Interpretation von Platons "Politeia". Der Dialog zwischen Sokrates und Polemarchos im ersten Buch


Hausarbeit, 2013

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Autor und Erzählform

3. Eingangsszene und Dialog zwischen Sokrates und Kephalos (327a - 331e)
3.1 Dialog zwischen Sokrates und Polemarchos (331d - 336b)

4. Untersuchung der Gerechtigkeitsdefinitionen von Kephalos und Polemarchos
4.1 Verkörperung der Positionen von Kephalos und Polemarchos als platonische Staatsform

5. Fazit

6. Bibliographie

1. Einleitung

Das Platonische Werk in seiner Gänze zu verstehen ist nahezu unmöglich und so soll in dieser Hausarbeit ein „tastender Versuch einer Annäherung“[1] geschehen, vor allem in Bezug auf einen kleinen, aber wichtigen Abschnitt in der Politela, Erstes Buch[2]. Konkret soll eine Interpretation des Dialogs zwischen Sokrates und Polemarchos (331d - 336b)[3], der von der Frage nach der Gerechtigkeit handelt, im Mittelpunkt des Bemühens stehen.

Zu Beginn dieser Arbeit wird auf Platon und seine Erzählform eingegangen. Anschließend wird der Beginn der Politeia untersucht. Die Ausgangszene und das Gespräch zwischen Sokrates und Kephalos sind fundamental wichtig für das Verständnis des Dialogs zwischen Sokrates und Polemarchos, da das Gerechtigkeitsverständnis von Polemarchos auf dem seines Vaters aufbaut. Im Folgenden wird der Dialog zwischen Sokrates und Polemarchos untersucht und interpretiert. In einer anschließenden Untersuchung soll näher auf die Gerechtigkeitsdefinitionen von Kephalos und insbesondere Polemarchos eingegangen werden, um die Zusammenhänge und Unterschiede in diesen darstellen.

Im Folgenden soll geklärt werden, welche platonische Staatsform Kephalos und Polemarchos durch ihre Gerechtigkeitsdefinitionen darstellen und abschließend ein Fazit gezogen werden.

2. Autor und Erzählform

Platon wurde 428 v. Chr. (oder 427 v. Chr.) in Athen in eine der angesehensten adeligen Familien der Stadt geboren. Die Stadtstaaten des damaligen Griechenlands waren gekennzeichnet durch „innen- und außenpolitische Selbstständigkeit, wirtschaftliche Selbstgenügsamkeit, ergänzt durch Handel , und lokale Kulte“[4]. Ab circa 409 v. Chr. wurde Platon zum Hörer des Sokrates und wuchs als dessen bedeutendster Schüler heran. Anstatt Politiker zu werden, wie es seiner Herkunft nach üblich gewesen wäre, wandte sich Platon der Philosophie zu. Die Hinrichtung seines Lehrers Sokrates im Jahre 399 v. Chr. war ein Grund für die Abwendung Platons von der Politik. Die Volksversammlungen, die in der attischen Polis ein übliches Mittel der direkten Demokratie waren, führten zu Entscheidungen aus Leidenschaft. Die Hinrichtung von Sokrates, unter anderem aufgrund der Anklage auf Gotteslosigkeit und Verderb der Jugend, war ein schwerer Schlag für seinen Schüler Platon, der sie als „den Tod des Gerechten in der ungerechten Stadt“[5] interpretierte. Der zweite Grund, weswegen sich Platon von der Politik abwand, war die negative Erfahrung mit zweien seiner Onkel, die zu seinen Lebzeiten in Athen einen politischen Umsturz durchgeführt hatten und danach ein Schreckensregime errichteten, welches den Tod von rund 1500 politischen Gegnern zur Folge hatte.[6]

Platons Hauptwerk, die Politeia, begann er 387 v. Chr. (oder 385 v. Chr.) nach der Gründung seiner Akademie vor den Toren Athens. Die Akademie kann als Schule angesehen werden, an der sich Lehrende und Lernende gemeinsam mit Fragen der Mathematik, Naturwissenschaften und Dialektik auseinandersetzten. Die Politeia stellte Platon rund 375 v. Chr. fertig.[7] Zehnpfennig nennt die Politeia, „nicht nur die Summe der platonischen Philosophie, sondern auch das erste erhaltene und maßstabgebende Werk der abendländischen politischen Theorie“[8].

Die Dialogform, die besonders im Ersten Buch der Politeia vorkommt, ist aus mehreren Gründen von Platon als Erzählform gewählt wurden. Die erste Funktion, die der Dialog besitzt, ist die der Didaktik, „die dramatische Gestalt erleichtert die Einführung ins Thema und weckt höhere Aufmerksamkeit“[9]. Die zweite Funktion des Dialogs ist die Entlastung des Autors, da dieser vereinzelt Ansichten ausdrücken kann, ohne diese argumentativ begründen zu müssen. Zudem kann die Dialogform, in der große Passagen des Ersten Buches der Politela geschrieben wurden, über die Vermittlung der Einsichten hinaus den Leser zum eigenständigen Denken anregen und hat damit eine bildende Funktion.[10]

Platons benutzt seinen Lehrer Sokrates als Gesprächspartner. Dabei muss bedacht werden, dass die Gespräche „keine Protokolle tatsächlich geführter Gespräche“[11] sind, sondern vielmehr „Kunstwerke“[12]. Möglich ist, dass Platon seine Gedanken auf Sokrates projiziert hat und diesen seine Gedanken hat ausführen lassen. Der Frageprozess den Sokrates mit seinen Gesprächspartnern durchführt, dient der Erforschung der Theorien seiner Gesprächspartner. Eine ausführliche Prüfung der Theorie durch Sokrates schließt sich an und zumeist wird die Theorie verworfen oder zumindest durch den Dialog mit Sokrates stark abgeändert.

3. Eingangsszene und Dialog zwischen Sokrates und Kephalos (327a - 331e)

Polemarchos wird zu Beginn des Ersten Buches der Politela eingeführt. Nachdem Sokrates und Glaukon, einer der zwei Brüder des Platon, den Festzug in Peiraieus, der Hafenstadt Athens, angeschaut haben, hindert sie Polemarchos daran nach Athen zurückzukehren. Er überredet Sokrates und Glaukon mit Nachdruck noch in Peiraieus zu bleiben und ihn und seine Gefährten nach Hause zu begleiten (327b - 328b). Im „gastlichem und stattlichem Hause“[13] von Polemarchos in Peiraieus wohnt auch Kephalos, sein Vater.

Sokrates beginnt ein Gespräch mit Kephalos, der „hochbetagt und festgewurzelt in der schlichten Moral der Väter“[14] in Ruhe das Ende seines Lebens genießt. Sokrates sagt, er freut sich immer mit „Hochbetagten“ (328d) zu sprechen, da man viel von ihnen lernen kann, da sie „einen Weg schon früher gegangen [sind], den wir vielleicht auch gehen müssen“ (328e). Das Gespräch über die Gerechtigkeit, welches von Sokrates initiiert wird, endet in der Behauptung von Kephalos, dass es gerecht sei, das Geschuldete zurückzugeben (330d - 331c).

Kephalos impliziert, dass Reichtum nötig ist, um ein gutes und gerechtes Leben zu fuhren. Diese Gerechtigkeitstheorie, die an Vermögen gebunden ist, fällt Kephalos leicht aufzustellen, da er als erfolgreicher Kaufmann ein beachtliches Vermögen sein Eigen nennen konnte. Das Ziel des Kephalos ist es, ein gerechtes Leben im Diesseits zu führen, um ein seliges Leben im Jenseits erwarten zu können.[15] Kephalos steht selber im Mittelpunkt seines Gerechtigkeitsverständnisses, was sein egoistisches Gedankensystem offenbart.

Sokrates widerlegt diese Definition der Gerechtigkeit von Kephalos mit dem Gleichnis, dass ein Freund einem Verrückten nicht die Waffen wiedergeben darf, die dieser dem Freund zu einem Zeitpunkt voller Vernunft anvertraut hat (331c). Damit zeigt Sokrates auf, dass das Einhalten eines Vertrages in vielen Fällen ungerecht sein kann, wenn sich die Verhältnisse des Vertragsschlusses in der Zwischenzeit geändert haben. Gerechtigkeit ist nicht darauf beschränkt, eine Abmachung einzuhalten. Zum anderen handelt diese traditionelle Definition der Gerechtigkeit, die Kephalos vertritt, lediglich von einer Form der Gerechtigkeit, der „Tauschgerechtigkeit oder der Reziprozität“[16]. Nach der Widerlegung seiner Position verlässt Kephalos die Unterhaltung, denn „die Subtilitäten einer Begriffserörterung sind nicht seine Sache“[17]. Er wendet sich wieder seinem Opfer zu, denn nach Kephalos Auffassung der Gerechtigkeit, kann begangenes Unrecht auch durch Religiosität wieder gut gemacht werden.

Das Gespräch mit Kephalos wurde von Platon aus zwei Gründen an den Anfang seines Werkes gestellt. Die Ausführungen von Polemarchos sowie später von Thrasymachos entwickeln sich aus der Position des Kephalos, somit wird der „Grundton für das folgende Gespräch“[18] gelegt. Zudem dient das Gespräch zwischen Sokrates und Kephalos der Überleitung von der lebhaften Eingangsszene, in der Sokrates und Glaukon von Polemarchos überredet werden noch in Peiraieus zu bleiben, zu einem seriösen Gespräch im Hause von Polemarchos, dass durch „Ruhe und zunehmenden Ernst“[19] gekennzeichnet ist.

[...]


[1] Plato/ Vretska (1988), S. 17.

[2] In der gesamten Hausarbeit wird die Ausgabe Der Staat. (Politela) in der Übersetzung und Herausgegeben von Karl Vretska zitiert.

[3] Die Zahlen und Buchstaben in der Hausarbeit sind in Bezug auf die Seiten der Stephanus-Ausgabe, auf deren Grundlage die Texte von Platon gewöhnlich zitiert werden.

[4] Pfetsch (2003), S. 45/46.

[5] Ottmann (2001), S. 2.

[6] Vgl.: Ebd.

[7] Vgl.: Pfetsch (2003), S. 49.

[8] Zehnpfennig (1997), S. 384.

[9] Höffe (1997), S. 16.

[10] Höffe (1997), S. 16.

[11] Ottmann (2001), S. 5.

[12] Ebd.

[13] Plato/ Apelt (1998), S. 430.

[14] Ebd.

[15] Vgl.: Plato/ Apelt (1998), S. 431.

[16] Ottmann (2001), S. 26.

[17] Plato/ Apelt (1998), S. 431.

[18] Nach Plato/ Vretska (1988), S. 489.

[19] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Interpretation von Platons "Politeia". Der Dialog zwischen Sokrates und Polemarchos im ersten Buch
Hochschule
Andrássy Gyula Budapesti Német Nyelvü Egyetem
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
16
Katalognummer
V210209
ISBN (eBook)
9783656383567
ISBN (Buch)
9783656384007
Dateigröße
440 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Platon, Politeia, Sokrates, Polemarchos
Arbeit zitieren
Benjamin Peter (Autor:in), 2013, Interpretation von Platons "Politeia". Der Dialog zwischen Sokrates und Polemarchos im ersten Buch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210209

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