Politische Bildung im Systemvergleich

Von welchen Faktoren hängt ab, was für eine Art von politischer Bildung in einem Staat angestrebt wird? Analytischer Systemvergleich zwischen BRD und ehemaliger Sowjetunion.


Hausarbeit, 2011

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Vorgehensweise
I.1 Begriffsklärung: Art der politischen Bildung
I.2 Analysekategorien

II Prägende Faktoren – Einflüsse auf die Art politischer Bildung
II.1 Leitidee
II.2 Politische Kultur
II.3 Herrschaftsstruktur
II.4 Willensbildung
II.5 Gestaltungsanspruch

III Fazit

IV Literaturverzeichnis

I Vorgehensweise

Im Folgenden möchte ich die Forschungsfrage „Von welchen Faktoren hängt ab, was für eine Art politischer Bildung in einem Staat angestrebt wird?“ anhand eines analytischen Systemvergleichs zwischen dem der BRD und dem der ehemaligen Sowjetunion bearbeiten. Um die Fragestellung operationalisierbar zu machen, soll zunächst die Variable Art politischer Bildung definiert werden. Anschließend möchte ich die zur vergleichenden Analyse herangezogenen Kategorien nennen sowie kurz begründen, wobei sich der Sinngehalt und Nutzen der einzelnen Kategorien aber klarer in den einzelnen Analyseschritten des Hauptteils zu erkennen gibt. Entlang dieser analytischen Kategorien, die ihrerseits stets das Licht auf eine bestimmte Menge von Faktoren werfen, welche die Art politischer Bildung in einem Staat beeinflussen, entwickelt sich die folgende Analyse. Dabei sollen innerhalb jedes Analyseschritts die Bezüge zwischen den prägenden Faktoren und deren ausgewählte Spiegelungen in den einzelnen Ebenen des Gegenstands der politischen Bildung der beiden Systeme deutlich werden.

I.1 Begriffsklärung: Art der politischen Bildung

Der Begriff der Art der politischen Bildung soll im Folgenden im umfassenden Sinne als Gesamtheit der Inhalte politischer Bildung, ihrer prozesshaften Bereiche und ihrer Strukturen verstanden werden. Analog zum in der Vorlesung behandelten Modell des Schichtenbaus der Wirklichkeit beinhaltet er auf der Mikroebene Ziele, Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen. Auf der Mesoebene hingegen umfasst er etwa Rollen und Rollengefüge sowie zur Verfügung stehende Partizipationsmöglichkeiten. Ferner ist wichtig, welche Strukturen, d.h. welche Akteure, Organisationen und Institutionen die Inhalte und Prozesse politischer Bildung begleiten und prägen. Politische Bildung bezeichnet in diesem Fall nicht nur Bildung im engeren Sinne als ein selbstbestimmtes, Sich bilden des Individuums, sondern beinhaltet ein bewusstes Hinwirken auf Inhalte, Prozesse und Strukturen von politischer Sozialisation im Allgemeinen, welche nach Worten Sanders „Erwerb jener Werthaltungen, Einstellungen, Überzeugungen, Wissensbestände und Handlungsdispositionen [prägt], die für die Stabilität der politischen Ordnung einer Gesellschaft als erforderlich betrachtet werden“ (vgl. Sander 2005: 13). Es geht um Erziehung, Bildung und die Schaffung von realen Erfahrungsmöglichkeiten von Politik. Politische Sozialisation, aber auch damit einhergehende politische Bildung beginnt insofern im Elternhaus und unter Gleichaltrigen, und wird in der Schule und diversen Jugendorganisationen sowie über Universitäts- und Erwachsenenbildung fortgesetzt. Auch Massenmedien sind einflussreiche Akteure im Hinblick auf Inhalte und Prozesse politischer Bildung.

I.2 Analysekategorien

Grundsätzlich scheint die angestrebte Art der politischen Bildung von der Beschaffenheit des politischen Systems und dessen zur Erhaltung desselbigen notwendigen Faktoren abhängig zu sein. Es stellt sich also die Frage, auf welches System hin sozialisiert werden soll. Daher beeinflussen die einzelnen Komponenten des jeweiligen politischen Systems zwingenderweise die Art, in der politische Bildung stattfindet oder zumindest stattfinden soll.

Die Leitidee (oder auch ganz wertfrei Ideologie) eines Systems legt den Grund für sämtliche weiteren Implikationen. Daher werden die sehr verschiedenen ideellen Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion als erstes einander gegenübergestellt. Danach sollen die unterschiedlichen Voraussetzungen politischer Kultur in Kurzfassung verglichen werden. Desweiteren soll anhand der mehrdimensionalen Typologie der beiden politischen Systeme erklärt werden, welche Bezüge Offenheit bzw. Geschlossenheit der drei Leitvariablen des Systemvergleiches – nämlich Herrschaftsstruktur, die Art der systemimmanenten Willensbildungsprozesse sowie der Umfang des praktizierten politischen Gestaltungsanspruchs – zu der Frage nach der jeweils angestrebten Art von politischer Bildung aufweist.

II Prägende Faktoren – Einflüsse auf die Art politischer Bildung

In der Gesamtheit ihrer Systemkonstituenten ist die Bundesrepublik Deutschland als ein liberaler demokratischer Verfassungsstaat einzuordnen, währenddessen die ehemalige Sowjetunion zu Zeiten Stalins wohl als totalitäre sozialistische Diktatur, später mindestens zu einer autoritären Herrschaft mit immer noch sehr hohem politischen Gestaltungsanspruch begreifbar ist. Diese voneinander sehr verschiedenen Grundstrukturen haben, wie folgend aufgezeigt werden soll, weitreichende Implikationen für die Art politischer Bildung im jeweiligen Staatswesen.

II.1 Leitidee

Das politische System der Bundesrepublik Deutschland ist maßgeblich von der Idee einer gelebten Pluralismus ermöglichenden Grundordnung geprägt. Menschen haben voneinander sehr verschiedene Individualinteressen und ein Recht darauf, ihren Neigungen entsprechend zu leben. Sie haben unterschiedliche handlungsleitende Wertesysteme, verschiedene Weltanschauungen, politische Vorstellungen und Einstellungen, (Des-) Interesse an Politik, religiöse Zugehörigkeiten oder Ansichten zu ganz konkreten Politikfeldern. Das politische System ist insofern auf Interessenkonkurrenz aufgebaut und geradezu antitotalitär. Auf Basis eines für die Funktionstüchtigkeit jedoch unerlässlichen Minimalkonsenses – als nichtstreitigem Sektor – werden politische Konflikte ausgehandelt. Das Gemeinwohl wird in der Bundesrepublik Deutschland posteriori durch natürlich in der Regel fehlerträchtige trial and error -Prozesse zu verwirklichen gesucht, ergebnisoffene Auseinandersetzungen sind ausdrücklich erwünscht.

Dieses Leitbild eines liberalen Pluralismus mit relativ schmalem Minimalkonsens hat hinsichtlich der Art politischer Bildung u.a. folgende Implikationen. Auf der Inhaltsebene sollen keine einheitlichen Wertvorstellungen, Interessenlagen und Neigungen geschaffen werden. Vielmehr ist es Ziel politischer Bildung, Staatsangehörige zu mündigen, Sachverhalte kritisch hinterfragenden Bürgern auszubilden. Der Bürger soll die Kompetenz erwerben, seine eigenen Interessen zu definieren und diese sowohl erfolgsorientiert, als auch tolerant und kompromißbereit in politisches Engagement umzusetzen. Vermittlungsprozesse sollen hinsichtlich ihrer thematischen Ausrichtung stets ein ausgewogenes Abbild der realen Aushandlungsprozesse und Konfliktlinien berücksichtigen und ergebnisoffen durchgeführt werden. Der Beutelsbacher Konsens als wesentliche didaktische Grundlage politischer Bildung in der Bundesrepublik Deutschland fasst dies im Kontroversitätsgebot und Indoktrinationsverbot zusammen. Schließlich führt ein pluralistisches Akteursgefüge von Institutionen und Organisationen an der Seite staatlicher Schulbildung – etwa gemeinnützige Vereine und private Stiftungen – wie auch eine ausdifferenzierte Medienlandschaft dazu, dass politische Bildung durch verschiedene Interessengruppen gestaltet wird, die unterschiedliche Überzeugungen kommunizieren und dem Einzelnen ermöglichen, sich aus unterschiedlichen Quellen zu informieren.

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Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Politische Bildung im Systemvergleich
Untertitel
Von welchen Faktoren hängt ab, was für eine Art von politischer Bildung in einem Staat angestrebt wird? Analytischer Systemvergleich zwischen BRD und ehemaliger Sowjetunion.
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Politikwissenschaften)
Veranstaltung
Proseminar: Einführung in das Studium der Politischen Systeme
Note
1,0
Autor
Jahr
2011
Seiten
14
Katalognummer
V270368
ISBN (eBook)
9783656615026
ISBN (Buch)
9783656615064
Dateigröße
529 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Politische Bildung, Politisches System, Systemvergleich, Abhängige Variable, BRD, Sowjetunion, Komsomol, Minimalkonsens, Beutelsbacher Konsens, Politische Kultur, Leitidee, Menschenbild, Herrschaftsstruktur, Willensbildung, Gestaltungsanspruch
Arbeit zitieren
Georg Langner (Autor:in), 2011, Politische Bildung im Systemvergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270368

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