Die Zeitung 'Junge Freiheit' als Medium des „Schmittismus“


Hausarbeit, 2014

19 Seiten, Note: 2,0

Franziska Schmidt (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Wochenzeitung Junge Freiheit
2.1 Entstehungsgeschichte und politische Ausrichtung
2.2 Das Leitbild

3 Der „Schmittismus“- Carl Schmitt als Vertreter rechtskonservativer Ideologien

4 „Jedes Abo eine konservative Revolution“ - die Analyse

5 Fazit

6 Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Die politischen Debatten um rechtsextreme, rechtsradikale oder nationalsozialistische Medien sind Jahrzehnte nach dem Ende des Dritten Reiches wichtiger denn je geworden. Die mediale Verbreitung rechter Propaganda nimmt in Zeiten des Internets und der sozialen Netzwerke verstärkt zu und die Rechten bedienen sich eines immer neuen jungen Publikums. Traditionelle „deutsche“, konservative Werte sollen auf modernem Wege vermittelt werden. Die klassischen Formen der Hierarchie einer Organisation werden dabei aufgebrochen. Die neue Bewegung der Rechten ist flexibel, organisiert sich mehr und mehr informell und passt sich modernen Gegebenheiten an.[1] Ein Teil dieser Bewegung setzt vermehrt auf nationalkonservative Inhalte. Die sogenannte „Neue Rechte“, die begrifflich erst seit den 1990er Jahren derart geprägt ist, wird unter anderem als „[…] eine intellektuell vergleichsweise anspruchsvolle Strömung des Rechtsextremismus, die sich am Vorbild der ‚Konservativen Revolution‘ der Weimarer Republik orientiert, […] [und], die in erster Linie auf die Umwertung bestehender Werte zielt, […].“[2] bezeichnet.

Die Neue Rechte wird oft mit dem Begriff des Rechtskonservatismus in Verbindung gebracht, der unter anderem von der Partei ‚Die Republikaner‘ geprägt wurde. In ihrem Slogan „Die Republikaner – rechtskonservativ, demokratisch und verfassungstreu“ soll eine klare Abgrenzung zum Rechtsradikalismus geschaffen werden. Diese Abgrenzung wird auch von der Neuen Rechten deklariert. Dennoch stehen Politik, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft dieser Strömung kritisch gegenüber, auch wenn eine genaue Begriffsbestimmung und Definition der potenziell rechten Inhalte der Strömung schwer zu formulieren sind.[3]

Die Neue Rechte bedient sich bei der Vermittlung ihrer Inhalte zahlreicher medialer Wege. Als bedeutendstes Medium der Neuen Rechten gilt die Wochenzeitung Junge Freiheit. Sie „verkörpert die reproduzierte Ideologie der Jungkonservativen in der Weimarer Republik […].“[4]

In dieser Hausarbeit soll die Verbindung der Jungen Freiheit mit dem Rechtskonservatismus der Weimarer Republik genauer betrachtet werden. Ein wichtiger Vertreter dieses Konservatismus‘ war seinerzeit Carl Schmitt. Er hat den Begriff entscheidend geprägt und fungiert damit bis heute als eine Art Ideengeber der Neuen Rechten. „[…] "Schmittismus" ist im engsten Umfeld der Jungen Freiheit (JF) im Jahre 2003 geprägt worden. In einer Schrift des mit der JF eng verbundenen Instituts für Staatspolitik (IFS) wird quasi für die eigenen Reihen ein "verbreiteter 'Schmittismus'" festgestellt.“[5] Welche Ansichten Carl Schmitts sich überhaupt im sogenannten „Schmittismus“ zeigen und inwiefern diese in der Wochenzeitung Junge Freiheit dargestellt werden, soll diese Hausarbeit aufzeigen.

In den folgenden Kapiteln sollen zunächst einige grundlegende Inhalte verdeutlicht werden: Welche politische Ausrichtung der Jungen Freiheit sich im Laufe ihrer Entwicklung zur Wochenzeitung ergeben hat oder schon vorhanden war und inwiefern die Junge Freiheit als ein rechtes Medium gilt. Carl Schmitt soll als Person, vor allem aber als ein Vertreter rechtskonservativer Strömungen charakterisiert werden. Seine Zuwendung zur Ideologie der Konservativen Revolution und seine Bedeutung zu Zeiten der Machtergreifung der Nationalsozialisten bietet schließlich die Grundlage für die finale Analyse. Hier wird anhand zweier konkreter Artikel aufgezeigt, welche Ansichten Carl Schmitts, die im vorhergehenden Kapitel charakterisiert worden sind, sich in der Jungen Freiheit wiederfinden. Es soll eine Brücke geschlagen werden zwischen Konservativer Revolution und der Jungen Freiheit. Dabei soll schließlich folgende These im Fazit aufgegriffen werden: Die Junge Freiheit will als eine politisch unabhängige Wochenzeitung gelten, orientiert sich aber stark an Carl Schmitts konservativen Begrifflichkeiten aus den Zeiten der Weimarer Republik[6] und propagiert bewusst antidemokratische Inhalte.

Aber wie können Carl Schmitts rechtskonservative Ansichten mit einem politisch unabhängigen und demokratiefreundlichen Medium zusammenhängen?

2 Die Wochenzeitung Junge Freiheit

2.1 Entstehungsgeschichte und politische Ausrichtung

Die Junge Freiheit ist heute eine überregionale deutsche Wochenzeitung. Gegründet wird sie 1986 vom späteren Chefredakteur Dieter Stein zunächst aber als Magazin der Jugendorganisation der Freiheitlichen Volkspartei (FVP). Mit einer Auflage von nur rund 400 Exemplaren ist sie anfangs ein eher unbeachtetes Studentenmagazin. Ende 1986 verlässt Stein die FVP und so wird die Junge Freiheit zu einem parteilosen und unabhängigen Medium. Dennoch wird inoffiziell bekannt, dass die Junge Freiheit mit der Partei ‚Die Republikaner‘ sympathisiert.[7] Ab 1988 erhöht sich die Auflage weiter und die Herstellung der Zeitung muss durch Spenden finanziert werden. Dafür wird der „Förderverein zur Wiedervereinigung Deutschlands Unitas Germanica e.V.“ gegründet. Erst 1990 erscheint die Junge Freiheit deutschlandweit. Im gleichen Jahr wird eine Verlagsgesellschaft von Chefredakteur Dieter Stein und anderen Beteiligten gegründet um Herstellung, Vertrieb und Redaktion selbst zu steuern und zu finanzieren.

Anfang der 1990er Jahre wird erstmals die thematische Zugewandtheit einiger Redakteure zur Konservativen Revolution bekannt.[8] Ein weiterer Anhaltspunkt für die rechtskonservative Ausrichtung der Zeitung zeigt sich bei der Feier ihres fünfjährigen Bestehens, welche im Juni 1991 in Carl Schmitts Geburts- und Sterbeort Plettenberg stattfindet.[9] Ab 1994 erscheint die Junge Freiheit wöchentlich, die Redaktion verlegt ihren Stammsitz 1995 nach Berlin.

Die Kritik an ihrer politischen Ausrichtung begegnet der Jungen Freiheit bereits 1994. In einem Bericht vom Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen wird die Zeitung als ‚rechtsextrem‘ gekennzeichnet:

„Die […] Auswertung der bisher erschienenen Ausgaben der JF […] hat zahlreiche tatsächliche

Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen ergeben. Konstant und auffällig ist die JF von Beiträgen durchsetzt, in denen die Verfasser […] Forderungen erheben, die mit grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, insbesondere der Achtung vor […] Menschenrechten […] nicht in Einklang stehen.“

Eine Unterlassungsklage des Verlags gegen den Verfassungsschutz wird 1997 zunächst abgewiesen.[10]

1998 hält Chefredakteur Dieter Stein eine Lobesrede anlässlich des Todestages von Ernst Jünger, er bezeichnet sein Werk als: „[…] ein einziger Appell, das Auge für das Schöne, die Ordnung, die Schöpfung zu bewahren – nicht aber Zustände zu konservieren, die sich auflösen.“[11] und liefert damit einen erneuten Anhaltspunkt zur Verbindung mit der Konservativen Revolution.

2001 stellt auch der Verfassungsschutz Baden-Württembergs in seinem Jahresbericht fest, dass die Junge Freiheit rechtsextreme Züge aufweist:

„Ein wichtiges publizistisches Bindeglied zwischen dem rechtskonservativen und dem rechtsextremistischen Spektrum ist dabei die Wochenzeitung ‚Junge Freiheit’ (JF). […] Die Redaktion der JF ist dabei bemüht, extremistisches Gedankengut als ‚national-konservatives’ zu verschleiern […] Dabei spielt der Rekurs auf die antidemokratische ‚Konservative Revolution’ zur Zeit der Weimarer Republik und auf den Staatsrechtler Carl Schmitt eine tragende Rolle. […]“

Die gerichtliche Auseinandersetzung der Jungen Freiheit mit dem Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen wird weiterhin fortgesetzt. Die Junge Freiheit startet eine deutschlandweite Kampagne gegen den Verfassungsschutz und findet zahlreiche Anhänger.

Aufgrund einer umstrittenen Rede des CDU-Abgeordneten Martin Hohmann am 3. Oktober 2003, wird die Debatte um die politische Ausrichtung der Jungen Freiheit erneut entfacht. Martin Hohmann wird eine enge Verbundenheit zur Jungen Freiheit zugesagt. „Obwohl Hohmann ausdrücklich Juden von dem „Tätervolk“-Vorwurf ausnimmt, enthält die Rede zahlreiche völkische Ideologeme und antisemitische Stereotype, was die JF-Berichterstattung geflissentlich übersieht.“[12] Zahlreiche Autoren der Jungen Freiheit zeigen sich solidarisch gegenüber Hohmann und liefern damit erneut Argumente für die rechte Ausrichtung der Zeitung.

2005 beendet ein finales Urteil des Bundesverfassungsgerichtes den jahrelangen Streit zwischen den Verfassungsschutzbehörden aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen und der Jungen Freiheit. Der Klage der Zeitung wird stattgegeben. Die Nennung in den Verfassungsschutzberichten grenze die Pressefreiheit ein und eine bloße Kritik an Verfassungswerten reiche für eine derartige Auflistung nicht aus.[13]

Auch ein von der Leipziger Buchmesse vorgenommener Ausschluss der Jungen Freiheit, 2006, wird nach einem von der Zeitung initiierten „Appell für die Pressefreiheit“ zurückgenommen.

Trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes und einer Einigung zwischen allen Beteiligten, wird die Junge Freiheit weiterhin vom Verfassungsschutz Baden-Württemberg beobachtet. Das Innenministerium Baden-Württembergs erklärt dies folgendermaßen:

„Der Vergleich […] nimmt Bezug auf die veränderte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, die verschärfte Anforderungen an die Aufnahme von Presseerzeugnissen in den Verfassungsschutzbericht stellt, und stellt fest, dass […] die Aufnahme der Jungen Freiheit in den Verfassungsschutzbericht 2002 unter anderen rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen gewesen wäre. Nach Auffassung des Innenministeriums bestätigt das Gericht mit dieser Feststellung zugleich, dass die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht rechtmäßig war. […] Die JF unterliegt auch weiterhin der Beobachtung durch das LfV.“

Die bisher aufgezeigten Beispiele beweisen schon im Ansatz, dass die politische Ausrichtung der Jungen Freiheit sehr widersprüchlich prognostiziert wird. Die Herausgeber und Autoren der Zeitung haben im Laufe der Zeit indirekt oder ganz offen verfassungsfeindliche Züge deutlich gemacht. Dennoch bewegen sie sich in einer Grauzone zwischen „einfachem“ Konservatismus, Kritik an der Verfassung und Rechtsextremismus. Diese Grauzone wird im folgenden Kapitel noch genauer beleuchtet. Hier sollen das Leitbild der Jungen Freiheit und die Repräsentation der Zeitung nach außen Anhaltspunkte liefern.

2.2 Das Leitbild

Als ein Leitbild wird im Allgemeinen eine schriftliche Erklärung verstanden, die das Selbstverständnis, die Grundprinzipien und Zielvorstellungen einer Organisation darstellt.[14] Nur wenige Zeitungen veröffentlichen heute noch ausführliche Leitbilder. Meist sind es kurze Begriffe, wie „parteiübergreifend“ oder „unabhängig“, die die Arbeit der Redaktion widerspiegeln sollen. Die Junge Freiheit signalisiert mit ihrem Leitbild Werte, die sich in Bezug auf diverse Inhalte der Zeitung stark widersprechen.

[...]


[1] Vgl. Pfeiffer, 2002, S. 15.

[2] Backes/Jesse, 1992, S. 38.

[3] Vgl. Brauner-Orthen, 2001, S. 11.

[4] Brauner-Orthen, 2001, S. 27.

[5] Gessenharter, 2007, S. 77.

[6] Vgl. Gessenharter, 2007, S. 77.

[7] Vgl. Kornexl, 2007, S. 57.

[8] Vgl. Jaschke, 1994, S. 49f.

[9] Vgl. Kubitschek, 2006, S. 254.

[10] Vgl. Kornexl, 2007, S. 57.

[11] Kubitschek, 2006, S. 272.

[12] Kellershohn, 2007, S. 53.

[13] Vgl. Kellershohn, 2007, S. 54f.

[14] Vgl. Bleicher, 1994, S.274.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Zeitung 'Junge Freiheit' als Medium des „Schmittismus“
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
2,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
19
Katalognummer
V279709
ISBN (eBook)
9783656726043
ISBN (Buch)
9783656725985
Dateigröße
559 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
zeitung, junge, freiheit, medium, schmittismus
Arbeit zitieren
Franziska Schmidt (Autor:in), 2014, Die Zeitung 'Junge Freiheit' als Medium des „Schmittismus“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/279709

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