Praktikum zur Berufsorientierung an einer Grundschule im Fach Deutsch

Mit einer Fragestellung zu aggressivem Verhalten bei Grundschülern


Praktikumsbericht / -arbeit, 2010

24 Seiten, Note: 1,5

Lena Lindemann (Autor:in)


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Beobachtung
Ableitung meiner Fragestellung
Operationalisierung des Konstrukts
Das Beobachtungsinventar
Die Beobachtungsergebnisse
Deutung der Beobachtungsdaten
Implikationen für das pädagogisch-didaktische Handeln

Unterrichtsentwurf
Bedingungen im Klassenzimmer
Ziele der Unterrichtsstunde
Bezüge zur Unterrichtseinheit
Sachanalyse
Didaktisch-methodische Analyse
Medieneinsatz
Verlaufsplanung

Auswertung

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Mein Praktikum habe ich in der Zeit vom 16.August bis zum 24.September 2010 in der Grundschule B. in W. absolviert. Das Konzept der Grundschule entspricht dem einer Offenen Ganztagsschule, folglich können alle Grundschüler/Innen des Einzugsgebietes freiwillig am Ganztagsangebot teilnehmen. Die Koordination des Angebotes wird durch die Schulsozialarbeiterin übernommen. Außerdem für die Organisation zuständig ist die Sekretärin. Der Hausmeister ist während des Ganztagsbetriebes in der Schule. Für die Betreuung werden vom freien Träger der Schule, dem Caritasverband, pädagogisch qualifizierte Honorar- und Fachkräfte eingestellt. Dieser ist ebenfalls Beschäftigungsträger der Sozialpädagogin der Schule.

Die Schwerpunkte der Schule liegen auf verschiedenen Bereichen: der Naturerfahrung, der Ernährung, der Bewegung, dem sozialen Miteinander und den Bildungsangeboten. Die Umsetzung dieser Schwerpunkte äußert sich im Vormittags- und Nachmittagsbereich beispielsweise durch die Pflege der Schulbeete, die Mülltrennung, gesundem Frühstück, gemeinsamem Tischdecken und -abräumen, eigenständigem Streitschlichten und künstlerischen, sportlichen oder handwerklichen Angeboten.

Das Konzept der Ganztagsschule wird wie folgt organisiert: Die Eltern können ihre Kinder für mindestens zwei und maximal vier Tage kostenlos für das Nachmittagsangebot anmelden, freitags findet kein Ganztagsangebot statt. Die erwünschte Teilnahme am Mittagessen ist kostenpflichtig. Nach dem Unterricht werden die Gruppen, die nach Jahrgangsstufen eingeteilt sind, von einer Bezugsperson betreut. Diese tauschen sich bei Bedarf mit den jeweiligen Lehrkräften über das Verhalten und die Leistung ihrer Schüler/Innen nach Unterrichtsschluss aus. Die Reihenfolge beim Nachmittagsverlauf erfolgt nach Jahrgangsstufen, wobei die erste Klasse nach dem Unterricht um 11.25Uhr zuerst betreut wird und dann um 12.15Uhr mit dem Mittagessen beginnt. In der Betreuung vor dem Essen können die Kinder bei geeignetem Wetter auf dem Schulhof spielen oder sich in dem Betreuungsraum der Schule aufhalten, in welchem Beschäftigungsmöglichkeiten, wie Spiele und Bücher vorhanden sind. Beim Essen müssen sich die Kinder an festgelegte Regeln halten. Zuerst werden sie von der Betreuungsperson zum Essen abgeholt. Mit ihrem Einverständnis können die Kinder dann in die Mensa gehen und sich einen Platz suchen. Sind alle leise, holt die Betreuung das Essen, wobei die Kinder ab der 2.Jahrgangsstufe selbst zur Küche gehen, um die Schüsseln holen. Eine halbe Stunde haben die Kinder Zeit um zu essen, den Tisch abzuräumen und abzuwischen. Sitzen dann wieder alle am Tisch, sammeln sie sich vor der Tür und gehen mit der Betreuung zur Hausaufgabenhilfe und die nächste Klassenstufe kann zum Essen kommen. In jeder Stufe haben die Kinder eine Dreiviertelstunde Zeit für ihre Hausaufgaben. Dabei können sie sich jederzeit mit Fragen an die Betreuung richten und beendete Hausaufgaben werden von dieser im Heft abgehakt. Im Anschluss an die Hausaufgaben können die Schüler wieder in die Betreuung gehen, wobei die Schüler der vierten Klasse nach den Hausaufgaben um 14.30Uhr direkt an einem der AG-Angebote teilnehmen können. Für diese Angebote stehen Honorarkräfte und ehrenamtliche Anbieter zur Verfügung. Nach Schulschluss, freitagnachmittags und in den Ferien haben die Eltern die Möglichkeit ihre Kinder im Hort betreuen zu lassen. Diese Betreuung wird vom Schulträger geregelt.

Zurzeit sind an der Grundschule B. 11 Lehrkräfte tätig und insgesamt 6 Klassen vorhanden: eine 1.Klasse, zwei 2. und zwei 3. Klassen, sowie eine 4. Klasse. Ich hatte die Möglichkeit jede Klasse kennenzulernen, war jedoch die meiste Zeit in der ersten Klasse, in der meine Mentorin Frau Wick Klassenlehrerin ist. Die Klasse 1a bestand zu Anfang aus 12 Mädchen und 10 Jungen, wobei ein Mädchen nach kurzer Zeit wegzog. Fast alle Kinder der 1a kennen sich bereits aus dem Kindergarten. In der Klasse gibt es einen Jungen mit dem ADHS, was vor allem an seiner motorischen Unruhe und seiner Impulsivität zu erkennen ist. Es gibt vier Kinder mit Migrationshintergrund, von denen drei an der Sprachförderung teilnehmen. Eine dieser Schüler/Innen

zeigte meist sehr schwache Leistungen im Unterricht. Auffällig in ihrem Verhalten waren besonders drei Jungen, da sie sich häufig aggressiv verhielten. Insgesamt waren die Kinder oft unruhig, da sie sich erst an den Schulalltag gewöhnen mussten. Das äußerte sich dadurch, dass sie oft unerlaubt aßen, sich gegenseitig ins Wort fielen, sprachen, obwohl sie nicht drangenommen wurden oder sich gar nicht gemeldet hatten und sich während des Unterrichts unterhielten. Die Schüler/Innen waren zugleich fast immer sehr motiviert mitzuarbeiten und wissbegierig.

Beobachtung

Ableitung meiner Fragestellung

Meine Teilnahme am Unterricht der Klasse 1a beschränkte sich auf 9 bis 13 Stunden pro Woche, außerdem konnte ich die Schüler/Innen im Ganztagsangebot beobachten. In der zweiten Woche meines Praktikums fielen mir vereinzelte Schüler der Klasse besonders durch ihr aggressives Verhalten auf: Drei Jungen, die ständig in Streit oder Prügeleien verwickelt waren und den Unterricht störten. Besonders in diesen Situationen hatte ich Schwierigkeiten mit der Situation umzugehen und die Lehrerolle so einzunehmen, dass die Schüler wieder zur Ruhe kamen. Ich war mir zudem unsicher, wie ich die Jungen zu der Einsicht bringen kann, dass ihr Verhalten falsch sei. Aus diesem Grund wollte ich mich mit der Problemsituation des aggressiven Verhaltens bei Schülern auseinandersetzen. Voraussetzung für das richtige Verhalten der Lehrkraft in solchen Situationen ist die Kenntnis der Gründe für Aggressionen bei den Schülern. Ich wollte durch meine Beobachtungen die Gründe für das aggressive Verhalten hinterfragen.

Ich entschloss mich dazu, das auffällige Verhalten eines dieser Schüler, den ich in diesem Bericht Steffen nennen werde, im Schulalltag der Klasse 1a zu beobachten. Ich entschied mich für die Beobachtung eines einzelnen Schülers,

um diese präziser durchführen zu können. Steffen fiel mir oft auf, indem er andere tritt oder beschimpfte, also verbal und körperlich aggressiv war. Auch mir gegenüber verhielt er sich oft unhöflich, besonders wenn ich ihn zurechtweisen wollte, aber auch wenn ich ihm bei etwas behilflich sein wollte. Er schien dabei meist sehr emotional, als wenn er sich angegriffen fühlte und sich auf diese Weise verteidigen wolle.

Operationalisierung des Konstrukts

Zunächst werde ich eine Definition von Aggression anführen, um sich darüber klar zu werden, was beobachtet bzw. hinterfragt werden soll. Ich wähle diese engere Definition, welche aggressives Verhalten als negativ bewertet:

„Aggression umfasst jene Verhaltensweisen, mit denen die direkte oder indirekte Schädigung des Individuums, meist eines Artgenossen, intendiert ist.“ (Merz 1965)

Eine aggressive Handlung ist demnach die Schädigung einer anderen Person. Unbeabsichtigte oder unvermeidbare Schädigungen sollen hier jedoch ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund führen einige Wissenschaftler bei der Definition von Aggression die Intention als ein Kriterium an. Da eine Intention bei einer beobachteten Handlung jedoch schwer zu erkennen ist, wird der Begriff der Gerichtetheit bevorzugt:

Unter aggressiven Verhaltensweisen werden hier solche verstanden, die Individuen oder Sachen aktiv und zielgerichtet schädigen, sie schwächen oder in Angst versetzen.“ (Fürntratt 1974)[1]

Es gibt verschiedene Äußerungsformen von Aggression. Ich werde mich bei meiner Beobachtung einerseits auf körperliche Aggression konzentrieren. Diese beinhaltet beispielsweise das Treten, Schlagen, Schubsen anderer Personen.

Hinzu kommt die verbale Aggression, welche sich besonders durch Beleidigungen und das Anschreien Anderer äußert. Aggressives Verhalten gegenüber Lehrern äußert sich vor allem durch Disziplinlosigkeit, also dem Nicht-Befolgen von Anweisungen oder der Missachtung von Regeln. Zur Aggressivität zählt auch die Zerstörungswut oder –lust von Gegenständen.

Das Beobachtungsinventar

Für die kommenden 4 Wochen wollte ich das Verhalten des Schülers täglich beobachten und mir bei Auffälligkeiten detaillierte Notizen machen. Ich verwendete dafür die unstrukturierte Beobachtung, da diese ergebnisoffen ist und ich bei der Beobachtung für Steffens aggressives Verhalten keine möglichen Gründe ausschließen wollte, Vorteil der unstrukturierten Beobachtung ist außerdem die hohe Validität. Oft war ich teilnehmende Beobachterin, da ich in das Unterrichtsgeschehen involviert war. Auf diese Art konnte ich Steffens Reaktionen auf unterschiedliche Verhaltensweisen meinerseits beobachten und gleichzeitig mein Verhalten als Indikator analysieren, sowie Lösungsansätze im Umgang mit seinem Verhalten erproben. Des Weiteren konnte ich direkt Fragen an ihn richten, um mehr Informationen zu erhalten und seine Sichtweise miteinbeziehen. In manchen Situationen blieb ich nicht-teilnehmend, um genauer, distanzierter und auf die Interaktionen mit den Mitschülern konzentrierter beobachten zu können.

Die Beobachtungsergebnisse

An einem Nachmittag sah ich ihn auf dem Schulhof. Seine Mutter holte ihn gerade von der Schule ab. Er hatte jedoch seine Tasche im Schulgebäude vergessen und musste nochmal zurückgehen, wovon seine Mutter mit ihm schimpfte, er solle sich beeilen. Steffen ging weinend vor Wut seine Tasche holen.

An einem anderen Tag schrie er seine Tischnachbarin an. Als ich fragte, was der Grund für sein Verhalten sei, sagte er, dass das Mädchen ihn nerve, da sie ablenken würde.

In einer Pause bastelte er aus Papierresten einen Flieger. Als ich ihn aufforderte diesen wegzuräumen, da der Unterricht wieder begann, weigerte er sich. Ich nahm ihm den Flieger weg und sagte, er könne ihn nach dem Unterricht wiederbekommen. Daraufhin schrie er mich an, dass ich ihm den Flieger wiedergeben solle.

Nach einer Pause, welche die Schüler/Innen im Klassenzimmer verbracht hatten, blieben einige der Bücher unaufgeräumt auf dem Boden liegen. Ich wies Steffen, der auch in den Büchern geblättert hatte, darauf hin, die Bücher wegzuräumen. Er weigerte sich und ein anderes Kind hob die Bücher vom Boden auf. Als Steffen in der nächsten Pause wieder darin lesen wollte, bat ich ihn freundlich, dass Buch dieses Mal selbst wegzuräumen. Er antwortete mit „Ja“.

In einer Unterrichtsstunde sollten die Kinder ihr Lieblingstier malen. Steffen wollte ein Eichhörnchen malen, schimpfte und schlug die Hand auf den Tisch. Ich fragte ihn, was los sei und er sagte mir, er könne kein Eichhörnchen malen, woraufhin ich ihm half.

Ich beobachtete jedoch auch, dass Steffen sich oft in der Stunde meldete und in der Lage war, Aufgaben meist selbstständig zu lösen. Beim Besprechen der Hausaufgaben wurde er an die Reihe genommen. Er kam mit groben Bewegungen nach vorn und wollte dafür zuerst über den Tisch klettern. Er sollte erzählen, was auf einem Bild zu sehen ist und zeigte dabei gute Leistungen. Nach einem Lob ging er lächelnd zurück auf seinen Platz.

Einige ging ich bei einer Prügelei dazwischen, an der Steffen beteiligt war. Sofort nach dem sich beide beruhigt hatten und bemerkten, dass mir ihr Verhalten missfiel, beschuldigte Steffen das andere Kind und gab ihm die Schuld an der Prügelei.

Deutung der Beobachtungsdaten

Die Tatsache, dass Steffens Mutter ihn anschreit, könnte bedeuten, dass sich ihr Verhalten auf das seinige überträgt. Fühlt sich Steffen von seiner Mutter ungerecht behandelt, empfindet er ebenfalls Wut, er ist seiner Mutter gegenüber jedoch machtlos und überträgt seinen Ärger deshalb auf andere Personen. Des Weiteren kann aggressives Verhalten erlernt werden. Steffen könnte durch die Erfahrung mit nahestehenden aggressiven Personen erkannt haben, welche Vorteile aggressives Verhalten hat und dieses nachahmen.

Hinzu kommt ein weiterer Grund: ein Wunsch, der nicht erfüllt wird, wie der eigentliche Wunsch nach Liebe, Zuneigung oder Anerkennung. Der Ärger über die Nichterfüllung dieses Wunsches könnte zu aggressivem Verhalten führen. Dafür würden Steffens Leistungen im Unterricht sprechen, sein Mitarbeiten und die Freude über ein Lob drücken seinen Wunsch nach Anerkennung und Bestätigung aus. Die Ärger über das Ablenken seiner Tischnachbarin und das daraus resultierende Anschreien kann ein Hinweis darauf sein, wie wichtig Steffen der Erfolg beim Bearbeiten der Aufgabe war. Der Wunsch nach Erfolg kann auch der Grund dafür sein, dass Steffen aggressiv reagiert, wenn er etwas nicht schafft, wie das Zeichnen seines Lieblingstieres. Dass Steffen plötzlich einwilligte die Bücher dieses Mal wegzuräumen, ließ mich vermuten, dass seine positive Reaktion durch meine freundlichere Aufforderung hervorgerufen wurde. Das würde ebenfalls für seinen Wunsch nach Zuneigung sprechen. Auch der Wunsch Spaß zu haben und weiter mit dem Flieger zu spielen, kann zu Steffens aggressiver Reaktion geführt haben, als ich ihm den Flieger wegnahm.

[...]


[1] Meier, Ulrich (2004): Aggressionen und Gewalt in der Schule. Zur Dialektik von Schülerpersönlichkeiten, Lernumwelten und schulischem Sozialklima. Münster: Lit Verlag. S.19.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Praktikum zur Berufsorientierung an einer Grundschule im Fach Deutsch
Untertitel
Mit einer Fragestellung zu aggressivem Verhalten bei Grundschülern
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta  (Institut für Geistes- und Kulturwissenschaften (IGK))
Veranstaltung
Praktikum zur Berufsorientierung: Allgemeines Schulpraktikum
Note
1,5
Autor
Jahr
2010
Seiten
24
Katalognummer
V300053
ISBN (eBook)
9783656976301
ISBN (Buch)
9783656976318
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
(bitte unter Lena Lindemann veröffentlichen)
Schlagworte
praktikum, berufsorientierung, grundschule, fach, deutsch, fragestellung, verhalten, grundschülern
Arbeit zitieren
Lena Lindemann (Autor:in), 2010, Praktikum zur Berufsorientierung an einer Grundschule im Fach Deutsch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300053

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