Das „Fliegende Spaghettimonster“ und seine Rolle als religionskritischer Akteur


Seminararbeit, 2013

19 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Begriffsdefinitionen
2.1. Religion
2.2. Religionskritik
2.3. Religionsparodie

3. Linke Religionskritik
3.1. Geschichte
3.2. Positionierung

4. Das Fliegende Spaghettimonster
4.1. Geschichte
4.2. Positionierung

5. Conclusio

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Linke fungiert mitunter als Religion, sowohl bewusst als auch auf unbewusste Art und Weise. Wenn bestimmte Dogmen und linke Glaubensgrundsätze als die einzig wahren Denkweisen dargestellt werden, sind hierbei unbewusst Gemeinsamkeiten mit Religionen zu erkennen. Anhand von Religionsparodie im Allgemeinen und der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters gibt es jedoch eine bewusste Übernahme von religiösen Elementen.

Das Fliegende Spaghettimonster ist die Gottheit einer im Jahre 2005 gegründeten Religionsparodie. Dabei handelt es sich um eine satirische Religion, die in Form, Struktur und Handlungsweise wie eine „echte“ Religion fungiert, und mit dem Mittel der Satire gegen den Einfluss von Religionen auf Gesellschaft, Politik und Wissenschaft protestiert. Die Glaubenslehre des Fliegenden Spaghettimonsters persifliert Pseudowissenschaften wie etwa Intelligent Design, welche von neokreationistischen Strömungen entwickelt wurden.

Der Begriff „die Linke“ wird im Rahmen der Seminararbeit etwas weiter gefasst, da die VerterterInnen dieser Religionsparodie nicht als „klassische“ linke Politikströmung angesehen werden kann. Dennoch gibt es inhaltliche Überschneidungen und der größte Teil der Anhängerschaft des Fliegenden Spaghettimonsters kommt aus der links-liberalen, atheistisch/agnostischen Ecke. Diese spezielle Form einer „linken Strömung“ fungiert demnach als Religion, die etwa Personenkult und Erlösungswunsch betreibt, jedoch steht dahinter eine sehr religionskritische Agenda in Form einer Religionsparodie. Aus der gegensätzlichen Position konservativer Strömungen innerhalb der Religionen sowie religionskritisch-atheistischer Religionsparodien ergeben sich mannigfaltige Spannungsfelder aufgrund des Wahrheitsanspruches der jeweiligen Positionen.

Die Fragestellung zu dieser Seminararbeit lautet: Wie positioniert sich die Satirereligion des Fliegenden Spaghettimonsters innerhalb linker Strömungen hinsichtlich religionskritischer Aussagen? Dazu gibt es die folgende Hypothese: Das Fliegende Spaghettimonster argumentiert im Prinzip wie linke Strömungen hinsichtlich religionskritischer Aussagen. Der Unterschied besteht darin, dass das Mittel der Satire angewendet wird.

Im folgenden Kapitel gilt es, Begrifflichkeiten abzuklären und Bestimmungen vorzunehmen. Dies wird für die Begriffe Religion, Religionskritik und Religionssatire erfolgen. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Themenfeld der linken Religionskritik. Hierbei sollen einleitend geschichtliche Hintergründe herausgearbeitet werden und die Positionierung und Argumentation einer linken Religionskritik analysiert werden. Im vierten Kapitel ist eine Analyse des Fliegenden Spaghettimonsters angestrebt. Dabei sollen die Entstehungsgeschichte sowie die Beweggründe dieser satirischen Religion genauer untersucht und aufgezeigt werden. Das abschließende Conclusio soll aufzeigen, wo Übereinstimmungen oder Gegensätze vorhanden sind, bei linken Strömungen sowie dem Fliegenden Spaghettimonster hinsichtlich einer religionskritischen Positionierung.

2. Begriffsdefinitionen

Im folgenden Kapitel sollen Begrifflichkeiten erläutert werden, die für diese Seminararbeit eine Relevanz inne haben und daher eine genauere Beschreibung verdient haben. Dabei sollen die grundlegenden Begriffe Religion, Religionskritik und Religionsparodie per Definition beschrieben werden.

Eine Verwendung von Begriffen, die eine klare Bezeichnung und Abgrenzung zu anderen Begriffen inne hat, ist sinnvoll und auch nötig. Im Zusammenhang mit linker Religionskriitk werden Begrifflichkeiten wie Glaube, Kirche, Gott und Religion häufig inhaltsgleich verwendet, ohne jedoch notwendige Abgrenzungen vorzunehmen. Dies ist mitunter darauf zurück zu führen, dass der eigene linke Wahrheitsanspruch, der mit rationalistischen und naturwissenschaftlichen Argumenten untermauert wird, als überlegen angesehen wird gegenüber den irrationalen Begrifflichkeiten der Religion, so dass diese mehr oder weniger in einen Topf gesteckt werden und ihnen eine vernünftige Bedeutung abgesprochen wird, im Gegensatz zur eigenen vernünftigen Positionierung. Dieser Glaube der eigenen ideologischen Überlegenheit aufgrund des Faktors Rationalität herrscht sowohl in Naturwissenschaft als auch in der ArbeiterInnenbewegung hegemonial vor. Interessant ist dabei, dass gerade bei linken Bewegungen nicht erkannt wird, dass in der eigenen Bewegung so etwas wie ein religiöser Geist vorhanden ist, etwa in Form von Ikonografie oder Prozessionen am ersten Mai, bis hin zu kirchlichen Hierarchieformen in einigen linken Parteiorganisationen (vgl. Birkner 2012: 5).

2. 1. Religion

Auch wenn in den Sozialwissenschaften in den letzten Jahrzehnten häufig die Ansicht vertreten wurde, dass aufgrund des Prozesses der Modernisierung Religion an Relevanz verlieren würde oder gar ganz verschwindet, stellt sich die aktuelle globale Lage in Bezug auf Religion ganz anders dar. Religion wird in sozialwissenschaftlichen Forschungsfeldern thematisiert, die Welt ist religiös wie seit jeher, einige religiöse Strömungen sind besonders im Fokus und die vorausgesagte Säkularisierung findet nicht statt (vgl. Faschingeder 2010: 327). „Die Frage nach der Religion, ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Bedeutung und ihrer Rolle in Gesellschaft und Staat wird gegenwärtig von vielen Menschne als dringend empfunden und in der Öffentlichkeit breit erörtert.“ (Joas 2007: 9). Dennoch bildet Religion „ein eigenes kulturelles Teilsystem, das seine Identität und spezifische Funktion durch Abgrenzung von anderen gewinnt.“ (Burkard 2008: 92). Dabei ist die „neue Präsenz des Religiösen […] ein weltumspannendes und transkulturelles Phänomen.“ (Faschingeder 2010: 327).

Religion kann als das angesehen werden, was im Zusammenhang mit Gott steht. Es tritt dort auf, wo es einen Bezug zum Heiligen und zum Göttlichen gibt. Diese Herangehensweise ist auf der Suche nach einer Substanz der religiösen Erscheinungsform und daher wird hier die Bezeichnung des substanzialistischen Religionsbegriffes verwendet. Dabei stehen im Fokus des Interesses die Inhalte und Vorstellungen über das sogenannte Heilige, genauso wie religiöse Ansichten und Dogmen über Welt und kosmischem Raum (vgl. Faschingeder 2010: 332).

Religion kann als ein soziales Phänomen angesehen werden, dessen Erschaffung nicht auf eine einzelne Person zurück geht und keiner subjektiven Konstruktion zugrunde liegt. Dagegen kann jedoch Religiosität auf die subjektive Interpretation von sozial vereinbarten religiösen Abmachungen zurückzuführen sein. Nach Martin Riesebrodt beinhaltet Religion die Kommunikation von übermenschlichen Kräften, die sich mit Abwehr von Ungemach, das Meistern von Krisen sowie der Stiftung von Heil beschäftigt. Dabei kommt es aber stets zu einer sozialen Vermittlung. Der Religionsbegriff von Riesebrodt kann als empirisch verankert und praxisorientiert angesehen werden (vgl.Faschingeder 2010: 334).

Eine funktionalistische Herangehensweise an den Begriff Religion fokusiert sich bei Religion auf die Funktion. Daher werden bei der Betrachtung auch Ereignisse herangezogen, die Ähnlichkeiten zu Religion aufweisen, allein dadurch, dass sie religiöse Funktionen adaptieren.

Als religiös wird angesehen, wenn es darum geht, Fragen nach Identität, Sinn und Bedeutung zu stellen. Die Konzeption der funktionalen Religion ist im politischen System des Totalitarismus zu erkennen. So sind sowohl im Kommunismus als auch im Faschismus religionsähnliche Formen vorzufinden, die zum einen der Selbstinszenierung dienen, zum anderen aber auch die Bindung der Menschen an eine bestimmte Ideologie erhöhen. Der funktionalistische Religionsbegriff ist von Èmile Durkheim begründet und verbreitet worden (vgl. Faschingeder 2010: 343f).

Eine mögliche Definition für Religion kann lauten: „Religion bedeutet, die Existenz einer unsichtbaren Realität als gegeben anzuerkennen, die den Gesetzen der Physis nicht unterworfen ist.“ (Faschingeder 2007: 23). Ganz allgemein kann gesagt werden, dass es eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionen von Religion gibt. Diese unterscheiden sich aufgrund der methodischen Zugänge, der einnehmenden Perspektive sowie der Setzung von Schwerpunkten. Da Religionen sehr vielschichtig agieren, ist es nicht verwunderlich, dass auch die Begriffsbezeichnungen keine einheitlichen Definitionen erlauben.

2. 2. Religionskritik

Die Geschichte der Religionskritik ist sehr lang und beinhaltet sowohl rationale also auch moralisch-ethnische Aspekte. Eine vollständige Betrachtung dieser weit in die Vergangenheit zurückreichende Geschichte würde den Rahmen dieser Seminarbeit sprengen.1 Von daher ist es nur möglich, einzelne Elemente der Religionskritik anzusprechen und diese kurz darzustellen.

Religionskritik kann auf unterschiedlichen Ebenen zum Tragen kommen. So gibt es etwa philosophische, psychologische und gesellschaftskritische Religionskritik. Unter einer philosophischen Religionskritik können unter anderem Ludwig Feuerbach und Friedrich Nietzsche aufgeführt werden. Feuerbach kritisiert „die Verschwendung der edelsten Kräfte des Menschen an einen imaginären Himmel und fordert anstelle des Gottesglaubens einen Glauben an den Menschen.“ (Weinrich 2011: 114). Bei Nietzsche ging es nicht darum, „eine Interpretationstheorie der Religionen vor[zu]legen. Seine vernichtende Kritik versteht sich 1 Einen umfassenden Einblick in die Thematik ermöglicht etwa Minois (2000): Geschichte des Atheismus. Von den Anfängen bis zur Gegenwart.

eher als eine diagnostische Betrachtung des Faktischen, wo die zu erwartenden Brüche und Widersprüche der Moderne bei genauem Hinsehen bereits erkennbar sind.“ (Weinrich 2011: 123).

In Bezug auf die psychologische Religionskritik gilt es vor allem Sigmund Freund zu erwähnen. Er zielt darauf ab, die Art und Weise der religiösen Wahrnehmung gänzlich zu streichen und durch wissenschaftliche Erkenntnisse zu ersetzen, wie sie etwa in der Psychoanalyse zur Anwendung kommen (vgl. Weinrich 2011: 154).

Im Hinblick auf die gesellschaftskritische Religionskritik gilt es Karl Marx, Friedrich Engels und Vladimir Iljitsch Lenin zu benennen. Marx sieht die Religionskritik als vollzogen an. Daher stellt er die Forderung auf, gesellschaftliche Verhältnisse durchzusetzen, die keine Religion beinhalten. Somit wird bei Marx die Religionskritik zu einer Gesellschaftskritik. Für ihn war es Faktum, dass die Religion, und dabei insbesondere das Christentum, einen freiheitsfeindlichen und fortschrittshemmenden Charakter inne hat, so dass hierfür keine Argumentation mehr dagegen notwendig gewesen wäre. Daher ließen sich bei ihm - ganz im Gegensatz zum Bild in der Öffentlichkeit - auch wenige neue Argumentationen im Hinblick auf Religionskritik finden. Seine Aufmerksamkeit war daher auf die Gesellschaft gerichtet und deren Beweggründe, Glück nur in Verbindung mit dem Jenseits zu sehen anstatt es im Leben auf der Erde zu finden (vgl. Weinrich 2011: 146f).

Friedrich Engels prangert in seiner Religionskritik „die Symbiose der Religion (des Christentums) mit der bürgerlichen Herrschaft an.“ (Weinrich 2011: 149). Engels unternimmt den Versuch aufzuzeigen, dass religiöse Phänomene auf Lebenserfahrungen und Naturbedürfnisse der Menschen zurück zu führen sind. Religion entsteht demnach erst durch die Phantasie der Menschen, da unbeherrschte Mächte personifiziert und zu Gottheiten postuliert werden. Daraus folgend entsteht bei den Menschen ein Gefühl, von fremden Mächten beherrscht zu sein. Daher tritt die Religionskritik bei Hegel vor allem in Form von Herrschaftskritik auf. Vladimir Iljitsch Lenin gilt innerhalb der marxistischen Ideologie als einer der vehementesten Gegner jeglicher Art von Religion. Jedoch nahmen bei ihm die politischen Ziele immer einen höheren Stellenwert ein als der Kampf gegen die Religion (vgl. Weinrich 2011: 150ff).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das „Fliegende Spaghettimonster“ und seine Rolle als religionskritischer Akteur
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Internationale Entwicklung)
Veranstaltung
Die Linke und die Religion
Autor
Jahr
2013
Seiten
19
Katalognummer
V276413
ISBN (eBook)
9783656693475
ISBN (Buch)
9783656695363
Dateigröße
530 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Internationale Entwicklung, Linke, Religion, Rolle, Fliegende Spaghettimonster, Religionskritik, Religionsparodie, Linke Religionskritik, Geschichte, Positionierung, Spaghettimonster, Gottheit, Dogmen, Glaubensgrundsätze, Anhängerschaft, Politikströmung, Gemeinschaft, Unterschiede, Akteure, Funktionalisierung, Form, Kritik, Glauben, Institutionen
Arbeit zitieren
Wolfgang Krumm (Autor:in), 2013, Das „Fliegende Spaghettimonster“ und seine Rolle als religionskritischer Akteur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276413

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