Die Synode von Sutri und Rom

Quellen und Stellungnahmen der Forschung zu deren Bedeutung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

98 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Deckblatt

I. Die Synode von Sutri und Rom im Jahre 1046: eine Hinführung

II. Systematische Vorbetrachtungen zu den Ereignissen der Synode von Sutri und Rom im Jahre 1046
2.1 Quellen und Literatur
2.1.1 Zur Frage der Überlieferung
2.1.1.1 Kategorie der gleichzeitigen Geschichtsschreiber
2.1.1.2 Spätere Überlieferungen mit kaiserlicher Grundtendenz
2.1.1.3 Spätere Überlieferungen mit päpstlicher Grundtendenz
2.1.2 Stellungnahmen in der Forschung
2.2 Systematische Betrachtung zu den Synoden der ottonisch-frühsalischen Zeit
2.3 Monastische Reformbemühungen im 10. und in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts

III. Vorgeschichte zur Synode von Sutri
3.1 Stadtrömische Auseinandersetzungen und die Abdankung Benedikts IX
3.2 Die Synode von Pavia im Oktober 1046
3.3 Die Zusammenkunft Heinrich III. mit Gregors VI. in Piacenza

IV. Das Synodalgeschehen im Jahre 1046
4.1 Die Synode von Sutri am 20. Dezember 1046
4.2 Die Synode in Rom am 24. Dezember 1046 und die Wahl Clemens’ II.
4.2.1 Die Neubesetzung des päpstlichen Stuhls
4.2.1.1 Die Kandidaten
4.2.1.2 Die Wahl
4.2.2 Die Einsetzung und Kaiserkrönung

V. Die Bedeutung der Synode von Sutri und Rom: Versuch einer (Neu-) Interpretation 64

VI. Anhang
Anhang I: Liste der Synoden
Anhang II: Tabellarische Übersicht der Synoden und ihrer Belege
Anhang III: Urkunden und Quellenanhang
A: Urkunden / Sonstige Überlieferungen
B: Historiographie
Anhang IV: Liste der deutschen Bischöfe auf den beiden Italienzügen Heinrichs III

Abkürzungsverzeichnis

Quellen- und Literaturverzeichnis
Gedruckte Quellen und Regestenwerke
Literatur

I. Die Synode von Sutri und Rom im Jahre 1046 : eine Hinführung

››Synodus magna et prima Papaie,…
secunda Sutriae,in qua in presentia regis… depositi sunt papae duo, …
tercia Rome…, in qua… depositus est papa Benedictus et
… postera die nomine Clementis papa consecratus, …‹‹[1]

Mit der typischen Aufzählung in den Annales Corbeiensis zum Jahre 1046 ist der Zusammenhang zwischen den Synoden von Pavia, Sutri und schließlich Rom bereits in den späteren Quellen[2] angelegt. Die Verknüpfung der Synoden von Pavia und Sutri wurde vor allem von Ernst Steindorff in seinen Jahrbüchern des Deutschen Reiches unter Heinrich III. beschrieben[3] und wurde für weitere Historiker richtungweisend[4] – auch wenn sich andere gegen die Auffassung wandten[5]. Die Versammlungen von Pavia, Sutri und Rom haben seit jeher im Blickpunkt der Forschung gestanden: Pavia, weil hier am 25. Oktober 1046 ein generelles Simonieverbot erlassen wurde[6], Sutri wegen des Absetzungsverfahren gegen Papst Gregor VI. aufgrund seiner simonistischen Abmachung[7] und Rom als Synode der Neubesetzung des päpstlichen Stuhls und Krönung Heinrichs III.

Die Frage nach den Vorgängen im Jahre 1046, der wirkungsgeschichtlichen Ereignisse um Sutri am 20. Dezember 1046, sind für den Historiker von besonderem Interesse, weil sie „ein Merkstein in dem Verhältnis von Kaisertum und Papsttum“[8] darstellt: Der deutsche König Heinrich III. zieht im Sommer des Jahres 1046 nach Italien, um die Kaiserkrone zu erlangen. Nachdem er in Pavia eine Synode abgehalten hatte, das die Rangstreitigkeiten innerhalb der Kirchenprovinz Aquileia regelte und auch ein Verbot simonistischer Zahlungen für geistliche Handlungen erließ, traf der König in Piacenza mit Papst Gregor VI. im November 1046 zusammen. Der offenbar dort erfolgte ehrenvolle Empfang des Papstes und das schriftliche Zeugnis eines Gebetsbundes, an dem beide beteiligt waren, deuten darauf hin, dass Heinrich erst nach dieser Begegnung mit der Kritik um die Umstände der Papsterhebung Gregors VI. konfrontiert wurde. Wahrscheinlich sah der König sich dadurch veranlasst eine Synode nach Sutri einzuberufen, in deren Verlauf die Absetzung Gregors und Verurteilung zweier Invasoren (Benedikt IX. und Silvester III.) beschlossen wurde. Schließlich wurde auf der römischen Synode am 24. Dezember 1046 die notwendige Neuwahl eines Papstes mit Bischof Suidger von Bamberg vorgenommen, der den Namen Clemens II. (1046-1047) annimmt. Am Vigiltag werden zudem Heinrich III. und seine Gemahlin Agnes von Poitou von Clemens II. zum Kaiser und zur Kaiserin gekrönt.

Das Ergebnis der Vorgänge im Rahmen der Synode von Sutri ist eindeutig: es war das Ende des Pontifikats Gregors VI. und machte damit den „Weg für eine neue Epoche des Papsttums“[9] frei. Mit Clemens II., als erster in einer aufeinander folgenden Reihe von fünf deutschen Päpsten, wurde der Stein für den „Beginn eines Prozesses von weltgeschichtlichem Rang“[10] zum Anstoß gebracht, dass letztlich Auswirkungen und genügend Konfliktstoff auf die Ereignisse unter Heinrich IV. bereithalten[11].

Gegenstand und Ziel des vorliegenden Beitrags ist, den Vorgängen der im Jahre 1046 abgehaltenen Synoden von Pavia, Sutri und Rom eine angemessene Darstellung zu geben, soweit die Quellen solche Aussagen zulassen. Dabei ist die Analyse der Ereignisse des Jahres 1046 durch die schwierige Quellenlage, meist aufgrund mangels objektiver Aussagen der Geschehnisse, bzw. fehlender unmittelbarer synodaler Protokollberichte, und der darauf folgenden oft widersprüchlichen Stellungsnahmen in der Forschung, nicht eindeutig, bzw. wird erschwert[12]. Die vorliegende Untersuchung ist gegliedert in die oben skizzierten fünf Hauptkapitel. Das nun folgende II. Kapitel behandelt die Frage der Überlieferung zum Synodalgeschehen der Jahre 1046/1047, das die in der Forschung existierenden Probleme und der Erfassung der jeweils wesentlichen Quellen und Literatur in den Sachverhalt des Beitrages einbringt. Dabei wird im Verlauf dieses Kapitels eine ‚Systematische Betrachtung zu den Synoden in der ottonisch-frühsalischen Zeit’ vorangestellt, um die Frage der Einberufung der Synoden, ihres Ablaufs und die Frage des Vorsitzes nachzugehen. Als letzten Unterpunkt stehen vor allem die Klosterreformen des 10. und frühen 11. Jahrhunderts im Mittelpunkt.

Des Weiteren wird im dritten Teil der Arbeit die Vorgeschichte zur Synode von Sutri in seinen Gründzügen bis zu ihrer Abhaltung am 20. Dezember 1046 dargestellt. Die Darstellung erfolgt nicht aus unberechtigten Gründen, denn in weitgehender Weise hat die Entwicklung der vorangehenden Ereignisse sich auf die Abhaltung der Synoden in Sutri und Rom ausgewirkt.

Im vierten Hauptkapitel „Das Synodalgeschehen im Jahre 1046/1047“ wird ein Blick auf das geschichtliche Erscheinungsbild der Ereignisse, einschließlich einer quellenkritischen Darstellung, geworfen. Um ein möglichst getreues und quellenabgesichertes Bild zu gewinnen, stützt sich die Arbeit auf die im zweiten Kapitel angegebenen Quellen und Literaturangaben.

Anschließend hat die Studie in einer Schlussbetrachtung (V.) die Aufgabe, Licht in die Verstrickung der Ereignisse, Ergebnisse und den Bewertungen von 1046/1047 zu bringen, bei der vor allem die Bedeutung der Synode von Sutri und Rom, ihre Besonderheit und Einmaligkeit, herausgestellt werden soll. Der Schwerpunkt der Arbeit wird eindeutig auf der Frage liegen, ob die Synode von Sutri ein Wendepunkt, ein Schlusspunkt oder möglicherweise keines von beiden war. Dass die Synode von Sutri eine große Bedeutung gehabt hat, darüber ist sich die Forschung generell mehr oder weniger einig; allerdings besteht noch eine gewisse Unsicherheit darüber, worin diese Bedeutung nun eigentlich lag, denn der Vorgang ist so komplex und entwickelte eine so unvorhersehbare Dynamik, dass das Ereignis kaum auf eine einzige Ursache zu reduzieren sein dürfte.

Dem folgend wird ein ausführlicher Anhang (VI.) der Arbeit beigegeben, das neben Tabellen und einer Liste (Anhang I, II und IV), im dritten Teil (III) des Anhangs ein Urkunden- und Quellenanhang zur Beweisführung enthält. Schließlich werden nach einem Abkürzungsverzeichnis, die im Text zitierten Quellen und Literatur in einem Verzeichnis aufgeführt.

II. Systematische Vorbetrachtungen zu den Ereignissen der Synode von Sutri und Rom im Jahre 1046

2.1 Quellen und Literatur

2.1.1 Zur Frage der Überlieferung

››Eine erneute Beschäftigung mit der Synode von Sutri mag müßig erscheinen‹‹[13] . Mit diesen Worten hat der Historiker Franz-Josef Schmale in seinem Aufsatz ››Die „Absetzung“ Gregors VI. in Sutri und die synodale Tradition‹‹ den Umstand beschrieben, dass die Frage nach den Vorgängen auf den Synoden von Sutri und Rom im Jahre 1046 eine zahlreiche Literatur hervorgebracht hat, aber auch „ein ungewöhnlich häufiges und noch Jahrzehnte nachwirkendes Echo in der Historiographie und in Traktaten des 11. Jahrhunderts gefunden“[14] hat.

Die für die Jahre 1045ff. in Betracht kommenden Quellen sind zahlreich, doch muss der Umstand beachtet werden, dass wir keine unmittelbaren Zeugnisse zu den Ereignissen der Synode von Sutri besitzen[15]. Zudem erweisen sich die historiographischen Quellen in dieser Hinsicht als äußerst problematisch, denn in der Folge der oft widersprüchlichen Aussagen und je nach Blickrichtung des Verfassers, neigen sie dazu, die im Mittelpunkt ihrer Darstellung stehenden Personen zu alleinigen Trägern der Handlung zu machen, das heißt entweder für die Sache des Papstes oder für den König Partei ergreifen[16].

In derselben Weise wie die Quellen über die Ereignisse um Sutri vieles Widersprüchliche und Unglaubwürdige berichten, so ist auch die Forschung, trotz der reichhaltigen Behandlungen, die die Vorgänge in der Literatur gefunden haben, lange nicht zu einer einhelligen Beurteilung und einem allgemeingültigen Ergebnis jener Ereignisse und Vorgänge gelangt[17]. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Überlieferung der Synoden des frühen 11. Jahrhunderts und der daraus folgenden uneinheitlich literarischen Aussagen der Historiker mit ihrer unterschiedlichen Bewertung der überlieferten Nachrichten über Sutri und Rom nicht sonderlich befriedigend ist[18].

Die quellenkritischen Beobachtungen zu den Vorgängen der Synode von Sutri und Rom orientieren sich im Folgenden an die Bestimmungen von Ernst Steindorff[19], unter dem wir die Quellen nach ihren Tendenzen[20] folgendermaßen einteilen:

1. Kategorie der gleichzeitigen Geschichtsschreiber (den Ereignissen zeitlich nahe stehenden Quellen),
2. Spätere Überlieferungen mit kaiserlicher Grundtendenz und
3. Spätere Überlieferungen mit propäpstlicher Tendenz.

Diese Auffälligkeiten in den Quellen sind im Rahmen der quellenkritischen Analyse zunächst einmal nur zu sammeln. Sie bilden im Rahmen der sich anschließenden Darstellungen zu den Synoden den Ausgangspunkt für die weitere Untersuchung[21].

2.1.1.1 Kategorie der gleichzeitigen Geschichtsschreiber

Als ersten[22] Geschichtsschreiber, der den Ereignissen um Sutri zunächst zeitlich am nächsten steht, ist Hermann von Reichenau († 24. September 1054; auch Hermann der Lahme, Hermannus contractus genannt). Von Kindheit an gelähmt kam er im Alter von sieben Jahren auf die Reichenau, wo er auch später Mönch wurde. Als Gelehrter mit einer umfassenden Bildung schreib er Werke über Astronomie, Mathematik und musikalische Werke. Der am 18. Juli 1013 geborene Gelehrte führte eine von Christi Geburt bis 1054 reichende Weltchronik („Chronicon“)[23], geschrieben in lateinischer Sprache und in Form von Annalen. Der Gelehrte hat seine Chronographie, die erste der deutschen Kaiserzeit, seit etwa 1044/45 gleichzeitig mit den Geschehnissen geführt[24]. Wir besitzen mit Hermann von Reichenau demnach eine Quelle, die zwar über die Synode von Sutri berichtet, seine Nachrichten aber aus zweiter Hand stammten[25]. Die Chronik wurde dann von seinem Schüler Berthold von Reichenau bis 1080 fortgesetzt.

Das zeitlich nächste Zeugnis, die höchstens ein Jahr hinter den Ereignissen von Sutri und Rom steht, ist der Traktat eines anonymen Autors: „De ordinando pontifice“[26].

Der Traktat wurde in der wissenschaftlichen Literatur in nahezu allen Punkten kontrovers diskutiert – auch bzgl. der Wichtigkeit für die Ereignisse des Jahres 1046, so bei der Frage um den Verfassers Empfänger, der Herkunft und Person, sowie um den genauen Zeitpunkt der Entstehung der Schrift[27].

Die Datierung der Schrift – bei der in der Forschung über die zeitliche Einordnung ein gewisse Einigkeit besteht – kann zwischen den Eckdaten 8. November 1047 und Mitte Juli 1048 festgehalten werden (in der Forschung auch eine enge Datierung auf Januar 1048)[28]. Die Schrift, nur als Bruchstück erhalten, entstand wohl auf eine Anfrage aus den französischen Episkopat[29], die auf die Neuordnung der Kirche durch Heinrich III. nach der Synode von Sutri ausging[30], wobei dieses Schreiben eines Klerikers[31] sich besonders in heftiger Weise gegen Kaiser Heinrich III. und seiner Kirchenpolitik wendet, dass er es gewagt habe, auf der Synode von Sutri Päpste abzusetzen[32]. Der Text bricht ab, als anscheinend auf die Beurteilung Clemens’ II. eingegangen wird, zudem fehlt eine abschließende Beurteilung durch den Verfasser wie der allgemeine Zustand der Verwirrung der Kirche (generalem statum in perturbatione aecclesiae cupiat reformari, S. 46, Z. 3f.) gebessert werden soll[33].

Als nächste historiographische Gattung, die den Ereignissen insgesamt sicher nicht näher, aber auch nicht ferner stehen, sind die Annalen (lat. annales, dt. „Jahrbücher“)[34]. Wegen des großen Umfangs können nur einige hier behandelt werden.

Die so genannten Annales Romani[35] aus der Zeit Heinrich IV., die uns leider nur in Bruchstücken erhalten sind,[36], haben in der vorliegenden Form vielleicht erst im 12. Jahrhundert, um 1120 und unter Heinrich V., Gestalt angenommen, „als stadtrömische Bestrebungen sich wieder kräftiger regten und diese immer wieder den Versuch machten, an der deutschen Herrschaft eine Stütze gegen das Papsttum zu gewinnen“[37].

Als zweite müssen die Annales Altahenses (oder Altaischer Annalen) erwähnt werden, eine in der Zeit von 708 bis 1073 umfassende reichsgeschichtliche Aufzeichnung von einem Mönch des Klosters Niederaltaich. Überliefert sind uns die Altaicher Annalen in einer 1517 abgefertigte Abschrift des bayrischen Geschichtsschreibers Aventinus (†1534), der die Annalen aus der Altaicher Bibliothek wahrscheinlich abgeschrieben oder zumindest exzerpiert hatte[38]. Eine Zweiteilung der Abschrift kann aufgrund der Tatsache der Knappheit der Nachrichten vor 1032 und der zunehmenden Ausführlichkeit nach diesem Zeitpunkt vorgenommen werden, auch wenn ein Verfasserwechsel nicht unbedingt anzunehmen ist. Während der erste Teil (708-1032) sich auf ältere Vorlagen, wie der Hersfelder und größeren Hildesheimer Annalen, sowie Annalen Alamannici, ferner Willibals Via Bonifatii, Thangmars Vita Bernwardi und anderen Quellen stützt, wurde im zweiten Teil der Darstellung (1032-1073) die Chronik Hermanns von Reichenau und wahrscheinlich eine verlorene Schilderung der Ungarn- und Böhmenkriege Heinrichs III. von 1041-1052 herangezogen[39].

Die letzten zu nennenden Annalen sind die folgenden Geschichtswerke: die Corveyer Annalen und die Annales Corbeiensis. Interessant für uns ist die erstere mit seinem wertvollen und ausführlich gehaltenem Bericht über den Italienfeldzug Heinrichs III., und der Erwähnung der drei Synoden von Pavia, Sutri und Rom mit der Wahl des Papstes Clemens II. (Suidgers von Bamberg) und der Kaiserkrönung. Wahrscheinlich hat Abt Ruthard die in der richtigen Reihenfolge genannten Ereignissen im Jahr 1046[40] selbst niedergeschrieben und aus eigenem Erleben geschildert, sei es nun, dass er selbst die Heerfahrt seines Königs mitgemacht hatte oder sie ihm durch schriftliche Mitteilung selbst zukam[41].

2.1.1.2 Spätere Überlieferungen mit kaiserlicher Grundtendenz

Widmen wir uns nun der Reihe der Quellen, auf die sich die ‚kaiserliche Theorie’ stützt[42], so sind hier Benzo von Alba, Beno (oder Benno) und Sigebert von Gembloux[43] zu nennen[44]. Der erste Schriftsteller, den wir in unserem Zusammenhang betrachten, ist Benzo von Alba (*wahrscheinlich schon unter Heinrich III., jedenfalls schon vor 1059; † nach 1089/90), bekannt als Verfechter der kaiserlichen Staatsidee unter Heinrich IV., und gehörte zu der Gruppe des reichtstreuen oberitalischen Episkopats. Er galt als erbitterter Gegner der Bestrebungen Gregors VII. während der Investiturstreitzeit und wurde 1076 (oder 1077) von der Pataria aus seinem Bischofssitz vertrieben. Mit seiner im Jahr 1086 oder 1087 verfassten Schrift „Libri VII ad Heinricum IV.[45] – einer Sammlung zusammengefasster Schriften in kurzer polemischer, mehr oder weniger chronologischer Folge in sieben Büchern[46] – liefert er eine historische, den Römerzug umfassende Deduktion gegenüber der Behauptung Gregors VII. an, dass der Papst über das Kaisertum nach Belieben verfügen könne, den entgegenstehenden Satz, dass es den Königen und Kaisers zustehe, den Papst und die Bischöfe einzusetzen[47].

Neben dem Werk des Benzo von Alba ist das Werk des römischen Kardinalpriesters Beno über das Leben und die Taten Hildebrands in zwei Büchern zu nennen, das uns näher an das Zentrum des Gegenpapstums bringt und eine Sammlung von Akten und Propagandaschriften liefert, die in der Überlieferung unter dem Titel Gesta Romanae ecclesiae contra Hildebrandum bekannt ist[48].

2.1.1.3 Spätere Überlieferungen mit propäpstlicher Tendenz

Nun hat die bisherige Forschung sich praktisch auf den Standpunkt gestellt, weitere Quellen als die bisher behandelten gebe es nicht; denn spätestens seit Steindorff werden sie als tendenziös bezeichnet, dass ihre Berichte über Sutri als reine Erfindung hingestellt wurden: Desiderius von Montecassino[49] und Bonizo von Sutri. Doch sind diese Quellen[50], die als unbrauchbar, weil tendenziös, bezeichnet wurden[51], die einzigen Berichte italienischer Autoren, die alle in engere Beziehung zu Rom und zur römischen Kirchenprovinz stehen, außerdem liefern sie die ausführlichsten Schilderungen der Vorgänge in Sutri[52].

An dieser Stelle näher betrachten wollen wir uns Bonizo von Sutri[53], der einer der wichtigsten Darstellungen für unsere Ausführungen bringt. Bonizo, ist im zweiten Viertel des 11. Jahrhundert – wahrscheinlich um 1045 – geboren; stammte vielleicht aus der Gegend um Cremona, jedenfalls aus dem nichtrömischen Reichsitalien, genauer gesagt aus der mailändischen Kirchenprovinz. Bonizo kommt wohl aus kleinen Verhältnissen[54] ; seine Bildung ist eng kirchlich-pastoral, wobei sich der Akzent von Bonizos Klerikerbildung im Kirchenrecht und im Juristisch-Administrativen liegt[55]. Schon als junger Kleriker schloss sich Bonizo ganz an Hildebrand an, verfolgte wohl ab 1074 die Geschehnisse von Rom aus, wohl als Verbindungsmann der Cremoneser Pataria. Er galt zudem in Rom als ein eifriger Verehrer des Papstes, der ihn 1075 oder 1076 zum Bischof der kleinen, aber in den damaligen politischen Verhältnissen wichtigen Stadt Sutri erhob.

Im Jahre 1082 wurde er von einer feindlichen Partei aus seiner Stadt vertrieben, wurde als König Heinrich IV. vor Rom lag, von dem königlichen Heere gefangen genommen. Es gelang ihm freilich spätestens im Jahr 1086 sich zu befreien, konnte entfliehen, kehrte aber nicht mehr in sein Bistum zurück. Er fand Zuflucht bei der Großgräfin Mathilde von Tuszien. Er stand auch weiterhin in Verbindung mit den Anhängern Gregors VII., die nach dem Tod des Papstes in Salerno (25.5.1085) in Schutz der Markgräfin Mathilde von Tuszien den Kampf gegen Clemens III. fortzuführen suchten. In dieser Situation entstand Bonizos Liber ad amicum[56], gewidmet einem unbekannten Freunde, einem „amicus“, in dem wir mit ziemlicher Sicherheit ein Kleriker vermuten dürfen[57].

Die Patarener wählten Bonizo, denen er sich angeschlossen hatte, schließlich 1086 zum Bischof von Piacenza, mitten im Kerngebiet eines kaiserlichen Anhangs. Er wurde 1089, oder in einem der folgenden Jahre, bei einem Aufstand der Kaiserlichen vertrieben und dabei wurden ihm schwere körperliche Unbilden zugefügt: er wurde geblendet und vielleicht noch mehr verstümmelt. In der Folgezeit verbrachte er die Zeit bis zum Tod (wohl vor 1099, da er den Tod Urbans II. nicht erwähnt[58] ) an einem unbekannten Ort, wahrscheinlich in einem Konvent bei Cremona. Bonizos ist vielleicht im Jahr 1094 in Cremona gestorben, das genaue Todesdatum ist unbekannt[59].

Bonizos ›› Liber ad amicum‹‹ (Buch an einen Freund), der diese Zeit von der Synode von Sutri (1046) bis zum Tod Gregors VII. (1085) in Buch V bis IX behandelt[60], wurde zu der wohl am meisten beachteten „Streitschrift“ des Zeitalters des Investiturstreits. Die Niederschrift fällt, das ist unbestritten, in die Jahre 1085 oder 1086 und zwar, wie Steindorff mit Recht annimmt, wahrscheinlich in die Zeit zwischen dem Tode Gregors VII., 25. Mai 1085, und der Erwählung Viktors III., 24. Mai 1086[61].

Bonizo hat mit seinem Liber ad amicum eine streng gregorianische (d.h. propäpstliche) Darstellung der Bedrängnis der Kirche verfasst, nach seinem Hauptinhalt nach das Werk ein an bestimmte Fragen anknüpfender geschichtlicher Überblick von den Anfängen der Kirche bis zum Tod Gregors VII. Zwei Fragen sind es, die Bonizo von dem angeblichen Freunde zur Beantwortung vorgelegt bekommen hat, eine erste, von der Bonizo ausgeht, ist folgende: Quid est, quod hac tempestate mater ecclesia in terris posita gemens clamat ad Deum nec exauditur ad votum, premitur nec liberatur, und die andere: Si licuit vel licet christiano pro dogmate armis decertare[62]. Im Vertrauen auf den Beistand Gottes, qui linguas infantum disertas facit (Bonizo, Liber ad amicum 571, 29f.), will Bonizo sich an die Arbeit machen und zur Feder greifen, … hoc tempore mihi scribere hoc valde visum est pernecessarium[63], in der er durch eine Darstellung der Geschicke der römischen Kirche bis zum Rode Gregors VII. zu erbringen versucht. Er verspricht schnelle Auskunft und in ein und demselben Gedankenzug beantwortet Bonizo beide Fragen. Die erste beantwortet er mit den folgenden Worten:

„Die Mutter Kirche, die oben ist und nicht mit ihren Söhnen in Knechtschaft ist, wird dann am stärksten befreit, wenn sie unterdrückt wird, wächst dann am meisten, wenn sie abnimmt“[64].

Diese erste Frage wird durch einen weit umfassenden, geschichtlichen Abriss dargelegt, denn der Zweck seiner Ausführungen war der Nachweis des oben zitierten Fragesatzes, den der der Sutriner in seiner Schilderung stets im Auge zu halten gewusst hat. Die zweite Frage wurde in aller Kürze bejaht.

Auch wenn Bonizos »Liber ad amicum« zu den besten schriftstellerischen Leistungen der gregorianischen Partei gehört, mag die scheinbare Eindeutigkeit, mit der sich Bonizo im Liber ad amicum als ganz unzuverlässiger Tendenzschriftsteller erwies, nicht darüber hinwegtäuschen, dass „das Interesse für objektive Berichterstattung ... fehlte“[65] und verursacht haben, dass dem Liber ad amicum kein größeres Interesse entgegengebracht wurde. Denn „es ist klar, daß man von einem derartigen Werk angewandter Geschichte keine objektive Wahrheit erwarten darf; (…); für die ihm näher liegende Zeit, etwa von dem Beginn der Kirchenreform ab, gewinnt das nun stark memoirenhafte Werk - es ist in 9 Büchern eingeteilt – größere Bedeutung. Bonizo bringt da zahlreiche sehr ins einzelne gehende Nachrichten, die sonst nicht überliefert sind, (…). Aber bei der Verwertung seiner sonst nicht beglaubigten Nachrichten ist höchste Vorsicht am Platze. Man darf nie vergessen, daß hier ein Parteimann zu ganz bestimmten Zwecken schreibt und muß auch berücksichtigen, daß er offenbar unter schwierigen äußeren Arbeitsbedingungen geschrieben hat, ohne größere literarische Hilfsmittel und vielfach nur auf das Gedächtnis angewiesen. Stellt man das in Rechnung, dann wird man dem Buch vielleicht eher gerecht als durch die Annahme bewußter Entstellung der Wahrheit“[66].

2.1.2 Stellungnahmen in der Forschung

Wichtige Themen und Fragestellungen zum Stand der jüngeren Forschung, zur synodalen Tradition und zur Synode von Sutri und Rom, sollen in der Arbeit eingehend berücksichtigt werden[67]. Über „die Synode von Sutri und Rom“ haben wir keine aktuelle, zusammenhängende neuere Darstellung, welche die vorgefallenen Ereignisse im Zusammenhang behandelt , doch es gibt eine Reihe ältere Literatur,[68] die sich damit bereits beschäftigte. Trotzdem sind noch viele Fragen bis heute umstritten oder ganz ungeklärt geblieben. Schwierigkeiten der Herangehensweise und der Bewertung der Vorgänge liegen vor allem in den mangelnden Quellen.

Zuvor scheint es angebracht, in knappen Umrissen jene literaturgeschichtlichen Fakten zu geben, an denen sich die Vorgänge zu den Synoden und ihrer Kontroversen am besten und deutlichsten darstellen, unabhängig von ihrer jeweils benutzten quellenkundlichen Überlieferung[69].

Als großer Erfolg, der die nachstehende Forschung und Literatur weitgehend beeinflusste, erwies sich die auf Quellenstudium gegründeten Darstellung von Ernst Steindorff „Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich III.“ (Bd. I: 1874), v.a. dessen Exkurs III: Zum Römerzuge Heinrichs III., der für uns eine besondere Relevanz innerhalb der Frage der Überlieferung, zur Schismafrage zwischen Papst Benedikt IX., Silvester III. und Gregor VI. und zur Synode von Sutri, sowie zum Patriziat Heinrichs III. besitzt. Als Verfasser der „Jahrbücher“ für die Zeit Heinrichs ist er sicher „der“ Kenner, der die Elemente der Überlieferung sorgfältig analysiert hat[70].

Vor allem sei hier auch die Studie von Albert Hauck mit der Darstellung der Kirchengeschichte Deutschlands im dritten Teil und die Berliner Akademie-Abhandlung von 1931, Vier Kapitel aus der Geschichte Kaiser Heinrichs III., von Paul Kehr, mit der von ihm eingeleitete günstige Beurteilung Heinrichs III., zu nennen[71]. Daneben ist das wichtige Werk von Harald Zimmermann, Papstabsetzungen des Mittelalters, aus dem Jahre 1968 anzuführen, der einen gesamten Überblick über die Entwicklung der Geschichte gibt und sich zum Teil auf die bereits erwähnte Literatur stützt[72].

Zwei Zeitschriftenartikel, die sich ausschließlich mit der Synode von Sutri und Rom beschäftigen und damit die Grundlage dieser Arbeit bilden, sind die Werke von F.-J. Schmale ››Die „Absetzung“ Gregors VI. in Sutri und die synodale Tradition‹‹, und von Heinz Wolter ››Die Synoden im Reichsgebiet und in Reichsitalien von 916 bis 1056‹‹, die eine neue quellenkritische Untersuchungen angeführt haben[73].

Die Quellenbasis der frühen Salierzeit in Bezug zur Synode von Sutri und Rom wird uns wohl zu manchen Hypothesen zwingen, aber trotz der vorhandenen Urkunden, Regesten und Handschriften haben sich nur wenige Historiker an dieses Thema gewandt. Hier ist noch ernsthafte Forschungsarbeit, besonders im Zusammenhang mit der Überlieferung, festzustellen. Zudem sollte beachtet werden, dass die Diskussion sich fast ausschließlich darauf konzentriert, ob die Synode von Sutri tatsächlich einen Papst absetzte und ob Heinrich III. dabei die entscheidende Rolle spielte, oder ob Gregor VI. – wenn auch gezwungen – eine Selbstabsetzung vornahm. Doch andere ebenfalls kontrovers erörterte Fragen, die mit der Diskussion zusammenhängen, sind ebenfalls zu stellen[74]. So bleibt also immer noch Ungewissheit, welches denn nun die richtige Meinung und inwiefern diese oder jene Ansicht zutreffend oder falsch ist. Es kann aber nicht befriedigen, einen Vorgang, der einen der wichtigsten historischen Prozesse im Abendland in Gang setzte, letztlich in einer derartigen Schwebe zu lassen, ohne wenigstens noch einmal den Versuch einer allseitigen Überprüfung – v.a. innerhalb der Quellenüberlieferung – zu unternehmen[75].

2.2 Systematische Betrachtung zu den Synoden der ottonisch-frühsalischen Zeit

In der folgenden Darstellung unserer Arbeit geht es zunächst in einem knappen Ausblick um die Betrachtung der Synoden Deutschlands und Italiens in ottonisch-frühsalischer Zeit, v.a. um die Frage der Einberufung der Synoden und ihres Vorsitzenden[76]. Wir werden dabei wohl die Einteilung der Synoden als auch ihren Ablauf, ihre Zusammensetzung und ihre Aufgaben und Gegenstände zu berücksichtigen haben. Unsere Darstellung beschränkt sich allerdings auf jene Bischofsversammlungen, die nach der gängigen Einteilung als Reichssynoden[77] und kaiserlich-päpstliche Konzilien bezeichnet werden[78].

[...]


[1] Ann. Corbeiensis, 6. Lateinischer Text im Anhang III, Nr. B 1.

[2] Zu den Quellen und der Überlieferung der Synode von Sutri und Rom vgl. Kapitel II: „Quellen und Literatur“, 4-16.

[3] Vgl. Steindorff, Jahrbücher I, 311.

[4] So folgten der Autorität Steindorffs vor allem Kromayer, Synode von Sutri, 180; Tellenbach, Liberats, 211f.; Zimmermann, Papstabsetzungen 125 und Hauck, Kirchengeschichte III, 586.

[5] Dagegen wandten sich Schmid, Heinrich III., 91 und Schmale, Absetzung 97. Vgl. hierzu Wolter, Synoden, 380 einschl. Anm. 228.

[6] Vgl. MGH Const. I, Nr. 48, 94f. Text im Anhang III, Nr. A 1.

[7] Vgl. Laudage, Priesterbild, 151f.

[8] Kromayer, Synode von Sutri, 161.

[9] Schmale, Absetzung, 55.

[10] Ebd., 56.

[11] Vgl. Körntgen, Salier, 79f.

[12] Dementsprechend ist die Literatur zu Sutri reichhaltig und unübersichtlich. Es ist daher unmöglich im Rahmen dieser Arbeit irgendeinen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Darüber hinaus ist es notwendig die Ereignisse und Entwicklungen in geraffter Weise nach systematischen Gesichtspunkten in die Darstellung zu bringen.

[13] Schmale, Absetzung, 55.

[14] Ebd., 57.

[15] Ein Synodalprotokoll als Quellengattung ist für unser Zusammenhang relevant, da sie Einblick in den Ablauf der Verhandlungen und das Zustandekommen der Beschlüsse gibt, die uns allerdings für die Synode von Sutri und Rom nicht vorliegt, sondern ein Protokoll liegt uns nur für die Paveser Synode vor (siehe Anm. 6). Über den Verlauf der Ereignisse um Sutri ist man fast ausschließlich durch Quellen unterrichtet, die zum Teil von den kirchenpolitischen Kontroversen des Investiturstreites gefärbt sind, so dass es beinahe unmöglich wird, aus den sich oft widersprechenden Nachrichten den wahren Sachverhalt in wünschenswerter Eindeutigkeit zu erfassen und zu rekonstruierten (vgl. Zimmermann, Papstabsetzungen, 126). Zudem verfassten auch die „Zeitgeschichtsschreiber“ (Schmale, Absetzung, 67), ihre Berichte, sofern ihnen nicht schriftliche Quellen vorlagen, auf der Grundlage von Gerüchten oder aus zweiter, dritter oder noch entfernterer Hand. Gleichsam schrieben sie, was sie im Moment wussten, oder was sie anhand der ihnen vorliegenden Nachrichten als richtig halten mochten. Von daher sollte man die Nachrichten „solcher Art“ nicht so behandeln, „als handle es sich um unmittelbare, ungebrochene, gleichsam eidetische Nachzeichnungen der Wirklichkeit, die bis in die Ausdrucksweise und deren grammatische und syntaktische Struktur sozusagen mit dem Geschehen selbst gleichgesetzt werden könnten“ (ders., Absetzung, 67). Keiner der Verfasser von Quellen, sie uns über Sutri vorliegen, war demnach Augenzeuge der Vorgänge – mit Ausnahme vielleicht des Petrus Damiani (vgl. Petrus Damiani, De abdicatione, in: Migne PL 145, 441).

[16] Vgl. Wolter, Synoden, 427.

[17] Vgl. Kromayer, Synode von Sutri, 161 und Tellenbach, westliche Kirche, 120.

[18] Vgl. Wolter, Synoden, 427-431.

[19] Im Folgenden stütze ich mich bei meinen weiteren Ausführungen auf die Untersuchungen von Ernst Steindorff, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich III., (Jahrbücher der Deutschen Geschichte), 2. Bde, Leipzig 1874-1881, v.a. auf den Exkurs III. des ersten Bandes: Zum Römerzuge Heinrichs III., 456-510. Steindorff unterschied die Quellen in verschiedene Grundkategorien, so zwischen Texten „hierarchischer Parteitendenz“ und solchen die „kaiserlicher Parteitendenz“ waren, wobei die ersten als tendenziös und daher offenbar bis in jeder Einzelheit als unglaubwürdig zu gelten hätten, die letzteren aber vertrauenswürdig waren und ihnen daher eine größere Glaubwürdigkeit einräumte [vgl. Steindorff, Jahrbücher I., 456ff.: S. 457: „Beginnen wir mit den Darstellungen von hierarchischer Parteitendenz“ (Bonizo, Desiderius, Bernold). S. 468: „Wenden wir uns nun zu den Darstellungen in Werken von kaiserlicher Parteitendenz“ (Ann. Romani, Gregor von Catina, Benzo von Alba, Benno, Sigebert). S. 478: „Was haben wir nun diesen Ueberlieferungen … an älterer, gleichzeitiger, unbefangener Tradition gegenüberzustellen?“, z.B. Chron. Divionense, Hermann von Reichenau, Ann. Altahenses, u.a. (S.484ff., 500ff.)]. Doch ein grundsätzlicher Anspruch auf höhere Glaubwürdigkeit kommt weder den Quellen zu, welche die Ereignisse aus königlicher Sicht zusammenfassen, noch jenen vom päpstlichen Standpunkt (vgl. Wolter, Synoden 384).

[20] „Dies darf man als tendenziös bezeichnen, als nachweisliche Verfälschung der Wahrheit durch Tendenz“ (Schmale, Absetzung, 76).

[21] Bei dieser Einteilung muss unbedingt darauf hingewiesen werden – und hier schließe ich mich der Ansicht Franz-Josef Schmales (Absetzung 60; 66f.) an – dass die Voraussetzungen für die oben durchgeführte Einteilung der Quellen kritisch zu betrachten ist, dass eine quellenkritische und quellenkundliche Schau der uns vorliegenden Nachrichten in der Forschung einer erneuten kritischen Überprüfung bedarf, worauf auch Steindorff (S.456) hinweist: (…) ist es nothwendig das gesammte, auf den Römerzug Heinrichs III. bezügliche Quellenmaterial scharf zu sichten.“ Gleichzeitig ordnet Steindorff die Quellen nach ihrer Tendenz, indem er deutlich feststellt, dass „…mit der Parteistellung ... in Bezug auf die allgemeine Richtung der Wahrheitsstellung… eine so beschaffene Geschichtsliteratur ein Besitztum von sehr zweifelhaften Werte, [ist] …“ (Steindorff, Jahrbücher I, 456). Folglich wurde „aus dieser Sicht … die Quellen zu Sutri kategorisiert und diejenigen als die wichtigsten und richtigsten erklärt, die den König genau in der unterstellten Rolle zu zeigen schienen, andere wurden so weit wie möglich in diesem Sinne interpretiert, während diejenigen, die dieser Sicht widersprachen, als tendenziös, verfälscht, ja fiktional abgetan wurden“ (Schmale, Absetzung, 61). Zwar richtet sich unsere Darstellung nach der Einteilung von Steindorff, doch hält sich die Arbeit mit einer starken Abwertung der Quellen in den Ausführungen der Darstellung zur Synode von Sutri aufgrund ihrer tendenziösen Berichterstattung zurück und fragen stattdessen nach den Punkten, die allen Berichten gemeinsam sind (vgl. Wolter, Synoden, 384).

[22] Zur Einordnung der Quellen in diesem Kapitel vgl. neben Steindorff, Jahrbücher I, 456ff., auch Schmale Absetzung, 68-77.

[23] Vgl. Herimanni Augiensis Chronicon, hg. von Georg Heinrich Pertz, (MGH SS 5), Hannover 1844, 67-133, für unserer Belange relevant, v.a. 126. Lateinischer Text im Anhang III, B 2.

[24] Vgl. Schmale, Absetzung, 68f. und Ders., Weltchronistik, 137ff., 141ff.

[25] Vgl. Ders., Absetzung 69 und Struve, Art. „Hermann von Reichenau“, Sp. 2167f., hier 2168.

[26] Der in Fragmenten überlieferte Traktat in einem Leidener Codex des 11./12. Jahrhundert wurde als Ausgabe von C. Beyer veröffentlicht (in: FDG 20 (18), 570-585) und dann von E. Dümmler in den Libelli de lite 1 der MGH unter dem Titel „De ordinando pontifice“ (8-14) als Text ediert (vgl. dazu Anton, Traktat „De ordinando pontifice“, 9, beachte zudem die zahlreiche Literatur zum Traktat in ders., Traktat „De ordinando pontifice“, 9 und Anm.1, ebenso seine beachtenswerte Zusammenfassung des Forschungsstands (9-19). Siehe die verschiedenen Texteditionen zu De ordinando pontifice [seu rectius de iudicando pontifice], in: Quellen zum Investiturstreit. Zweiter Teil: Schriften über den Streit zwischen Regnum und Sacerdotium, übers. v. Irene Schmale-Ott, (Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe; Bd. 12b), Darmstadt 1984, 46-67; Tractatus de ordinando pontifice, in: H.H. Anton, Der so genannte Traktat „De ordinando pontifice”. Ein Rechtsgutachten im Zusammenhag mit der Synode von Sutri (1046), (Bonner Historische Forschungen 48), Bonn 1982, 73–83, sowie die Edition bei Erwin Frauenknecht, Der Traktat De ordinando pontifice, (MGH, Studien und Texte, Bd.5), Hannover 1992, 73-100. Die weitere Zitation aus De ordinando pontifice erfolgt nach der Übersetzung von Irene Schmale-Ott.

[27] Es fehlte nicht an Versuchen diese Fragen zu beantworten, doch auf eine wissenschaftliche Untersuchung und Diskussion kann an dieser Stelle verzichtet werden. Es soll hier der aktuelle Stand der Forschung in knapper Form wiedergegeben werden. Vgl. dazu ausführlich Hans Hubert Anton, Der sogenannte Traktat „De ordinando pontifice“. Ein Rechtsgutachten in Zusammenhang mit der Synode von Sutri (1046), (Bonner Historische Forschungen, Bd. 48), Bonn 1982 und Erwin Frauenknecht, Der Traktat De ordinando pontifice, (MGH, Studien und Texte, Bd.5), Hannover 1992; v.a. S. 49-58.

[28] Vgl. Frauenknecht, De ordinando, 49.52. Sie hält eine engere Datierung auf den Januar 1048 für wahrscheinlich, aber nicht als definitiv, während Anton, Traktat „De ordinando pontifice“, den Januar 1048 festhält (S.48.62).

[29] Über den Adressat des Gutachtens besteht weitgehende Einigkeit, dass die Anfrage von einem französischen Erzbischof oder Bischof unterbreitet wurde und die Antwort an ihn zurückging (vgl. Anton, Traktat „De ordinando pontifice“, 63).

[30] Das Motiv der Anfrage beim Anonymus lag in der kanonistischen und kirchenrechtlichen Klärung um die Besetzung des päpstlichen Amtes. Sie muss dem Sinne nach etwa gelautet haben, wie denn nun eigentlich über einige Päpste und Bischöfe zu urteilen sei, die zwar für abgesetzt erklärt wurden, aber noch lebten. Die Anfrage erfolgte wohl unter dem unmittelbaren Eindruck der Ereignisse vom 8. November 1047, vielleicht auch der bevorstehenden Erhebung eines neuen deutschen Papstes, also in Rom nach dem Tod Clemens II. († 1047, Oktober 9), bei dem Benedikt IX. erneut als Papst aufgetreten ist: Nam ut de singulis loquamur, (…) , procedat ab exordio, quem ex depositione relevatum nunc habet improba Romanorum provectio, (…). [„Denn um über einzelne zu sprechen, (…), so soll der am Anfang stehen, den das ungesetzliche Vorgehen der Römer aufgrund seiner Absetzung in seinen vorigen Stand zurückversetzt hat, (…).“] (De ordinando pontifice, 48-51) . Man sah zu Recht darin die Wiedererhebung Benedikts IX. am 8. November 1047 und schloss daraus, dass der Text nach diesem Datum verfasst sei. Aber auch Gregor VI. wird zunächst noch als von einem Lebenden und potentiellen Kandidaten gehandelt [Dies aus De ordinando pontifice, 58f. Z.28ff.: Sed quid in hoc multum laboramus? Cum dampnationis vestrae iuditium vocatione mortis excesserit (...) [Aber warum machen wir uns damit so viel zu schaffen? Denn da Euer Verdammungsurteil infolge seines Todes gegenstandslos wurde(…)“]) und dass sein wohl gerade erfolgter Tod dem Verfasser erst während der Niederschrift seines Gutachtens bekannt wurde. Zudem wird im ganzen Traktat Damasus (Ernennung am 25. Dezember 1047) nicht genannt. Die Frage also, die den Traktat auslöste, ob ein noch lebender ehemaliger Papst jetzt zu restituieren sei – also Benedikt IX. oder Gregor VI. –, war überhaupt nur sinnvoll, solange der apostolische Stuhl nach Clemens II. Tod vakant war (vgl. Schmale, Absetzung, S. 70, v.a. Anm. 61-64). Vgl. dazu auch Frauenknecht, De ordinando, 49 und Anton, Traktat „De ordinando pontifice“, 62.

[31] Die Frage nach dem Verfasser und seiner Stelle in der kirchlichen Hierarchie, geht von folgendem Satz aus: Nostrum tamen non erat de talibus loqui, cum etiam in inferiori gradu episcoporum denegetur nobis potestas iudicandi. Ut enim ipsa auctoritas nos instruit, maiores a minoribus non debent redargui (…) [De ordinando pontifice, 46, Z.10-13]. „Dennoch ist es nicht unsere Sache, darüber zu sprechen, da wir uns in einem niedrigeren Weihegrad befinden und uns die Gerichsgewalt der Bischöfe abgeht; wie nämlich die verbindliche Lehre selbst uns unterrichtet, dürfen die Höheren von den Niedrigeren nicht bezichtigt werden, (…)“. (S.47)]. In der Forschung besteht keine Einigkeit und es gibt keine sicheren Beweise, ob es sich beim Verfasser um einen Bischof gehandelt habe oder um einen niederlothringischen Kleriker, aber vermutlich handelt es sich um einen Schreiben aus Frankreich oder aus dem westlichen Reichsgebiet. Vgl. Frauenknecht, De ordinando, 55 und zuletzt Laudage, Priesterbild, 141ff., der für eine lothringische Provenienz der Schrift plädierte.

[32] Vgl. Manitius, Literatur, 22.

[33] Vgl. Frauenknecht, De ordinando, 67.

[34] „Sie sind wenig mehr als literarisch anspruchslose Reihungen meteorologische, militärische und biographische Fakten, lediglich bestimmt für die eigene Klostergemeinde. Sie konnten der Charakterisierung jüngst vergangener Jahre und als lebendige Erinnerungshilfen dienen“ (Jaeschke, Art. „Annalen“, Sp. 658).

[35] Die Edition liegt uns in der MGH (SS 5), hg. von Georg Waitz, von 1844 vor. Die Zitation erfolgt nach der neuen Edition im zweiten Band des Le liber pontificalis. Texte, indroduction et commentare, hg. von Louis Duchesne, Paris 21955, 329-350.

[36] Vgl. dazu Steindorff, Jahrbücher I, 481.

[37] Schmale, Absetzung, 75.

[38] Vgl. Wattenbach II, 545-548, hier 546, beachte v.a. Anm 6. Dazu auch Manitius, Literatur, 394-398 und den Artikel aus dem LMA von Prelog, „Annales Altahenses“, Sp. 661f., hier 661. Herausgegeben wurde die Ausgabe von Wilhelm von Giesebrecht, Annales Altahenses Maiores, (MGH SS rer. Germ. in us. schol. 4), Hannover 1891.

[39] Prelog, Art. „Annales Altahenses“, Sp.661 und Wattenbach II, 547.

[40] Siehe Anm. 6. Wir erfahren zunächst Kunde von einem großen Erdbeben, welches am 11. November im Tal von Trient stattfand. Bei der Synode von Sutri wird zuerst der Verhandlungen selbst gedacht, bei der römischen, außerdem das Datum bis auf die Wochentage angegeben.

[41] Vgl. Steindorff, Jahrbücher I, 480f. und Prinz, Corveyer Annalen, 52.

[42] In ihren Schriften tritt deutlich hervor, dass ihnen die Erkenntnis, es gehe um das Recht des weltlichen Staates, aufgegangen ist, auch wenn ihre Argumentation unbeholfen und unvollständig sein mag (vgl. Wattenbach III, 882).

[43] In diesem Zusammenhang ist auch Sigebert von Gembloux zu nennen, einer der großen (lotharingischen) Autoren des Mittelalters (*um 1028/29 vermutlich in der Diözese Lüttich; † am 5. Oktober 1112 in der Abtei Gembloux), mit seiner 1082 verfassten „Chronica universalis“ [43], eine Weltchronik im Stil eines annalistischen Berichts. Vgl. den Artikel im LMA von George, Art.: „Sigebert, v. Gembloux“, Sp. 1879f. und Steindorff, Jahrbücher I, S.477f.

[44] Franz-Josef Schmale schreibt zu dieser Grundtendenz folgendes, dass „ein Teil ihrer Aussagen nachweislich falsch [ist], (…), ihre Quellen unüberprüfbar [sind], sie unvereinbare Widersprüche in sich selbst [enthalten] und können wie Hermann von Reichenau einer Ausdrucksweise überführt oder doch erheblich verdächtigt werden, die den Sachverhalt zwar nicht unbedingt absichtlich verfälscht, aber doch so verkürzt wiedergibt, daß aus der Aussage nichts Zutreffendes erschlossen werden kann“ (Schmale, Absetzung, 77f.).

[45] Libri VII ad Heinricum IV.“, hg. von Georg Heinrich Pertz, in: MGH SS 11, 591ff. Die Handschrift ist uns noch erhalten; es ist eine Menge älterer Schriften, Gedichte und Briefe, zusammengefasst worden, um dem Kaiser als Erinnerung an seine Taten zu dienen, zugleich aber auch, um ihm die Dienste ins Gedächtnis zurückzurufen, die ihm Benzo dabei geleistet hat. Vgl. Wattenbach III zu Benzo von Alba, 882-884, hier 883.

[46] Vgl. Arnaldi, Art.: „Benzo von Alba“, Sp.1924f, hier 1924.

[47] Vgl. Steindorff, Jahrbücher I, 473-476 und Wattenbach III, 882. Zudem erblickt er in den Zeiten Heinrichs II. und Konrads II. eine aurea aetas. Außerdem sollte Otto III. für Heinrich IV. das nachahmenswerte Vorbild sein, denn nach Benzo von Alba hängt die Weltordnung vom Kaisertum ab und ist der Herr der Welt und Stellvertreter Gottes auf Erden,

[48] Benonis aliorumque cardinalium schismaticorum contra Gregorium VII. et Urbanum II. scripta, hg. von Kuno Francke, MGH Ldl 2, Hannover 1892, 366-422. Das älteste Stück der Sammlung stammt aus den Monaten unmittelbar nach Gregors VII. Tod, das zweite aus den ersten Jahren Urbans II. (1088-89), die anderen sind später. Diese beiden ersten sind Flugschriften des 1084 von Gregor abgefallenen Kardinalpriesters Beno von S. Silvestro; sie sind für die Vorgänge im Kardinalskolleg, in der römischen Geistlichkeit und Bürokratie, welche zum Gegenpapst überging, von großer Wichtigkeit (vgl. Wattenbach III, 887f.).

[49] Desiderius, der spätere Papst Viktor III. (1086-1087), war seit 1055 Mönch und seit 1057 Abt von Montecassino, schreib zwischen 1076 und 1078/79, unter dem Pontifikat Gregors VII. nach dem Vorbild Gregors des Großen „Dialogi de miraculis s. Benedicti“, also Dialoge über die Mirakel des heiligen Benedikt in vier Büchern, in denen er ruhig und sachlich, meist unter Nennung seiner Gewährsleute und Verwendung schriftlicher Quellen, die Geschichte seines Klosters erzählt. Er berichtet unter anderem auch über Sutri, nachdem er zuvor sachlich zutreffend die vorausgehenden Wirren um das Papsttum in den Jahren 1044 und 1045 in Kürze aufgezeigt hatte, also den Zustand unter Benedikt IX. und das Emporkommen Gregors VI., das reformatorische Auftreten Heinrichs III. und die beiden kurzen Pontifikate von Clemens II. und Damasus II., wobei von den vier Büchern für uns das dritte in Betracht kommt. Vgl. Die Edition in der MGH (SS 30/2) von 1934 hg. von G. Schwartz und A. Hofmeister, Desiderius von Montecassino, Dialogi de miraculis sancti Benedicti, 1111-1151 und v.a. Migne PL 149, 1005f. [Lateinischer Text im Anhang III. B 5 und 6 ]. Dabei steht er in seiner Schilderung über die Synode von Sutri dem Bonizo sehr nahe, hat ihm aber weder als Quelle gedient, noch aus ihm geschöpft. Vgl. Steindorff, Jahrbücher I, 463 und Schmale, Absetzung, 87.

[50] Unter ihnen wäre auch noch der deutsche Chronist Bernold von Konstanz (auch St. Blasien) zu nennen, der etwa um 1050 als Sohn eines Priesters geboren wurde, und am † 16.9. 1100 in der Benediktinerabtei Allerheiligen bei Schaffhausen verstarb. Bernold besuchte die Domschule von Konstanz als Schüler des Bernhard von Konstanz. 1079 nahm er in Rom an der Fastensynode teil, empfing 1084 in Konstanz die Priesterweihe durch den Kardinallegaten Otto von Ostia und siedelte etwa 1091 aus dem Kloster in St. Blasien nach Schaffhausen in die Abtei Allerheiligen über. Außer seinem bekanntesten Hauptwerk, einer von der Schöpfung bis zum 30.8. 1100 (seinem Todesjahr) reichenden Weltchronik, die allmählich fortgesetzt wurde, ist die von ihm durchlebte Zeitepoche der deutschen Geschichte für uns eine wichtige Quelle. Vgl. Bernoldi Chronicon, hg. von Georg Heinrich Pertz, (MGH SS 5), Hannover 1844, ND Stuttgart/New York 1963, 385-467. Dazu Steindorff, Jahrbücher I, 466f.; Wattenbach II, 43 und aus dem LMA Hartmann, Art. „Bernold v. Konstanz“, Sp. 2007f.

[51] „Bonizos Erzählung von dem Römerzuge Heinrichs III., insbesondere von der Synode zu Sutri, entbehrt stofflich jeder soliden Grundlage, sie ist zurückzuführen auf eine Überlieferung, welche sich schon durch die vorhin erwähnten Irrthümer deutlich genug als später entstanden und nur mündlich vermittelt erweist“ (Steindorff, Jahrbücher I, 458). Durch die hierarchische Gesinnung im Sinn der Reform ihrer Zeit wurde es ihnen unmöglich, den unkanonische Eingriff, die Absetzung Papst Gregors VI., durch Heinrich III. hinzunehmen. Vgl. zu Bonizo von Sutri Steindorff, Jahrbücher I, 457ff., 502ff; Kromayer, Synode von Sutri, 174, 186ff.; zurückhaltender Zimmermann, Papstabsetzungen 129ff. und vor allem Wattenbach III, 877f.

[52] Vgl. Schmale, Absetzung, 80; 86; 91.

[53] Zu Bonizo selbst und seiner literarischen Werke, vgl. v.a. Richard Bock, Die Glaubwürdigkeit der Nachrichten Bonithos von Sutri im liber ad amicum und deren Verwertung in der neueren Geschichtsschreibung, (Historische Studien, Heft 73), Berlin 1909, ND 1965; Walter Berschin, Bonizo von Sutri. Leben und Werk, (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters; Bd.2), Berlin/New York 1972; W. Goez, Art.: „Bonizo“, in. LMA 2 (1983), Sp. 424f,; Vgl. auch Wattenbach III, 877ff., Manitius, Literatur, 34ff.; Schwartz, Besetzung, 192f.; Die Edition und Zitation erfolgt nach: Bonizonis episcopi Sutrini Liber ad amicum, hg. von Ernst Dümmler, (MGH Ldl 1), Hannover 1891, ND 1956, 568-620.

[54] Keine der Quellen zur Lebensgeschichte Benizos deutet eine adlige Herkunft an; dagegen geben die Werke Bonizos einige Hinweise auf seine niedrige Herkunft, so im Liber ad amicum die Worte von der göttlichen Erwählung der pauperes (vgl. Bonizo, Liber ad amicum, 591, Z. 28).

[55] Vgl. Berschin, Bonizo von Sutri, 3-6.

[56] Insgesamt ergibt sich der Eindruck, dass Bonizos literarische Tätigkeit hauptsächlich in sein letztes Lebensjahrzehnt fällt; als Exulant schrieb er 1085/86 den Liber ad amicum. Es gibt wenige Anhaltspunkte zu einer Datierung der Werke Bonizos und zu ihrer Einordnung in die Lebensgeschichte. Gute Indizien bietet allein der Liber ad amicum. Vgl. Berschin, Bonizo von Sutri, 10; 22ff.

[57] Vgl. Manitius, Literatur, 34 und Berschin, Bonizo von Sutri, 10.

[58] Urban II. ist der letzte bei Bonizo erwähnte Papst. Man kann annehmen, dass er ihn nicht überlebt hat.

[59] Die Mönche von San Savino in Piacenza trugen in ihr noch im 11. Jahrhundert angelegtes Nekrologium den Tod des Bischofs unter dem 15. Juli ein. Vgl. Berschin, Bonizo von Sutri, 18 und Manitius, Literatur, 34.

[60] Mit dem 6. Buche beginnt die Zeit Heinrichs IV. vom 6. Buche an spricht er als Augenzeuge, doch für uns von Interesse ist das 5. Buch, mit dem Beginn der Geschichte der salisch-fränkischen Kaiser. Vgl. Bock, Bonithos von Sutri, 9 und Berschin, Bonizo von Sutri, 38-57.

[61] Vgl. Bock, Bonithos von Sutri, 9; Berschin, Bonizo von Sutri, 39 und Steindorff, Jahrbücher I, 457. Da die Wahl Viktors III. am 24. Mai 1086 nicht mehr im Liber ad amicum erwähnt ist, hat man häufig angenommen, dass das Buch vor diesem Datum hinausging.

[62] Bonizo, Liber ad amicum 571, 21ff: „Wie kommt es, dass zu dieser Zeit die Mutter Kirche auf Erden seufzt und zu Gott schreit und in ihrem Verlangen nicht erhört wird, bedrückt ist und nicht befreit wird; (…). Die zweite Frage des Freundes an Bonizo lautet (Bonizo, Liber ad amicum 571, 26): „War oder ist es dem Christen erlaubt, für die (wahre) Lehre mit Waffen zu streiten?“

[63] Bonizo, Liber ad amicum 571, 28f.

[64] Bonizo, Liber ad amicum 571, 31f.: Mater ecclesia, que sursum est nec servit cum filiis suis, tum maxime liberatur, cum premitur, tunc maxime crescit, cum minuitur.

[65] Manitius, Literatur, 35.

[66] Wattenbach III, 878.

[67] Die jüngst entstandene Literatur zur Synode liegt mit Franz-Josef Schmale, Die „Absetzung“ Gregors VI. in Sutri und die synodale Tradition, in: AHC 11 (1979), 55 – 103; Karl Schmid, Heinrich III. und Gregor VI. im Gebetsgedächtnis von Piacenza des Jahres 1046. Bericht über einen Quellenbefund, in: Verbum et Signum, hg. v. H. Fromm u.a., München 1975, S. 79-97, sowie mit Heinz Wolter, Die Synoden im Reichsgebiet und in Reichsitalien von 916 bis 1056 (= Konziliengeschichte Reihe A/9), Paderborn 1988, 373-404, vor.

[68] Neben den oben erwähnten neueren Beiträgen ist für die Darstellung der Synode von Sutri im Bereich der älteren Literatur zu nennen: Ernst Steindorff, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrih III., I. Leipzig 1874 (ND 1963), 313ff., bes. Exk. III S.456ff.; Hedwig Kromayer, Über die Vorgänge in Rom im Jahre 1045 und die Synode von Sutri 1046, in: HV 10 (1898), 161-195; Albert Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands. Dritter Teil. Dritte und vierte (Doppel-) Auflage, Leipzig 1906, 582ff.; G. Borino, L’elezione e la deposizione di Gregorio VI, in: Archivio della reale sociteà Romana di storia patria 39 (1916), 141-252; 295-410 und ders., “Invitus ultra montes cum domno papa Gregorio abii”, in: Studi Gregoriani I, Roma 1947, 3-46; Paul Kehr, Vier Kapitel aus der Geschichte Kaiser Heinrichs III., (Abhandlungen der Preussischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse; Jg. 1930, Nr. 3), Berlin 1931; Harald Zimmermann, Papstabsetzungen des Mittelalters, Graz/Wien/Köln 1968, v.a. 125ff. Hier ist zu beachten, das sich die zitierte Literatur, abgesehen von den neueren Darstellungen, allesamt auf die Ergebnisse von Steindorff stützen.

[69] Vgl. Prinz, Heinrich III., 529f.

[70] Vgl. Steindorff, Jahrbücher I, 456ff. und II, 358ff.

[71] Die von Paul Kehr begonnene Studie von Heinrich III. setzte sich nach ihm fort und erreichte in der glänzenden „Porträtstudie“, die Theodor Schieffer 1956 in dem Sammelwerk „Die Großen Deutschen“ (S.52-69) beisteuerte, einen beeindruckenden Höhepunkt und wurde von Friedrich Prinz in der HZ 246 (1988; S.529-548) nochmals aufgegriffen. Vgl. auch den Artikel im LMA 4 (1989) von Tilman Struve, Art. „Heinrich III.“, Sp. 2039ff.

[72] In der zusammenfassenden Arbeit über Papstabsetzungen von Harald Zimmermann wird einerseits die vorherrschende Meinung wiedergegeben und bevorzugt, aber entgegenstehende Quellen und Forschungsansichten werden dennoch gleichzeitig zitiert und erscheinen fast gleichrangig, da deren Unrichtigkeit nicht wirklich beweisen wird.

[73] Während bei Schmale, Absetzung, die ältere Literatur zitiert, besprochen und überholt wird, beruht die Abhandlung bei Heinz Wolter auf quellenkritische Darstellungen. Allerdings muss bei Schmale beachtet werden, dass der Verfasser versucht den Nachweis zu erbringen, dass Gregor VI. in Beachtung der synodal- und kirchenrechtlichen Tradition nicht abgesetzt worden sei, sondern sich selbst verurteilt und daher auf sein Amt verzichtet habe (unter Berufung der Berichte des Desiderius von Montecassino und Bonizo von Sutri kommt Schmale zu dem oben genannten Ergebnis). Vgl. dazu die Kritik bei Anton, Traktat „De ordinando pontifice“, 71.

[74] So ob Heinrich III. seinen Italienzug bereits mit der Absicht einer Änderung der römischen Verhältnisse, wie sie in Sutri dann tatsächlich erfolgte, begonnen hat, ob er Gregor VI. bis zum letzten Moment täuschte, indem er ihn noch als Papst nach Sutri einlud, aber mit der festen Absicht, ihn in jedem Fall abzusetzen, oder ihn schon als Angeklagten nach Sutri vorlud, - oder er erst allmählich zu seiner Entscheidung kam.

[75] Vgl. Schmale, Absetzung, 58f.

[76] Vgl. Wolter, Synoden, 1ff. Unter Synoden werden dabei alle Bischofsversammlungen verstanden, die aufgrund ihrer Bezeichnungen in den Quellen oder der Art und Weise ihrer Verhandlungen eindeutig synodalen Charakter tragen. Der Begriff der ‚Synode’ gilt „seit der Frühzeit der Kirchengeschichte (…) als Bezeichnung für die Zusammenkunft von Personen, die in der Kirche Verantwortung tragen, und zwar für die Zusammenkunft, die der gemeinsamen Beratung und Entscheidung kirchlicher Angelegenheiten dient; vorwiegend Zusammenkünfte auf überörtlicher Ebene (…). Die Kirchensprache verwendet für jene kirchlichen Zusammenkünfte neben dem Begriff Synode auch den Begriff Konzil, ohne daß eine eindeutige Unterscheidung des Gehalts jener Begriffe erkennbar wäre“ (Pirson, Art. „Synode“, Sp. 101). Die Quellen verwenden die beiden termini technici synodus und concilium zur Bezeichnung der Synoden. Die erstere gab es bereits vor Konstantin d. Gr., eine „Bischofsversammlung unterschiedlicher Zusammensetzung, die auch von einem Bischof berufen und geleitet wurde. Ihre Entscheidungen hatten partikulare, nur die Teilnehmer bindende Geltung, aber durch Rezeption auch bei anderen Bischöfen und deren Kirchen konnte diese Geltung ausgedehnt und sogar allgemein werden. Die andere, jüngere wurde vom Kaiser geladen und auch von ihm oder seinem Vertreter geleitet. Ihre Beschlüsse wurden vom Kaiser bestätigt und damit zu Reichsgesetzten. Die erhoben daher Anspruch auf universale Geltung, wenn auch ihre tatsächliche Wirkung ebenfalls von ihrer Rezeption abhängig bleib“ (Schmale, Synodus, 81f.). Da zahlreiche Versammlungen sowohl synodus wie auch als consilium bezeichnet werden, könnte man zum Schluss gelangen, dass die beiden Begriffe unterschiedslos und damit synonym verwendet wurden. Vgl. dazu Fuhrmann, Konzil, 676; 679. Zudem können je nach Quellenlage übrige Veranstaltungen auch synodale concilium und synodale iudicium oder auch conventus und conventus synodalis heißen. Die Bezeichnung synodalis concilium begegnet für die Synode von Pavia (1046) und der Ausdruck synodale iudicium für die Synode von Rom (1046). Wogegen die Annalen Altahenses die Synode von Pavia (1046) synodale concilium nennt. Bei Arnulf von Mailand finden sich neben dem Ausdruck conventus für die Synode von Rom (1046) der Terminus concilium für die Synode von Pavia (1046), während Desiderius von Montecassino die Synode von Sutri (1046) concilium und die Synode von Rom (1046) synodus nannte und Bonizo von Sutri schließlich die Synode von Sutri (1046) als synodus b ezeichnete (vgl. Wolter, Synoden, 437, Anm. 10 und 438, Anm.12).

[77] Jene Versammlungen, die als Reichsynoden bezeichnet werden, sind vom König einberufen worden, die in seiner Gegenwart tagten und deren Beschlüsse durch Bestätigung Gesetzeskraft für das gesamte Reich erlangten (vgl. Schmale, Synodus, 82).

[78] Das von Hinschius, Kirchenrecht, 325ff. auf Grund des Repräsentationsprinzips gewonnene Einteilungsschema der Synoden hat trotz mancher Einwände bis heute seine Gültigkeit bewahrt. Nahezu jeder Versuch einer Einteilung der Synoden nach verschiedene Arten knüpft an das klassische Schema von Paul Hinschius an, der vier Grundtypen synodaler Zusammenkünfte unterscheidet: 1. allgemeine oder ökumenische Konzilien als Repräsentation der ganzen Kirche, 2. Synoden als Vertretung teilkirchlicher Verbände, 3. Synoden als Vertretung größerer, nicht durch eine höhere kirchliche Organisation verbundener Sprengel und 4. Diözesansynoden, die der Bischof mit dem Klerus seiner Diözese abhält (vgl. ebd., 328). Hinschius betrachtete die Synoden als Repräsentativorgane und teilte sie entsprechend der durch ihre Teilnehmer repräsentierten hierarchischen Verbände ein.

Will man zu einer allseits anwendbaren Einteilung der Synodentypen gelangen, die neben dem Repräsentationscharakter der Synoden, auch ihre Einberufung, Leitung und Wirkung berücksichtigt, so können wir im Rahmen unserer Darstellung die behandelten Synoden in insgesamt fünf Arten einteilen: 1. Provinzialsynoden, die Synoden mit Bischöfen aus verschiedenen Kirchenprovinzen; 2. Landes- oder Partikularsynoden als Vertretung der Kirchen eines Herzogtums der Reichsgebietes; 3. Synoden mit Bischöfen aus mehreren Kirchenprovinzen; 4. Reichsynoden in Gegenwart oder unter Mitwirkung des Herrschers; 5. Kaiser-Papst-Synoden mit universalem Geltungsanspruch (vgl. Wolter, Synoden, 432f.; 436).

Ende der Leseprobe aus 98 Seiten

Details

Titel
Die Synode von Sutri und Rom
Untertitel
Quellen und Stellungnahmen der Forschung zu deren Bedeutung
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Geschichts- und Kulturwissenschaft, Historisches Seminar)
Veranstaltung
Die frühen Salier: Konrad II. und Heinrich III.
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
98
Katalognummer
V231225
ISBN (eBook)
9783656471905
ISBN (Buch)
9783656471936
Dateigröße
3477 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es handelt sich um eine Seminararbeit des Hauptseminars aus dem Sommersemester 2008 mit einer umfangreichen kritischen Analyse der Quellen- und Forschungspositionen zur Synode von Sutri und Rom im Jahre 1046. Für weitere Informationen bitte die Inhaltsangabe heranziehen.
Schlagworte
Sutri;, Rom;, 1046;, Heinrich III.;, Gregor VI.;, Synode von Sutri;, Synode von Rom;, Clemens II.;, Suitger von Bamberg;, Reform;, Simonie;, Benedikt IX.;, Silvester III;, Tuskulaner;, Crescentiner;, Synode von Pavia 1046;
Arbeit zitieren
Claudia Curcuruto (Autor:in), 2008, Die Synode von Sutri und Rom , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231225

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Titel: Die Synode von Sutri und Rom



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