Die deutsche Justiz


Facharbeit (Schule), 2009

32 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung in das Thema

2 Die Grundsätze der Justiz

3 Die Justiz- und Gerichtshoheit

4 Übersicht über die Gerichtsbarkeiten

5 Die Verfassungsgerichtsbarkeit
5.1 Allgemeines zur Verfassungsgerichtsbarkeit
5.2 Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichtes

6 Die ordentliche Gerichtsbarkeit
6.1 Die freiwillige Gerichtsbarkeit
6.2 Die Zivilgerichtsbarkeit
6.2.1 Allgemeines zur Zivilgerichtsbarkeit
6.2.2 Das Schiedsgerichtsverfahren
6.2.3 Instanzen der Zivilgerichtsbarkeit
6.3 Die Strafgerichtsbarkeit
6.3.1 Allgemeines zur Strafgerichtsbarkeit
6.3.2 Instanzen der Strafgerichtsbarkeit
6.3.3 Jugendstrafsachen

7 Die besondere Gerichtsbarkeit
7.1 Die Arbeitsgerichtsbarkeit
7.2 Die allgemeine Verwaltungsgerichtbarkeit
7.3 Die besondere Verwaltungsgerichtbarkeit
7.3.1 Die Sozialgerichtsbarkeit
7.3.2 Die Finanzgerichtsbarkeit

8 Schlussfolgerungen

9 Quellenverzeichnis

10 Literaturverzeichnis

11 Anlagenverzeichnis

12 Anlagen

1 Einführung in das Thema

Die in der Demokratie bestehende und wichtige Gewaltenteilung ist ein wichtiger Pfeiler des Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund der Vielseitigkeit der Aufgaben in diesem System und die damit auch interessanten Tätigkeiten in der Justiz hat der Verfasser dieses Thema gewählt.

Das Gebiet der Justiz ist sehr umfangreich, weshalb sich der Verfasser auf die wesentlichsten Punkte und Teilgebiete beschränkt. Im Großen und Ganzen soll diese Belegarbeit einen Einblick in die Materie geben und die Wichtigkeit der Gerichtsbarkeiten für die Bürger der Staates und das Regierungssystem aufzeigen.

Es wird auf die Zusammenhänge zwischen den Gewalten eingegangen. Die einzelnen Gerichtsbarkeiten werden vorgestellt, kurz beschrieben und deren Instanzen aufgezeigt. Einige Besonderheiten sind dabei vom Verfasser eingefügt worden.

2 Die Grundsätze der Justiz

Ein wichtiger Faktor für einen funktionierenden Rechtsstaat ist die Justiz. Sie ist unabhängig und Teil der staatlichen Gewalt. Diese staatliche Gewalt unterliegt gesetzlichen Regelungen, welche vom Staat festgelegt werden und alle vom Staat getroffenen Entscheidungen müssen sich auf diesen Regelungen rechtlich begründen.

Alle diese Entscheidungen können wiederum von unabhängigen Organen rechtlich kontrolliert und geprüft werden. Daraus ergibt sich die Aufteilung der staatlichen Macht in jeweils voneinander unabhängige Gewalten, die sich gleichzeitig gegenseitig kontrollieren. Diese sind die Legislative (gesetzgebende Gewalt), die Exekutive (ausführende Gewalt) und die Judikative (rechtsprechende Gewalt oder auch Justiz). Die Aufteilung der Gewalten wird auch als Gewaltenteilung bezeichnet.

Aufgrund dieser Aufteilung ergeben sich zwei wesentliche Bestimmungen, die die Judikative von den anderen Gewalten trennt:

- Die Richter sind keine Angehörigen der Exekutive (oder auch Beamte genannt). Sie haben zwar ähnliche Rechte wie die Beamten, z.B. die Unkündbarkeit und den Pensionsanspruch. Andererseits sind sie der Dienstaufsicht nur in einem gering- fügigeren Maß unterstellt.

Ihre Urteilsentscheidungen fällen die Richter nicht auf Weisung Anderer, d.h. sie sind weisungsunabhängig.

- Die Kompetenzen des Bundesverfassungsgerichtes gegenüber der Legislative und der Exekutive sind aufgrund der gegenseitigen Kontrollmöglichkeiten der Gewalten weitreichend.

Die Aufgaben der Justiz liegen vor allem darin, den Rechtsfrieden zu sichern. Die Bürger sollen geschützt werden vor Nichtbeachtung, Verletzung oder Bedrohung der Rechte durch die öffentliche Gewalt und durch andere Bürger. Ein wichtiger Faktor der Gerichtsbarkeit allgemein ist die Tätigkeit des Richters. Dieser muss als unbeteiligter und neutraler Außenstehender und in sachlicher und persönlicher Unabhängigkeit nur mit Hilfe von Recht und Gesetzen urteilen und entscheiden.

So lässt sich verhindern, dass Unbefugte in das Rechtssystem eingreifen können und somit „das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte“1 geschützt wird.

Die Justiz besteht zum einen aus der Justizverwaltung und zum anderen aus der Rechtspflege. In der Justizverwaltung sind die jeweiligen Ministerien der einzelnen Gerichtsbarkeiten unter- geordnet. Die Rechtspflege besteht aus der Rechtsprechung und aus der sonstigen Rechtspflege. Unter der sonstigen Rechtspflege sind die freiwillige Gerichtsbarkeit, die Staatsanwaltschaft, die Rechtsanwälte und die Zwangsvollstreckung zusammengefasst. In der freiwilligen Gerichts- barkeit sind alle Tätigkeiten von Vormundschaftsgerichten und Notariate eingeordnet. Alle diese Tätigkeiten sind vorbeugend, d.h. sie sollen einen möglichen Konflikt eines rechterheblichen Tatbestandes im Vorfeld vorbeugen. Dies kann durch Beurkundung, Festlegung und Registrierung geschehen. Aber auch Entscheidungen von Vormundschaftsgerichten fallen darunter. Unter der Zwangsvollstreckung sind alle Tätigkeiten der Gerichtsvollzieher zu verstehen. Die Rechtsanwälte nehmen eine Sonderstellung ein, da diese freiberuflich arbeiten. Sie „können (aber auch) vom Staat […] zu bestimmten Tätigkeiten verpflichtet werden.“2

3 Die Justiz- und Gerichtshoheit

Der Staat ist die einzige Institution, die ermöglicht, dem Bürger das Recht zugänglich zu machen. Daher verpflichtet sich der Staat auch, Rechtspflegeorgane, Gerichte, Staatsanwaltschaften, Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher bereitzustellen. Somit liegt das Justizmonopol beim Staat, d.h. die Justizhoheit wird vom Bund und den Ländern ausgeübt.

Unter der Gerichtshoheit versteht man das Recht, eine Gerichtsbarkeit auszuüben. Vergleichbar mit der Justizhoheit obliegt die Gerichtshoheit ebenfalls dem Staat, was heißt, dass der Bund über die Bundesgerichte verfügt und die Länder über alle übrigen Gerichte Gerichtshoheit besitzen.

4 Übersicht über die Gerichtsbarkeiten

Unter dem Begriff der Gerichtsbarkeit lassen sich jegliche richterliche Tätigkeiten zusammen- fassen. Diese umfassen auch die unter Abs. 1 angeführte Rechtsprechung und die sonstige Rechtspflege.

Die Gerichtsbarkeiten lassen sich unterteilen in die Verfassungsgerichtsbarkeit, die ordentliche Gerichtsbarkeit und die besondere Gerichtsbarkeit. Der ordentlichen Gerichtsbarkeit werden die freiwillige Gerichtsbarkeit, die Zivil- und die Strafgerichtsbarkeit zugeordnet. Die besondere Gerichtsbarkeit beinhaltet die Arbeitsgerichtsbarkeit, die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit und die besondere Verwaltungsgerichtsbarkeit, welche die Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit vereint.

In der Anlage A befindet sich eine Übersicht, die einen komplexen Einblick in die Gerichts- barkeit gibt. Sie umfasst alle Gerichtsbarkeiten mit den dazugehörigen Instanzen. Die Anlage B gibt einen noch umfangreicheren Überblick über das komplette Gerichtssystem der Bundesrepublik Deutschland.

5 Die Verfassungsgerichtsbarkeit

5.1 Allgemeines zur Verfassungsgerichtsbarkeit

Die Verfassungsgerichtsbarkeit befasst sich mit dem Schutz der jedem Bürger zustehenden „verfassungsmäßigen Rechte(n) aus dem Grundgesetz gegenüber Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtssprechung.“7

Man kann die Verfassungsgerichtsbarkeit in Bundes- und Länderebene unterteilen. Auf Bundes- ebene ist das Bundesverfassungsgericht, welches seinen Sitz in Karlsruhe hat, die einzige und letzte Instanz. Auf Länderebene stehen die Verfassungsgerichte der einzelnen Bundesländer.

- Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich mit allen Angelegenheiten, die gegen die Verfassung des Bundes (Grundgesetz, d. Verf.) verstoßen. Aus dieser Tatsache ergibt sich wiederum die Kontrollfunktion der Justiz gegenüber der Exekutive und Legislative.

Das Bundesverfassungsgericht besteht aus 2 Senaten zu jeweils 8 Richtern. Die Verfassungsrichter werden vom Bundesrat und einem 12-köpfigen Ausschuss des Bundestags mit jeweils einer Zweidrittelmehrheit auf 12 Jahre und bis zu einer Altersgrenze von 68 Jahren gewählt. Verfassungsrichter werden vom Bundes- präsidenten ernannt und können mit einem Bundestagsbeschluss durch den Bundes- präsidenten wegen Dienstunwürdigkeit oder auch Dienstunfähigkeit entlassen werden. Es müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein, um Verfassungsrichter zu werden: Sie müssen Volljuristen sein, die mindestens 40 Jahre alt sind, und sie dürfen keinen legislativen oder exekutiven Einrichtungen der Länder oder des Bundes angehören. Zudem müssen 3 der Richter vorher am Obersten Gerichtshof des Bundes tätig gewesen sein.

- Die Verfassungsgerichte der Länder beschäftigen sich mit Streitigkeiten über die

Verfassungen der einzelnen Länder. In den Bundesländern Hessen, Bremen, Niedersachsen und Baden-Württemberg haben die Verfassungsgerichte eine andere Bezeichnung. Dort sind es Staatsgerichtshöfe.

5.2 Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichtes

Das Bundesverfassungsgericht kann klären, ob politische Entscheidungen rechtlich korrekt sind. Diese getroffenen Entscheidungen binden damit sowohl alle Verfassungsorgane als auch Behörden und Gerichte. Somit können die Entscheidungen auch als Gesetze wirken. Die generelle Zuständigkeit ergibt sich aus dem Art. 93 des Grundgesetzes. „Danach entscheidet (es) […] im Wesentlichen über folgende Fragen:

- die Verwirkung von Grundrechten (Art. 18 GG)
- die Verfassungswidrigkeit von Parteien (Art. 21.2 GG)
- Beschwerden in Wahlprüfungsangelegenheiten (Art. 41.2 GG)
- die Auslegungen des Grundgesetzes bei Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der obersten Bundesorgane (Art. 93.1 GG)
- die Vereinbarkeit von Bundes- und Landesrecht mit dem Grundgesetz (Art. 93.1 GG)
- die Vereinbarkeit von Bundes- und Landesrecht mit dem Grundgesetz (Art. 93.1 GG), z.B. die Entscheidung über die Wehrdienstnovelle oder den § 218 StGB
- Verfassungsbeschwerden, die von jedem Bürger erhoben werden können, wegen Verletzung der Grundrechte durch die drei Gewalten (Art. 93.1 GG)
- Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung (Art. 93.1 GG)“3

6 Die ordentliche Gerichtsbarkeit

6.1 Die freiwillige Gerichtsbarkeit

Die freiwillige Gerichtsbarkeit regelt Rechtsverhältnisse so, dass Konflikte nicht entstehen können und ihnen somit vorgebeugt wird. Ziel ist es, das Entstehen von Konfliktquellen zu vermindern, weshalb es eher eine vorbeugende Gerichtsbarkeit ist. Die freiwillige Gerichts- barkeit unterteilt sich, wie in der Justiz allgemein, in die Rechtsprechung (z.B. Entscheidungen des Nachlassgerichts) und die sonstige Rechtspflege (z.B. notarielle Beurkundungen). Einen Teil der Aufgaben übernehmen die in den Amtsgerichten ansässigen Nachlass-, Register- und Vormundschaftsgerichte. Der andere Teil wird von Grundbuchämtern, Gemeinde- verwaltungen und Standesämtern übernommen. Nachfolgend einige Erläuterungen zu den Trägern der Aufgaben:

- Nachlassgericht

Die wichtigsten Aufgaben sind die Nachlasssicherung, die Nachlasspflege, die Testamentseröffnung, die Erteilung von Zeugnissen für Testamentsvollstrecker, die Ermittlung der Erben und die Erteilung von Erbscheinen.

- Registergericht

Das Registergericht führt verschiedene Register, z.B. das Handels- und Genossenschaftsregister, das Vereinsregister und das Güterrechtsregister. In diesen Registern werden Eintragungen vorgenommen oder gelöscht, wodurch Rechtsverhältnisse entstehen oder geändert werden.

- Vormundschaftsgericht

Das Vormundschaftsgericht ist zuständig für die Bestellung des Vormundes oder Pflegers (seit 01.01.1998 keine Amtspflege für nichteheliche Kinder), die Durch- führung des Adoptionsverfahrens, die Unterbringungs- und Betreuungsangelegen- heiten, die Ehemündigkeitserklärungen und die Befreiung von Eheverboten.

- Notariate

Notariate haben die Aufgabe, Rechtsgeschäfte zu beglaubigen, diese zu prüfen und die jeweilige Partei zu beraten. Weiterhin sind sie verantwortlich für die Unterschrift öffentlicher Urkunden. Beispiele sind Grundstücksverträge und Erbverträge.

- Gemeindeverwaltungen

Der Gemeinde obliegt die Aufgabe der Führung des Grundbuches durch das Grundbuchamt zur Auskunfterteilung über Eigentumsverhältnisse und Grundstücks- belastungen und die Führung der Personenstandsbücher, insbesondere der Heiratsbücher, der Familienbücher, der Geburtenbücher und der Sterbebücher.

Die Erstinstanz für die freiwillige Gerichtsbarkeit ist das Amtsgericht, welches Beschlüsse oder Verfügungen in einem Rechtsfall erlässt. Als Rechtsbehelf ist gegen diese Beschlüsse die Erinnerung möglich, wenn ein Rechtspfleger den Beschluss erlässt. Wenn ein Richter den Beschluss erlässt, kann das Rechtsmittel der Beschwerde (§§ 19-30 FFG) eingelegt werden. Diese Beschwerde kann innerhalb von 2 Wochen eingelegt werden, über welche die Zivil- kammer entscheidet. Gegen diese Entscheidung kann abermals Beschwerde eingereicht werden. Der Zivilsenat des Oberlandesgerichts entscheidet über die erneute Beschwerde.

Die freiwillige Gerichtsbarkeit erfordert geänderte Grundsätze für den Ablauf des Verfahrens. Folgende Grundsätze sind dafür bestimmt:

- Wenn das Gericht von Amts wegen ermittelt, obliegt der Betrieb des Prozesses alleinig bei dem jeweiligen Gericht. Dies wird als Amtsbetrieb oder auch Offizialbetrieb bezeichnet.
- Weiterhin besteht ein Untersuchungsgrundsatz, da das Gericht ermittelt. Das Gericht ermittelt unabhängig von Anträgen der beteiligten Parteien, darf aber nicht über die gestellten Anträge der Parteien hinaus ermitteln.
- Die Antragsgegner werden in der freiwilligen Gerichtsbarkeit als Beteiligte bezeichnet.
- Das Verfahren wird mit einem Beschluss oder einer Verf ü gung beendet.
- Es gibt keine mündliche Verhandlung, soweit es das Gericht nicht für nötig hält. Sollte es zu einer mündlichen Verhandlung kommen, ist diese auf jeden Fall nicht öffentlich.

In Anlage C ist eine ausgewählte Zusammenstellung der für die Freiwillige Gerichtsbarkeit geltenden Gesetze enthalten, welche die wichtigsten Paragraphen enthält.

6.2 Die Zivilgerichtsbarkeit

6.2.1 Allgemeines zur Zivilgerichtsbarkeit

In der Zivilgerichtsbarkeit „werden alle privatrechtlichen Streitigkeiten behandelt“4, d.h. bei

Differenzen zwischen Bürgern. Sie kann aber auch Gerichtsbarkeit zwischen Bürgern und Staat sein, wenn der Staat nicht in einer hoheitlichen Position, d.h. als Privatperson, auftritt.

Der Ablauf des Zivilprozesses wird durch die Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Der Zivilprozess kann nur durch die Erhebung einer Klage beim zuständigen Amts- oder Landgericht erfolgen. In der darauf folgenden mündlichen Verhandlung werden alle bis dahin zusammengetragenen Argumente beider Seiten vorgebracht.

Wenn Kläger und Beklagter in ausschlaggebenden Punkten unterschiedliche Behauptungen vorbringen, wird es nötig, dass beide Seiten in einem Beweisverfahren ihre Argumente beweisen. Sollte nach der mündlichen Verhandlung kein Kompromiss (Vergleich, d. Verf.) zustande kommen, so ergeht ein Urteil.

6.2.2 Das Schiedsgerichtverfahren

Viele Zivilstreitigkeiten werden in einigen Bundesländern per Schiedsgerichtsverfahren geschlichtet. Dieses wird vor dem eigentlichen Zivilgerichtsverfahren eingeschoben. Zur Anwendung kommt dieses Verfahren in Streitigkeiten um Vermögensansprüche bis zu 750 EUR, bei Nachbarschaftsstreitigkeiten und auch bei Ansprüchen die Verletzung der persönlichen Ehre betreffend.

Dieses Schiedsverfahren sucht immer erst den Weg, eine Streitigkeit gütlich zu einigen und soll gleichzeitig ein zivilrechtliches Verfahren vermeiden, was gleichzeitig die Gerichte entlastet. Als Streitschlichter sind dafür Richter oder Rechtsanwälte vorgesehen. Das Verfahren kann von beiden Seiten durch Antragstellung bei der Gütestelle des Amtsgerichts eröffnet werden, in dessen Bereich der Wohnort des Antragsteller liegt. Dieser Antrag kann entweder schriftlich oder zu Protokoll der Gütestelle abgegeben werden. Der Antrag muss alle wesentlichen Informationen enthalten, die für die Bearbeitung des Antrags notwendig sind, wie z.B. Namen und Anschrift der beiden Parteien, Darstellung und Gegenstand des Streites und die Unterschrift. Beide Parteien werden nach Antragstellung persönlich geladen. Wenn die antragstellende Partei nicht zum Termin erscheinen sollte, gilt der Antrag als zurückgezogen. Sollte aber die antrags- gegnerische Partei nicht erscheinen, gilt der Einigungsversuch als erfolglos und dem Antrags- steller wird eine Erfolglosigkeits-bescheinigung ausgestellt. Erst wenn diese Bescheinigung ausgestellt ist, kann das weitere zivilrechtliche Verfahren erfolgen.

6.2.3 Instanzen der Zivilgerichtsbarkeit

Die erste Instanz der Zivilgerichtsbarkeit ist entweder das Amtsgericht oder auch das Land- gericht. Zur Zuständigkeit des Amtsgerichts gehören in erster Linie alle Streitfälle mit einem Streitwert bis zu 5.000 EUR. „Unabhängig vom Streitwert ist das Amts-gericht zuständig für alle Mietstreitigkeiten, Mahnverfahren […], Zwangsvoll-streckungsverfahren und Konkursverfahren, […].“5 Weitere Zuständigkeiten liegen z.B. bei Nachlasssachen, Vormundschaftssachen und auch Familienangelegenheiten, und weitere, die lt. Gerichtsverfassungsgesetz (§ 23 ff.) vorgegeben sind. Im Landgericht werden Streitigkeiten ab 5.000 EUR in erster Instanz verhandelt. In erster Instanz wird in der Regel ein Einzelrichter urteilen. Beim Landgericht kann durch Eintreten bestimmter Voraussetzungen nach § 348.1 ZPO (auch „Spezialmaterie“ genannt) als Zivilkammer mit drei Berufsrichtern verhandelt werden. Der Einzelrichter kann das Verfahren, auf Antrag beider Parteien, der Zivilkammer zur Prüfung auf besondere Schwierig- keiten vorlegen und diese entscheidet über die Zuständigkeit der Zivilkammer.

Gegen die Entscheidungen der ersten Instanz kann der betroffene Bürger Berufung einlegen. Eine Revision ist in diesem Fall nicht möglich. Die Berufung wird in zweiter Instanz von der Zivilkammer des Landesgerichts verhandelt. Diese wird von der Zivilkammer mit drei Berufsrichtern oder ebenfalls wieder einem Einzelrichter entschieden. Wenn die erste Instanz das Landgericht ist, so ist die erste Berufungsinstanz das Oberlandesgericht. Dieses verhandelt als Zivilsenat mit drei Berufsrichtern. Gegen deren Entscheidungen ist das Rechtsmittel der Revision zulässig. Gegen die Entscheidung des Landesgerichts ist mit Einwilligung des Gegners auch eine Sprungrevision möglich anstatt einer Berufung.

Die Revisionsinstanz ist der Bundesgerichtshof, der die oberste Instanz in der Zivilgerichtsbarkeit ist, und wird mit fünf Berufsrichtern besetzt, die den Zivilsenat bilden. Diese Revisionsinstanz gilt auch für das Oberlandesgericht.

Die Anlage D enthält eine Übersicht über ausgewählte Gesetze der Zivilprozessordnung (ZPO), welche die gesamte Zivilgerichtsbarkeit regelt.

6.3 Die Strafgerichtsbarkeit

6.3.1 Allgemeines zur Strafgerichtsbarkeit

Die Strafgerichtsbarkeit befasst sich auf Antrag der Staatanwaltschaft mit dem Vorliegen einer Straftat und entscheidet über strafrechtliche Konsequenzen durch Urteile. Sie stellt die Schuld oder Nichtschuld eines Angeklagten fest und findet auf rechtlicher Grundlage ein gerechtes Urteil.

Das Strafverfahren wird durch die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz in strenger Form geregelt, da ein Verfahren ein einschneidendes Ereignis für den Betroffenen ist. Der Strafprozess wird in drei Teile unterteilt: das Vorverfahren, das Zwischen-verfahren und das Hauptverfahren. Das Vorverfahren, auch Ermittlungsverfahren genannt, wird von der Staats- anwaltschaft geleitet und dient dazu, einen anfänglichen Straftatverdacht aufzuklären, wobei die Polizeibehörden bei den Ermittlungen mitwirken. Einerseits kann nach dem Ermittlungs- verfahren das Verfahren eingestellt werden, andererseits kann bei erhärtetem Tatverdacht Anklage erhoben werden.

Hier entscheidet nun das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens und darüber, eine Hauptverhandlung durchzuführen. Je nach Tatvorwurf entscheidet sich die Zuständigkeit der Gerichte. Das Gericht muss von der Schuld des Angeklagten voll überzeugt sein. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, so gilt der Grundsatz: „ ,Im Zweifel für den Angeklagten’ “.6

6.3.2 Instanzen der Strafgerichtsbarkeit

Die erste Instanz der Strafgerichtsbarkeit unterteilt sich aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten in folgende Gerichtsarten:

- Amtsgericht

Die Einzelrichter des Amtsgerichts verhandeln Strafsachen bis zu einer Freiheitsstrafe von maximal 2 Jahren, wie etwa Diebstahl oder Sachbeschädigung. Das Schöffengericht urteilt in Strafsachen bis maximal 4 Jahren, wie z.B. für schwere Körperverletzung oder besonders schweren Diebstahl. Es setzt sich zusammen aus einem Berufsrichter und zwei Laienrichter, auch Schöffen genannt. Sollten Fälle einen höheren Arbeitsaufwand erfordern, so wird das erweiterte Schöffen- gericht für diese zuständig. Ein weiterer Unterschied zum Schöffengericht ist der zusätzliche Berufsrichter. Gegen die Urteile kann innerhalb einer Woche Berufung eingelegt werden.

- Landgericht

Die kleine Strafkammer ist die Berufungsinstanz für die Urteile des Amtsgerichts, bestehend aus einem Berufsrichter und zwei Schöffen und ist nie in erster Instanz tätig. Die große Strafkammer urteilt über Verbrechen mit einer Freiheitsstrafe über 4 Jahren und besteht aus drei Berufsrichtern und 2 Schöffen.

Das Schwurgericht verhandelt Kapitalverbrechen, wie etwa Mord, Totschlag, Kindes- tötung und Delikte mit Todesfolge. Die Besetzung entspricht der der großen Straf- kammer.

- Oberlandesgericht

Der große Strafsenat des Oberlandesgerichts entscheidet über politische Strafsachen, wie z.B. Völkermord, Bildung terroristischer Vereinigungen oder bei Landes- und Hochverrat.

Der kleine Strafsenat ist Revisionsinstanz für die Berufungsurteile des Landgerichts.

- Bundesgerichtshof

Der Bundesgerichtshof ist Revisionsinstanz für die Erstinstanzurteile der großen Straf- kammer, des Schwurgerichts und des Oberlandesgerichts. Spätestens eine Woche nach Urteilsverkündung muss der Revisionsantrag mit der Revisionsbegründung eingereicht sein.

Eine Auswahl der für die Strafgerichtsbarkeit relevanten Gesetze der Strafprozessordnung (StPO) ist in Anlage E einzusehen.

6.3.3 Jugendstrafsachen

Die Regelung zur strafrechtlichen Verantwortung von Jugendlichen sind im Jugendgerichtsgesetz (JGG) verankert. Dieses legt fest, wie Jugendliche und Heranwachsende bei einer Verfehlung, die nach den Rechtsvorschriften mit einer Strafe belegt werden, bestraft werden. Bevor man eine Aussage über die Strafe bzw. das Strafmaß machen kann, muss man sich erst mit der Strafmündigkeit der Jugendlichen beschäftigen:

- Kinder bis zum Vollendung des 13. Lebensjahres sind strafunmündig
- Jugendliche vom 14. Lebensjahr bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres sind nur bedingt strafmündig.
- Heranwachsende vom 18. Lebensjahr bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres werden nach Jugendstrafrecht behandelt. Es muss aber festgestellt werden, ob zum Tatzeitpunkt eine Reifeverzögerung vorlag und es sich somit um eine jugendliche Verfehlung handelt.

Als Sanktionen sind festgelegt:

- Erziehungsmaßregeln (Weisungen, Fürsorgeerziehung)
- Zuchtmittel (Verwarnung, Jugendarrest, Dauerarrest)
- Jugendstrafe (Freiheitsentzug bis zu 10 Jahren)

Die Jugendgerichtsverfahren werden meist Jugendrichter verhandelt. Wenn eine Jugendstrafe zu erwarten ist, wird vor dem Jugendschöffengericht angeklagt. Die große Jugendkammer verhandelt über Kapitalverbrechen, wie z. B. bei Mord oder Totschlag.

7 Die besondere Gerichtsbarkeit

7.1 Die Arbeitsgerichtsbarkeit

Die Arbeitsgerichtsbarkeit befasst sich mit Rechtstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, welche sich mit den Kündigungsproblemen, den Arbeitsverhältnis und den Abfindungsfragen beschäftigen. Weiterhin sind Arbeitsgerichte für Rechtsfälle zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften zuständig.

Das Verfahren ist sehr kostengünstig gehalten, um den Arbeitnehmer nicht durch die hohen Kosten abzuschrecken, seine Ansprüche durchzusetzen. Die beiden Parteien müssen in erster Instanz ihre Kosten selbst tragen und können sich daher auch selbst vertreten, oder aber durch Anwälte, Gewerkschaftsvertreter, Arbeitnehmervertreter oder sachkundige Bevollmächtigte vertreten lassen. Natürlich kann auch Prozesskostenbeihilfe beantragt werden. Der Verlierer in zweiter oder dritter Instanz muss die Kosten des gesamten Verfahrens tragen. Der Verfasser ist daher der Meinung, dass bei kleineren Streitigkeiten, bei denen die Wahrscheinlichkeit groß ist, den Prozess zu gewinnen, es nicht nötig ist, einen Anwalt mit der Mandantschaft zu betrauen. Wenn die Klage eingereicht ist und die Klageschrift zugestellt wurde, wird das Verfahren mit dem Gütetermin eröffnet. Dort verhandelt ein Einzelrichter, um beide Parteien zu einer Einigung, wie etwa einem Vergleich, zu bewegen. Kommt es zu keiner Einigung, wird das Verfahren an die Kammer des Arbeitsgerichts weitergeleitet. Dort ist bei der Erstinstanz der Streitwert nicht von Belang. Die Kammer besteht aus einem Berufsrichter und je einem ehrenamtlichen Richter der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite. Das Verfahren wird mit einem Urteil beendet.

Gegen dieses Urteil kann beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt werden. Diese ist möglich, wenn die Berufung durch das Gericht genehmigt wurde, es sich um ein Kündigungsverfahren handelt oder der Beschwerdewert größer als 600 EUR beträgt. Die höchste Instanz ist das Bundesarbeitsgericht, welches seinen Sitz in Erfurt hat. Drei Berufsrichter und zwei Schöffen bilden den großen Senat. Dieser verhandelt die Revisionen der Urteile des Landesarbeitsgerichts. Weiter werden auch die Rechtsbeschwerden gegen die Landesarbeitsgerichtsbeschlüsse verhandelt.

7.2 Die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit

Die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit ist zuständig für alle Streitigkeiten, an der öffentlichrechtliche Einrichtungen beteiligt sind. Das sind z.B. Streitigkeiten zwischen Bürgern und Behörden der öffentlichen Verwaltung und auch zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts untereinander.

Das eigentliche Verwaltungsgerichtsverfahren beginnt mit einem außergerichtlichen Vor- verfahren, welches auch Widerspruchsverfahren genannt wird. Wenn ein Bürger durch eine Maßnahme einer Behörde in seinen Rechten verletzt wird, kann er innerhalb eines Monats nach Zugang Widerspruch bei der betreffenden Behörde einlegen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Die deutsche Justiz
Hochschule
Berufsakademie Sachsen in Plauen
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
32
Katalognummer
V274433
ISBN (eBook)
9783656674245
ISBN (Buch)
9783656674214
Dateigröße
716 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
justiz
Arbeit zitieren
Steffen Hendel (Autor:in), 2009, Die deutsche Justiz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274433

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