Die möglichen Demokratie- und Legitimitätsdefizite der Europäischen Union und Deutschlands im Vergleich


Hausarbeit, 2013

22 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Definition der zentralen Begriffe
1.2 Vorgehensweise / Methodik

2 Vorstellung der Analysebegriffe und deren Konstruktion
2.1 Demokratie
2.2 Legitimität

3 Untersuchung der Demokratie- und Legitimitätsdefizite
3.1 Europäische Union
3.1.1 Demokratiedefizit
3.1.2 Legitimitätsdefizit
3.1.3 Index
3.2 Deutschland
3.2.1 Demokratiedefizit
3.2.2 Legitimitätsdefizit
3.2.3 Index

4 Schluss / Zusammenfassung der Ergebnisse

5 Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Index Europäische Union (eigene Darstellung)

Tabelle 2: Index Deutschland (eigene Darstellung)

Tabelle 3: Zusammenfassung Indizes EU/Deutschland mit Differenz (eigene Darstellung)

1 Einleitung

Die Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Bereich der Demokratieforschung und soll, auf der Grundlage qualitativer und quantitativer Daten, im Rahmen einer vergleichenden Analyse die Europäische Union sowie Deutschland auf mögliche Demokratie und/oder Legitimitätsdefizite untersuchen. Die für diese Arbeit konzipierte Hypothese bzw. Leitfrage lautet wie folgt: Gibt es in der Europäischen Union und/oder Deutschland erhebliche Demokratie- bzw. Legitimitätsdefizite? Das Untersuchungsinteresse ergibt sich aus der Tatsache, dass die Europäischen Union als große internationale Organisation, mit suprationalen wie intergouvernementalen Elementen, häufig mit erheblichen Demokratie bzw. Legitimitätsdefiziten in Verbindung gebracht wird. Als Vergleichsobjekt fiel die Wahl auf Deutschland, da dieser Staat zum Einen in der Europäischen Union eine wichtige Rolle spielt und zum Anderen auch hier immer wieder Defizite in den genannten Bereichen beklagt werden. Aufgrund des begrenzten Umfangs wird sich diese Hausarbeit auf einige Variablen zur Untersuchung der möglichen Demokratie- und Legitimitätsdefizite beschränken müssen. Im Folgenden werden nun zuerst die zentralen Begriffe definiert und dann die Vorgehensweise bzw. Methodik beschrieben.

1.1 Definition der zentralen Begriffe

Wie oben bereits erwähnt, sollen hier nun die wichtigsten Begriffe für die Hausarbeit definiert werden. Zunächst wird sich dem Begriff der Demokratie angenommen. „Das Wort demokratia setzt sich aus den beiden Bestandteilen demos (Volk) und kratein (herrschen) zusammen (…) “ (Merkel 2007: 15f.). Nach der berühmten Gettysburg-Formel Abraham Lincolns (…) ist Demokratie government of the people, by the people, for the people, d.h. in der Demokratie geht die Herrschaft aus dem Volk hervor und wird durch das Volk selbst und in seinem Interesse ausgeübt“ (Schultze 2010: 137f.). Ein weiterer zentraler Begriff ist Legitimität, ein „mehrdeutig verwandter Schlüsselbegriff der Politik und Politikwiss., kann sich beziehen auf den Legitimitätsanspruch einer polit. oder gesellschaftl. Ordnung, auf den Legitimitätsglauben der Herrschaftsunterworfenen oder auf beides zugleich und in Wechselwirkung aufeinander“ (Nohlen 2010: 544f.). Die nächsten beiden Begriffe, die hier vorgestellt werden sollen, sind Europäische Union und Deutschland. Die Europäische Union, kurz EU, „ist eine einzigartige wirtschaftliche und politische Partnerschaft zwischen 27 europäischen Staaten“ (…). Die Geschichte der EU beginnt nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus Gründen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit formten sechs Länder (darunter Deutschland) im Jahr 1958 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). „Aber was als reine Wirtschaftsgemeinschaft begonnen hatte, ist nun auch zu einer Organisation geworden, die von der Entwicklungshilfe bis zum Umweltschutz alle politischen Felder abdeckt. Diesem Wandel wurde 1993 durch Umbenennung der EWG in Europäische Union (EU) Rechnung getragen“. Die zentralen Werte der EU lassen sich wie folgt zusammenfassen: „Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte – dies sind die Grundwerte der EU“ (Europäische Union 2013). Die Bundesrepublik Deutschland, kurz BRD, ist mit ca. 82 Millionen Einwohnern das bevölkerungsstärkste Land der EU und „seit 1949 ein demokratischer parlamentarischer Bundesstaat, bestehend aus 16 Ländern jeweils mit Verfassung, Parlament und Regierung“. „Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in der Europäischen Union und die viertgrößte der Welt“ (Tatsachen über Deutschland 2011).

1.2 Vorgehensweise / Methodik

Nach der Einleitung und der Definition der zentralen Begriffe soll nun die Vorgehensweise bzw. die Methodik dieser Hausarbeit erläutert werden. Als zentrale Analysebegriffe stehen die konstruierten Definitionen von Demokratie und Legitimität zur Verfügung, welche im nächsten Abschnitt vorgestellt werden. Die disziplinäre Ausrichtung ist empirisch-soziologisch mit quantitativen Methoden und die Vorgehensweise ist deduktiver Art. Die verwendeten empirischen Daten für eine Messung der möglichen Defizite der beiden Untersuchungsobjekte können in qualitativer oder quantitativer Weise durch z.B. einen Index über die Wahlbeteiligung an einer Europa- oder Bundestagswahl erhoben worden sein. Im Anschluss an die Präsentation der beiden erwähnten Begriffe, beginnt die eigentliche Untersuchung. Die aufgestellte Hypothese bzw. Leitfrage wird untersucht, indem zuerst die einzelnen Elemente des Demokratiebegriffs und dann die beiden Dimensionen des Legitimitätsbegriffs jeweils auf bestimmte Kriterien überprüft werden. Wie dem Inhaltsverzeichnis zu entnehmen ist, wird zunächst die EU und dann Deutschland analysiert. Die Reihenfolge der Analyseschritte orientiert sich an den beiden erwähnten Begriffen. Dabei sind die einzelnen Elemente des Demokratiebegriffs: Volkssouveränität (A), Gewaltenteilung (B), Rechtsstaatlichkeit (C) und Politischer Wettbewerb (D). Beim Legitimitätsbegriff sind die beiden Dimensionen: normative Legitimation (E) und funktionale Legitimation (F). Danach sollen die gesammelten Informationen zu den einzelnen Punkten für jedes Untersuchungsobjekt jeweils in einen Index übertragen werden. Jeder der sechs Punkte wird dabei auf einer Skala von 1 bis 5 bewertet. 1 bedeutet dabei viele Defizite und 5 entsprechend wenig Defizite. Wenn jeder der Punkte seinen Wert zugeordnet bekommen hat, wird noch ein Mittelwert gebildet. So soll ein direkter Vergleich der möglichen Demokratie- und Legitimitätsdefizite von der EU und Deutschlands ermöglicht werden. Im letzten Abschnitt werden dann alle Ergebnisse noch einmal zusammengefasst. Zunächst werden nun aber meine Analysebegriffe und deren Konstruktion vorgestellt.

2 Vorstellung der Analysebegriffe und deren Konstruktion

2.1 Demokratie

Mein Demokratiebegriff zur Untersuchung möglicher Defizite der EU und/oder Deutschland setzt sich aus verschiedenen theoretischen Modellen unterschiedlicher Demokratietheoretiker zusammen. Als erstes zu nennen wäre hier der Pluralismustheoretiker Robert Dahl, nach dessen Ansicht in einer Demokratie „ein offener Wettbewerb um politische Ämter und Macht garantiert sein (muss) und gleichzeitig ein ausreichender Raum für die politische Partizipation geöffnet werden (sollte)“ (Merkel/Petring 2012: 93). Des Weiteren fließen Passagen vom französischen Staatsrechtler und Philosophen Montesquieu in meinen Demokratiebegriff ein. Dieser „gilt als Begründer der modernen Lehre von den drei staatlichen Gewalten und ihrem Verhältnis zueinander“ (Vorländer 2005: 1). Hiermit ist die Gewaltenteilung und die gegenseitige Kontrolle der einzelnen Gewalten gemeint. Darüber hinaus sind die Ansichten des englischen Philosophen John Locke für die Gestaltung meines Analysebegriffes von Bedeutung. Laut ihm ist die Regierung auf Zustimmung und Vertrauen der Bürger angewiesen. Zudem tritt er für Bürgerrechte wie den Schutz von Leben, Freiheit oder auch Eigentum ein. Die Regierung dürfe nur auf Grundlage von Gesetzen in die Freiheiten der Bürger eingreifen und habe diese außerdem zu schützen (vgl. ebd.). So ist „die Bedeutung der Lockeschen Konzeption (…) kaum zu überschätzen, weil sie das Modell einer Demokratie aufzeigte, welches die Verfahren repräsentativ-demokratischer Willens- und Entscheidungsbildung mit der Wahrung individueller Rechte und Freiheiten verband“ (ebd.). Abschließend hat auch die Demokratietheorie der Federalists Einfluss auf die Konstruktion meines Demokratiebegriffes. Sie plädieren für die Pluralität von Meinungen und Interessen, sehen das Volk als Souverän, fordern die Herrschaft der Mehrheit und halten politische Freiheit und Wettbewerb mit unterschiedlichen Interessengruppen bzw. Parteien für unvermeidlich (vgl. ebd.: 2). Insgesamt wollen die Federalists ein „repräsentatives, auf Wahl von Abgeordneten und Mandatsträgern basierendes System“ verknüpft mit einer Gewaltenteilung und Gewaltenkontrolle der einzelnen Organe wie bei Montesquieu (ebd.). Aus diesen verschiedenen Modellen der einzelnen Demokratietheoretiker wurden die oben bereits erwähnten vier Elemente meines Demokratiebegriffes gebildet: Volkssouveränität, Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit und Politischer Wettbewerb.

2.2 Legitimität

Mein Legitimitätsbegriff zur Untersuchung möglicher Defizite der EU und/oder Deutschland setzt sich aus Ansätzen des Soziologen Max Weber sowie der Politikwissenschaftler Fritz W. Scharpf und Roland Siegers zusammen. Weber unterscheidet bei seinem Legitimitätsbegriff drei Formen legitimer Herrschaft (rationale bzw. legale, traditionelle und charismatische Herrschaft). Für die in dieser Hausarbeit geplante Analyse ist die zuerst genannte Form der rationalen bzw. legalen Herrschaft das passende Modell. „Die rationale bzw. legale Herrschaft beruht auf dem Glauben an die Legalität gesatzter Ordnungen und des Anweisungsrechts der durch sie zur Herrschaftsausübung Berufenen“ (Schliesky 2004: 154). Fritz W. Scharpf und Roland Siegers beschäftigen sich im Rahmen der Demokratieforschung mit der demokratischen Selbstbestimmung. Hierbei „lassen sich (…) zwei unterschiedliche, aber komplementäre Perspektiven feststellen (…) (Scharpf 1999: 16). Bei Scharpf werden diesen beiden Dimensionen als input- bzw. output-orientierte Perspektive beizeichnet und bei Siegers als normative bzw. funktionale Perspektive. Erstere „betont die Herrschaft durch das Volk. Politische Entscheidungen sind legitim, wenn und weil sie den Willen des Volkes« widerspiegeln – das heißt, wenn sie von den authentischen Präferenzen der Mitglieder einer Gemeinschaft abgeleitet werden können“. Letztere stellt „den Aspekt der Herrschaft für das Volk in den Vordergrund. Danach sind politische Entscheidungen legitim, wenn und weil sie auf wirksame Weise das allgemeine Wohl im jeweiligen Gemeinwesen fördern“ (ebd.). Ergänzend bemerkt sei noch, dass die zweite Perspektive „eine schwächere Basis“ besitzt, weil diese für jede Problemsituation „neu hergestellt“ werden muss, „da sie (…) kurzfristig und objekt-gebunden ist“ (Siegers 2009: 17).

3 Untersuchung der Demokratie- und Legitimitätsdefizite

3.1 Europäische Union

3.1.1 Demokratiedefizit

Die Analyse der möglichen Demokratiedefizite der Europäischen Union beginnt mit dem Element der Volkssouveränität. Unter dem Begriff wird im modernen Demokratieverständnis verstanden, dass alle Macht vom Volk ausgeht. Allerdings kann das Element der Volkssouveränität nicht ohne weiteres auf die Europäische Union übertragen werden, da es ihr an einem Staatsvolk im eigentlichen Sinne fehlt. Berücksichtigt man also die speziellen Strukturen der Europäischen Union, kann der Gedanke der Volkssouveränität auf europäischer Ebene nur zur Anwendung kommen, wenn dieser auf seine Kernelemente reduziert wird. Jener Kern sieht vor, dass die von der Herrschaftsgewalt betroffenen Menschen den Herrschenden eine Rechtfertigung für ihr Handeln verleihen müssen. Diese Bedingung erfüllt die Europäische Union dadurch, dass sie ihre Organe durch die Völker der 27 Mitgliedsstaaten über dort abgehaltene Wahlen zumindest teilweise direkt legitimieren lässt (vgl. Dettke 2010: 44f.). Die direkte Wahl des europäischen Parlamentes findet in regelmäßigen Abständen, genauer gesagt, alle fünf Jahre statt. Somit ist festzuhalten, dass die einzelnen Völker in den europäischen Mitgliedsstaaten die sie im europäischen Parlament vertretenen Abgeordneten selbst direkt wählen können. Allerdings muss die tatsächliche Macht, welche die Abgeordneten von den Bürgern verliehen bekommen, angesichts der dem Parlament zur Verfügung stehenden Kompetenzen als sehr beschränkt bezeichnet werden. Zwar wurde das Europäische Parlament durch den Vertrag von Lissabon etwas aufgewertet, indem es nun zusammen mit dem Rat gleichberechtigter Partner bei der Gesetzgebung in vielen Politikbereichen ist und zudem zukünftig den Kommissionspräsidenten nicht mehr nur bestätigt, sondern auch selber wählt, jedoch verbleibt das alleinige Initiativrecht für Vorschläge zu Gesetzen bei der Kommission (vgl. Kissler 2007). Hier liegt auch das Dilemma der Europäischen Union im Bezug auf die Volkssouveränität, denn die weiteren legislativ bzw. exekutiv handelnden Organe wie der Europäische Rat, der Rat oder auch die Kommission werden allesamt maximal nur indirekt demokratisch von den Völkern bestimmt. Allerdings hat sich durch den Vertrag von Lissabon auch außerhalb des Parlamentes etwas verbessert. So wurden die nationalen Parlamente zumindest teilweise in den Gesetzgebungsprozess eingebunden, darüber hinaus sind nun Bürgerinitiativen möglich, wenn sich mindestens eine Million EU-Bürger zusammenfinden. Zusätzlich sind Beratungen und Abstimmungen im Rat nun öffentlich und die Bürger können sich über Interessengruppen an den Beratungen beteiligen. Auch das Wahlrecht wurde angepasst, sodass auch Nicht-Staatsbürger an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen können (vgl. Kissler 2007/Sauer 2011). Trotz dieser Verbesserungen sind die Einflussmöglichkeiten der Bürger auf die Politik der Europäischen Union natürlich weiter recht gering und da verwundert es nicht, dass trotzdem immer weniger Menschen von ihrem Stimmrecht bei der Wahl des Parlamentes Gebrauch machen. Die Wahlbeteiligung ist im Zeitraum von 1979 bis 2009 von 61,99 % auf 43 % zurückgegangen (vgl. Europäisches Parlament 2009). Das zweite Element meines Demokratiebegriffes, welches analysiert werden soll, ist die Gewaltenteilung. „Bei der Gewaltenteilung und der damit verbundenen gegenseitigen Kontrolle der Organe zeigt sich (…) ein großes Defizit“ (Siegers 2009: 38). In der Europäischen Union sind die Gewalten eben nicht eindeutig verteilt, so verfügen sowohl die Kommission als auch der Rat über legislative wie exekutive Kompetenzen. Damit ist die Europäische Union von einer Gewalteneilung wie sie durch Montesquieu hervorgebracht wurde, noch weit entfernt (vgl. ebd. 39). Die Kommission muss hier als besonders mächtiges Organ herausgestellt werden, da sie zum Einen das Recht besitzt, die geltenden EU-Gesetze auszuführen (Exekutive), als auch zum Anderen das Initiativrecht für das Einbringen von Gesetzesvorschlägen innehat (Legislative). Darüber hinaus überwacht die Kommission als „Hüterin der Verträge“ die Einhaltung der Unionsverträge sowie des EU-Rechts und kann Mitgliedsstaaten gegebenenfalls sogar verklagen, falls zudem die Judikative berührt. Für die Judikative ist der Europäische Gerichtshof zuständig. Im Bereich der Exekutive sind zudem der Rat und das Parlament zu nennen, welche für das Gesetzgebungsverfahren verantwortlich sind. Zudem besitzen beide über ein indirektes Initiativrecht geringe legislative Kompetenzen. Der Europäische Rat ist ein weiteres bedeutendes Organ, denn er legt die Leitlinien der europäischen Politik fest. In puncto Kontrollrechte ist festzuhalten, dass eine gegenseitige Kontrolle der Organe stattfindet. Besonders das Europäische Parlament verfügt über weitgehende Kontrollfunktionen. So wird zum Beispiel die Arbeit der Kommission überprüft, welche sogar per Misstrauensvotum zum Rücktritt gezwungen werden kann. Auch der Rat und der Europäische Rat müssen dem Parlament Auskunft erteilen. Bei Bedarf können auch Untersuchungsausschüsse eingerichtet werden. Zusammen mit der Kommission kontrolliert das Europäische Parlament zusätzlich die Einhaltung der grundlegenden Werte der Europäischen Union (vgl. „aktion europa“ 2012). Als drittes Demokratieelement meines Analysebegriffes soll die Rechtsstaatlichkeit untersucht werden. Hierzu muss gesagt werden, dass „die EU (…) auf dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (beruht). Dies bedeutet, dass sich ihr Handeln auf Verträge stützt, die freiwillig und demokratisch von allen Mitgliedsländern vereinbart werden“ (Europäische Union 2013). Zu den bedeutendsten Grundwerten der Europäischen Union zählen die Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit sowie Achtung der Menschenrechte (vgl. ebd.). Als besonders Merkmal ist hier die Charta der Grundrechte zu nennen, die „eine Reihe persönlicher, bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher und sozialer Rechte von EU-Bürgern sowie in der EU lebenden Personen (anerkennt) und (…) sie im EU-Recht (verankert). Durch den Vertrag von Lissabon wurde der Charta „die gleiche Rechtsverbindlichkeit verliehen wie den Verträgen“ (Europäische Union 2010). Diese Grundwerte sind allerdings nicht erst durch die Charta der Grundrechte geschützt worden. Schon mit der Einheitlichen Europäischen Akte und auf verschiedenen Gipfeltreffen wurde ein Bekenntnis „zu den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit (bekundet)“ (Kluth 1995: 67f.). Der Vertrag von Lissabon sieht zudem einen Beitritt der Europäischen Union zum EMRK (Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten) vor. (vgl. Hummer 2010). Die entsprechend zuständigen Institutionen für die Gewährleistung der Einhaltung der Grund- bzw. Menschenrechte sind der Europäische Gerichtshof sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Zudem kontrollieren auch, wie bereits erwähnt, das Parlament und die Kommission die Einhaltung der Grundwerte. Mit dem Beitritt der Europäischen Union zum EMRK kann der Einzelne nun erstmals einen Rechtsakt auf mögliche Grundrechtsverstöße prüfen lassen. Bisher war lediglich eine Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof möglich (vgl. ebd.). Das Demokratiemerkmal der Rechtsstaatlichkeit kann für die Europäische Union somit als absolut gegeben bewertet werden. Das vierte und letzte Element meines aufgestellten Demokratiebegriffes ist der Politische Wettbewerb. Wie in den jeweiligen Nationalstaaten gibt es auch in der Europäischen Union eine große Vielfalt verschiedener Parteien und politischen Ausrichtungen. Ein Problem ist die relative Unbekanntheit der europäischen Parteien in den einzelnen Mitgliedsländern. Das könnte unter anderem daran liegen, dass „die Aufstellung der Kandidatinnen und Kandidaten wie auch die Wahl der Abgeordneten (…) weiterhin auf nationaler bzw. regionaler Ebene statt (findet)“ (Dehling 2009). Dadurch stehen bei Europawahlen zumeist nur die nationalen Parteien im Fokus und nicht etwa die europäischen Parteien. Überhaupt werden „Europa-Wahlen (…) überwiegend als nationale Wahlen wahrgenommen, wohingegen die nationalen Abgeordneten häufig mit der Komplexität europäischer Themen überfordert seien“ (Forstner 2012). Da verwundert es auch nicht, dass sich die Parteien auf europäischer Ebene immer wieder mit der Kritik konfrontiert sehen, wonach sie es nicht schafften würden, ein europäisches Bewusstsein zu erzeugen und stattdessen nationale Interessen zu verfolgen (vgl. Fischer 2001: 98). Weitere negative Aspekte sind die immer noch geringe Transparenz bei den Entscheidungsfindungen, die große Anzahl von Lobbyisten sowie die geringe Anzahl öffentlicher Sitzungen in den EU-Organen (vgl. Siegers 2009: 40). Auch die „europäische Berichterstattung und Meinungsbildung in den Medien (ist nach wie vor) unterentwickelt“ (Scharkow 2006: 9). Eine positive Entwicklung, bezüglich der europäischen Parteien, muss aber festgehalten werden. So plant die Kommission „ein eigenes europäisches Rechtsstatut für politische Parteien und Stiftungen auf europäischer Ebene (…) womit diese auf EU-Ebene anerkannt (werden) und ihr Rechtsstatus (…) vereinfacht (wird)“ (Machmer 2012). So soll u.a. für mehr Transparenz und Effizienz sowie noch stärkere Einhaltung der demokratischen Grundwerte gesorgt werden (vgl. ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die möglichen Demokratie- und Legitimitätsdefizite der Europäischen Union und Deutschlands im Vergleich
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
2,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
22
Katalognummer
V285825
ISBN (eBook)
9783656860716
ISBN (Buch)
9783656860723
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
EU, Deutschland, Demokratiedefizit, Legitimationsdefizit
Arbeit zitieren
Patrick Preidt (Autor:in), 2013, Die möglichen Demokratie- und Legitimitätsdefizite der Europäischen Union und Deutschlands im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285825

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