Kognitive Psychologie und Webdesign. Praxisrelevante Guidelines für die Bereiche Navigation und Page Layout


Bachelorarbeit, 2013

46 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Klärung der häufig verwendeten Begriffe im Webdesign

3 Studien zur Navigation einer Website
3.1 Die Platzierung des Navigationsmenüs
3.2 Das dynamische Menü
3.3 Die Breite und Tiefe eines dynamischen Menüs
3.4 Die Gestaltung einer intra-article navigation

4 Studien zum Page Layout einer Website
4.1 Das mentale Modell einer Website
4.1.1 Vorhandensein mentaler Modelle bei Benutzer/-innen
4.1.2 Relevanz mentaler Modelle für das Webdesign
4.2 Die Bedeutung der Konsistenz für Websites

5 Übersicht der in den Studien verwendeten Variablen

6 Fazit

Abbildungsverzeichnis

Quellenverzeichnis

Abstract

Die menschliche Kognition ist ein wichtiger Faktor in der Human Computer Interaction. Vergangene Studien haben die Rolle der Kognition in einer Webumgebung untersucht, um Richtlinien für das Design von Websites zu finden. Die vorliegende Arbeit untersucht inwie- weit der aktuelle Stand der Kognitionsforschung die praktischen Bedürfnisse von Webdesig- ner/-innen durch praxisrelevante Guidelines für die Bereiche Navigation und Page Layout abdecken kann. Studien und ihre Ergebnisse werden in einem Review gesammelt und ihre Praxistauglichkeit bewertet.

Ähnlich wie ein Review aus dem Jahre 2002 von Czerwinski und Larson kommt die vorliegende Arbeit trotz neu hinzugekommener Studien zu dem Ergebnis, dass die Kognitionsforschung in den beiden untersuchten Bereichen nur einen Bruchteil der Komplexität von Websites erfasst. Webdesigner/-innen können bei dem Designprozess nur auf bruchstückhafte Hinweise aus der kognitiven Psychologie zurückgreifen. In der Zukunft wird weitere Forschung in den Bereichen Navigation und Page Layout notwendig sein, um dem Bedarf an realitätsnahen Ergebnissen nachzukommen.

1 Einleitung

Das Design einer Website kann verbessert werden, indem sie der menschlichen Kognition angepasst wird. Es ist unbestreitbar, dass Forschung in diesem Bereich von Bedeutung ist - doch wie relevant und nützlich sind die bisherigen Forschungsergebnisse für die Praxis? Die Autoren Czerwinski und Larson (2002) widmen sich dieser Frage und sammeln Ergebnisse aus der kognitiven Psychologie, die für Webdesign nutzbar sind (vgl. Czerwinski & Larson, 2002, S. 148). Sie kommen zu dem Schluss, dass die Herangehensweisen, Theorien und Ergebnisse der Kognitionsforschung realitätsnäher werden müssen, da sie völlig unzureichend sind, um alle praktischen Bedürfnisse von Webdesigner/-innen vollständig abzudecken. (vgl. Czerwinski & Larson, 2002, S. 149).

Es stellt sich die Frage, inwiefern der derzeitige Stand der Kognitionsforschung dieses Be- dürfnis von Webdesigner/-innen nach praktischen Hinweisen für ihre Arbeit erfüllt. Die Fra- gestellung der vorliegenden Arbeit lautet: Inwieweit kann der aktuelle Stand der Kognitions- forschung die praktischen Bedürfnisse von Webdesigner/-innen durch praxisrelevante Guidelines für die Bereiche Navigation und Page Layout abdecken? Diese Fragestellung wird durch die Auswertung von Studien untersucht, um Webdesigner/-innen eine Orientierung durch die Darstellung von Guidelines zu geben und weiteren Forschungsbedarf aufzuzeigen.

Zu Beginn werden grundlegende Begriffe definiert, die in der Arbeit verwendet werden. Anschließend folgt die Darstellung der Studien, die sich mit dem Design von Websites aus kognitiver Sicht befassen. Dieser Teil gliedert sich in die erwähnten Bereiche Navigation und Page Layout. In Kapitel 3 Studien zur Navigation einer Website werden die Auswirkungen der Platzierung des Navigationsmenüs, der Einfluss der Art des Menüs (dynamisch oder statisch), die Auswirkungen der Breite und der Tiefe eines dynamischen Menüs und der Ein- fluss der Gestaltung einer intra-article navigation auf die kognitive Informationsverarbeitung untersucht.

In Kapitel 4 Studien zum Page Layout einer Website wird zunächst das Vorhandensein eines mentalen Modells von Websites bei Internetnutzer/-innen näher betrachtet und die Bedeutung der gefundenen mentalen Modelle für das Design von Websites bewertet. Danach wird der Rolle der Konsistenz für das Design von Websites nachgegangen.

Das letzte Kapitel gibt eine Übersicht über die in den Studien verwendeten unabhängigen und abhängigen Variablen. Das Kapitel soll zeigen, auf welcher Basis die genannten Studien argumentieren, um Anknüpfungspunkte zu geben, an denen sich zukünftige Forschung orien- tieren kann.

Die Auswahlkriterien für die betrachteten Studien sollten so gewählt werden, dass mög- lichst realitätsnahe Ergebnisse erzielt werden. Die Auswahl der Studien durch Czerwinski und Larson (2002) ist in dieser Hinsicht problematisch. Die Autor/-innen nehmen sowohl Ergeb- nisse aus der Grundlagenforschung der kognitiven Psychologie1 als auch Studien, die in einer Webumgebung durchgeführt werden, in ihre Auswahl auf2. Durch dieses Vorgehen werden sogenannte principles, grundlegende Prinzipien, die in verschiedenen Fällen angewendet werden können, mit sogenannten guidelines, Richtlinien, die interpretiert werden müssen, aber nur für einen Fall Anwendung finden, vermischt (vgl. Mariage, Vanderdonckt, & Pribea- nu, 2005, S. 10).

Darum wird, im Unterschied zu Czerwinski und Larson (2002), die Auswahl in der vorliegenden Arbeit auf Studien begrenzt, die in einer Webumgebung durchgeführt werden und die das Ziel verfolgen Guidelines für das Design von Websites zu erhalten.

Aufgrund dieser Auswahl und durch die Fortschritte in der Forschung werden in dieser Arbeit praxisrelevante Guidelines gefunden. Allerdings decken die Ergebnisse nur Bruchstücke der Komplexität einer Website ab. Es bedarf weiterer Forschung, um das Webdesign durch umfassendere Guidelines zu unterstützen.

Für die Form der Arbeit wird die Methode des Reviews nach Webster und Watson (2002) gewählt.

2 Klärung der häufig verwendeten Begriffe im Webdesign

Zu Beginn werden im folgenden Kapitel grundlegende Begriffe erläutert.

Website

Eine Website wird nach Huizingh (2000) folgendermaßen definiert: “A Web site can be considered to be a number of content elements (pages) that are linked to each other.“ (Hui- zingh, 2000, S. 125). Durch die Verlinkungen entsteht ein Netz an Verbindungen, mit dem eine große Menge an Informationen organisiert werden kann (vgl. Yu & Roh, 2002, S. 924). Das Erstellen und Abrufen dieser Informationen findet durch eine Interaktion zwischen Web- site und Mensch statt. Diese Interaktion wird in der Human Computer Interaction (HCI) untersucht: “[...] beyond technical aspects of Webdesign we need to systematically take into account human interaction and activity [...]“ (P. Zaphiris & Kurniawan, 2007, S. VI).

Human Computer Interaction

Die Human Computer Interaction (HCI) ist multidisziplinär und verwendet Techniken und Paradigmen aus Disziplinen der Natur- und Sozialwissenschaften und aus den Designdisziplinen3 (vgl. Mackay & Fayard, 1997, S. 223) (siehe Abbildung 1). In der vorliegenden Arbeit wird die HCI jedoch nur aus der Blickrichtung der Kognitiven Psychologie, die im Folgenden noch erklärt wird, betrachtet.

Es wird die Definition der Association for Computing Machinery (ACM)4 verwendet: “Human-computer interaction is a discipline concerned with the design, evaluation and implementation of interactive computing systems for human use and with the study of major phenomena surrounding them“ (SIGCHI (Group : U.S.), 1992, S. 5).

Die oben genannte Definition nennt als Beschäftigung der HCI “[…] design, evaluation and implementation […]“ (SIGCHI (Group : U.S.), 1992, S. 5), wobei der Fokus nach Fallman (2003) auf dem Design liegt: “We argue that HCI has emerged as a design-oriented field of

Klärung der häufig verwendeten Begriffe im Webdesign research, directed at large towards innovation, design, and construction of new kinds of information and interaction technology.“ (Fallman, 2003, S. 225).

Abbildung 1 Disziplinen, mit denen die Human Computer Interaction verbunden ist

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Auf Basis von Mackay und Fayard (1997, S. 225)

Design

Das Wort Design wird im Deutschen mit Gestaltung übersetzt. Lauer und Pentak (2012) definieren Design jedoch auch als eine planende und organisierende Tätigkeit, die über eine grafische Gestaltung hinausgeht (vgl. Lauer & Pentak, 2012, S. 4).

Die Definitionen für die Beschreibung des Designprozesses - wie auch die vorgeschlagenen Designmethoden - weichen sehr voneinander ab (vgl. Jones, 1992, S. 3 f.). Sie lassen sich allerdings in die Herangehensweisen engineering design und creative design unterteilen: “Engineering design assumes that the “problem” to be solved is comprehensively and preci- sely described, […]. The mission of engineering design is to find a solution to the problem.“ (Löwgren, 1995, S. 88). Dazu ist im Gegensatz creative design: “[…] creative design is about understanding the problem as much as the resulting artifact. Creative design work is seen as a tight interplay between problem setting and problem solving. […] Creative design work is inherently unpredictable. Hence, the designer plays a personal role in the process.“ (Löwgren, 1995, S. 88).

Den Studien in dieser Arbeit liegt die Herangehensweise des engineering design zu Grunde, bei der die Wissensgewinnung im Mittelpunkt steht (vgl. Fallman, 2003, S. 231).

Kognitive Psychologie

Die kognitive Psychologie untersucht die menschliche Informationsverarbeitung (vgl. Ey- senck, 2001, S. 2). Sie betrachtet zum Beispiel die inneren Vorgänge Wahrnehmung, Ge- dächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache, Denken und Entscheiden (vgl. Brown, 2006, S. 6).

Auf diese inneren Vorgänge wird indirekt mit naturwissenschaftlichen Methoden geschlossen. Dafür wird eine Hypothese über den Zusammenhang von zwei oder mehr Variablen untersucht. Das geschieht in einem Experiment, bei dem eine oder mehr unabhängige Variablen verändert werden und die Auswirkungen auf eine oder mehr abhängige Variablen gemessen werden (vgl. Brown, 2006, S. 12 f.).

Die abhängigen Variablen, die in den verwendeten Studien herangezogen werden, können in human performance (nachfolgend als Performance bezeichnet) und cognitive processes unterteilt werden (vgl. Norman, 1991, S. 10). Der größte Teil der Studien beschränkt sich auf die Performance Indikatoren von Norman (1991): speed of performance (im Folgenden syno- nym mit Zeit, Dauer oder Geschwindigkeit bezeichnet) und rate and type of errors 5 (im Fol- genden synonym mit Fehler, oder Fehlerrate bezeichnet) (vgl. Norman, 1991, S. 10). Außer- dem werden die Performance Indikatoren eye fixations und lostness (P. A. Smith, 1996) gemessen. Die letzteren zwei Variablen werden in den entsprechenden Studien erläutert. Variablen, die cognitive processes zugeordnet sind, werden nur in Kapitel 4.1 untersucht und dort erläutert. Eine Übersicht über die verwendeten abhängigen Variablen findet sich in Kapi- tel 5.

Subjektive Bewertungen als abhängige Variable, die in einem Teil der Studien erhoben werden, werden ausgeklammert. Grund ist die Einschätzung von Norman (1991), welche besagt, dass subjektive Bewertungen häufig durch externe Faktoren verfälscht werden, wenn keine einheitlichen Bedingungen geschaffen werden (vgl. Norman, 1991, S. 21).

Nachdem die Definition der grundlegenden Begriffe abgeschlossen ist, folgt die Darstellung der kognitiven Studien, die sich mit dem Design von Websites befassen.

3 Studien zur Navigation einer Website

Als Navigation werden alle Links, Beschriftungen und andere Elemente bezeichnet, die den Zugriff auf einzelne Seiten einer Website erlauben und die eine Orientierung über die inhaltli- che Struktur einer Website ermöglichen (vgl. James Kalbach, 2007, S. 5). Die Navigation kann aus einem expliziten Menü, impliziten Links im Text, oder Grafiken bestehen (vgl. Yu & Roh, 2002, S. 925).

In dem folgenden Kapitel werden Studien herangezogen, die sich mit der Navigation aus Sicht der kognitiven Informationsverarbeitung beschäftigen. Die Ergebnisse der Studien werden dargestellt und interpretiert, um zu untersuchen, inwieweit sie die praktischen Bedürf- nisse von Webdesigner/-innen abdecken. Das Kapitel unterteilt sich in vier Unterpunkte: 3.1 Die Platzierung des Navigationsmen ü s, 3.2 Das dynamische Men ü, 3.3 Die Breite und Tiefe eines dynamischen Men ü s und abschließend 3.4 Die Gestaltung einer intra-article navigation.

3.1 Die Platzierung des Navigationsmenüs

In diesem Kapitel werden drei Studien dargestellt, die untersuchen, welche Auswirkungen die Platzierung des Navigationsmenüs auf die Performance ausübt. Hierbei zeigt sich, dass Menüs, bei denen alle Menüebenen am selben Bildschirmrand positioniert sind, keinen Ein- fluss auf die Performance besitzen. Hingegen wird bei Menüs, bei denen die Menüebenen an unterschiedlichen Bildschirmrändern dargestellt werden, ein Einfluss der Position auf die Performance nachgewiesen. Die Anzahl der Menüebenen gibt an, wie oft Unterpunkte gebil- det werden (vgl. Abbildung 2)

Ausgangspunkt ist die Studie von Kalbach und Bosenick (2003). Die Autor/-innen kommen zu dem Ergebnis, dass eine Platzierung des Menüs auf der rechten oder der linken Seite kei- nen Unterschied für die Performance macht (vgl. J. Kalbach & Bosenick, 2003, S. 8). An der Studie beteiligen sich 64 Teilnehmer/-innen, die auf zwei Websites mit links oder rechts positionierter Navigation Informationssuchaufgaben lösen. Gemessen wird die Performance anhand der für die Aufgaben benötigten Zeit (vgl. J. Kalbach & Bosenick, 2003, S. 8). Das

Ergebnis zeigt, dass die Position des Navigationsmenüs, links oder rechts, keine signifikante Auswirkung auf die Zeit hat, die für das Auffinden von Informationen benötigt wird (vgl. J. Kalbach & Bosenick, 2003, S. 8).

Abbildung 2 Schema eines Menüs mit drei Ebenen, zur Illustration des Begriffes der Me- nüebene

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Menüebenen

Eigene Darstellung

Aufbauend auf der Untersuchung von Kalbach und Bosenick (2003) testen McCarthy, Sas- se und Riegelsberger (2004) zusätzlich die Positionierung des Menüs am oberen Bildschirm- rand. Die Autor/-innen stellen die Arbeitshypothese auf, dass eine links platzierte Navigation eine bessere Performance aufweist als rechts oder oben platzierte, da das Menü gemäß Ber- nard (2001) (vgl. Kapitel 4.1) links erwartet wird (vgl. McCarthy u. a., 2004, S. 5).

An der Studie nehmen 31 Teilnehmer/-innen teil, die jeweils 9 Aufgaben durchführen. In den Aufgaben suchen die Probanden nach Informationen, die im Menü enthalten sind. Als abhängige Variablen werden die benötigte Zeit zum Abschluss einer Suchaufgabe gemessen und die eye fixations durch eye tracking 6 beobachtet (vgl. McCarthy u. a., 2004, S. 4 f.).

Eine Augenbewegung wird als eye fixation gewertet, wenn der Blick einer Teilnehmer/-in innerhalb eines festgelegten Radius für eine bestimmte Mindestdauer verweilt. Die Mindestdauer und der Radius werden jeweils neu festgelegt7.

Die Beobachtung der Augenbewegungen kann gemäß einer Studie von Goldberg und Kot- val (1999) den unbewussten Suchprozess deutlich machen (vgl. Goldberg & Kotval, 1999, S. 644). Insbesondere können eye fixations gemäß Goldberg und Kotval (1999) die Perfomance teilweise feiner anzeigen, als die Variable der benötigten Zeit (vgl. Goldberg & Kotval, 1999,S. 644).

Im Ergebnis kann die Arbeitshypothese nicht bewiesen werden. Es wird sogar im Gegenteil das Ergebnis von Kalbach und Bosenick (2003) bekräftigt: Die Position des Menüs hat keine signifikante Auswirkung auf die Gesamtdauer der Informationssuche (vgl. McCarthy u. a., 2004, S. 12). Gleichwohl zeigt die Betrachtung kürzerer Zeitabschnitte, dass die Testpersonen beim Laden der ersten Seite mit dem linken Menü schneller sind, dieser Effekt aber schon auf der zweiten Seite verschwindet (vgl. McCarthy u. a., 2004, S. 7).

Das Ergebnis einer schnellen Anpassung zeigt sich auch bei der Auswertung der eye fixa tions: Ist das Menü links angeordnet, verteilen sich die eye fixations bei dem Laden der ersten Seite hauptsächlich auf den mittigen und oberen Bildschirmbereich, beim zweiten Laden steigt die Zahl der eye fixations für den linken Bildschirmbereich stark an. Ist das Menü rechts positioniert, verdoppelt sich die Anzal der eye fixations für den rechten Bildschirmbereich beim Laden der zweiten Seite. (vgl. McCarthy u. a., 2004, S. 9 ff.).

Die Autor/-innen ziehen daraus das Fazit, dass die Erwartung einer links platzierten Navi- gation (vgl. Bernard (2001) in Kapitel 4.1) auf die Performance nur einen, in Bezug auf die Zeit, sehr kurzen Einfluss besitzt. Die Erwartung wird bereits beim Laden der zweiten Seite angepasst und hat dann keinen Einfluss mehr auf die Performance (vgl. McCarthy u. a., 2004,S. 7).

Einen anderen Blickwinkel als in den vorangegangen Studien nehmen Kingsburg und Andre (2004) ein. Die Verfasser/-innen betrachten das Navigationsmenü nicht als eine Einheit, sondern sie unterteilen ein Navigationsmenü in seine Menüebenen und platzieren sie unabhängig voneinander. Es werden alle Möglichkeiten getestet, die links und oben oder rechts und oben kombinieren (vgl. Kingsburg & Andre, 2004, S. 1513). Für jede Variation des Menüs werden zwölf Navigations- und Suchaufgaben von insgesamt 16 Teilnehmer/-innen bearbeitet (vgl. Kingsburg & Andre, 2004, S. 1513). Gemessen werden die abhängigen Variablen Navigationszeit und Fehlerrate (vgl. Kingsburg & Andre, 2004, S. 1514).

Im Ergebnis ist die Performance der Testpersonen signifikant besser, d.h. geringere Zeit und Fehlerrate, wenn alle Menüebenen, oder die zweite und dritte Ebene, gruppiert sind (vgl. Kingsburg & Andre, 2004, S. 1515). Die resultierenden Menüarten sind in Abbildung 3 schematisch dargestellt.

Abbildung 3 Links-Links-Links (L-L-L), Links-Oben-Oben (L-O-O), Rechts-Rechts- Rechts (R-R-R), Rechts-Oben-Oben (R-O-O)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Auf Basis von Kingsburg und Andre (2004, S. 1515)

Die Ergebnisse von Kingsburg und Andre (2004) sind von praktischer Bedeutung für das Design von Websites, da die Menüebenen auf vielen Websites im Internet voneinander ge- trennt platziert sind8. Die Verwertbarkeit dieser Ergebnisse wird jedoch dadurch einge- schränkt, dass keine Angaben über die Art des Menüs (dynamisch oder statisch) gemacht werden. Die Art des Menüs hat jedoch einen Einfluss auf die Performance, wie in Kapitel 3.2 deutlich wird, in dem dynamische und statische Menüs definiert und verglichen werden.

Die genannten Ergebnisse in dem vorliegenden Kapitel geben Anhaltspunkte für die Praxis über die geringe Bedeutung der Positionierung von Navigationsmenüs, die als eine Einheit dargestellt sind. Ein Einfluss auf die Performance vollständig bearbeiteter Aufgaben ist nicht feststellbar.

Allerdings bleibt unklar, welche Bedeutung der anfängliche Vorteil einer Platzierung auf der linken Seite besitzt. Hier erscheint weitere Forschung aber nicht notwendig, sondern die Bedeutung der Positionierung des Navigationsmenüs sollte als Bestandteil der in Kapitel 4.1 behandelten mentalen Modelle untersucht werden. Für die Praxis sind die Ergebnisse, welche

zeigen, dass die Position des Menüs letztendlich keine Rolle für vollständig bearbeitete Aufgaben spielt, dennoch relevant, da sich erweist, dass der anfängliche Vorteil keinen Einfluss auf die Performance der gesamten Aufgaben besitzt.

Im Gegensatz zu Menüs, die als Einheit dargestellt werden, ist bei Menüs mit getrennten Menüebenen ein Einfluss der Position auf die Performance feststellbar. Da das bei der Studie von Kingsburg und Andre (2004) verwendete Menü jedoch ungenau beschrieben ist und nur ein Menü mit drei Menüebenen verwendet wird, sind die Ergebnisse nur ein erster Hinweis, der in weiteren Studien genauer belegt werden sollte. In diesen Studien sollte die Art des Menüdesigns (dynamisch oder statisch) beschrieben werden und unterschiedlich komplexe Menüdesigns, bei denen die Anzahl der Menüebenen und Menüpunkte variiert wird, unter- sucht werden.

In Bezug auf das zentrale Anliegen der Arbeit, inwieweit der aktuelle Stand der Kognitionsforschung die praktischen Bedürfnisse von Webdesigner/-innen abdecken kann, zeigt das Kapitel, dass der Stand der Kognitionsforschung in Bezug auf die Platzierung von Navigationsmenüs, die als Einheit dargestellt werden, die Bedürfnisse von Webdesigner/-innen in der Praxis abdeckt, da deutlich wird, dass die Positionierung keine Rolle spielt. Bei Menüs mit getrennten Menüebenen sind die Ergebnisse von Webdesigner/-innen jedoch nur teilweise anwendbar. Da nur Menüs mit drei Menüebenen untersucht werden und unklar ist, ob die Ergebnisse für ein dynamisches oder ein statisches Menü gelten.

3.2 Das dynamische Menü

Dynamische Menüs sind Menüs, welche eine untergeordnete Ebene sofort anzeigen, wenn der Mauszeiger über den übergeordneten Menüpunkt bewegt wird oder dieser angeklickt wird. Ein statisches Menü dagegen zeigt eine untergeordnete Ebene erst nach erneutem Laden der Website an.

Dynamische Menüs werden in dem folgenden Kapitel behandelt. Es wird der Frage nach- gegangen, ob dynamische Menüs im Vergleich zu statischen Menüs aus Sicht der kognitiven Informationsverarbeitung vorteilhafter sind. Dafür werden zwei Studien angeführt, die die Performance dynamischer und statischer Menüs vergleichen. Hierbei zeigt sich, dass die Frage nicht eindeutig beantwortet werden kann, weil die Menüdesigns der genannten Studien nicht vergleichbar sind.

[...]


1 Zum Beispiel: die Gestaltgesetze der Gestaltpsychologie, oder die 7 +/- 2 Regel von Miller (1956)

2 Zum Beispiel: Bannerpositionierung auf Websites (Lim & Wogalter, 2000), oder Orientierungspunkte in der Navigation (Vinson, 1999)

3 Das englische Lehnwort Design beinhaltet die Disziplin Ingenieurwesen und die bildenden Künste

4 Die ACM ist eine wichtige Fachgesellschaft für Informatik, die Zeitschriften und Publikationen veröffentlicht und Tagungen organisiert

5 Fehler sind zum Beispiel: Anklicken des falschen Zieles mit der Maus, Verfehlen des Zieles mit der Maus, unnötige Klicks mit der Maus, Zeitüberschreitung beim Lösen einer Aufgabe, falsche Antworten auf eine inhaltliche Frage

6 Eye tracking bezeichnet das Aufzeichnen der Blickbewegung einer Person.

7 In der Studie von Leuthold, Schmutz, Bargas-Avila, Tuch, und Opwis (2011), dargestellt in Kapitel 6.2, beträgt die Mindestdauer zum Beispiel 100 Millisekunden und der Durchmesser 30 Pixel.

8 Beispielsweise „TU Dresden“ (2013)

Ende der Leseprobe aus 46 Seiten

Details

Titel
Kognitive Psychologie und Webdesign. Praxisrelevante Guidelines für die Bereiche Navigation und Page Layout
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik insb. Systementwicklung)
Note
1,0
Autor
Jahr
2013
Seiten
46
Katalognummer
V266479
ISBN (eBook)
9783656622697
ISBN (Buch)
9783656622673
Dateigröße
2083 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
kognitive, psychologie, webdesign, praxisrelevante, guidelines, bereiche, navigation, page, layout
Arbeit zitieren
M L (Autor:in), 2013, Kognitive Psychologie und Webdesign. Praxisrelevante Guidelines für die Bereiche Navigation und Page Layout, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266479

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