeigt werden, länderspezifische Musik läuft, an einer Bar Getränke aus anderen Ländern eingenommen werden können und mittels Düften das Urlaubsge- fühl vermittelt wird.9 Durch die abgestimmte Verwendung der Sinnesreize, die das Ur- laubserlebnis vermitteln sollen, gelingt es der TUI AG sich von der Konkurrenz abzu- heben. Von besonderer Bedeutung ist der Einbezug der haptischen, olfaktorischen und gustatorischen Sinne, da diesen Sinnen in der Vergangenheit nur wenig Aufmerksam- keit geschenkt wurde.10

Als Instrumente des Erlebnismarketings nennt Weinberg die Produktgestaltung, Kommunikation und Laden- bzw. Raumgestaltung, worauf in Kapitel 4.3 noch genauer eingegangen wird. Bedeutsam ist dabei vor allem die Abstimmung auf ein geeignetes Erlebnisprofil, um somit keine widersprüchlichen Erlebniswerte zu vermitteln.11 Sobald die relevanten Erlebniswerte festgelegt worden sind, kommt es zu dem Einsatz der einzelnen Instrumente (Produktpolitik, Kommunikationspolitik,…).12 Gelingt es einem Unternehmen ein Produkt oder eine Dienstleistung sinnlich wahrnehmbar zu machen, führt dies dazu, dass ein Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz mit dem Einsatz des Erlebnismarketings erzielt werden kann.13

2.2 Düfte als Instrument des Erlebens

In dieser Arbeit wird im weiteren Verlauf ausschließlich der Zusammenhang von Düf- ten, und dem damit verbundenen olfaktorischen Sinnesreiz, und dem erlebnisorientier- ten Marketing erläutert. Gerüchen wird eine besondere Bedeutung zugeschrieben, da diese die Konsumenten aufgrund ihrer emotionalen Wirkung besonders stark beeinflus- sen können. Die Begriffe Duft und Geruch werden von nun an als Synonym verwendet.

Sowohl Düfte als auch andere erlebnisvermittelnde Instrumente, wie z.B. Musik oder Licht, können im Bereich des Erlebnismarketings eine erhebliche Rolle spielen. Mit Düften soll eine emotional anregende Atmosphäre geschaffen und ein besonderes Kon- sumerlebnis vermittelt werden.14 Sie können dazu beitragen, dass der Wirkungsgrad anderer Gestaltungsmaßnahmen erhöht wird15, wenn ein ganzheitliches Produkterlebnis vermittelt werden kann. Als Eingrenzung ist hier allerdings zu erwähnen, dass der Duft- einsatz im Marketing nur dort stattfinden kann, wo es sich um emotionale Erlebnisquali- täten handelt, da Düfte spezielle Emotionen bei dem Konsumenten hervorrufen.16 Wird jedoch ein positives Dufterlebnis vermittelt, so kann sich dieser Effekt auch auf weitere Komponenten eines Produktes beziehen. Ein Beispiel dafür ist der Neuwagenduft bei Gebrauchtwagen - dieser kann dazu führen, dass die Innenausstattung des Wagens posi- tiver beurteilt wird.17 Setzt sich ein potenzieller Kunde in ein Auto, das wie ein neues Fahrzeug riecht, werden positivere Assoziationen vermittelt als es bei einem Auto ge- schehen würde, das z.B. nach Rauch oder anderen unangenehmen Gerüchen riecht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Wichtigkeit der Sinne bei Kaufentscheidungen (Quelle: Steiner, 2011, S. 85 in Anlehnung an Lindstrom, 2005, S. 69)

Abb. 1 verdeutlicht nochmals die Relevanz der Sinne bei der Kaufentscheidung. Neben dem visuellen Sinn, der eine besondere Stellung einnimmt, da dieser fast immer involviert ist, ist der Geruch bereits der zweitbedeutendste Sinn. Folglich sollten Unternehmen sich verstärkt darum bemühen mit Hilfe von Düften ein positives Kauferlebnis zu schaffen. Die starke visuelle Wahrnehmung kann auf diese Weise durch den olfaktorischen Sinn unterstützt werden. Es ist dabei von dem Produkt / der Dienstleistung abhängig, welchem Sinn eine besondere Bedeutung zukommt.

3. Grundlagen über den Geruchssinn für den Marketingeinsatz

Das folgende Kapitel behandelt die wichtigsten Grundlagen von Düften, die für die Umsetzung im Marketing von Bedeutung sind. Beachtet man die unterschiedlichen Fak- toren, wird es einem Unternehmen leichter fallen die geplanten Ziele mittels Düften zu erreichen.

3.1 Funktionsweise des menschlichen Geruchssinns

In diesem Kapitel wird sowohl auf die biologische Grundlage des Riechens eingegangen als auch auf die Funktionen des Geruchssinns. Es soll verständlich gemacht werden, wie ein Geruch im menschlichen Gehirn verarbeitet wird und auf welche Weise die menschlichen Emotionen und Erinnerungen mit diesem Sinn verbunden sind.

3.1.1 Physiologische Grundlagen des Riechens

Der Geruchssinn ist wie auch der Geschmackssinn ein chemischer Sinn, da dieser auf chemische Substanzen und nicht direkt auf elektromagnetische oder mechanische Reize reagiert. Somit zählt der olfaktorische Sinn zu dem ältesten Sinn, denn „Chemorezeption trat in der Evolution wesentlich früher auf als die anderen Wahrneh- mungsfunktionen“.18

Atemluft kann über die Nasenlöcher oder über den nasalen Teil des Rachens aufge- nommen werden. Wenn wir etwas essen, wird dies ebenfalls stark über den Geruchssinn wahrgenommen. Mittels Rezeptoren der Riechschleimhaut wird die Atemluft an das Gehirn weitergeleitet.19 Erst dann werden die chemischen Substanzen in elektromagne- tische Signale umgewandelt und an Nervenfasern übermittelt.20 Vereinfacht gesagt wer- den die Duftstoffmoleküle nach der Informationsverarbeitung über den Riechkolben als Signal an das Riechhirn übertragen und dort ausgewertet. Von dem Riechhirn gelangen sie in zwei verschiedene Bahnen: Zum einen in den Thalamus und von dort zum Neo- cortex, dem Bewusstsein des Menschen, und zum anderen in die Mandelkerne, welche sich im limbischen System befinden. Dieses ist für die menschlichen Gefühle, Emotio- nen und Erinnerungen verantwortlich.21 Das limbische System, der älteste Teil des menschlichen Gehirns, da es sich in der Evolution noch vor dem Denkhirn entwickelte, ist das Unterbewusstsein bzw. das Gefühlszentrum eines Menschen. Auf Grund dessen ist der Geruchssinn besonders mit affektiven Reaktionen verbunden.

Kaufentscheidungen, die durch Düfte beeinflusst werden, sind also Teil eines unbe- wussten Vorgangs. Erst nachdem im Unterbewusstsein eine Wertung abgegeben wurde, werden Entscheidungen mittels des Neocortexes, dem Bewusstsein des Menschen, ge- fällt.22

3.1.2 Riechfunktionen - Emotionen und Erinnerungen

Wie bereits erwähnt führen Gerüche häufig zu emotionalen Befindlichkeiten und dienen ebenfalls dazu Erinnerungen auszulösen. Ein Duft wird nie neutral wahrgenommen, sondern ist stets mit subjektiv empfundenen Emotionen verbunden. Das Auslösen von Emotionen ist deshalb besonders wichtig, weil es für die kognitiven Prozesse des Men- schen mitverantwortlich ist.23 Emotionen lassen sich unterteilen in angenehm - unange- nehm und erregend - deaktivierend. Auf diese Weise können Düfte entweder positive Emotionen mittels angenehmen Düften oder negative Emotionen durch unangenehme Düfte hervorrufen.24 Laut verschiedener Studien wurde festgestellt, dass ein negativer Geruch größere Auswirkungen auf das Wohlbefinden eines Probanden hat als ein posi- tiv bewerteter Geruch. Dies bedeutet, dass wenn ein Unternehmen sich dazu entscheidet Düfte zu integrieren, diese genauestens geprüft werden müssen, sodass der Duft bei der Mehrzahl der Käufer als positiv bewertet wird. Das Risiko der falschen Duftauswahl kann dadurch verringert werden, indem man sich an bereits etablierten und positiv beur- teilten Düften orientiert. Viele Creme- oder Shampoo-Hersteller nutzen genau das aus und versuchen den Duft des Marktführers ihrer Branche zu imitieren.25 Allerdings be- steht auch die Möglichkeit unangenehme Gerüche mit angenehmen Düften zu überde- cken und somit die Emotionen positiv zu beeinflussen.26 „Wenn ein angenehmer Duft im Markenkontext erscheint, dann führt dieser zu einem positiveren Erleben der eigenen emotionalen Befindlichkeit“27 und ist somit besonders relevant für den Einsatz von Duftstoffen. Infolgedessen können Düfte also die Wahrnehmung von Produkten emoti- onal beeinflussen. Positive Emotionen aktivieren das Belohnungszentrum, welches für das Kaufverhalten des Menschen mitverantwortlich ist. Der gewünschte Nutzen bzw. das Motiv des Kunden soll befriedigt werden und somit zu einer Belohnung führen.

Eng verknüpft mit den Emotionen sind Erinnerungen. Hieraus lässt sich ableiten, wa- rum Menschen unterschiedlich auf Gerüche reagieren. Jeder hat seine eigene Vergan- genheit und somit unterschiedliche Erfahrungen gesammelt. Mit Hilfe von Gerüchen ist es möglich sich an längst vergessene Ereignisse erneut zu erinnern. Als Beispiele wer- den hier erwähnt, dass der Geruch von Sonnencreme Erinnerungen des letzten Som- merurlaubs hervorrufen kann, ein bestimmtes Parfüm die erste große Liebe wieder auf- leben lässt oder aber der Duft von frisch gebackenem Kuchen an die Wochenenden bei der Oma erinnert. Der Naturwissenschaftler Buffon fasst dies zusammen, indem er den Geruchssinn als „ein Auge, das die Dinge sieht, wo sie sind - aber auch, wo sie gewe- sen sind“28 beschreibt. Gerüche haben in diesem Zusammenhang eine besondere Funk- tion, weil tief verankerte Erinnerungen nicht so häufig durch andere Faktoren hervorgerufen werden.

Hier zeigen sich für das Marketing zwei Ansatzmöglichkeiten auf. Einerseits kann ver- sucht werden bereits bekannte und bei einem Konsumenten als positiv empfundene Ge- rüche als „Lockmittel“ zu nutzen, andererseits ist darauf zu achten, dass ein ausgewähl- ter Geruch keine negativen Erinnerungen und somit ein Ablehnungsverhalten hervor- ruft. Zudem soll das Kaufverhalten durch hervorgerufene Emotionen angetrieben wer- den.

3.2 Faktoren der Geruchswahrnehmung

Wie genau Gerüche wahrgenommen werden können, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Im Folgenden werden die Wichtigsten genannt. Dazu gehören die Reizintensität, die Reizdauer und die Riechschärfe. Der Einfluss dieser Determinanten kann bei dem Einsatz von Düften sehr entscheidend sein und sollte deshalb in marketingbezogenen Entscheidungen berücksichtigt werden.

3.2.1 Reizintensität

Die Reizintensität beschreibt die unterschiedlichen Wahrnehmungsschwellen von Gerüchen. Die absolute Reizschwelle, oder auch Wahrnehmungsschwelle genannt, beschreibt die niedrigste Konzentration eines Geruches, die von einer Person wahrgenommen werden kann und eine Veränderung des vorherigen Zustandes erkennen lässt.29 Dieser Vorgang kann unbewusst ablaufen.

Bei der Erkennungsschwelle können erstmals Gerüche erkannt und identifiziert werden. Um einen Reiz bewusst wahrzunehmen, kann die Konzentration der Duftmoleküle pro m³ Luft individuell unterschiedlich sein. Es hängt jeweils von der Intensität des Mole- küls ab.30

Die Unterschiedsschwelle kennzeichnet den Grad, ab dem „eine Person die Erhöhung der Konzentration durch einen Unterschied in der empfundenen Duftintensität feststellen“31 kann.

Zuletzt ist noch die Sättigungsschwelle zu erwähnen. Diese beschreibt den Zustand ab dem eine Veränderung der Duftintensität keinen Einfluss mehr auf die Wahrnehmung hat.32 Dies bedeutet, dass mit steigendem Konzentrationsgrad dennoch keine Unterschiede mehr festgestellt werden können.

Die Konzentration von Duftstoffen ist demzufolge für das Marketing sehr entscheidend und hängt von den gewünschten Zielen ab. Es kann bereits ausreichen, einen Duft so anzuwenden, dass er nur die Wahrnehmungsschwelle abdeckt, um einen positiven Ef- fekt zu erzielen.

3.2.2 Reizdauer

Des Weiteren hängt die olfaktorische Wahrnehmung stark von der Dauer eines Reizes ab, dem der Mensch ausgesetzt ist. Riecht der Mensch für einen längeren Zeitpunkt den gleichen Duft mit gleicher Intensität kommt es zur Adaption.33 Bereits nach wenigen Minuten wird der Geruch Hehn zufolge nur noch zu 30 - 40 % wahrgenommen. Teil- weise kann es vorkommen, dass ein Duft gar nicht mehr wahrgenommen werden kann. Dies hängt von den einzelnen Duftstoffen, ihrer Konzentration und der Dauer der Rei- zung ab. Die Adaption ist für den Menschen ein notwendiger Vorgang, da auf diese Weise wieder „Platz“ für neue Gerüche geschaffen werden kann. Weil Düfte auch als Warnfunktion dienen, um vor Gefahren zu schützen, können bekannte Gerüche ausge- blendet und so weitere Kapazitäten zur Informationsverarbeitung freigehalten werden. Manche Gerüche haben die Eigenschaft besonders schnell adaptiert zu werden. Dazu zählen die Frische- und Zitrusdüfte. Im Gegensatz dazu werden orientalische und schweflige Düfte kaum adaptiert und sind nach längerer Zeit noch wahrnehmbar.34

Ist man einem Geruch nicht mehr ausgesetzt, kommt es zur Deadaption, d.h., dass die Sensibilität für die Duftstoffe wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt wird.35 Ein typisches Beispiel hierfür ist ein Vorlesungsraum. Verbleibt man dort für längere Zeit nimmt man die stickige und verbrauchte Luft nicht mehr wahr (Adaption). Verlässt man den Raum (es kommt zur Deadaption) und kehrt nach einer kurzen Pause wieder zurück, kann man die „verbrauchte Luft“ erneut bemerken. Gewöhnt man sich an einen bestimmten Duft, weil dieser öfters gerochen wurde und somit nach einer Weile nicht mehr bewusst wahrgenommen wird, spricht man von der Habituation.36

Für die Verwendung von Düften ergibt sich aus diesen Anpassungen, dass ein besonderes Erlebnis zwischen Duft und Produkt/Marke vermittelt werden sollte, damit der Reiz des Dufts nicht zu schnell nachlässt.

3.2.3 Riechschärfe

Die Riechschärfe beschreibt die Sensibilität einer Person für Gerüche, welche die Wahrnehmung, Identifikation und Diskriminierung von olfaktorischen Reizen beein- flusst.37 Rempel beschreibt, dass dabei sowohl intraindividuelle als auch interindividuel- le Faktoren berücksichtigt werden.38 Zu den intraindividuellen Faktoren zählen u. a. Geschlecht, Alter, Hormonhaushalt und Gesundheitszustand. Beispielsweise kann er- wähnt werden, dass Frauen besser riechen können als Männer, zunehmendes Alter und Rauchen die Geruchssensibilität negativ beeinflussen oder die Sensibilität unter Alko- holeinfluss positiv zunimmt. Die interindividuellen Faktoren sind größtenteils angebo- rene Einflussfaktoren der Geruchswahrnehmung, können aber auch erlernt werden. Der Ansatz der klassischen Konditionierung nach Pavlov dient als möglicher Erklärungsan- satz.39 Durch Erfahrungen und Sozialisation werden die Duftpräferenzen erlernt. Durch gezieltes Training ist es möglich Düfte besser zu differenzieren und den Geruchssinn zu schärfen. Die Konzentration eines Duftes beeinflusst ebenfalls das Duftempfinden. Ab- gesehen davon, dass sehr intensive Gerüche als zu aufdringlich wahrgenommen werden können, gibt es auch welche, die in geringem Maße als angenehm aber in hoher Kon- zentration als äußerst unangenehm empfunden werden.40 Hehn nennt als Beispiel, dass der Duftstoff Thiol üblicherweise sehr aggressiv, allerdings bei sinkender Intensität nach Kaffee riecht.41

Die genannten Einflussfaktoren sollten bei dem Einsatz von Düften berücksichtigt werden. Möchte man mit einem Duft vor allem Frauen ansprechen, reicht eine geringere Duftkonzentration aus als wenn Männer angesprochen werden sollen. Soll eine positive Erinnerung geweckt werden, so ist ein Duft zu wählen, der bei den meisten Konsumenten keine negativen Assoziationen hervorruft.

3.3 Benennung und Klassifizierung von Düften

Es gibt ca. 10.000 verschiedene Duftstoffe, die ein Mensch wahrnehmen kann, aber diese zu verbalisieren fällt uns sehr schwer.42 Es gibt kein passendes Vokabular, um all diese unterschiedlichen Gerüche genau benennen zu können. Ein möglicher Erklärungsansatz könnte mit dem Aufbau des menschlichen Gehirns zusammenhängen:

„ Die kognitive Verarbeitung von Geruchseindrücken findet hauptsächlich in der rechten Hemisphäre statt, während das Sprachzentrum und logisches Denken hauptsächlich in der linken Hemisphäre angesiedelt sind. Dadurch fehlen direk- te Verknüpfungen zwischen Geruchseindrücken und einem passenden Namen. “ 43 Neben diesem biologischen Ansatz besteht ferner der des allgemeinen menschlichen Wortschatzes. Soll man einen unbekannten Duft benennen, werden meistens Adjektive benutzt oder Vergleiche gewählt, wie z.B. „das riecht wie…“ oder „das erinnert mich an…“. Ein genaues Vokabular ist nicht vorhanden. Parfümeure, Tabakverkäufer oder Kaffeehersteller kennen in der Regel vielfältigere Beschreibungen für Gerüche. Sie sind in der Lage genauere Unterscheidungen zu treffen und die Düfte zu benennen. In unse- rem allgemeinen Sprachgebrauch werden Düfte häufig mit dem Produkt selbst be- schrieben. Insbesondere bei Parfüms ist dies der Fall. Anstatt die einzelnen Duftkompo- nenten zu benennen, wird häufig das Parfüm an sich genannt: „Du riechst nach Hugo Boss“ oder „deine Haare riechen nach Herbal Essences.“

[...]


1 Vgl. Weinberg, 1992, S. 5

2 Vgl. Schubert/Hehn, 2011

3 Vgl. Esch/Armbrecht, 2009, S. 24

4 Vgl. Weinberg, 1992, S. 3

5 Vgl. ebd.

6 Vgl. ebd.

7 Vgl. Scharf/Schubert/Hehn, 2009, S. 402

8 Vgl. Stöhr, 1998, S. 199; Salzmann, 2007, S. 3

9 Vgl. Knoblich/Scharf/Schubert, 2003, S. 94

10 Vgl. Lindtrom, 2011, S. 60 f.

11 Vgl. Weinberg, 1992, S. 7

12 Vgl. Stöhr, 1998, S. 14

13 Vgl. Weinberg, 1992, S. 4

14 Vgl. Linxweiler, 2004, S. 238

15 Vgl. ebd., S. 199

16 Vgl. Knoblich/Scharf/Schubert, 2003, S. 62 ff.

17 Vgl. Knoblich/Schubert, 1989, S. 42

18 Vgl. Knoblich/Scharf/Schubert, 2003, S. 15

19 Vgl. Stitzl, 2006, S. 12

20 Vgl. Knoblich/Scharf/Schubert, 2003, S. 16

21 Vgl. Rempel, 2006, S. 91 f.

22 Vgl. o. V.1: http://www.vertriebslexikon.de/Entscheidung-Entscheidungsverhalten.html 7

23 Vgl. Sitzl, 2006, S. 9

24 Vgl. Rempel, 2006, S. 116

25 Vgl. Knoblich/Schubert, 1989, S. 7

26 Vgl. Hehn, 2007, S. 54

27 Vgl. ebd., S. 57

28 Vgl. König, 1994, „Das riecht wie… Der Duft und die Erinnerung“

29 Vgl. Stöhr, 1998, S. 32; Hehn, 2007, S. 23

30 Vgl. Rempel, 2006, S. 99

31 Vgl. Hehn, 2007, S. 23

32 Vgl. Steiner, 2011, S. 40

33 Vgl. Hehn, 2007, S. 22; Koblich/Scharf/Schubert, 2003, S. 20; Rempel, 2006, S. 102

34 Vgl. Hatt, 2008, S. 60

35 Vgl. Rempel, 2006, S. 103

36 Vgl. Hehn, 2007, S. 22

37 Vgl. Steiner, 2011, S. 40

38 Vgl. Rempel, 2006, S. 101 f.

39 „Die Klassische Konditionierung ist […] ein Lernprozess, in dessen Verlauf zwei unter- schiedliche Reize miteinander assoziiert werden und einen bedingten Reflex auslösen. Ein zu- vor neutraler Reiz wird durch ein wiederholtes gemeinsames Auftreten mit einem anderen Reiz assoziiert. Dieser Prozess ist immer an das Vorhandensein eines bedingten (angeborenen) Re- flex gebunden. (http://www2.uni- jena.de/erzwiss/projekte_2002/schlammer_schlammer/Klassisches_Konditionieren.html Stand: 23.05.2012)

40 Vgl. Isak, 2008, S. 65

41 Vgl. Hehn, 2007, S. 23

42 Vgl. Axel/Buck, 1991, S. 183

43 Haseloff, http://www.aroma-forum- international.de/dokumente/upload/fe353_Duft_3D_Uni_Hamburg.pdf, S. 21 12

Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Düfte als Instrument des erlebnisorientierten Marketings
Hochschule
Fachhochschule Dortmund
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
52
Katalognummer
V200785
ISBN (eBook)
9783656308584
ISBN (Buch)
9783656309321
Dateigröße
845 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Duftmarketing, Duft Marketing, Air Design, olfaktorisch
Arbeit zitieren
Sina Gerdes (Autor:in), 2012, Düfte als Instrument des erlebnisorientierten Marketings, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200785

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