Eine Untersuchung der geschlechterspezifischen, häuslichen Arbeitsteilung

Unter Berücksichtigung Pierre Bourdieus „Die männliche Herrschaft“


Hausarbeit, 2011

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Das Konfliktfeld: Familiale Arbeitsteilung

3. Pierre Bourdieu - Untersuchung der männlichen Herrschaft
3.1. Das Paradox der doxa
3.2. Die symbolische Gewalt
3.3. Sozialanalyse der Kabylischen Gesellschaft
3.3.1. Sozialisation zur Legitimation des Herrschaftsverhältnisses
3.3.2. Die Frau als Komplizin

4. Wirkung der männlichen Herrschaft Bourdieus im Kontext der familialen Arbeitsteilung
4.1. Konfliktausprägung
4.2. Konfliktlösungsansatz

5. Schlussbemerkungen

LITERATURVERZEICHNIS

„ Es stellt sich mir in der Tat so dar, da ß [sic!] [...] die häusliche Einheit einer der Orte ist, wo die männliche Herrschaft auf die sichtbarste und unbestreitbarste Weise zum Ausdruck kommt “ 1

Pierre Bourdieu

1. Einleitung

Auch wenn sich in den letzten Jahren die Anzahl der Frauen erhöht hat, die durch Erwerbsarbeit zum Familieneinkommen beitragen, hat dies jedoch keine entsprechende Auswirkung auf die Beteiligung der Männer an der Haus- und Familienarbeit nach sich gezogen. Jedoch hat sich zumindest die Einstellung zur familialen Arbeitsteilung in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. War es früher normal, dass die Hausarbeit komplett von der Frau übernommen wurde, so wird heutzutage gerade bei jungen Frauen und Männern mit höherem Bildungsniveau eine Gleichverteilung der häuslichen Pflichten begrüßt und angestrebt. Nach diesem Geschlechtsrollenansatz2 wird die Arbeitsteilung im Haushalt als Ergebnis einer normativen Geschlechtsrollenorientierungen der Partner angesehen. Die Einstellungen bewegen sich zwischen einer traditionalen und nontraditionalen Ausrichtung und hängen vom Bildungsgrad und der Sozialisation ab. So nimmt man an, dass in Partnerschaften mit nontraditionalen Orientierungen, Männer mehr Hausarbeit und Frauen weniger Hausarbeit leisten. Es wird also Egalität bei der häuslichen Arbeitsteilung angestrebt.

Im Widerspruch dazu steht, dass dennoch nach wie vor in der deutschen Durchschnittsfamilie3 die klassische Rollenverteilung gelebt wird: Der Mann bleibt erwerbstätiger Ernährer, die Frau die häuslich Sorgende mit Verantwortung für Haushalt und Kinder. Konflikte zwischen Männern und Frauen sind vorprogrammiert, wenn sich die modernen Ansichten nicht mit den traditionellen verbinden lassen. Ein Blick in gleichgeschlechtliche Partnerschaften würde sich hier lohnen.

Haben sich auch - oder gerade - im partnerschaftlichen Bereich patriarchale Strukturen und standardisierte Geschlechterrollen so sehr im Verhalten manifestiert, dass zwangsläufig immer wieder alte Muster bedient werden müssen? Der französische Soziologe Pierre Bourdieu stellt sich in seinem Buch „Die männliche Herrschaft“ genau diese Frage: Wie konnte und kann die Herrschaft der Männer über die Frauen konstant die Jahrhunderte überdauern? Liegt auch in unserer heutigen Gesellschaft eine Herrschaft der Männer über die Frauen vor, die so dominant ist, dass Sie sich auf alle Lebensbereiche aus- gedehnt hat?

Zunächst werde ich kurz die aktuelle partnerschaftliche Verteilung der Haus- und Sorgearbeit darstellen, um das Konfliktfeld meiner Hausarbeit abzugrenzen. Im weiteren Verlauf werde ich dann versuchen, Bourdieus Theorie der männlichen Herrschaft zu rekonstruieren und diese anschließend auf das Ausgangsproblem übertragen. Dazu werde ich zunächst die hierfür wichtigsten Bestandteile aus Bourdieus Theorie definieren, bevor ich den Zusammenhang zwischen der Theorie der männlichen Herrschaft und der Stellung der Frau als überwiegend häuslich Sorgende in der derzeitigen Gesellschaft herstelle. Abschließen werde ich diese Ausarbeitung mit einer Schlussbemerkung zu meiner Arbeit.

2. Das Konfliktfeld: Familiale Arbeitsteilung

„2008 gaben mehr als drei Viertel der in einer Partnerschaft lebenden Mütter mit Kindern unter 16 Jahren an, persönlich „alles“ (4 %) oder „das meiste“ (72 %) im Rahmen der Kinderbetreuung und der Hausarbeit zu erledigen. Sieben von zehn Vätern gaben an, von der anfallenden Sorge- und Hausarbeit den „kleineren Teil“ (61 %) oder „kaum etwas, gar nichts“ (7 %) zu übernehmen.4

Auch wenn die neuere Geschlechterforschung zeigt, dass die „Natürliche Frauenrolle“, eine soziale Konstruktion darstellt, die das Ziel hat, ungleiche Arbeitsteilungssituationen und bestehende Machtverhältnisse zu legitimieren, herrschen in der Gesellschaft nach wie vor traditionelle Vorstellungen darüber, wie sich Geschlechterrollen äußern. Vereinfacht ausgedrückt: Frauen sind in erster Linie für Haus und Familie zuständig, Männer für die Erwerbsarbeit.

Spätestens hier kollidieren die egalitären Vorstellungen junger Paare bezüglich der familialen Arbeitsteilung (gleichwertige Verteilung der Hausarbeit) mit der zunehmenden Traditionalisierung im Verlauf einer Partnerschaft (die Frau übernimmt den Hauptteil der Hausarbeitstätigkeiten und fällt zurück in die Rolle der häuslich Sorgenden):

„Junge Paare starten heute häufig mit ähnlichen Vorstellungen von gleichberechtigter Aufteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit in ihr gemeinsames Leben. Oft stellt sich dann jedoch, spätestens mit dem ersten Kind, eine Retraditionalisierung der Geschlechterrollen ein [...] Wird die Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit in Paarhaushalten über einen längeren Zeitraum betrachtet, so zeigt sich, dass mit zunehmender Ehedauer eine traditionelle Aufgabenverteilung in den Paarhaushalten zunimmt.5

Das folgende Zitat aus einer Auswertung der Österreichischen Instituts für Familienforschung der Universität Wien spricht mit hoher Wahrscheinlichkeit auch für die Ansichten junger deutscher Erwachsene: „Als Familienmodell wird von knapp 63% der jungen Frauen und etwa 50% der Männer jenes bevorzugt, bei dem beide erwerbstätig sind und sich die Arbeit für Kinder und Haushalt teilen.“6 Jedoch wird diese Vorstellung, wie zuvor bereits beschrieben, im längeren Verlauf der Partnerschaft von einem traditionalen Rollenbild verdrängt. Rainer Geißler formuliert es im Zuge seiner Beschreibung der Sozialstruktur treffend und bezeichnet den Konflikt zwischen den nontraditionalen Vorstellungen und der traditionalen Wirklichkeit wie folgt: „Der Wandel der Rollenbilder im Bewusstsein schlägt bis heute kaum auf die strukturellen Ebenen des Verhaltens durch, wenn es zu Kollisionen zwischen beruflichen und familiären Pflichten kommt.“7

Somit ist klar, dass - sieht man von den wenigen Hausmännern ab - Tätigkeiten der Familienarbeit, beispielsweise die Beaufsichtigung, Pflege und Erziehung von Kindern, Hausarbeiten wie Wäsche waschen, Mahlzeiten zubereiten und Saubermachen, sowie Einkaufen und die Pflegearbeiten für kranke oder alte Familienmitglieder überwiegend der Frau vorbehalten sind und somit einer alten, patriarchalischen, also männlichen Vorrechtsstellung entsprechen. Welche Konsequenzen sich für die Partner aus dieser Ordnung ergeben und welche Konflikte zwischen den Geschlechtern daraus entstehen können, werde ich später beschreiben. Zunächst möchte ich jedoch eine Theorie zu diesem Geschlechterkonflikt vorstellen, die der französische Soziologe Pierre Bourdieu entwickelte und die ich zur Betrachtung meines Ausgangsproblems im Verlauf dieser Hausarbeit heranziehen möchte: „Die männliche Herrschaft“.

3. Pierre Bourdieu - Untersuchung der männlichen Herrschaft

Als Bourdieus Buch mit dem Originaltitel „ La domination masculine “ Ende der neunziger Jahre in Frankreich erschien, löste es eine kontroverse Debatte in der Gesellschaft aus. Vor allem Feministinnen sahen die neuesten Erkenntnisse der Genderforschung vernachlässigt und warfen ihm eine einseitige Argumentation vor.

3.1. Das Paradox der doxa

Was beinhaltet Bourdieus Theorie der männlichen Herrschaft und wie begründet er diese? Gleich zu Beginn seines Werks stellt er die Frage die ihn zum Schreiben des Buchs bewegt hat. Er möchte untersuchen, wie es zu dem „Paradox der doxa “ - wie er es nennt - kommt, nämlich dass sich „die bestehende Ordnung mit ihren Herrschaftsverhältnissen, ihren Rechten und Bevorzugungen, ihren Privilegien und Ungerechtigkeiten, von einigen historischen Zufällen abgesehen, letzten Endes mit solcher Mühelosigkeit erhält“8. Das hier bezeichnete Herrschaftsverhältnis stellt für ihn das der Herrschaft der Männer über die Frauen dar.

3.2. Die symbolische Gewalt

Für Bourdieu sind Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht natürlich, etwa biologisch, in den Genen festgeschrieben, sondern kulturell und sozial konstruiert. Denn die männliche Herrschaft ist für ihn ganz klar der Effekt einer symbolischen Gewalt, „jene sanfte, für ihre Opfer unmerkliche, unsichtbare Gewalt“9, welche bewirkt, dass die Herrschaftsstrukturen „Produkt einer unablässigen (also geschichtlichen) Reproduktionsarbeit sind, an der einzelne Akteure [...] und Institutionen, die Familien, die Schule, der Staat beteiligt sind.“10

[...]


1 Bourdieu, Pierre (2005 [1998]): Die mannliche Herrschaft; Frankfurt/Main: Suhrkamp, S. 198 (kunftig zitiert als Bourdieu: Mannliche Herrschaft)

2 Vgl. Hill/Kopp (2006): Familiensoziologie, Grundlagen und theoretische Perspektiven, Wiesbaden, S.243 (kunftig zitiert als: Hill/Kopp: Familiensoziologie).

3 „ln Deutschland lebt weit uber ein Drittel der Gesamtbevolkerung in einer Kernfamilie, das heiRt in einer Lebensform mit zwei Ehepartnern und mindestens einem Kind."
Datenreport 2008 - Ein Sozialbericht fur die Bundesrepublik Deutschland, Statistisches Bundesamt: S. 44 (kunftig zitiert als: Datenreport 2008).

4 Vgl. Sachverstandigengutachten (2011). Neue Wege - gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Mannern im Lebensverlauf. Gutachten derSachverstandigenkommission an das Bundesministerium fur Familie, Senioren, Frauen und Jugend fur den Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. (kunftig zitiert als: 1. Gleichstellungsberichtder Bundesregierung)

5 Vgl. 1. GleichstellungsberichtderBundesregierung, Factsheet I.

6 Osterreichisches Institut fur Familienforschung, Onlineressource.

7 GeiRler, Rainer (2008): DieSozialstrukturDeutschlands -Zurgesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung, Wiesbaden, S. 320 (kunftig zitiert als: GeiRler: Die Sozialstruktur Deutschlands).

8 Bourdieu: Mannliche Herrschaft, S. 7.

9 Bourdieu: Mannliche Herrschaft, S. 8.

10 Ebd S. 65.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Eine Untersuchung der geschlechterspezifischen, häuslichen Arbeitsteilung
Untertitel
Unter Berücksichtigung Pierre Bourdieus „Die männliche Herrschaft“
Hochschule
Universität Potsdam  (Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Veranstaltung
Einführung in die Konfliktsoziologie
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
17
Katalognummer
V229545
ISBN (eBook)
9783656454571
ISBN (Buch)
9783656457398
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bourdieu, häusliche Arbeitsteilung, Konfliktsoziologie, Allgemeine Soziologie, Geschlechtersoziologie, Familiale Arbeitsteilung, Männliche Herrschaft, Stellung der Frau
Arbeit zitieren
Katarina Baier (Autor:in), 2011, Eine Untersuchung der geschlechterspezifischen, häuslichen Arbeitsteilung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/229545

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