Der ehemalige Friedrichsbau Stuttgart. Von 1900 bis 1955


Hausarbeit, 2007

24 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Analyse
Verortung und Ort
Funktion und Nutzung
Konstruktion und Ästhetik

Synthese
Referenzen zur Planung und Ausführung
Vergleich mit zeitlich und funktional äqivalenten Gebäuden
Referenz und Vorbild?

Anhang
Bibliografie
Bildquellen und Abbildungsverzeichnis
Chronik zu den Baumaßnahmen am Friedrichsbau
Bibliografie zur Architektur im 19. Jahrhundert

Einleitung

Die Vorlesungsreihe „Stadtbaugeschichte Stuttgart“ zeigte exemplarisch Seminarbeschreibung an vielen Beispielen die Vorgehensweisen und Methoden der Beschreibung und Bewertung von Bauwerken. Darüberhinaus lehrte sie, sich mit kulturhistorischen Zusammenhängen und Traditionen kritisch auseinanderzusetzen. Gerade am Beispiel Stuttgart konnte dies durch den vorhandenen „Deckmantel des Pietismus“ [Vorlesung] klar verdeutlicht werden.

Diese gesellschaftliche Prägung führte unter anderem auch bei der Baukultur zu einer Zurückhaltung, um vor Fehlern zu bewahren. Damit verbunden waren und sind allerdings auch vertane Chancen, Unfertigkeiten und Inkonsequezen. Die Suche nach einer Identität mündete nur sehr selten in Bauwerke und Projekte, die als Wahrzeichen und Aushängeschilder verstanden werden können. Man blieb immer bescheiden und fühlte sich als Kleinstadt unter den deutschen Städten, obwohl man beispielsweise als erfolgreiche Wirtschaftsregion doch großen Anteil am deutschen Bruttosozialprodukts hat.

Diese Wirtschaftskraft läßt sich vorallem auf die Automobil- und Maschinenbauindustrie der Region zurückführen: Stuttgart die Automobilstadt.

Das Automobil wurde durch seine Rolle während des Wirtschaftswunders zum wichtigen Identifikationsobjekt, dessen Rolle im Alltag wie in der Verkehrsplanung ihren Ausdruck fand.

Mit den Gedanken zur Kultur des Pietismus und den Überlegungen zum Studienarbeit Stellenwert des Automobils begann ich die Themenauswahl für diese Studienarbeit. Der ehemalige Friedrichsbau schien mir diesbezüglich ein gutes Beispiel. Zum einen hatte man von der Rolle als Kultur- und Intellektuellentreffpunkt gehört und zum zweiten handelte es sich anscheinend um einen der schönsten Jugendstilbauten Stuttgarts, womit auch funktional und bauhistorisch Potential zu erwarten war. Abgerundet wurden die Einschätzung durch den als notwendig angesehenen Abriss des ehmaligen Friedrichbaus zugunsten der Theodor-Heuss Straße, die nach 1955 den Stadtkern des wirtschaftlich aufstrebenden Stuttgarts verkehrstechnisch entlasten sollte.

Mit der Rechere zu Informationsquellen stellte sich sehr schnell heraus, dass sich die Quellensituation als deutlich magerer erwies als prognostiziert. Der Hauptanteil an verlässlichen Unterlagen stellte das Stadtarchiv Stuttgart zur Verfügung. Hier konnte man sich neben der aufschlussreichen Baurechtsakte „Friedrichsstraße 32“ vorallem durch Zeitungs- und Zeitschriftenartikel sowie Eintragungen in der Stadtchronik ein Bild machen und eine Referenzbibliothek aufbauen. Als weitere wichtige Quelle zu Architekten und Bauhistorie erwies sich die Zeitschriftensammlung der Fakultätsbibliothek.

Bildmaterial stellte vor allem das Bildarchiv des Stadtarchiv Stuttgart zur Verfügung. Andere Quellen, wie die Landesmedienstelle, hatten kein nennenswertes und verwendbares Material bei der Recherche hervorgebracht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 1 Stadtplan von 1905 [Geschichte der Stadt Stuttgart; Krais 1905, Universitätsbibliothek Stuttgart]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 2 Grundstück in Lageplan von 1948 [Baurechetsakte „Friedrichsstraße 32“, Stadtarchiv Stuttgart]

Verortung und Ort

Vorgeschichte

Der Friedrichsbau wurde als Geschäfts- und Vergnügungsetablissement gegen Ende des 19. Jahrhunderts geplant. Die Imobilienverein AG suchte für die populärer werdende Kleinkunst, die bis dahin in Hinterzimmern des Stuttgarter Südens aufgeführt wurde, neue und besser erschloßene Räumlichkeiten [vgl. 1a_Stuttgarter Zeitung, 1963]. Nachdem keine entsprechende Immobilie gefunden werden konnten, entschied man sich in der Friedrichsstraße 32 nach dem Abriss der bestehenden Bebauung mit dem Büro Biehl und Woltz neu zu bauen [vgl. 2_Stadtchronik, 1900/1901]. Neben einem zweistöckigen Theaters sollte der ‚Friedrichsbau‘ vor allem einer Gaststätte, einem Kaffee sowie zahlreichen Dienstleistungs- und Handwerksbetrieben Platz bieten [vgl. 7_Baugewerks Zeitung, 1900].

städtebauliche Einbindung

Der Friedrichsbau wurde in unmittelbarer Nähe des damaligen Hauptbahnhofes errichtet. Er war an der Kreuzung Schlosstraße- Friedrichsstraße - Lautenschlagerstraße - Bolzstraße das platz- bestimmende und prominenteste Gebäude [vgl. 2_Stadtchronik, 1900/1901]. Aus Richtung des ehemaligen Hauptbahnhofes zeigte es seine eklektische Hauptfassade und bildete Anlaufstelle zum Amüsieren und Verweilen im Quarre der Banken und Sparkassen. Auch die Intellektuellen des nebenanliegenden Polytechnikums und der umliegenden Schulen kehrten gerne für einen Kaffee ein [vgl. 1c,d_Stuttgarter Zeitung, 1994; vgl. 3_Stadtchronik, 1905]. Der Friedrichsbau war somit kulturelle und gesellschaftliche Drehscheibe im Zentrum des aufstrebenden und wachsenden Stuttgarts der Vorkriegsjahre.

Veränderung vor 1945

Durch den ersten Weltkrieg wurde das Gebäude und die Nutzung des Friedrichsbaus kaum beein usst. Es wurde durchgängig im Varieté gespielt. Mit der Weimarer Republik kam dann auch die erste internationalen Gastspiele zu Stande [vgl. 1b_Stuttgarter Zeitung, 1990]. Das Haus erfreute sich über steigende Beliebtheit. Trotzdem musste man durch weitere Werbemaßnahmen, vor allem für die Geschäfte und Gaststätten, die Verlagerung des Geschäftszentrums Stuttgarts, durch die Errichtung des neuen Hauptbahnhofes und des Hindenburgbaus, kompensieren [vgl. 16_Baurechtsakte „Friedrichsstraße 32“].

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten und die damit verbundenen Zensuren und Verordnungen waren auch für das Varieté Friedrichsbau nicht folgenlos. Kritische gesellschaftspolitische Äußerungen und Anspielungen verschwanden mehr und mehr und konnten nur noch hinter vorgehaltener Hand geäußert werden [vgl. 17a_Stuttgarter Neues Tagblatt, 1933]. Nichts desto trotz verzeichnete man weiterhin anhaltende Beliebtheit der Theateraufführungen und der Nutzung von Geschäften und Gaststätten des Friedrichsbaus.

Veränderung nach 1945

Durch die Bombenangriffe der Alliierten im Juni 1944 wurde auch der Friedrichsbau beschädigt. Der Schadensumfang war allerdings verhältnismäßig gering und läßt sich auf die Zerstörung der oberen Geschosse und des Dachstuhls eingrenzen. Die Nutzung der Geschäfte im Erdgeschoß sowie des Cafés und der Theaterbühne konnte nach provisorischer Dachabdichtung wieder aufgenommen werden [vgl. 16_ Baurechtsakte „Friedrichsstraße 32“]. Trotzdem entschloß man sich nach Kriegsende im Rahmen des Wiederaufbaus den Friedrichsbau auf Kosten der Infrastruktur abzureißen. Die vierspurige Theodor-Heuss Straße sollte als Teil des City Rings dem steigenden Verkehrsaufkommen und der Verkehrsberuhigung der Königsstraße entgegen wirken.

Funktion und Nutzung

Grundstück

Der Gebäudegrundriss ist geprägt vom Straßenraum der Friedrichs- und Schlossstraße, sowie von den Einschnürungen der vorhandenen Bausubstanz beider Straßen. Das Eckhaus zieht sich langgestreckt in den Hinterhof. Zwischen Friedrichsbau und Friedrichsstraße 30 erfolgt die Erschließung des verbleibenden Hofbereichs. [vgl. 16_Baurechtsakte „Friedrichsstraße 32“]

Hauptfunktion Theater

Der vierstöckige Bau auf dem langgezogenen Grundstück zeigt im Erdgeschoß im mittleren Joch der Fassade zur Friedrichsstraße den Haupteingang zu Kaffee und Theater. Beide Zugänge, die im ersten Obergeschoss liegen, sind über eine gemeinsame Treppe erreichbar. Von der einladenden breiten Treppe gelangt man geradewegs ins Foyer des Theaters. Von dort tritt man, nachdem man rechter Hand abgelegt und den Zugang zum Kaffee wahrgenommen hat, in den Vorsaal und den Parkettbereich des Kleinkunsttheaters ein. Daran schließt sich die Bühne sowie die Hinterbühne mit Gardaroben und eigenständiger Erschließung an. Über das Foyer erschließt sich auch die im 2 Obergeschoss gelegene Empore. [vgl. 7_Baugewerks Zeitung, 1900]

Der Erfolg der Kleinkunst konnte im Friedrichsbau Varietés weiter ausgebaut werden. Dies war vor allem der Programmgestaltung und der internationalen Kontakte des langjährigen Direktors Emil Neidhart zu verdanken. Er organisierte und inszenierte Gastauftritte beispielsweise auch von Josephine Baker. So wurde „...Klein-Stuttgart zur Großstadt...“.

[vgl. 1a_Stuttgarter Zeitung, 1963; vgl. 1b_Stuttgarter Zeitung, 1990]

Das Kaffee ist ebenfalls über das Foyer des Theaters erschloßen. Sein Zugang befindet sich auf der rechten der Friedrichsstraße zugewanden Seite. Die Gasträume des Kaffees ziehen sich über die gesamte Fassadenlänge der Friedrichs- und Schlossstraße. Sie werden von einem durchgänigen Balkon begleitet. Die Zubereitungs- und Personalräume liegen im hofseitigen Teil des Flügels zur Schlossstraße.

Der Zugang zum Bierkeller befindet sich in der Hofeinfahrt, die sich zwischen Friedrichsbau und dem Gebäude Friedrichsstraße 30 befindet. Tritt man dort herein, erkennt man unterhalb des Theatersaals einen Festsaal und in Richtung Friedrichsstraße die Gastwirtschaft mit angeschlossener Küche.

[vgl. 7_Baugewerks Zeitung, 1900]

Hauptfunktion Restauration

Das Kaffee wurde sehr schnell zum Treffpunkt der Stuttgarter Akademiker und Künstlerszene. Es entwickelte sich zum Treffpunkt und Verhandlungsort, wo „...so manches Geschäftliche seinen Abschluß fand“ [vgl. 1c,d_Stuttgarter Zeitung, 1990]. Des weiteren konnte man abends die Zeit im Bierlokal „Wulle“ verbringen. Die gut bürgerliche Küche und das Bier etablierten das Lokal wie auch das Kaffee zum gesellschaftlichen Treffpunkt. So konnte man in zentraler Lage, neben dem Kulturprogramm des Varités, morgens die Kaffeekultur Wiens und abends die Brauhaustradition Münchens geniesen. [vgl. 8_Architektonische Monatshefte, 1900]

Funktion und Nutzung

Hauptnutzung Geschäfte

Links vom Theatereingang schließen die einzelnen Dienstleistungs- und Handwerksgeschäfte an [vgl. 7_Baugewerks Zeitung, 1900]. Direkt am Eingang befindet sich eine Parfümerie, das Eckgeschäft war ein Zigarrengeschäft, gefolgt von einem Friseursalon, einem Schokoladengeschäft sowie einem Blumenladen [vgl. 8_Architektonische Monatshefte, 1900; vgl. 16_Baurechtsakte „Friedrichsstraße 32“].

Die Geschäfte im Erdgeschoss wie Theater, Kaffee und Bierlokal bedienten vor allem die Bedürfnisse der situierten Akademiker und Industriellengesellschaft. Der Friedrichsbau vereinte so zu Beginn des

20. Jahrhunderts im damaligen Zentrum Stuttgarts den Vertrieb von hochwertigen Konsumgütern und Dienstleistungen mit Kultur- und Vergnügungsangeboten.

Nebennutzung

Über ein separates Treppenhaus, welches allerdings ebenfalls über den Haupteingang erschloßen wurde erreicht man alle oberen Stockwerke. Hierüber finden vorallem die Zulieferung des Kaffees ins erste Obergeschoss sowie die Erschließung der Büroräume des Theaters und der Wohnungen im zweiten und dritten Obergeschoss statt. [vgl. 6_ Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsass-Lothringen, 1913; vgl. 10_Bauzeitung für Württemberg, Baden, Hessen, Elsass-Lothringen, 1906]

Grundrisse

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Abb. 3 Grundriss Erdgeschoss [Baugewerks Zeitung, 1900, Nr. 32 - Universitätsbibliothek Stuttgart]

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Der ehemalige Friedrichsbau Stuttgart. Von 1900 bis 1955
Hochschule
Universität Stuttgart  (Institut für Architekturgeschichte)
Veranstaltung
Stadtbaugeschichte Stuttgart
Note
2,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
24
Katalognummer
V287209
ISBN (eBook)
9783668002463
ISBN (Buch)
9783668002470
Dateigröße
2249 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ehemaliger, friedrichsbau, stuttgart
Arbeit zitieren
Fabian Christopher Schmid (Autor:in), 2007, Der ehemalige Friedrichsbau Stuttgart. Von 1900 bis 1955, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287209

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Der ehemalige Friedrichsbau Stuttgart. Von 1900 bis 1955



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden