Der Gallenkreislauf und seine funktionellen Konsequenzen aus osteopathischer Sicht


Diplomarbeit, 2011

68 Seiten


Leseprobe


Zusammenfassung

1. Einführung
1.1 Physiologie des enterohepatischen Kreislaufs / der Galle / der Gallensekretion / des Gallenaufbaus / der Zusammenhänge mit dem Pankreassaft / des Gallenfarbstoffs
1.1.1 Der enterohepatische Kreislauf
1.1.2 Die Galle
1.1.3 Der Aufbau der Galle
1.1.4 Die Gallensekretion
1.1.4.1 Die gallensäureabhängige hepatozytäre Sekretion:
1.1.4.2 Die gallensäureunabhängige hepatozytäre Sekretion:
1.1.5 Zusammenhänge der Produktion von Galle und Pankreassaft
1.1.6 Der Gallenfarbstoff Bilirubin
1.2 Die Gallenblase und die intra-/ extrahepatischen Gallenwege.
1.2.1 Embryologie der Gallenblase und der intra-/ extrahepatischen Gallenwege
1.2.2/ 1.2.3 Anatomie und Physiologie der Gallenblase und der intra- und extrahepatischen Gallenwege
1.2.2.1 Die Gallenblasengefäße
1.2.2.2 Die Nervale Versorgung der Gallenblase und der Gallenwege
1.3 Die Leber..
1.3.1 Embryologie der Leber
1.3.1.1 Die räumliche Entwicklung der Leber
1.3.2 Anatomie der Leber
1.3.2.1 Die Lebergefäße
1.3.2.2 Die nervale Versorgung der Leber
1.3.3 Physiologie der Leber
1.4 Der Dünndarm.
1.4.1 Embryologie des Dünndarms
1.4.2 Anatomie des Dünndarms
1.4.2.1 Die Gefäßversorgung des Dünndarms
1.4.2.2 Die nervale Versorgung des Dünndarms
1.4.3 Physiologie des Dünndarms
1.5 Das Pankreas
1.5.1 Embryologie des Pankreas
1.5.2 Anatomie des Pankreas
1.5.2.1 Die Pankreasgefäße
1.5.2.2 Die nervale Versorgung des Pankreas
1.5.3 Physiologie des Pankreas
1.6 Das Duodenum
1.6.1 Embryologie des Duodenums
1.6.2 Anatomie des Duodenums
1.6.2.1 Die Gefäße des Duodenums
1.6.2.2 Die nervale Versorgung des Duodenums
1.6.3 Physiologie des Duodenums

2. Verbindungen der einzelnen Systeme mit anderen Strukturen
2.1 Verbindungen der Gallenblase bzw. der Gallenwege mit anderen Strukturen:
2.1.1 Kontinuierliche Verbindungen
2.1.2 Diskontinuierliche Verbindungen
2.2 Verbindungen der Leber mit anderen Strukturen
2.2.1 Kontinuierliche Verbindungen
2.3 Verbindungen des Dünndarms mit anderen Strukturen
2.3.1 Kontinuierliche Verbindungen
2.3.2 Diskontinuierliche Verbindungen
2.4 Verbindung des Pankreas mit anderen Strukturen.
2.4.1 Kontinuierliche Verbindungen
2.4.2 Diskontinuierliche Verbindungen
2.5 Verbindungen des Duodenums mit anderen Strukturen

3. Dysfunktionen bzw. Krankheitsbilder im Bereich des Gallensystems und der Organe, die den enterohepatischen Kreislauf beeinflussen
3.1 Gallendysfunktionen
3.1.1 Mangel an Gallensäure
3.2 Dysfunktionen der Gallenblase bzw. der intra-/extrahepatischen Gallenwege
3.2.1 Gallensteine
3.2.2 Gallenkolik und Gallengangsverschluß
3.2.3 Cholezystitis
3.2.4 Ikterus
3.2.5 Übertragener Schmerz
3.2.6 Biliäre Dyskinesie
3.2.7 Gallenblasen-Karzinom.
3.2.8 Weitere Krankheitszusammenhänge
3.3 Dysfunktionen der Leber
3.3.1 Hepatitis
3.3.2 Primär biliäre Zirrhose (PBC) oder Hanot-Krankheit
3.3.3 Gallenstau bei Neugeborenen und Kleinkindern
3.3.4. Weitere Krankheitszusammenhänge
3.4 Dysfunktionen des Dünndarms
3.4.1 Polypen.
3.4.2 Weitere Krankheitszusammenhänge
3.5 Dysfunktionen des Pankreas
3.5.1 Akute Pankreatitis:
3.5.2 Pankreaskarzinom
3.6 Dysfunktionen des Duodenums
3.6.1 Ulcus duodeni
3.6.2 Papillenstenose (der Papilla duodeni major)
3.6.3 Weitere Krankheitszusammenhänge
3.7 Osteopathische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
3.7.1 Kurze Einführung in das osteopathische Konzept
3.7.2 Die Funktion des Osteopathen
3.8 Medizinische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden

4. Osteopathische Einwirkungen auf den Gallenkreislauf

5. Osteopathische Einwirkungen auf den Gallenkreislauf betreffende Strukturen
5.1 Osteopathie und Leber
5.2 Osteopathie und Dünndarm
5.3 Osteopathie und Pankreas
5.4 Osteopathie und Duodenum

6. Gegenüberstellung der aktuellen Erkenntnisse der Grundlagenforschung und der herrschenden viszeralen osteopathischen Konzepte

7. Schlussfolgerung und Diskussion

8. Literaturverzeichnis

9. Abbildungen

1:Zusammenfassung

Diese Literaturstudie befasst sich mit dem aktuellen wissenschaftlichen Stand aller Erkenntnisse über die den enterohepatischen Kreislauf betreffenden Strukturen.

Anhand von Publikationen in verschiedenen Fachzeitschriften und der Fachliteratur klassischer medizinischer und osteopathischer Natur wird die Embryologie, Anatomie und Physiologie der einzelnen Organe dargestellt. Die Verbindungen der Organe untereinander und mit anderen Strukturen des Körpers sowie Dysfunktionen im Bereich des Gallensystems samt ihrer Auswirkungen auf den Organismus werden vor allem vom osteopathischen Blickpunkt her beleuchtet. Dabei ist von Interesse, ob es neue Ansichten und Behandlungsweisen in diesem Bereich gibt, gegebenenfalls gestützt auf aktuelle medizinische Erkenntnisse oder Studien. Auch Unterschiede osteopathischer und medizinischer Untersuchungsund Behandlungsweisen werden kurz erläutert.

Die finale Gegenüberstellung der aktuellen Erkenntnisse der Grundlagenforschung und der herrschenden visceralen osteopathischen Konzepte sowie die anschließende Schlussfolgerung führen zu mehreren Resultaten. Zum einen sind die Thesen von A.T.Still immer noch gültig und werden von zeitgenössischen Osteopathen gestützt und erweitert.

Auffällig ist dabei, dass die osteopathische Literatur zum Gallenkreislauf fast nur aus Fachbüchern besteht und die vorhandenen Studien nicht aussagekräftig sind, während im medizinischen Bereich das bestehende Wissen von zahlreichen Studien ergänzt wird. Das kann als Resultat einer bipolaren osteopathischen Philosophie angesehen werden, die einerseits eine breite Fachkenntnis der Anatomie und Physiologie fordert, andererseits aber auf die manuelle Geschicklichkeit und die praxisbezogene Erfahrung des Osteopathen großen Wert legt.

Während die klassische Medizin ihr Wirken anhand von klinischen Studien zu erklären sucht und auf diesem Weg zu neuen Erkenntnissen kommt, entsteht in der Osteopathie neues Wissen primär durch Beobachtungen, die während der Behandlung gemacht werden. Bezüglich des Gallenkreislaufes und seiner Funktionen ist das aktuelle medizinische Fachwissen weitestgehend unverändert, in der Osteopathie hingegen werden immer noch Zusammenhänge und Abhängigkeiten mechanischer und chemischer Natur von Organen und ihren physiologischen Abläufen neu entdeckt.

Im Vergleich zur klassischen Medizin besitzt die Osteopathie ein alternatives Wissen über die Körperzusammenhänge. Dysfunktionen des Körpers, die im enterohepatischen Zusammen- hang aus medizinischer Sicht nicht nachhaltig oder nur invasiv behandelt werden können, werden vom Osteopathen durch Behebung der Dysfunktionsursache erfolgreich behandelt . Die klassische Medizin wiederum ist bei Erkrankungen, die sich nicht mehr ausschließlich durch die Selbstheilungskräfte des Körpers beheben lassen, die einzige kurative Therapiemöglichkeit.

Eine Symbiose sowohl von medizinischem und osteopathischem Fachwissen als auch von der praktischen Zusammenarbeit beider Gebiete im Globalen, und auf den enterohepatischen Kreislauf angewandt im Spezifischen, stellt daher eine große Bereicherung dar und ist unter allen Umständen anzustreben.

2: Thema

Der Gallenkreislauf und seine funktionellen Konsequenzen aus osteopathischer Sicht

1. Einführung

Bei der Betrachtung des menschlichen Körpers im Allgemeinen und seiner Gewebsstrukturen im Besonderen wird man feststellen, dass die Gallenblase und die Gallenwege als solche im Vergleich zu den anderen Organen auf den ersten Blick klein und unscheinbar wirken. Setzt man sich dann mit den physiologischen Vorgängen des Körpers auseinander und mit dem Einfluss der einzelnen Körpersäfte auf die verschiedenen Systeme, wird einen die Tragweite des Gallenkreislaufes überraschen. So dient er unter anderem auf chemischem Weg als Verdauungsregulator und der Entgiftung des Körpers, auf mechanischer Ebene wiederum können Gallenblase- und Gallenwege kraft ihrer neuronalen Versorgung auf den gesamten Oberkörper- und Halsbereich Einfluss nehmen. Aufgrund ihrer räumlichen Lage und ihres embryologischen Wachstums verfügen diese Organe zudem über zahlreiche Verbindungen zu anderen abdominalen Strukturen und können auch so Einfluss auf ihre Umgebung ausüben.

Die Osteopathie ist eine Therapiemethode, die davon ausgeht, dass der Körper mit all seinen Strukturen eine große (Funktions-)Einheit bildet. Der Begründer der Osteopathie, Andrew Taylor Still (1828-1917), ging davon aus, dass der gesunde, menschliche Organismus über ein ausreichendes Maß an Selbstheilungsmechanismen verfügt, um sich selbst im Zustand der Gesundheit zu erhalten. „Ich glaube, dass die menschliche Maschine die Apotheke Gottes ist und alle Heilungen der Natur in seinem Körper zu finden sind.“

Dabei basiert das Prinzip der Selbstheilung des Gewebes, und hier von speziellem Interesse des Abdomens, einerseits auf der physiologischen Autonomie der aus dem embryologischen Darmrohr entstandenen Organe. Andererseits besitzen diese Organe die Fähigkeit, sich bei traumatisch- oder krankheitsbedingtem Verlust der Autonomie über verschiedene Mechanismen gegenseitig so zu unterstützen, dass die Globalität der physiologischen Abläufe ungehindert von statten gehen kann.

Besteht eine Schwächung des Organismus über längere Zeit oder ist sie von solchem Ausmaß, dass der Körper sich nicht mehr selber auffangen kann, kommt der Osteopath ins Spiel. Seine Aufgabe ist es, den Körper auf seine anatomischen und physiologischen Zusammenhänge hin zu untersuchen und sowohl die intakten als auch die geschwächten Bereiche zu eruieren. A.T. Still formuliert dies „Seine Aufgabe ist es, zu wissen, dass alle Ecksteine an ihrem Platz sind und aufrecht stehen, wie die Natur es geplant und eingerichtet hat.“1

Die Basis für eine solche Untersuchung ist ein umfassendes Wissen um die anatomischen und physiologischen Zusammenhänge des Körpers. Dabei sollten diese Kenntnisse auf dem neuesten Stand der Wissenschaft sein.

Das Ziel dieser Arbeit besteht daher darin, den aktuellen Wissensstand im Bereich des enterohepatischen Kreislaufs und nachfolgend seiner Behandlung darzustellen und so die Grundlage für eine zeitgemäße osteopathische Behandlung zu legen.

Beginnend mit den embryologischen und anatomischen Verbindungen und den physiologischen Vorgängen des Gallenkreislaufes befasst sich diese Literaturstudie anschließend mit den möglichen Krankheitsbildern. Im Anschluss daran werden traditionelle und aktuelle osteopathische Therapieansätze erläutert und den Ergebnissen der Grundlagenforschung gegenübergestellt.

1.1 Physiologie des enterohepatischen Kreislaufs / der Galle / der Gallensekretion / des Gallenaufbaus / der Zusammenhänge mit dem Pankreassaft / des Gallenfarbstoffs

1.1.1 Der enterohepatische Kreislauf

Der enterohepatische Kreislauf bezeichnet den Kreislauf der Gallensäuren zwischen der Leber und dem Darm.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 1

Enterohepatischer Kreislauf

Der im Körper vorhandene Gallensäurevorrat von ca. 2-4 g ist für die im Dünndarm stattfindende Fett- verdauung nicht ausreichend. Daher hat der Körper ein „Gallensäuren-Recyclingsystem“ entwickelt, bei dem über 95% der Gallensäuren nach Abschluss der Fettverdauung im terminalen Ileum über einen Na+- Symporter (sekundär aktiv) ins Blut rückresorbiert werden. Zusammen mit dem Pfortaderblut gelangen die Gallensäuren zurück zur Leber, werden dort von den Leberzellen, den Hepatozyten, aufgenommen und nach dem chemischen Prozess der Glukuronidierung erneut in die Gallenkanälchen sezerniert, von wo sie dann den Kreislauf erneut beginnen2.

Dieser Kreislauf der Gallensäuren wird täglich circa 6 -12 mal durchlaufen und dabei durch die Nahrungszusammensetzung bestimmt. Durch diese Wiederverwertung werden nur etwa 200-600 mg an Gallensäuren täglich mit dem Stuhl ausgeschieden und neu synthetisiert3. Dieses Recycling-System dient somit einer starken Entlastung der Leber, die auf diese Weise täglich nur ein Minimum an Gallensäure produzieren muss.

1.1.2 Die Galle

Im Wesentlichen in der Leber produziert, fließt die Gallenflüssigkeit zur Gallenblase, die sie durch Wasserresorption eindickt und wie ein kleines Reservoir einlagert. Benötigt das Darmsystem Gallenflüssigkeit für die Verdauung, wird sie über Kontraktion der Gallenblase ausgeschieden und über die Gallenwege zum Duodenum geleitet.

Die in der Leber gebildete Galle hat verschiedene Aufgaben. Einerseits ist sie zum Teil Abfallprodukt des Entgiftungsprozesses der Leber. Andererseits ist ihre Hauptfunktion die Erleichterung der Fettverdauung. Durch ihre lipo- und hydrophilen Eigenschaften - die gleichzeitige Bindung von Fett und Wasser - setzt sie die Oberflächenspannung zwischen

Fetten und Wasser herab und ermöglicht eine sehr feine Verteilung der Fette im Dünndarminhalt (Emulgierung). Die Gallensäuren können ferner die Verdauungsenzyme durch pH-Verschiebung aktivieren und die Dickdarmperistaltik anregen, während die Dünndarmperistaltik gehemmt wird4

Im Dünndarm ballen sich die Fettpartikel mit den Gallensäuren spontan zu kleinsten Partikeln, den Mizellen, mit einem gemeinhin kleineren Durchmesser als 50 nm5 zusammen6, wenn ihre Konzentration in wässriger Lösung eine Schwelle von ca. 1-2 mmol/l übertrifft. Zu den „Fettpartikeln“ gehören dabei mehrere Substanzen wie Triglyzeride, Monoglyzeride, Cholesterin, langkettige Fettsäuren, fettlösliche Vitamine und Phospholipide (vor allem Lezithin). Die hydrophilen Anteile zeigen dabei nach außen zur wässrigen Umgebung hin, während die lipophilen - und hydrophoben - Bereiche sich zum Inneren der Zelle hin anordnen7.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 2

Die Mizelle

Das Mizellengemisch bildet so eine Emulsion mit einem vergrößerten Oberflächen-Volumen- Verhältnis, die den fettspaltenden Lipasen eine gute Angriffsmöglichkeit zur Spaltung bietet8. Gleichzeitig erhöht diese Emulsion den Inhaltsdruck des Darmlumens und stabilisiert dieses Organ9.

Die Mizellen selbst können Kontakt zum Dünndarmepithel herstellen und dort ihre Lipolyseprodukte abgeben. Die Dünndarmschleimhaut resorbiert diese Bestandteile, um sie anschließend weiter zu verwerten. Im Dünndarm werden die Gallensäuren unter Beteiligung von Bakterien dekonjugiert und zu sekundären Gallensäuren umgewandelt. Sie stehen nach Rekonjugation in der Leber wieder neu dem enterohepatischen Kreislauf zur Verfügung10.

1.1.3 Der Aufbau der Galle

Neben Wasser und Gallenfarbstoffen sind die funktionell wichtigsten Bestandteile der Galle die Gallensäuren (Gallensalze), Cholesterin und Phospholipide (vor allem Lezithin). Die Phospholipide können im Darm zum Aufbau von Lipoproteinen verwendet werden. Lezithin, als Hauptvertreter dieser Phospholipide, trägt ebenfalls durch seine wasser- und fettbindenden Charakteristika zur Emulgisierung der Fette bei11. In der Galle sind weitere körpereigene und -fremde, fettlösliche Substanzen vorhanden, z.B. Gallenfarbstoffe (= Hämoglobinabbauprodukte, vor allem Bilirubin), Hormone (Steroide, Insulin) und Medikamente sowie Cholesterin, die zunächst in der Leber metabolisiert und anschließend mit hydrophilen Substanzen (z. B. Glukuronsäure, Glutathion) konjugiert werden12 Auf diesem Weg werden die auszuscheidenden Stoffe wasserlöslich und können über die Galle den Körper verlassen.

Ihre fett- und wasserbindende Fähigkeit erhält die Gallensäure über ein lipophiles Cholesteringerüst und einen hydrophilen Aminosäurerest. So wird sie „ amphiphil“ und kann ihre emulgisierende Aufgabe im Darm wahrnehmen.

1.1.4 Die Gallensekretion

In der Leber entsteht - zu circa 40% über gallensäureabhängige und gallensäureunabhängige Sekretion - ein Primärsekret, das anschließend durch das von den intrahepatischen Gallengängen produzierte HCO3-- reiche (hydrogencarbonatreiche) Sekret zur endgültigen Lebergalle modifiziert wird13.

Die folgenden Zitate geben ein ausführliches und umfassendes Bild der gallensäureabhängigen und der -unabhängigen Sekretion:

1.1.4.1 Die gallensäureabhängige hepatozytäre Sekretion:

„In den Hepatozyten werden die aus Cholesterin synthetisierten primären Gallensäuren (Cholsäure, Chenodesoxycholsäure) und die über den enterohepatischen Kreislauf zurück in die Hepatozyten gelangten sekundären Gallensäuren (Desoxylsäure, Lithocholsäure) zunächst mit den Aminosäuren Glyzin und Taurin verbunden.

Die dabei entstehenden wasserlöslichen Gallensäuren Taurocholat und Glykocholat werden unter ATP-Verbrauch in die Gallenkanälchen sezerniert. Wasser und Na+ - Ionen folgen so lange osmotisch nach, bis das Primärsekret plasmaisoton ist. Die Aufnahme der sekundären Gallensäuren aus dem Pfortaderblut in die Hepatozyten erfolgt sekundär aktiv über einen Na+-abhängigen Symporter“, ein in die Zellmembran integriertes Protein, welches aktiv den Na+-Molekültransport durch die Membran ermöglicht. „Der dazu erforderliche Ionengradient wird über Na+/K+-ATPase aufrechterhalten“14.

Die Menge der letztendlich ausgeschütteten Galle ist bedingt durch das Volumen der ausgeschiedenen Gallensäuren. Durch ihre osmotischen Eigenschaften binden sie Wasser und bewirken so, dass das Primärsekret plasmaisoton wird, also den gleichen osmotischen Druck aufweist wie das umgebende Plasma.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 3

Mechanismen der Gallesekretion:

In Zelle 1 ist die gallensäureabhängige hepatozytäre Sekretion dargestellt, in Zelle 2 die gallensäureunabhängige. Gs=Gallensäuren, prim.=primär, sek.=sekundär, CA=Carboanhy- drase

1.1.4.2 Die gallensäureunabhängige hepatozytäre Sekretion:

„Von entscheidender Bedeutung ist die Sekretion von Bikarbonat und Bilirubin in die Gallenkanälchen. Wasser und Na+-Ionen folgen osmotisch nach“, so dass, wie oben erwähnt „ein plasmaisotones Primärsekret entsteht“15. Das „Bikarbonat wird sekundär aktiv in die Gallenkanälchen sezerniert“ wobei „Gallensäuren, Glukagon und vasoaktive intestinale Peptide die Bikarbonatsekretion in die Gallenkanälchen“ stimulieren16.

„Cholesterin, Steroidhormone, Phospholipide (Lezithin), verschiedene Medikamente und andere körperfremde Stoffe werden ebenfalls primär aktiv in die Gallenkanälchen sezerniert“17.

Neben der Gallenproduktion in der Leber verfügen auch die Gallenwege über die Fähigkeit, Gallenflüssigkeit zu sezernieren. Diese ist gallensäureunabhängig und der Anteil der intrahepatischen Gallengänge an der Gesamtproduktion beträgt etwa 20%. Das Besondere an der cholangiozytär hergestellten Flüssigkeit ist, dass sie HCO3- -reich ist und die in der Galle enthaltene Chlorkonzentration senkt, was wiederum zu einer Alkalisierung der Galle führt18.

1.1.5 Zusammenhänge der Produktion von Galle und Pankreassaft

Von besonderem Interesse an der Gallengangssekretion ist, dass sowohl die Gallen- und die Pankreassaftproduktion als auch deren Funktionen analog nebeneinander herlaufen und eng miteinander zusammenhängen. Dies erklärt sich durch die gemeinsame Regulation des vegetativen Nervensystems und durch zwei von der Duodenalschleimhaut sezernierte Hormone, die, durch sauren oder fettreichen Speisebrei im Duodenum freigesetzt, auf beide Organsysteme einen großen Einfluss haben:

Durch eine verstärkte Bikarbonatsanreicherung des Pankreassafts erwirkt das Hormon Sekretin, dass dieser Saft alkalisch wird und so den sauren Speisechymus im Darm neutralisieren kann. Auf dem Niveau der Leber führt Sekretin zu einer vermehrten Gallenbildung. Cholezystokinin-Pankreozymin wiederum führt im Bereich des Pankreas zu einer vermehrten Enzymanreicherung des Pankreassafts und auf Gallenniveau zu einer vermehrten Ausschüttung der Gallenflüssigkeit ins Duodenum durch Kontraktion der Gallenblase bei gleichzeitiger Erschlaffung des Schließmuskels des Gallenganges (Sphincter von Oddi).

1.1.6 Der Gallenfarbstoff Bilirubin

Bilirubin ist der Stoff, der der Galle ihre charakteristische gelbliche Farbe gibt. Es entsteht als Abfallprodukt beim Abbau der roten Blutkörperchen, genauer gesagt beim Abbau des Häms, das die sauerstoffbindende Komponente des Hämoglobins darstellt, in der Milz, der Leber und dem Knochenmark.

Es ist H²O-unlöslich und wird nur in Verbindung mit dem Eiweißkörper Albumin im Blut zur Leber transportiert. In der Leber wird es abgetrennt vom Albumin, in die Leberzelle aufgenommen und an Glucuronsäure gekoppelt (= Glukuronidierung) und anschließend mit der Galle ausgeschieden. Die Glukuronidierung ist ein Prozess, der der Galle eine bessere Wasserlöslichkeit vermittelt.

Im Darm angekommen wird das Bilirubin schließlich durch einwirkende Dickdarmbakterien weiter umgewandelt in die Stoffe Sterkobilin und Urobilinogen. Während Sterkobilin für die charakteristische Farbe des Stuhls verantwortlich ist und mit diesem ausgeschieden wird, ist Urobilinogen ein Zwischenprodukt, das zum großen Teil rückresorbiert in der Leber ankommt und dort weiter abgebaut wird19.

1.2 Die Gallenblase und die intra-/ extrahepatischen Gallenwege

1.2.1 Embryologie der Gallenblase und der intra-/ extrahepatischen Gallenwege

Die Gallenblase und die Gallenwege entwickeln sich aus der embryonalen Leberanlage heraus. Dabei entstehen die Gallenblase und der Ductus cysticus aus der kaudal gelegenen Pars cystica der Leberanlage während sich die Ductus hepaticus dexter und sinister sowie der proximale Teil des Hauptgallenganges aus dem kranial gelegenen Anteil der Leberanlage, der Pars hepatica, formen20. Zu erwähnen ist dabei, dass sich die Gallengänge aus Endoderm-Gewebe heraus entwickeln, während die zuführenden Kupfferzellen und Blutgefäße aus mesodermalem Gewebe entstehen21

In seiner Entwicklung erstmals sichtbar wird das extrahepatische System mit dem Ductus cysticus und der Gallenblase unterhalb/seitlich der Leberanlage Ende der 4. Entwik- klungswoche - einzelne Abschnitte des Hauptgallenganges, der Ductus hepaticus communis und der Ductus choledochus, können erst in der 5. Woche voneinander abgegrenzt werden22.

Durch die enge räumliche Verbindung ist sowohl die äußere, gewebliche als auch die räumliche Entwicklung der Gallenblase durch die Leber stark beeinflusst.

So entwickelt sich die Gallenblase ebenso wie die Leber im anterioren Mesenterium des Duodenums und ist zwar einerseits durch deren Gewebskapsel von ihr getrennt, andererseits kann sich diese Gewebskapsel (=Glisson-Kapsel) so zur Gallenblase hin aus- weiten, dass sie förmlich eine „Art Mesenterium der Gallenblase“23 formt. Zusätzlich bildet die Glisson-Kapsel für die intrahepatischen Gallenwege eine Art Umhüllung und formt somit schon zu Beginn des Gallensystems eine gewebliche Kontinuität zwischen diesem System und der Leber.

Während ihrer embryonalen Wanderung steigt die Leber intraabdominal von vorne-medial- unten nach hinten-rechts oben. Im Laufe dieser Wanderung wächst der kranial gelegene Teil der Leberanlage, die Pars hepatica, expansiv und verwächst mit dem Septum transversum. Die Pars cystica, der kaudal gelegene Anteil, entwickelt hingegen eher eine geringere Wachstumsdynamik. Durch diese unterschiedlich stark ausgeprägte Entwicklung der Leberanteile werden die Gallenwege nach oben hin in die Länge gezogen und bleiben relativ dünn24

Während dieser Entwicklungsphase ist der Hauptgallengang bereits, wie auch die Gallenblase, hohl und steht mit den kleinen, intrahepatischen Gallenkanälen in Verbindung.

Zu Beginn ihrer Entwicklung ist die Gallenblase noch relativ steil gestellt, wird aber durch das starke Wachstum der über ihr liegenden Leber nach unten gedrückt.

Durch die, auf die Gallenblase einwirkende, Kraft entwickelt sich zwei Dinge. Zum einen entsteht eine Gegenkraft der Gallenblasenwand nach oben, zur Leber, hin. Zum anderen entwickelt sich eine gewebliche Elastizität im Organ, die die Aufrichtung der Gallenblase gegenüber der Leber induziert, die Blase zukünftig in ihrer Form erhält und auch bei extremen Volumenschwankungen sowohl den Blasentonus auf gleichbleibendem Niveau erhält als auch die Öffnung der Gefäßlumina garantiert.

Muskulär wird die Gallenblase dabei von einer scherengitterartigen Muskelschicht25 unterstützt, während die abfließenden Gallenwege an ihrem Ende vom zirkulären und spiraligen Systems des Musculus sphincter ampullae hepatopancreaticae, dem Sphincter von Oddi, verschlossen werden.

Im Laufe des Entwicklungsprozesses der Gallenblase aszendiert der Hauptgallengang(= Verbindung von Ductus hepaticus + Ductus choledochus) von unten-medial-vorne nach oben-rechts-hinten hin, kippt so mit seiner Achse nach links und dreht am Übergang zum Duodenum von lateral-rechts nach links hinter dem Duodenum vorbei auf die linke Seite des Duodenums26

Der Ansatz des Ductus cysticus wiederum wird während dieser Phase an der Einmündung zum Ductus hepaticus von der aszendierenden Embryonalentwicklung des Hauptgallenganges nach kranialwärts mitgezogen. Durch diesen Zug an beiden Enden des Ganges verlängert sich der Ductus cysticus.

Für die embryologische Strukturierung der Leber und ihrer verschiedenen Segmente ist die Vena porta maßgeblich verantwortlich. Sie wächst von unten her in die Leberanlage hinein und nimmt dabei das, die Leber umhüllende und um die Vena porta verdickte, mesenchymale Bindegewebe der Glisson-Kapsel mit sich mit. In Folge dieses Prozesses, legt sich dieses Bindegewebe, die Gefäße begleitend, handschuhartig um das sich entwickelnde venöse Astsystem.

Die in die Leber einsprießenden, intrahepatischen Gallenwege und Arterien folgen in ihrem Wachstum den durch die Venen gebildeten und vom Glisson-Gewebe ummantelten Wegen nach. So liegen auch sie in der bindegewebigen Hülle und formen zusammen mit den Venen eine Einheit, die „portale Trias“. Dieser Prozess findet schon relativ früh statt. So sind beim 5 Wochen alten Embryo am Gefäßhilus der Vena porta bereits Strukturen und ab der 7.Woche die fingerartigen Ausbildungen der intrahepatischen Gallengänge zu erkennen27.

Da sich das Duodenumlumen erst ab Ende der 7. bis Beginn der 8. Embryonalwoche bildet, ist bis zu diesem Zeitpunkt der Ductus choledochus am proximalen Ende verschlossen28.

Ausgehend von anatomisch belegten Tatsachen wie der Existenz von Muskelfasern, die in Längsrichtung der fibroelastischen Schicht der Hauptgallengangswand liegend, eine statische Aktivität und keine, wie sonst im Verdauungstrakt üblich, peristaltischen Aktivitäten aufweisen, folgern Helsmoortel/Hirth/Wührl, dass in dem nach unten hin verschlossenen Hauptgallengang durch sein räumliches Wachstum ein Sog entsteht, der die Flussrichtung der Galle von der Leber zum Duodenum hin vorbereitet. Um durch diesen Sog nicht zu kollabieren, benötigen die Wände eine Gegenkraft, die in Form jener Längsmuskeln bereitgestellt werden könnte. Die Tatsache, dass die fibro-muskuläre Schicht des Gallengangs sehr reich an schleimbildenden und sekretorischen Drüsen ist und die Bildung von Drüsengewebe nach Blechschmidt29 durch Sog hervorgerufen wird, soll diese Annahme bestätigen30.

Ausgelöst durch das räumliche Wachstum des Duodenums wandert der proximale Teil des Gallenganges in seiner Entwicklung um 180 Grad von der rechten Duodenumseite über die Rückseite auf dessen linke Seite. Dort verbindet er sich - ebenso wie die mitgewanderte ventrale Pankreasanlage - mit der dorsalen Anlage des Pankreas, ohne bisher selbst mit dem Duodenum verwachsen zu sein.

Etwa 5 Wochen nach der Entwicklung der duodenalen Wandmuskulatur entsteht im Bereich des intramuralen, duodenalen Mündungsabschnitts des Ductus choledochus und des Ductus pancreaticus major eine stark ausgeprägte zirkuläre und spiralige muskuläre Schicht31 Diese Schicht entwickelt sich aus dem beide Mündungsabschnitte umgebenden Mesenchym- das sich so bildende Sphinctersystem, das System des Sphincter von Oddi, ist daher funktionell unabhängig von der Darmwand.

Die erste Bildung der eigentlichen Gallenflüssigkeit kann ab der 13. Embryonalwoche beobachtet werden. Ausgeschieden wird sie postnatal als Mekonium oder sogenanntes Kindspech (erste Darmentleerung des Neugeborenen) und beinhaltet neben abgestorbenen Darmzellen einen hohen Gehalt an Biliverdin, einer Vorstufe von Bilirubin, das aus dem Häm der abgebauten roten Blutkörperchen entsteht. Biliverdin ist für die schwarz-grünliche Färbung des Mekoniums verantwortlich32.

1.2.2/ 1.2.3 Anatomie und Physiologie der Gallenblase und der intra- und extrahepatischen Gallenwege

Die Gallenblase, Vesica fellea, ist ein birnenförmiges Organ, das in der Gallenblasengrube (Fossa vesicae biliaris) an der Unterseite der Leber zwischen dem Lobus quadratum und Lobus dexter liegt und dort mit deren bindegewebiger Kapsel verwachsen ist. Teilweise ist das Organ auch rundherum durch Lebergewebe umschlossen. Kaudalwärts kann oft eine Verbindung mit der Flexura coli dextra des Dickdarms beobachtet werden. Das Peritoneum (Bauchfell) umschließt die gesamte Gallenblase, ausgenommen jene Stellen, die mit der Leber eng verbunden sind. Da das Peritoneum vom Nervus phrenicus (Ursprung Rückenmarkssegmente C3-C5) sensibel innerviert wird, ist die Gallenblase das einzige Bauchorgan, das über diese Verbindung über sensible Nervenfasern verfügt und so auch schmerzhaft wahrgenommen werden kann.

Zusätzlich wird die Gallenblase über vegetative Fasern des Plexus coeliacus innerviert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 4

Gallenblase und

extrahepatische Gallenwege

Anatomisch werden drei Abschnit- te der Gallenblase unterschieden: der Gallenblasenhals, an dem der Ductus cysticus einmündet, der Gallenblasenkörper und der Gallenblasengrund (Fundus).

Für eine verbesserte Verschlussfunktion besitzt der Gallenblasenhals eine spiralförmige Schleimhautfalte (Plica spiralis oder Heister-Klappe), die bei Erhöhung des intraabdominellen Drucks (z.B. durch die Bauchpresse bei Stuhlgang etc.) verhindert, dass eine spontane Entleerung der Gallenblase erfolgt.

Die Gallenblasenwand setzt sich aus einer Schleimhautschicht und einer darunterliegenden, dehnbaren und glatten Muskelschicht zusammen.

Die Schleimhautschicht besteht aus Zylinderepithel, dessen lumenwärts gerichtete Zellen kleine Ausstülpungen (Mikrovilli) besitzt33. Durch seine Spezialisierung ist das Epithel in der Lage, Wasser und Elektrolyte zu absorbieren und zu sekretieren, um so die Gallenflüssigkeit je nach Bedarf einzudicken oder zu verdünnen34

Die Muskelschicht wird für die Gallenabgabe von der Gallenblase zum Duodenum hin benötigt, dabei sind die glatten Muskeln scherengitterartig auf den Gallenblasenhals gerichtet und die äußerste Schicht, die Tunica adventitia, wird von Nerven und Gefäßen durchzogen35.

Wird im Dünndarm Galle für die Verdauung benötigt, wird diese auf chemischem Wege an die Gallenblase geleitet. Als Mittlersubstanz wirkt das in der Darmschleimhaut gebildete Cholecystokinin. Aufgrund der Cholecystokinin-Ausschüttung kontrahiert die Muskelschicht der Gallenblase, der Plica spiralis-Verschluss im Gallenblasenhals öffnet sich und der Schließmuskel am Ende der Gallengänge (Sphincter von Oddi), an der Mündungsstelle ins Duodenum, erschlafft reflektorisch, die Gallenflüssigkeit kann somit ungehindert abfließen36.

Die intra- und extrahepatischen Gallenwege

Die intrahepatischen Gallenwege beginnen mit den Canaliculi biliferi, den kleinsten Gallenkapillaren, die zwischen den Hepatozyten in das Lebergewebe, die Lamina hepatica limitans, integriert sind. Die Gallenkapillaren führen das Gallesekret über den nächstliegenden Ductus bilifer (Hering-Kanälchen) in die Ductus interlobulares bilifer. Ein Ductus interlobularis bilifer verläuft mit jeweils einer Vena interlobularis und einer Arteria interlobularis zusammen als sogenannte Trias hepatica durch das Lebergewebe und wird dabei von peri-portalem Bindegewebe umhüllt.

Die aus den verschiedenen Lobi der Leber zusammenlaufenden Ductus interlobularis bilifer bündeln sich rechts und links in einen Ductus hepaticus dexter bzw. sinister, die wiederum im Ductus hepaticus communis verschmelzend die Leber verlassen und ab diesem Zeitpunkt Teil der extrahepatischen Gallenwege werden.

Die extrahepatischen Gallenwege beginnen somit mit dem Ductus hepaticus communis.

Der Ductus cysticus, der Gallenweg der einerseits die Gallenflüssigkeit zum Speichern in die Gallenblase hinfließen und andererseits bei Gallenflüssigkeitsbedarf des Darms diese zum Darm abfließen lässt, mündet in diesen Ductus hepaticus communis. Zusammen formen sie den Ductus choledochus. Vom Ductus choledochus aus, einem circa 6-8cm langen Gang durch das Ligamentum hepatoduodenale, der hinter dem Duodenum absteigt und den Kopf des Pankreas durchquert, fließt die Galle zur Papilla duodeni major (auch Ampulla hepato- pancreatica/ Vateri), wo sie zusammen mit den Pankreassäften des Ductus pancreaticus, nach Passage des Sphincter von Oddi in die Pars descendens des Zwölffingerdarmes fließt.

1.2.2.1 Die Gallenblasengefäße

Arteriell wird die Gallenblase von der Arteria cystica versorgt. Diese entspringt aus dem rechten Zweig der Arteria hepatica propria, die ihrerseits das Blut über die Arteria hepatica communis und daraus folgend aus dem Truncus coeliacus bezieht.

Venös fließt das Blut der Gallenblase über die Venae cysticae ab, die ihrerseits das Blut zum rechten Ast der Vena porta beziehungsweise direkt in die Vena porta ableitet.

1.2.2.2 Die Nervale Versorgung der Gallenblase und der Gallenwege

Während die Gallengänge durch ein Netz intrinsischer Neuronen und Ganglien, die vom parasympathischen und sympathischen Nervensystem sowie vom intramuralen Plexus der choledochoduodenalen Schnittstelle überwacht werden, und die ableitendenden Gallenwege parasympathisch über die Nervi vagi (aus dem anterioren und posterioren Plexus hepaticus kommend) versorgt werden, wird die Gallenblase selbst vom Plexus hepaticus anterior versorgt. Dabei sichert die vagale Innervation von außen die Aufrechterhaltung des Gallenwandtonus und verstärkt die Wirkung von Cholecystokinin37.

Die Nervenkerne der die Gallenblase stimulierenden, sympathischen Nervenfasern liegen im thorakalen Rückenmark auf Höhe Th6-9. Von dort ziehen die Fasern über die Nervi splanchnici unverschaltet durch den Grenzstrang bis zum (anterior der Wirbelsäule gelegenen) Ganglion coeliacum. Dort findet die Verschaltung auf weiterführende Neuronen statt, die, zusammen mit den Arterien verlaufend, die Gallenwege erreichen.

Auf der Ebene des Sphincter von Oddi übernehmen die vagalen Fasern eher eine moto- sensorische Aufgabe und haben motorisch gesehen einen inhibitorischen Effekt auf den Muskel38.

Das Peritoneum umschließt die gesamte Gallenblase, ausgenommen jene Stellen, die mit der Leber eine enge Verbindung haben. Da das Peritoneum vom Nervus phrenicus (Ursprung Rückenmarkssegmente C3-C5) sensibel innerviert wird, ist das Gallensystem - Gallenblase und Gallengänge - das einzige Organsystem im Abdomen, das über diese Verbindung über sensible Nervenfasern verfügt und so auch schmerzhaft wahrgenommen werden kann. Über die Verbindung mit der Leber besitzt die Gallenblase peritoneales Glissongewebe. Die Glissonkapsel, auch Capsula fibrosa hepatis genannt, ist eine straffe Bindegewebshülle der Leber.

Dieses Gewebe versorgt die Gallenblase und die Gallengänge mit sensiblen Fasern, die vor allem nozizeptive Informationen weiterleiten. Eine verstärkte Drucksteigerung in den Gallenwegen und ihre damit verbundene Dehnung werden als Schmerzinformation über die rechten intercostalen Nerven Th8-10 dem Zentralnervensystem zugeleitet39.

Helsmoortel/Hirth/Wührl erklären dazu: Bild 5 Neurologische Relationen der extrahepatischen Gallengänge

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

-Das Kranium wird über die Nervi vagi erreicht und möglicherweise stimuliert.
-Die orthosympathischen Afferenzen laufen zur Brustwirbel- säule und können über das Myelo- mer die lokomotorische Funktion der Wirbel Th6-9 beeinflussen.
- Die Intercostalnerven steuern die lokomotorische Funktion der rechten Rippen, was bei einer schmerzhaften Gallenblase hilfreich sein kann. Sie können verhindern, dass diese durch die Atembewegung der Rippen komprimiert wird.
- Der rechte Nervus phrenicus, der motorisch die rechte Zwerchfellkuppel versorgt,besitzt zu den Gallenwegen ziehende Fasern. Der Schmerz der Gallenblase inhibiert das Diaphragma auf dieser Seite, wodurch es sich nicht mehr absenkt. Diese nozizeptive Anpassung wird vom Nervus phrenicus gesteuert. In der Folge verändert sich die Atmung, so dass meistens mehr hochthorakal geatmet wird.
- Die Halswirbelsäule selbst erhöht ebenfalls ihre Aktivität durch die Stimulation des Nervus phrenicus.

Wie auch unter 3.2.5 erwähnt, kann sich eine Gallenproblematik durch Überlagerung der Nerveninformationen im Bereich des Hirns auf die rechte Schulter übertragen. Dieser Effekt kann auch durch eine über die Gallenproblematik veränderte Atmung hervorgerufen werden.

Der Sphincter von Oddi verhindert das Eindringen von Keimlingen aus dem Darm40 und hat die Fähigkeit, die Gallenabgabe nach Entfernung der Gallenblase weiterhin zu regeln. Seine korrespondierende Head`sche Zonen sind der Rücken und die rechte Schulter.

1.3 Die Leber

1.3.1 Embryologie der Leber

Die im anterioren Meso des Duodenums liegende Leberanlage entwickelt sich aus dem Urdarm heraus wie eine exokrine Drüse, ausgehend von einer epithelialen Knospe, aus der die Leberzellstränge hervorgehen, und aus einem epithelialen Ausführungsgangsystem, das sich zum System der Gallengänge differenziert41

[...]


1 59., S.181

2 3., S.497

3 3., S.497

4 2., S.650

5 3., S.494

6 5., S.322

7 3., S.494

8 5.,S.322 ; 3., S.494

9 1., S.257

10 Nach 5., S.322 ; 2., S.651

11 Nach 5., S.322

12 2., S.494- 495

13 3., S.497

14 3., S.495

15 3., S.495

16 3., S.495

17 3., S.495

18 3., S.495

19 Nach 5., S.333

20 Nach 9., S.346

21 Nach 7.

22 Nach 1., S.231-232

23 1., S.324

24 1., S.232

25 1., S.234

26 1., S.235

27 1., S.234

28 1., S.232

29 62., 1978

30 1.,S.232-233

31 1., S.233

32 Nach 1., S.234-235

33 5., S.323

34 1., S.237

35 1., S. 238

36 Nach 5.; 46.

37 1., S.238

38 1., S.238

39 1., S.238

40 1., S.236

41 6., S.54

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Der Gallenkreislauf und seine funktionellen Konsequenzen aus osteopathischer Sicht
Veranstaltung
Osteopathie
Autor
Jahr
2011
Seiten
68
Katalognummer
V204605
ISBN (eBook)
9783668141308
ISBN (Buch)
9783668141315
Dateigröße
1222 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gallenkreislauf, konsequenzen, sicht
Arbeit zitieren
Kira Monina Dürr (Autor:in), 2011, Der Gallenkreislauf und seine funktionellen Konsequenzen aus osteopathischer Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/204605

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