Ökonomische Analyse von Kinderarbeit

Empirie und Modellwelten


Bachelorarbeit, 2013

36 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Empirischer Hintergrund
2.1. Heutige Situation
2.2. Historische Entwicklung

3. Interventionen gegen Kinderarbeit
3.1. Intranationale Interventionen
3.2. Supranationale Interventionen
3.3. Extranationale Interventionen
3.3.1. Labeling
3.3.2. Verhaltenskodex

4. Modellwelt Basu
4.1. Grundmodell: Multiple Arbeitsmarktgleichgewichte
4.1.1. Ansatz
4.1.2. Mechanismus
4.1.3. Ergebnis
4.2. Erweitertes Grundmodell
4.2.1. Ansatz
4.2.2. Mechanismus
4.2.3. Ergebnis

5. Modellwelt Baland und Robinson
5.1. Grundmodell: Einseitige Fürsorge
5.1.1. Ansatz
5.1.2. Mechanismus
5.1.3. Ergebnis
5.2. Erweitertes Grundmodell: Gegenseitige Fürsorge
5.2.1. Ansatz
5.2.2. Mechanismus
5.2.3. Ergebnis

6. Vergleich der Modellwelten

7. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einführung

Arbeit ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Wer einer regelmäßigen Tätigkeit nachgeht, kann nicht nur seine Bedürfnisse und Wünsche befriedigen, sondern erfährt auch in der Gesell- schaft ein höheres Ansehen. Allerdings gilt dies nicht für alle Personen. In vielen Staaten, insbe- sondere in Industrienationen, ist die Arbeit von Kindern mit einem negativen Image behaftet. Die Verurteilung der Kinderarbeit erfolgt oftmals aus dem Affekt und ist selten auf wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt.

In dieser Arbeit soll die ökonomische Analyse der Kinderarbeit erfolgen. Es sollen Gründe für die Existenz von Kinderarbeit aufgezeigt und die Frage, ob Kinderarbeit effizient sein kann, beantwortet werden. Diese Erkenntnisse sollen es ermöglichen, das Thema Kinderarbeit auf einer wissenschaftlichen Ebene zu diskutieren.

Nach der Einleitung im ersten Kapitel, wird in Kapitel 2 die aktuelle und historische Situation der Kinderarbeit verdeutlicht. Im Anschluss daran werden in Kapitel 3 die Ebenen, auf denen Interventionen gegen Kinderarbeit erfolgen können, vorgestellt. Darüber hinaus werden Alternativen aufgeführt, die zur Eindämmung der Kinderarbeit genutzt werden.

Um die Grundlage für eine Diskussion zu schaffen, wird im vierten Kapitel mit dem Modell von Basu ein möglicher Grund für die Entstehung von Kinderarbeit erörtert. Basu, Chefökonom der Weltbank, veröffentlichte im Jahr 1999 ein Modell, in dem untersucht wird, ob sich das Ein- kommen der Eltern auf die Kinderarbeit auswirken kann. Anhand des Modells von Baland und Robinson, beides Ökonomen die sich intensiv mit der Thematik Kinderarbeit befassen, wird im Kapitel 5 festgestellt, ob das von den Eltern gewählte Niveau der Kinderarbeit effizient sein kann.

In Kapitel 6 werden die Ergebnisse der beiden Modelle zusammengefasst und diskutiert. Die möglichen Unterschiede der Modellwelten werden bearbeitet und gegebenenfalls Ansätze zur Erweiterung der Theorien vorgestellt.

Während in Kapitel 2 und 3 der empirischer Hintergrund zur Kinderarbeit anhand der Daten be- handelt wird, die maßgeblich von Diallo et al. (2010) und Cunningham und Viazzo (1996) stammen, sind in Kapitel 4 und 5 die theoretischen Modelle von Baland/Robinson und Basu Ge- genstand der Arbeit.

2. Empirischer Hintergrund

Um die Kinderarbeit ökonomisch analysieren zu können, werden im Folgenden die Begriffe „Kind“ und „Arbeit“ definiert und ein kurzer Überblick über die aktuelle Verbreitung der Kin- derarbeit vermittelt. Dies geschieht auf Grundlage der im Jahr 2010 veröffentlichten Statistiken von Diallo et al. (2010). Im Anschluss daran werden am Beispiel von Großbritannien die histori- schen Entwicklungen der Kinderarbeit gezeigt und mögliche Gründe für den Rückgang dieser erörtert.

2.1. Heutige Situation

Basu (1999) stellt fest, dass die Höhe der Kinderarbeit, abhängig von der Interpretation der Begriffe „Kind“ und „Arbeit“, stark schwanken kann. Es existieren mehrere Definitionen zu dem Begriff „Kind“ und diese besitzen zum Teil unterschiedliche Fokusse. Dennoch hat sich in den meisten Studien die Annahme etabliert, dass eine Person unter 15 Jahren als Kind angesehen wird. Diese basiert auf den Definitionen der Vereinten Nationen und der Internationalen Arbeitsorganisation (engl.: International Labor Organization, ILO).

Die ILO (2012), mit Hauptsitz in Genf, wurde im Jahr 1919 gegründet und zählt aktuell 185 Staaten zu ihren Mitgliedern. Diese entsenden Regierungsabgeordnete und Vertreter von Arbeit- nehmern und Arbeitgebern in die ILO und sorgen damit für eine vielschichtige Struktur, die im System der Vereinten Nationen besonders ist. Zu ihren Aufgaben zählen unter anderem die ge- rechte Gestaltung der Globalisierung sowie das Voranbringen von Arbeits- und Sozialnormen.

Zum einen definiert die ILO Kinderarbeit in den Konventionen 138 und 182. Die Konvention 182 der ILO (1999) verlangt für unter 18-jährige Personen die Unterlassung der schlimmsten Kinderarbeit (z. B. Prostitution, Sklaverei, Beschäftigung unterhalb eines Mindestalters). In der Konvention 138 der ILO (1973) wird den Mitgliedsstaaten die Beschäftigung von Personen, die nicht mindestens 15 Jahre alt sind, unter normalen Arbeitsbedingungen verboten. Die Niederschrift sieht hier einige Ausnahmen vor, jedoch gilt grundsätzlich, dass das Mindestbeschäftigungsalter nicht unter dem Lebensjahr, in welchem die Schulpflicht beendet werden kann, liegen darf. Zum anderen legt die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (1989) fest, dass eine Person ein Kind ist, wenn diese das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und anwendbares Recht die Volljährigkeit nicht bereits früher vorsieht.

Auch für den Begriff „Arbeit“ gibt es verschiedene Definitionen. Laut Ashagrie (1993) zählen Kinder zu „Arbeitern“, wenn diese erwerbstätig werden. Basu (1999) folgt der Auffassung der internationalen Organisationen und Staaten, die Personen als erwerbstätig ansehen, die eine Entlohnung für ihre Arbeit erhalten oder etwas für einen Markt herstellen.

Anhand dieser Definitionen von „Kind“ und „Arbeit“, die auch in den Tabellen 1-3 zur Anwendung kommen, können die Daten zur Verbreitung der Kinderarbeit erhoben werden.

Unter Berücksichtigung von „unsichtbarer Arbeit“ (z. B. Hausarbeit), könnte sich der Anteil der arbeitenden Kinder jedoch signifikant erhöhen. Die Vernachlässigung dieser hält die erfasste Kinderarbeit niedrig. Analog gilt dies für das Mindestalter, ab dem Kinder erwerbstätig werden dürfen. Da die meisten Länder Vorschriften oder Verbote zur Reglementierung von Kinderarbeit verabschiedet haben, kann ein hoher Kinderarbeitsanteil das eigene Versagen aufdecken. Eine untertriebene Darstellung der Situation wird daher, wie von Basu (1999) beschrieben, von eini- gen Staaten begrüßt.

Die Daten des im Jahre 2010 von Diallo et al. (2010) veröffentlichten Berichts „Global child labour developments: Measuring trends from 2004-2008“ sind auf Grundlage der von den Vereinten Nationen (2013) definierten „production boundary“ erhoben worden. Diese Bestimmung sieht Kinderarbeit als einen Teil der Kinderbeschäftigung und berücksichtigt die schlimmsten Arten der Kinderarbeit. Ausgeschlossen von der Erhebung sind zulässige leichte Arbeiten, die nur wenige Stunden in der Woche ausgeübt werden. Die folgenden Daten und Erkenntnisse basieren auf der Veröffentlichung von Diallo et al. (2010).

Tabelle 1: Anteil und Verteilung der Kinderarbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Diallo et al. (2010)

Tabelle 1 stellt den Anteil der Kinderarbeiter und die Verteilung zwischen Geschlecht und Al- tersgruppen dar. Daraus wird ersichtlich, dass es im Jahr 2008 215 Millionen Kinderarbeiter gab. 71 % der Kinder (152 Millionen) waren im Alter zwischen fünf und 14 Jahren. Im Jahr 2004 lag dieser Anteil mit 76 % (170 Millionen) noch wesentlich höher.

Nachfolgend, in Anlehnung an Tabelle 1, wird die Altersgruppe der 5-14jährigen näher betrachtet. In der Zeitspanne von 2000 bis 2004 konnte bereits ein Rückgang von 8,5 % (186 Millionen auf 170 Millionen Kinderarbeiter) vermerkt werden. In den darauffolgenden Jahren bis 2008 ging die Zahl nochmals um 10,3 % zurück.

Im Gegensatz dazu hat die Kinderarbeit in der Altersgruppe von 15-17 Jahren im Zeitraum 2004-2008 um über 20 % zugenommen, obwohl in den Jahren 2000-2004 noch ein Rückgang von über 12 % zu verzeichnen war.

Diallo et al. (2010) stellt fest, dass das Geschlecht eine entscheidende Rolle bei der Frage spielt, ob ein Kind erwerbstätig ist. Im Jahr 2008 sind mehr als 56 % der unter 15-jährigen arbeitenden Kinder Jungen und nur 43,5 % Mädchen. Diese Diskrepanz erreicht ihren Höhepunkt in der Ka- tegorie 15-17 Jahren, mit 59,3 % männlichen Kinderarbeitern und 40,7 % weiblichen Arbeite- rinnen.

Tabelle 2: Regionale Verteilung der Kinderarbeit 2000-2004-2008

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Diallo et al. (2010)

Aus Tabelle 2 lässt sich die regionale Verbreitung der Kinderarbeit entnehmen. Es ist ersichtlich, dass es im Jahr 2004 weltweit 170,3 Millionen (14,1 %) und im Jahr 2008 152,9 Millionen (12,6 %) Kinderarbeiter im Alter zwischen fünf und 14 Jahren gab. Damit ist der Anteil um ca. 10 % zur Vorperiode gesunken. Im asiatisch-pazifischen Raum waren im Jahr 2008 12,5 % der Kinder erwerbstätig. Der lateinamerikanisch-karibische Raum lag mit 8,8 % weit unter dem weltweiten Durchschnitt. Hingegen ist die Beschäftigung von Kindern in den afrikanischen Län- dern südlich der Sahara mit 25,4 % stärker vertreten gewesen, als in den restlichen Regionen der Welt. Die Kinder sind zum größten Teil in der Landwirtschaft, jedoch auch in der Industrie sowie in der Textilproduktion und im Service tätig.

Bei der Beurteilung des Kinderarbeitsvorkommens können die Zahlen lediglich als Richtwert dienen, da eine Vielzahl der von Kindern verrichteten Tätigkeiten in den Statistiken der ILO nicht genügend Berücksichtigung finden. Beispielsweise sind Mädchen vorrangig im Haushalt tätig und werden in den offiziellen Statistiken nicht erfasst, da diese Tätigkeiten nicht unter die „production boundary“ der Vereinten Nationen (2013) fallen.

2.2. Historische Entwicklung

Cunningham und Viazzo (1996) stellen fest, dass Kinderarbeit in den Augen der Menschen, his- torisch gesehen, nicht immer moralisch verwerflich war. Die Briten sahen Anfang des 19. Jahr- hunderts die Faulheit ihrer Kinder negativer, als deren Arbeitseinsatz. Der damaligen Sichtweise nach, führte Nichtstun zu Chaos und einer Störung der Arbeitseinstellung bei Kindern. Arbeit sollte davor bewahren. Als sich die ersten Personen gegen Kinderarbeit aussprachen, haben diese damit eine Tradition in Frage gestellt. Damals wollte und musste die Mehrheit der Kinder arbei- ten. Die Situation in Großbritannien im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts ver- deutlicht die Auswirkungen einer plötzlichen Bewegung gegen Kinderarbeit.

Tabelle 3: Prozentualer Anteil der arbeitenden Kinder, eingestuft nach Altersgruppen in England und Wales, 1851-1911

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Cunningham und Viazzo (1996), 42

Die Daten aus Tabelle 3 machen die Verteilung der Kinderarbeit zwischen den Geschlechtern deutlich. Es ist ersichtlich, dass in England und Wales Kinderarbeit damals alltäglich war. Im Jahr 1861 waren 36,9 % der Jungen und 20,2 % der Mädchen im Alter zwischen zehn und 14 Jahren Arbeiter. In den darauffolgenden Jahren ist die Kinderarbeit deutlich zurückgegangen und erreichte im Jahr 1911 einen neuen Tiefstand. Damals waren noch 18,3 % der Jungen und 10,4 % der Mädchen im Alter von 10-14 Jahren beschäftigt. Bereits seit 1881 konnten keine Daten von Kindern im Alter zwischen fünf und neun Jahren mehr erhoben werden, da der Anteil zu gering war.

Nach Basu (1999) ist der Anteil der arbeitenden Kinder auch heute in keiner Region höher als in Großbritannien zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Lediglich Afrika und Asien wiesen im Jahr 1950 ein höheres Maß an Kinderarbeit auf.

Es gibt mehrere Gründe, die für diesen starken Rückgang in Frage kommen. Basu (1999) stellt fest, dass innerhalb der Industrienationen Kinderarbeit nach und nach verschwand, was aber nicht ausschließlich damit zu begründen ist, dass die Arbeit in die Kolonien verlagert wurde. Wie ebenfalls von Cunningham und Viazzo (1996) festgestellt, begründete sich der Rückgang der Kinderarbeit in Großbritannien unter anderem mit der im Jahre 1880 eingeführten Schul- pflicht. Diese wird als wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Kinderarbeit angesehen. Die Anwesenheitspflicht in den Schulen steigert nicht nur die Schülerzahlen, sondern hebt auch das Arbeitseinstiegsalter. Obwohl der Zusammenhang zwischen Schulpflicht und dem Verschwinden der Kinderarbeit eindeutig erscheint, ist dieser weitaus komplexer als es im ersten Moment scheint.

Ein Vorteil der Schulpflicht ist, laut Basu (1999), die im Vergleich zum Kinderarbeitsverbot leichtere Überwachung. Neben der Schulpflicht unterstützte auch der steigende Wohlstand in Europa, USA und Japan den Effekt, Kinder nicht weiter arbeiten lassen zu müssen.

Kinder haben in der Vergangenheit stets einen Teil zum Familieneinkommen beigetragen. Durch den steigenden Wohlstand in den Familien, war es nun möglich die Kinder von dieser Pflicht zu entbinden, ohne dass sich die Situation der Familie dramatisch verschlechtert und die Eltern ein Abrutschen in ärmliche Verhältnisse fürchten mussten. Basu (1999) spricht hier von der „Luxus- gut-Annahme“, die beschreibt, dass man sich den Verzicht auf das Kindereinkommen leisten können muss.

Basu (1999) stellt fest, dass keine Einigkeit darüber herrscht, welcher Effekt den Rückgang der Kinderarbeit entscheidend verantwortet. Kinderarbeitsverbote haben sich in einigen Branchen, beispielsweise in den Baumwollspinnereien von Manchester, genauso als wirksam erwiesen wie eine Politik des Wartens, in der die wirtschaftliche Entwicklung die Kinderarbeitsverdrängung vorantreibt.

3. Interventionen gegen Kinderarbeit

In diesem Kapitel sollen die verschiedenen Ebenen, auf denen Kinderarbeit bekämpft wird, vorgestellt werden. Hierbei handelt es sich, laut Basu (1999), um intranationale, supranationale und extranationale Interventionen.

3.1. Intranationale Interventionen

Als intranationale Interventionen werden Eingriffe bezeichnet, die innerhalb der Landesgrenzen und dem entsprechenden Rechtsrahmen stattfinden. Hier geht es nicht ausschließlich um die Fra- ge eines Kinderarbeitsverbots, sondern vielmehr um eine Vielzahl unterschiedlicher Möglichkei- ten zur Einflussnahme auf die Kinderarbeit. Dies können z. B. landesspezifische Gesetze zur Schulpflicht oder zu einem Mindestbeschäftigungsalter sein, die eine Beschäftigung nur unter bestimmten Kriterien erlauben. Mit den entsprechenden Programmen geht oftmals die Gründung von staatlichen Überwachungsinstrumenten einher. Zu den intranationalen Eingriffen zählen ebenfalls nichtstaatliche Programme. Basu (1999) stellt in diesem Zusammenhang ein Programm aus Thailand vor. Dieses Programm „The Daughters Education“ (DEP) unterbreitet Mädchen Bildungsangebote und versucht diese damit vor einem Abrutschen in die Prostitution zu bewah- ren.

3.2. Supranationale Interventionen

Supranationale Eingriffe werden von internationalen Organisationen getragen. Beispiele dafür sind unter anderem „United Nations Children’s Fund” (UNICEF), die „World Trade Organizati- on” (WTO) oder die „International Labor Organization“. Die Organisationen sind über Landes- grenzen hinweg aktiv, sodass beispielsweise UNICEF (2013) in über 150 Ländern weltweit agiert. Eines der mächtigsten Instrumente der ILO, welche von Basu (1999) als eine der bedeu- tendsten Vereinigungen beschrieben wird, ist die Einführung internationaler Arbeitsstandards, die gewisse Mindestregeln und Konditionen für Arbeitnehmer bestimmen und denen die zu- stimmenden Mitgliedsstaaten nachkommen müssen. Ein ausschlaggebendes Argument für die Wirksamkeit dieser Maßnahmen ist die Möglichkeit der Sanktionierung bei Verstößen, bei- spielsweise dem Nichteinhalten von Arbeitsstandards. Um die Kinderarbeit zu zügeln, versucht die ILO möglichst viele Staaten zur Anerkennung der Abkommen zu bewegen. Selbiges gilt für andere weltweit agierende Organisationen.

3.3. Extranationale Interventionen

Da der Zustimmungsprozess zu internationalen Arbeitsstandards ein sehr langwieriger Weg sein kann, haben einige Staaten selbst Maßnahmen zur Einflussnahme auf andere Staaten entwickelt, um somit die Kinderarbeit auf der extranationalen Ebene zu bekämpfen. Die Eingriffe beziehen sich überwiegend auf Entwicklungsländer, da gerade hier oftmals die Zustimmung auf breiter Linie fehlt, wie Basu (1999) feststellt. Dies kann durch die weite Verbreitung von Kinderarbeit in den Ländern begründet sein. Eine mögliche Form solcher Maßnahmen sind Importverbote für Produkte, die mit Hilfe von Kinderarbeit hergestellt werden. Der entstehende Nachfragerück- gang soll einen Abbau der Kinderarbeit in den entsprechenden Regionen bewirken. Allein die Diskussion über sinkende Absatzmöglichkeiten, so die Vermutung, hat eine abschreckende Wir- kung und verringert den Einsatz von Kinderarbeitern. Das Labeling, eine Kennzeichnungspflicht für Produkte, die von Kindern hergestellt wurden, stellt eine weitere Möglichkeit der extranatio- nalen Interventionen dar. Ein Problem der extranationalen Interventionen sind die nicht immer klar erkennbaren Absichten eines solchen Eingriffes. Bei Einführung solcher Bestimmungen können auch andere Interessen als die Bekämpfung der Kinderarbeit eine Rolle spielen, bei- spielsweise die Erhöhung des Absatzes heimischer Produkte. Bei einer Kennzeichnungspflicht in Bezug auf Kinderarbeit wird sich wahrscheinlich genau dies beobachten lassen. Basu (1999) betont, dass deshalb die Interessen und Beweggründe genau ergründet werden müssen.

3.3.1. Labeling

Hilowitz (1997) beschreibt das „Social Labeling“ von Produkten als ein Beispiel für extranationale Interventionen. Kennzeichnungen haben in ihrer langen Historie gezeigt, dass das Ansetzen bei dem Konsumenten eine Verbesserung am Beginn der Produktionskette bewirken kann.

Durch Kennzeichnungsinitiativen kann eine Vielzahl an Zielen verfolgt werden. Eine Kennt- lichmachung der Produkte im Bezug auf gerechte Arbeitsbedingungen kann die Produzenten beeinflussen, wenn dies von den Konsumenten entsprechend unterstützt wird. Hierdurch werden die Arbeitsbedingungen und Lebensumstände der Kinder verbessert oder die Kinderarbeit sogar teilweise verdrängt. Weitere positive Effekte können die finanzielle Unterstützung von Schul- und Rehabilitationsprojekten sein, welche ebenfalls den Kindern zugutekommen. Andere bestre- ben eine Verbesserung der Arbeitsumstände, unter denen die Kinder tätig sind, wieder andere forcieren ein vollständiges Arbeitsverbot. Eine der Initiativen ist das „Rugmark“ Programm, das im Jahr 1994 gegründet wurde. Es findet in der indischen Teppichindustrie Anwendung und ga- rantiert eine Produktion frei von Kinderarbeit. Diese Nichtregierungsorganisation kontrolliert die Betriebe unangekündigt und konnte dazu beitragen, dass ein starker Rückgang der Kinderarbeit im Bereich der Teppichherstellung zu verzeichnen war.

3.3.2. Verhaltenskodex

Hilowitz (1997) nimmt an, dass der öffentliche Druck auf international agierende Unternehmen, oftmals mit Standorten in kinderarbeitsreichen Ländern, dafür verantwortlich ist, dass viele Un- ternehmen einen Verhaltenskodex („code of conduct“) einführen. Hierbei verpflichtet sich der Hersteller freiwillig Arbeitsbedingungen, Löhne, Sicherheit und Gesundheit zu optimieren. Die Zielerreichung wird teils von den Unternehmen selbst überwacht und teils von unabhängigen Partnern kontrolliert. Schwierig ist dabei allerdings die lückenlose Überwachung aller Produkti- onsbereiche und -standorte multinationaler Unternehmen. Erschwerend kommen die unterschied- lichen Arbeitsstandards in den einzelnen Ländern hinzu, die häufig von den Vorgaben anerkann- ter Organisationen abweichen. Die tatsächliche Wirksamkeit dieser Maßnahme sollte also kri- tisch hinterfragt werden.

4. Modellwelt Basu

In den vorangegangen Kapiteln wurde deutlich, dass das Thema Kinderarbeit ein altes Phänomen der Geschichte ist und bis in die heutige Zeit nichts von seiner Brisanz verloren hat. Allerdings stellt sich weiterhin die Frage, was die Ursachen für die Entstehung von Kinderarbeit sind. Diese soll im Folgenden Kapitel beantwortet werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Ökonomische Analyse von Kinderarbeit
Untertitel
Empirie und Modellwelten
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
36
Katalognummer
V230795
ISBN (eBook)
9783656488972
ISBN (Buch)
9783656493051
Dateigröße
722 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ökonomische, analyse, kinderarbeit, empirischer, hintergrund, modellwelt, basu, baland/robinson, gegenüberstellung, fazit
Arbeit zitieren
Jan Wettengel (Autor:in), 2013, Ökonomische Analyse von Kinderarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230795

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