Die Synonymie-Debatte in Frankreich. Vaugelas, Bouhours, Girard


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Ursprung der Synonymie

3. Die Entwicklung des Synonymie-Begriffs im 17. Jahrhundert

4. Claude Favre de Vaugelas
4.1 Synonymie in den Remarques
4.2 Zusammenhang von Stil und Synonymie
4.3 Grundsätze für den Gebrauch von Synonymen

5. Père Dominique Bouhours
5.1 Bouhours als Erbe von Vaugelas
5.2 Bouhours’ Verständnis von Synonymie

6. Abbé Gabriel Girard
6.1 Synonymie bei Girard
6.2 Didaktische Zielsetzung des Werkes

7. Schlussbetrachtung

8. Literaturangabe

1. Einleitung

Innerhalb der linguistischen Forschung wurde der Terminus „Synonymie“ zum ausführlichen Diskussionsgegenstand. Trotzdem bereitet er noch immer Schwierigkeiten, was sich vor allem auf die Komplexität der mit dem Begriff „synonym“ verbundenen Probleme zurückführen lässt. Was bei der Recherche zum Thema sofort auffällt, ist, dass das Grundproblem der Gleichheit oder Ähnlichkeit der Bedeutung nach wie vor besteht.

Ich möchte mich in dieser Arbeit dem Begriff aber weniger aus linguistischer Sicht nähern, sondern ihn vielmehr sprachphilosophisch untersuchen.

Zunächst beschäftige ich mich daher mit dem Ursprung der Synonymie, der lange vor Vaugelas’ Betrachtungen liegt.

Im 17. Jahrhundert nimmt die Synonymie-Debatte in Frankreich ihren Anfang, was mich dazu veranlasst, in Kapitel 3 dieser Arbeit auf die Entwicklung des Synonymie-Begriffs einzugehen.

Damals versuchten zahlreiche Sprachtheoretiker sich dem Phänomen wissenschaftlich zu nähern und schrieben erste theoretische Ansätze zum Thema nieder, die später zum Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen wurden. Unter ihnen war auch Vaugelas, mit dessen Arbeit ich mich in Kapitel 4 dieses Berichts befassen werde.

Bouhours, der in Vaugelas’ Tradition steht, und sein Verständnis von Synonymie werden im fünften Kapitel dargestellt, bevor das Kapitel über Girard den Reigen der Synonymiker beschließt.

In der Schlussbetrachtung sollen die gewonnen Erkenntnisse in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden.

2. Ursprung der Synonymie

Die Korrektheit der Sprache, die exakte Bedeutung der Wörter, die Präzision des Ausdrucks waren schon lange vor Vaugelas Thema sprachwissenschaftlicher Überlegungen.

Das Problem der richtigen Wortwahl war demnach kein neues. Bereits in der antiken Rhetorik wurde eine Synonymik entwickelt, in der die unterschiedlichen Bedeutungen synonymer Wörter gelehrt wurden. Als ihr Begründer gilt der Sophist Prodikos von Keos, ein Zeitgenosse des Sokrates. „Der Akzent der Sprachforschungen des Prodikos liegt auf dem Versuch, Klarheit über die Bedeutungen der Wörter zu schaffen.“[1] Grundlage seiner Arbeit war der Wortvergleich. Er arbeitete die Bedeutungsunterschiede heraus, indem er semantisch ähnliche Wörter untersuchte. Laut Platon verstand es Prodikos wie kein anderer, Differenzen in den Bedeutungen der Wörter zu entdecken.[2] Diese Unterscheidungen dienten der Argumentation in Rede und Dialog. Sein Anliegen war es demnach den Rednern Athens den Gebrauch fein differenzierender Wörter nahe zu bringen.

Den Terminus „Synonym“ verwendete er dabei nicht, was er auch gar nicht hätte tun können, da er damals vermutlich noch nicht existierte. Es ging ihm aber weder um eine Begriffsbildung noch um die Entwicklung einer Synonymentheorie, sondern lediglich um die methodische Nutzung von Synonymen und ihrer Wirkung in öffentlichen Reden.[3]

Die antike Synonymik diente also als Modell für die Synonymendifferenzierung des 17. und 18. Jahrhunderts.

3. Die Entwicklung des Synonymie-Begriffs im 17. Jahrhundert

Zunächst wurde in der Synonymie-Debatte darüber diskutiert, ob die Existenz mehrerer Wörter für einen Begriff als Vor- oder Nachteil einer Sprache zu werten sei. Bis ins 17. Jahrhundert stellte die Verwendung von Synonymen kein Problem dar. Ganz im Gegenteil, bis dato war sie sogar gern gesehen, um sprachliche Variation zu ermöglichen und Monotonie zu vermeiden. Bald jedoch kamen erste Bedenken auf, da man fürchtete, dass es zu „mangelnder Exaktheit des Denkens führen und auch die Verständlichkeit beeinträchtigen [könnte]“, wenn man ein Objekt nicht mit dem „eigentlichen“ Wort bezeichnet, sondern stattdessen ein Synonym verwendet.[4]

Die Differenzierung der Synonyme war im 17. Jahrhundert von großer Bedeutung. In der Zeit normativer Bestrebungen wurden von den Remarqueurs Festlegungen zur Verwendung sowie inhaltliche Unterscheidungen getroffen. Haßler formuliert die Zielsetzung der Synonymik im 17. Jahrhundert wie folgt:

Der Synonymik ging es nun […] weniger um die Möglichkeit gleichwertiger, nur äußerlich variierender Verwendung von Synonymen, sondern um ihre Differenzierung und die präzise Bestimmung der Bedeutung jedes einzelnen Wortes als Voraussetzung für seinen richtigen Gebrauch.[5]

Doch nicht nur die Remarqueurs und Autoren von Synonymwörterbüchern befassten sich mit der Synonymendifferenzierung. Benjamin Lafaye, der nach Girard wohl einflussreichste Synonymiker Frankreichs, beschreibt die Auseinandersetzung mit Synonymen in den Salons als eine Art wissenschaftliche Freizeitbeschäftigung, ja fast sogar als Spiel:

[…] [C]e n’était pas une tâche à laquelle on travaillât de concert, mesurant ce qui restait à faire par ce qui avait été fait ; c’était une sorte d’escrime dans laquelle chacun voulait s’essayer, un exercice au moyen duquel on cherchait à développer et à faire briller le tact et la finesse dont on était doué. On se proposait des synonymes à distinguer comme des énigmes à résoudre ; c’était moins une occupation laborieuse devant produire des résultats utiles et durables qu’un amusement de société qui parfois dégénérait en jeux de mots.[6]

Lafaye hebt in diesem Zusammenhang zwar besonders den Salon der Mademoiselle de Lespinasse hervor, der in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts Treffpunkt der größten Literaten und Philosophen ihrer Zeit war. Doch auch zu Vaugelas’ Zeiten gab es bereits derartige Veranstaltungen. Man denke nur an die Salons der Marquise de Rambouillet oder der Mademoiselle de Scudéry, in denen seine Remarques[7] diskutiert wurden.

Im nachfolgenden Kapitel soll nun also Vaugelas’ Auffassung von Synonymie in den Remarques näher betrachtet werden.

[...]


[1] Rehn, Rudolf (1986): „Zur Theorie des Onoma in der griechischen Philosophie“, in: Mojsisch, Burkhard (Hg.): Sprachphilosophie in Antike und Mittelalter, Amsterdam: Grüner, S. 63-120, S.73.

[2] Vgl. ebd.

[3] Vgl. Hüllen, Werner (2004): „Entfaltung, nicht Fortschritt. Zur Geschichte des Begriffs Synonymie“, in:

Haßler, Gerda/Volkmann, Gesina (Eds./Hg): History of Linguistics in Texts and Concepts. Geschichte der Sprachwissenschaft in Texten und Konzepten. Volume I / Band I, Münster: Nodus Publikationen, S. 31-39, S. 33f.

[4] Haßler, Gerda (2009): „Synonyme / Bedeutungsrelationen“, in: Haßler, Gerda/Neis, Cordula: Lexikon sprachtheoretischer Grundbegriffe des 17. und 18. Jahrhunderts, Bd.2, Berlin [u.a]: de Gruyter, S. 1420-1455, S. 1440f.

[5] Ebd., S. 1441.

[6] Lafaye, Benjamin (1884): Dictionnaire des synonymes de la langue française, Paris: Hachette, S. XV.

[7] Eigentlich Remarques sur la langue françoise, utiles à ceux qui veulent bien parler et bien escrire, im Folgenden nur noch verkürzt als Remarques bezeichnet.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Synonymie-Debatte in Frankreich. Vaugelas, Bouhours, Girard
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
22
Katalognummer
V275767
ISBN (eBook)
9783656682585
ISBN (Buch)
9783656682578
Dateigröße
511 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Synonymie, Vaugelas, Girard, Bouhours, Remarques sur la langue francoise, Doutes sur la langue francoise, La justesse de la langue francoise
Arbeit zitieren
Patrizia Scamarcio (Autor:in), 2013, Die Synonymie-Debatte in Frankreich. Vaugelas, Bouhours, Girard, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/275767

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