Analyse und Darstellung neuer normativer Anforderungen für den NS- und MS-Schaltanlagenbau sowie marktüblicher Ausführungsvarianten von Schaltanlagen


Bachelorarbeit, 2014

92 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Gliederung und Vorgehensweise der Arbeit

2 Grundlagen
2.1 Systemübersicht der Energieverteilung
2.2 Elektrische Merkmale Niederspannung
2.3 Betriebsmittel Niederspannung
2.4 Elektrische Merkmale Mittelspannung
2.5 Betriebsmittel Mittelspannung

3 Darstellung und Zusammenfassung der Normen sowie Maßnahmen zur Erreichung der Normkonformität
3.1 Normbestimmung
3.1.1 Normen für Niederspannungsschaltanlagen
3.1.1.1 Normenvergleich und Änderungen
3.1.1.2 Übergangszeiten der bisherigen Normen
3.1.2 Normen für Mittelspannungsschaltanlagen
3.1.2.1 Normenvergleich und Änderungen
3.1.2.2 Übergangszeiten der bisherigen Normen
3.2 Maßnahmen zur Erreichung der Normkonformität
3.2.1 Niederspannung
3.2.2 Mittelspannung

4 Innerer Schutz
4.1 Störlichtbogen
4.1.1 Definition
4.1.2 Lichtbogenschutz
4.1.2.1 Schutz durch Arcon
4.1.2.2 Schutz durch das Arc-K-System
4.1.2.3 Vakuumleistungsschalter
4.1.2.4 SF6-Leistungsschalter

5 Darstellung der technischen Maßnahmen während des Betriebes
5.1 Niederspannung
5.1.1 Form der inneren Unterteilung
5.1.2 Schutzart
5.1.3 Schutzmaßnahme
5.1.3.1 Schutz gegen direktes Berühren
5.1.3.2 Schutz bei indirektem Berühren
5.2 Mittelspannung
5.2.1 Zugänglichkeit von Schotträumen
5.2.2 Schottungsklassen
5.2.3 Betriebsverfügbarkeit LSC
5.2.4 Druckentlastung

6 Darstellung der marktüblichen Varianten von Mittel-und Niederspannungsschaltanlagen
6.1 Niederspannungsanlagen
6.1.1 Festeinbautechnik
6.1.1.1 Blindleistungskompensation
6.1.2 Einschubtechnik
6.1.3 Leistentechnik
6.1.4 Motor-Control-Center (MCC) Technik
6.2 Mittelspannungsanlagen
6.2.1 Innere Unterteilung der Anlagen
6.2.1.1 Sammelschienenraum
6.2.1.2 Niederspannungsnische
6.2.1.3 Leistungsschalterraum
6.2.1.4 Kabelanschlussraum
6.2.2 Metallgekapselte luftisolierte Schaltanlagen
6.2.2.1 Einfach-Sammelschienensystem
6.2.2.1.1 Mit Leistungsschalter in Einschubtechnik
6.2.2.1.2 Mit festeingebautem Leistungsschalter
6.2.2.2 Doppel-Sammelschienensystem
6.2.2.2.1 SS mit einem Leistungsschalter
6.2.2.2.2 SS mit zwei Leistungsschaltern
6.2.3 Metallgeschottete Schaltfelder
6.2.3.1 Mit einem Schottraum
6.2.3.2 Mit drei Schotträumen
6.2.4 Metallgekapselte gasisolierte Schaltanlagen (GIS)
6.2.4.1 Gas isolierte Schaltanlagen mit Leistungsschalter
6.2.4.1.1 GIS mit Einfach-Sammelschiene
6.2.4.1.2 GIS mit Doppelsammelschiene
6.2.4.2 GIS Schaltanlagen mit Lasttrennschaltern und Leistungsschaltern
6.2.4.3 GIS Ringkabelschaltanlagen (RMU) für die sekundäre Energieverteilung

7 Bewertung der technischen Unterschiede
7.1 Niederspannung
7.2 Mittelspannung

8 Zusammenfassung

9 Literaturverzeichnis und Quellen

Abbildungsverzeichnis>

Abbildung 2.1: Energieverteilung [2]

Abbildung 3.1: Normvergleich Niederspannung

Abbildung 3.2: Altes Prüfungsablaufschema

Abbildung 3.3: Neues Prüfungsablaufschema

Abbildung 3.4: Alte Klassifizierungsstruktur

Abbildung 3.5: Aktuelle Klassifizierungsstruktur

Abbildung 4.1: Arcon-Systemübersicht

Abbildung 4.2: Arcon-Montage

Abbildung 4.3: Arc-K-System

Abbildung 4.4: Vakuumschaltröhre eines Vakuumleistungsschalters [14]

Abbildung 4.5: Schaltkammer eines GIS-Leistungsschalters [15]

Abbildung 4.6: Lichtbogen Ausschaltzustand [15]

Abbildung 5.1: Bezeichnung der Schutzarten [16]

Abbildung 6.1: Festeinbautechnik [18]

Abbildung 6.2: Kompensationsanlage [13]

Abbildung 6.3: Einschubtechnik [18]

Abbildung 6.4: Steck-Leistentechnik [18]

Abbildung 6.5: Festeinbau-Leistentechnik [18]

Abbildung 6.6: Abgangsfeld MCC [19]

Abbildung 6.7: Leistungsschalterfeld LSF3001 [20]

Abbildung 6.8: Kuppelfeld KFF3001 [20]

Abbildung 6.9: Lasttrennschalterfeld mit Sicherung SAS3001 [20]

Abbildung 6.10: NH-Sicherungslastschaltleistenfeld SLF3001 [20]

Abbildung 6.11: Kompensationsfeld KPF3001 [20]

Abbildung 6.12:MCC3001 [20]

Abbildung 6.13: Mi 1000 [12]

Abbildung 6.14: SAS 5000 [12]

Abbildung 6.15: Prisma Plus [22]

Abbildung 6.16: ABB MNS-System [23]

Abbildung 6.17: Modan-System [3]

Abbildung 6.18: Moducon [24]

Abbildung 6.19: GNS 5.1 [25]

Abbildung 6.20: Sivacon [18]

Abbildung 6.21: Sammelschienenraum [26]

Abbildung 6.22: Niederspannungsnische [26]

Abbildung 6.23: Leistungsschalterraum [26]

Abbildung 6.24: Kabelanschlussraum [26]

Abbildung 6.25: Metallische Kapselung [27]

Abbildung 6.26: Leistungsschalter in Einschub [27]

Abbildung 6.27: Leistungsschalter in Festeinbau [27]

Abbildung 6.28: Doppelsammelschienensystem [27]

Abbildung 6.29: Doppelsammelschiene mit einem Leistungsschalter [20]

Abbildung 6.30: Doppelsammelschiene mit zwei Leistungsschaltern [27]

Abbildung 6.31: ZS8.4 von ABB [28]

Abbildung 6.32: Sammelschienenschottung [20]

Abbildung 6.33: Anlage mit Vollschottung von drei Räumen [20]

Abbildung 6.34: Fahrwagentechnik [27]

Abbildung 6.35: GS1 Von Ritter [20]

Abbildung 6.36: GS2 von Ritter [20]

Abbildung 6.37: GS4 von Ritter [20]

Abbildung 6.38: GS3 Doppelsammelschiene [20]

Abbildung 6.39: Übersicht sekundäre Energieverteilung [29]

Abbildung 6.40: Anlage mit einem Gemeinsamen Gasraum [29]

Abbildung 6.41: Angereihte Schaltfelder [29]

Tabellenverzeichnis

Tabelle 3.1: Normenvergleich und Übergangszeiten Niederspannung

Tabelle 3.2: Normenvergleich und Übergangszeiten Mittelspannung

Tabelle 5.1: Schotträume

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

In der Energietechnik wird den Begriff Schaltanlage sehr häufig verwendet. Schaltanlagen sind alle Betriebsmittel und Hilfseinrichtungen, die zur Energieverteilung und -übertragung an einem Knotenpunkt des Versorgungsnetzes beteiligt sind [1]. Wie sich Anlagen für Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetze unterscheiden, hängt von der Stärke ab, mit der die elektrische Spannung im Stromnetz gehalten wird.

Schaltanlagen für Nieder- und Mittelspannung werden im Vergleich zu Hochspannungsschaltanlagen in der Regel in geschlossenen Räumen ausgeführt. Diese kompakte Bauweise Nieder- und Mittelspannungsschaltanlagen ermöglicht einen kleinen Flächenbedarf und wirtschaftlich gesehen geringe Investitionskosten.

Die Fertigung von Schaltanlagen hängt von vielen Kriterien und von Normen ab. In Deutschland und weltweit gibt es zahlreiche Hersteller solcher Anlagen, die je nach Anwendungsbereich verschiedene Ausführungsvarianten anbieten.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Das Ziel dieser Arbeit ist es Die Konstruktion und die Funktionalität von Mittel- und Niederspannungsschaltanlagen zu verstehen und die Normen sowie die Anforderungen für den Schaltanlagenbau übersichtlicher zu machen

Dabei soll einen Vergleich zwischen alten Normen und neuen Normen gemacht werden. Auch die Sicherheitsmaßnahmen während der Betriebszeiten der Anlagen sollen dargestellt werden

1.3 Gliederung und Vorgehensweise der Arbeit

Die Arbeit ist in sieben Hauptabschnitte unterteilt:

Nach der Einleitung wird auf allgemeine Grundlagen eingegangen. Dabei werden die elektrischen Merkmale definiert und ausführlich erklärt. Im dritten Kapitel werden Normen für den Schaltanlagenbau zusammengefasst sowie die Maßnahmen zur Erreichung der Normkonformität erläutert. Einen Vergleich zwischen alten und neuen IEC-Normen mit den entsprechenden Übergangszeiten, muss sowohl für die Niederspannung- als auch für die Mittelspannungsschaltanlagen durchgeführt werden. Kapitel vier behandelt den inneren Schutz. Es wird der Begriff Störlichtbogen definiert und die verschiedenen möglichen Lichtbogenschutztechnologien werden erklärt.

Im darauf folgenden Kapitel werden die technischen Maßnahmen während des Betriebes erläutern.

Kapitel 6 enthält die Darstellung der am Markt üblichen Ausführungsvarianten im Bereich typgeprüfter Mittel- und Niederspannungsschaltanlagen.

Zum Schluss fasst Kapitel 7 die Bewertung der technischen Unterschiede hinsichtlich grundsätzlicher Funktionalität auf Basis der Anwendungsgebiete zusammen.

2 Grundlagen

2.1 Systemübersicht der Energieverteilung

Abb. 2.1 zeigt schematisch die Struktur der Energieverteilung. Insbesondere ist die Einordnung der in dieser Arbeit behandelten Mittel- und Niederspannungsschaltanlage zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Energieverteilung [2]

2.2 Elektrische Merkmale Niederspannung

Die Bemessungswerte werden entsprechend der IEC/EN 61439-1/-2 von den Herstellern von Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen angegeben. Sie gelten für vorgegebene Betriebsbedingungen und charakterisieren die Verwendbarkeit einer Schaltgerätekombination. Das heißt, alle Angaben, die sich auf geprüfte, technische Eigenschaften beziehen, die für eine Auswahl oder für eine Koordination der Betriebsmittel in einer Anlage benutzt werden sollen [3]. Zu den wichtigsten Bemessungswerten gehören:

Bemessungsbetriebsspannung (Ue)

Spannung, auf die sich die Kennwerte eines Schaltgerätes beziehen. Eine zu geringe Bemessungsbetriebsspannung bei der Auswahl von Schaltgeräten kann beispielsweise zu einem Versagen des Schaltgerätes führen. [4]

Zur Prüfung der Schaltgeräte wird eine Spannung von 105 % der Bemessungsbetriebsspannung verwendet. Die Überschreitung dieses Wertes im Betrieb ist nicht erlaubt während seine Unterschreitung für die Schaltgeräte nicht schädlich ist. Die untere Spannungsgrenze wird durch die Verbraucher, die versorgt werden, vorgegeben. [4]

Die höchste Bemessungsbetriebsspannung darf auf keinen Fall höher als die Bemessungsisolationsspannung sein.

Bemessungsisolationsspannung (Ui)

Spannung, auf die sich Isolationsprüfungen und Kriechstrecken beziehen [3]. Anders gesagt, die Bemessungsisolationsspannung kennzeichnet die zulässige Dauerbelastung der Luftstrecken und Kriechstrecken des Stromkreises durch die Betriebsspannung. Von der Bemessungsisolationsspannung hängt die Auswahl der Bemessungsstoßspannung ab.

Die Bemessungsisolationsspannung muss immer gleich oder größer sein als der höchste Wert der Bemessungsbetriebsspannung.

Bemessungsstoßspannungsfestigkeit (Uimp)

Sie ist ein Maß für die Festigkeit der Isolation gegenüber kurzzeitigen und nur gelegentlich auftretenden Spannungsspitzen/Stoßüberspannung [4]. Der Einsatz geeigneter Schaltgeräte kann sicherstellen, dass abgeschaltete Anlagenteile keine Überspannungen aus dem Netz, in dem sie eingesetzt sind, übertragen können [3].

Wenn in einem Stromkreis einer Schaltgerätekombination mehrere Geräte und Bausteine vorhanden sind, wird der Wert des schwächsten Bauteiles maßgebend für die Bemessungsstoßspannungsfestigkeit des ganzen Stromkreises. Dabei muss zusätzlich sichergestellt werden, dass die Schaltüberspannung aller Geräte in dem Stromkreis unter diesem Wert liegt. Wenn dies nicht zutrifft, dann müssen entweder andere Schaltgeräte mit kleineren Schaltüberspannungen ausgewählt werden oder es müssen Komponenten mit einer höheren Bemessungsstoßspannungsfestigkeit verwendet werden [4].

Bemessungskurzzeitstromfestigkeit (Icw)

Die Bemessungskurzzeitstromfestigkeit ist der Effektivwert des Kurzschlussstromes, den der Stromkreise für eine bestimmte Zeit (meist 1 s in der Niederspannung) führen kann, ohne thermisch Schaden zu nehmen.

Mit der Gleichung lässt sich die zulässige Belastung bei anderen Zeiten als der geprüften Zeit bestimmen. [4]

Bemessungsstoßstromfestigkeit (Ipk)

Die Bemessungsstoßstromfestigkeit ist der unbeeinflusste Scheitelwert des Stromes, dem der Stromkreis unter den angegebenen Prüfbedingungen standhalten kann. Sie wird vom Hersteller angegeben. [4]

Bemessungsbetriebsstrom (Ie)

Strom, den ein Schaltgerät unter Berücksichtigung von Bemessungsbetriebsspannung, Betriebsdauer, Gebrauchskategorie und Umgebungstemperatur dauerhaft führen kann. [3]

Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen (Icu)

Maximaler Kurzschlussstrom, den ein Leistungsschalter unterbrechen kann. [3] Unterhalb dieses maximalen Werts ist der Leistungsschalter in der Lage, bei Überlast, mit Zeitverzögerung, auszulösen.

2.3 Betriebsmittel Niederspannung

Die Schaltanlagen für die Niederspannungsebene bestehen hauptsächlich aus folgenden Betriebsmitteln:

- Sammelschienensystem
- Leistungsschalter
- Leitungsschutzschalter
- Trennschalter
- Lasttrennschalter
- Erdungsschalter
- NH-Sicherung
- Stromwandler
- Spannungswandler
- Schutzrelais

2.4 Elektrische Merkmale Mittelspannung

Diese Werte charakterisieren die Verwendbarkeit einer Schaltanlage und werden gemäß IEC 62271-200 von dem Hersteller von Mittelspannungsschaltanlagen festgelegt. Es wird unter Anderen unterschieden:

Bemessungsspannung

Die Bemessungsspannung ist größer oder gleich der Nennspannung und spezifiziert den maximalen Wert der elektrischen Spannung im dauerhaften Normalbetrieb.

Bemessungsstrom

Der Bemessungsstrom charakterisiert den Strom eines Gerätes oder einer Einrichtung, für den das Gerät oder die Einrichtung durch eine Norm oder vom Hersteller zum

dauerhaften Betrieb ausgelegt ist.

Thermischer Kurzschlussstrom

Maximaler Wert des Stromes verursacht durch eine nahezu widerstandlose Verbindung der beiden Pole einer elektrischen Spannungsquelle, durch die eine Spannung zwischen diesen Teilen auf einen Wert nahe null fällt [5]. Die geprüfte Kurzschlussdauer ist unterschiedlich. Bei den Mittelspannungsschaltanlagen allerdings beträgt dieser Wert in der Regel ca. 3s.

Bemessungsstoßstrom

Siehe Text bei Niederspannung

Bemessungs-Blitzstoßspannung

Die Bemessung-Blitzstoßspannung ist der Effektivwert der Blitzstoßspannung. Er charakterisiert auch den bemessenen Wert der Überspannungen als Folge von Blitzeinschlägen. [5]

Bemessungs-Kurzzeit-Wechselspannung

Die Bemessungs-Kurzzeit-Wechselspannung ist eine Zeitweilige Spannungserhöhung

2.5 Betriebsmittel Mittelspannung

Zur Auswahl einer Schaltanlage sind folgende Betriebsmittel zu beachten:

- Sammelschienensystem
- Leistungsschalter
- Trennschalter
- Lasttrennschalter
- Sicherungslasttrennschalter
- Erdungsschalter
- Is-Begrenzer
- Stromwandler
- Spannungswandler
- Überspannungsableiter
- Messwerterfassung und Übertragung
- Schutzeinrichtung

3 Darstellung und Zusammenfassung der Normen sowie Maßnahmen zur Erreichung der Normkonformität

3.1 Normbestimmung

Eine Norm ist ein den Stand der Technik widerspiegelndes Dokument, welches in festgelegten Prozessen innerhalb einer Normungsorganisation entstanden ist. Normen regeln und erleichtern durch Festlegungen allgemeine und wiederkehrende Anwendungen. Sie beziehen sich sowohl auf Gegenstände als auch auf Verfahren [6].

Normen werden von Fachkreisen erarbeitet. Das sind Leute die auch selber Normen später benötigen und einsetzen. In Deutschland sind tausende Experten für die Normungsarbeit tätig. Sie sind beispielsweise Hersteller, Verbraucher, Handel, Wissenschaft, Staat oder Prüfinstitute [6].

Die Festlegung einer Norm erfolgt nach Verständigung der Experten. Dabei werden die Inhalte gründlich analysiert mit dem Ziel, eine gemeinsame Auffassung zu erreichen. Die Experten berücksichtigen dabei den Stand der Technik, die Wirtschaftlichkeit und die internationale Harmonisierung.

3.1.1 Normen für Niederspannungsschaltanlagen

Eine Niederspannungs-Schaltgerätekombination (SK) ist eine Zusammenfassung eines oder mehrerer Niederspannungs-Schaltgeräte mit zugehörigen Betriebsmitteln (zum Steuern, Messen, Melden usw.), komplett zusammengebaut mit allen inneren elektrischen und mechanischen Konstruktionsteilen. Wie alle Komponenten von elektrischen Installationen muss die SK die zugehörige Norm erfüllen. [7]

Die neue Norm IEC 61439 für die Niederspannungsschaltanlagen ist im Jahr 2009 veröffentlicht worden und gilt für Gehäuse mit einer Bemessungsspannung unter 1000 V AC (bei Frequenzen bis 1000 Hz) oder 1500 V DC. Sie führt den Begriff bauartgeprüfter Schaltgerätekombination ein. Durch den Bauartnachweis werden die Kategorien TSK für typgeprüfte Schaltgerätekombination und PTSK für partiell typgeprüfte Schaltgerätekombination ersetzt. [7]

Die IEC 61439 enthält sechs Teile, die jeweils unterschiedliche Gewichtung haben. Die Teile sind nicht für sich alleinstehend zu verwenden. Es gibt:

- IEC 61439 Teil 1 steht für die allgemeinen Anforderungen. Er kann allerdings nicht allein für die Spezifizierung einer SK angewendet werden.
- IEC 61439 Teil 2 darf nur mit Teil 1 zusammen verwendet werden und ist der einzige Teil mit einer doppelten Funktion: Er behandelt sowohl Energie-Schaltgerätekombinationen (PSC-Schaltgerätekombinationen) als auch alle SK, die nicht unter einen der anderen spezifischen Teile fallen.
- IEC 61439 Teil 3-X sind noch in Vorbereitung, werden aber in Teil 1 bereits genannt. Nach Bedarf können zusätzliche Teile entwickeln werden. [8]

3.1.1.1 Normenvergleich und Änderungen

Aufgrund Schwierigkeiten in der Umsetzung der bisherigen Norm DIN EN 60439, des Aufbaus neuer Struktur mit allgemeinem Teil und Produkteilen, der Entwicklung der Normen für Schaltanlagen, der Entscheidung die alte Begriffe TSK und PTSK durch Bauartnachweis zu ersetzen und letztendlich des Einsatzes des “Black Box Konzept„ wurde die Entscheidung getroffen die Normenreihe IEC 60439 auszuräumen. [6]

Mit der neuen Norm sollten dann alle allgemeinen Anforderungen an Niederspannungsschaltgerätekombination besser harmonisiert und definiert werden.

Die folgende Abbildung stellt die Beziehungen zwischen den beiden Normen IEC 60439 und IEC 61439 dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.1: Normvergleich Niederspannung

Im Folgenden sind die wichtigen Änderungen der neuen Norm IEC 61439 gegenüber der letzten Ausgabe der bisherigen Norm IEC 60439 zusammengefasst:

- Prüfung der Schaltgerätekombination

IEC 60439

- Partiell typgeprüfte Schaltgerätekombination (PTSK)
- Typgeprüfte Schaltgerätekombination (TSK) [9]

IEC 61439

Verfahren für den Bauartnachweis:

- Nachweis durch Prüfung

Eine Muster-Schaltgerätekombination oder Teile von Schaltgerätekombinationen werden dahingehend geprüft, ob ihre Bauart die entsprechenden Anforderungen erfüllt; diese Methode entspricht den derzeitigen Typprüfungen

- Nachweis durch Berechnung/Messung

Eine Muster-Schaltgerätekombination oder Teile von Schaltgerätekombinationen werden durch Berechnungen nachgebildet, anhand derer Berechnungen wird überprüft, ob ihre Bauart die entsprechenden Anforderungen erfüllt.

- Nachweis durch Anwendung von Konstruktionsregeln

Zum Nachweis der Bauart einer Schaltgerätekombination festgelegte Regel. [8]

- Erwärmungsprüfungen

IEC 60439

Die Erwärmungsprüfung von Schaltgerätekombination wird durch Prüfung bei TSK und durch Prüfung oder Extrapolation bei PTSK durchgeführt [9]. Folgende sind die dafür verwendeten Methoden:

- Erwärmungsprüfung mit Strombelastung aller eingebauten Geräte.

Die Werte des Prüfstromes werden unterschiedlich genommen und variieren von 400 bis 3150 A

- Erwärmungsprüfung mit Heizwiderständen gleicher Verlustwärme.
- Messung

IEC 61439

Die festgelegten Grenztemperaturen bei mittleren Umgebungstemperaturen kleiner oder gleich 35 °C für die verschiedenen Teile der Schaltgerätekombination oder des Schaltgerätekombinationssystems dürfen nicht überschritten werden. [8]

Zum Nachweis kann eine der folgenden Methoden verwendet werden:

- Prüfung mit Strom
- Ableitung von Bemessungen für ähnliche Varianten(von einer geprüften Bauart)
- Berechnung

- Bemessungsbelastungsfaktor RDF

IEC 60439

Der Bemessungsbelastungsfaktor RDF (Rated Diversity Factor) wurde hier nur definiert.

IEC 61439

Das ist der Wert des Bemessungsstroms pro Einheit, mit dem mehrere Abgangsstromkreise einer SK gleichzeitig dauerhaft belastet werden können.

Der Bemessungsbelastungsfaktor darf angegeben werden:

- Für Gruppen von Stromkreisen;
- Für die gesamte Schaltgerätekombination

Der Bemessungsstrom der Stromkreise multipliziert mit dem Bemessungsbelastungsfaktor muss größer oder gleich der angenommenen Belastung der Abgänge sein.

RDF gilt für den Betrieb der SK mit Bemessungsstrom. [8]

- Austausch von Geräten

IEC 60439

Der Austausch von Geräten ist in der alten Norm nicht erwähnt. Es wurde nur Kriterien für die Auswahl von Geräten gegeben.

IEC 61439

- Der Austausch eines Gerätes ohne neuerlichen Bauartnachweis ist möglich, wenn das neue Gerät, das aus derselben oder einer anderen Baureihe stammt, bei Prüfung gemäß der Produktnorm im Hinblick auf Leistungsverlust und maximale Erwärmung mindestens gleich gute Werte aufweist wie das ursprüngliche Gerät.
- Der Austausch eines Gerätes ohne neuerlichen Bauartnachweis ist möglich, wenn das neue Gerät mit dem alten identisch ist. Bei Austausch durch ein abweichendes neues Gerät muss das neue Gerät vom selben Hersteller sein, und der Hersteller muss bescheinigen, dass es im Hinblick auf alle relevanten Eigenschaften im Zusammenhang mit Kurschluss mindestens gleichwertig wie das alte Gerät ist. [8]

Zusätzlich wurde neue Anforderungen aus der Norm IEC 62208 (Leergehäuse für SK) übernommen:

- Nachweis der UV-Beständigkeit von Kunststoffgehäusen für Freiluftaufstellung
- Nachweis der Korrosionsbeständigkeit
- Pflicht zur Erklärung und Bestätigung einer Stoßspannung
- Anheben, Schlagprüfung, Aufschriften.

Abbildungen 3.2 und 3.3 zeigen jeweils, wie sich das alte und neue Prüfungsablaufschema unterscheiden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.2: Altes Prüfungsablaufschema

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.3: Neues Prüfungsablaufschema

Folgende sind die durch die Neue Normreihe verursachten Auswirkungen. Diese berühren hauptsächlich Schaltanlagen ursprüngliche Hersteller und Hersteller der Schaltgerätekombinationen:

- Die Unterscheidung zwischen typgeprüften Schaltgerätekombination (TSK) und partiell typgeprüften Schaltgerätekombinationen (PTSK) entfällt in der neuen Norm zugunsten von Nachweisverfahren.
- Die Prüfungen, die nach IEC 60439 durchgeführt wurden und die den Anforderungen der neuen IEC-Norm 61439 entsprechen, müssen nicht erneut durchgeführt werden.

Die Überprüfung der zweiten Stufe wird Stücknachweis genannt.

- Nach der Neuen Norm muss der Hersteller der Schaltgerätekombination nicht mit dem „ursprünglichen Hersteller“ identisch sein. Nimmt der SK-Hersteller Änderungen an der vom „ursprünglichen Hersteller“ geprüften Schaltgerätekombination vor, wird er wiederum als „ursprünglicher Hersteller“ im Bezug auf diese Änderungen betrachtet und ist für den entsprechenden Bauartnachweis verantwortlich. [7] (Siehe Abbildung 3.3)

3.1.1.2 Übergangszeiten der bisherigen Normen

Tabelle 3.1 zeigt die Übergangszeiten der alten Norm IEC 60439 und die Änderungen gegenüber IEC 61439.

Tabelle 3.1: Normenvergleich und Übergangszeiten Niederspannung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.1.2 Normen für Mittelspannungsschaltanlagen

Die alte Norm für Mittelspannungsschaltanlagen IEC 60298 war seit 1990 in Kraft. Sie wurde im Wesentlichen für Luftisolierte Schaltanlagen mit ausfahrbaren Schaltgeräten konzipiert. Gasisolierte Technik wurde bislang nur unzureichend berücksichtigt. Mit dem Ziel eine gemeinsame Norm für luftisolierte- und gasisolierte Schaltanlagen zu schaffen wurde die alte Norm Überarbeitet und es entstand die Norm IEC 62271-200. Seitdem müssen Schaltanlagenhersteller alle durch die neue Norm ausgelösten Änderungen berücksichtigen.

3.1.2.1 Normenvergleich und Änderungen

Die bei Mittelspannungsschaltanlagen neue eingeführte Norm DIN EN 62271-200 ist seit 2004 in Kraft.

DIN EN 62271-200 ist konzipiert für Luft- und gasisolierte Schaltanlagen. Die Prüfkriterien wurden genauer spezifiziert, um eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

Die im Vergleich zur alten Norm geänderten Kriterien sind folgende [10] [11]:
- Dielektrische Prüfung
- Nachweis des Ein- und Ausschaltvermögens
- Betriebsverfügbarkeit von Schaltanlagen
- Schottungsklasse
- Störlichtbogenqualifikation

- Dielektrische Prüfung

60298

Stoßspannungsprüfung mit 15 Stößen und max. 2 Fehlern.

62271-200

Stoßspannungsprüfung mit 15 Stößen und max. 2 Fehlern. Die Prüfung kann auch bis auf 25 Stöße erweitert werden mit max. 2 Fehlern, wenn der Fehler am Ende der Prüfreihe auftritt

- Ein und Ausschaltvermögen

60298

Die Typprüfung der Geräte ist ausreichend

62271-200

Die Typprüfung und Geräteprüfung muss auch zusätzlich im entsprechenden Schaltfeld erfolgen.

- Die Betriebsverfügbarkeit und die Schottungsklassen sind unten (Abbildung 3.5) gemäß IEC 62271-200 dargestellt. Darüber gibt es keine Kriterien hinsichtlich alter Norm.
- Störlichtbogenprüfung

60298

Freie Feldwahl, Deckennachbildung nach Herstellerangaben.

62271-200

Die Prüfung geschieht im Endfeld einer Zusammenstellung von mindestens drei Feldern, Deckennachbildung 600 mm über Feldoberkante.

- Störlichtbogenkriterien

Es sind die Kriterien, die bei der Störlichtbogenprüfung eingehalten werden müssen.

60298

Abdeckungen und Türen müssen geschlossen bleiben, keine wegfliegenden Teile, Kapselung geschlossen, Senkrechte und waagerechte Indikatoren, und die Schutzleiterkreise müssen funktionstüchtig sein.

62271-200

Die bei der Prüfung aufgetretenen Verformungen sind zulässig. Es dürfen keine Teile mit einer Masse von mehr als 60 g wegfliegen. Keine Entzündung von Indikatoren durch heiße Gase. Die Kapselung der Schaltanlage muss mit ihrem Erdungspunkt verbunden bleiben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.4: Alte Klassifizierungsstruktur

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3.5: Aktuelle Klassifizierungsstruktur

Die neue Norm IEC 62271-200 hat allerdings mehrere Auswirkungen auf den Betreiber von Schaltanlagen:

- Die neue metallgekapselte Mittelspannungs-Schaltanlagen müssen die Anforderungen von IEC 62271-200 entsprechen.
- Die bereits vorhandene Schaltanlagen können weiter nach IEC 60298 betrieben werden. Es besteht Bestandsschutz für alle Schaltanlagen, die vor dem 01. Februar 2007 in Betrieb genommen wurden.
- Erweiterungen bereits vorhandener Schaltanlagen mit Schaltfeldern des gleichen Schaltanlagentyps belassen die gesamte Anlage auf dem Status einer Anlage nach IEC 60298 unabhängig davon, welcher Norm die neuen Felder entsprechen.

3.1.2.2 Übergangszeiten der bisherigen Normen

Tabelle 3.2 stellt die Übergangszeiten der alten Normen für Mittelspannungsschaltanlagen und von Schaltgeräten dar, sowie die Nummerierung neuer Normen gegenüber alten Normen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3.2: Normenvergleich und Übergangszeiten Mittelspannung

3.2 Maßnahmen zur Erreichung der Normkonformität

Eine normkonforme Nutzung elektrischer Schaltanlagen ist dann gewährleistet, wenn verschiedene Prüfungen an Anlagen durchgeführt und bestanden werden.

Die Berechnung und die richtige Anwendung von Konstruktionsregeln müssen ebenfalls nachgewiesen werden.

3.2.1 Niederspannung

Bei den Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen erfolgen alle Prüfungen laut dem neuen Prüfungsablaufschema (Abbildung 3.3)

Folgende zusätzliche Anforderungen aus der Norm IEC 62208 (Leergehäuse für SK) werden benötigt:

- Nachweis der UV-Beständigkeit von Kunststoffgehäusen für Freiluftaufstellung
- Nachweis der Korrosionsbeständigkeit
- Pflicht zur Erklärung und Bestätigung einer Stoßspannung
- Anheben, Schlagprüfung, Aufschriften
- Erwärmungsgrenze
- Kurzschlussfestigkeit

[...]

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Details

Titel
Analyse und Darstellung neuer normativer Anforderungen für den NS- und MS-Schaltanlagenbau sowie marktüblicher Ausführungsvarianten von Schaltanlagen
Hochschule
Fachhochschule Dortmund
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
92
Katalognummer
V273804
ISBN (eBook)
9783656656630
ISBN (Buch)
9783656656623
Dateigröße
2798 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
analyse, darstellung, anforderungen, ms-schaltanlagenbau, ausführungsvarianten, schaltanlagen
Arbeit zitieren
Francis Alban Noumbissie Leutcha (Autor:in), 2014, Analyse und Darstellung neuer normativer Anforderungen für den NS- und MS-Schaltanlagenbau sowie marktüblicher Ausführungsvarianten von Schaltanlagen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273804

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