Methodik der Unternehmensbewertung. Evaluierungsansätze subjektiver Werttreiber als Instrument der gesamtheitlichen Bewertung

Insbesondere vor dem Hintergrund der Wertallokation bei Überzahlungen im Unternehmenserwerb


Masterarbeit, 2014

104 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Forschungsfrage
1.4 MethodischeVorgehensweise
1.5 AufbauderArbeit

2. GRUNDLAGEN
2.1 Die Unternehmensbewertung
2.2 Unternehmenswert und Firmenwert
2.3 WertundPreis
2.4 Die Value Driver-subjektive Werttreiber

3. ANSÄTZE DER KLASSISCHEN UNTERNEHMENSBEWERTUNG
3.1 Die objektive Unternehmensbewertungslehre
3.2 Die subjektive Unternehmensbewertungslehre
3.3 Die funktionale Unternehmensbewertungslehre

4. STAND UND METHODEN DER UNTERNEHMENSBEWERTUNG
4.1 Kostenorientierte Verfahren - Substanzwertverfahren
4.2 Marktpreisorientierte Verfahren
4.2.1 Vergleichsunternehmensverfahren
4.2.2 Multiplikatorverfahren
4.3 Kapitalwertorientierte Verfahren
4.3.1 Ertragswertverfahren
4.3.2 Discounted Cashflow-Verfahren
4.4 Mischverfahren
4.4.1 Übergewinnverfahren
4.4.2 Economic Value Added
4.4.3 Market Value Added
4.5 Zusammenfassung

5. IMMATERIELLE VERMÖGENSGEGENSTÄNDE UND WERTTREIBER
5.1 WerttreiberHumankapital
5.1.1 Das Hagener Schema
5.1.2 Die Saarbrücker Formel
5.1.3 Kritische Würdigung des personalen Faktors
5.2 Der Markenwert als Teil des Unternehmenswertes
5.2.1 DieBewertungsverfahren
5.2.2 Die qualitativen Bewertungsmodelle
5.2.3 Studien zur Markenwertbetrachtung
5.2.4 Kritische Würdigung des Markenwertes

6. SYNTHESE UND AUSBLICK

7. LITERATURVERZEICHNIS

KURZBESCHREIBUNG

Bei einer Überzahlung im Unternehmenserwerb entsteht ein Erklärungsbedarf. Weil der entstandene Firmenwert eine interne wie externe Bedeutung besitzt und definiert werden muss. Dahingehend ist eine Bewertungsmethodik notwendig, welche eine möglichst vollständige Abbildung der Unternehmenswerte ermög­licht.

Im Bereich der Unternehmensbewertung besteht eine Vielzahl an Fachliteratur zu vollumfänglichen Unternehmensbewertungen. Neben der klassischen und siche­ren Ermittlung der bilanziell darstellbaren Werte und Zahlungsströme wird dabei versucht, die immateriellen Werttreiber zu erfassen und abzubilden. Die haupt­sächlichen Werttreiber sind in diesem Zusammenhang das Humankapital sowie der Markenwert. Allerdings bestehen bis zum heutigen Zeitpunkt sehr viele Be­wertungsansätze und Überlegungen, jedoch kein Standard. Die Masterthese un­tersucht daher, ob mit den aktuellen Verfahren eine hinreichende monetäre Be­wertungsmöglichkeit vor dem Hintergrund einer Wertallokation im Unterneh­menserwerb möglich ist und ob gegebenenfalls ein angepasstes Bewertungsmo­dell sinnvoll erscheint.

ABSTRACT

When an overpayment in the acquisition, a declaration need arises. Because the resulting goodwill has an internal and external dimension and must be defined. To that effect, an evaluation methodology is necessary, which make it possible to declare the whole corporate values.

In the field of business valuation, there is a wide range of literature to full-scale business valuations. Beside the classic and safe determination of the balance sheet representable values and cash flows, an attempt is to capture and portray the intangible value drivers. The most important value drivers in this context are the human capital as well as the brand value. However, there are presently a large number of evaluation approaches and considerations. The master thesis therefore examines the possibilty of evaluation for companies in case of merger. Furhermore a new valuation model must be shown.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wert und Preis

Abbildung 2: Bewertungszwecke

Abbildung 3: Übersicht der Bewertungsverfahren

Abbildung 4: Angewandte Bewertungsverfahren

Abbildung 5: Zugangsbewertung immaterieller Vermögensgegenstände

Abbildung 6: Folgebewertung immaterieller Vermögenswerte

Abbildung 7: Strukturierung der Bewertungsverfahren

Abbildung 8: Markenranking Millward Brown 2012

Abbildung 9: Markenranking Interbrand 2012

Abbildung 10: Übersicht der qualitativen Bewertungsmodelle

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Einen richtigen Unternehmenswert per se gibt es nicht!"

Mit dieser Aussage sieht man sich regelmäßig konfrontiert, sobald man sich mit der Unternehmensbewertungslehre beschäftigt. Dabei geht es weniger um die Feststellung eines Wertes, denn Verfahren zur finanzwirtschaftlichen Unterneh­mensbetrachtung existieren in Hülle und Fülle, sondern um die zweckbezogene Nachvollziehbarkeit des Bewertungsansatzes und dem daraus resultierenden Ergebnis.[1] [2] Denn nur so kann eine bedarfsgerechte Bewertung erfolgen.

In diesem Zusammenhang werden bei Fusionen oder Firmenrankings hohe, teils stark voneinander abweichende Unternehmenswerte publiziert;[3] dadurch entsteht vielfach der Eindruck einer eher willkürlich angewandten Bewertungsmethodik. Die Begründung der Ursache ist einfach, ohne jedoch die Gesamtproblematik simplifizieren zu wollen: Während für materielle Vermögensgegenstände verbind­liche Bewertungs- und Bilanzierungsvorschriften gelten, trifft dies für immaterielle und subjektiv wahrgenommene Vermögensgegenstände nur sehr eingeschränkt zu. Gerade aber diese Vermögensgegenstände, die subjektiven Werttreiber, ha­ben maßgeblich Anteil am Unternehmenserfolg, ergo dem Unternehmenswert. Da diese Werte aber nur schwer gedanklich abstrahierbar sind, eröffnen sie gro­ße spekulative Wertannahmen. Zentrale Bestandteile dieser Werttreiber sind die Unternehmensreputation sowie der personale Faktor. Es wird zunehmend ver­sucht, den Beitrag dieser Faktoren zu messen. Obwohl Ansätze zur Bewertung ausgearbeitet wurden, bestehen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder ein ein­heitlicher Standard noch allgemein verbindliche Bewertungskriterien.

1.1 Problemstellung

Durch die mangelnde monetäre Darstellbarkeit subjektiver Werttreiber ergibt sich die Problematik einer nicht nachvollziehbaren Begründung dieser Wertertelemen- te bei einer erfolgten Überzahlung im Falle eines Unternehmenserwerbes. Gera­de diese Überzahlung hat aber eine interne wie externe Bedeutung. Denn im Erwerbsfall fordern betriebliche Kontrollgremien sowie Rechnungslegungsvor- Schriften eine Offenlegung und Darstellung aller Vermögensgegenstände des erworbenen Unternehmens. Es wird dann ersichtlich, ob der getätigte Unterneh­menspreis auch dem tatsächlichen Unternehmenswert entspricht.

Seitens der Bilanzierung kommt hier der sog. Goodwill zum Tragen, welcher als Firmenwert diesen Unterschiedsbetrag beschreibt. Er umfasst zunächst sämtli­che immaterielle Vermögensgegenstände, darunter fallen auch der Wertbeitrag des Humankapitals sowie der des Markenwertes. Und hier zeigt sich die eigentli­che Schwierigkeit. Denn an sich stellt der Firmenwert ein Problem dar, da er in seiner Gesamtheit zunächst ein zentrales Auffangbecken für nicht definierbare immaterielle Güter verkörpert. Und endgültig bestimmt er sich erst dann, wenn die immateriellen Vermögensgegenstände separiert und monetär dargestellt werden können. Insoweit müssen immaterielle Vermögensgegenstände soweit als möglich nachgehend monetär identifiziert werden, weil diese eben im Falle eines Unternehmenserwerbes nicht als Einzelposition abgebildet werden, son­dern in ihrer Gesamtheit im Goodwill aufgehen. Im weiteren Verlauf hat dann der endgültige Firmenwert mit der jährlichen Impairmentbehandlung entsprechende Auswirkungen auf das Eigenkapital der Unternehmung, womit der finanzwirt­schaftliche Bezug herausgestellt wird.[4]

Dabei ist bei der Behandlung der Gesamtthematik deutlich zwischen Bewertung und Bilanzierung zu unterscheiden. Denn nach den nationalen wie internationa­len Rechnungslegungsvorschriften ist im Falle eines Unternehmenserwerbes nur der erworbene Markenwert, nicht aber der personale Faktor aktivierbar.[5] Not­wendig erscheint es aber trotzdem, die Humankapitalbewertung zu entwickeln, da die verlässliche Wertermittlung die Grundlage einer potentiellen zukünftigen bilanziellen Behandlung darstellt.[6] Bezüglich der internen Informationsfunktion steht die Relevanz ohnehin außer Frage. Denn die Bewertung des Humankapi­tals gewinnt insofern an Bedeutung, da sich durch den weitreichenden Wandel in der Wirtschaftslandschaft, hin zu mehr dienstleistungsorientierten und weniger durch das Sachanlagevermögen geprägte Branchen, auch der Bedarf für erwei­terte Bewertungsmethoden feststellen lässt.

1.2 Zielsetzung

Daher besteht das Ziel dieser Arbeit in der Sichtung der Unternehmensbewer­tungsverfahren zur Wertallokation für die Unternehmenserwerber unter der Be­rücksichtigung der subjektiven Werttreiber. Darüber hinaus ist der Stellenwert der Größen Marke und Humankapital im Rahmen eines Unternehmenserwerbes aus Sicht der Rechnungslegung und der Unternehmensbewertung, sowie deren iso­lierte Bewertbarkeit darzustellen, zu beurteilen und abschließend ein möglicher Ansatz zu empfehlen. Darüber hinaus ergibt sich durch Änderungen in Standards und Normen die Notwendigkeit, aktuelle Bewertungsmethoden zu erläutern und inhaltlich zu ergänzen. Dadurch kann ein gesamtheitlicher Überblick über die Bewertungsmethodik sowie eine weitere Abgrenzung zwischen Wert und Preis erfolgen. Der Preis wird dann anhand der Wertbestandteile oder verursacht durch eine Wettbewerbssituation bzw. andere Einflüsse intern argumentierbar. Darüber hinaus soll durch die erweiterte Bewertung eine Reduzierung des Firmenwertes ermöglicht werden.

1.3 Forschungsfrage

Mit welchem Verfahren lassen sich Unternehmen unter der Berücksichtigung der Werttreiber Humankapital und Markenwert im Zuge eines Unternehmenserwer­bes monetär bewerten? Mit welchen Verfahren finden aktuell Unternehmensbe­wertungen statt und wie werden dabei die subjektiven Werttreiber berücksichtigt.

1.4 Methodische Vorgehensweise

Zur Unternehmensbewertung besteht eine Vielzahl an Literatur. Eine klare Ein­grenzung besteht bereits durch die Verlautbarungen des IDW sowie der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und im Bezug auf die Werttreiber durch die Definition durch die IAS[7]. Es erfolgt daher die qualitative Auswertung der Literatur, welche die Bewertungsthematik im Allgemeinen und die Werttreiber Humankapital und Marke im Speziellen aufgreift. Im Weiteren werden die Bewertungsansätze un­tersucht und evaluiert. Diese Ergebnisse sollen intersubjektiv nachzuvollziehen und zu prüfen sein,[8] um diese anschließend einer Diskussion unterziehen zu können.[9] In der Wissenschaftsstheorie wird zwischen Entdeckungs- und Begrün­dungszusammenhang unterschieden. Der Entdeckungszusammenhang basiert auf Methoden des Erkenntiszuwachses. Der Begründungszusammenhang dage­gen verlangt nach methodischer Rechtfertigung neuer Erkenntisse.[10] Die vorlie­gende Arbeit ist sowohl in den Endeckungs- als auch in den Begründungszu­sammenhang einzuordnen. Dazu können Intuition und Deduktion miteinander kombiniert werden. Aus intuitiv gewonnenen Prämissen werden deduktiv, durch logische Aussagen Schlussfolgerungen abgeleitet.[11] Neben intuitiv gewonnenen Prämissen werden gleichfalls fremde individuelle Beobachtungs- und For­schungsergebnisse berücksichtigt. Dabei geht es neben der Darstellung der Be­wertung auch um den Aufbau des Verständisses für ein Bewertungsmodell zur Reduzierung und Begründung einer Überzahlung.

1.5 AufbauderArbeit

Zunächst ist der Unternehmenserwerbsfall als Ausgangslage für die daraus fol­gende Bewertung gegeben.

Wie komplex sich der Wertbegriff eines Unternehmens in diesem Rahmen defi­niert und welchen Maßgaben dieser unterliegt, wird im zweiten Teil dieser Arbeit durch den Bezug auf die subjektiven Werttreiber dargelegt. Dabei wird auf die Situation der Überzahlung eingegangen und damit deren Behandlung in der Rechnungslegung beschrieben.

Im dritten Teil der Arbeit erfolgt zunächst ein Überblick über die grundlegenden Richtungen der Unternehmensbewertungslehre. Somit soll der allgemeine Zu­gang einer Bewertung ermöglicht und deren Bezug dargestellt werden.

Ergänzend dazu wird mit dem vierten Teil die Praxis der Bewertungslehre, die Sichten der Bewertungssubjekte und die aktuellen Verfahren beschrieben. Dabei wird die Berücksichtigung der Werttreiber untersucht und ein Überblick über die Instrumente einer Wertallokation unter Einbeziehung der Werttreiber gegeben.

Im fünften Teil wird der Fokus auf die eigentliche Bewertung der Werttreiber Hu­mankapital und Markenwert gelenkt. So soll, ergänzend zu den im vorhergehen­den Teil beschriebenen Standardverfahren, eine erweiterte Bewertung als In­strument der Wertfindung ermöglicht werden. Dabei wird anfangs gezielt der Sta- tus der Werttreiber in der Rechnungslegung im Zusammenhang eines Unter­nehmenserwerbes dargelegt. Im Weiteren erfolgt dann die Untersuchung und Beurteilung der Bewertungsmodelle einer monetären Humankapital- und Mar­kenbewertung.

Auf Basis der Erkenntisse zur Humankapital- und Markenbewertung erfolgt im sechsten Teil die Synthese der Ergebnisse und die Empfehlung eines Bewer­tungsmodells. Dadurch soll ein Instrument der erweiterten Bewertung zur Verfü­gung gestellt werden können.

2. Grundlagen

2.1 Die Unternehmensbewertung

Im Zuge einer Unternehmensbewertung werden Unternehmen als Ganzes oder Teile eines Unternehmens bewertet.[12] Dabei soll ein Wert festgestellt werden, welcher sich auf den zukünftigen finanziellen Nutzen des Bewertungsobjektes bezieht.[13] Dies ist insbesondere bei einem Unternehmenserwerb aus Käufersicht von Bedeutung. Nach dem Prinzip der Unternehmensfortführung sind dies die Summen der Barwerte von prognostizierten Zahlungsströmen oder - im Falle von Gesamt- bzw. Teilauflösungen - deren Liquidationswert. Die Bewertung kann in einer Vielzahl von Fällen notwendig werden, insbesondere dann, wenn ein Un­ternehmen bzw. ein Unternehmensteil den Eigentümer wechseln soll oder andere extern hervorgerufene Einflüsse im Unternehmen die Bewertung initiieren.[14] Da­bei kann zwischen verschiedenen Bewertungsanlässen und Bereichen unter­schieden werden:[15]

- freiwillige Unternehmensbewertung im Rahmen unternehmerischer Initiativen
- Unternehmensbewertung aufgrund gesetzlicher bzw. vertraglicher Grundlagen
- Unternehmensbewertung für Zwecke der externen Rechnungslegung

Neben den Bewertungsanlässen ist für die Ermittlung eines Unternehmenswertes dessen Zweck ausschlaggebend. Da es keinen allgemein gültigen Unterneh­menswert geben kann, muss die Bewertungsmethode auf den jeweiligen Bewer­tungszweck abgestimmt werden.16 So kann je nach Zweckadäquanz eine dem­entsprechend abweichende Bewertungsmethode zur Anwendung gelangen.

Dabei ist bei der vorliegenden Arbeit unter Bewertung stets die Ermittlung eines konkreten Geldwertes zu verstehen. Die Feststellung von eigenschaftsorientier­ten Aussagen oder die Klassifizierung in Güteklassen von Vermögensgegen­ständen wird hier nicht weiter verfolgt.

2.2 Unternehmenswert und Firmenwert

Je nach Sichtweise kann der Unternehmenswert verschiedene Dimensionen an­nehmen, da in der Betrachtung unterschiedliche Ansätze existieren. Um im Zu­sammenhang mit dieser Arbeit ein einheitliches Begriffsverständnis zu schaffen, sei die Definition von Piltz und Hannes angeführt. Diese definieren den Unter­nehmenswert wie folgt:

„Es gibt den sog. objektiven Unternehmenswert oder den Ver­kehrswert oder gemeinen Wert des Unternehmens [...]. Das ist in der Idealvorstellung der Wert des Unternehmens, der dem Preis entspricht, wenn es unabhängig von jeglichen Sonderein­flüssen auf dem „freien Markt“ verkauft wird, oft auch als der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbare Veräußerungserlös definiert. “17

Wenn also der Unternehmenswertbegriff verwendet wird, ist darunter der Markt­wert eines Unternehmens zu verstehen - das bedeutet, dass bei der Bewertung des Unternehmens als Ganzes der Wert zu ermitteln ist, der bei einer theoreti­schen Veräußerung dem Preis entspricht, welcher im „gewöhnlichen“ Geschäfts­verkehr erzielbar wäre. Dieser Zusammenhang muss jedoch genauer erläutert werden. Denn der Preis eines Unternehmens bzw. eines Unternehmensbestand­teiles kommt durch Angebot und Nachfrage zustande und zeigt sich in dem Geldbetrag, der tatsächlich bezahlt wird. Wert und Preis stimmen aber nur in vollkommenen Märkten überein, welche de facto nicht existieren. Da aber in den gängigen Bewertungsverfahren Veräußerungswerte oder erwartete Leistungen von Unternehmen in das Modell eines vollkommenen Marktes übertragen wer­den, muss man die Frage stellen, ob dieses Procedere grundsätzlich zielführend[16] [17] ist, um einen realen Unternehmenswert festzustellen.[18] Dies ist mitunter ein Teil der Bewertungsproblematik im Spannungsfeld von Unternehmenswert und Preis. Die Bewertungsergebnisse dienen vorwiegend zur Beurteilung der Plausibilität von Unternehmens- und Anteilswerten.[19]

Darüber hinaus ist die Begrifflichkeit des Firmenwertes von der des Unterneh­menswertes abzugrenzen, da es sich hier um unterschiedliche Definitionen han­delt. Unter dem Firmenwert, auch Geschäftswert oder Goodwill genannt, ist der Unterschiedsbetrag zu verstehen, der der für die Übernahme eines Unterneh­mens bewirkten Gegenleistung entspricht, verringert um den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und der Schulden.[20] Er wird darausfolgend definiert als die Differenz zwischen dem Gesamtunternehmenswert (tatsächlich ist der be­zahlte Preis hier ausschlaggebend) und der Summe der Zeitwerte aller Aktiva und Passiva.[21] Der Firmenwert ist im Unternehmenserwerb dann das Ergebnis der Kapitalkonsolidierung und findet sich im IFRS 3, welcher eine zeitlich versetz­te Neubewertung des erworbenen Unternehmens zu den beizulegenden Zeitwer­ten verlangt.[22] Diese Neubewertung erfolgt dann aus der Sicht des Unterneh­menserwerbers und wird daher als Erwerbsmethode bezeichnet. Dabei werden sämtliche stillen Reserven und Eventualverbindlichkeiten des erworbenen Unter­nehmens offengelegt und es ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Aktiva und Passiva ein neues Eigenkapital, welches den Zeitwert des erworbenen Un­ternehmens darstellt. Dieser Wert des Eigenkapitals wird dann mit dem ursprüng­lichen Kaufpreis verglichen. Als positiver Unterschiedsbetrag stellt der Firmen­wert eine Überzahlung dar, welcher als immaterielles Vermögen auch weiterhin einer jährlichen Werthaltigkeitsprüfung, dem sog. Impairmenttest, in Verbindung mit einem Wertaufholungsverbot, unterliegt. Das Wertaufholungsverbot erklärt sich dadurch, als eine Wertaufholung einer Aktivierung eines selbst erstellten Firmenwertes entsprechen würde, was nach den IAS nicht zulässig ist.[23]

Die Begründung einer Überzahlung im Unternehmenserwerb ist der wesentliche Punkt einer vollumfänglichen Bewertung. Gilt es doch, aus Erwerbersicht einen „wahren“ Kaufpreis bestimmen zu können und mit einem Instrument der Wer­tallokation den Goodwill zu verringern. Denn dieser ist eine systemimmanente Sammelposition und kann aus einer Vielzahl von Gründen resultieren: Marktsitu­ationen für Unternehmensteile, Fehleinschätzungen, dem Verhandlungsgeschick der Verkäufer, aber eben auch verursacht durch besondere immaterielle Werte.[24] Daher sind gerade die Verfahren von Wert, welche erstens die immateriellen Vermögensgegenstände identifizieren und einen konkreten Geldwert zuordnen und zweitens (bisher) nicht ansatzfähige Vermögenswerte, wenn auch nur zur internen Informations- und Argumentationsfunktion, monetär darstellbar machen.

Besondere Bedeutung erlangt der Firmenwert auch im Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Behandlung nationaler Bilanzierungsvorschriften.[25] Seit dem Bilanzmodernisierungsgesetz von 2009 ist ein erworbener Firmenwert als ab­nutzbarer Vermögensgegenstand definiert,[26] welcher über einen definierten Zeit­raum abgeschrieben wird.[27] Denn da der Firmenwert dem kapitalisierten Über­gewinn über der Normalverzinsung der Substanz hinaus entspricht, kompensiert hier die Firmenwertabschreibung den Übergewinn. Als Bemessungsgrundlage bleibt dann die Höhe des Normalgewinns. Außerdem würde eine fehlende Ab­schreibung des Goodwills zu einer unsachgemäßen Doppelbesteuerung in Be­zug auf den Veräußerungsgewinn des Unternehmensverkäufers und dem lau­fenden Gewinn des Erwerbers darstellen. In Einzelfällen können diese Firmen­wertabschreibungen die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens wesentlich beeinflussen und dazu führen, dass ein an sich positives Jahresergebnis durch die Abschreibungsbelastung in einen beträchtlichen Jahresfehlbetrag umgewan­delt wird. Dadurch kommt es zu einer Minderung und schlimmstenfalls sogar zu einer vollständigen Aufzehrung des Eigenkapitals im Unternehmen.[28] Seitens der IFRS Bilanzierung unterliegt der Goodwill zwar keiner planmäßigen Abschrei­bung, vielmehr fließen die Wertänderungen des Impairments aber unplanbar in den Ergebnisausweis des Unternehmens.[29] Durch diese nicht vorhersehbaren Abschreibungen wird der Firmenwert zu einem risikobehafteten Wert. Deshalb ist eine Reduzierung des Goodwills als ein Mittel der Risikobeseitigung und Bilanz­bereinigung zu betrachten. Bleiben also, unabhängig von HGB bzw. UGB und IFRS, jene Faktoren interessant, welche den Goodwill bestimmen. Dies sind eben immaterielle Werttreiber, haben sie doch für den Käufer eines Unterneh­mens wertvollen Charakter, weil sie von ihm beim Erwerb in den Kaufpreis einge­rechnet werden, auch wenn diese bisher nicht immer erfasst worden sind.

2.3 Wert und Preis

Ein Ziel beim Unternehmenserwerb ist die Sichtbarmachung des Unterschiedes zwischen Unternehmenswert und Preis, da diese regelmäßig voneinander ab­weichen.Dabei ist der Wert die Größe, die den zukünftigen, durch das Unterneh­men erstellbaren Kapitalwert darstellt.[30] Der Unternehmenswert unter Einbezie­hung der immateriellen Vermögensgegenstände und Werttreiber ergibt sich dann im Idealfall als transparente Abbildung des finanziell zu erwarteten Nutzens in Form prognostizierter Zahlungsströme eines Bewertungsobjektes.[31] Dabei ent­spricht der Wert einer vorsteuerlichen Betrachtung. In der Praxis maßgeblich ist allerdings die Besteuerungsgrundlage der Beteiligten, ob nach EStG oder KöStG, bestimmt sie doch die Höhe der tatsächlichen Geldzuflüsse und folglich die indi­viduellen Kapitalwerte eines Käufers. Dadurch kann sich bei einer gleichen vor­steuerlichen Wertbasis ein abweichender Individualwert für die Erwerbsinteres­senten und somit eine höhere Zahlungsbereitschaft ergeben. Gleiches gilt für Käufer, die Gewinne eines zu erwerbenden Unternehmens mit eigenen Verlusten verrechnen können und somit zusätzlich steuerliche Vorteile erfahren. Diese Er­werber werden andere Kaufpreise zu zahlen bereit sein, als jene, die nicht über diese Verlustverrechnungsmöglichkeit verfügen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Wert und Preis (eigene Darstellung)

Aber nicht nur die mangelhafte Darstellbarkeit von Werttreibern oder steuerliche Überlegungen initiieren Wert-Preis-Differenzen. Vielmehr sind es auch Einflüsse wie offene Bietersituationen, individuelle Nutzenvorstellungen oder gezielte Markteinwirkungen, wie sie durch volumenstarke und konkurrenzinitiierte Aktien­käufe- und Verkäufe stattfinden können, welche den Preis bilden. Fließen takti­sche Überlegungen zur Unternehmenspositionierung ein, können Erwerber eben­falls unter Umständen bereit sein, überhöhte Preise zu bezahlen, um Konkurren­ten vom Markt zu verdrängen. Aus einer pragmatisch-logischen Sichtweise her­aus ist jedoch nur durch die Anwendung einer neutralen Bewertung eine objekti­vierte Abgrenzung von Wert und Preis möglich. Dann kann der inhärente Wert eines Unternehmens vom Preis abgegrenzt und zwischen einer Über- und Unter­bewertung unterschieden werden.

2.4 Die Value Driver - subjektive Werttreiber

Werttreiber stellen im Allgemeinen beeinflussbare Faktoren dar, welche eine ho­he Relevanz für das finanzielle Ergebnis eines Unternehmens bzw. einer Unter­nehmenseinheit besitzen.[32] Dabei erfolgt die Unterteilung der Werttreiber in die der finanziellen sowie der nicht-finanziellen Werttreiber. Interessant scheint für eine Unternehmensbewertung insbesondere die Betrachtung der nicht­finanziellen Werttreiber zu sein, da hier eine monetäre Abgrenzung bzw. die Er­folgszuordnung am Unternehmenswert bisher nur schwer möglich war, jedoch deren Wertbeitrag unbestritten ist. Obwohl in der Literatur verschiedene Auflis­tungen von nicht-finanziellen Werttreibern zu finden sind, ergeben sich unter den einzelnen Quellen Gemeinsamkeiten. So werden beispielsweise die Begrifflich- keiten Mitarbeiter, Reputation und Marke vermehrt verwendet.[33] Löhrer und Lux messen dabei dem Humankapital den größten Anteil als Werttreiber bei:

„Die größten Stellhebel und damit die wichtigsten Werttreiber im Unternehmen sind die Mitarbeiter. Erfolgsfaktoren wie Mitarbei­termotivation, - Zufriedenheit, -loyalität und -kompetenz haben entscheidenden Einfluss auf die Prozess- und Kundenperspekti­ve und damit indirekt auf den finanziellen Erfolg.“[34]

Neben dem Mitarbeiterbezug[35] sehen weitere Studien den Anteil des Markenwer­tes am Gesamtunternehmenswert als starke Wertkomponente.[36] Wesentlich bei den nicht-finanziellen Werttreibern ist die Feststellung der derer zuschreibbaren Geldwerte, da hier das Separationsproblem in Erscheinung tritt.36[37] Aufgrund der sich ergebenden Schnittmengen behandelt diese Arbeit die beiden dominieren­den Werttreiber Humankapital sowie Markenwert.

3. Ansätze der klassischen Unternehmensbewertung

In der Historie der Unternehmensbewertungslehre haben sich verschiedene Be­wertungsansichten und Grundkonzeptionen entwickelt. Basierend auf diesen Erkenntnissen finden sich Anhaltspunkte und Teile dieser grundlegend unter­schiedlichen Annahmen in der aktuellen Bewertungspraxis.

3.1 Die objektive Unternehmensbewertungslehre

Die objektive Lehre geht davon aus, dass es unabhängig von konkreten Bezugs­personen einen allgemeingültigen Unternehmenswert gibt. Dieser Unterneh­menswert ist losgelöst von individuellen Bewertungsinteressen und wird als Wert beschrieben, welcher dem Unternehmen wie eine Eigenschaft anhaftet und unter normalen Bedingungen realisierbar ist.[38] Die objektive Theorie beschreibt somit das Erfolgspotential, das für jedermann enthalten ist und nicht, was jedermann machen könnte. Dieser Unternehmenswert soll dahingehend einen von den indi­viduellen Wertvorstellungen eines Bewerters weitgehend unabhängigen Wert darstellen.[39] Wie bereits erwähnt kann es aber keinen einheitlichen und für alle gleichen Unternehmenswert geben. Daher ist die Dominanz der objektiven Be­wertungslehre seit 1960 nicht mehr gegeben. Denn Anlass und Zweck prägen ein modernes Bewertungsmodell. Positiv ist aber der Grundgedanke der objektiven Bewertungslehre zu sehen, ist doch ein objektiver Wert ein Ideal im Bezug auf die Vergleichbarkeit von Unternehmen oder Unternehmensbestandteilen. Dar­über hinaus soll auch diese Arbeit durch das Aufzeigen einer zweck- und anlass­bezogenen Objektivierung von subjektiven Werttreibern einen Beitrag zur Objek­tivierung eines Unternehmenswertes leisten. Somit ist zumindest gedanklich eine Gemeinsamkeit zwischen der objektiven und der zeitgemäßen Bewertung vor­handen.

3.2 Die subjektive Unternehmensbewertungslehre

Die subjektive Unternehmensbewertungslehre dient der Ermittlung eines Wertes, welcher die individuellen Absichten des Käufers bzw. Verkäufers berücksichtigt. Sie trat seit Mitte der 1960er Jahre verstärkt in Erscheinung und wollte erfassen, was Unternehmen unter Berücksichtigung subjektiver Planungen und Vorstellun­gen eines konkreten Bewertungsinteressenten für diesen wert sind.[40] Dieser Vor­stellung entspricht ein zukunftsorientierter Ertragswert.[41] Dabei basiert die sub­jektive Bewertungslehre auf drei Prinzipien: der Subjektivität, einer Zukunftsbe- zogenheit sowie der Gesamtbewertung.

Subjektivität bedeutet, dass insbesondere die individuellen Einflussgrößen des Bewertungssubjektes den Wert bestimmen. Dahingehend werden positive als auch negative Effekte des Bewertungsinteressenten wie Verbundeffekte, Verwer­tungsmöglichkeiten oder Beschränkungen sowie die individuellen Kapitalverwer- tungs- und -beschaffungsmöglichkeiten verstanden.[42]

Darüber hinaus beschreibt das Prinzip der Zukunftsbezogenheit, dass für den Bewertungsinteressenten nur der Nutzen bewertungsrelevant ist, welcher ihm zukünftig durch das Bewertungsobjekt gestiftet wird.[43] Das Prinzip der Gesamt­bewertung beruht auf der Ansicht, dass ein Unternehmenswert nicht allein aus der Summe von Einzelwerten besteht, sondern der Unternehmenswert als eine Einheit betrachtet werden muss, welche durch die individuellen Fähigkeiten des Bewertungssubjektes beinflusst wird.[44] Dahingehend ist die subjektive Lehre die­jenige, welche das Käuferinteresse am besten abzubilden vermag.

3.3 Die funktionale Unternehmensbewertungslehre

In Weiterentwicklung der objektiven und subjektiven Werttheorien haben sich heute funktionale Werttheorien durchgesetzt. Diese funktionale Unternehmens­bewertungslehre versucht die Gegensätze der objektiven und subjektiven Lehre zu überwinden. Zentraler Aspekt ist die Zweckabhängigkeit der (subjektiven) Be­wertung, welche im Regelfall ein neutraler Gutachter vollzieht.[45] Dabei kann eine Einteilung wie folgt stattfinden:

Zwecke der Grundsätze hirktinnsgernäfier u n terne hmensbe wë rtung Homlexitáts- Ternärer Infomietions- Komm uni katióne- reduktlenswedt Sťhutzzwetk ™«k unterstütiungs- zwerk

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Bewertungszwecke, Quelle: Petersen, Zwirner, Brösel, 2013, S. 87

Neben den einzelnen Bewertungszwecken findet sich die Einteilung in Haupt­funktionen. Diese beziehen sich vorwiegend auf Anlässe, welche schon eingetre­tene oder erwogene Änderungen der Eigentumsverhältnisse betreffen. Man un­terscheidet hier traditionell die Beratungs- bzw. Entscheidungsfunktion, die Ar­gumentationsfunktion sowie die Vermittlungsfunktion.[46] Während die Hauptfunk­tionen der funktionalen Lehre vorwiegend auf den Bezug um die Änderungen von Eigentumsverhältnissen abstellen, umfassen die Nebenfunktionen jene Anlässe, welche nicht primär unter diesem Aspekt behandelt werden.[47] Dies sind aus­zugsweise die Informationsfunktion, die Steuerbemessensfunktion sowie die Ver- tragsgestaltungsfunktion.[48] Etwas irreführend ist hierbei die Bezeichnung als „Nebenfunktionen“, suggeriert dies doch unweigerlich einen geringeren Stellen­wert. Dies ist insoweit überraschend, weil ein großer Teil der Unternehmensbe­wertungen eben nicht nur ausschließlich durch anstehende Änderungen von Ei­gentumsverhältnissen motiviert wird, sondern häufig zur internen wie externen Information und aus steuerrechtlicher Notwendigkeit heraus veranlasst stattfin­det.[49]

Interessant erscheint auch die Feststellung, dass der in der Literatur verbreitete Katalog der vorgeschlagenen Funktionen es nicht erlaubt, alle Phänomene der Unternehmensbewertung abzubilden.[50] Insoweit ist die funktionale Lehre zwar die Grundlage für eine zeitgemäße, subjektbezogene Bewertung, bedarf aber in Einzelfällen der erweiterten Betrachtung. Diese erweiterte Betrachtung ist es auch, welche die spezielle Beleuchtung der Werttreiber legitimiert und als ge­dankliches Fundament einer vollumfänglichen Bewertung dient, weil je nach (er­weitertem) Verwendungszweck- und Absicht eine Bewertung und Abgrenzung der Value Driver sinnvoll erscheint.

4. Stand und Methoden der Unternehmensbewertung

Heute werden auf Grundlage der funktionalen Lehre Teile von Unternehmen oder ganze Unternehmenseinheiten monetär bewertet. Wie bereits erwähnt besteht der Wert eines Unternehmens aus seiner Substanz sowie seiner Ertragskraft. Dabei bestimmt sich der Unternehmenswert primär durch den zu erwartenden Barwert der finanziellen Nettozuflüsse an die Unternehmenseigner.[51]

Die Rahmenbedingungen einer rechtsverbindlichen Unternehmensbewertung werden über nationale Dachverbände[52] und Gesetzbücher[53] sowie den IAS bzw. IFRS festgelegt. Hier werden Bewertungsgrundsätze und die damit zusammen­hängenden Möglichkeiten der Bilanzierung beschrieben. Dabei gilt grundsätzlich, dass gesetzliche oder vertragliche Regelungen die rechtliche Grundlage einer Unternehmensbewertung sein können, aber nicht müssen.[54] Maßgeblich ist der jeweilige Bewertungsanlass. Mit der Absicht einer Wertallokation im Unterneh­menserwerb muss aber der Bezug zu den rechtsverbindlichen Werken hergestellt werden. Deshalb dienen diese als Auswertungsbasis dieser Arbeit. Weisend für Bewertungsfragen in Deutschland ist das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW), welches die Arbeit der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch Verlautbarungen und Bewertungskonzepte flankiert. Das diesbezügliche Grundlagenwerk für die Durchführung von Unternehmensbewertungen ist der Standard IDW S 1. Als Pendant hat sich dazu in Österreich die Kammer der Wirt­schaftstreuhänder etabliert. Diese publiziert eigene Fachgutachten und Verlaut­barungen und ist für die dortigen Wirtschaftsprüfer mit dem neuen Fachgutachten KFS BW 1 verpflichtend.

Betrachtet man die Grundlagenwerke IDW S 1 und den KFS BW 1, so stellt man u.a. Unterschiede im Bereich der kapitalwertorientierten Verfahren fest. Denn während der IDW S 1 bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes auf eine risikolose Alternativanlage (z.B. Bundesschatzbriefe o.ä.) zurückgreift, wird durch das KFS BW 1 auf ein Aktienportefeuille als Grundlage für den Basiszins abge­stellt. Durch diese Eigenart weist der Standard KFS BW 1 eine realistischere In­terpretation der Marktgegebenheiten auf, die Ergebnisse besitzen dadurch qua

Konzeption eine höhere theoretische Richtigkeit.[55] Unabhängig von dieser Unter­scheidung wird der Großteil der Bewertungen von führenden Wirtschaftsprü­fungsgesellschaften, den „BIG FOUR“[56] [57], durchgeführt. Diese müssen je nach Länderbezug die entsprechenden Regelwerke als Basis ihrer Bewertungen ver­wenden.

Eine Übersicht über die Bewertungsverfahren gibt folgende Darstellung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3! Übersicht der Bewertungsverfahren57

Durch den starken Zusammenhang der bilanzrechtlichen Ansatzfähigkeit von Werten und den dabei verwendeten Modellen[58] ist wohl auch zu erklären, wes­halb in den bisherigen Bewertungsmethoden vorwiegend auf die in Geldeinheiten nachvollziehbaren und ansatzfähigen Bestandteile von Aktiva und Passiva und den daraus resultierenden Zahlungsströmen abgestellt wird. Die immateriellen Vermögensgegenstände sowie die Werttreiber finden bisher nur zaghaft Berück­sichtigung. Es gestaltet sich deshalb schwierig, Unternehmen vollumfänglich transparent zu bewerten und den Anteil der Werttreiber festzustellen.

Betrachtet man die Bewertungslehre ferner aus der Sicht der Bilanzierung, erge­ben sich weitere Aspekte. Relevanzbedingt muss die Sicht der IAS und IFRS gewählt werden. Dies ist insoweit wichtig, als hier die verbindlichen Grundlagen für eine international vergleichbare und nachvollziehbare Bewertung gegeben werden. Dabei werden die nationalen Bilanzierungsstandards, welche primär durch das Vorsichtsprinzip dominiert sind, weitestgehend in den Hintergrund und zu Gunsten einer internationalen Ausrichtung mit dem Ziel der Vergleichbarkeit und realitätsnäheren Interpretation von Abschlüssen und Bewertungen nach hin­ten gestellt. Das Grundanliegen der IFRS sieht als Schwerpunkt der Unterneh­mensdarstellung die sog. FAIR PRESENTATION, die charakteristisch das Ziel hat, dem Adressaten eines Abschlusses wesentliche und entscheidungsrelevante Informationen zu vermitteln. Um die Zielsetzung der Fair Presentation und der damit zusammenhängenden realitätsgetreuen Wiedergabe der Vermögens- und Wertverhältnisse zu gewährleisten, bedienen sich die IFRS des Prinzips der FAIR VALUE Bewertung, also der Verwendung des beizulegenden Zeitwertes der Bewertungselemente anstatt einer planmäßigen Abschreibung. Diese Zeit­wertbetrachtung ist das charakteristische Merkmal der IAS-IFRS-Rechnungs- legung. Durch diese Eigenart kann es dazu kommen, dass die Zeitwerte der Vermögensgegenstände im Gegensatz zu HGB- oder UGB-Ansätzen nach einer erfolgten Neubewertung, dem sog. Impairmenttest, entweder oberhalb oder un­terhalb der historischen Anschaffungkosten verortet sind. Denn beim Impairment erfolgt die Prüfung der Werthaltigkeit der einzelnenen Vermögensgegenstände, wodurch sich ggf. Wertänderungen ergeben. Dabei werden die Buchwerte der Vermögensgegenstände mit deren tatsächlichen Zeitwerten abgeglichen und korrigiert. Diese Wertänderungen fließen dann entweder in die Neubewertungs­rücklage oder in die Gewinn- und Verlustrechnung ein.[59] Daraus ergibt sich, dass es nach den IAS im zu bewertenden Unternehmen für die Eigner zwei zu berück­sichtigende Gewinne gibt, welche sich auf den Unternehmenswert auswirken: den der Gewinn- und Verlustrechnung sowie den der Neubewertungsrücklage im sonstigen Ergebnis. Ergänzend wird dazu auch im Abschnitt 4.1 beim Thema Substanzwert Stellung genommen. Zur Ermittlung der Zeitwerte eignet sich vor allem der Rückgriff auf die Daten eines aktiven Marktes.[60] Sofern dieser nicht verfügbar ist, müssen Verfahren (beispielsweise Cashflow/Ertragsorientierung oder die Auswertung jüngerer Geschäftsvorfälle) zur Bestimmung der Zeitwerte der einzelnen Vermögensgegenstände angewendet werden. Dabei wird der bei­zulegende Zeitwert als der Wert festgelegt, zu dem ein Vermögensgegenstand zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht oder eine Schuld beglichen werden kann.[61] Obwohl es Unternehmen durch Ausnahmen ermöglicht wird, von einer reinen Fair Value- Bewertung abzusehen,[62] [63] finden diese im Normalfall statt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung4: Angewandte Bewertungsverfahren

Die konkrete Eingrenzung zur Verwendbarkeit von Verfahren zur Ermittlung eines rechtsverbindlichen Wertes gibt das Fachgutachten KFS BW 1.[64] Hier werden explizit die DCF-Methoden, die Ertragwertmodelle, Multiplikatorenverfahren so­wie das Substanzwertverfahren auf Liquidiationsbasis genannt. Dabei ist zu er­wähnen, dass bei einer Unternehmensbewertung meist die Verwendung ver­schiedener Verfahren zum endgültigen Ergebnis führt und eine einzeln ange­wandte Methodik die Ausnahme darstellt.[65] Dieser Umstand der Verfahrenskom­bination wird auch durch die Begrifflichkeit „Mixed Model“ beschrieben und cha­rakterisiert. Begründet wird dies aber auch durch die verschiedenen Sichtweisen einer Bewertung: Käufer oder Verkäufer, externe Rechnungslegung oder interne Information oder die Verprobung von ermittelten Ergebnissen - all dies erfordert Vielfalt.

Die am häufigsten praktizierten Verfahren berücksichtigen eine zukunftgerichtete Betrachtung der Unternehmen - mit der Ermittlung eines Zukunftserfolgswertes.

[...]


[1] Vgl. Sonderegger, 2012, S. IV

[2] Vgl.Peemöller,2009,S. 32

[3] Vgl. Millward Brown, 2011

[4] Differenziert wird hier zwischen interner und externer Bewertung, intern führt dies zum Impairment einer Beteiligung.

[5] Ausnahmen der Humankapitalbilanzierung werden im Punkt 5.1 beschrieben.

[6] Vgl. IFRS3B31

[7] Vgl. IAS 38.21b

[8] Vgl. Chmielewicz, 1979, S. 36

[9] Vgl. Popper, 1965, S. 72

[10] Vgl. Chmielewicz, 1979, S. 37

[11] Vgl. Albert, 1964, S. 15 sowie Reichenbach, 1968, S. 38 ff.

[12] Vgl. Petersen, Zwirner, Brösel, 2013, S. 14

[13] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 12

[14] Ebenda, S. 66

[15] Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, 2008, S. 271-292

[16] Vgl. Aschauer, Purtscher, 2011, S. 101

[17] Piltz, Hannes, 2009, S. 1000

[18] Vgl. Ernst, Heyd, Popp, 2014, S. 10

[19] Vgl.IDWS1id.F. 2008, Tz. 13

[20] Vgl. §203 Abs. 5 UGB sowie §301 Abs. lu.3 HGB

[21] Vgl.Scheffler,2010,S. 101

[22] Vgl. IFRS 3.51

[23] Vgl. IAS 36.124

[24] Vgl. Wagner, 2006, S. 41

[25] Vgl. Petersen, Zwirner, Brösel, 2013, S. 514

[26] Vgl. §246 Abs. 1 HGB, Handelsgesetzbuch, 2012

[27] Vgl. §285 S. 13 HGB, Handelsgesetzbuch, 2012

[28] Vgl. Eichenlaub, Grau, Höfner, Lam, Lauer, Strauß, Wassong, Wirth, Wobido, 2014, S. 5

[29] Positive Wertänderungen des Impairments fließen als Gewinn in die Neubewertungsrücklage, negative werden hingegen abgeschrieben.

[30] Vgl. IDW S 5 Abschnitt 2.4

[31] Die Grafik beschreibt hier eine Phase I und II, vgl. ergänzend dazu auch Punkt 4.3.2

[32] Vgl. Springer GablerVerlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Werttreiber, online im Internet: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/16156/werttreiber-v5.html

[33] Vgl. Sonderegger, 2012, S. 188

[34] Vgl. Löhrer, Lux, 2012, S. 76

[35] Vgl. Sonderegger, 2012

[36] Vgl. Menninger, Reiter, Sattler, Högl, Klepper, 2012, S. 10

[37] Vgl. Persch, 2003, S. 142

[38] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 14

[39] Vgl. Löffler, 2009, S.386

[40] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 18

[41] Vgl. Peemöller, 2009, S. 7

[42] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 18

[43] Vgl. Hinterhuber, 2002, S. 23

[44] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 20

[45] Ebenda

[46] Vgl. Aschauer, Purtscher, 2011, S. 105

[47] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 61

[48] Vgl. Peemöller, 2009, S. 8

[49] Vgl. Petersen, Zwirner, Brösel, 2013, S. 33

[50] Vgl. Peemöller, 2009, S. 14

[51] Vgl. IDW, 2008

[52] In Deutschland das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) mit dem Gutachten IDW S 1 sowie in Österreich die Kammer der Wirtschaftstreuhänder mit dem Fachgutachten KFS BW 1

[53] Vgl. HGB sowie UGB

[54] Bspw. bei Bewertungen für ausschließlich interne Zwecke, vgl. dazu Punkt 2.1

[55] Marktbezug versus Vorsichtsprinzip

[56] Deloitte, PricewaterhouseCoopers, Ernst&Young, KPMG

[57] Vgl. Mandl, Rabel, 2009, S. 5

[58] Vgl. Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Fachgutachten, 2006, S. 18-23

[59] Vgl. Grünberger, 2014, S. 77

[60] Vgl. Punkt 4.2 Marktorientierte Verfahren

[61] Vgl. IAS 17.4,1AS 16.6, IAS 18.7, IAS 19.7, IAS 20.3, IAS21.8, IAS 32.11, IAS 36.6, IAS 38.8, IAS 39.9, IAS 40.5 I AS 41.8

[62] Vgl. IAS 16.30, IAS 38.74 sowie IAS 16.31 ff., IAS 38.75 ff., IAS 39.55

[63] Vgl. Peemöller, Kunowski, 2009, S. 269

[64] Vgl. Kammer der Wirtschaftstreuhänder, 2014

[65] Vgl. Leibfried, Fassnacht, 2007, S. 48 ff.

Ende der Leseprobe aus 104 Seiten

Details

Titel
Methodik der Unternehmensbewertung. Evaluierungsansätze subjektiver Werttreiber als Instrument der gesamtheitlichen Bewertung
Untertitel
Insbesondere vor dem Hintergrund der Wertallokation bei Überzahlungen im Unternehmenserwerb
Autor
Jahr
2014
Seiten
104
Katalognummer
V286796
ISBN (eBook)
9783656872399
ISBN (Buch)
9783656872405
Dateigröße
1749 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Humankapital, Markenwert
Arbeit zitieren
Hannes C. Hügle (Autor:in), 2014, Methodik der Unternehmensbewertung. Evaluierungsansätze subjektiver Werttreiber als Instrument der gesamtheitlichen Bewertung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286796

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