Der Zusammenhang von Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit

The relation between differential income and satisfaction with life


Masterarbeit, 2014

62 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Abstract

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsdefinitionen
2.1 Lebenszufriedenheit
2.2 Differenzeinkommen
2.3 Neurotizismus

3 Theoretischer Hintergrund, Forschungsstand, Fragestellungen und Hypothesen
3.1 Theoretischer Hintergrund
3.1.1 Easterlin Paradox
3.1.2 Lohngerechtigkeit
3.1.3 Das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit
3.2 Forschungsstand
3.2.1 Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit
3.2.2 Neurotizismus
3.3 Hypothesen

4 Methoden
4.1 Konstruktoperationalisierung
4.1.1 Lebenszufriedenheit
4.1.2 Differenzeinkommen
4.1.3 Neurotizismus
4.1.4 Geschlecht, Familienstand, Bildung und Alter
4.2 Verwendete statistische Verfahren
4.3 Stichprobengewinnung und Datenerhebung

5 Ergebnisse
5.1 Ergebnisse H1
5.2 Ergebnisse H2
5.3 Ergebnisse H3
5.4 Ergebnisse H4

6 Diskussion
6.1 Hypothese 1
6.2 Hypothese 2
6.3 Hypothese 3
6.4 Hypothese 4

7 Literaturverzeichnis

Anhang

Kurzfassung

In dieser Arbeit wird der Zusammenhang von Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit im Querschnitt untersucht. Mittels einer Onlinebefragung von Studierenden der Euro FH Hamburg wurden Daten zur Lebenszufriedenheit, Einkommen, gerecht empfundenes Einkommen und der Persönlichkeitsdimension Neurotizismus erhoben. Basierend auf den Erkenntnissen von Easterlin (1974) wird die Bedeutung relativer Einkommensvergleiche untersucht. Im Fokus steht dabei der intraindividuelle Vergleich von Individuen bezüglich des Nettoeinkommens und der subjektiven Empfindung über eine gerechte Entlohnung (Differenzeinkommen) und dessen Zusammenhang mit der individuellen Lebenszufriedenheit. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob ein niedriges Differenzeinkommen zu einer höheren Lebenszufriedenheit führt. Zusätzlich werden geschlechterspezifische Unterschiede betrachtet und die Auswirkung der Persönlichkeitsdimension Neurotizismus auf diesen Zusammenhang analysiert. Ein signifikanter Zusammenhang zwischen Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit konnte nicht beobachtet werden. Jedoch konnten geschlechterspezifische Diskrepanzen bezüglich der Persönlichkeitsdimension Neurotizismus beobachtet werden.

Abstract

In this study the relation between differential income and satisfaction with life is examined in cross section. By means of an online survey of students of the Euro FH Hamburg data to satisfaction with life, income, equitable wage and the personality dimension neuroticism was collected. Based on the findings of Easterlin (1974), the role of relative income comparison is analysed. The focus of this study is on the intraindividual comparison of individuals with regard to the net income and the subjective perception of a fair wage (differential income) and its correlation with the individual satisfaction with life. It examines the question of whether a low differential income leads to a higher satisfaction with life. In addition gender differences are analyzed and the impact of the personality dimension neuroticism on this correlation. A significant correlation between differential income and satisfaction with life could not be observed. However, significant gender gaps with regard to the personality dimension neuroticism could be observed.

Tabellenverzeichnis

Tabelle 5.1: Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit bei Männern und Frauen

Tabelle 5.2: Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit bei neuroti- schen Individuen

Tabelle 5.3: Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit bei neuroti- schen Männern und Frauen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 5.1: Einkommen und Lebenszufriedenheit

Abbildung 5.2: Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit

Abbildung 5.3: LN Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit

1 Einleitung

Unter dem subjektiven Wohlbefinden eines Individuums versteht Meyers (2008, S. 576) „selbst wahrgenommenes Gefühl des Glücks im Leben oder der Zufriedenheit mit dem Leben“.

Das Streben von Individuen nach Glück oder der glücklicheren Gestaltung ihres Lebens war bereits Gegenstand der Betrachtung in der Philosophie der Antike. Für die heutige Forschung im Bereich des subjektiven Wohlbefindens hat jedoch Jeremy Bentham bereits 1789 die Grundlage gelegt. Dieser ist der Meinung, dass die Anwesenheit von Freude und die Abwesenheit von Schmerz die Grundlage für ein gutes Leben seien (Diener et al., 2002).

Erste empirische Untersuchungen in diesem Bereich wurden 1925 von John Flügel vorgenommen, der die emotionalen Reaktionen von Probanden erfasste und diese dann über die Momente hinweg aufsummierte, um die Stimmungslage der Probanden zu erfassen (Diener et al., 2002).

Aus den Anfängen der Forschung zum Thema Wohlbefinden, Glück und Zufriedenheit hat sich heutzutage eine relative große Forschungsgemeinde entwickelt (Diener et al., 1999b). Dabei ist die Erforschung dieser Konstrukte hauptsächlich im Bereich der Persönlichkeitspsychologie anzusiedeln, was nicht zuletzt aus dem relativ starken Einfluss von Persönlichkeitsfaktoren auf das subjektive Wohlbefinden resultiert (Diener et al., 1999a). Zusätzlich ist ein genaueres Verständnis dieser Konstrukte auch für Ökonomen interessant. Insbesondere stellt sich hier die Frage nach dem Zusammenhang von Wohlstand und Lebenszufriedenheit. Sollten rein monetär ausgerichtete Ziele oberste Maxime einer Regierung sein oder sollte eine stärkere Berücksichtigung der Faktoren erfolgen, die eine Bevölkerung zu mehr Wohlbefinden bzw. mehr Lebenszufriedenheit führt? Diener et al. (1999b) sind der Meinung, dass der Forschungsbedarf im Bereich des subjektiven Wohlbefindens noch nicht gedeckt sei. Insbesondere seien 4 Richtungen zu verfolgen. Zunächst einmal seien geeigne- tere Messmethoden zu entwickeln, um bessere Aussagen bezüglich der Korrelate des Wohlbefindens zu ermöglichen. Zusätzlich sollte ein größerer Fokus auf die Wechselwirkung zwischen internalen Faktoren wie z. B. Persönlichkeitseigenschaften und externen Umständen gelegt werden. Auch sollten die Adaptationsprozesse bei Individuen besser verstanden werden, um dieses auf das Konstrukt des subjektiven Wohlbefindens anzuwenden. Abschließend sollten die Theorien verfeinert werden, um Vorhersagen zu ermöglichen, wie unterschiedliche Variablen die Komponenten des subjektiven Wohlbefindens beeinflussen (Diener et al., 1999b).

Die vorliegende Arbeit fokussiert auf den Zusammenhang von Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit. Hierbei wird die Lebenszufriedenheit als Bestandteil des subjektiven Wohlbefindens betrachtet. Diener et al. (1999a) definieren das subjektive Wohlbefinden als übergeordneten Begriff, der die globale Lebenszufriedenheit, die Bereichszufriedenheiten und positive sowie negative Affekte umfasst.

Die Rolle des Einkommens und dessen Wirkung auf die Lebenszufriedenheit erfuhr bereits in den 1970er Jahren eine wachsende Bedeutung. Van Suntum (2010) spricht hier von einer wachsenden Bedeutung der Glücksforschung im Bereich der Ökonomie.

Die ersten Erkenntnisse über dem Zusammenhang von Einkommen und Lebenszufriedenheit konnte Richard A. Easterlin 1974 veröffentlichen. Dieser konnte feststellen, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen Einkommen und Zufriedenheit innerhalb von Ländern gibt, wenn man diesen zu einem bestimmten Zeitpunkt betrachtet. Wird dieser Zusammenhang jedoch über einen längeren Zeitraum analysiert, führt ein Zuwachs an Einkommen nicht zu einem Anstieg der durchschnittlichen Zufriedenheit (Easterlin, 1974). Easterlin konnte somit ein Phänomen aufzeigen, welches seitdem als „Easterlin-Paradox“ bekannt ist.

Die Erkenntnisse von Easterlin wurden jedoch in zahlreichen Studien angezweifelt (u. a. Veenhoven, 1991; Stevenson und Wolfers, 2008). Auch wird heutzutage diskutiert, ob das absolute Einkommen oder doch das relative Einkommen maßgeblich für die Höhe der Lebenszufriedenheit sei. Layard (2003) vertritt die Meinung, dass das absolute Einkommen für die Lebenszufriedenheit nur eine Bedeutung habe, wenn das Einkommen sehr gering sei. Weiterhin ist auch Easterlin (1995) der Meinung, dass das relative Einkommen maßgeblich den Zusammenhang von Einkommen und Lebenszufriedenheit determiniert.

Das relative Einkommen wird als das absolute Einkommen in Bezug zu einem Referenzeinkommen definiert. Die Wirkung des Einkommens auf die Lebenszufriedenheit wird hier also durch soziale Vergleichsprozesse erklärt (Braun et al., 2012). Man unterscheidet dabei zwischen abstrakten und konkreten Vergleichsgruppen, mit denen sich ein Individuum vergleicht. Abstrakte Vergleichswerte ergeben sich z. B. aus Angaben zum durchschnittlichen Einkommen in einem Land. Konkrete Vergleichswerte beziehen sich z. B. auf Freunde und Kollegen (Braun et al., 2012). Diese Prozesse des interpersonellen Vergleichs und dessen Auswirkung auf die Lebenszufriedenheit sind in der jüngeren Forschung bereits ausführlich beleuchtet worden (Braun et al., 2012).

Ziel dieser Arbeit ist es daher, den intraindividuellen Vergleich von Individuen und dessen Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit zu betrachten. Hier vergleicht also das Individuum sein derzeitiges absolutes Einkommen mit seiner individuellen Einkommenserwartung. Diese Differenz wird im Folgenden als Differenzeinkommen bezeichnet und spiegelt die empfundene Lohngerechtigkeit bzw. Lohnungerechtigkeit eines Individuums wieder.

Basierend auf der Längsschnitterhebung des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) konnte das Deutsche Institute für Wirtschaftsforschung e. V. (DIW) in seinem Wochenbericht Nr. 27-28/2010 aufzeigen, dass 31 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland ihr Netto-Einkommen im Jahr 2009 als ungerecht empfinden. Zusätzlich konnte festgestellt werden, dass empfundene Lohnungerechtigkeit Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Individuen hat. Die psychische Gesundheit von Individuen ist wiederum eng mit dem Konstrukt Lebenszufriedenheit verknüpft. Motiviert durch die Erkenntnisse des DIW stellt sich daher hier die Frage, welche Auswirkung diese empfundene Ungerechtigkeit auf die Lebenszufriedenheit hat. Erkenntnisse über die Folgen empfundener Lohnungerechtigkeit können wiederum dazu beitragen, ein gerechteres Entlohnungssystem zu entwickeln. Aus unternehmerischer Sicht können damit negative Folgen bezüglich der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter vermieden werden und somit ein langfristiger Erfolg der Unternehmung gesichert werden.

Zusätzlich wurde im selben Wochenbericht dargestellt, dass Frauen ca. 16 - 20 Prozent weniger Einkommen als Männer beziehen. Zusätzlich seien Frauen in der Formulierung ihrer Ansprüche bezüglich des Einkommens bescheidener. Resultierend daraus, werden in der vorliegenden Arbeit geschlechterspezifische Unterschiede bezüglich des Zusammenhangs von Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit betrachtet.

Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Betrachtung von Persönlichkeitseigenschaften in Bezug auf den Zusammenhang von Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit. Diener und Lucas (1999) konnten aufzeigen, dass Persönlichkeitseigenschaften signifikant mit der Lebenszufriedenheit eines Individuums korrelieren. Insbesondere steht in dieser Arbeit die Persönlichkeitseigenschaft Neurotizismus im Fokus. Individuen mit hohen Werten im Bereich Neurotizismus erzielen weniger Zufriedenheit, wenn ihr Einkommen steigt (Boyce und Wodd, 2011). Bedeutet dies gleichzeitig, dass neurotische Individuen bei einem höheren Differenzeinkommen auch eine geringere Lebenszufriedenheit haben? Zusätzlich wird betrachtet, ob es hier geschlechterspezifische Unterschiede gibt.

Die vorliegende Arbeit ist wie folgt aufgebaut. Zunächst werden in Kapitel 2 die Begriffe Lebenszufriedenheit, Differenzeinkommen und Neurotizismus näher beleuchtet. Darauffolgend wird in Kapitel 3 der theoretische Hintergrund zu dieser Arbeit erläutert. Im Fokus dabei stehen das Easterlin Paradox, die Lohngerechtigkeit und das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit. Anschließend wird im Kapitel 3.2 der aktuelle Forschungsstand beleuchtet. Darauf aufbauend werden die Fragestellungen und Hypothesen für die vorliegende Arbeit abgeleitet.

Kapitel 4 befasst sich mit der Operationalisierung der Variablen, den verwendeten statistischen Verfahren, der Stichprobengewinnung und der Datenerhebung.

Anschließend werden in Kapitel 5 die Ergebnisse erläutert und in Kapitel 6 zur Diskussion gestellt.

2 Begriffsdefinitionen

2.1 Lebenszufriedenheit

In der heutigen Fachliteratur werden die Begriffe wie z. B. Wohlbefinden, Glück oder Zufriedenheit oft nicht klar abgegrenzt und auch synonym verwendet (Dette, 2005). Sogar Easterlin (2001) nimmt keine Abgrenzung der Begriffe happiness, subjective well-being, satisfaction, utility, well-being und welfare vor.

Daher ist es unumgänglich, an dieser Stelle eine Einordnung der Begriffe vorzunehmen. Diener (1999a) hat hier mittels eines Komponentenmodells des subjektiven Wohlbefindens eine Abgrenzung vorgenommen. Nach Diener (1999a) ist das subjektive Wohlbefinden als übergeordnetes Konstrukt zu verstehen. Diesem Konstrukt untergeordnet sind die positiven sowie negativen Affekte, die globale Lebenszufriedenheit und die Bereichszufriedenheiten. Demnach ist das subjektive Wohlbefinden nicht direkt messbar, sondern wird über verschiedene Indikatoren erfasst (Dette, 2005).

Die globale Lebenszufriedenheit wird hier als eine Bewertung des Lebens als Ganzes verstanden, während die Bereichszufriedenheit sich z. B. auf die Bereiche Ehe, Freizeit, Arbeit und Gesundheit beziehen (Fahrenberg, 2000).

Neben dem Modell nach Diener existieren weitere Modell zur Einordnung und Abgrenzung der Begriffe (vertiefend: Hajek, 2013 und Dette, 2005). Die vorliegende Arbeit fokussiert auf die globale Lebenszufriedenheit und wird nach Dette (2005, S. 41) wie folgt verstanden:

Lebenszufriedenheit ist die kognitive Bewertung des eigenen Lebens und damit die kognitive Komponente von positiven Zuständen. Sie bezieht sich auf alle Lebensbereiche, kann aber auch als Bereichszufriedenheit auf einzelne Lebensbereiche begrenzt werden. Die Lebenszufriedenheit bezieht sich auf einen längeren Zeitraum, d.h. sie kann zurückliegende Ereignisse und Erwartungen für die nahe Zukunft einbeziehen“.

Eine weitere Abgrenzung des subjektiven Wohlbefindens von den Begriffen Glück, Lebensqualität, Nutzen und Wohlergehen kann hier aus formalen Anforderungen an die Arbeit nicht gegeben werden (vertiefend: Dette, 2005 und Hajek, 2013).

2.2 Differenzeinkommen

Die vorliegende Arbeit fokussiert auf den Zusammenhang von Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit. Einkommen wird definiert als „ einer Person oder Haushalt oder Unternehmen in einer bestimmten Zeiteinheit aus unterschiedlichen Quellen zufließender Strom von Gütern einschließlich Diensten oder von Geldbeträgen [...]“ (Woll, 2000, S.161).

Einkommen wird dabei als übergeordneter Begriff verstanden, wobei z. B. der Lohn von Arbeitnehmern Bestandteil des Einkommens ist.

Das Differenzeinkommen setzt sich im Folgenden als Differenz aus dem absoluten Einkommen und der Einkommenserwartung zusammen, also der Erwartung des Individuums darüber, was es als Einkommen als subjektiv gerecht empfindet. Die Theorien zum Begriff der Lohngerechtigkeit und der aktuelle Forschungstand hierzu werden in Kapitel 3.1.2 ausführlich betrachtet.

2.3 Neurotizismus

Ein gängiges Testverfahren zur Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen ist das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit (Big Five-Modell), welches die Dimensionen Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit, Neurotizismus, Offenheit für Erfahrung und Extraversion umfasst (Rammstedt et al., 2012).

In der vorliegenden Arbeit wird der Schwerpunkt der Betrachtung auf die Dimension Neurotizismus gelegt. Unter Neurotizismus wird folgendes subsummiert: „Nervosität, Ängstlichkeit, Traurigkeit, Unsicherheit, Verlegenheit, Gesundheitssorgen, Neigung zu unrealistischen Ideen, geringe Bedürfniskontrolle, unangemessene Reaktion auf Stress“ (Meyers, 2008, S. 613). Dabei erleben sich neurotische Menschen physisch und psychisch stärker beeinträchtigt als weniger neurotische. Dies wird durch die Tendenz hervorgerufen, dass neurotische Menschen negative Emotionen eher erleben und ausdrücken. Pessimismus und Ängstlichkeit haben dabei einen Einfluss auf die Gesundheit (Friedman, 2000). Der Forschungsstand bezüglich des Einflusses von Persönlichkeitsdimensionen auf den Zusammenhang zwischen Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit wird in Kapitel 3.2.2 erörtert.

3 Theoretischer Hintergrund, Forschungsstand, Fragestellungen und Hypothesen

3.1 Theoretischer Hintergrund

3.1.1 Easterlin Paradox

Wie bereits in der Einleitung aufgeführt, erfuhr die Glücksforschung in der Ökonomie bereits seit den 1970er Jahren eine wachsende Bedeutung (van Suntum, 2010). Ursächlich dafür waren die Erkenntnisse von Easterlin (1974, 1995, 2001), welche auch seitdem als „Easterlin Paradox“ in der wissenschaftlichen Literatur bekannt sind und folgendes beinhalten:

(1) Zu einem bestimmten Zeitpunkt ist die Zufriedenheit der Men schen in einem Land tendenziell höher, je mehr Einkommen sie erzielen.
(2) Die durchschnittliche Zufriedenheit der Menschen in einem Land nimmt jedoch nicht mit steigendem Pro-Kopf-Einkommen zu, wenn man dies über einen längeren Zeitraum betrachtet.
(3) Es gibt nur einen geringen Unterschied in der durchschnittlichen Zufriedenheit von Ländern mit hohem Pro-Kopf-Einkommen und Ländern mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen.

Einen ersten Hinweis zur Erklärung dieses Paradoxons gibt Duesenberry 1949 mit der Formulierung der relativen Einkommenshypothese. Demnach ist für den Konsum von Individuen nicht das absolute Einkommen entscheidend, sondern die Relation zwischen dem Einkommen der laufenden Periode und dem höchsten Einkommen der Vergangenheit (Cezanne, 2005).

Aufbauend auf dieser Erkenntnis unterstreicht Easterlin (1995, S. 36) die Bedeutung des relativen Einkommens und gibt somit eine Erklärung für seine Erkenntnisse: „[...] subjective well-being, varies directly with one`s own income and inversely with the income of others“.

Nach Easterlin (1974) bedeutet ein Einkommenszuwachs für ein Individuum zunächst, dass auch seine individuelle Lebenszufriedenheit wächst. Ganzheitlich gesehen, bedeutet jedoch ein Einkommenszuwachs für alle, dass die Zufriedenheit im Durchschnitt unverändert bleibe, da das Referenzeinkommen steigt und somit die Differenz zwischen Einkommen und Referenzeinkommen für das Individuum gleich bleibt. Somit ist also das Ausmaß der empfundenen Zufriedenheit abhängig vom Referenzeinkommen. Daher stellt sich an dieser Stelle die Frage, mit wem sich das Individuum denn überhaupt vergleicht.

Guilbert und Paul (2009) bezeichnen die Definition geeigneter Referenzgruppen bezüglich des Einkommens als eine willkürliche Entscheidung. Dennoch sind Individuen bezüglich ihres Einkommens an einem sozialen Vergleich mit einer Referenzgruppe interessiert, da sie an ihrer sozialen Position interessiert sind (Braun, 2012). Festinger (1954, S. 118) verdeutlicht dies wie folgt: „[P]eople evaluate their opinions and abilities by comparison respectively with the opinions and abilities of others”.

Bezüglich der Referenzgruppen unterscheidet man zwischen abstrakten und konkreten Vergleichsgruppen, mit denen sich ein Individuum vergleicht. Abstrakte Vergleichswerte ergeben sich z. B. aus Angaben zum durchschnittlichen Einkommen in einem Land. Konkrete Vergleichswerte beziehen sich z. B. auf Freunde, Kollegen und Familienangehörige (Braun, 2012).

Einen zweiten Ansatz zur Erklärung seiner Erkenntnisse stellt Easterlin (1974, S. 116) wie folgt dar: „[T]he progressive accretion of household goods due to economic growth causes a continuous upward shift on consumption norms. This upward shift in standards (tastes) tends to offset the positive effect of income growth on well-being that one would expect on the basis of economic theory “.

Dieser Ansatz macht klar, dass neben dem interpersonellen Vergleich auch noch der intrapersonelle Vergleich existiert. So können Einkom- menszuwächse die Lebenszufriedenheit steigern, jedoch sei dieser Effekt nicht langfristig (Di Tella et al., 2010). Dieser Ansatz wird mit der Theorie der hedonistischen Adaption erklärt (Brickman und Campbell, 1971). Diese besagt, dass sich das Anspruchsniveau von Menschen aus Erfahrungen aus der Vergangenheit und Erwartungen über die Zukunft bilde, da sie selber nicht in der Lage seien, absolute Urteile zu fällen (Stutzer, 2003). Individuen erfahren mehr Zufriedenheit, wenn es Abweichungen im Anspruchsniveau bezüglich eines höheren Einkommens gibt. Jedoch gewöhnen sich Individuen an dieses Niveau und die Zufriedenheit sinkt wieder auf das Niveau vor der Einkommenserhöhung.

Diese Arbeit fokussiert auf den intrapersonellen Vergleich von Individuen bezüglich ihres Einkommens. Dieser intrapersonelle Vergleich wird hier definiert als Differenz von absoluten Einkommen und Einkommenserwartung (Differenzeinkommen). Daher wird im nächsten Kapitel die Einkommenserwartung und die damit verbundene Lohngerechtigkeit betrachtet.

3.1.2 Lohngerechtigkeit

Horné (1965) versteht unter dem Begriff „gerechter Lohn“ die Frage, wie Güter und Erträge in der Wirtschaft gerecht verteilt werden können. Jedoch seien die „ theoretischen Grundlagen zu den Vorstellungen über die individuell gerechte bzw. faire Entlohnung [...] vielfältig und vage zu- gleich “ (Schwarze et al., 2007, S. 83). Doch wie bestimmt sich das Erwerbseinkommen von Individuen? Nach Schwarze et al. (2007) sind die beiden grundlegenden Ansätze dafür die Humankapitaltheorie und die Effizienzlohntheorie.

Unter Humankapital versteht Suter (2006, S. 5) „die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissen, das in Personen verkörpert ist und das durch Ausbildung, Weiterbildung und Erfahrung erworben werden kann“. Grundlage der Humankapitaltheorie ist nun, dass Individuen eine Investition (in

Form entgangener Einkommen) in ihre Ausbildung tätigen, um später ein höheres Erwerbseinkommen zu erzielen (Schwarze et al., 2007). Auch erhöhe das Humankapital die Produktivität und damit die Erwerbseinkommen der Individuen. Dem Ansatz folgend bedeutet dies, dass Individuen mit mehr Humankapital besser entlohnt werden müssen und demnach auch höhere Ansprüche an einen gerechten Lohn haben.

Effizienzlohntheorien beinhalten Modelle zur Erklärung von Erwerbseinkommen (Schwarze et al., 2007). Dabei sind Schwarze et al. (2007, S. 86) der Auffassung, „dass Löhne nicht nur eine Allokationsfunktion er- füllen, sondern auch eine Anreizfunktion zur Steigerung der Leistung der Beschäftigten“.

Demnach kann es für ein Unternehmen von Vorteil sein, höhere Löhne zu zahlen. Diese seien nicht nur als Kostenfaktor zu bewerten, sondern als Anreiz für eine höhere Arbeitsproduktivität. Somit könne man die Leistungsfähigkeit des Faktors Arbeit erhöhen (Franz, 1999).

Die ökonomischen Ansätze zur Lohngerechtigkeit fokussieren auf die unterschiedliche Produktivität von Individuen, was zu ungleichen Löhnen führt (Abraham, 2007). Dieser Blickwinkel muss jedoch um die subjektive Einschätzung der Lohngerechtigkeit durch das Individuum erweitert werden. Hier stellt sich also die Frage, wie das Individuum selbst zu einem Gerechtigkeitsempfinden bezüglich des Einkommens kommt. Abraham (2007, S. 10) spricht hier von einem „ Gerechtigkeitsgefühl “, welches die Individuen besitzen also „ einer Norm im Hinblick auf eine als gerecht empfundene Verteilung von Gütern “. Dieses Gerechtigkeitsgefühl im Hinblick auf die Bewertung von Löhnen sei durch soziale und situationale Determinanten bestimmt (Abraham, 2007). Situative Faktoren sind z. B. das konkrete Bedürfnis eines Individuums (Jasso und Rossi, 1977). Als soziale Determinanten sind die persönliche Leistung, der Familienstand, die Ausbildung und die Betriebszugehörigkeit zu definieren (Abraham, 2007).

[...]

Ende der Leseprobe aus 62 Seiten

Details

Titel
Der Zusammenhang von Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit
Untertitel
The relation between differential income and satisfaction with life
Hochschule
( Europäische Fernhochschule Hamburg )
Veranstaltung
Wirtschaftspsychologie
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
62
Katalognummer
V281745
ISBN (eBook)
9783656757740
ISBN (Buch)
9783656796381
Dateigröße
1064 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Masterthesis im Rahmen des Studiums M.Sc. Wirtschaftspsychologie.
Schlagworte
Einkommen, Differenzeinkommen, Persönlichkeitseigenschaften, Easterlin, Lohngerechtigkeit, Neurotzismus, Big Five, Lebenszufriedenheit, Gehalt, Lohn, Wirtschaftspsychologie, Glück, Glücksforschung, Happiness, satisfaction with life, relatives Einkommen, sozialer Vergleich, Anspruchsniveau, Referenzgruppen
Arbeit zitieren
Georg Haß (Autor:in), 2014, Der Zusammenhang von Differenzeinkommen und Lebenszufriedenheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/281745

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