Vergleich der Lehransätze Ehrmanns und Weisbergs. Unterrichtsentwurf "Shiur zu Sukkot"


Seminararbeit, 2014

19 Seiten, Note: 0,0


Leseprobe


Ausführlicher Unterrichtsentwurf für einen Gemeinde-Shiur zum Thema Sukkot

Referendar: Mona Hohler

Kurs: Religiöser Erwachsenen-Shiur in einer Jüdischen Gemeinde Thema des Shiurs: Das Sukkot-Fest

Unterrichtsplanung

a) Hinweise zur Klasse und unterrichtlichem Zusammenhang

1. Klassensituation

Die vorliegende Unterrichtseinheit wurde für eine Erwachsenengruppe der Jüdischen Gemeinde Strasbourg konzipiert. In dieser lernen gegenwärtig 14 Jüdinnen und Juden im Alter von 18-29 Jahren auf freiwilliger Basis. Sie besitzen ein solides Vorwissen über die jüdische Religion und praktizieren diese nach traditionell-orthodoxer Orientierung. Unsere Shiurim (Unterrichtseinheiten) finden einmal wöchentlich im Gemeindezentrum statt, vor jüdischen Festen oder aufgrund sonstigen Bedarfes auch öfter. Dabei beschäftigen wir uns mit verschiedenen Aspekten des gelebten Judentums - den Paraschiot (Wöchentliche Toraabschnitte), Chagim (Jüdische Festtage) und der Halacha (Jüdisches Recht). Ziel ist es, durch die gemeinsame Erarbeitung und Diskussion derselben, das eigene Wissen sowie die jüdische Identität der Teilnehmer zu stärken, ihnen verschiedene philosophisch-spirituelle Perspektiven, aber auch praktische Umsetzungsmöglichkeiten der Torahgebote zu vermitteln und zum Reflektieren des eigenen Lebens und Handelns anzuregen. Dabei ist es meine Aufgabe, in das Thema der jeweiligen Stunde einzuleiten, Materialien sowie Fragestellungen vorzubereiten, auf deren Basis die weitere Beschäftigung erfolgen kann, sowie das Gruppengespräch zu leiten. Als Ansprechperson bei Unklarheiten, persönlichen Gedanken oder weiterführendem Interesse wird eine solide Kompetenz in jüdischer Literatur und Tradition von mir erwartet. Ausgelegt ist der Unterricht jeweils auf etwa zwei Zeitstunden, wobei wir jedoch flexibel sind. Ergeben sich lebhafte Diskussionen oder stellen sich viele Fragen, kann der Shiur dementsprechend verlängert werden, umgekehrt genauso.

2. Einordnung der Stunde in den Unterrichtlichtszusammenhang

Die hier dargelegte Unterrichtseinheit hat das jüdische Laubhüttenfest Sukkot zum Thema. Dieses wird kurz nach den Hohen Feiertagen (Rosh HaShana bis Yom Kippur) begangen, welche uns die letzten Wochen über beschäftigt haben. Wie bei den vorangegangenen Yomim Tovim (Feiertage) stehen auch hier geistig-emotionale, wie praktische Vorbereitungen auf das Fest im Vordergrund.

b) Didaktische und methodische Überlegungen

1. Sachanalyse

(Fest derחג הסכות (Fest des Einsammelns)1 und חג האסףDie beiden Namen des Sukkotfestes Laubhütten)2 sind beide programmatisch und illustrieren damit Anlass wie äußerliches Charakteristikum desselben. Begründet wird Sukkot an mehreren Stellen in der Torah, wobei die verschiedenen Beschreibungen jeweils andere Aspekte in den Fokus setzen. Am ausführlichsten wie vielschichtigsten beleuchtet Lev.23:39-43 das Fest: Doch am Fünfzehnten des siebten Monats, da ihr einsammelt den Ertrag des Landes, sollt ihr feiern das Fest des Ew-gen acht Tage lang, am ersten Tag ist eine Feier und am achten Tag ist eine Feier. Und ihr sollt euch nehmen am ersten Tag von der Frucht des Baumes Hadar, Palmzweige und Zweige vom Baum Avot sowie Bachweiden, und freuen sollt ihr euch vor dem Ew-gen eurem G'tt sieben Tage lang. Und feiern sollt ihr es, das Fest des Ew-gen, sieben Tage lang im Jahr. Eine ewige Satzung ist es für eure Geschlechter, im siebten Monat sollt ihr es feiern. In Laubhütten sollt ihr sitzen sieben Tage lang, alle Eingeborenen in Israel sollen sitzen in Laubhütten. Damit es eure Geschlechter erfahren m ö gen, dass in Laubhütten Ich wohnen lie ß die Kinder Israels, als Ich sie heraus geführt habe aus dem Lande Ä gypten, Ich bin der Ew-ge euer G'tt. Die Erinnerung an den Exodus sowie der Dank für eine gute Ernte bilden also die Grundlage des einwöchigen Festes, welches bis zur Zerstörung des Beit Ha'Mikdasch (Heiliger Tempel in Jerusalem) 70 n.Z. als eines der drei jährlichen Wallfahrtsfeste begangen und durch spezielle Opfergaben in demselben begleitet wurden. Neben Tier- und Speiseopfern gab es auch eine besondere Wasserschöpfzeremonie, bei der unter Musik und Tanz Wasser aus dem Schiloach-Teich in die Heilige Stadt gebracht und dort auf dem Altar dargebracht wurde. Heutzutage stehen die Mitzvot (Gebote) vom 'Wohnen' in einer Laubhütte, sowie das tägliche Schütteln der Arba Minim (die oben beschriebenen vier Pflanzen- bzw. Fruchtsorten) im Mittelpunkt von Sukkot. Der erste Tag, beziehungsweise in der Diaspora die ersten beiden Tage, gelten als Jom Tov ('voller' Feiertag), weshalb in dieser Zeit keine Arbeit verrichtet werden darf, die nicht unmittelbar mit dem Fest zu tun hat. Danach folgen Chol Ha'Moed (Halbfeiertage), die am siebten Tag in Hoshana Rabbah einen freudiger Abschluss finden. Mit diesem endet eine dreiwöchige Zeit des G'ttlichen Gerichts, welches seit Rosh HaShana (Neujahrsfest) über das Wohl der Welt und jedes Einzelnen im kommenden Jahr entscheidet.

Direkt angeschlossen ist das von Sukkot unabhängige Fest Schemini Atzeret, an dem der jährliche Torahzyklus beendet, sowie von Neuem begonnen wird.3

2. Didaktische Analyse

Ausgehend von den Torahbeschreibungen zu Sukkot sollen anhand von klassischen Werken Entwicklung und heutige Observanz des Festes nachvollzogen werden. Dabei gilt es vor allem, den Schritt vom einstigen Staatspilgerfest zur nun privaten Feierlichkeit nachvollziehbar zu machen und den Teilnehmern eine praktische Anleitung für die Sukkot-Einhaltung zu vermitteln. Neben dem Erwerb von theoretischen wie praktisch anwendbaren Wissen rund um das jüdische Laubhüttenfest stehen auch die kreativen wie emotionalen Bedürfnisse der Schüler im Blickfeld. Hierfür können Ideen zu Sukka-Schmuck, Rezepten sowie Liedern einerseits und spirituellen Kommentaren wie Gedanken andererseits beitragen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen geistiger, wie persönlicher Auseinandersetzung mit dem Thema ist anzustreben und durch abwechselndes Ansprechen miteinander zu verknüpfen.

3. Kompetenzen und Ziele

- Grobziel: Interesse und Begeisterung wecken bei den Schülern, das bevorstehende Sukkotfest eigenständig vorzubereiten und bewusst zu begehen.
- Feinziele: Grundlegendes Lernziel sind Wiederholung/Festigung beziehungsweise Erlernen der grundlegenden Halachot (Vorschriften) für Sukkot, dabei vor allem die Mitzvot des Sukkabaus, der Arba Minim und des Arbeitsverbotes am Jom Tov. Der bisherige Wissensstand soll ausgeweitet werden, dabei durch Detaildiskussionen zu eigenständigen wie engagierten Mitdenken anregen und kombiniert mit den philosophisch-spirituellen Perspektiven Vorfreude entfachen, die erarbeiteten Dinge selbst umzusetzen. Die gewonnene Handlungskompetenz bezüglich der Halachot, sowie die aufgebaute geistige wie emotionale Beziehung zu dem Fest, ermöglichen den Teilnehmern einen sicheren und bewussten Umgang mit der eigenen Tradition.

4. Methodische Analyse

Für das Erreichen der oben genannten Ziele bietet sich eine Mischung aus den drei folgenden Lernansätzen an:

1) Theoretischer Teil: Studium der Texte und Halachot mit Erklärungen sowie der Gelegenheit für Fragen und Diskussionen.
2) Praktischer Teil: Vorführen der benötigten Kultgegenstände, mediale Eindrücke zum Fest und praktische Tipps zur Vorbereitung/Begehung Sukkots.
3) Spiritueller Teil: Talmudische, chassidische und moderne Gedanken zum Laubhüttenfest.

Nach kurzer Begrüßung und Einführung ins Thema erhalten die Teilnehmer Arbeitsblätter mit verschiedenen Quelltexten zu Sukkot. Ausgehend von den Torahbeschreibungen sollen im Gruppengespräch bereits erste Ideen zu Anlass und Charakteristika des Festes erarbeitet werden.

Nun leitet der Text ''Zman Simchatenu - Zeit unserer Freude'' aus dem Midrasch Jalkut über zu den zentralen Mitzvot des heutigen Festes, die hernach einzelnd nacheinander besprochen werden. Dies geschieht jeweils anhand einer Mischung aus Halacha-Studium, sprituellen Betrachtungen des Gebotes und praktischer Vorführung mithilfe von Videos oder den Gegenständen selbst. Erste und wichtigste Mitzva des Festes ist Bau und Bewohnen der Laubhütte. Sie gibt dem Fest seinen Namen und demonstriert die Essenz desselben: In ihr zeigt sich die Verbindung seiner beiden Anlässe (Exodus und Dank für die Ernte) sowie der Verortung im jüdischen Kalender (nach den Hohen Feiertagen). Ist diese herausgearbeitet, kann man weiter gehen zu der Mitzva der Arba Minim, welche einerseits Raum geben für spirituelle Deutungen, als auch für praktische Übungen (Kriterien für die Auswahl eines Strausses und richtiges Schütteln desselben). Dritte und letzte Mitzva des Festes war einst die Wallfahrt zum Beit Ha'Mikdasch in Jerusalem, welche heute in dieser Form nicht mehr möglich ist. Hierbei bietet der Text ''Simchat Beit Ha'Shoevah'' einen schönen wie bereichernden Einblick in die Festlichkeiten zu Zeiten des Tempels. An ihm lässt sich erkennen, welche Grundstimmung die Sukkotwoche über herrschen soll: Die von überschwenglicher Freude und Hingabe an G'tt und Seine Gebote. Wie sich diese auch heute noch umsetzen lässt, soll mit den Schülern diskutiert werden - dabei können Aspekte wie das gemeinsame Gebet in der Synagoge, Schmücken der Laubhütte, Festtagsrezepte, Lieder, die Idee der Ushpizin4 und das Einladen von Freunden in die eigene Sukka behandelt und je nach Wunsch eingänglicher thematisiert werden. Zum Abschluss trägt der Kurs seine Lernergebnisse, Ideen und Anregungen noch einmal zusammen, daneben gibt es noch einmal die Möglichkeit für eventuelle Rückfragen.

c) Unterrichtsverlauf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

d) Anlagen

Hinweis: Die hier angegebenen Werke sind nur der Grundstock für die Unterrichtsstunde. Nach Bedarf und Interesse können jeweils noch andere Bücher, Internetseiten, Machsorim (Gebetsbücher) etc. hinzugezogen werden.

Breslov.co.il, ''Sukkot'', <http://www.breslev.co.il/searchresults.aspx? text=Sukkot&type=0&fulltype=article&pageid=1&language=english>, (20.03.2014).

Chabad.org, ''Sukkot'', <http://www.chabad.org/holidays/JewishNewYear/template_cdo/aid/4126/jewish/Sukkot.htm>, (20.03.2014).

Ehrmann, Elieser, Von Trauer zur Freude. Leitf ä den und Texte zu den jüdischen Festen, Berlin 2012.

Ganzfried, Schelomo, Kizzur Schulchan Aruch, Basel 2001.

Prero, Yehuda, ''Simchas Bais HaShoeva - A Happiness of Oneness'', <http://www.torah.org/learning/yomtov/sukkos/vol3no21.html>, (20.03.2014).

Schapiro,Yehuda, ''How to Observe Sukkot. Laws and Customs of the holiday'', <http://www.chabad.org/multimedia/media_cdo/aid/1975837/jewish/How-to-Observe-Sukkot.htm>, (20.03.2014).

Tauber, Yanki, ''The Ushpizin'', <http://www.chabad.org/holidays/JewishNewYear/template_cdo/aid/571505/jewish/The- Ushpizin.htm>, (20.03.2014).

Zunz, Leopold, Die Heilige Schrift. Hebr ä isch-Deutsch, Tel Aviv 2008.

Texte für die Arbeitsblätter

Torahbeschreibungen des Sukkotfestes

Doch am Fünfzehnten des siebten Monats, da ihr einsammelt den Ertrag des Landes, sollt ihr feiern das Fest des Ew-gen acht Tage lang, am ersten Tag ist eine Feier und am achten Tag ist eine Feier. Und ihr sollt euch nehmen am ersten Tag von der Frucht des Baumes Hadar, Palmzweige und Zweige vom Baum Avot sowie Bachweiden, und freuen sollt ihr euch vor dem Ew-gen eurem G'tt sieben Tage lang. Und feiern sollt ihr es, das Fest des Ew-gen, sieben Tage lang im Jahr. Eine ewige Satzung ist es für eure Geschlechter, im siebten Monat sollt ihr es feiern. In Laubhütten sollt ihr sitzen sieben Tage lang, alle Eingeborenen in Israel sollen sitzen in Laubhütten. Damit es eure Geschlechter erfahren mögen, dass in Laubhütten Ich wohnen ließ die Kinder Israels, als Ich sie heraus geführt habe aus dem Lande Ägypten, Ich bin der Ew-ge euer G'tt. (Lev.23:39-43)

Das Fest der Laubhütten sollst du begehen sieben Tage lang, wenn du einbringst aus deiner Tenne und deiner Kelter. Und freuen sollst du dich an deinem Feste, du und dein Sohn, und deine Tochter und dein Knecht und deine Magd und der Levi und der Fremde, und die Waise und die Witwe, welche in deinen Toren sind. Sieben Tage lang sollst du feiern dem Ew-gen deinem G'tt an dem Orte, den der Ew-ge auswählen wird, denn segnen wird dich der Ew-ge in all deiner Ernte und in allem Tun deiner Hände, so freue dich außerordentlich. Drei Male im Jahr sollen erscheinen alle deine Männlichen vor dem Angesicht des Ew-gen deines G'ttes, an dem Orte, welchen Er sich erwählen wird - nämlich am Fest der ungesäuerten Brote, am Fest der Wochen und am Fest der Laubhütten, und nicht sollen sie leer vor dem Angesicht des Ew-gen erscheinen. Jeder nach der Gabe seiner Hand, entsprechend dem Segen des Ew-gen deines G'ttes, welchen Er dir geben wird. (Deut.16:13-17)

Zman Simchatenu - Zeit unserer Freude

In der Schrift findet sich für das Sukkotfest dreimal das Gebot der Freude: ''Und freuen sollst du dich an deinem Feste'', ''so freue dich außerordentlich'' und ''freuen sollt ihr euch vor dem Ew-gen, eurem G'tt, sieben Tage lang.'' Am Pessachfest ist von Freude keine Rede. Warum? Weil am Pessach der Ertrag der Ernte noch gänzlich ungewiß ist. Ebenso findest du, dass am Schavuotfest die Torah nur einmal von der Freude spricht, weil zwar schon das Korn eingebracht wird, aber die Obst- und Weinlese noch aussteht. Aber am Sukkotfest, da die Früchte des Feldes, die Obst- und Weinlese glücklich gesichert, spricht die Torah von dreifacher Freude. (Jalkut zu 3.Mose § 65,4)

Simchat Beit Ha'Shoevah

[Siehe dazu Mischna, Sukka 5,1-4.]

Vergleichende Analyse der beiden folgenden Lehransätze:

1) Elieser L. Ehrmann - ''Von Trauer zur Freude. Leitfäden und Texte zu den jüdischen Festen'' und

2) Online-Shiurim von Chana Weisberg auf Chabad.org

Im Folgenden sollen die beiden Lehransätze von Elieser Ehrmann einerseits und Chana Weisberg andererseits vorgestellt, in ihren zeitlichen wie kontextualen Rahmen eingebunden und schließlich vergleichend analysiert werden.

Elieser Leopold Ehrmann wurde 1903 im polnischen Tarnów geboren und absolvierte nach der Übersiedlung seiner Familie nach Berlin die Schullaufbahn bis zum Abitur. Anschließend studierte er die Fächer Englisch und Geschichte, welche er 1932 mit einer Dissertation an der Friedrich- Wilhelms-Universität Berlin abschloss. Nebenbei arbeitete er bereits seit 1930 an der reformpädagogischen Karl-Marx-Schule Berlin, die ihn nach erfolgreich bestandenem Doktorat als Studienassesor anstellte. Als das Lehrhaus im Februar 1933 durch die Nationalsozialisten geschlossen und Ehrmann in den frühzeitigen Ruhestand versetzt wurde, wechselte dieser an die private, jüdische Theodor-Herzl-Schule Berlin.1 1936 in die Reichsvertretung der Juden in Deutschland berufen und dort in der Schulabteilung tätig, erhielt Ehrmann die Aufgabe, Arbeitspläne zu den jüdischen Festen zu erstellen und diese durch dazugehörige Quellenhefte zu ergänzen. Beides sollte den Lehrkräften der jüdischen Schulen als Orientierungshilfe sowie als Unterrichtsmaterial dienen. In den Jahren 1937-38 verfasste Ehrmann also eine Reihe an pägagogischen Dossiers, die zunächst in Rundschreiben, später in eigens herausgegebenen Sonderheften der Schulabteilung publiziert wurden.2 Diese erneut zusammengestellten und im 2012 herausgegebenen Buch ''Von Trauer zur Freude. Leitfäden und Texte zu den jüdischen Festen'' erschienenen Schriften sollen die Grundlage meiner folgenden Analyse bilden.

Nach der Reichspogromnacht vom 08./09.November 1938 emigrierte Ehrmann in die USA, wo er seine pädagogische Arbeit fortsetzte und jahrzehntelang in enger Verbindung mit dem Board of Jewish Education of Metropolitan Chicago stand. Wann und wo er starb, ist nicht bekannt.3

Um die grundlegenden Bedingungen und Motivationen von Ehrmanns pädagogischen Heften verstehen zu können, soll hier ein kurzer Überblick zu den Zeitumständen gegeben werden.

Bereits kurze Zeit nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, veränderte sich die Situation der jüdischen Schüler wie Lehrer drastisch: Mit dem im April 1933 erlassenen Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums wurden jüdische Lehrer und Professoren aus dem Staatsdienst entlassen, jüdische Kinder zunehmend von den öffentlichen Schulen gedrängt.4 Infolge dessen musste ein paralleles, jüdisches Bildungwesen aufgebaut werden, welches um die 60.000 schulpflichtige Kindern aufzufangen hatte.5 Diesem Struktur und Gestalt zu verleihen war Aufgabe der Reichsvertretung der Deutschen Juden, welche im September 1933 gegründet wurde und fortan als höchste Repräsentanten- wie Koordinierungsorganisation der deutschen Juden wirkte.6 Gab es auch von Anfang an Auseinandersetzungen über Gestalt und Inhalt der neuen Erziehung, so herrschte doch spätestens ab den einschneidenden Nürnberger Gesetzen 1935 breiter Konsens darüber, dass die jüdische Assimilation in Deutschland gescheitert sei und es nun gelte, die Kinder auf eine Auswanderung ins Ausland, hauptsächlich nach Palästina, vorzubereiten.7 Dementsprechend klingen auch die 1937 von ihnen formulierten Bildungsziele: Die Schule soll von einem sich selbst begreifenden jüdischen Geiste durchdrungen sein. Das jüdische Kind soll seines Judeseins in gesundem Bewusstsein sicher werden; es soll sich des Namens freuen lernen, mit allem Stolz und aller Entbehrung, die damit verbunden sind. Zur Erreichung dieses Zieles ist das Jüdische in den Mittelpunkt aller dafür in Betracht kommenden Unterrichtsf ä cher zu stellen. 8 Statt Demut und Einfinden in das eigene Schicksal sollen Selbstbewusstsein und eine starke jüdische Identität vermittelt werden, die es den Kindern in der künftigen Heimat ermöglichen würden, ein neues und freies Leben zu beginnen. Doch gerade hierbei ergaben sich vielfach Probleme beim Lehrpersonal: Aufgrund der eigenen Säkularisierung und Assimilation stellten ein soldides Grundwissen über die eigene Tradition sowie authentisches Vorleben jüdischer Werte und Bräuche für viele Lehrer eine schier unüberwindbare Herausforderung da.9

Diese Brücke zu überkommen helfen, war das Anliegen von Ehrmanns pädagogischen Publikationen, die im Laufe der Jahre 1937-38 herauskamen und sich vornehmlich an fachfremde wie in der religiösen Praxis eher unerfahrene Kollegen wendete.

Als konzeptuellen Grundsatz seiner Arbeitspläne wie Quellensammlungen setzte er den Luach, den Jüdischen Festtagskalender, anhand dem man eine ausgewogene Mischung von theoretischer Wissensvermittlung und praktischem Ausprobieren wie Erleben der eigenen Tradition erreichen könne und oben gesetztem Ziel der positiven Identitätsstiftung als Jude näher käme. In den Vorbemerkungen zu seinen Schriften erläutert Ehrmann Absicht und Umsetzung derselben: Neben der Zusammenstellung des notwendigen Materials für für die kulturkundliche Fortbildung des Lehrers habe ich es als meine Hauptaufgabe angesehen: auf alle für die Feiertage in Frage kommenden Stoffe hinzuweisen, das ganze, im weitesten Umfange für den Unterricht zu verwendende Material (Bibel, Talmud, Midrasch, Kodizes, moderne jiddische und hebr ä ische Literatur, Darstellungen, Reisebeschreibungen, Lieder, Bilder) zusammenzustellen, zu sichten und nach Klassenstufen zu ordnen, die Verwendungsm ö glichkeit darzulegen, Querverbindungen zu anderen Stoffen herzustellen, eine Arbeit, die für diesen Stoff noch nicht geleistet worden ist und für die Vorbilder fehlen. 10 Dieser umfassende wie lebensnahe Lehransatz ehtlehnt viele Ideen der Reformpädagogik, wie sie Ehrmann bereits an der Karl-Marx-Schule sowie später an der Theodor- Herzl-Schule kennen lernen wie praktizieren konnte. Seine Publikationen sind nach eigenen Aussagen in einem Arbeitskreis mehrerer jüdischer Lehrer entstanden und seien teils von diesem mit inspiriert.11 Der Titel des 2012 erschienenen Sammelbuches ''Von Trauer zur Freude'', in dem seine Arbeitspläne wie Quellentexte abgedruckt sind, scheint in doppeltem Sinne Programm von Ehrmanns Werk zu sein: Zum einen beschreibt er den durchgehend hoffnungsvollen wie zukunftsweisenden Charakter seiner pädagogischen Stoffe, die in einer sich dramatisch verschlechternden wie feindseligen Umgebung entstanden, zum anderen lehnt sich der Titel an Zitate der Pessach-Haggada an, welche Ausgangspunkt für seine konzeptuellen Ansätze wurde.12 Damit reiht sich Ehrmann in eine lange Kette jüdischer Gelehrter ein, die aus dem bekannten Urbeispiel jüdischer Religionspädagogik Anregungen für eigene Unterrichtsmaterialien zog. Dieses jahrhundertealte Konzept auf neue Gegebenheiten anzuwenden, forderte auch sein Zeitgenosse Franz Rosenzweig: Was die Pessachhaggada in der Zeit ihrer Entstehung geleistet haben mu ß , das oder etwas Ä hnliches hat der [Religions-]Lehrer im Zusammenhang der Behandlung des Sabbats und der Festtage zu geben. 13 Nämlich Kindern auf spielerischer wie kreativer Weise Zugang zur

Geschichte, den Schriften und Werten des jüdischen Volkes zu verschaffen, Neugier und Begeisterung zu wecken für die eigene Identität als Jude sowie Traditionen und Bräuche verständlich zu machen. Zusätzlich sollen die Schüler nach Ehrmanns Vorstellungen geistig in eine andere, heilere Welt eingeführt werden, die besser ist als ihre momentane Lebenswirklichkeit - zum einen in die authentische wie unberührte Idylle der osteuropäischen Shtetl, wo Juden eine religiöse wie gesellschaftliche Einheit bilden, zum anderen in den aufstrebenden wie abenteuerlichen Nahen Osten, wo Kibbutzim und durchgehend sommerliche Temperaturen ein Wunderland unbegrenzter Freiheit und Möglichkeiten versprechen.14 Während Ersteres wohl vor allem als geistiger Zufluchtsort gedacht war, sollten die Texte über Palästina vermutlich konkrete Emigrationswünsche seitens der Kinder wecken. Sie auf die gesellschaftlichen wie klimatischen Bedingungen im Heiligen Land vorzubereiten, die dort benötigten landwirtschaftlichen wie technischen Begabungen zu fördern, die Umgangssprache Hebräisch zu lehren und Lust auf seine archäologisch-historischen Stätten zu wecken, das alles spricht aus den entsprechenden schriftlichen Quellen wie auch aus den Arbeitsplänen Ehrmanns.

Über die Wirksamkeit dieses Lehransatzes, welcher durch die Reichsvertretung der Deutschen Juden begründet worden war, gibt es heute weitestgehende Übereinstimmung: Die jüdische Schule hätte zwar bei der Vermittlung von jüdischem Glauben und jüdischer Religion keine allzu gro ß en Erfolge erzielt, jedoch den Kindern zur Festigung einer klaren Identit ä t 15 verholfen und somit zur persönlichen Entwicklung bis ins Erwachsenenalter maßgeblich beigetragen. Das Trauma der Vertreibung konnte sie lindern, [wenn auch] nicht verhindern,16 wie bei einem Treffen ehemaliger Schüler der Theodor-Hertzl-Schule 2006 resümiert wurde.

Mit den Novemberpogromen 1938 wurde dem jüdischen Schulwesen ein jehes wie brachiales Ende gesetzt. Die Zerstörung der Lehrhäuser, massenweise Inhaftierungen und Flucht vieler Lehrkräfte wie Schüler sowie die Annulierung finanzieller Unterstützung durch den Staat ließen die Möglichkeiten der Reichsvertretung auf ein Minimum sinken. Im Juni 1942 löste die NS-Regierung das jüdische Schulsystem komplett auf und deportierte die letzte Leiterin der Schulabteilung, Paula Fürst, in ein polnisches Vernichtungslager, wo sie vermutlich umkam.17

Chana Weisberg ist eine jüdisch-amerikanische Publizistin, Dozentin und Online-Bloggerin. Ihr Beschäftigungsfeld umfasst zahlreiche Aspekte jüdischer Bildung und Erziehung, dabei liegt ihr Hauptfokus auf den Themen Frauen, Glaube und Persönlichkeit, zwischenmenschliche Beziehungen und der 'Jüdischen Seele'. Neben ihrer Tätigkeit als Editorin der Webseite TheJewishWoman.org und Mitbegründerin der Seite Askmoses.com, wo Menschen kostenlos Fragen zu jüdischen wie persönlichen Themen stellen können, die dann von orthodoxen Rabbinern beantwortet werden, arbeitet sie auch für ihre Heimatgemeinde in Toronto (Kanada). Hier ist sie Vorsitzende des JRCC's Institute of Jewish Studies, welches neben einem breit gefächerten Bildungsangebot auch Mentoring-Kurse und Outreach-Programme offeriert. Dabei gibt Weisberg selbst Unterrichte und stellt pädagogisches Lehrmaterial zusammen, welches mitlerweile in zahlreichen Ländern für religiöse Shiurim verwendet wird. Weiterhin schreibt sie regelmäßig Kolumnen für das amerikanische Magazin ''The Jewish Press'', die Prinatausgaben der wöchentlichen Chabad-Zeitschrift ''Think Jewish'' sowie für die Internetseiten derselben Organisation. Nicht zuletzt ist sie auch Herausgeberin dreier Textbücher der Feminine Voices Series für die Shluchim-Arbeit Chabads sowie fünf weiterer Publikationen zu spirituellen Perspektiven auf das Leben.18

Für die Analyse ihres Lehransatzes möchte ich mich auf Weisbergs Veröffentlichungen bei Chabad.org sowie TheJewishWoman.org beschränken, um so ein klareres Bild ihrer Grundsätze zeichnen zu können. Beide Seiten wenden sich an ein sehr gemischtes Publikum - von säkularisierten, mit der eigenen Tradition wenig vertrauten Juden bis hin zu streng orthodoxen Gelehrten, von kleinen Kindern bis hin zu Senioren, von feministisch-liberalen Denkern bis hin zu Konservativisten. Grundziel von Chabad ist dabei die Vermittlung religiösen Wissens sowie das Wecken von Interesse an der eigenen, jüdischen Identität. Diese zu fördern, sowohl durch Anregung zur Obervanz der Mitzvot (Religiöse Gebote), als auch durch einen vertieften, persönlichen Zugang zum kulturellen wie moralischen Erbe des Judentums und das Erleben einer innerjüdischen Gemeinschaft haben oberste Priorität.19 Sich dieser Herausforderung stellend, nutzt Weisberg hier vornehmlich drei Formen der Vermittlung: Artikel, Videos und Blogeinträge. Während ersteres Medium das ganze Spektrum ihrer Themen abdeckt und unterschiedliche Länge haben kann, scheint die Aufteilung bei Videos und Blogs doch differenzierter. Ihre audiovisuellen Beiträge sind meist Mitschnitte von Shiurim oder religiösen Vorträgen, teils auch fachinterner Diskussionen zu chassidischen Themen, die auf ein wenig vorgebildetes Publikum ausgerichtet sind und in der Regel nicht länger als eine halbe Stunde dauern. Als Arbeitsgrundlage der Shiurim steht den Teilnehmern fast immer ein Handout zur Verfügung, anhand dessen der Stoff behandelt wird. Der Unterricht läuft stets nach folgendem Muster ab:

1) Einstieg über eine Geschichte aus dem Leben, die zu einer persönlichen Fragestellung führt
2) Ausschnitt aus der aktuellen Paraschat Ha'Shavua (Wöchentlicher Torahabschnitt)
3) Erarbeitung der Textstelle anhand ausgewählter, traditioneller Kommentare (z.B. Talmud, Raschi, Rambam, Lubavitcher Rebbe etc.)
4) Anwendung der gewonnenen Einsichten auf die vorherige Fragestellung und dadurch Beantwortung derselben auf spiritueller Ebene
5) Ideen zur Umsetzung des Gelernten und kurzes Resümee

Raum für Fragen, persönliche Anmerkungen und Diskussionen bietet sich jeweils am Anfang der Stunde, zwischen den einzelnen Arbeitsschritten und am Ende des Shiurs. Die Lernenden werden durch Fragen zur Äußerung ihrer Meinung wie auch zum aktiven Mitgestalten des Kurses eingeladen, das Vorlesen und teilweise auch erste Deuten der zu behandelnden Quelltexte wird ihnen überlassen. Leitende wie zielführende Persönlichkeit bildet jedoch stets Weisberg. Die gewählte Fragestellung, der jeweils nachgegangen wird, dreht sich meist um zwischenmenschliche Beziehungen, den Umgang mit verschiedenen Lebenssituationen, das Entwickeln einer gefestigten Persönlichkeit sowie das Bilden moralischer, sozialer und religiöser Werte.20

Ähnlich aufgebaut sind auch ihre regelmäßigen Blogeinträge auf TheJewishWoman.org, die jedoch durch die fehlende direkte Kommunikation und die erwartete Prägnanz andere Themengebiete umfassen. Hier geht es vor allem um kurze Alltagsbegebenheiten, denen durch Reflexion und Beleuchtung anhand jüdischer Quellen ein tieferer Sinn gegeben werden soll. Ihre Postings haben meist folgenden inhaltlichen Aufbau:

1) Knapper Bericht über ein eigenes Erlebnis
2) Eigene Reflexion darüber unter Hinzuziehung traditioneller Aussprüche und Weisheiten (z.B. Pirkei Avot, Tehilim, Berichte über das Leben religiöser Persönlichkeiten etc.)
3) Formulieren einer allgemeinen, spirituell bereicherten Perspektive zu dem Thema, oftmals einfach umsetzbare Tipps für die eigene Lebenspraxis

Bei weitergehendem Interesse wird der Leser aufgefordert, einen Kommentar unterhalb des

Blogeintrages zu hinterlassen oder sich direkt per Mail an Weisberg zu wenden. Diese Option bietet sich auch bei ihren sonstigen Veröffentlichungen auf Chabad, wird aber scheinbar vornehmlich dort benutzt.21

Ihre Artikel sind inhaltlich wie formal vielfach Mischformen der beiden oben beschriebenen Kategorien. Thematisch breit aufgestellt, befassen sie sich größtenteils mit sachorientierteren Aussagen und Perspektiven des jüdischen Lebens. Die traditionellen Schriften, religiöse Feiertage und Gebote wie auch Moralkodex und Umgang mit der modernen Welt bilden zentrale Gegenstände dieser Texte. Oftmals werden hierbei zu Anfang erst mehrere, teils gegensätzliche Aspekte und Meinungen beleuchtet, die dann im Verlauf des Artikels wieder in Einklang gebracht und zu einer gemeinsamen Aussage geführt werden. Das Bilden einer klaren, einheitlichen Meinung zu dem jeweiligen Thema scheint dabei Hauptanliegen derselben zu sein.22

Gemeinsames Ziel Ehrmanns und Weisbergs pädagogischer Arbeit ist das Stärken jüdischer Identität anhand intellektueller wie persönlicher Auseinandersetzung mit der religiösen Tradition. Die Vermittlung theoretischen wie praktischen Wissens um Schriftgut, Halacha, Bräuche und Feiertage sollen die Schüler anregen, sich auf mehreren Ebenen mit dem Judentum zu beschäftigen, dies zu praktizieren und in einem dritten Schritt zu verinnerlichen. Dabei wenden sich beide an ein sehr gemischtes Publikum, von säkularem bis orthodoxem Hintergund und mit unterschiedlichem Vorkenntnisstand. Besteht bei Ehrmann die Ansprachegruppe hauptsächlich schulpflichtige Kinder, welche im Zuge ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu traditionsbewussten Juden erzogen werden sollen, sind Weisbergs Rezipienten vor allem erwachsene Individuen, die aus freiem Antrieb eine Annäherung an jüdisches Leben und Denken suchen. Unterricht wie Materialien sind jeweils in Landessprache gehalten, hebräische Originaltexte sind immer auch in Übersetzung vorhanden.

Entsprechend den verschiedenen Adressaten, ergeben sich unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema Judentum. Dem schulischen Bildungsauftrag verpflichtete Unterricht Ehrmanns bietet einen intellektuellen und dennoch lebensnahen Zugang, welcher durch ausgiebige Textarbeit und ein breites Spektrum an Perspektiven ein facettenreiches Gesamtbild des Dossiers aufzuzeigen sucht. Die persönlich-emotionale Ansprache der Schüler steht dabei eher im Hintergrund, vielmehr sollen eigenständiges Reflektieren und Positionieren zum Gelernten eine höhere Identifikation mit dem Judentum bewirken. Das selbst erarbeitete Wissen erzeugt im besten Fall den Wunsch, dieses auch außerhalb des Klassenzimmers umsetzen zu wollen, es als Teil des eigenen Lebens und der eigenen Persönlichkeit zu akzeptieren. Anders hingegen der Grundsatz Weisbergs, welche vor allem auf die emotionale Ansprache der Zuhörer setzt. Die intellektuelle Auseinandersetzung mit der Tradition wird vordergründig genutzt, um damit moralische wie spirituelle Aussagen zu begründen und diese dadurch zu untermauern. Die Textquellen dienen somit als eine Art Beweismittel für deren Übereinstimmung mit der jüdischen Lehre. Eine Forderung nach ausdauerndem, geistigen Engagement und Durchdenken der Texte/Rituale/Gesetze etc. würde ihr angesprochenes Publikum vermutlich überstrapazieren und somit vom weiteren demgesinnten Widmen der Freizeit abhalten. Das Aufgreifen lebenspraktischer Situationen und Fragestellungen dient als Anreiz zu einer tiefergehenden Betrachtung derselben, wobei die offerierten jüdischen Ansichten zum Thema das eigene Leben bereichern sollen. Die neu gewonnenen Sichtweisen, teils auch Ratschläge und Umsetzungsideen, spenden idealerweise Inspiration und Mut, sich selbst und seine Umwelt bewusster wahrzunehmen und auf diese zu reagieren. Dafür werden die anfänglich aufgezeigten Problematiken mithilfe fester Arguentationsstränge zu einem klaren Ergebnis, einer eindeutigen Aussage geführt, welche ohne weitere Anstrengungen übernommen werden kann.

Die Rolle des Lehrers ist sowohl bei Ehrmann, als auch bei Weisberg deutlich im Fokus: Er fungiert als zentraler Leiter der Stunde, indem er Struktur, Materialien und Arbeitsschritte festlegt, sowie den Fortlauf des Unterrichtes bestimmt. Hauptsächlich eingesetzte Sozialform ist deshalb der Frontalunterricht, nur an ausgewählten Stellen können Wortmeldungen, Diskussionen oder Gruppenarbeiten treten. Da das übergeordnete Ziel des Lernens das Stärken jüdischer Identität ist, fungiert der Lehrer zudem als persönlicher Ansprechpartner und lebendiges Vorbild der Schüler.

Um diese optimal anzusprechen, schlagen beide Pädagogen einen multimedialen Ansatz vor. Neben gedruckten Texten emphiehlt Ehrmann auch die Nutzung auditiver Mittel wie Radiomitschnitte oder Platten, dazu regt er an, mit den Kindern religiöse Lieder zu singen und Gebete einzustudieren. Das Verfassen eigener Feiertagsberichte regt zur Kreativitär an, wofür Reisebeschreibungen und Bilder Anregungen liefern. Den Zeitumständen entsprechend sind die technischen Möglichkeiten Weisbergs ausgefeilter - neben Videos samt dazugehörigen Handouts bieten Artikel und Blogeinträge auf Zeitumfang und Interesse der Rezipienten abgestimmte Quellen, die jeweils durch Bilder illustriert und mit Verlinkungen versehen zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema einladen. Die Interkommunikation wird durch Kommentarfelder, die Mailfunktion und eine Rubrik für persönliche Fragen bzw. Anregungen ermöglicht. Neben den Onlineangeboten stehen Printmedien, Vorträge, Workshops und Gruppenkurse Weisbergs zur Verfügung. Damit ist sie nicht nur für Schüler und Interessierte ihres unmittelbaren Umfeldes erreichbar, sondern für Menschen in aller Welt und von sämtlichen Hintergründen.

Suchte sich Ehrmann die jüdischen Feiertage als Leitmotiv seines Unterrichtes aus, so liegt der Fokus bei Weisberg vor allem auf persönlichen Aspekten des täglichen Lebens.

Dazu ist es jedoch wichtig, die zeitlichen wie sozialen Rahmenbedingungen mit einzubeziehen. Elieser Ehrmann lebte und arbeitete in der feindseligen Umwelt des Dritten Reiches, unter dessen Einfluss er formalem wie inhaltlichem Druck ausgesetzt war und welches indirekt das Hauptziel seiner pädagogischen Überlegungen formte, nämlich die Vorbereitung der jüdischen Kinder auf eine Emmigration ins lebensrettende Ausland. Seinen reformpädagogischen Ansätzen treu bleibend und dem demütigenden Regime trotzend, schuf Ehrmann eine Materialsammlung, die Lehrern wie Schülern ein positives wie vielseitiges Bild ihrer jüdischen Identität zu vermitteln suchte und behutsam in eine hoffnungsvollere Zukunft wies.

Chana Weisbergs Familie entkam der Shoah und dem sowjetischen System, welches freie Religionsausübung nicht duldete.23 Einer Dynastie angesehener Rabbiner entspringend,24 setzt sie sich heute für die Erhaltung dieses geistigen wie kulturellen Erbes ein. Hilfestellungen und Inspirationen zu geben, wie gläubige Juden die Herausforderungen der modernen Welt und Gesellschaft mit den traditionellen Werten des Judentums in Einklang bringen, sowie Sinn und Spiritualität in ihrem persönlichen Leben finden können, sind dabei ihre Hauptanliegen.

Abschließend ist zu sagen, dass beide Pädagogen ihrer Zeit und ihren Möglichkeiten entsprechend eine enorme Arbeit leiste(te)n und dabei trotz ihrer teils recht unterschiedlichen Zugänge vor allem eines forderten, das auch schon im 'Urexempel' jüdischer Didaktik, der Pessach-Haggada, Ausdruck findet: Dem Bedürfnis und der Fassungsgabe jedes einzelnen Schülers entsprechend Antworten zu geben, die ihn näher an Geschichte, Tradition und Werte seines Volkes bringen.25

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[...]


1 Ex.23:16 und Ex. 34:22.

2 Lev.23:34, Dtn.16:13 und Dtn. 16:16.

3 Für einen Überblick zum Thema Sukkot, sowie weiterführende Links siehe: Chabad.org, ''Sukkot'', <http://www.chabad.org/holidays/JewishNewYear/template_cdo/aid/4126/jewish/Sukkot.htm>.

4 ''Ushpizin'' bedeutet wörtlich G ä ste und bezieht sich auf die Vorstellung, dass an jedem der sieben Sukkot-Abende ein anderer der Erzväter zu Besuch in den jüdischen Laubhütten ist und sich an den Festivitäten beteiligt. Für weiterführende Erklärungen zum Thema Ushpizin siehe Yanki Tauber, ''The Ushpizin'', <http://www.chabad.org/holidays/JewishNewYear/template_cdo/aid/571505/jewish/The-Ushpizin.htm>.

1 Elieser Ehrmann, ''Von Trauer zur Freude. Leitfäden und Texte zu den jüdischen Festen'', Berlin 2012, S.22-23.

2 Ebd., S.7.

3 Ebd., S.23-24.

4 Für den Wortlaut des Gesetzestextes siehe Kai Riedel, ''Berufsbeamtentumsgesetz'', <http://www.documentarchiv.de/ns/beamtenges.html>. Über Auswirkungen des ''Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums'' siehe Martin Rüther, ''7.April 1933'', <http://www.lebensgeschichten.net/selcont3.asp? typ=G&value=1045>.

5 Elieser Ehrmann, ''Von Trauer zur Freude. Leitfäden und Texte zu den jüdischen Festen'', S.11.

6 Deutsches Historisches Museum, ''Die Reichsvertretung der Deutschen Juden'', <http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/antisemitismus/reichsvertretung/>.

7 Elieser Ehrmann, ''Von Trauer zur Freude. Leitfäden und Texte zu den jüdischen Festen'', S.18.

8 Joseph Walk, ''Jüdische Schule und Erziehung im Dritten Reich'', Frankfurt a.M. 1991, S.265.

9 Ruth Röcher, ''Die jüdische Schule im nationalsozialistischen Deutschland 1933-1942'', Frankfurt a.M. 1992, S.118-121.

10 Elieser Ehrmann, ''Von Trauer zur Freude. Leitfäden und Texte zu den jüdischen Festen'', S.56.

11 Ebd., S.26.

12 So heißt es in der Pessach-Geschichte: ''… aus der Knechtschaft zur Freiheit, aus Kummer zur Freude, aus Trauer zum Fest...'', ebd., S.26. Für eine Pessach-Haggada samt Erklärungen siehe Menachem Schneerson, ''Haggadah for Passover: With Rebbe's Reasons & Customs'', New York 2007. Für eine Betrachtung der Haggada aus pädagogischer Sichtweise, siehe Daniel Krochmalnik, <http://dkrochmalnik.files.wordpress.com/2008/09/lernmodell_seder.pdf>. Schriften'', Bd.3, Dordrecht u.a. 1984, S.464.

13 ''Lernmodell Seder'', Franz Rosenzweig, ''Gesammelte

14 Elieser Ehrmann, ''Von Trauer zur Freude. Leitfäden und Texte zu den jüdischen Festen'', S.12-13.

15 Zitate der israelischen Historikerin Yfaat Weiss: Yfaat Weiss, ''Schichsalsgemeinschaft im Wandel. Jüdische Erziehung im nationalsozialistischen Deutschland 1933-1938'', Hamburg 1991, S.109.

16 Zitat aus einem Artikel der Jüdischen Allgemeinen Zeitung anlässlich eines Schultreffens ehemaliger Schüler: Marcus Franken, ''Insel der Geborgenheit'', <http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/6594>.

17 Elieser Ehrmann, ''Von Trauer zur Freude. Leitfäden und Texte zu den jüdischen Festen'', S.21.

18 Für einen Überblick zu ihren Tätigkeiten siehe TorahCafé, ''Mrs. Chana Weisberg'', <http://www.torahcafe.com/scholar/mrs-chana-weisberg_0000000538.html>.

19 Für eine Erklärung der eigenen Ziele und Grundüberzeugungen der Chabad-Bewegung siehe Chabad.org, ''We Are One'', <http://www.chabad.org/library/article_cdo/aid/244371/jewish/We-Are-One.htm>.

20 Für eine Auflistung aller Online-Shiurim zu den Parashiot siehe Chabad.org, Suchwort ''Taste of Text'', <http://www.chabad.org/search/results.asp?searchword=taste%20of%20text&t=121>. Für eine Auflistung all ihrer Videos auf Chabad.org siehe Chabad.org, Stichwort ''Chana Weisberg'', <http://www.chabad.org/search/results.asp? searchword=chana%20weisberg&t=121>.

21 Für eine Auflistung ihrer Blogeinträge siehe Chabad.org, Stichwort ''Chana Weisberg'',

22 <http://www.chabad.org/search/results.asp?searchword=chana%20weisberg&t=13480>. Für einen Überblick zu allen Veröffentlichungen Chana Weisbergs auf Chabad siehe Chabad.org, Stichwort ''Chana Weisberg'', <http://www.chabad.org/search/keyword_cdo/kid/1691/jewish/Chana-Weisberg.htm>.

23 In einem ihrer Vorträge berichtet Chana Weisberg über die Flucht ihrer Familie von Russland, über Osteuropa in die USA. Siehe dazu Chana Weisberg, ''Finding Meaning in Our Everyday Lives. An Inspirational Talk'', <http://www.chabad.org/multimedia/media_cdo/aid/1666101/jewish/Finding-Meaning-in-Our-Everyday-Lives.htm>.

24 TorahCafé, ''Mrs. Chana Weisberg'', <http://www.torahcafe.com/scholar/mrs-chana-weisberg_0000000538.html>.

25 Vergleiche dazu Daniel Krochmalnik, ''Lernmodell Seder'', <http://dkrochmalnik.files.wordpress.com/2008/09/lernmodell_seder.pdf>.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Vergleich der Lehransätze Ehrmanns und Weisbergs. Unterrichtsentwurf "Shiur zu Sukkot"
Hochschule
Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg
Veranstaltung
Pädagogik-Seminar
Note
0,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
19
Katalognummer
V286578
ISBN (eBook)
9783656868309
ISBN (Buch)
9783656868316
Dateigröße
497 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
vergleich, lehransätze, ehrmanns, weisbergs, unterrichtsentwurf, shiur, sukkot
Arbeit zitieren
Mona Hohler (Autor:in), 2014, Vergleich der Lehransätze Ehrmanns und Weisbergs. Unterrichtsentwurf "Shiur zu Sukkot", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286578

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