Der CO2-Emissionshandel. Funktionsweise und aktuelle Probleme


Masterarbeit, 2013

85 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen zum Emissionshandel
2.1 Das Umweltproblem aus ökonomischer Betrachtung
2.1.1 Die Umwelt als gesellschaftliche Ressource
2.1.2 Definition und Klassifizierung externer Effekte
2.2 Darstellung umweltpolitischer Instrumente
2.2.1 Charakterisierung von Auflagen, Abgaben und moralischen Appellen
2.2.2 Kurze Einführung in den Emissionszertifikatehandel
2.3 Kriteriengeleitete Bewertung umweltpolitischer Instrumente
2.4 Vergleich der Instrumente

3 Funktionsweise des CO2-Emissionshandels
3.1 Das Kyoto-Protokoll
3.1.1 Kernpunkte und Zielsetzung
3.1.2 Kyoto-Instrumente im Überblick
3.2 Die Lastenverteilungskonvention in Europa
3.3 Das EU-Emissionshandelssystem
3.3.1 Allgemeine und rechtliche Grundlagen
3.3.2 Zeitlicher Übertrag von Zertifikaten
3.4 Beteiligte Akteure im Emissionshandelssystem
3.5 Erste Handelsperiode 2005-2007
3.6 Zweite Handelsperiode 2008-2012

4 Aktuelle Probleme des Emissionshandels
4.1 Dritte Handelsperiode 2013-2020
4.2 Elektronische Informationsübermittlung der DEHSt
4.2.1 Funktionsweise des Kommunikationsprozesses
4.2.2 Implementierung des Luftverkehrs in den Emissionshandel und
die Problematik ausländischer Teilnehmer
4.3 Das Trittbrettfahrer-Problem im Emissionshandel
4.4 Wirtschaftsökonomische Effekte der CO2-Vollversteigerung
4.5 Preisverfall der CO2-Zertifikate
4.6 Backloading als Instrument der Preisstabilisierung in der dritten Handelsperiode
4.7 Wirtschaftliche Auswirkungen des Emissionshandelssystems

5 Fazit

Anhang
Anhang I: Emissionsreduktionsverpflichtung der Länder zum
Basisjahr 1990 71
Anhang II: Bilanzaufstellung emissionshandelspflichtiger
Betreiberanlagen

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Abhängigkeit von privaten und externen Kosten sowie
sozialen Aufwendungen und Nutzen

Tabelle 1: Klassifizierung von Gütern .

Tabelle 2: Kriteriengeleitete Bewertung umweltpolitischer Instrumente

Tabelle 3: THG des Annex A im Kyoto-Protokoll

Tabelle 4: Reduktionsverpflichtung „Burden Sharing Agreement“

Tabelle 5: Rechtsgrundlage des Emissionshandels

Tabelle 6: Zuteilungsmethoden der ersten Handelsperiode

Tabelle 7: Zusammensetzung des Gesamtkontingents der zweiten
Handelsphase

Tabelle 8: Entscheidungsvariante beim Trittbrettfahrerverhalten

Tabelle 9: Implikationen der Zertifikateversteigerung auf die Beschäftigung

Tabelle 10: Nationalökonomische Auswirkungen der Vollversteigerung

1 Einleitung

Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) publizierte im diesjährigen Sachbestandsbericht über den Klimawandel und die dazugehörigen Einflussfaktoren die Ergebnisse seiner fünften Analyse. Sie verweisen auf unterschiedliche Veränderungen der Atmosphäre, die mit hoher Gewissheit durch anthropogene Bestimmungsfaktoren verursacht werden. Seit dem 20. Jahrhundert verschlechtert sich bis zum heutigen Zeitpunkt die Klimasituation. Diese fortschreitende Wandlung führt in der Folge zu einer Erhöhung der Meeresspiegel, Erwärmung der Weltmeere und weiteren divergenten Klimaereignissen. Ausschlaggebend für die Klimaänderung ist der Ausstoß von Treibhausgasen (THG). Vor allem das THG Kohlendioxid (CO2) sorgt in der Atmosphäre für ausgeprägte Schäden. Die CO2-Konzentration erreichte in der Umgebungsluft im Jahre 2013 Höchstwerte und befindet sich in einer Langzeitbetrachtung der letzten 800.000 Jahre auf einem Höhepunkt. Eine unveränderte Schadstoffemission von CO2 würde bis zum Jahr 2050 zu einer Konzentration führen, die eine Überschreitung der weltweiten Temperatur im arithmetischen Mittel von 2 Grad nach sich zieht.

Die weltweite Temperaturerhöhung als Implikation hoher Emissionen wird als Klimaintensität bezeichnet und beschreibt eine nachhaltige Erwärmung bei einer Verdopplung der CO2-Emissionen in der Atmosphäre. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts führte der anthropogene Einsatz fossiler Energieträger zu einer Kohlenstoff-Emission von 545 Gigatonnen. 45% dieser Schadstoffmenge wirken sich negativ auf die Atmosphäre aus. Der restlichen Anteile wurden in der Natur von Meeren und Wäldern absorbiert.[1] Gegenwärtig existiert für das THG CO2 keine weitreichende Absorptionstechnik auf Basis wettbewerbsfähiger Investitionskosten. Kostenwirksame Rückhaltetechniken befinden sich derzeit im Entwicklungsprozess und werden vor dem Jahre 2020 für die Nutzung durch schadstoffintensive Branchen keine Marktreife erlangen.[2]

Für die Zielsetzung einer Stabilisierung der weltweiten Klimaerwärmung ist eine weitgehende THG-Reduktion unumgänglich. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ermittelt, welche Klimaintensität auf der Grundlage ehrgeiziger Reduktionsverpflichtungen die Marke von 2 Grad nicht überschreitet. Der Vergleichsmaßstab der Klimaintensität ist der Emissionsausstoß vor Beginn der Industrialisierung. Der fünfte Sachstandsbericht der Vereinten Nationen bezifferte zum ersten Mal einen Schwellenwert der Schädigungsmenge von CO2 für die Umgebung. Eine höhere Kohlenstoff-Emissionsmenge über den Wert von 1.000 Gigatonnen gefährdet die Einhaltung der 2-Grad-Marke. Da jedoch auch andere THG an die Atmosphäre abgegeben werden, ist eine signifikante Minderung des CO2-Ausstoßes auf weltumspannender Ebene erforderlich, um die Klimaerwärmung zu stoppen.[3]

THG besitzen eine absorbierende Wirkung gegenüber Sonnenstrahlen, die auf die Erde einfallen, und sind Voraussetzung für die Funktionsweise des natürlichen Treibhauseffekts. Aufgrund der Industrialisierung und des vermehrten Ausstoßes von Schadstoffen wurde der natürliche Kreislauf durch den anthropogenen Einfluss gestört. Um den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken, bedarf es einer Minderung der THG auf globaler Ebene. Der Emissionshandel ist ein umweltpolitisches Instrument, um den Ausstoß von THG zu steuern.[4]

Ist die Reduktion der THG-Emissionen mit Hilfe des Instrumentariums Emissionshandel erzielbar und auf diese Weise der Klimawandel aufzuhalten? Wird das Emissionshandelssystem langfristig den Klimaschutz vorantreiben oder stellt es ein wirkungsloses Instrument dar, das von der Politik geschaffen wurde, um Umweltschützer und die Bevölkerung mit einem scheinbar funktionierenden Schädigungsrechtehandel zu beschwichtigen?

Für den Fall, dass die Klimaveränderungen aus globaler Sicht nicht gemindert werden, erwarten Klimatologen folgenschwere Auswirkungen sowohl für das Öko- und Gesellschaftssystem als auch auf internationale Volkswirtschaften. Große Industrieländer die einen maßgeblichen Anteil an der aktuellen Klimasituation haben, müssen ihren Beitrag für den Klimaschutz in Form von Reduktionsverpflichtungen leisten. Wenn die negativen Folgeerscheinungen der Klimabedingungen relativiert werden sollen, erfordert dies zum einen eine Förderung des Klimaschutzes und zum anderen strategische Adaptionsprozesse. Adaptionsprozesse substituieren jedoch keine Klimaschutzmaßnahmen. Klimaerwärmungen auf der Erde führen zu höheren Ausgaben in Anpassungsprozesse, die hingegen bei niedrigerem Ausstoß von THG sinken. Adaptions- und Klimaschutzmaßnahmen hängen somit zwangsläufig voneinander ab und bilden zudem die Grundlage für die nationale Klimapolitik.[5]

Die vorliegende Masterarbeit behandelt die Problemstellungen im Kontext der vorstehend aufgeworfenen Fragen. Die Zielsetzung der Untersuchung beinhaltet eine Aufklärung dieser Fragen. Darüber hinaus werden dem Leser die Funktionsweise und der Erkenntnisstand des Emissionshandels nähergebracht. Aufgrund der Schwierigkeiten in der Einführungsphase des Emissionshandels entstanden Probleme, die bis heute fortwirken. Diese aktuellen Probleme im CO2-Emissionshandel werden in dieser Arbeit näher erörtert.

Der Gang der Untersuchung gliedert sich in fünf Kapitel. Die Einleitung gibt einen Überblick über den Klimawandel und die Notwendigkeit, die globalen Emissionen mit Hilfe des umweltpolitischen Instruments Emissionshandel zu reduzieren. Das Kapitel 2 beleuchtet die Grundlagen des Emissionshandels, unter Abschnitt 2.1 wird das Umweltproblem aus ökonomischer Sicht und unter 2.2 Arten von umweltpolitischen Instrumenten dargestellt. In diesem Zusammenhang wird der Schwerpunkt auf das Instrumentarium Emissionszertifikatehandel gelegt, was den Leser bereits auf Kapitel 3 vorbereitet. Den Abschluss von Kapitel 2 bilden ein Vergleich und eine kriteriengeleitete Bewertung umweltpolitischer Instrumente. Kapitel 3 behandelt die Funktionsweise des CO2-Emissionshandels; es werden das Kyoto-Protokoll in globaler Betrachtung und darauf folgend das Emissionshandelssystem auf EU-Ebene erörtert. Die erste und zweite Handelsperiode des EU-EHS wurde bewusst noch am Ende des Kapitels 3 untersucht, da diese Handelsphasen bereits abgeschlossen sind. Das Kapitel 4 analysiert die aktuellen Probleme des Emissionshandels. Bewusst wurde die dritte Handelsperiode des EU-EHS dem vor dem Fazit letzten Kapitel zugeteilt, um das Verständnis dieser aktuellen Handelsphase und der damit verbundenen Problemen durch die zuvor erfolgte Klärung ihrer Voraussetzungen zu erleichtern. Das Fazit in Kapitel 5 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen.

2 Grundlagen zum Emissionshandel

2.1 Das Umweltproblem aus ökonomischer Betrachtung

2.1.1 Die Umwelt als gesellschaftliche Ressource

Eine Vielzahl von Umweltgütern ist durch ihr begrenztes Vorkommen gekennzeichnet. Dessen ungeachtet herrschen für diese Güter keine Märkte, die eine Preisbildung ermöglichen. Ursache hierfür ist der Umstand, dass auch nicht zahlungswillige Marktteilnehmer diese Güter nutzen, in der Folge jedoch nicht vom Markt ausgegrenzt werden können.[6] Im Jahre 1954 publizierte die Review of Economics and Statistics den Beitrag „The Pure Theory of Public Expenditure“ des Wohlfahrtsökonomen Paul A. Samuelson. In seiner Arbeit charakterisiert er Güter die nicht dem Ausschlussgrundsatz unterliegen als Kollektivgüter.[7]

In der Volkswirtschaft klassifizieren sich die Güter zweckdienlicherweise in die Attribute Ausschluss-und Konkurrenzprinzip der Güternutzung. Im Kontext des Ausschlussprinzips kann der Träger der Eigentumsrechte eines Gutes übrige von deren Inanspruchnahme ausgrenzen. Beim Rivalitätsprinzip hingegen grenzt ein Individuum weiteren Benutzern des Gutes ihre Nutzungsoptionen ein. Darauf aufbauend erfolgt eine Gliederung der Gütergruppen in Kollektivgüter, Private Güter, Natürliche Monopole und gesellschaftliche Ressourcen.

Bei Kollektivgütern existiert keine Abhängigkeit von Ausschluss und Konkurrenz. Die Individuen können das Gut frei applizieren und entziehen sich einander keine Nutzungsoptionen. Ein Staudamm beispielsweise ist ein öffentliches Gut, bei dessen Nutzung der Einrichtung bei Überflutung kein Bürger ausgeschlossen wird. Private Güter liegen zum einen dem Ausschlussprinzip und zum anderen dem Rivalitätsprinzip zu Grunde. Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der Verkauf von Eiscreme. Das Eis unterliegt der Exkludierbarkeit. Der Eisverkäufer will auf Grundlage von unbekannten Prämissen das Eis nicht vermarkten. Die Käuferseite ist als Folge vom Markt ausgeschlossen. Konträr hierzu steht das Eis unter dem Rivalitätsprinzip. Auf der einen Seite geschieht der Konsum mit dem Verzehr einmalig, auf der anderen Seite rivalisieren sich die Kunden um das Eisvergnügen. Natürliche Monopole basieren auf der Maxime der Ausschließbarkeit jedoch existiert bei der Inanspruchnahme der Güter keine Konkurrenzabhängigkeit. Ein Exempel in diesem Zusammenhang ist das Bezahlfernsehen.

Für Gesellschaftliche Ressourcen herrscht kein Grundsatz der Ausschließbarkeit gleichwohl aber fallen sie in Anbetracht der Verwendung der Güter unter das Rivalitätsaxiom.[8] Gesellschaftliche Ressourcen werden auch als Allmendegut tituliert. Allmende ist ein Bestandteil des Gemeinschafskapitals unter die Forstbestände, Landboden und Gewässer fallen. Von der Grundannahme her steht es jedem Individuum frei diese Vermögensbestände zu nutzen. Eine intensive Nutzung führt als Folge dessen jedoch zum Konkurrenzdasein. Die Konkurrenz reflektiert sich hierbei in der Luftverschmutzung durch THG und die Überfischung von Gewässern, die hier als Musterbeispiele zu nennen sind.[9]

Die unten aufgeführte Tabelle veranschaulicht einen Überblick der Gütergruppen nach Ausschluss-und Konkurrenzprinzip.

Tabelle 1: Klassifizierung von Gütern

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an: Mankiw (2004), S. 247.

Öffentliche Güter und gesellschaftliche Ressourcen verursachen so genannte „externe Effekte“. Da die Zweckmässigkeit und der Wert eines Gutes auf Märkten keinen Kurs besitzen. Die Inanspruchnahme eines Allmendegutes mittels einem Individuum führt bei übrigen zu einer Benachteiligung, die jedoch hierfür keine Entschädigung erhalten. Externe Effekte induzieren unrationelle Beschlüsse in Anbetracht auf Produktionsentscheidungen. Unter Einsatz von Staatsinterventionen kann eine Wohlfahrtssteigerung auf Märkten erreicht werden.[10] Staatseingriffe mit Hilfe umweltpolitischer Instrumente werden näher in Kapitel 2.2 behandelt.

2.1.2 Definition und Klassifizierung externer Effekte

Benutzer der gesellschaftlichen Ressource unterliegen nicht dem Grundsatz der Exkludierbarkeit und müssen für den Kostenaufwand der Inanspruchnahme nicht aufkommen. Entstandene Folgekosten werden von anderen Marktteilnehmern in Form von Nutzenverlusten ausgeglichen.[11]

Arthur Cecil Pigou definierte in seiner im Jahre 1920 publizierten Arbeit „The Economics of Welfare“ die Behinderung übriger Marktteilnehmern als negative externe Effekte.[12] Die Spezifizierung des externen Effekts basiert auf seiner Arbeit aus dem Jahre 1912 mit dem Titel „Wealth and Welfare“, in der er einführend nach privaten und sozialen Wertgrenzprodukten differenziert. Der Term des externen Effekts wird von Pigou in diesem Zusammenhang noch nicht verwendet.[13]

„Unter dem sozialen Wertgrenzprodukt eines Produktionsfaktors werden die dem Produzenten zustehenden, mit dem Produktpreis bewerteten Erträge der letzten eingesetzten Faktoreinheit (privates Wertgrenzprodukt) und die eventuell bei Dritten anfallenden, in Preisen ausgedrückten Erträge und Kosten derselben verstanden.“[14]

Positive externe Effekte ergeben sich nach Pigou, sobald das private Wertgrenzprodukt in Kollation mit dem sozialen Wertgrenzprodukt eine niedrigere Gewichtung aufweist.[15] Negative externe Effekte hingegen resultieren im Vergleich zum positiven externen Effekt bei einer inversen Konstellation des Sachverhalts.[16]

Eine Homogenität von privatem- und sozialem Wertgrenzprodukt ist Voraussetzung für eine ökonomische Allokation. Andernfalls sind nach Pigou wohlfahrtssteigernde Eingriffe notwendig.[17]

Man unterscheidet verschiedene Arten von externen Effekten, die nicht alle zwangsläufig zu einem Marktversagen führen. Die zu Interferenz des Marktes führenden Gattungen lassen sich in technologische, pekuniäre und psychologische externe Effekte klassifizieren.

Technologische externe Effekte sind charakterisiert durch eine unmittelbare Abhängigkeit der Profit-und Nutzenfunktionen diverser Marktteilnehmer, die sich unvollkommen in Marktbeziehungen reflektieren. Ein finanzieller Ausgleich von Externalitäten erfolgt in diesem Fall nicht.

Ein Beispiel für technologische externe Effekte sind ausländische Schwertransporte, die deutsche Schnellstraßen nutzen, allerdings hierfür keinen Nutzungsbeitrag leisten. Aus diesem Grund entsteht eine Differenz zwischen der privaten Kosten- und Nutzenfunktion und der in der Gesamtsozialstruktur entstehenden sozialen Kosten- und Nutzenfunktion. Die Abweichung zwischen den Funktionen drückt die Intensität der technologischen Externalität bzw. der externen Kosten aus. Bei technologischen externen Effekten kommt eine systematische Abweichung zwischen Marktpreisen und sozialen Aufwendungen bzw. Nutzen zustande.[18]

Die unten stehende Abbildung verdeutlicht die Abhängigkeit von privaten und externen Kosten sowie die sozialen Aufwendungen und Nutzen.

Abbildung 1: Abhängigkeit von privaten und externen Kosten sowie sozialen Aufwendungen und Nutzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Fritsch (2011), S. 83.

Technologische externe Effekte kommen zum einen durch die Herstellung von Gütern und zum anderen durch Verbrauchsaktivitäten von Individuen zustande und beeinflussen in der Folge Produktionskurven und die Konsumhandlungen anderer Marktteilnehmer. Ein Beispiel ist in diesem Zusammenhang ein Kraftwerk, das THG emittiert, wobei diese als Immissionen auf Dritte einwirken. Diese erhalten für die Einwirkung jedoch keine Kompensationszahlung vom Verursacher.[19]

Eine weitere Art von Externalitäten sind pekuniäre externe Effekte, die indirekte Beziehungen von Marktrelationen beschreiben. Die Handlungsweise der Marktteilnehmer im Hinblick auf Angebot und Nachfrage induziert eine Veränderung der Marktpreise auf den Handelsplätzen. Pekuniäre Externalitäten widerspiegeln nichts anderes als die Verhältnisse der Knappheit auf Arbeits, Kapital-, und Gütermärkten und regulieren die Allokationsverhältnisse auf Umschlagsplätzen. Aus Nutzenperspektive sind pekuniäre externe Effekte unerwünscht und initiieren kein Marktversagen, jedoch eine Problemstellung in der Betrachtungsweise der Allokation.[20]

Die dritte Art von externen Effekten für mögliches Marktversagen sind die psychologischen Externalitäten. Im Kontext dieser Form existiert zwischen den Beteiligten Marktteilnehmern keine physische Korrelation und kein gegenseitiges Geschäftsverhältnis. Der Nutzen eines Marktakteurs kann durch den Grad des Konsums und den Nutzen anderer Beteiligter suggeriert werden. Eine solche Art von externen Effekten kann ein Marktversagen verursachen, das eine verteilungspolitische Staatsintervention erfordert. Das Vorzeigebeispiel für eine psychologische Externalität ist der Neidfaktor von Marktteilnehmern gegenüber Individuen mit einem hohen Lebensstandard.[21]

Im Folgenden wird eine abschließende Zusammenfassung und Bewertung des Kapitels 2.1.2 vorgenommen, in dem die Grundlage für das weitere Verständnis dieser Arbeit gelegt wird. Pekuniäre- und psychologische Externalitäten werden im weiteren Verlauf nicht weiter behandelt, da diese Arten von externen Effekten eine untergeordnete Bedeutung im Hinblick auf Marktversagen haben. Der Fokus richtete sich vor allem auf technologische externe Effekte, da mit ihnen die größte Gefahr eventuellen Marktversagens und die Notwendigkeit wirtschaftspolitischer Intervention einhergeht.

Im Falle, dass die Funktionsgrößen Gewinn und Nutzen für den jeweiligen Marktteilnehmer von anderen Störgrößen beeinflusst werden, auf die er keinen Einfluss hat, spricht man von externen Effekten. Charakteristisch für technologische Externalitäten ist, dass die seitens des Marktakteurs induzierten Aufwendungen nicht vollständig von ihm übernommen werden. Darüber hinaus wird er für den seinerseits generierten Nutzen nicht vollständig entschädigt. Die Abweichung zwischen der gesamtgesellschaftlichen und der privaten Nutzen- und Kostenfunktion bestimmt den Grad der technologischen Externalität. Aus wirtschaftlicher Perspektive ist es generell irrational, die technologischen externen Effekte gänzlich zu verhindern. Es existiert im Gegenteil ein idealer Umfang einer Vermeidungsstrategie.

Da man die Exkludierbarkeit nicht auf die Gesamtheit der Kosten- und Nutzenfunktion einer jeweiligen Geschäftstätigkeit zum Einsatz bringt, löst dies einen technologischen externen Effekt. Hierbei kann es allerdings auch vorkommen, dass der Urheber einer Externalität sich nicht treffsicher ermitteln lässt.[22]

Zur Internalisierung solcher externer Effekte gibt es eine Vielzahl von Instrumenten, die im folgenden Abschnitt analysiert werden.

2.2 Darstellung umweltpolitischer Instrumente

2.2.1 Charakterisierung von Auflagen, Abgaben und moralischen Appellen

Erfährt das Ökosystem hohe Belastungen, die zu einer Abweichung von der idealen Umweltbeanspruchung und der biologischen Balance führen, sind Eingriffe des Staates unausweichlich. Hierin werden Qualitätsstandards zur Umweltgüte vorgeschrieben, die es einzuhalten gilt. Die Vorgabe der Grenzwerte und die Sicherstellung ihrer Einhaltung unter Zuhilfenahme von Instrumenten sind Kernpunkte einer zweckdienlichen Umweltpolitik.[23] In diesem Zusammenhang wurde im Jahre 1971 von der Bundesregierung das Umweltprogramm ratifiziert.[24] Unter dem damaligen Bundeskanzler Willy Brandt definierte die Bundesregierung eine praktische Umweltpolitik als „Gesamtheit aller Maßnahmen, die notwendig sind, um dem Menschen eine Umwelt zu sichern, wie er sie für seine Gesundheit und für ein menschenwürdiges Dasein braucht und um Boden, Luft und Wasser, Pflanzen- und Tierwelt vor nachteiligen Wirkungen menschlicher Eingriffe zu schützen und um Schäden oder Nachteile aus menschlichen Eingriffen zu beseitigen“[25].

Die Sicherstellung des Umweltschutzes wird von der Umweltpolitik überwiegend mit Auflagen, Abgaben, Selbstverpflichtungen und Emissionszertifikaten gewährleistet.[26] In der Praxis existieren weitere Steuerungsinstrumente für die Internalisierung externer Effekte, denen jedoch geringere Bedeutung zugewiesen wird.

Eine Auflage definiert sich als eine Verordnung, nach der sämtliche Emittenten für bestimmte THG determinierte Grenzwerte in ihrem jeweiligen Bezirksbereich je Zeitspanne nicht überschreiten dürfen. Aus der Gesamtheit jeder einzelnen Emissionsobergrenze resultiert der festgelegte bezirksbezogene Maximalwert des Schadstoffausstoßes. In einer zweckdienlichen Umweltpolitik können erwartungsgemäß Divergenzen in Bezug auf diese Definition und die Einsatzform von Auflagen auftreten.[27] Durchgesetzt hat sich jene Form der Auflage, welche die Immissions- und Emissionsobergrenzen festsetzt und sich vor dem Hintergrund des Entwicklungsstands des technischen Anlagenniveaus in die Praxis umsetzen lässt. Die Beachtung der Grenzwerte wird mit Hilfe von Zulassungsprozessen für Neuanlagen sichergestellt. Für bestehende Anlagen kann in der Regel im Nachhinein eine Grenzwertobergrenze vorgeschrieben werden. Der Schwellenwert bezieht sich auf eine Maßeinheit wie etwa 1 m3 des betreffenden Schadstoffes. In Deutschland bildet die Form der Auflagen den umweltpolitischen Rahmen. Fertigungs- und Verwertungsanlagen werden nach einem bestimmten technischen Anlagenniveau verordnet. Bei einer Ablehnung bestimmter Neubauten spricht die Behörde auch ein Verbot der Niederlassung aus.[28]

Regelungen zur Luftverunreinigung und weiteren damit zusammenhängenden Normen sind auf nationaler Ebene im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) verankert.[29] Ziel des Gesetzes ist es, Mensch und Umwelt vor gefährlichen Schadstoffen zu bewahren und die Bildung solcher Einwirkungen abzuwenden.[30] Die Definition jener Einwirkungen umfasst Immissionen, die in Bezug auf Erscheinungsform, Intensität und Zeitraum Schaden für Umwelt und Menschen hervorrufen.[31] Betreiber erlaubnispflichtiger Anlagen haben nach dem BImSchG eine Schutz- und Vorsorgepflicht. Die Schutzpflicht beinhaltet, die Anlagen so zu bewirtschaften, dass das Gemeinwesen keinen gefährlichen Schadstoffeinwirkungen ausgesetzt ist. Die Vorsorgepflicht umfasst die Vorkehrung gegen gesundheitsschädliche Einwirkungen, die mit Hilfe eines bestimmten technischen Anlagenstands erreicht werden soll. Dieser definierte technische Anlagenstand wird von der Behörde vorgegeben. Des Weiteren haben Betreiber die Verpflichtung, Abfälle in erster Linie zu vermeiden, danach zu verwerten und abschließend Reststoffe gefahrlos zu beseitigen. Zudem ist im BImSchG geregelt, dass die Betreiber dafür zu sorgen haben, Anlagen energieeffizient einzusetzen.[32]

Die Bundesregierung hat das Grundgerüst des BImSchG um die Verordnung für Großfeuerungsanlagen und die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) ergänzt. Der von der deutschen Umweltpolitik verordnete „Stand der Technik“ mit der Zielsetzung der Emissionsminderung wird auch in anderen Staaten wie Großbritannien und den USA praktiziert.[33] Eine andere Form zur Internalisierung externer Effekte sind Abgaben.

Abgaben werden in der praktischen Umweltpolitik als Steuern, Gebühren, Beiträge und Sonderausgaben vom Staat bestimmt und eingezogen.[34] Im Vergleich zum direkten Auflagenprozedere stellen Abgaben eine indirekte Konzeption dar. Bei Abgaben werden umweltschädigende Emissionen für den Emittenten durch eine Kompensationszahlung kostenintensiver. Die zu leistende Abgabe richtet sich nach dem Umfang der verursachten Luftverunreinigung. Die Ermittlung der Ausstoßmenge erfolgt durch eine kontinuierliche Messung beim Verursacher, die von Zeit zu Zeit seitens der Behörde in ihrer Funktionsweise kontrolliert wird. Für die Emissionsabgabe ist die beabsichtigte Höhe des Schadstoffausstoßes im Rahmen der wirtschaftlichen Gegenüberstellung der Kosten- und Nutzenfunktion der Umweltbeeinträchtigung unerheblich. Dagegen wird der Sollwert der emittierten Schadstoffmenge von außen festgelegt. Aus einer strengen Betrachtungsweise dient die Abgabe nicht unbedingt der Internalisierung von Externalitäten und wird in zahlreichen Publikationen als „Preis-Standard-Ansatz“ tituliert.[35] Der Preis-Standard-Ansatz geht auf die Arbeit der beiden amerikanischen Wirtschaftsökonomen W.J. Baumol und W.E. Oates aus dem Jahre 1971 zurück.[36] Im Rahmen dieser Methode wird von der Suche nach einem Internalisierungsoptimum abgesehen, vielmehr wird die Zielintensität der Internalisierung von staatlicher Seite festgesetzt. Abgaben haben den Zweck, negative Externalitäten wirtschaftlich zu dezimieren und Investitionen in neuere Anlagentechnologie anzuregen, um dem „Stand der Technik“ zu entsprechen und auf diese Weise die Menge des Schadstoffausstoßes zu minimieren. Da sich die Höhe der Abgabenzahlung nach der emittierten Schadstoffmenge richtet, hat der Verursacher die Option, eine Ausgleichzahlung zu leisten oder seine Last der THG zu mindern.[37] Wird der Staat die Abgabe pro Schadstoffmenge hoch ansetzen, werden die Verursacher eine nachhaltige Verhaltensweise zeigen und Emissionen vermeiden bzw. in neuere Technologie investieren. Bei einer zu niedrigen Verortung der Ausgleichszahlung wird der Schädiger hingegen keinen Anreiz besitzen, seinen Schadstoffausstoß zurückzufahren. Die optimale Höhe der Kompensationszahlung zielt im Preis-Standard-Ansatz darauf ab, dass die Schädiger ihre Emissionsmenge bis zu dem Punkt minimieren, die von Staatsseite als Zielgröße des Schadstoffausstoßes ausgegeben wurde. Die Unternehmen (UN) werden einen Vergleich zwischen den Kosten der Abgabenzahlung für jede ausgestoßene Einheit THG und dem Kapitalaufwand der Emissionsvermeidung ziehen. Reduziert ein UN auf eine kostengünstige Weise seine emittierte Schadstoffmenge, so wird es die Maßnahme der Emissionsreduktion der zu leistenden Emissionsabgabe vorziehen.[38] Das Ziel der Emissionsvermeidung kann in Form von Anpassungen des Anlagenzustands in neuere Technologie, Erzeugungsrestriktionen und Ersetzung durch kohlenstoffärmere Einsatzstoffe geschehen.[39]

Ein Beispiel im Kontext von Abgaben ist die Einleitung von Abwässern in öffentliche Gewässer. Danach leisten die Verursacher des Schmutzwassers für den Grad der Verunreinigung eine Abgabenzahlung. Die Höhe der Abgabenerhebung richtet sich nach der Schmutzwassermenge und dem Verschmutzungsgrad.[40] Vielfach in der Literatur wird für Abgaben auch die Bezeichnung „Umweltabgaben“ und „Pigousteuer“ verwendet.[41]

In der praktischen Umweltpolitik existiert mit moralischen Appellen eine weitere Form der Internalisierung externer Effekte. In diesem Fall wird versucht, die Marktteilnehmer durch ethische Aufforderungen zu Investitionen in Technologien zur Emissionsvermeidung und somit zu einer freiwilligen Nutzungsrestriktion zu bewegen. Die Effektivität dieser Form der Internalisierung ist aus empirischer Sicht als begrenzt zu erachten.[42] Gemeinschaftskonzepte des Gesetzgebers und der Unternehmen bezwecken eine freiwillige Reduktion des Schadstoffausstoßes. Ein solches Prozedere kann nur zum Erfolg führen, wenn bei einer Verfehlung der Emissionsziele die Schädiger mit alternativen Sanktionsschritten belangt werden. Nur dann wird das UN bereit sein, seine Emissionen freiwillig zu reduzieren.[43]

Bei negativen Externalitäten ist die Ineffektivität ethischer Aufforderungen darauf zurückzuführen, dass die Aufwendungen der Emissionsvermeidung vom Verursacher zu tragen sind. Im Gegensatz dazu sind die unter dem negativen externen Effekt leidenden Marktakteure diejenigen, die vom erzeugten Nutzen profitieren. Solange die Kosten der Emissionsvermeidung auf Verursacherseite größer sind als der erzeugte Nutzen, der den Betroffenen zu Gute kommt, wird der Schädiger keinen Anreiz haben, seine Schadstoffe einzugrenzen. Entsteht die negative Externalität hinsichtlich einer Geschäftstätigkeit, die den Bedingungen des Marktes unterliegt, sind ethische Moralaufrufe als ineffektiv einzustufen. Für den Fall, dass ein UN die moralischen Appelle befolgt und seine THG reduziert, kann hierunter die Profitabilität und die Existenz im Vergleich zu UN gefährdet sein, die keine solche Restriktion befolgen. Schon aus diesem Grund dürften Moralaufrufe auf die Verursacher keine emissionsreduzierende Wirkung ausüben. Differenzierter würden UN sicher dann reagieren, wenn ethisches Umweltbewusstsein von staatlicher Seite eine Subventionierung erfahren würde, die sich nach der Einsparungsmenge des Schadstoffes richtet.[44]

2.2.2 Kurze Einführung in den Emissionszertifikatehandel

Der Leitgedanke des Emissionszertifikatehandels wurde von T.D. Crocker im Jahre 1966 formuliert.[45] Darauf wiederum fußt die Arbeit des kanadischen Wirtschaftsökonomen J.H. Dales aus dem Jahre 1968.[46]

Beim umweltpolitischen Instrument der Emissionszertifikate zur Internalisierung externer Effekte bestimmt der Staat die Obergrenze für die erlaubte Schadstoffmenge in einem genau definierten Bezirk. Darüber hinaus wird ein Recht für das erlaubte Ausmaß an Verschmutzung zugesprochen. Allein der Inhaber dieses Rechts hat den Anspruch zur Abgabe von Emissionen in einer bestimmten Größenordnung innerhalb eines festgelegten Zeitabschnitts.[47]

In den 1970er Jahren wurde der Handel mit Verschmutzungsrechten vor allem in den USA ins Leben gerufen. Das bis heute großflächig verbreitete „Acid Rain“-Projekt existiert in diesem Zusammenhang seit dem Jahr 1995. Dieses System von Verschmutzungsrechten soll zur Reduktion von Schwefeldioxid (SO2) beitragen, das als Schadstoff beim Kraftwerksbetrieb entsteht und in die Atmosphäre abgegeben wird.[48] Das System konzentriert sich auf eine Mengenpolitik unter Einsatz eines Verschmutzungsrechtehandels. Das seit dem Jahre 1991 gültige Gesetz des Clean Air Act hat die Aufgabe den SO2-Ausstoß von 20 Mio. t in 1995 auf 8,9Mio. t bis zum Jahre 2000 zu begrenzen. Auch nach der Jahrtausendwende sollte dieser Grenzwert Gültigkeit besitzen. Ziel der Konzeption ist die kosteneffektive Eingrenzung von THG. Jedes Kraftwerk bekommt eine begrenzte Menge an SO2-Zertifikaten zugesprochen. Ein Zertifikat berechtigt innerhalb eines Jahres zur Abgabe von einer t SO2 in die Atmosphäre. Die zugeteilte Menge an Emissionsrechten richtet sich nach dem ausgestoßenen Schadstoff in Anlehnung an die angeordnete Schadstoffobergrenze. Der Betreiber des Kraftwerks darf nur dann zusätzliche Luftschadstoffe emittieren, wenn er auch genügend Zertifikate besitzt. Der Schädiger hat die Möglichkeit, Zertifikate auf dem Markt zuzukaufen.[49] Inhaber von nicht benötigten Emissionszertifikaten aufgrund von Erzeugungsrestriktionen, Kraftwerksstillständen oder modernen Vermeidungstechnologien haben die Möglichkeit, diese zu liquidieren. Durch Angebot und Nachfrage entsteht ein Marktplatz für Zertifikate, der in der Folge zu einem Gleichgewichtspreis führt.

Die Grenzvermeidungskosten (GVK) und der Kurs des Zertifikats werden in Relation gesetzt. Sind die GVK niedriger als die Kursnotierung des Emissionszertifikats, haben die Betreiber Anreize, Schadstoffe zu vermeiden. Stagnieren jedoch die GVK über den Marktnotierungen der Schädigungsrechte, werden Zertifikate für den Eigengebrauch gehortet. Die meisten Zertifikate werden folglich von denjenigen Schädigern benötigt, die die größten Vermeidungskosten aufweisen, da es für diese Anlagen günstiger ist, Zertifikate zu kaufen anstatt Emissionen zu vermeiden. Konträr dazu werden jene Betreiber mit niedrigen Vermeidungskosten die Motivation besitzen, THG zu reduzieren. Die Konzeption der handelbaren Schädigungsrechte führt zu einer ökonomischen Allokation des Ökosystems und widerspiegelt das Verhältnis der Knappheit, die wiederum als Kursnotierungen der Schädigungsrechte reflektiert werden. Eine Ausweitung der allgemeinen Produktionskapazitäten durch höheres Wirtschaftswachstum führt zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Emissionsrechten. Die Notierungen der Verschmutzungsrechte verteuern sich und induzieren zudem eine weitere Belastung des Ökosystems. Ab einem bestimmten Preisniveau werden ausgewählte Anlagenbetreiber aus dem Grund der billigeren Schadensvermeidung keine Bereitschaft mehr zeigen, Zertifikate zu kaufen. Jene Betreiber, die noch einen Zertifikatebestand aufweisen, haben bei einem hohen Zertifikatekurs Anreize, die Schädigungsrechte zu verkaufen und Investitionen in neue Vermeidungstechnologie zu tätigen. Hohe Notierungen der Emissionsrechte fördern die umweltfreundliche Erzeugung und implizieren eine nachhaltige Verlagerung der ökonomischen Erzeugungsmatrix. Die Kosten werden denjenigen Produktionsbranchen aufgebürdet, die eine hohe Emissionslast in der Atmosphäre verursachen, welche im Zuge der Produktion und der aktuell auf dem Markt zur Verfügung stehenden Erzeugungstechnologie nicht vermeidbar ist.[50]

2.3 Kriteriengeleitete Bewertung umweltpolitischer Instrumente

Zur Evaluierung umweltpolitischer Instrumente existieren drei Eigenschaften: Effizienz, dynamische Anreizwirkung und die ökologische Treffsicherheit.[51] Die Effizienz beurteilt die Kosten der Emissionsvermeidung, die seitens des Schädigers entstehen, um eine verordnete Sollgröße des Schadstoffausstoßes zu realisieren. Die Motivation zur kostenwirksamen Reduzierung von THG ist ein essenzieller Aspekt der Charakteristik umweltpolitischer Instrumente. Eine Misswirtschaft der Betriebsmittel zur Emissionszielerreichung führt in der Folge zu Wohlfahrtsverlusten. Der unnötig verlorene Kapitaleinsatz wird auf diese Weise alternativen Bereichen des UNs entzogen. Bei einer rationellen Zuweisung des Nutzeneffekts, die im Zusammenhang mit der Schadensvermeidung steht, dient ein kosteneffizientes umweltpolitisches Instrument dazu, den umweltgerechten Zweck zu erfüllen.[52]

Das zweite Kriterium zur Beurteilung umweltpolitischer Instrumente ist die dynamische Anreizwirkung. Hierunter versteht man Investitionen in innovative Vermeidungstechnologien, die das Vorhandensein entsprechender Anreizsysteme voraussetzt. Zielsetzung ist das Erreichen einer Emissionsminderung bei konstanten Aufwendungen oder eine Kosteneinsparung bei unverändertem Schadstoffausstoß.[53]

Das letzte Beurteilungsmerkmal umweltpolitischer Instrumente ist die ökologische Treffsicherheit. Darunter versteht man den Umfang, in dem ein exogen diktiertes Emissionsziel in der Praxis umgesetzt werden kann. Der exogene Zielwert der Emissionsminderung wird von einer hoheitlichen Instanz festgelegt. Der optimale Grad der Internalisierung von Externalitäten wird ebenso wie die Erreichung des vorgeschriebenen Zielwertes unter geringsten Aufwendungen als „pareto-optimal“ bezeichnet. Das Ergebnis ist somit kosteneffizient und ökologisch treffsicher erzielt worden. Das Kriterium der dynamischen Anreizwirkung greift beim Pareto-Optimum indessen nicht.[54]

2.4 Vergleich der Instrumente

Die klimapolitischen Instrumente Auflagen, Abgaben, moralische Appelle und Emissionszertifikate werden im Folgenden einer Analyse unterzogen. Zur Bewertung werden die Instrumente mit den Eigenschaften Kosteneffizienz, dynamische Anreizwirkung und ökologische Treffsicherheit durchleuchtet.

Auflagen sind unter dem Kriterium der Kosteneffizienz als zweifelhaft zu evaluieren, da sich in der Umweltpolitik die Frage nach der optimalen Rationierung dieses Instruments stellt. Die genaue Ermittlung nach der Vermeidung von Emissionen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit würde voraussetzen, dass sämtliche Anlagen einer separaten Emissionsuntersuchung unterzogen werden, da jeder Betreiber eine andere GVK aufweist. Eine Modifikation der Rahmenbedingungen wie z.B. der Fortschritt des Stands der Technik beeinflusst auch die GVK der Produktionsanlagen, die eine Angleichung der Auflagen nach sich zieht. Viele UN werden nicht bereit sein, dem Staat diese Informationen preiszugeben. Aus der Perspektive des Informationsflusses ist auch die ökologische Treffsicherheit von Auflagen als unsicher einzustufen. Die dynamische Anreizwirkung bei Auflagen greift in diesem Beurteilungsaspekt unpräzise. Sofern der Schadstoffemittent innerhalb seiner diktierten Emissionsobergrenzen bleibt, sieht er sich nicht veranlasst, in neue Vermeidungstechnologien zu investieren, um so seine THG einzuschränken. Bis zu seiner Emissionsobergrenze wird er seine Anlagenfahrweise ausreizen, da dies ja bis zu diesem Grenzwert staatlicherseits erlaubt ist.[55]

Zur Internalisierung externer Effekte sind Abgaben hinsichtlich der Kosteneffizienz vorteilhaft. Anlagenbetreiber werden die für sie preisgünstigste Emissionsvermeidung vorantreiben. In der Folge wird zusätzliches Kapital in Form von Subventionen freigesetzt, die in die Förderung emissionsarmer Technologie investiert werden kann. Somit bieten Abgaben dem Emittenten ein Anreizsystem, welche die Folgen der dynamischen Anreizwirkung positiv erscheinen lässt. Die ökologische Treffsicherheit erscheint beim umweltpolitischen Instrument der Abgaben unsicher, da die Grenzkosten der Produktion nicht ausreichend bekannt sind. Zur Internalisierung von Externalitäten sind Abgaben hinsichtlich der Kosteneffizienz und der dynamischen Anreizwirkung im Vergleich zu Auflagen vorteilhafter. In Bezug auf die ökologische Treffsicherheit sind beide Instrumente kritisch zu betrachten.[56]

Das Instrument der moralischen Appelle erscheint unter dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz in seiner Wirkung zweifelhaft. Da dieses Instrument auf die ethische Handlungsweise eines UNs abzielt, dürfte es in einer gewinnmaximierenden Unternehmenswelt bei den UN wenige Anhänger finden. Möglicherweise würden jene Anlagenbetreiber auf moralische Aufrufe reagieren, für die eine Emissionsvermeidung mit nur minimalen Aufwendungen verbunden ist. Auch könnten solche UN auf die Aufforderung mit einer Schadstoffeingrenzung reagieren, die ein „Schuldbewusstsein“ gegenüber der Umwelt verspüren. Die dynamische Anreizwirkung ist bei moralischen Appellen jedoch als mangelhaft einzustufen, da der Anlagenbetreiber keine wirtschaftlichen Anreize erhält, um in neue emissionsärmere Technologien zu investieren und auf diese Weise zur Emissionsminderung beizutragen. Die ökologische Treffsicherheit ist negativ zu bewerten, da die Wirkung dieses Instruments kontrovers diskutiert wird und eine Prognose der Unternehmensentscheidung unmöglich ist. Die kriteriengeleitete Bewertung moralischer Appelle fällt im Hinblick auf die Wirkungsweise somit insgesamt eher negativ aus.[57]

Abschließend wird das Instrument der Emissionszertifikate anhand der Beurteilungskriterien analysiert. Der Effekt von Schädigungsrechten in puncto Kosteneffizienz ist mit den der Abgaben gleichzusetzen und als positiv einzuschätzen. Die ökologische Treffsicherheit der Emissionsrechte ist aufgrund der Tatsache, dass die Schädigungsobergrenze für die erlaubte Emissionslast staatlicherseits bestimmt wird, als optimal zu bewerten.[58] Die dynamische Anreizwirkung bei Emissionszertifikaten ist vorhanden. Der Emittent erhält Anreize, seine Emissionen zu reduzieren, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Schädigungsrechte einen bestimmten Kurs aufweisen. Bei einer niedrigen Notierung der Zertifikate wird der Schädiger keinen Anreiz haben, sein Verhalten zu ändern. Die Emissionszertifikate sind den übrigen Instrumenten vorzuziehen, da die Prüfung aller Beurteilungskriterien positiv ausfiel. Jedoch existieren bei der praktischen Implementierung Erschwernisse, die es zu überwinden gilt. Dessen ungeachtet dürfte das umweltpolitische Instrument der Schädigungsrechte zur Internalisierung externer Effekte eine Bevorzugung erhalten, da hier die Transaktionskosten (TK) kleiner sind als bei anderen Instrumenten.[59] In nachfolgender Tabelle sind die analysierten umweltpolitischen Instrumente zusammengefasst. Vereinfacht wurden hier zur Beurteilungsgüte die Eigenschaften positiv, negativ und begrenzt genutzt.

Tabelle 2: Kriteriengeleitete Bewertung umweltpolitischer Instrumente

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an: Fritsch (2011), S. 132.

[...]


[1] Vgl. BMU, BMBF, DE-IPCC, UBA (2013), S. 1 ff., http://www.de-ipcc.de/_media/IPCC_AR5_WGI_Kernbotschaften_20131008.pdf, Stand 08.10.13.

[2] Vgl. Ströbele et al. (2012), S. 343.

[3] Vgl. BMU, BMBF, DE-IPCC, UBA (2013), S. 1., http://www.de-ipcc.de/_media/IPCC_AR5_WGI_Kernbotschaften_20131008.pdf, Stand 08.10.13.

[4] Vgl. DEHSt (2010), S. 4.

[5] Vgl. BMU (2009), S. 6 f.

[6] Vgl. Hartwig (2007), S. 202 f.

[7] Vgl. Samuelson (1954), S. 387 ff.

[8] Vgl. Mankiw (2004), S. 246 f.

[9] Vgl. Spremann (2013), S. 40.

[10] Vgl. Mankiw (2004), S. 247.

[11] Vgl. Hartwig (2007), S. 205.

[12] Vgl. Pigou (1920).

[13] Vgl. Schröter et al. (2010), S. 3.

[14] Söllner (2012), S. 101 f.

[15] Vgl. Pigou (1912), S. 158.

[16] Vgl. ebd., S. 163.

[17] Vgl. Pigou (1920), S. 135.

[18] Vgl. Fritsch (2011), S. 81 f.

[19] Vgl. Fritsch (2011), S. 82.

[20] Vgl. ebd., S. 81.

[21] Vgl. ebd.

[22] Vgl. Fritsch (2011), S. 94 f.

[23] Vgl. Hartwig (2007), S. 219.

[24] Vgl. BMI (1971).

[25] BMI (1971), S. 6.

[26] Vgl. Hartwig (2007), S. 220.

[27] Vgl. Endres (2013), S. 125.

[28] Vgl. ebd., S. 130.

[29] Vgl. BImSchG.

[30] Vgl. ebd., § 1 Abs. 1.

[31] Vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG.

[32] Vgl. ebd., § 5 Abs. 1.

[33] Vgl. Endres (2013), S. 130.

[34] Vgl. Evringmann (1995), S. 250.

[35] Vgl. Evringmann (1995), S. 131.

[36] Vgl. Baumol, Oates (1971).

[37] Vgl. Fritsch (2011), S. 111.

[38] Vgl. Endres (2013), S. 131.

[39] Vgl. Hartwig (2007), S. 222.

[40] Vgl. Endres (2013), S. 132.

[41] Vgl. Evringmann (1995), S. 253.

[42] Vgl. Fritsch (2011), S. 101.

[43] Vgl. Ströbele et al. (2012), S. 52.

[44] Vgl. Fritsch (2011), S. 101.

[45] Vgl. Crocker (1966).

[46] Vgl. Dales (1968).

[47] Vgl. Fritsch (2011), S. 124.

[48] Vgl. ebd., S. 153.

[49] Vgl. Cansier (1995), S. 156 f.

[50] Vgl. Hartwig (2007), S. 223 f.

[51] Vgl. Ströbele et al. (2012), S. 52.

[52] Vgl. Andres (2013), S. 146.

[53] Vgl. Ströbele et al. (2012), S. 51.

[54] Vgl. Fritsch (2011), S. 100.

[55] Vgl. Fritsch (2011), S. 107.

[56] Vgl. Fritsch (2011), S. 118.

[57] Vgl. ebd., S. 102.

[58] Vgl. ebd., S. 124 ff.

[59] Vgl. Fritsch (2011), S. 132 f.

Ende der Leseprobe aus 85 Seiten

Details

Titel
Der CO2-Emissionshandel. Funktionsweise und aktuelle Probleme
Hochschule
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Veranstaltung
Energy Economics
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
85
Katalognummer
V275197
ISBN (eBook)
9783656673958
ISBN (Buch)
9783656673941
Dateigröße
692 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Energiewirtschaft, Emissionshandel, Wirtschaftsingenieurwesen, Energietechnik, Treibhausgase, Kyoto-Protokoll, Burden Sharing, Trittbrettfahrer, Backloading, Preisverfall, Umweltpolitische Instrumente, Klimawandel, Deutsche Emissionshandelsstelle
Arbeit zitieren
Aytekin Sesli (Autor:in), 2013, Der CO2-Emissionshandel. Funktionsweise und aktuelle Probleme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/275197

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