Ästhetik und Schrecken in Arthur Rimbauds "Le dormeur du val". Eine Analyse


Hausarbeit, 2012

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Le dormeur du val im biographischen und zeitgenössischen Kontext
II.I. Verortung von Le dormeur du val in Vita und Gesamtwerk Arthur Rimbauds
II.II. Einordnung von Le dormeur du val in die französischen iteraturströmungen des 19. Jahrhunderts

III. Das Sonett Le dormeur du val
III.I. Die Sonettform von Le dormeur du val
III.II. Inhalt des Sonetts

IV. Ästhetik und Schrecken in Le dormeur du val
IV.I. Le dormeur du val als `ästhetisches` Gedicht
IV.II. Le dormeur du val als `grausames`Gedicht

V. Fazit

VI. Bibliographie

I. Einleitung

„Der Eindruck Rimbaudscher Texte ist um so desorientierender, als er von einer Sprache ausgeht, die nicht nur mit brutalen Stößen verletzt, sondern auch der zauberhaftesten Melodien fähig sein kann.“ (Friedrich 1988: 61)

Diese Aussage Hugo Friedrichs in Die Struktur der modernen Lyrik lässt bereits vermuten, warum die Werke Arthur Rimbauds bis heute von Interesse und Relevanz sind, und das nicht nur in der wissenschaftlichen Forschung. Sicherlich mag daran auch die exzentrische Persönlichkeit des Dichters selbst nicht ganz unbeteiligt sein. Charakterisierungen Rimbauds als „Bürgerschreck“ (Thoma 2009: 34) oder „`enfant terrible` der neuen Dichterschule“ (Stackelberg 1990: 217) unterstreichen umso mehr den Mythos des Dichters als `literarischen Rebellen`, dessen Leben und Gesamtwerk sich gleichermaßen mit einem einzigen Wort beschreiben lassen können: „Heftigkeit“ (Friedrich 1988: 59).

Ziel dieser Arbeit ist es nun, das einleitende Zitat Friedrichs, welches von ihm zweifelsohne auf das Gesamtwerk Arthur Rimbauds bezogen wird, an einem konkreten Beispiel, dem Sonett Le dormeur du val aus dem Jahr 1870, zu belegen. Konkret bedeutet dies, dass im Folgenden untersucht werden soll, welche sprachlichen und stilistischen Mitttel in diesem Gedicht dazu führen, dass es im klassischen Sinne `ästhetisch` wirkt. Welche, um es mit Friedrichs Worten zu sagen, „zauberhaftesten Melodien“ (siehe oben) können wir in Le dormeur du val finden? Auf der anderen Seite soll diese Arbeit ebenfalls aufzeigen, inwiefern man bei diesem Sonett gleichermaßen von einem `schrecklichen`, `grausamen` Gedicht sprechen kann. Auch bei der Antwort auf diese Frage soll die formale und sprachliche Analyse des Sonetts die Basis für die Interpretation zu der Fragestellung sein, mit welchen, von Friedrich besagten, „brutalen Stößen“ dieses besondere Gedicht Rimbauds „verletzt“ (siehe oben). Hierzu ist zu sagen, dass, um in dieser Arbeit Ästhetik und Schrecken in Le dormeur du val zu untersuchen, sich in der Analyse und Interpretation hauptsächlich auf jene Aspekte konzentriert wird, die auch relevant für eben diese Zielstellung sind. Darüber hinaus ist es mein Ziel, in der vorliegenden Arbeit am Beispiel von Rimbauds Sonett Le dormeur du val „die bestürzende Faszination [Rimbauds] Sprache“ (Stenzel/ Thoma 1987: 30), welche bis in die heutige Zeit währt, entschlüsseln und bezeugen.

II. Le dormeur du val im biographischen und zeitgenössischen Kontext

Um eine ganzheitliche Betrachtung von Le dormeur du val zu ermöglichen, ist es

meines Erachtens unabdingbar, das Gedicht in einem Zusammenhang mit der Vita und dem Gesamtwerk seines Verfassers als auch mit den Literaturströmungen seiner Entstehungszeit zu setzen, um somit ein gewisses Hintergrundwissen für die Analyse und Untersuchung zu schaffen. Hierbei soll es nicht das Anliegen sein, die gesamte Biographie Rimbauds wiederzugeben oder auch die Gattungen der französischen Literatur des 19. Jahrhunderts detailliert zu beschreiben. Beide Aspekte werden im Folgenden lediglich konkret in Bezug auf Le dormeur du val dargestellt, damit so ein `Rahmen` für die weitere Betrachtung geschaffen werden kann.

II.I. Verortung von Le dormeur du val in Vita und Gesamtwerk Arthur Rimbauds

Arthur Rimbaud wurde am 20. Oktober 1854 in Charleville geboren und verstarb am 10. November 1891 in Marseille (Bonnefoy 1994: 180f). Im September und Oktober 1870 erstellte Rimbaud, damals sechzehnjährig, sein Recueil ou Cahier de Douai, ein zweiteilige Sammlung von insgesamt 22 Gedichten, darunter auch Le dormeur du val, welches vom Dichter selbst unterschrieben und datiert wurde (Gleize 1993: 165). Daraus lässt sich nun schlussfolgern, dass Le dormeur du val in das frühe Werk Rimbauds einzuordnen ist, dessen gesamtes dichterisches Schaffen lediglich einen Zeitraum von vier Jahren umfasste (Friedrich 1988: 59). Somit kann man das Gedicht, will man Friedrichs Einteilung von Rimbauds Gesamtwerk folgen, in die „bis etwa Mitte 1871 reichende[n] Periode zugänglichen Dichtens“ einordnen, auf welche dann ein „ dunkle[s], esoterische[s] Dichten“ (Friedrich 1988: 59) folgte, in welches beispielsweise die Illuminations (1872/73) oder Une Saison en enfer (1873) eingeordnet werden. Ist diese Einteilung Friedrichs in der Wissenschaft auch umstritten (z.B. Wetzel in: Stenzel/ Thoma 1987: 201), so spricht, meiner Meinung nach, zumindest die Tatsache für sie, dass Le dormeur du val bis heute als das allgemeinhin bekannteste Sonett Rimbauds gilt, wohingegen der wissenschaftliche Fokus meist eher auf seinen späteren Prosadichtungen wie den beiden letztgenannten Werken liegt. Le dormeur du val zeigt, „wie perfekt der Sechzehnjährige die traditionellen Techniken beherrscht“, welche er in seinen späteren Werken gar nicht mehr und wenn, dann nur „parodistisch“ anwendet (Stackelberg 1990: 218).

Der Preußisch- Französische Krieg 1870-71, insbesondere die Kapitulation der Franzosen unter Napoleon III in Sedan am 2. September 1870 (Gleize 1993: 147), findet sich in dem Sonett Le dormeur du val, welches Rimbaud im Oktober des selben Jahres verfasste, wieder. Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass Rimbaud sich während seines gesamten Schaffens „immer wieder (…) mit unmittelbar zeitpolitischen (…) Themen“ auseinandersetzt (Wetzel in: Stenzel/ Thoma 1987: 202). Die Schlacht von Sedan findet nur unweit der Heimatstadt des damals sechzehnjährigen Dichters statt. Charleville bleibt zwar noch verschont, dennoch unternimmt Rimbaud im August und Oktober 1870 zwei Fluchtversuche aus der Stadt, die jedoch scheitern (Gleize 1993: 148). Zu dieser Zeit ist Rimbaud Rhetorikschüler bei Georges Izambard, der in diesen Monaten in Douai wohnt- der Stadt, in der beide Fluchtversuche Rimbauds aus Charleville ihr Ende finden (Bonnefoy 1994: 180). Douai findet sich übrigens auch im Titel von Rimbauds erster Gedichtsammlung wieder, welche bereits erwähnt wurde, zu der auch Le dormeur du val gehört. Es lässt sich also schlussfolgern, dass die Bindung zwischen Lehrer und Schüler zu diesem Zeitpunkt sehr eng gewesen sein muss und dass die Kunstfertigkeit, die Rimbaud bereits in diesen ersten lyrischen Werken, wie beispielsweise Le dormeur du val, beweist, nicht zuletzt auch auf den Einfluss Izambards zurückgeführt werden kann.

II.II. Einordnung von Le dormeur du val in die französischen Literaturströmungen des 19. Jahrhunderts

Die Einordnung von Arthur Rimbauds Le dormeur du val in die französischen Literaturströmungen des 19. Jahrhunderts ist, meiner Meinung nach, komplexer als es auf den ersten Blick scheinen mag. Deswegen möchte ich im Folgenden kurz darauf eingehen, inwiefern mehrere Strömungen zu beachten sind, wenn es darum geht, Rimbauds Sonett einer von ihnen zuzuordnen.

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Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Ästhetik und Schrecken in Arthur Rimbauds "Le dormeur du val". Eine Analyse
Hochschule
Universität Potsdam  (Romanistik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
18
Katalognummer
V232045
ISBN (eBook)
9783656480686
ISBN (Buch)
9783656480556
Dateigröße
525 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Französisch Lyrik, Le dormeur du val, Arthur Rimbaud, Sonett
Arbeit zitieren
Wiebke Pietzonka (Autor:in), 2012, Ästhetik und Schrecken in Arthur Rimbauds "Le dormeur du val". Eine Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232045

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