Wohlstandsmessung durch das Bruttoinlandsprodukt


Seminararbeit, 2014

18 Seiten, Note: 1,7

Heinrich Wohlst (Autor:in)


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Das Bruttoinlandsprodukt
2.1 Definition
2.2 Berechnungsarten
2.2.1 Entstehungsrechnung
2.2.2 Verwendungsrechnung
2.2.3 Verteilungsrechnung
2.3 Aktuelle Zahlen und Tendenzen
2.4 Internationaler Vergleich

3. Wohlstand
3.1 Kritik an der Wohlstandsmessung durch das BIP
3.1.2 Einfluss von Naturkatastrophen und ökologischen Schäden
3.1.3 Nicht vom Markt erfasste Aktivitäten
3.1.4 Verteilung des BIP auf die Einwohner
3.2 Alternativen zur Messung des Wohlstands
3.2.1 Human Development Index und Nationaler Wohlfahrtsindex
3.2.2 Glücksforschung
3.2.3 Empfehlungen der Enquete-Kommission des deutschen Bundestages

4. Fazit

Literatur

Zusammenfassung

Ausgelöst durch die andauernde volkswirtschaftliche und politische Debatte, inwieweit das Bruttoinlandsprodukt (BIP) den Wohlstand einer Volkswirtschaft darstellen kann, wird in dieser Seminararbeit das Bruttoinlandsprodukt beschrieben und anschließend auf seine Eignung als Wohlstandsmaß geprüft.

Nach einer Beschreibung der Berechnungsarten und der Nennung aktueller internationaler Vergleichswerte wird der Wohlstandsbegriff definiert. Die zentralen Kritikpunkte, die sich aus der geschichtlichen und aktuellen Diskussion sowie entsprechender Literatur gegenüber dem BIP ergeben, werden anschließend betrachtet. Zusätzlich werden einige gängige Alternativansätze und Ergänzungen (HDI, NWI, Glücksforschung) aufgeführt sowie aktuelle Empfehlungen aus der deutschen Politik (Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität - Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft") zusammengefasst. Im Fazit dieser Seminararbeit wird die Bedeutung des BIP für die Wohlstandsmessung eingeordnet und verschiedene Kritikpunkte und Interpretationsansätze werden diesbezüglich bewertet. Dabei stellt sich heraus, dass das BIP nicht nur am besten darin erscheint, die Gesamtleistung einer Volkswirtschaft zu beurteilen sondern um als Grundlage oder Variable aller anderen gängigen Wohlstandsmaße zu fungieren. Es stellt sich heraus, dass manche Kritikpunkte berechtigt zu sein scheinen - die Grundlage der Kritik lässt sich in manchen Fällen jedoch auf eine mögliche Fehlinterpretation der eigentlich Funktion des BIP zurückführen.

1. Einleitung

Ob das BIP pro Kopf als geeigneter und aussagefähigster Indikator zur Wohlstandsmessung einer Volkswirtschaft dient, ist eine kontrovers geführte Debatte. Nachdem bereits Arthur C. Pigou und Simon Kuznets im frühen 20. Jahrhundert Kritik an der Aussagefähigkeit geäußert haben, entstand Mitte des 20. Jahrhunderts eine weitere, von John R. Hicks, Ian Little und Paul A. Samuelson geführte Debatte zu diesem Thema (vgl. Brümmerhoff und Grömling, 2011, S.279). Dass die Fragestellung auch im frühen 21. Jahrhundert noch aktuell ist, zeigt u.a. die Einsetzung einer Enquete-Kommission mit dem Titel "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität - Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft" durch den Deutschen Bundestag im Jahr 2011 (vgl. BT- Drucksache 17/13300, 2013, S. 20). Bereits im Antrag auf Einsetzung der Kommission beschreiben die Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen als unstrittig, dass das BIP soziale und ökologische Aspekte nicht hinreichend abbilde. (vgl. BT- Drucksache 17/3853, S. 1-2). „Das wirtschaftliche Wachstum, ausgedrückt im Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Landes, hat als alleiniger Indikator für Wohlstand und Fortschritt einer Gesellschaft, so legen es die Entwicklungen der letzten Jahre jedenfalls nahe, ausgedient.“(Diefenbacher und Zieschank, 2011, S.81) Dass es nicht nur Kritiker sondern auch Befürworter der Wohlstandsmessung durch das BIP gibt, zeigen u.a. Veröffentlichungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (vgl. IWD, 2011, S. 4-5) oder Beiträge von Breuer und von der Lippe in „Wirtschaftsdienst“ (vgl. Breuer und von der Lippe, 2010, S.444-451). Bereits diese wenigen Beispiele zeigen, dass es keine einheitliche Aussage darüber gibt, ob der Wohlstand einer Volkswirtschaft am besten durch das BIP pro Kopf dargestellt wird. Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Seminararbeit mit dem BIP und seinen relevanten Alternativen – jeweils hinsichtlich ihrer Eignung als Wohlstandsmesser. Nachdem im zweiten Kapitel dieser Arbeit grundlegende theoretische Informationen über das BIP aufgeführt werden, sind im dritten Kapitel Kritikpunkte sowie relevante Alternativen zum BIP dargestellt. Letztlich endet diese Seminararbeit mit dem vierten Kapitel, in dem die erlangten Erkenntnisse komprimiert zusammengefasst und als Fazit ausgewertet werden. Wenn im Folgenden das BIP als Wohlstandsmaß benannt ist, so ist damit stets das BIP pro Kopf gemeint.

2. Das Bruttoinlandsprodukt

2.1 Definition

Das BIP gibt den Wert aller Güter und Dienstleistungen an, welche in einem Jahr innerhalb einer Volkswirtschaft bzw. eines Staates erwirtschaftet werden. Das BIP Deutschlands enthält somit ebenfalls die von Ausländern innerhalb der Bundesrepublik erwirtschafteten Leistungen. Die Leistungen der im Ausland arbeitenden Menschen mit ständigem Wohnsitz in Deutschland werden dagegen, mit Ausnahme der in Kapitel 2.2.3 beschriebenen Verteilungsrechnung, nicht berücksichtigt. Um differenzierte Aussagen über den Wohlstand einer Volkswirtschaft bzw. eines Staates treffen zu können, dient nicht das absolute BIP sondern das BIP pro Kopf bzw. je Einwohner als Kenngröße.

2.2 Berechnungsarten

Es wird stets ein reales (preisbereinigtes) BIP und ein nominales BIP berechnet. Das nominale BIP bezieht aktuelle Marktpreise in die Berechnung ein und reagiert somit beispielsweise bei Inflation mit einem Anstieg bzw. bei Deflation mit einer Absenkung des BIP-Wertes. In der realen Berechnung werden konstante Marktpreise für die Berechnung genutzt, welche in Form eines Preisindex festgelegt sind. Dies erlaubt eine BIP-Berechnung deren Ergebnisse unabhängig von Marktpreisveränderungen zu Stande gekommen sind (Preisbereinigung). Bei der Ermittlung des BIP unterscheidet man generell drei Berechnungsarten. Dabei handelt es sich um die im Folgenden, basierend auf dem Lehrbuch „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung “ in der siebten Auflage von Michael Frenkel und Klaus Dieter John, beschriebenen Arten der Entstehungsrechnung, Verteilungsrechnung und Verwendungsrechnung (vgl. Frenkel und John, 2011, S. 69-94).

2.2.1 Entstehungsrechnung

Ergebnisse aus der Entstehungsrechnung geben an, wie stark die verschiedenen Wirtschaftsbereiche zur Erstellung des Inlandsprodukts beigetragen haben. Zunächst wird der Bruttoproduktionswert aller Güter einer Volkswirtschaft ermittelt. Davon wird die Summe der Vorleistungen abgezogen. Seit der Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) im Jahr 2005 werden die Vorleistungen einschließlich der Finanzserviceleistungen und der indirekten Messung (FISIM) subtrahiert. Somit erhält man die Bruttowertschöpfung. Wenn zu diesem Wert die Gütersteuern (abzüglich Gütersubventionen) addiert werden, ergibt sich das Bruttoinlandsprodukt. (vgl. Frenkel und John, 2011, S. 67-68)

2.2.2 Verwendungsrechnung

Die Verwendungsrechnung ermittelt in welche letzte Verwendungen die in einer Volkswirtschaft hergestellten Güter fließen. Der Wert der Verwendungsrechnung ermittelt sich aus der Addition von Konsumausgaben der privaten Haushalte, denen des Staates, Exporte sowie Bruttoinvestitionen. Nach dem Abzug der Importe erhält man schließlich das Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen von der Verwendungsseite. Den größten Anteil hat dabei der Konsum durch private Haushalte und private Organisationen ohne Erwerbszweck. Darunter fallen unter anderem Aufwendungen für Konsumgüter wie PKW, Einrichtungsgegenstände, Miete oder der Erwerb von Wohneigentum. Hinzu kommt: Selbst genutzter Wohnraum wird in Höhe einer geschätzten Miete genau so zum privaten Konsum gezählt wie etwaige Naturaleinkommen eines Arbeitnehmers.

Die Konsumausgaben des Staates beinhalten alle der Bevölkerung zur Verfügung gestellten kostenfreien Dienstleistungen sowie die Sozialversicherung. Davon abgezogen werden Gebühren, die der Staat von u.a. für administrative Leistungen erhält sowie der Wert selbst vom Staat erstellter Anlagen. Die Bruttoinvestitionen setzen sich aus der Vorratsänderung und den Anlageinvestitionen zusammen. „Als Anlageinvestitionen gelten die Werte der Anschaffung und Erstellung von dauerhaften reproduzierbaren Produktionsmitteln, mit Ausnahme dauerhafter militärischer und von privaten Haushalten genutzter Güter. Nicht eingerechnet werden folglich Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sowie langlebige Gebrauchsgüter (wie z.B. Fahrzeuge und Fernsehgeräte) der privaten Haushalte (Frenkel und John, 2011, S. 80)“. Unter Anlageinvestitionen fallen Ausrüstungsinvestitionen wie Fahrzeuge, Maschinen oder Geschäftsausstattung und Bauinvestitionen (u.a. sämtliches Baumaterial, Baupersonal, notarielle Aufwendungen) für den Bau bzw. Betrieb von Wohn- und Verwaltungsgebäuden, Sportanlagen oder Flugplätzen. Die Vorratsänderungen können Folgen freiwilliger oder unfreiwilliger Lagerveränderungen sein. Vorräte des Staates sowie Handelsware und eigene Erzeugnisse der Unternehmen werden zu Beginn und am Ende einer bestimmten Zeitperiode verglichen, um den Wert der Vorratsänderung zu erhalten. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit, diese Werte bedeutend statistisch zu ermitteln, wird das Ergebnis, vereinfacht ausgedrückt, aus der Subtraktion des Absatzes von der Produktion (ebenfalls für eine bestimmte Zeitperiode) ermittelt. Sämtliche dieser Investitionen werden vor den jeweiligen Abschreibungen verzeichnet. Letztlich wird die Differenz aus Exporten und Importen (Außenbeitrag) hinzu addiert, um entsprechend des Inlandskonzepts auch nur die im Inland produzierte Menge zu erfassen.

2.2.3 Verteilungsrechnung

„Im Mittelpunkt der Verteilungsrechnung steht die Verteilung des Volkseinkommens (Nettonationaleinkommen zu Faktorkosten), das die Gesamtheit der Erwerbs- und Vermögenseinkommen darstellt, die den inländischen Sektoren zufließt (Frenkel und John, 2011, S. 84)“. Ausgangspunkt der Verteilungsrechnung ist demnach das Volkseinkommen. Während sowohl bei der Entstehungsrechnung als auch bei der Verwendungsrechnung das Inlandskonzept angewandt wird, bezieht sich die Verteilungsrechnung auf das Inländerkonzept. Das heißt, es berücksichtigt die Wirtschaftseinheiten die ihren ständigen Wohnsitz innerhalb der entsprechenden Volkswirtschaft haben. Die Staatsangehörigkeit der Wirtschaftseinheiten bzw. Menschen ist bei beiden Konzepten irrelevant. Um das Bruttoinlandsprodukt über die Verwendungsrechnung zu ermitteln, werden zunächst Arbeitnehmerentgelte und Unternehmens- und Vermögenseinkommen addiert. Der daraus entstandene Wert wird als Volkseinkommen bezeichnet. Anschließend wird die Summe aller Gütersteuern und sonstigen Produktionsabgaben abzüglich der Subventionen auf das Volkseinkommen addiert. Zusätzlich werden Abschreibungen hinzugerechnet um folgerichtig den Betrag des Bruttonationaleinkommens zu erhalten. Das Bruttoinlandsprodukt ist letztlich das Bruttonationaleinkommen, das um das Saldo der Primäreinkommen der übrigen Welt reduziert wird (vgl. Frenkel und John, 2011, S.84 ff.).

2.3 Aktuelle Zahlen und Tendenzen

Am 15. Januar 2014 hat das Statistische Bundesamt auf einer Pressekonferenz in Berlin u.a. die Zahlen des BIP 2013 veröffentlicht. Das preisbereinigte BIP ist 2013 demnach im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozent (kalenderbereinigt: 0,5 Prozent) gewachsen. 2012 wurden mit 0,7 Prozent und 2011 mit 3,3 Prozent Erhöhung jedoch höhere Werte erfasst. Der Präsident des Statistischen Bundesamtes Roderich Egeler begründete das im Vergleich zu den Jahren 2011 und 2012 weniger stark gewachsene BIP mit der anhaltenden Rezession in manchen europäischen Ländern und der allgemeinen weltwirtschaftlichen Entwicklung. Nominal beträgt das BIP des Jahres 2013 2.735,80 Milliarden Euro, 2012 waren es 2.666,40 Milliarden Euro und 2011 2.609,90 Milliarden Euro. Während 2013 im Vergleich zum Vorjahr die Werte der Bruttowertschöpfung, des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes, des Baugewerbes sowie die Bereiche Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation, Finanzierung und Versicherungsdienstleister, Immobilienwesen, Unternehmensdienstleister, öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung und Gesundheit, private und staatliche Konsumausgaben, Bruttoanlageinvestitionen, Bauten, sonstige Anlagen, Vorratsveränderung und Nettozugang an Wertsachen, inländische Verwendung von Gütern, Exporte (Waren und Dienstleistungen), Bruttonationaleinkommen, Volkseinkommen, Arbeitnehmerentgelt sowie Unternehmens- und Vermögenseinkommen allesamt gestiegen sind, haben sich die Werte bei der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Ausrüstungen sowie bei den Importen (Waren und Dienstleistunen) verringert. Die größten Zuwächse im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen die Werte der Unternehmensdienstleister (+6,06 Prozent) sowie die Finanzierungs- und Versicherungsdienstleister (+4,33 Prozent). Die größte Abnahme verzeichnen die Werte für die Land-/Forstwirtschaft und Fischerei (-6,16 Prozent). Die Vorratsveränderungen und der Nettozugang an Wertsachen liegt nach 3,15 Milliarden Euro im Jahr 2011 und -10,28 Milliarden Euro im Jahr 2012 aktuell bei -8,89 Milliarden Euro (vgl. Statistisches Bundesamt, 2014).

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Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Wohlstandsmessung durch das Bruttoinlandsprodukt
Hochschule
FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule
Veranstaltung
Grundlagen der Ökonomik
Note
1,7
Autor
Jahr
2014
Seiten
18
Katalognummer
V283418
ISBN (eBook)
9783656826958
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Grundlagen der Ökonomik, Ökonomik, BIP, Bruttoinlandsprodukt, Wohlstand, Wohlstandsindikator, Indikator, Human Development Index, HDI, NWI, Nationaler Wohlfahrtsindex, Kritik, Frenkel, John, Diefenbacher, Zieschank
Arbeit zitieren
Heinrich Wohlst (Autor:in), 2014, Wohlstandsmessung durch das Bruttoinlandsprodukt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/283418

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