Einfluss des Tourismus auf die Schul- und Lebenslaufbahn der Costa-Ricaner in ländlichen Gegenden


Diplomarbeit, 2011

48 Seiten, Note: bestanden


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Einleitung

Forschungsstand

Methode

Analyse
1. Hoffnung auf sozialen Aufstieg und Bildungsaufstieg
1.1 Martas Familie
1.2 Eva
1.3 Gustavo
Bilanz
2. Bildungsabbruch
2.1 Ana Julia Barboza
2.2 Grupo II
2.3 Sodaverkäuferin
2.4 Elier
2.5 Alexandra
Bilanz
3. Einfluss des Tourismus
3.1 Marta
3.2 Ana Julia Barboza
3.3 Grupo I
3.4 Elier
3.5 Don Chico
3.6 Laura
Bilanz

Diskussion

Schlusswort

Anhang
1. Longo Maï
2. Península de Osa
3. Tortuguero

Bibliographie
1. Bücher, Zeitschriften, Presse
2. Internet

DANK

Abstract

Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Schul- und Lebenslaufbahn der Costa-Ricaner1 in drei ländlichen Gebieten Costa Ricas: Longo Mäi, Tortuguero und Península de Osa. Der Tourismus hat in diesen Orten in den letzten Jahren zugenommen und tangiert das Leben der Einheimischen in verschiedenen Bereichen, so auch im Bildungswesen. Die Leitfrage der Studie umfasst die Hoffnung auf sozialen Aufstieg durch Bildungsaufstieg und die damit verbundene Frage, inwieweit die Schullaufbahn der Costa-Ricaner- und somit auch ihre Lebenslaufbahn - vom Tourismus geprägt werden

Im Juli 2010 habe ich Interviews in Costa Rica geführt. Die Berichte der 12 Informanten und 2 Informantengruppen habe ich in drei Themenbereiche geordnet: 1. Hoffnung auf sozialen Aufstieg, 2. Bildungsabbruch und 3. Einfluss des Tourismus. Die Aussagen zeigen, dass sich die befragten Costa- Ricaner für sich oder für ihre Kinder einen besseren sozialen Status wünschen und sich dafür am Erreichen eines Universitätsabschlusses orientieren. In der Realität überwiegen aber in diesem Land die Bildungsabbrüche. Die Costa-Ricaner, die keinen Schulabschluss erreichen oder keine weiterführende Schule besuchen verdanken dann ihre Existenz oft den grossen Fruchtexporteuren United Fruit Company (Chiquita, Del Monte) oder dem Tourismus. Letzterer konkurrenziert folglich die Schullaufbahn der Costa-Ricaner und beeinflusst ihre Lebenslaufbahn, da die Tourismusbranche für viele Arbeitschancen und Einkommen festlegt.

In der Diskussion werden Bourdieus Begriffe der „Chancengleichheit“ und der „Übertragung von Kulturkapital“ anhand der analysierten Beispiele erwogen. Desgleichen wird die Modernisierungs- und Dependenztheorie in Bezug auf die Bildung und den Tourismus in Costa Rica erläutert. Offen bleibt die Frage, in welchem Umfang die neuen Schulfächer „Tourismus“ und „Frieden“ die einheimische Bevölkerung zu den Interdependenzen, die zwischen dem mittelamerikanischen Land und den westlich-industriellen Ländern vorliegen, zu sensibilisieren vermag.

Einleitung

Sozialer Aufstieg bezeichnet die Veränderung der Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht -beziehungsweise zu einer Einkommensgruppe oder Qualifikationsstufe - nach oben (Schäfers, 2003). In modernen Gesellschaften geht der soziale Aufstieg oftmals mit einem Bildungsaufstieg einher. Inwiefern erhoffen sich die Costa-Ricaner einen sozialen Aufstieg infolge Bildung? Welche Rolle spielen die Einkünfte, die die Tourismusbranche einbringen? Welcher Art von Konflikten sind die Costa-Ricaner bei einer Abweichung vom traditionellen Leben, unter anderem durch den Einfluss des Tourismus, ausgesetzt?

Bevor ich diese Fragestellungen eingrenze, gehe ich im Folgenden kurz auf das Thema Tourismus ein. Schliesslich sah ich mich während meines vierwöchigen Aufenthaltes in Costa Rica im Juli 2010 immer wieder verpflichtet, nicht nur meine Rolle als mich weiterbildende Lehrerin, sondern auch als Touristin mitzureflektieren.

Tourismus

Neben der Kaffee-, Zuckerrohr- und Früchteproduktion ist der Tourismus eine der stärksten Wirtschaftsbranchen Costa Ricas. Durch die Zunahme des Ökound Abenteuer-Tourismus haben sich auch alternative Formen von Tourismus, wie zum Beispiel der Projekttourismus, verbreitet. Der Einfluss, der durch den Fremdenverkehr erzielt wird, erreicht folglich verschiedene und breite Teile der Gesellschaft, auch die ländliche Bevölkerung.

Bereits Ueli Mäder (1988) hat in seinem Buch Vom Kolonialismus zum Tourismus - von der Freizeit zur Freiheit auf die Schattenseiten des modernen Fremdenverkehrs für die einheimische Bevölkerung hingewiesen. War man damals verlockt die "Wilden" zu zivilisieren, so wird heute im Tourismus versucht, aus den alten Stammesgewohnheiten der Einwohner Kapital zu schlagen.

Konflikt

Den Konflikt, der sich daraus ergibt, möchte ich wie folgt beschreiben: obwohl der Tourismus ein Interesse an Tradition und Kultur - also auch an authentischen Lebensgewohnheiten der Bewohner eines Landes- hat, erfordert er eine gewisse Kontinuität der Gewohnheiten der westlich - industriellen Welt, die sich in der modernen Infrastruktur, in

Kommunikationsmitteln, Unterhaltungsmethoden oder anderen

Freizeitangeboten widerspiegelt. Diese modernen Einwirkungen stehen im Kontrast zu den traditionellen Wirklichkeiten, deren Kennenlernen ja auch oft Ziel einer Auslandreise darstellet.

Andererseits schafft der Tourismus Arbeitsplätze ausserhalb des primären Sektors und kann so zu einem Wirtschaftswachstum beitragen. Der steigende Wohlstand kommt auch den unteren Bevölkerungsschichten zugute, gegebenenfalls durch einen entsprechenden Trickle-down-Effekt2. Infolgedessen billigen oft auch Einheimische diese Branche. Dabei werden die Einwohner mit einer anderen Lebensweise konfrontiert, nämlich mit den Einflüssen und Bedürfnissen der westlich-industriellen Welt, die ein Gegensatz zu ihrer herkömmliche Lebensart und ihren finanziellen Mitteln darstellt.

Der Konflikt, der durch den Tourismus in der Gesellschaft auf der Makroebene verursacht wird, kann zu einem Konflikt auf der Mikroebene werden und somit das Individuum erreichen. Es geht dabei um eine strukturelle Auffassung des Konfliktes, der auf der Mikroebene basiert. Auch wenn der Konflikt auf der Mikroebene latent ist, beeinflusst er die Meso- und Makroebene.

Fragestellung

Die Costa-Ricaner müssen sich immer wieder mit dem Tourismus auseinandersetzten, oft schon in sehr jungen Jahren. Daraus ergibt sich folgende Hypothese: die blühende Tourismusbranche hinterlässt in Costa Rica auf verschiedenen Gebieten Spuren, so auch auf dem Bildungsweg. Die Schullaufbahn - und damit auch die Lebenslaufbahn - sind davon geprägt.

Im Zentrum der Analyse der vorliegende Studie steht nun das Phänomen der

Hoffnung auf sozialen Aufstieg durch Bildungsaufstieg und die damit verbundene Frage, inwieweit der Kontakt mit dem Tourismus die Schullaufbahn und damit die Lebensgeschichten der Costa-Ricaner beeinflusst.

Relevanz

Im Zusammenhang mit der Kolonisationsgeschichte Costa Ricas erscheint diese Frage als relevant. War es einst die Iberische Halbinsel, die die Bildung in den Kolonien vorschrieb, so wird sie heute durch den Entwicklungsdruck und die Globalisierung, aber auch durch den Tourismus, wiederum aus anderen reicheren Ländern beeinflusst.

Weiter ergibt sich eine gewisse Relevanz daraus, dass es bei Bildungsfragen letztendlich auch um soziale Unterschiede sowohl bei der Akkumulation von Kulturkapital als auch beim Einstieg und Aufstieg auf dem Arbeitsmarkt geht. Diese Ungleichheit impliziert stets vielfältige Konflikte zwischen den gesellschaftlich Benachteiligten und den Bevorzugten, insofern dass ein Streben nach Chancengleichheit nicht gleichermassen akzeptiert oder nachhaltig gefördert wird. Dazu gab Prof. Dr. R. Stichweh folgendes zu bedenken: angesichts der Tatsache, dass eine funktionierende Wirtschaft nur dort existieren kann wo eine funktionierende Bildung da ist3, gewinnt das Human- und Kulturkapital an Bedeutung.

Forschungsstand

Meines Wissens gibt es keine Studie, die den Einfluss des Tourismus auf die Bildungslaufbahn in Costa Rica analysiert hätte. Aus der Studie von Alfred Treml (1996) über den Stellenwert der Entwicklungspädagogik in Österreich und Deutschland wird ersichtlich, dass für diese deutschsprachigen Ländern die Bedeutung der Bildung in den Entwicklungsländern kontinuierlich abnimmt. Ebenso die Bedeutung einer didaktischen Reflexion und Aufbereitung. Massgebend dafür soll unter anderem die Tatsache sein, dass viele Entwicklungsländer zwar abhängig von ihrer Umwelt bleiben, aber ihre Umweltkontakte nach Massgabe eigener Kriterien selber bestimmen und organisieren. Insofern erarbeiten zum Beispiel viele Entwicklungsländer ihre Lehrpläne selbst und suchen den Austausch oder die Konkordanz mit fremden schulischen Institutionen nur dort wo sie es für angebracht sehen.

Mit Entwicklung, Pädagogik und sozialer Hoffnung haben sich jedoch zahlreiche Autoren auseinandergesetzt. Im Folgenden stelle ich diejenigen dar, die den Referenzrahmen dieser Arbeit bilden.

Der brasilianische Pädagoge Paolo Freire, der während seines Exils an der Universität Genf gelehrt hat, entwickelte in den siebziger Jahren didaktische Methoden zur Alphabetisierung der einheimischen Bevölkerung. Bei seinem Konzept sind die Lehrer gleichzeitig Schüler und umgekehrt. Er entdeckte, dass jeder Erwachsene in vierzig Stunden lesen lernen kann, wenn die ersten Worte, die er entziffert, für ihn eine wichtige politische Bedeutung tragen. Sein Leitgedanke war, dass Bildung den Menschen die Präsenz in der Welt zu begreifen ermöglicht. Erst durch diese Reflexion kann sich der Mensch handelnd für ein Morgen einbringen.

Freires Schüler, Ivan Illich, hat die Bildungstandards für die lateinamerikanischen Länder kritisiert. Die Schule unterteilt die Gesellschaft in zwei Bereiche: einen akademischen und einen nicht akademischen. Chancengleichheit an der Schule ist für ihn nicht erreichbar, ja prinzipiell wirtschaftlich absurd. Da die meisten Menschen das meiste von dem was sie wissen ausserhalb der Schule lernen und weil die Schule als Institution Unterordnung mit der Einweisung in gesellschaftlichen Rollen verbindet, hat er die „Entschulung“ propagiert. Dabei hat er Ansätze zu modernen didaktischen Methoden, wie das Aneignen von Wissen durch induktive Vorgehensweisen, ersinnt.

Über die strukturelle Abhängigkeit der ärmeren Länder und ihren Zusammenhang mit der Grundlegung eines Curriculums haben zum Beispiel Jürgen Markstahler (1973) oder Frank Bliss (1993) reflektiert. Letzterer verknüpft die Befreiung von Abhängigkeiten mit der Lehre von Fertigkeiten und Techniken zur Lebensunterhaltssicherung. Das Erlernte müsste direkt angewendet werden können. Die 12 jährige institutionalisierte Bildung ist für die grosse Masse in den Ländern des Südens sinnlos, unter anderem weil der Besuch der Schule oft mit einer Loslösung aus der Gesellschaft der Schüler verbunden ist.

Eine Reihe zeitgenössischerer Autoren erscheinen im Buch Pédagogies et Pédagogues du Sud von Abdeljalil Akkari und Pierre Dasen (2004). Auch hier werden der curricularen Laufbahn alternative Formen des Lernens entgegengesetzt, so wie das Theater, das den Schülern verhelfen soll das Imaginäre auch im Leben umzusetzen. Eine weitere Lernmethode entspricht einer Art Berufslehre, die durch das direkte Ausüben des Berufes erlernt wird. Zur Diskussion steht, ob sich diese praxisorientierte Form der Ausbildung nur für handwerklich-technische Berufe eignet oder sich auch auf akademische ausweiten lässt.

Theodor Schulze (2002) hat die Biographieforschung der Allgemeinen Erziehungswissenschaft angenähert. Obwohl es schon viel früher Ansätze für biographische Beobachtungen in pädagogischer Hinsicht gab (Comenius, Kant, Rousseau, Pestalozzi oder Humboldt) konzentrierte die Pädagogik ihre Aufmerksamkeit lange noch auf die Begründung und Ausbildung eines öffentlichen Erziehungswesens. Sie verstand sich als eine Handlungstheorie, eine Anleitung zur professionellen Berufstätigkeit in pädagogischen Institutionen. Heute ist die Pädagogik nicht nur eine Praxis anleitende Theorie, sondern eine Wissenschaft, welche die Bedingungen der Praxis reflektiert.

Die öffentliche Erziehung ist nicht auf die besonderen Probleme einer individuellen Biographie, sondern auf die Anforderungen der Gesellschaft ausgerichtet. Die in den pädagogischen Einrichtungen tätige Lehr- und Erziehpersonen haben es in der Regel auch nicht mit einem einzigen Kind oder Jugendlichen zu tun, sondern mit einer Gruppe, einer Klasse. Ihre Arbeit ist vordergründig auf relativ begrenzte Ziele ausgerichtet - auf die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten, wobei auch die Beseitigung von Störungen und Fehlverhalten Teil dieser Arbeit sein kann. Die Gestaltung einer Biographie steht zwar im Hintergrund der Arbeit, aber sie ist selten unmittelbarer Gegenstand der Aufmerksamkeit und Entscheidung.

Durch das qualitative Verfahren der Biographieforschung, insbesondere die Methode des biographischen narrativen Interviews, das inzwischen in den meisten Teildisziplinen und Forschungsfeldern der Erziehungswissenschaft eingesetzt wird, ist für die Erziehungswissenschaft gemäss Schulze (2002, S.29) ein erheblicher Zuwachs an relevanten Informationen gewonnen. Biographische Dokumente eignen sich besonders dazu, eine Reihe von allgemeinen theoretischen Konzepten und Problemstellungen zu konkretisieren, differenzieren oder weiterzuführen. Schulze (2002) unterscheidet vier Horizonte für die Wirksamkeit der Erziehung: das individuelle Subjekt, der biographische Prozess, der soziale Raum und der historische Wandel der Gesellschaft. Die Biographieforschung ist jedoch so wenig wie die Allgemeine Erziehungswissenschaft anwendungsbezogen. Es lassen sich kaum direkte Anweisungen für die praktische Erziehungsarbeit, noch für bildungspolitische Entscheidungen entnehmen. Ihre Funktion ist nicht so sehr eine pragmatische als eine kritische.

Der Soziologe Pierre Bourdieu wies bereits in den 60er Jahren darauf hin, dass durch eine Erhöhung der Bildungsniveaus einer Gesellschaft die damit angestrebte Erhöhung der Berufschancen nicht immer erreicht wird. In Die verborgenen Mechanismen der Macht benutzt er im Zusammenhang mit diesem Bildungsparadox den Begriff „Inflation der Bildungsabschlüsse“. Die Illusion der Chancengleichheit beschreibt wie soziale Armut sich auch in der Schule reproduziert und somit Schüler aus sozial benachteiligten Klassen, im Vergleich zu den bessergestellten, geringere Chancen haben4.

Bourdieu schreibt: „diese typische funktionalistische Definition der Erziehungsfunktionen ignoriert den Beitrag, den das Erziehungssystem zur Reproduktion der Sozialstruktur leistet, indem es die Vererbung von kulturellem Kapital sanktioniert. (...) Der schulische Ertrag hängt vom kulturellem Kapital ab, das die Familie zuvor investiert hat. Ebenso hängt der ökonomische und soziale Ertrag des schulischen Titels vom ererbten sozialen Kapital ab, das zu seiner Unterstützung zum Einsatz gebracht werden kann“ (Bourdieu, 2009, S.114). Obwohl die sozialen Akteure in ein gesellschaftliches Regelwerk eingebunden sind, haben sie gleichzeitig eigene Handlungsspielräume in der praktischen Umsetzung dieser Regeln. Diesem Wechselverhältnis und dem Transfer kulturellen Kapitals in der Mehrgenerationenfolge hat die Studie von Brake und Kunze (2004) Rechnung getragen.

Besonders hilfreich war für diese Arbeit die Doktorarbeit von Ulrich Erhardt (1993), Demokratie durch Bildung? Das Fallbeispiel Costa Rica. In ihr wird der Idealisierung des Bildungswesens nachgegangen. Primär versucht der Staat durch das Bildungswesen in den verschiedenen historischen Entwicklungsphasen seine Modernisierungs- und Entwicklungspläne zu verwirklichen, unter anderem seinen eigenen Herrschaftsanspruch zu sichern. Die Opferrolle wird selbst im demokratischen Staat wie Costa Rica stigmatisiert. Die Ursachen der eigenen Strukturkrise sollen der Dependenz der westlich industriellen Welt zugeschrieben werden, statt sie bei sich selbst zu suchen. Dabei führte zum Beispiel der gehobene Konsum im Inland, der Export und der Tourismus dazu, dass die agrarische Selbstversorgung nicht mehr gelang und selbst Reis, Bohnen und Milch vorübergehend importiert wurden. Somit werde der „Morbus Latinus“ (Erhardt, 1993, S.52) angepeilt. Dies bedeutet unter anderem, dass die traditionell relativ starke und staatstragende Mittelschicht Costa Ricas rapide schwindet und die Kluft zwischen Arm und Reich weiter wächst.

Das Schulsystem Costa Ricas geriet spätestens seit der Weltwirtschaftskrise der 20er und 30er Jahre in eine tiefe Krise. Folgende Bildungsziele konnten trotz beträchtliche Fortschritte nur in Ansätzen oder überhaupt nicht realisiert werden:

a) die Erhöhung des Bildungsniveaus, insbesondere auf dem Land
b) die stärkere Integration des Landes
c) die Modernisierung der Lehrinhalte, Lehrmethoden, Lehrpersonals und der Infrastruktur
d) die Umorientierung von der bisher akademisch ausgerichteten lebensfremden hin zu einer praxisbezogenen, lebensnahe Ausbildung
e) die Aufrechterhaltung des relativ hohen Prozentsatzes der laufenden Haushaltsausgaben für das Bildungswesen.

Jedoch dienen diese Punkte als Orientierungsrahmen und kritischer Massstab zukünftiger Bildungsentwicklung.

Neben historischen Daten finden wir in diesem Werk auch eine ausführliche Beschreibung des costaricanischen Schul- und Universitätssystem, sowie deren Reformen.

Methode

Während meiner vierwöchigen Reise im Juli 2010 in Costa Rica habe ich mit Einheimischen aus verschiedenen Regionen des Landes Gespräche über Schul- und Lebenslaufbahnen geführt. Hauptsächlich habe ich die Technik des Leitfadeninterviews angewendet. Narrative Elemente, angelehnt an die Biographieforschung (Fuchs-Heinritz, 2005), waren auch vorgesehen. Als Lehrerin war es nicht schwer gegenüber den Informanten mein Interesse an der Schulen und der Bildung zu legitimieren. Es war mir wichtig, sämtliche Gespräche frei und möglichst ungezwungen zu gestaltet. Aufnahmen fanden deshalb keine statt. Dagegen habe ich gleich nach den Gesprächen Erinnerungsprotokolle geführt und auch Beobachtungen notiert. Manchmal habe ich gewisse Zahlen oder aussagekräftige Angaben direkt in mein Notizheft auf Spanisch notiert. Im Allgemeinen sind meine Notizen ins Deutsche übersetzt. Aus Gründen der Authentizität kommen aber auch spanische Belegstellen vor.

Für diese Arbeit habe ich 12 Informanten und 2 Informantengruppen aus drei verschiedenen Orten zum Thema Schule und Bildung ausgesucht, deren Aussagen mir für meine Fragestellung als relevant erscheinen. Gemeinsam haben sie, dass sie Kontakt zum Tourismus haben, obwohl sie in ländlichen, beziehungsweise naturgeschützten Orten, wohnen oder arbeiten. Es handelt sich dabei um das Dorf Finca Sonador, das ich im Folgenden mit Longo Maï bezeichne, da die Einwohner selber ihr Dorf nach dessen Gründer nennen; sowie um das Dorf Tortuguero und die Península de Osa5.

[...]


1 Um die Lesbarkeit zu vereinfachen, benutze ich die männliche Form auch für die weibliche. Ausserdem bezieht sich im Folgenden Costa-Ricaner auf die Einwohner Costa Ricas, unabhängig von Geschlecht, Ethnie oder Migrationsgeschichte.

2 Trickle-Down-Effect: Durchsickereffekte; über Kapitaltransfers ausgelöste Wachstumsprozesse sickern auch auf die Lebensverhältnisse der Masse der armen Bevölkerung durch. Ihr Ausbleiben hat zur Entwicklung von Strategien zur Armutsbekämpfung beigetragen (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/trickle- down-effekte.html; 03.02.2011).

3 Modul: Prof. Dr. R. Stichweh 18./19.6.2010 6

4 Gespräche mit Prof. Dr. U. Mäder und Simone Rudin. 10

5 Im Anhang werden diese Orte näher beschrieben. 12

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Einfluss des Tourismus auf die Schul- und Lebenslaufbahn der Costa-Ricaner in ländlichen Gegenden
Hochschule
Universität Basel  (Soziologie)
Veranstaltung
interdisziplinäre Konfliktanalyse und Konfliktbewältigung
Note
bestanden
Autor
Jahr
2011
Seiten
48
Katalognummer
V274006
ISBN (eBook)
9783656659648
ISBN (Buch)
9783656659631
Dateigröße
2748 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frieden, Soziologie, Costa Rica, Schule, Schullaufbahn, Tourismus, sozialer Aufstieg, Bildungsabbruch, Chancengleichheit
Arbeit zitieren
María Isabel Sánchez (Autor:in), 2011, Einfluss des Tourismus auf die Schul- und Lebenslaufbahn der Costa-Ricaner in ländlichen Gegenden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274006

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