Die Erschließung des Zielmarktes Japan

Konzeption einer ausgewählten Marketing-Strategie veredelter Textilien


Diplomarbeit, 1984

89 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Die Erschließung des Zielmarktes JAPAN Konzeption einer ausgewählten Marketing-Strategie am Beispiel veredelter Textilien

I. EINLEITUNG
1. Problemstellung und Vorgehensweise
2. Ziele der Konzeption von Marketing-Strategien
2.1. Definition des Marketing-Strategiebegriffs
2.2. Ziele einer Strategie
2.3. Abgrenzung der Untersuchung im Rahmen der Unternehmenspolitik
2.4. Ziele der vorliegenden Strategiekonzeption

II. SYSTEMATISCHE MARKETINGFORSCHUNG ALS GRUNDLAGE DER STRATEGIEKONZEPTION
1. Grundlegendes
2. Qualitative Daten
2.1. Das Land Japan
a) Allgemeines
b) Die Distributionsstruktur
2.2. Das Produkt "Veredelte Textilien"
a) Die Marktleistung
b) Die Einordnung der Textilveredelung in den
vertikalen Fertigungsprozeß "Bekleidung"
2.3. Die einzelnen Zielgruppen und ihre unterschiedlichen Bedürfnisse
a) Allgemeines
b) Die Konsumenten
c) Die Konfektionäre
d) Großhändler
e) Sonstige
3. Quantitative Daten
3.1. Die Nachfrage nach veredelten Textilien, abgeleitet aus der Nachfrage nach Bekleidung
3.2. Die Konkurrenzsituation
3.3. Zukünftige Entwicklung

III. KONZEPTION EINER AUSGEWÄHLTEN MARKETING-STRATEGIE

1. Methoden der Strategiefindung
1.1. Konzeption der Marketing-Strategien
a) Grundlegendes
b) Einige angewandte Instrumente
a.a. Lückenanalyse (Gap-Analyse)
a.b. Portfolio-Analyse
a.c. Konkurrenzanalyse
1.2. Auswahl von Strategien

2. Die ausgewählte Marketing-Strategie "Konzentrierte Bearbeitung des Segmentes 'Konfektionäre'"
2.1. Grundsätzliche Merkmale
2.2. Die Elemente der Marketing-Politik
a) Produkt- und Sortimentspolitik
a.a. Das Produkt
a.b. Sortimentsbreite und -tiefe
a.c. Ergänzende Serviceleistungen
b) Distributionspolitik
a.a. Grundlegendes im Japanexport
a.b. Wahl der Eintrittsform
a.a.a. Verkauf über Handelsvertreter
a.a.b. Investition in den Vertriebskanal
a.a.c. Produktion im Ausland ohne Direktinvestition
a.a.d. Produktion in Japan mit Direktinvestition
a.a.e. Produktion in Ostasien mit Direktinvestition
c) Kommunikationspolitik
a.a. Grundlegendes
a.b. Persönlicher Verkauf
a.c. Werbung
a.d. Messen
a.e. Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations)
d) Preispolitik
2.3. Chancen und Risiken

IV. ERGEBNISSE DER ARBEIT
1. Abschließende Zusammenfassung
1.1. Der Markt Japan für veredelte Textilien
1.2. Die konzentrierte Strategie für das Segment "Konfektionäre"
2. Schlußwort und Ausblick

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung
1. Aufbau der vorliegenden Konzeption
2. Die Instrumente des Marketing-Mix
3. Zielsystem im Marketing-Bereich
4. Strategische Geschäftsfelder (SGF) der KBC
3. Grundlegende Strategierichtungen
6. Schmale Strategie versus breite Strategie
7. Handelsstruktur in Japan
8. Die zehn größten Handelsfirmen
9. Bestandteile des textilen Produktes eines Eigen- veredlers
10. Der vertikale Fertigungsprozeß textiler Konsumgüter
11. Nutzenanalyse von Bekleidungstextilien
12. Bedürfnisse Konfektionäre
13. Bedürfnisse Großhandel
14. Gesamtnachfrage Bekleidung Japan, USA, BRD zu Endverbraucherpreisen
15. Bedarfsstruktur Bekleidungstextilien Japan
16. Textildruckrelevante Marktsegmente
17. Nachfragestruktur nach Einzelhandelsumsätzen Japan und BRD
18. Nachfragestruktur nach Faserarten, Japan
19. Importguote Textil
20. Japanische Textilveredler
21. Textilex- und -importe Japan
22. Lücken- (Gap-) Anlayse der Märkte
23. Lücken verschiedener Leistungsbereiche
24. Portfolio-Analyse
25. Konkurrenz-Analyse
26. Darstellung der Handlungsalternativen
27. Eintrittsmöglichkeiten in einen Auslandsmarkt
28. Beispielhafte Darstellung einer erfolgreichen Etablierung im Markt
29. Funktion eines Vertreters im System der General­groGhändler
30. Standortvor- und -nachteile Chinas im Vergleich zu Japan
31. Persönliche und unpersönlliche Kommunikations­instrumente
32. Messetermine, Präsentations- und Auslieferungs­zeiten
33. Termine der Bekleidungsindustrie Japans
34. Preismöglichkeiten in Abhängigkeit von der Markt­leistungsgestaltung
35. Waren und Zahlungsströme im Japanhandel
36. Chancen und Gefahren des Eitnritts in den Japan­markt für veredelte Textilien
37. Zielwirkung von Investitionen im Japanmarkt

Die Erschließung des Zielmarktes JAPAN Konzeption einer ausgewählten Marketing-Strategie am Beispiel ver­edelter Textilien Goh ni iriteva Goh ni shita gae Wer ins Dorf geht, folge seinen Regeln (Japanisches Sprichwort)

I. EINLEITUNG

1. Problemstellung und Vorgehensweise

Japan - die führende Industrienation Ostasiens, das Land mit der zweitgrößten Kaufkraft der Welt. Die 117,6 Millionen Bürger Japans sind eifrige Hersteller und Verbraucher; Japans Bruttosozialprodukt liegt heute an zweiter Stelle der Welt.

Ist also Japan eines der wichtigsten Zielländer für Exporte aus Deutschland?

Leider nicht, nur 1,3 Prozent der deutschen Warenausfuhr wurde 1982 an japanische Käufer geliefert. ^ Im Vergleich hierzu fanden 18,5 ? )

Prozent der Ausfuhren aus den USA 1982 ihren Weg nach Japan.

Es besteht folglich ein enormes Defizit der deutschen Experte im Vergleich zu amerikanischen Exporten nach Japan. Der Unternehmens­berater Haferkamp ^ spricht gar von einer "skandalösen" Unterre­präsentation der europäischen Wirtschaft in Japan, besonders im Ge­gensatz zu den systematischen, langfristig angelegten Bemühungen der japanischen Exportwirtschaft um den europäischen Markt. In ei­nigen Branchen (Fototechnik, Elektronik, Automobilbau, Schiffbau)

1) Vgl. Statistisches Jahrbuch 1982 Bundesrepublik Deutschland, Warenausfuhr nach Ländern, S.137f., Wiesbaden 1983.

2) eigene Berechnung aus der Statistik

FT 990 U.S. Departement of Commerce, Bureau of Economiy Analy­sis, Washington 1983.

3) Vgl. Haferkamp, E., Unveröffentlichtes Manuskript, Elemente ei­ner langfristigen EG-Japan Strategie, ohne Ort 1984. haben die japanischen Unternehmen bereits bewiesen, daß sie in der Lage sind, durch strategisches Vorgehen die europäischen Märkte erfolgreich zu erobern.

Diese Entwicklung birgt bei dem immer noch starken Wachstum der ja­panischen Wirtschaft für Unternehmen aller Branchen der traditio­nellen Industrieländer eine große Gefahr.

Der erste Teil der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich aus diesem Grunde mit der Frage, welche Ziele mit einer Erschließung des Ja­panmarktes verfolgt werden können und in welcher Weise eine Stra­tegie die Erschließung erleichtert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

"Wer ins Dorf geht, folge seinen Regeln."

Dieses japanische Sprichwort verdeutlicht den wichtigsten Gedanken des Marketings: Im Mittelpunkt aller Unternehmensaktivitäten stehen die Bedürfnisse (Regeln) der Kunden eines Marktes. Die deutschen Exporteure betreten in Fernost einen räumlich und kulturell weit entfernten Markt. Zu oft wird versucht, die deutschen "Regeln" in dem fremden "Dorf" beizubehalten.

Welche "Regeln" gelten für das "Dorf" Japan?

Der zweite Teil der Arbeit Untersucht deshalb die Möglichkeiten ei­nes Eintritts in den japanischen Markt für veredelte Textilien. Des weiteren wird versucht, die Bedürfnisse der Käufergruppen zu klä­ren.

Die reine Betrachtung der Marktgegebenheiten allein genügt jedoch nicht. Deshalb wird im dritten Teil, dem Hauptteil der Untersu­chung, versucht darzustellen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um in Japan erfolgreich tätig werden zu können.

Oft wird das Exportdefizit mit Einfuhrhemmnissen seitens der Japa­ner entschuldigt. Japan verlangt heute durchschnittlich drei Pro­zent Zölle auf importierte Waren und liegt damit deutlich unter der USA mit durchschnittlich vier Prozent und der EG mit durchschnitt­lich fünf Prozent.

Wahrscheinlicher ist, daß die "Regeln", die den "Schlüssel" zu dem "Dorf" Japan bilden, nicht entsprechend den Bedürfnissen der Japa­ner angewendet werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Meffert unterscheidet die vier Marketing-Instrumente Produkt-, Kom- munikations-, Distributions- und Preispolitik. 11 Die langfristige, vorausschauende Koordination dieser Instrumente entspricht der Kon­zeption einer Strategie.

Im abschließenden vierten Teil der Untersuchung, erfolgt dann eine Zusammenfassung der Ergebnisse und die Betrachtung der Auswirkungen auf die gesetzten Ziele.

Mit einem Ausblick auf Zukunftserwartungen endet die Arbeit.

2. Ziele der Konzeption von Marketing-Strategien

2.1. Definition des Marketing-Strategiebegriffs

Der Begriff der Strategie entstammt dem griechischen "strategos" = Heerführer, Feldherr. Hierunter wurde die Kunst der geschickten Kampfplanung verstanden. Der militärische Ausdruck wurde in die be­triebliche Planungstheorie übernommen, wo Strategien folgendermaßen

definiert werden:

1. Strategien lassen erkennen, in welcher Weise das intern vorhan­dene Potential unter Ausnutzung der bestehenden und der zukünf­tigen Stärken eingesetzt werden kann, um die Unternehmensziele zu erfüllen.

2. Eine Strategie gibt die allgemeine Richtung an, in die hinein sien ein Unternehmen entwickelt.

3. Strategien versuchen, Zukunftsencwicklungen berechenbar zu ma­chen.

Dieser Begriff der Strategie wird auch von Ansoff und Glueck 31 vertreten.

1) Vgl. Meffert, H. Marketing, S.82f., a.a.O.

1) Vgl. Kreikebaum, H. Strategische Unternehmensplanung, S.22-23, Stuttgart 1981.

2) Vgl. Ansoff, H.I. Management-Strategie, S. 135, München 1966. Vgl. Glueck, W.F. Business Policy, Strategie, Formation and Ma­nagement, 2. Aufl., S.7f., Tokyo 1976.

Die strategische Planung im Marketing-Bereich 1 } befaßt sich mit den marketingrelevanten Kriterien des Unternehmens. Sie dient dazu, Richtlinien festzulegen, mit deren Hilfe das Unternehmen einen Kon­kurrenzvorteil, Attraktivität aus der Sicht des Käufers und eine 2 )

optimale Ausnutzung seiner Ressourcen zu erzielen hofft.

Strategien bereiten einerseits den Weg in die Zukunft vor und soll­ten deshalb möglichst lange beibehalten werden, andererseits wären Strategien verfehlt, die nicht flexibel den Umweltveränderungen an­gepasst werden können.

Innerhalb des Planungsprozesses empfiehlt sich daher die Formulie­rung von Eventual- bzw. Alternativ-Strategien, die je nach verän­dertem Betriebs- und Marktgeschehen eingesetzt werden können.

2.2. Ziele einer Strategie

Der Markt bildet die wirtschaftlich relevante Umwelt, in der sich das Unternehmen befindet. Sie umfaßt die verschiedenen Kategorien von Marktpartnern, mit denen die Unternehmung Beziehungen unter­hält.

Jeder Marktpartner hat spezifische Interessen, die das Unternehmen berücksichtigen muß. Bei veränderten Umweltbedingungen ist das Un­ternehmen gezwungen, sich den neuen Verhältnissen anzupassen.

Mittels einer Marketing-Strategie-Konzeption werden folgende Ziele verfolgt:1

1 . Erleichterung der Anpassungsprobleme an die sich dynamisch ver­ändernde Umwelt (Flexibilisierung des Unternehmens).
2. Aufbau eines Frühwarnsystems zur Erkennung unternehmensbedro­hender Entwicklungen.
3. Koordination aller Kundenkontakte, d.h. Vermeidung von innerbe­trieblicher Konkurrenz, verbunden mit dem Aufbau eines "Corpo­rate Identity" und der Profilierung von bestimmten, unverwech­selbaren Marktleistungen.
4. Festigung der "Unternehmensidentität" bei allen Marktpartnern, sowohl auch den internen und externen Mitarbeitern. 1'
5. Durch Dokumentation, d.h. Aufzeichnen und Formulieren von Al­ternativen, wird eine Grundlage für zukünftige Entscheidungen geschaffen. Die Einbeziehung und Darstellung von Extremsitua­tionen verbreitert das Spektrum der möglichen Entscheidungsva- 2) riationen und vergrößert den freien Handlungsspielraum.
6. Der Entwurf von "ideal-typischen" Strategien ermöglicht den kritischen Vergleich mit der bestehenden Ist-Strategie mit an­schließender Soll/Ist-Abweichungsanalyse.

2.3. Abgrenzung der Untersuchung im Rahmen der Untenehmenspolitik

Die eher allgemeinen Ziele der Strategiekonzeption bedürfen einer Unternehmens- und marktspezifischen Präzisierung.

Im folgenden werden daher, am Beispiel der KBC Koechlin Baumgartner & Cie, Textilmanufaktur AG, die speziellen Ziele einer Strategie-Konzeption für die Erschlie­ßung des Marktes Japan abgeleitet.2 3

Das traditionsreiche Unternehmen veredelt textile Flächengebilde seit 230 Jahren. Die hierfür notwendige Rohware wird in eigener Re­gie international eingekauft und nach der Veredelung ebenso welt­weit verkauft, wodurch heute ein Umsatz von 450 Millionen DM er­zielt wird. Erarbeitet wird dieses Ergebnis von über 1.600 Mitar­beiter.

Ausgehend von den originären Zielen einer Unternehmung wie Gewinn­erzielung, Liquiditätssicherung, Produktziele u.a.4 * werden die derivativen Ziele der einzelnen Funktionsbereiche abgeleitet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Entsprechend der betriebsinternen (Gewinn, Kapazitätsauslastung) oder der betriebsexternen (Finanzrentabilität, Befriedigung der Kundenbedürfnisse) Oberziele bestimmen sich die Teilziele der ein­zelnen Untergruppen, den sogenannten strategischen Geschäftsfeldern (SGF). Die Geschäftsfeldmatrix der KBC kann vereinfacht wie folgt dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Strategische Geschäftsfelder (SGF) der KBC.

Für jedes einzelne SGF sind Marktanteilsziele, absolute Umsatzziele und Entwicklungschancen zu planen. Dasselbe gilt für die Sub- mix-Bereichsziele der Preis, Produkt, Werbe- und Distributionspoli­tik.Ansoff unterscheidet vier grundlegende Strategierichtungen in Ab­hängigkeit von Produkt- und Marktneuigkeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grundlegende Strategierichtungen Ansoff, H.I., Corporate Strategies, S.39A, New York 1958.

Im vorliegenden Falle des Textilveredlers KBC hat man sich aufgrund der allgemeinen Sättigungstendenzen in allen europäischen Märkten für eine verstärkte Exporttätigkeit entschieden, also für die Stra­tegie der Marktschaffung.

Mit der Auslandsorientierung5 ' werden folgende Ziele verfolgt.
1. Höhere Erträge durch den Spezialitätencharakter deutscher Er­zeugnisse.
2. Die Textilveredelungsindustrie ist stark saisonabhängig; durch Exportaufträge kann eine gleichmäßigere Produktionsauslastung erzielt werden.
3. Speziell im Bereich bedruckte Textilien verlangt der Konsument auf den heimischen Märkten immer mehr Auswahl. Die dadurch sin­kenden Verkaufsmetragen pro Druckmuster erhöhen die Sortenwech­selkosten (Rüstkosten).

Durch die Gewinnung von Zusatzaufträgen in Exportmärkten können höhere Metragen und damit Skalen-Erträge erzielt werden.

A. Die Mode wird zunehmend internationaler. Durch die Informa­tionssammlung über Trends in fremden Ländern wird auch die hei­mische Kollektion aufgewertet.

5. Die zunehmende Unternehmenskonzentration im Textilbereich hat die inländische und ausländische Konkurrenz zu multinationalen Konzernen zusammengeführt.

Um gegenüber den Großanbietern wettbewerbsfähig zu bleiben, muß sich jedes Unternehmen auf globaler Ebene orientieren.

Für die Exportmarktwahl Japan sind hauptsächlich die Punkte A und 5 maßgeblich. Der japanische Bürger ist außerordentlich modebewußt. Tokyo entwickelt sich heute zu einem selbständigen Modezentrum ne­ben Paris, Mailand und New York. Zudem sind die japanischen Textil- veredler heute ernstzunehmende Mitbewerber auf allen Drittmärkten der KBC und es ist zu erwarten, daß die japanischen Textilproduzen­ten expansiv in weitere Märkte Vordringen.

2.A. Ziel der vorliegenden Strategiekonzeption

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Möglichkeiten für den Eintritt in den japanischen Markt darzustellen. Es werden mögliche Ein­trittsalternativen aufgezeigt und unter Berücksichtigung der ak­tuellen Chancen und Risiken im Japanmarkt verglichen.

Die Strategieauswahl ist abhängig von den Budgetierungsvorstel­lungen der Entscheidungsträger. Um die ganze Bandbreite der Hand­lungsalternativen aufzuzeigen, werden nicht nur investitionsarme Lösungen ausgearbeitet.

Die Darstellung der möglichen Marketinginstrumente wurde bewußt ausführlich gewählt, um für kurzfristige Entscheidungen einen großen Freiraum zu bieten. Die vorliegende Konzeption versteht sich in diesem Sinne ausdrücklich nicht als "Rezeptbuch", das den schma­len Weg zum Japanmarkt zeigen soll.

Ganz im Gegenteil wird die Absicht verfolgt, eine große Vielfalt von denkbaren Marketingaktivitäten vorzustellen, die unter Berück­sichtigung der sich rasch ändernden Umweltsituation in Japan einge­setzt werden könnten.

Gerade in Japan führen Umwege oft schneller ans Ziel als der di­rekte Weg. Die folgende Grafik möchte diesen Zusammenhang verdeut­lichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

II. SYSTEMATISCHE MARKETINGFORSCHUNG ALS GRUNDLAGE DER STRATEGIE­KONZEPTION

1. Grundlegendes

"Wer ins Dorf geht, folge seinen Regeln"

Um die Regeln eines Landes kennenzulernen, werden Informationen be­nötigt. Die Gewinnung, Verarbeitung und Auswertung der unterneh­mensinternen wie externen Marketinginformationen wird als Marke­tingforschung bezeichnet.

Information nimmt heute eine zentrale Rolle im Wirtschaftsprozess ein, manche Autoren 1 * bezeichnen die Informationswirtschaft be­reits als weitere betriebswirtschaftliche Funktion neben den tradi­tionellen Funktionen wie Beschaffung, Produktion und Absatz. Für multinational tätige Unternehmen ist die systematische Informa­tionsbeschaffung und -Verarbeitung eine grundlegende Bedingung zur Koordination, Steuerung und Kontrolle der unterschiedlichen Ge­schäftsbereiche.

Die Qualität einer Marketingkonzeption hängt wesentlich von den verfügbaren Marketing-Informationen ab, d.h. vom zweckorientierten Wissen über bestimmte inner- und außerbetriebliche Sachverhalte.

Mit steigender Unternehmensgröße und Spartenbildung innerhalb der Unternehmung wird die Informationsbeschaffung über Verkaufsabtei­lungen schwieriger; zudem stehen viele Unternehmen mit dem tatsäch­lichen Endverbraucher und damit dem eigentlichen Marktgeschehen nicht direkt in Verbindung.

Hier dient die systematische Marketingforschung als "Intelligenz- 2) Verstärker" , mit dem Ziel, Entscheidungsrisiken abzubauen und Chancen zu erkennen, die Arbeit der Unternehmensführungen zu er- 3) leichtern, die Sachverhalte zu präzisieren und objektivieren und allgemein eine Grundlage zur Strategiekonzeption zu schaffen.6 7 8

Im folgenden werden qualitative und quantitative Elemente des Mar­ketingsystems Japan betrachtet, zur Informationsgewinnung wurden Methoden der Primär- und Sekundärforschung verwendet.

Die Primärforschung wurde mittels Expertenbefragungen und zahlrei­chen persönlichen Interviews durchgeführt.

Die Basisdaten der vorliegenden Japanforschung stützen sich wegen der räumlichen Entfernung auf sekundärstatistischem Material. Hier wurden folgende Datenquellen verwendet:

- interne Unternehmensdokumentation (Reiseberichte, Länderanalysen, Vertretungsauskünfte)
- Marktforschungsberichte japanischer Marktforschungsunternehmen
- staatliche Nachschlagewerke (statistische Jahrbücher u.a.)
- Berichte von Wirtschaftsverbänden sowie wissenschaftliche Publi­kationen japanischer Autoren
- Veröffentlichungen der Industrie- und Handelskammern, der Bun­desstelle für Außenhandelsinformationen (BfAI), sowie der Japan External Trade Organisation (JETRO)

Der Zeitrahmen der Untersuchung ließ eine detaillierte Marketing­forschung direkt in Japan nicht zu. Für den Fall der genaueren In­formation vor Ort beschränkt sich der Verfasser deshalb auf das De­sign von Datenanforderungsprofilen, die in Form eines Fragebogens der Anlage beigefügt sind.

2. Qualitative Daten

2.1. Das Land Japan

a) Allgemeines

Nach dem Bruttosozialprodukt nimmt Japan heute den zweiten Platz im Kreis der Industrieländer ein. Der Lebensstandard, bewertet nach dem Pro-Kopf-Einkommen, ist höher als der Durchschnitt in Europa, aber noch geringer als in der Bundesrepublik Deutschland und den USA.

Die folgenden Daten sollen einen kurzen Überblick über das Land vermitteln.

- Struktur:

3.900 Inseln, die größten sind Honshu, Hokaido, Kyushi und Shi­koku. Das Land ist verwaltungsseitig in neun Regionen und 47 Präfekturen aufgeteilt (siehe Anlage: Abbildung Japan).

- Staat:

Parlamentarische Monarchie mit zwei Kammern. Zur Zeit regierend: bürgerlich-konservative Partei.

- Bevölkerung:

118,7 Mio Einwohner, davon 99,4 Prozent japanischer Staatsbür­gerschaft; starke Konzentration in den Städten Tokyo (12 Mio), Yokohama (2,8 Mio), Osaka (2,7 Mio), Nagoya (2,1 Mio) und Kyoto (1,5 Mio).

Überdurchschnittlich viele jüngere Einwohner, wobei wegen der hohen Lebenserwartung (0 5 Jahre mehr als Europa) der Anteil der älteren Bevölkerung steigt.

- Religion:

Buddhismus und Shintoismus, meist beides.

- Klima:

Durch enorme Nord-Süd-Streckung und verschiedene Meeresströmun­gen sehr unterschiedliche, aber in sich relativ stabile Wetter­lagen von subtropisch bis feucht kalt mit 80 Tagen Schneefall im Jahr. In der Winterzeit werden die Privatwohnungen aufgrund der Energieknappheit wenig beheizt.

- Wirtschaft:

Der frühere Produzent von Billigware hat sich seit einigen Jah­ren zunehmend auf die Produktion von hochqualitativen Gütern verlagert. Staatliche Maßnahmen und die mentalitätseigene Ge­nauigkeit sind hierfür Gründe.

- Soziales Verhalten:

Das Zusammenleben der Japaner wird von vier traditionellen Ele­menten 1 * geprägt, die sich aus der Vergangenheit der Reisbau­erngemeinden ergaben:

- Gruppendenken
- Harmonie- und Konsenszwang
- hoher Stellenwert einer guten Ausbildung
- Elitedenken

Die Japanische Gesellschaft ist in hohem Maße homogen ge­schichtet, 90 % der Bevölkerung bezeichnet sich selbst als zuge­hörig zum Mittelstand. Wichtigste Tugenden der Japaner sind Fleiß, Bescheidenheit, Loyalität untereinander und Harmonie.

Ein sehr hoher Wert wird auf Tradition und Kultur gelegt; als Beispiele hierfür seien das klassische Theater, Tempel, Volks­kunst mit Schnitzereien, Teehäuser und die Ikebana-Blumenkunst erwähnt.

Die Familie lebt noch in den traditionellen Verhaltensweisen, die Emanzipation der Frau ist noch nicht weit fortgeschritten. Hieraus resultiert auch ein anderes Konsumverhalten, beispiels­weise wird relativ viel für Meterware zum Heimschneidern aus­gegeben.

Die Arbeitswelt wird von den Großunternehmen, die ca. 30 % der Arbeitnehmer beschäftigen, und den unzähligen Kleinfabrikanten bestimmt.9 10

- Werbung:

Japan besitzt eine ausgesprochen vielfältige Medienlandschaft. In keinem anderen Land der Erde werden pro Einwohner mehr Zeit­schriften und Zeitungen gelesen und mehr ferngesehen. Nahezu jede Zielgruppe kann per Massenmedium erreicht werden.

Im Textilbereich existiert eine Vielfalt an Fachzeitschriften und Modezeitschriften, die sich an Fachleute und den Endver­braucher wenden.

b) Die Distributionsstruktur

Um den schwierigen Zugang ausländischer Produzenten zum japanischen Markt zu erklären, ist eine Betrachtung des Distributionssystems11 ^ notwendig. Die Handelsorganisationen spielen in Japan eine größere Rolle als in allen anderen industrialistierten Ländern.

Es wird unterschieden zwischen Generalgroßhändler (Sogo shosha), spezialisierten Großhändlern (Senmon shosha), Warenhäusern (Depart­ment Stores), Supermärkten und Kleinläden (retail stores).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Handelsstruktur in Japan

- Gencralhandelshäuser (Sogo Shosha)

Die Generalhandelshäuser sind nicht auf bestimmte Produkte spezia­lisiert. Neun dieser Häuser betreiben ca. 60 % der Importe und ca. 50 % der Exporte Japans. 1 ^

Entstanden aus der Rohstoffknappheit Japans als Spezialisten für Rohstoffeinkäufe, haben die Handelshäuser sich heute zu umfassenden Konzernunternehmen entwickelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: o.V. Mehr Mut zum Japanexport, Gesamttextil e.V.
Schriften zur Exportpflege. Tokyo 1977.

Die Sogo Shosha besitzen bis heute eine außerordentliche Machtstel­lung im Verhältnis zu den kleinen Textil- und Bekleidungsher­stellern:

"In soft goods, the manufacturing process goes through a se­ries of stages, and trading companies are intricately involved in almost every stage. Their role is particularly important in converting textiles into ready-to-wear products.

This process typically is performed by a large number of small establishments, and trading companies still maintain a firm control over them."

Die Sogo Shosha haben also innerhalb des vertikalen Fertigungspro­zesses von der Rohfaser bis zum fertigen Kleidungsstück eine wich­tige Converterfunktion (Vermittlung) zwischen den Herstellern, Wei­terverarbeitern und Endverbrauchern. Die Converterfunktion kann so­wohl Finanzierung, Lagerhaltung, physikalische Distribution, Design als auch Risikoübernahme beinhalten.12 13

Aufgrund des breiten Handelssortiments besitzen die zuständigen Einkäufer oft nicht genügend Fachwissen über die einzelnen Produk­te. Da jedes aufgenommene Produkt in die gesamte Angebotspalette passen muß, sind diese Häuser ausschließlich an Spezialitäten, d.h. Neuheiten, Markenartikeln oder an Lieferbedingungen interessiert, die von inländischen Produzenten nicht geboten werden (kleine Me­tragen u.a. ).

Ein ausländischer Produzent, dessen Erzeugnisse mit japanischen Produkten konkurrieren, muß sich an andere Handelspartner wenden. Allerdings benützen die wieder erstarkten Hersteller bzw. speziali­sierten Großhändler, die besseres Produktwissen und spezielles Mar­keting besitzen, die Handelshäuser heute oft nur noch zur Finanzie­rung und zur Informationsgewinnung.14 *

"Bis heute waren die Handelshäuser die wichtigsten Fi­nanzgeber für kleine und große Konfektionäre. Die zuneh­mende Bereitschaft der großen Citybanken, auch ins "mitt­lere" Kreditgeschäft einzusteigen, ermöglicht den Her­stellern freieren Wareneinkauf. Auch hat die im Außenhan­del gesammelte Erfahrung dazu geführt, daß nicht mehr al­le Hersteller die Hilfe der Handelshäuser für den Direkt­import benötigen."15 16 *

- Großhändler (Semnon Shosha)

Als nächste Gruppe sind die auf einzelne Produkte festgelegten Großhändler aufzuführen. Oft sind diese den Soga Shosha untergeord­net.

Nur mit Textilien (Rohware, veredelte Ware und Bekleidung) beschäftigen sich 10.873 Firmen, wovon 7.697 Gesellschaftsform besitzen. Die zehn größten Häuser haben 1982 über 1 Mrd. DM Umsatz erreicht.

Diese Spezialhandelshäuser eigenen sich aufgrund ihrer Produkt­kenntnisse und der direkteren Kontakte zum Hersteller bzw. Verwen­der häufig besser für den Markteintritt als die bekannten großen Soga Shosha. 1 J Trotzdem muß beachtet werden, daß durch die starke Bindung mit den Generalhandelshäusern hier ähnliche Einschränkungen (keine Japanischen Konkurrenzprodukte, nur Spezialitäten) gelten.

[...]


1 ) Marketing umfaßt die Planung, Kontrolle und Koordination aller Aktivitäten, die auf die dauerhafte Befriedigung der Kundenbe­dürfnisse ausgerichtet sind. Vgl. Meffert, S.35, a.a.O. Marketingorientierte Autoren sind heute der Ansicht, daß das oberste Ziel eines Unternehmens sein muß, Kunden zu gewinnen und zu halten. Die Gewinnerzielung habe durch die wachsende in­ternationale Konkurrenzierung nur noch Instrumentalcharakter zur Unternehmenssicherung. Vgl. Levitt, T. The Marketing Imagination, S. 17, New York 1983. 2) Vgl. Kotier, P. Marketing-Management, Analyse, Planung und Kon­trolle, S. 366-367, Stuttgart 1979· 3) Vgl. Bidlingmaier, J., Marketing, S.177, Hamburg 1973.

2 Vgl. Roventa, der sagt: "... das Bedürfnis von Führungs- und Fachkräften sowie der Verbraucher nach einem Beitrag zum "Fortschritt" und "Sinngebung" der Arbeit jenseits jährlicher Einkommen erfordert Orientierung und langfristige Konzeption". Roventa, P., Kirsch, W. Bausteine eines strategischen Manage­ments, S.19, Berlin, New York 1983.

3 Vgl. Amann, F. Entwicklung einer Export-Marketing-Konzeption, S. 27, Winterthur, 1972.

4 Vgl. Heinen, E. Industriebetriebslehre, Entscheidungen im Indu­striebetrieb, S.26-37, 7.Aufl., Wiesbaden 1983.

5 Vgl. Seidel, H. Erschließung von Auslandsmärkten, S.25, Berlin 1977. 1 ) Vgl. Heinen, E. Industriebetriebslehre, Entscheidungen im In­dustriebetrieb, S.893f., a.a.O.

7 Meffert, H., Marketing, S.1A7, a.a.O.. Japan hat sich seit dem 2. Weltkrieg zu einer außerordentlichen wirtschaftlichen Größe entwickelt. Fast anderthalbmal so groß wie die Bundesrepublik, beherbergt das Land nahezu doppelt soviele Ein­wohner.

9 Vgl. Pohl, M. Institut für Asienkunde, Hamburg, Wie Sie Ihrem Betrieb das Tor zum japanischen Markt öffnen, S.9, München 1983.

10 Vgl. Stübig, H., Japan - Samurai oder Roboter, Vortrag an der IHK Südlicher Oberrhein Freiburg, 1984.

11 Unter Distribution werden im folgenden alle Vorgänge und Metho­den verstanden, die den Weg des Produktes vom Produzenten zum Endverbraucher betreffen. Vgl. Berekoven, L. Internationales Marketing, S.164, Wiesbaden 1978.

12 Vgl. Abbildung 8, Die zehn größten Handelsfirmen.

13 Yoshino, M.Y. Marketing in Japan, S.139, New York 1975. .

14 Vgl. Jung, H.F., Wie Sie Ihrem Betrieb das Tor zum japanischen Markt öffnen, Bayrische Vereinsbank. S.47, Tokyo 1980.

15 Beispielsweise besitzt Mitsui ein internationales elektroni­sches Kommunikationssnetz, mit dem Daten rund um die Erde über­mittelt werden können. Vgl. Janshen, D. Rationalisierung im Alltag der Industriege­sellschaft. Neue Kommunikationstechnologien am Beispiel Japans. S. 181, Frankfurt, New York 1980.

16 Übersetzt aus: Yoshino, M.Y. Marketing in Japan, S.148, New York 1975.

Ende der Leseprobe aus 89 Seiten

Details

Titel
Die Erschließung des Zielmarktes Japan
Untertitel
Konzeption einer ausgewählten Marketing-Strategie veredelter Textilien
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Lörrach, früher: Berufsakademie Lörrach
Note
1,0
Autor
Jahr
1984
Seiten
89
Katalognummer
V294716
ISBN (eBook)
9783656931089
ISBN (Buch)
9783656931096
Dateigröße
80793 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
erschließung, zielmarktes, japan, konzeption, marketing-strategie, textilien
Arbeit zitieren
Leonhard Ströber (Autor:in), 1984, Die Erschließung des Zielmarktes Japan, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294716

Kommentare

  • Leonhard Ströber am 23.10.2015

    Die Arbeit gibt grundsätzliche Informationen zum Marketing in Japan für alle Branchen allgemein. Der Autor arbeitet als freier Betriebsberater und hat in Japan Markterfolge in Millionenhöhe realisiert.

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Titel: Die Erschließung des Zielmarktes Japan



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