Augmented Reality im Marketing. Theoretische Fundierung und empirischer Vergleich zu anderen Marketinginstrumenten


Diplomarbeit, 2011

121 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretischer Bezugsrahmen

3 Methodisches Vorgehen

4 Darstellung/Diskussion und Interpretation der Ergebnisse

5 Anhang

6 Literaturverzeichnis

Sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter

Um die Arbeit leserfreundlich zu gestalten, wird auf eine durchgehende Nennung beider Geschlechter verzichtet. Wo ohne explizite Eingrenzung nur die männliche oder weibliche Form verwendet wird, kann davon ausgegangen werden, dass immer auch das andere Geschlecht gemeint ist.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Für den Menschen ist es alltäglich und normal in der realen, physikalischen Welt zu leben, in dieser zu erleben und in seiner natürlichen Umwelt zu han- deln. In den letzten Jahren hat sich durch die fortschreitende Computertechnik und das Internet parallel dazu eine neue, virtuelle Welt gebildet, die einen enormen Informationsreichtum bietet, auf den der Mensch auch im gewöhnli- chen Alltag nicht verzichten will. Permanenter Zugriff auf das World Wide Web mit seinen vielen sozialen Netzwerken, Wikis und unbegrenzten Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und -verteilung wird immer wichtiger. Die Interakti- on mit der virtuellen Welt ist schon heute aus dem Leben vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Vor allem die jüngeren Generationen, die als "Digital Nati- ves" bezeichnet werden, also zu einer Zeit aufgewachsen sind, als bereits digi- tale Technologien wie Internet, Mobiltelefone und MP3s verfügbar waren, sind bereits heute "always on", haben also ständigen Zugriff auf das Internet, sei es durch Laptop, Smartphone oder Tablet-PC, die auch unterwegs eine nahezu lückenlose Internetverbindung ermöglichen.

Eine bequeme Möglichkeit zu jeder Zeit, an jedem Ort genau das Gewünschte aus der immensen Datenflut des Internets geliefert zu bekommen, stellt Aug- mented Reality (AR) dar, die Überlagerung der Realität, in diesem Fall durch Informationen aus dem Internet. Mit kompatibler Hardware (z.B. Laptops oder Smartphones) lassen sich durch Augmented Reality von einer Kamera aufge- nommene Livebilder mit virtuellen Inhalten anreichern und so interaktiv und in Echtzeit wiedergeben. Moderne Smartphones scheinen geradezu dafür ge- schaffen, Augmented Realities zu erzeugen. Ausgestattet mit zahllosen Fea- tures, wie z.B. GPS, Gyroskop, WLAN und Kamera, können die Geräte den genauen Standort des Users ermitteln und ihm so maßgeschneiderte Informati- onen zukommen lassen. Eine entsprechende Software, besser eine App (kurz für Application), auf dem Smartphone bietet die entsprechende Umsetzung und grafische Aufbereitung der abgerufenen Daten. Dem Weg zur Alltagstauglich- keit steht somit nichts mehr im Wege, oder um es mit dem Worten des Autors- William Gibson zu sagen: „The future is already here — it's just not very evenly distributed.“ (Gibson, 1999)

Bereits seit 2008 listet Gartner Augmented Reality unter den Top-Ten der Technologien des gegenwärtigen Mobilzeitalters (Gartner, 2008) (siehe auch Kapitel 3.1). Betrachtet man dazu die neuesten Absatzzahlen für Smartphones, z.B. die der Deutschen Telekom, welche den Anteil der verkauften Smartpho- nes vom gemessen am gesamten Mobilfunksortiment mit 64% im ersten Halb- jahr 2011 angibt (Telekom, 2011), so ist davon auszugehen, dass Smartphones die herkömmlichen Mobilfunkgeräte in den nächsten Jahren weitestgehend er- setzen werden.

Glaubt man der Studie "Mobile Augmented Reality" des Marktforschungsinsti- tuts Juniper Research (Holen, 2011), so steht der Kombination aus tragbaren internetfähigen Geräten und Augmented Reality Apps eine große Zukunft be- vor. Im Jahr 2010 wurden bereits 11 Millionen AR-Apps heruntergeladen, Ju- niper Research rechnet jedoch bei anhaltender Tendenz mit 1,4 Milliarden AR- App-Downloads im Jahre 2014. Angesichts dieser Zahlen und Prognosen ist es verständlich, dass sich die Werbebranche das Potenzial von Augmented Reality zu Nutze machen will. Die AR-Apps sind etwas Neues, innovativ und oft kreativ - Attribute, die Werbetreibende gerne mit ihrer Marke verknüpft sehen.

Doch zeigt die Anwendung von Augmented Reality im Marketing tatsächlich eine bessere Wirkung gegenüber klassischen Marketinginstrumenten wie zum Beispiel Werbevideos oder der Werbung am Point of Sale?

In der vorliegenden Arbeit wird diese Frage geklärt. Um dies zu ermöglichen gibt die Arbeit zunächst einen soliden Überblicküber die Erkenntnisse der Wer- bewirkungsforschung und das gezielte Implizieren von Mustern und Meinungen beim Rezipienten durch Erleben. Die theoretische Aufarbeitung der gezielten Steuerung von Werbebotschaften zeigt, wo und warum Augmented Reality- Werbemaßnahmen eine bessere Chance haben, vom Rezipienten empfangen und gespeichert zu werden. Der Anspruch etwa möglichst viele Sinne des Emp- fängers zu aktivieren, ist bei Maßnahmen im Bereich Augmented Reality leich- ter umzusetzen. Im empirischen Teil werden die Besonderheiten der Wirkung einer Augmented Reality-Werbemaßnahme anhand eines Experimentsüber- prüft. Die Werbewirkung wird in dieser Arbeit durch eine standardisierte Befra- gung in Kombination mit einer Hautleitwiderstandsmessung (EDA-Messung) evaluiert. Damit können zum einen die Unterschiede in der individuellen Einstellung gegenüber einer Marke nach dem Kontakt mit einer Werbemaßnahme erfasst werden, aber durch die Erregungsmessung via Hautleitwiderstand auch die Aktivierung der Probanden während des Kontakts mit der Werbemaßnahme. Diese Messung stellt eine vom Probanden unbeeinflussbare Größe dar und liefert so einen guten Überblick, wie stark der Eindruck der jeweiligen Werbemaßnahme auf die getestete Person ist.

Die Arbeit beginnt mit einer Begriffsdefinition (Kapitel 2.1) und -abgrenzung um zu zeigen, was genau Augmented Reality ist, aber auch um eine Definition von Wirklichkeit zu geben, die in einem psychologischen Wahrnehmungsmodell später in der Arbeit nochmals aufgegriffen wird. Dieser erste Teil wird durch einen kurzen geschichtlichen Abriss abgeschlossen, der die wichtigsten bishe- rigen Wegmarken bei der noch lange nicht abgeschlossenen Entwicklung von Augmented Reality aufzeigt.

Der folgende Abschnitt (Kapitel 2.2 - 2.3) des Theorieteils zeigt den momenta- nen Stand der Technik, was die Umsetzung von Augmented Reality betrifft. Die verschiedenen Arten der visuellen Darstellung und des Trackings werden be- leuchtet. Außerdem werden erfolgreich umgesetzte Beispiele gezeigt und ein kurzer Ausblick gegeben, welches Potenzial auf den jeweiligen Gebieten exis- tiert.

Das Kapitel 2.4 zeigt psychologische Wirkungsmodelle, die versuchen die Bildung von Einstellungen und Motiven und die Einordnung von Erleben im menschlichen Organismus zu erklären. Sie sind für das Verständnis von Werbewirkung essentiell.

Einen Schritt weiter geht das Kapitel 2.5, das konkret den Unterschied ver- schiedener Formen von Erleben im Bereich der Marktforschung präsentiert. Dieser Einblick in die Psychologie wird abgerundet durch einen Abschnitt, der das Involvement von Kunden gegenüber Werbemaßnahmen zeigt. Kapitel 3 befasst sich mit dem methodischen Vorgehen zu finden, also mit den forschungsleitenden Fragen, den Hypothesen, aber auch der Auswahl und der Erstellung des Forschungsdesigns des in der Arbeit verwendeten Erhebungsin- struments.

Das Kapitel 4 schließlich nimmt eine deskriptive und analytische Auswertung der erhobenen Daten vor sowie ihre Interpretation und die Prüfung der aufgestellten Hypothesen.

2 Theoretischer Bezugsrahmen

Der theoretische Bezugsrahmen beinhaltet das komplette theoretische Konstrukt auf dem diese Arbeit aufgebaut ist.

2.1 Grundlagen erweiterter Realität

Was genau ist Augmented Reality? Diese Frage wird im folgenden Abschnitt ausführlich erläutert und anschaulich dargelegt.

2.1.1 Definitionen

Um Augmented Reality klar abgrenzen zu können, werden im Folgenden verschiedene Begriffe, die für das Verständnis wichtig sind, definiert.

2.1.1.1 Realität/Wirklichkeit

Eine einheitliche Definition von Realität gestaltet sich schwierig. Verschiedenste Disziplinen der Wissenschaft beanspruchen, die allgemein gültige bzw. verbind- liche Definition von Realität bzw. Wirklichkeit. Der Alltagsauffassung von Reali- tät kommt die Definition im Brockhaus sehr nahe. Realität sei: „Wirklichkeit im Sinne der Summe alles Vorhandenen, tatsächlich Gegebenen, Gegenständli- chen im Unterschied zum lediglich Gedachten oder Vorgestellten“ (Brockhaus, 2010). Spätestens seit Paul Watzlawicks radikal konstruktivistischen Werken wie z.B. dem Essay, „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“, der die Realität mehr als Ergebnis zwischenmenschlicher Kommunikation erklärt, scheint diese Definition jedoch unzureichend. Glaubt man Watzlawick, so wird die Wirklichkeit immer durch unser Denken, unser soziales Umfeld, aber auch unsere persönliche Biographie beeinflusst. Neue Eindrücke werden also stets auf Grund der Erfahrung und des Wissen der jeweiligen Person interpretiert (Watzlawick, 1976) und damit zum Teil der von ihr erlebten Realität.

Da diese Arbeit sich mit dem wissenschaftlichen Feld der Markt- und Werbe- psychologie befasst, soll hier näher auf den weniger radikalen erkenntnistheore- tischen Ansatz, den kritischen Realismus von Wolfgang Metzger eingegangen werden. Sein „Problem des seelisch Wirklichen“ (Metzger, 1963) wird später von Peter Neumann auf die Marktpsychologieübertragen und bildet heute die Basis der Auslegung der Wirklichkeit in eben dieser.(Neumann, 2001)

Von Metzgers fünf Bedeutungen des Wortes “wirklich“ stufen Neumann und v. Rosenstiel vier für die Marktpsychologie als besonders relevant ein (Neumann, v. Rosenstiel, 1981; Neumann, 2001)

Wirklich im ersten Sinn ist das physikalisch und chemisch auf dieser Welt ge- gebene, also das was objektiv auch ohne menschlichen Verstand existiert. Die- se Welt ist uns jedoch niemals unmittelbar anschaulich gegeben, da der Ver- stand eines jeden nicht abzuschalten ist und somit den ursprünglichen Eindruck verfälscht. Sie kann nur indirekt erschlossen werden und dann z.B. durch phy- sikalische Theorien dargestellt werden (Bischof, 1966; Walter, 1992a; Zabransky, 2000).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1

Die Wirklichkeit im zweiten Sinn beschreibt alles vom Menschen Erlebbare. Für Metzger sind es die Dinge, welche die gleiche Würde wie das physikalisch Wirkliche besitzen, die also als anschaulich gegeben gelten können. Diese anschauliche Welt erlebt jedes Individuum subjektiv anders.

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Tabelle 2

Diese Wirklichkeit im zweiten Sinn bezeichnet also die Gesamtheit des subjek- tiven Erlebens und wird von Metzger in drei weitere Sinne unterteilt, von denen aus marktpsychologischer Sicht zwei besonders bedeutsam sind. (Metzger, 1963)

Der dritte Sinn von Wirklichkeit wird durch Reizung unserer Sinne abgegrenzt. Hier gilt es zwischen der Wahrnehmung durch die Sinne und der bloßen Vor- stellung von Wirklichkeit zu unterscheiden. Wahrgenommen werden können Reize, die aus der Realität im ersten Sinne stammen, wir müssen uns diese nicht vergegenwärtigen, sondern treffen sie an. Die Reize werden durch unsere Sinne wahrgenommen und gelangen so in unser Bewusstsein. Vorstellungen hingegen sind Erlebnisse, die wir selbst erzeugen. Diese Eindrücke können be- liebig variiert werden, auch hin zum Utopischen oder ganz Phantastischen. Es handelt sich um bloße Vergegenwärtigung von Dingen, Ereignissen, Taten usw. und nicht um ebendiese selbst. Sie können also nicht als wirklich im dritten Sin- ne angesehen werden. Die Übergänge hierbei sind jedoch oft fließend, da auch in die Wahrnehmung bestimmter Gegenstände, welche im dritten Sinn wirklich sind, Vorstellungen und Bewertungen aus dem Gedächtnis in das Wissen jener wahrnehmenden Person einfließt. (Bischof, 2009; Neumann, 2001)

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Tabelle 3

Wirklich im vierten Sinn ist das Ernstzunehmende im Gegensatz zu Phänome- nen die nur scheinen als ob sie wären. Die von einem Objekt ausgesandten Reize kommen nicht gänzlich und unverfälscht beim Sinnesorgan an und auch der Nachrichtenfluss hin zur verarbeitenden Instanz geschieht nicht ohne Fehler (siehe Medienfilter im U-P Modell). Das ist der Grund, warum das Gehirn die ihm zur Verfügung gestellten Reize nicht uneingeschränkt weiterleiten darf, sondern erst verarbeitet. Es muss versuchen die Fehler auszubügeln und feh- lende Informationen zu ergänzen. Daraufhin fällt dann die Entscheidung ob ein Phänomen als wirklich im vierten Sinne gelten kann oder nicht. Wirklich im vier- ten Sinne sind jene Phänomene, die anschaulich real sind, von denen manüberzeugt ist, wie z.B. die Tiefenwirkung eines Bildes, im Gegensatz zu jenen, die nur anschaulich scheinen und die man somit für nicht wahr hält.

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Tabelle 4

Als interessantes Beispiel zum anschaulichen Schein, kann man in etwa das Projekt von paper-plane.fr anführen, welche einen Kinospot für BMW umsetzen, der durch den “Nachbrenneffekt“ funktioniert, den man kennt wenn man in die gleißende Sonne blickt.

(http://www.youtube.com/watch?v=GR_vDq2iXJ4&feature=player_embedded)

Betrachtet man den dritten und vierten Sinn der Wirklichkeit, so sieht man, dass diese rein phänomenologisch sind. Sie decken sich nicht, sondern bilden unab- hängige Dimensionen (Bischof, 2009) und beeinflussen sich wechselseitig (Tholey, 1980). Ist etwas im dritten wie im vierten Sinne wirklich, so ist es ge- wöhnlich real. Ist es nur erdacht, also im dritten Sinne unwirklich, aber trotzdem anschaulich wirklich, so kann es als realistisch eingestuft werden. Wirkliches im dritten Sinne, welches im vierten Sinne jedoch unwirklich ist, ist scheinhaft. In beiden Sinnen unwirkliches ist für uns unrealistisch. (Metzger, 1963; Neumann, 2001)

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Tabelle 5

2.1.1.2 Virtuelle Realität (Virtual Reality)

Die virtuelle Realität beschreibt, wie ihr Name schon sagt, eine gänzlich künst- lich geschaffene Welt. Man findet sie klassischer Weise in Computerspielen oder animierten Filmen (z.B. James Cameron, „ Avatar“, 2009). Hierbei werden alle gezeigten Szenarien ausnahmslos am Computer erzeugt wo sie berechnet, veranschaulicht und dann möglichst 3-Dimensional umgesetzt werden. Diese Technik lässt also auch die Darstellung völlig irrealer Szenen, die es in der phy- sischen Welt so nie geben könnte, oder so nicht mehr gibt, zu und hat dabei den Anspruch, diese Echtzeitsimulationen möglichst realistisch umzusetzen. (Boring, 2005)

Alexander Hennig definiert in seinem Buch „Die andere Wirklichkeit“ ganz pas- send: „ Virtual Reality ist eine Mensch-Maschine-Schnittstelle, die es erlaubt, eine computergenerierte Umwelt in Ansprache mehrerer Sinne als Realität wahrzunehmen."

Diese Art von Realität ist nicht in die im vorangegangenen Abschnitt der Reali- täten von Metzger einzuordnen. Keine der fünf von Metzger beschriebenen Re- alitäten tritt auf eine künstlich geschaffene Realität zu, welche sich nicht im menschlichen Kopf abspielt. Eine rein vom Computer generierte Umsetzung der Umwelt liegt zur Zeit von Metzgers Veröffentlichung des „Problem des seelisch Wirklichen“ (1963) in weiter Ferne. Er kennt diese Art von Realität nicht und kann sie so weder beschreiben noch zuordnen. Die Umsetzungsmöglichkeiten, die heutige Computer- und Grafiksysteme bieten, lassen sich von der materiel- len Umwelt teils kaum mehr unterscheiden, doch sie ist nur solange vorhanden, solange der Rechner die grafische Umsetzung der auf der Festplatte gespei- cherten Daten auf einem Monitor grafisch umsetzt. Schaltet man den Computer aus, so ist die virtuelle Welt scheinbar nicht mehr vorhanden. Sie liegt in einer für das menschliche Hirn nicht umsetzbaren Speicherform vor, wo sie als eine lange Aneinanderreihung von Einsen und Nullen auf ihren nächsten Einsatz wartet.

2.1.1.3 Erweiterte Realität (Augmented Reality)

In der Fachwelt ist die gängigste Definition von Augmented Reality jene von Ronald T. Azuma aus dem Jahre 1997. Er beschreibt die Augmented Reality als Kombination von Realität und virtueller Realität, welche in einem 3- Dimensionalen Raum registriert ist, in Echtzeit, also live stattfindet und eine In- teraktion von Objekten beider Welten zulässt. (Azuma, 1997) Diese Definition lässt eine möglichst große Varietät an eingesetzten Hardware- komponenten offen und schließt zugleich andere gängige Vermischungen von digitaler und realer Welt aus, die der Augmented Reality ähnlich scheinen. So ist z.B. eine Vermischung der Realitäten wie oft in Kinofilmen (z.B. Jurassic Park, Harry Potter, Herr der Ringe etc.), aber auch das Einblenden von Linien bei Fußballspielen in TV-Übertragungen keine Art von Augmented Reality. Bei ersterem Beispiel steht zur Bearbeitung der Bilder ein größerer Zeitraum zur Verfügung, somit fehlt die Komponente der Echtzeit. Bei Liveübertragungen im Sport stimmt diese Komponente zwar, jedoch wird hier auch keine Interaktion des Users ermöglicht. (Tönnis, 2010).

Theoretisch können alle normal funktionierenden Sinne virtuell erweitert wer- den, meistens wird bei Augmented Reality jedoch nur die Erweiterung der visuellen Darstellung gemeint, so auch in dieser Arbeit.

In Bezug auf die Realitätsdefinition von Metzger nimmt Augmented Reality eine weitere Realitätsstufe ein, die zur damaligen Zeit nicht denkbar und deshalb auch nicht vorgesehen ist. Damals sind Filmaufnahmen, welche die Realität auf einem TV-Gerät/Bildschirm wiedergeben nichts Neues. Auch Spezialeffekte sind bereits bekannt, deren Umsetzung jedoch umständlich und eher primitiv, man denke nur an frühe Sciene-Fiction-Filme. Es kann zu der Zeit ja nur gefilmt werden was auch wirklich (im Ersten Sinne) real vorhanden ist. Durch geschick- te Überlagerung von Filmmaterial und besondere Schnitttechniken wird das Publikum damals in Staunen versetzt. Heute kann eine normale Filmaufnahme ganz einfach durch computergenerierte Szenenüberlagert werden und ist so von der wirklichen Realität nicht mehr zu unterscheiden. So auch bei Aug- mented Reality, welches quasi ein Echtzeit-Spezial-Effekt ist, der eine Moment- aufnahme der Umgebung mit virtuellem Inhalt anreichert.

Die fehlende Komponente in Metzgers Wirklichkeitsdefinition sind jene Ebenen der Wirklichkeit die nicht der Natur entspringen, aber auch nicht im menschlichen Kopf generiert werden. Nur Metzgers erster Sinn der Wirklichkeit sieht die Dinge unverfälscht und physikalisch gegeben, hier lassen sich die VR und die AR jedoch einfach nicht einordnen.

Ein Forscher der eine Annahme hat, stellt diese für sich im dritten oder vierten Sinn der Wirklichkeit auf. Um sie jedoch jemand anderem zugänglich zu machen, muss er Sie auf die Wirklichkeit im zweiten Sinne, z.B. als niedergeschriebene Theorie transferieren.

Die virtuelle Realität und im speziellen die Augmented Reality, macht im Grunde nichts anderes als das, nur das eben kein mittelbarer menschlicher Gedanke daran beteiligt ist, sondern die Grundlage für die von jedem wahrnehmbare erzeugte Realität im zweiten Sinn rein computergeneriert ist und eben nicht auf Tatsachen der Realität im ersten Sinne beruht. Eine rein künstliche geschaffene Welt, die es zu Metzgers Zeiten nicht gab.

Für die Ebenen der Wirklichkeit von Metzger bedeutet dies schlussfolgernd, dass man analog zur Teilung der Wirklichkeit im zweiten Sinne, welche in drei weitere Sinne unterteilt ist, auch die erste Ebene der Wirklichkeit in Unterebenen aufsplitten muss.

Das könnte wie folgt aussehen:

Die Wirklichkeit im ersten Sinne stellt das objektiv Gegebene aus dieser Welt dar, gänzlich ohne menschliches Zutun. Das kann ein Baum sein, ein Haus, aber eben auch die Anzeige auf einem Monitor. Dieses gegebene Etwas lässt sich unterscheiden hinsichtlich seiner Eigenschaften. Die erste Unterebene be- inhaltet die eigentlich von Metzger erdachte Wirklichkeit im ersten Sinne, also das physikalisch und chemisch Gegebene. Die neue Unterebene der ersten Wirklichkeit beinhaltet hingegen all jenes Gegebene, was in künstlichen "Com- puterwelten" geschaffen wird.

Der Empfänger dieser computergenerieten Wirklichkeit hat dann im zweiten

Sinn von Metzgers Wirklichkeit wieder die nur vom ihm selbst zu treffende Entscheidung im dritten und vierten Sinn der Wirklichkeit, ob er das Vorgefundene für real, realistisch, scheinhaft oder unrealistisch hält.

2.1.2 Begriffsabgrenzung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Vereinfachte Darstellung des Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum (Milgram & Kishino, 1994)

Betrachtet man das von Paul Milgram und Fumio Kishino 1994 aufgestellte „Realitäts-Virtualitäts-Kontinuum“, so lässt sich die AR grafisch einfach einord- nen. Das Kontinuum reicht von der bloßen Realität, welche nur aus realen Ob- jekten besteht bis hin zur vollkommen virtuellen Welt, welche vollständig am Computer generiert ist. Die Spanne dazwischen wird als Mixed Reality bezeich- net, also jenem Bereich in der sich die Realität und die Virtualitätüberschnei- den. Augmented Reality beginnt, sobald die echte Realität mit der virtuellen Realität vermischt wird. Nimmt der Anteil der abgebildeten virtuellen Realitätüberhand, so spricht man von der Augmented Virtuality (AV), also der erweiter- ten Virtualität. Der Begriff Mixed Reality hat sich im Allgemeinen jedoch nicht durchgesetzt. Landläufig werden die Begriffe Augmented Reality und Mixed Reality weitestgehend synonym verwendet (Boring, 2005).

2.1.3 Geschichte der Augmented Reality

Noch bevor der erste Personal Computer auf dem Markt erscheint, veröffent- licht der Wissenschaftler Ivan Sutherland 1965 einen Aufsatz unter dem Titel „The Ultimate Display“, die These dass „Fortschritte in der Computertechnik es möglich machen können, die menschlichen Sinne mit virtuellen Erfahrungen zuüberzeugen“ (Sutherland, 1965, S. 1). Weiter beschreibt er viele Ideen die durch die Computertechnik umgesetzt werden können, darunter finden sich auch weitgehende Übereinstimmungen mit den heutigen virtuellen und erweiter- ten Realitäten. In den Jahren darauf, entwickelt er ein Gerät, das dem User er- möglicht in eine computergenerierte 3-Dimensionale Welt einzutauchen. Es handelt sich um ein am Kopf montiertes Display, welches jedoch so groß und schwer ist, dass es an der Decke befestigt werden muss. Die Geburtsstunde der AR wie sie heutzutage verstanden wird, auch wenn die Einsatzmöglichkei- ten durch die damalige Gerätschaft noch sehr beschränkt ist (Tönnis, 2010).

Abbildung 2: Ivan Sutherlands AR-Erfindung (https://www.icg.tugraz.at/~daniel/HistoryOfMobileAR/)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bereits 1962 erfindet der Visionär Morton Heilig das sogenannte Sesnorama. Es kommt komplett ohne virtuelle Computertechnik aus und ergreift die Idee des erweiterten Kinos, ein „Expiriencetheater“ wie er es nennt. Der Besucher nimmt auf einem beweglichen Stuhl Platz und steckt seinen Kopf in eine kleine Kabine. Hier kann er eine multisensoriell erfahrbare Motorrad-Fahrt durch New York erleben. Simuliert werden dabei nicht nur Töne, Vibrationen und Körper- bewegungen bei der Fahrt, sondern auch der Fahrtwind und sogar der Geruch der Umgebung. Seine Idee kann sich zur damaligen Zeit aber nicht weiter durchsetzen, vielleicht sei sie zu revolutionär äußert Heilig in einem späteren Interview (Bliem, 2007). Obwohl hier keinerlei Computertechnik zum Einsatz kommt, kann diese Apparatur als Schaffung einer virtuellen Realität gelten, da sie die meisten Eigenschaften derselben besitzt. (Bliem, 2007).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Sonsorana mit virtueller Motorrad Fahrt (http://www.mortonheilig.com/InventorVR.html)

In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wird die Entwicklung des Personal Computer weiter vorangetrieben, die Weiterentwicklung von Aug- mented Reality stagniert jedoch fast, auf Grund nur geringer Fortschritte bei der Technik. Im April 1982 wird dann ein weiterer Grundstein zur Augmented Reali- ty gelegt, der erste Laptop kommt auf den Markt. Das Gerät namens „GRiD Compass 1100“ verfügtüber ein Display mit einer Auflösung von 320x200 Pixeln (zum Vergleich: heutige Smartphones haben bereits eine Auflösung von bis zu 960x480 Pixeln). Der Hauptabnehmer dieses PCs ist die US-Regierung, vor allem die NASA ist begeistert von seiner hohen Leistung und seinem geringen Gewicht von 5 Kg. (Mobin, 2010)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Der erste Laptop

(http://netbook-dealer.de/hardware/geschichte-erster-laptop-der-welt/896)

Im Jahr 1992 taucht zu ersten Mal der Begriff Augmented Reality auf. Er wird von Tom Caudell und David Mizell benutzt, welche mit Hilfe eines am Kopf be- festigten Displays vom Computer generierte Grafiken auf das Benutzersichtfeld legen, sie beschränken sich bei Ihren Forschungen jedoch darauf, Flugzeug- mechaniker bei Montage- und Wartungsarbeiten zu unterstützen. 1993 geht das Global Positioning System (GPS) in Betrieb. Es besteht zur Zeit der Inbetriebnahme noch keine Verbindung zwischen GPS und Augmented Re- ality. Wie sich jedoch heute zeigt, trägt das GPS System viel zum Erfolg ortsbe- zogener AR-Maßnahmen bei, da es inzwischen auch eine genaue Positionsbe- stimmung von Smartphones zulässt.

Wie schon im Kapitel der Begriffsabgrenzung angeschnitten, sind es 1994 Milgram und Kishino, die in ihrem Aufsatz „Taxonomy of Mixed Reality Visual Displays“ ein Modell vorstellen, welches es zulässt Abstufungen der Realität hin zur virtuellen Realität zu analysieren und auf einer Skala einzuordnen. Diese Skala und die von Ronald Azuma 1997 aufgestellte Definition von Augmented Reality gelten bis in die heutige Zeit als die gängigen Definitionen, die im Zusammenhang mit Augmented Reality genannt werden.

In den letzten 10 Jahren konzentriert sich die Forschung im Bereich der Aug- mented Reality auf portable Geräte. Die am Kopf angebrachten Kameras und Displays werden immer kleiner und sind in der heutigen Zeit schon fast auf die Größe einer normalen Brille geschrumpft. Eine weitere technische Errungen- schaft, mit der sich Augmented Reality umsetzen lässt, ist das Mobiltelefon. Bereits 2004 gibt es erste Umsetzungen die es schaffen 3D-Marker (sihe Kapi- tel 2.2.2.2) durch eine Handykamera aufzunehmen und grafisch auf dessen Display wiederzugeben.

Im Jahr 2007 erscheint die erste AR-Werbeappilkation für Mobiltelefone. Der Wellington Zoo in Neuseeland platziert einen AR Marker in einer lokalen Tageszeitung mit einer Auflage von 750.000 und konnte dadurch nach eigenen Angaben die Besucherzahl während der Laufzeit der Kampagne umüber 30 Prozent steigern (Duncan, 2007).

2008 erscheint die App Wikitude, ein Programm, die Standortinformation vom Smartphone mit Wikipedia-Einträgen abgleicht und diese in Echtzeitüber die Kameraansicht eines Smartphone projiziert. (Wagner, 2009)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Umsetzungsbeispiel von Wikitude

(http://farm5.static.flickr.com/4151/5412410687_ f449251224.jpg)

Im August 2010überzeugt das SZ-Magazin der Süddeutschen Zeitung mit einer Weltpremiere. Die Ausgabe 33/2010 enthält erweiterte Inhalte, die sich nur Nutzern von Augmented Reality erschließen. Dazu ist die Installation des Apps Junaio nötig, welches es ermöglicht, gedruckte Marker in Form von Bildern oder Texten auszulesen und das Kamerabild des Smartphones mit erweiterten Informationen und Videos zuüberlagern.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Augmented Reality im SZ-Magazin

(http://www.wuv.de/var/wuv/storage/images/werben_verkaufen/nachrichten/digital/sz_magazin_pro biert_augmented_reality/2992386-1-ger- DE/sz_magazin_probiert_augmented_reality_panorama.jpg)

Augmented Reality angereicherte, also interaktive Live-TV-Show der Welt. Der Privatsender ProSieben ermöglicht den Zuschauern der Sendung Galileo, an einem Quiz teilzunehmen, welchesüber die Junaio App auf einem Smartphone wiedergegeben wird. Die Antworten werden im Smartphone eingegeben und via Internetverbindung an den TV-Senderübertragen. Der Nutzer hat dann sofort die Möglichkeit zu sehen ob seine Antwort richtig ist und wie die anderen Teil- nehmer getippt haben. Dazu bekommt er ein Ranking, das seinen Erfolg ge- genüber den anderen darstellt.

2.1.4 Zusammenfassung und Relevanz für die Arbeit

Dieser Arbeit liegt die Auffassung der Wirklichkeit zu Grunde, wie sie Wolfgang Metzger 1963 definiert. Sie entspringt dem kritischen Realismus und wird 2001 von Peter Neumann auf die Marktpsychologieübertragen. Da in dieser Arbeit durch die Begrifflichkeiten Virtual Reality und Augmented Reality neue Sicht- weisen der Realität aufgeworfen werden, ist es notwendig die erste Ebene von Metzger weiter zu denken und zu unterteilen. Die Geschichte der Augmented Reality zeigt, dass es sich hierbei nicht um eine neue Technik handelt, sondern dass schon seit fast 50 Jahren immer wieder an einer Erweiterung der Realität experimentiert wird. Der schnelle Fortschritt der Technik in den letzten Jahren lässt diese Entwicklung nun vollends aufblühen und hebt Augmented Reality auf ein alltagstaugliches Niveau. Es handelt sich also nicht um eine Neuerfin- dung, welche durch die fortgeschrittene Technik erst ermöglicht wird, sondern um eine stetige Entwicklung, die von vielen kleinen Fortschritten genährt wird und täglich weiter wächst.

Die Menschheit ist dem "Traum", die vorgefundene Realität zu seinen Gunsten zu manipulieren, mit dem Durchbruch der Augmented Reality ein großes Stück näher gekommen.

Die vertiefte Klassifikation der Realität ist für das grundlegende Verständnis dieser Arbeit sehr wichtig.

Eine Einordnung von Augmented Reality, der Begrifflichkeit, die den Hauptuntersuchungsgegenstand dieser Arbeit darstellt, ist unerlässlich, zumal sie ein sehr komplexes Konstrukt innerhalb der verschiedenen Realitäten ist. Des Weiteren führt das Verständnis der Ebenen der Wirklichkeit zu dem im weiteren Verlauf dieser Arbeit vorgestellten Umwelt-Personen-Modell und auch zu der daraus abgeleiteten Experience-Map hin.

2.2 Umsetzung von Augmented Reality

Um Augmented Reality umsetzen zu können, benötigt man verschiedene Hardund Softwarekomponenten.

2.2.1 Displays und Umsetzungsmöglichkeiten

Im Grunde genommen gibt es zwei verschiedene Arten von Displays die eine Überlagerung der Realität zulassen. Die Überlagerung eines von einer Kamera erfassten Bildes (Video-See-Through-Displays) oder die direkte Überlagerung des Sichtfeldes des menschlichen Auges (Optical-See-Through-Displays). (Tönnis, 2010)

Optical-See-Through-Displays erlauben dem Benutzer, eine normale Sicht auf seine Umwelt und gleichzeitig auf ein Computerdisplay, welchesüber einen halbtransparten Spiegel, den sogenannten Combiner, in das Sichtfeld integriert wird. Den Combiner-Effekt kennt man im Alltag z.B. von Schaufensterscheiben, die bei einem bestimmten Blickwinkel eine Spiegelung der Ladenumgebung zeigen, aber auch einen Blick in das Geschäft gewähren. Der Vorteil bei dieser Umsetzung liegt darin, dass der Blickwinkel des Benutzers nicht eingeschränkt wird, sondern im vollen Umfang erhalten bleibt. Ein Nachteil hingegen ist, dass heutige Computersysteme neue Situationen nach Bewegung nicht ad hoc um- setzen können, sondern eine kleine Latenzzeit entsteht. Die neue Position muss erst bestimmt und berechnet werden, was zu einem „lag“ führt, das Bild schwimmt der Realität hinterher, was als unangenehm wahrgenommen wird. Zudem ist das virtuelle Bild durch die Darstellung auf dem Combiner immer transparent, die Umwelt scheint also immer durch, was zu suboptimaler Darstel- lung führen kann. (Schmidt, Wiedenmaier, Oehme, Luczal, 2005; Tönnis, 2010)

Bei Video-See-Through-Displays kommen zusätzliche Videokameras zum Ein- satz, die ein Abbild der Umwelt aufnehmen und dieses mit virtuellen Daten an- reichern. So kann die Verzögerung bei der Datenberechnung angeglichen wer- den, was den Vorteil hat, dass die Überlagerung absolut zeitgleich angezeigt wird. Nachteilig hingegen ist, dass die Anzeige den Bewegungen des Benutzers insgesamt ein wenig hinterher hinkt. Zudem kann die Auflösung einer Kamera, bzw. des Displays, das die Wiedergabeübernimmt, qualitativ nicht mit der ech- ten Sicht mithalten. (Tönnis, 2010)

Eine seltenere Form, welche bisher nur bei Head-Mounted-Displays zum Einsatz kommt, ist das sogenannte Look-Around-Display. Hierbei wir in eine Brille ein kleines undurchsichtiges Display eingebaut, welches erlaubt, rund herum das normale Sichtfeld wahrzunehmen. (Schmidt u.a., 2005)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Visualisierungsklassen von Look-Through Geräten (Tegtmeier,2006, S. 18)

Bei der Realisierung der beiden Prinzipien kann man zwischen am Kopf angebrachten Displays (Head-Mounted-Displays oder auch HMD) und anderen nicht Kopf basierten Displays unterscheiden.

HMDs charakterisiert man in der Anwendung in monokulare, welche nur ein Auge virtuell erweitern, und stereoskope Displays, welche die digitalen Daten auf beiden Augen darstellen und so einen wirklichen 3D Eindruck erzeugen können. (Tönnis, 2010)

Nicht fixierte Displays lassen sich in mehrere Kategorien unterscheiden. Sie können entweder frei beweglich sein, wie bei Laptop-Monitoren oder Smartphones, aber auch fest in einem Objekt verbaut, wie zum Beispiel bei einem HeadUp-Display im Auto/Flugzeugcockpit.

Head-Up-Displays stammen ursprünglich aus dem Militärbereich, wo sie schon seit den 60er Jahren erfolgreich in Kampfjets eingesetzt werden. Heute werden sie z.B. auch in Autos verbaut. Ein im Armaturenbrett verbautes Display zeigt Daten in der Frontscheibe des Autos an. Die Frontscheibe dient hier als Combi- ner, man kennt diesen Effekt, der auch eintritt wenn man einen Gegenstand auf das Armaturenbrett legt. In den heutzutage verbauten Displays können so be- quem Navigationsanweisungen oder andere Informationen des Armaturenbretts wie Geschwindigkeit etc. bequem angezeigt werden ohne dass der Fahrer sei- nen Blick von der Straße richten muss.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Head Up Display im Auto (http://data.motor- talk.de/data/galleries/0/40/2724/10472946/bmw-new-full-colour-hud-29926.jpg)

Bewegliche Displays, auch „Window-into-the-World“-Displays genannt zeichnen sich durch ihre Portabilität aus. Der Benutzer trägt das Display quasi wie ein Fenster mit sich herum. „Das Fenster verhält sich genau wie ein normales Fenster - blickt der Benutzer durch das Display, sieht er was dahinter ist, mit dem einzigen Unterschied, dass er in diesem Sichtbereich auch die erweiterte Realität erkennen kann“ (Tönnis, 2010, S. 28) Als kompakte, vereinfachte Versionen können Notebooks oder Smartphones angesehen werden, welche die Umsetzung von Augmented Reality im Hosentaschenformat ermöglichen. Im Gegensatz zum echten „Window-into-the-World“, beachten diese Systeme nicht die Kopf-Display-Lage, sondern zeigen im Display den Bildausschnitt einer mit dem Gerät verbunden Kamera unabhängig vom Blick des Betrachters. Ein großer Vorteil dieser Systeme ist, dass mehrere Benutzer gleichzeitig die erweiterte Realität erfahren können. (Tönnis, 2010)

2.2.2 Tracking

Eine weitere besondere Herausforderung bei der Umsetzung von Augmented Reality stellt die korrekte Erkennung der räumlichen und zeitlichen Lage von virtuellen Objekten und deren korrekte dynamische Einbettung in das reale Bild dar. Das ist besonders dann problematisch, wenn es sich um eine Umsetzung auf einem mobilen Gerät handelt. (Schmidt u.a., 2005). Nach Rolland, Baillot, und Goon (2001) „A Survey of Tracking Technology for Virtual Environments” lassen sich sechs verschiedene technologische Ansätze zur Kategorisierung der Trackingverfahren unterschieden.

- Laufzeitbasiertes Tracking
- Optisches Tracking
- Inertiales Tracking
- Mechanisches Tracking
- Phasen-Differenz-Verfahren
- Elektro-Magnetisches Tracking (Tegtmeier, 2006)

Im Folgenden werden die für den Alltagsgebrauch von AR am wichtigsten erscheinenden Verfahren im Einzelnen beschrieben.

2.2.2.1 Laufzeitbasiertes Tracking

„Unter laufzeitbasiertem Tracking versteht man Systeme, die das umgebende Medium als Überträger eines Signals von einem (oder mehreren) Sendern ver- wenden.“ (Tönnis, 2010, S.54) Die Zeit die benötigt wird um vom Sender zum Empfänger zu gelangen, wird gemessen und daraus die Position errechnet. Die bekanntesten Laufzeit-Messungsverfahren sind wohl die Ultraschallmessung und das Global Positioning System (GPS). Das GPS besteht aus 24 die Erde umkreisende Satelliten, welche präzise auf einander abgestimmt hochgenaue Zeitsignale aussenden. Nach dem Triangulationssystem kann ein geeigneter Empfänger, welcher mindestens vier Signale der Satelliten erhält, aus den ein- zelnen Laufzeiten seine genaue Position und Höhe errechnen. Ein großer Vor- teil des GPS ist, dass es weltweit verfügbar ist und an allen Orten auf die glei- che Art und Weise funktioniert. Allerdings eignet es sich nur für relativ grobes Tracking mit einer Messgenauigkeit von knapp unter 10 Metern und das auch nur im Außenbereich ohne große Hindernisse wie Hochhäuser oder Berge, welche durch Reflektionen das Signal stören können. Innerhalb von Gebäuden erlischt das Signal meist ganz oder ist zu ungenau, um ausgewertet werden zu können. (Tegtmeier, 2006; Tönnis, 2010)

Es gibt bereits verschiedene Ansätze, die Genauigkeit von GPS-Ortungen in- nerhalb von Störgebieten wie Städten zu verbessern. Das Assisted Global Positioning System (AGPS) zum Beispiel nutzt Hilfsdaten aus geostationären Funknetzen wie Mobilfunknetzen (GSM, UMTS usw.) und versorgt den Empfänger damit, der seine Position dadurch schneller und in Störgebieten auch genauer errechnen kann. So kann eine Genauigkeit von weniger als 50 Zentimetern erreicht werden (Dodel & Häupler, 2010)

2.2.2.2 Optisches Tracking

Optisches Tracking kann man generell in zwei Kategorien unterteilen: markerbasiertes und markerloses Tracking. Bei beiden Verfahren werden Information verarbeitet, die durch einen optischen Sensor, also zum Beispiel eine Videokamera erfasst werden.

Marker basiertes Tracking wird benutzt um die Lage und Entfernung eines Ob- jekts das dargestellt werden soll, zu bestimmen, meist einen rechteckigen Flachmarker, der vom Computer ausgewertet werden kann. „Für eine Analyse des Videobildes wird ein Algorithmus durchgeführt, der die Bildpunkte (Pixel) nach allen Regionen durchsucht, deren Kontur durch ein Viereck beschrieben werden kann.“ (Tegtmeier, 2006) Hat ein System den Marker erkannt, so kann er anhand der Kanten die Eckpunte berechnen und dadurch die Neigung ge- genüber der Kamera ermitteln. Das Muster innerhalb des dickeren Rahmens wird benutzt um die vertikale Ausrichtung des Objekts zu berechnen. Diese Methode wird häufig eingesetzt, da sie sehr einfach umzusetzen ist und man bei der Bedienung wenig falsch machen kann. (Tönnis, 2010)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Einfacher AR-Marker (Eigene Darstellung)

Markerloses Tracking nutzt allein das durch die Kamera aufgenommene Bild und dadurch gegebene natürliche Merkmale, um die Lage eines darzustellen- den Objekts wahrzunehmen. Es ist eine sehr aufwendige Technik, da eine Viel- zahl an Störvariablen ausgeschaltet werden müssen, die in der Umwelt vor- kommen (z.B. schlechte Lichtverhältnisse oder Verschmutzungen). Das System sucht nach bestimmten Feature-Points zur Wiedererkennung, diese können Kanten oder Formen, aber auch Farb- und Kontrastunterschiede sein. Hat der Computer mehrere dieser Features erfasst, bestimmt er daraus die Position der Kamera und kann Objekte relativ zu diesen Punkten positionieren. (Tönnis, 2010) Ein gutes Beispiel für markerloses Tracking stellt die in der Historie er- wähnte Ausgabe des SZ-Magazins dar.

2.2.2.3 Inertiales Tracking

Dieses Verfahren kommt gänzlich ohne externe Referenzpunkte aus. Inertiale Systeme befinden sich direkt im Gerät und sind entweder Beschleunigungs- oder Neigungsmesser. So kann z.B. durch ein Gyroskop gemessen werden, wann sich ein Objekt bewegt und inwiefern sich seine ursprüngliche Lage ver- ändert hat. Neue Smartphones wie zum Beispiel das iPhone 4 von Apple haben ein solches Gyroskop bereits eingebaut. So kann das Mobiltelefon erkennen, in welcher Position es momentan gehalten wird. Verschiedene AR-Browser bieten dadurch die Möglichkeit, von einer Landkartenansicht im waagrechten Zustand automatisch auf den Kameramodus zu wechseln, sobald das Gerät senkrecht gehalten wird (Rolland, 2001, Tönnis 2010), um so eine Erweiterung der Kameradurchsicht zu ermöglichen.

2.2.2.4 Magnetisches Tracking

Die wohl bekannteste und auch älteste Umsetzung von magnetischem Tracking ist ein einfacher Kompass, der sich nach den Polen der Erde ausrichtet. Es las- sen sich jedoch auch künstlich magnetische Felder in Räume installieren, deren Signalstärke und Richtung zur Lageposition vom Empfänger verarbeitet werden können. Magnetfelder haben gegenüber optischen oder akustischen Sendern den Vorteil, dass sie auch durch Wände hindurch reichen und nicht im Sichtfeld des Empfängers sein müssen. Sind jedoch weitere metallische Gegenstände in der Umgebung, wird das Ergebnis leicht verfälscht. Auch diese Form des Tra- cking wird oft in Smartphones verbaut, als digitaler Kompass, der auf das Erd- magnetfeld reagiert. So kann stets die Himmelsrichtung erkannt werden in die das System zeigt.

2.2.3 Zusammenfassung und Relevanz für die Arbeit

Das Kapitel zeigt ausführlich auf, wie sich Augmented Reality vom heutigen Stand der Technik her, umsetzen lässt. Dabei gilt es, zwei Hauptkomponenten zu unterscheiden, die technische Umsetzung der Augmented Reality und die Art der Wiedergabe.

Die momentan beliebteste Art eine Augmented Reality zu erzeugen stellen Smartphones, bzw. Tablet-PCs wie das iPad dar, die eine vereinfachte Version der „Window-into-the-World“-Umsetzung betrachten werden können. Um auf diesen eine Augmented Reality zu erzeugen werden zumeist Gyroskop, GPS und eine mobile Datenanbindung verbaut. Damit ist gewährleistet, dass Stand- ort, Ausrichtung und Lage des Gerätes erkannt und dementsprechend die pas- senden Datenüber die mobile Internetanbindung angefordert werden.

Augmented Reality ist im Grunde genommen meist nur eine neue Form der Präsentation von Inhalten. Um das volle Potenzial einer Augmented Reality- Werbe-kampagne auszuschöpfen, müssen sich die Macher deshalbüber alle Formen der möglichen Umsetzung im Klaren sein und wissen, wie das vorlie- gende Produkt am besten in Szene gesetzt werden kann. Nur so lässt sich die optimale Kombination aus technischer Umsetzung und Wiedergabe finden. In naher Zukunft wird es sicher weitere gute Lösungen zur Umsetzung von Aug- mented Reality geben.

Im folgenden Kapitel werden eine Reihe schon existierender Szenarien und deren Umsetzung durch Augmented Reality dargestellt, sowie deren zukünftige Möglichkeiten beleuchtet.

2.3 Umsetzungsbeispiele

Der Vortrag von Stephan Ganser „Augmented Reality. Mehrwert für Marken?“ (2010), zeigt eine Vielfalt an Möglichkeiten für den Einsatz von Augmented Reality in marketingrelevanten Bereichen auf. Ganser betont, dass die Faszina- tion der Augmented Reality aus der Idee bei der Umsetzung kommen muss. „Augmented Reality ist nur eine Technologie. Fragen Sie nicht welchen Mehr- wert Sie Ihnen bietet. Fragen Sie, welchen Mehrwert Sie Ihren Konsumenten mit AR bieten können.“ (Ganser, 2010, S.33) Es bieten sich also grenzenlose Möglichkeiten für den Einsatz von Augmented Reality, die durch die schnelle Weiterentwicklung der Technik heutzutage immer wieder neue Chancen auf- zeigt

2.3.1 AR-Browser (auf Smartphones)

Mehrwert: Augmented Reality-Browser auf portablen Kleingeräten wie Smart- phones oder Tablet-PCs, welcheüber eine permanente Internetanbindung ver- fügen bieten eine schnelle Orientierung an unbekannten Orten und so die Mög- lichkeit, sich auf der ganzen Welt in Sekunden schnelle zurecht zu finden. Wo ist die nächste Bank? Wo das nächste italienische Restaurant? Wer hat dieses Gebäude erbaut? Wie komme ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln am schnells- ten zurück zu meinem Hotel? All diese Informationen bekommt man schnell und bequem auf sein Mobiltelefon geliefert, weltweit und ohne sich lange bei ande- ren Passanten durchfragen zu müssen. Bekannte AR-Browser wie z.B. Junaio, Layar oder Wikitude bieten die Möglichkeit verschiedene Channels zu laden, sodass man nur die Informationen eingeblendet bekommt, die man auch wirklich wünscht.

Opportunity: Die Möglichkeit verschiedenen Channels zu laden, ermöglicht es den Kunden, einen erweiterten Customer Service anzubieten. Wo im Kaufhaus finde ich die Technikabteilung? Wo in der Fußgängerzone gibt es im Moment Sonderangebote und Sales und um was für Angebote handelt es sich? Wie weit ist es bis zur nächsten McDonalds-Filiale? Auch der Einsatz von Couponing ist möglich.

2.3.2 Augmented Events

Mehrwert: Erleben, was andere nicht erleben. Augmented Reality auf Events bietet die Möglichkeit, das Erleben des Besuchers eindrucksvoller zu gestalten. Die aktuelle Aufstellung ein einem Fußballspiel einblenden zu lassen, gehört hier schon zum Standard, aber auch viele weitere Informationen und Statistiken, die normalerweise nur Reportern in Echtzeit zur Verfügung stehen, wie z.B. Laufstrecke der Spieler, Ballbesitz im Vergleich etc., stehen schnell undübersichtlich zum Abruf bereit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Virtuelle Überlagerung eines Fußballfeldes mit aktuellen Informationen (http://newsletter.metaio.com/index.php?id=1053)

Das amerikanische IT-Unternehmen IBM setzt die Möglichkeiten von Aug- mented Reality auf einem Event, bei Wimbledon 2010 eindrucksvoll um.

[...]

Ende der Leseprobe aus 121 Seiten

Details

Titel
Augmented Reality im Marketing. Theoretische Fundierung und empirischer Vergleich zu anderen Marketinginstrumenten
Hochschule
Technische Universität München
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
121
Katalognummer
V208549
ISBN (eBook)
9783668412385
ISBN (Buch)
9783668412392
Dateigröße
3652 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
augmented, reality, marketing, theoretische, fundierung, vergleich, marketinginstrumenten
Arbeit zitieren
Michael Seitz (Autor:in), 2011, Augmented Reality im Marketing. Theoretische Fundierung und empirischer Vergleich zu anderen Marketinginstrumenten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208549

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