Gemeindebild des Apostels Paulus im 1. Korintherbrief und Bedeutungen für die christliche Gemeinde von heute


Hausarbeit, 1993

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Christliche Gemeinde heute, zwischen Anfechtung und Aufbruch

2. Begriffsklärung
2.1 Gemeindebegriff des Paulus
2.2 Terrritorialgemeinde als ein heute gültiger Gemeindebegriff

3. Gemeindebild, des Apostel Paulus: Orientierung für die heutige Zeit?
3.1 Gemeinde auf dem Weg von Schuld zu Reinheit
3.1.1 Spannungen, Sünde und Anfragen an Paulus als Anlass des Korintherbriefes
3.1.2 Schuldverständnis der neuzeitlichen Gemeinde (3)
3.2 Idealbild der Gemeinde
3.2.1 Christliche Gemeinde, zentral auf Christus ausgerichtet
3.2.2 Christliche Gemeinde unter der Zusage des heiligen Geistes
3.2.3 Christliche Gemeinde als sakramentale Gemeinschaft

4. Ausblick: Zukunftshoffnung neuzeitlicher Gemeinden in der Orientierung am Gemeindebild der paulinischen Idealgemeinde

Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Endnoten
Literaturverzeichnis

1. Einleitung: Christliche Gemeinde heute, zwischen Anfechtung und Aufbruch

Die heutige Zeit ist gekennzeichnet durch Wachstum, ständigen Fortschritt und - zumindest in weiten Teilen Europas - eine demokratische Staatsordnung. Meinungsfreiheit und ein nahezu grenzenloses Angebot an Sinnwelten ermöglichen dem Menschen ein hohes Maß an Selbstgestaltung.

Eine ehemals einheitliche christliche Kultur ist der Konkurrenz unterschiedlicher Weltanschauungen und Religionen gewichen (1). Die Folge dieses Wertewandels bekommt die Kirche immer deutlicher zu verspüren: Kirchenaustritte, sinkende Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst, Priestermangel und Resignation kennzeichnen vielfach die Situation katholischer Gemeinden (vgl. LBG 1, S. 36, LBA 19, S. 7 f.).

Verglichen mit der Aufbruchsstimmung der ersten nachösterlichen Gemeinden zur Zeit des Paulus, scheint den heutigen Gemeinden die notwendige Ausstrahlungskraft zu fehlen.

Immer drängender stellen sich die Fragen:

- Werden christliche Gemeinden den Anforderungen der heutigen Zeit noch gerecht?
- Ist ein erneuter Aufbruch christlicher Gemeinden denkbar?
- Könnten sich neuzeitliche Gemeinden etwa am Erscheinungsbild der christlichen Urgemeinden orientieren?
- Welche Bedeutung kann das Gemeindebild des Apostels Paulus für eine christliche Gemeinde in der heutigen Zeit haben?

Die nachfolgende Arbeit versucht, diese Fragen in enger Anlehnung an den 1. Korintherbrief des Apostels Paulus zu klären.

2. Begriffsklärung

2.1 Gemeindebegriff des Paulus

Während eines Aufenthaltes um 52 n. Chr. in Ephesus schrieb Paulus einen offiziellen Brief an die korinthische Gemeinde. Anlass waren konkrete Anfragen der Gemeinde an Paulus (vgl. LBG 6, S. 21, LBA 12, S. 55, z.B. 1 Kor. 7, 1-40; 8, 1-13). Die Antwort des Paulus ergeht "... an die Kirche Gottes, die in Korinth ist" (1. Kor. 1, 2). Insofern spricht Paulus die unmittelbar örtlich ansässige Gemeinde an.

2.2 Terrritorialgemeinde als ein heute gültiger Gemeindebegriff

In der heutigen Zeit werden unterschiedliche Gemeindebegriffe verwendet. Um eine Übertragbarkeit des paulinischen Gemeindebegriffes zu gewährleisten, sei als neuzeitlicher Gemeindebegriff die "Territorialgemeinde" ausgewählt. Sie ist die heute in jeder Region Deutschlands anzutreffende Pfarrgemeinde (2). Merkmale der Territorialgemeinde sind:

- Teilkirche der Diözese
- Klare räumliche, d.h. territoriale Abgrenzung
- Leitung durch einen Pfarrer.

3. Gemeindebild, des Apostel Paulus: Orientierung für die heutige Zeit?

3.1 Gemeinde auf dem Weg von Schuld zu Reinheit

3.1.1 Spannungen, Sünde und Anfragen an Paulus als Anlass des Korintherbriefes

Anfragen z.B. über die Ehe (vgl. 1 Kor. 7, 1-40) und über die Auferstehung der Toten (vgl. 1. Kor. 15, 1-58) lösten den 1. Korintherbrief des Paulus aus. Besonders berührten ihn jedoch Berichte über Sünde und Verfehlungen in der korinthischen Gemeinde (vgl. LBG 16, S. 34, LBA 12, S. 56 ff.). Im Einzelnen erwähnt Paulus:

- Spaltungen (vgl. 1 Kor. 1, 10-13; 11, 18)
- Unzucht und Umgang mit Dirnen (vgl. 1 Kor. 5, 1; 6, 12)
- Rechtsstreit unter sozial ungleichen Christen (vgl. 1. Kor. 6, 1-11)
- Ehebruch (vgl. 1. Kor. 7, 1-12)
- Umgang mit Götzenfleisch (vgl. 1. Kor 10, 14-22)
- Unverständliche ekstatische Zungenrede zur persönlichen Selbstdarstellung (vgl. 1. Kor. 14, 1-6).

Dabei ist sich Paulus bewusst, dass die Sünde niemals enden wird. "Und das Niedrige und Verachtete hat Gott erwählt .damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott." (1. Kor. 1, 29-30). Darin liegt die Hoffnung, dass jeder Christ auch in Sünde von Gott angenommen ist.

Nach Paulus kommt es jedoch darauf an, dass Sünde und Unrecht offen bekannt werden (vgl. 1 Kor. 5, 9-13). Streit ist zu schlichten (vgl. 1 Kor. 6, 7), d.h. Menschen sollen einander verzeihen.

3.1.2 Schuldverständnis der neuzeitlichen Gemeinde (3)

Auch heute geschieht Schuld in der christlichen Gemeinde. Die neuzeitlichen Spaltungen sind: Streit und Zerwürfnisse zwischen Jugend und älteren Generationen, zwischen Progressiven und Konservativen, zwischen amtlich autoritärer Entscheidung und mitbestimmungswilligen Basisgemeinden. Die heutige Unzucht geschieht durch unbeschränkten, auf reine Lustbefriedigung bedachten Geschlechtsverkehr. Für heutigen Ehebruch stehen die ständig ansteigenden Ehescheidungen, für heutige "wortgewaltige Zungenrede" die Sucht nach persönlicher Selbstdarstellung und Profilierung, für heutige Rechtsstreitigkeiten die vielen Gerichte unserer Gesellschaft, die auch entsprechend in Anspruch genommen werden.

Das heutige Götzenfleisch sind Konsum, Freizeit, Aufstieg und Machtstreben, sofern sie als Mittel für das Erlangen des eigenen Heils angesehen werden. Jede Schuld befleckt die Gemeinde als Ganzes. An Paulus jedoch können wir lernen: Wenn die Gemeinde selber die Sünde beim Namen nennt, wenn sie offen ihre Fehler bekennt und nach Wegen der Umkehr sucht, dann wird sie Suchenden und Kritikern gegenüber wieder vertrauenswürdiger. Dann wird auch das Bemühen um eine bessere, gottgewollte Welt glaubhafter (vgl. 1 Kor. 5, 9-12).

Formen des öffentlichen und privaten Schuldbekenntnisses sind in der heutigen Zeit beispielsweise: Eingeständnis in der Öffentlichkeit, Bußgottesdienst, Bibelkreis, Gesprächskreis, Frühschicht mit entsprechender Themenstellung, Kreuzweg, Nachtwache in der Karwoche, Beichte und persönliches Beichtgespräch (4).

3.2 Idealbild der Gemeinde

3.2.1 Christliche Gemeinde, zentral auf Christus ausgerichtet

3.2.1.1 Der paulinische Begriff Ekklesia: Leib Christi und Tempel Gottes

Paulus redet die Gemeinde von Korinth an als:

- "Kirche Gottes, die in Korinth ist" (1 Kor. 1, 2 = Ekklesia)
- "Tempel Gottes" (1 Kor. 3, 16-17, vgl. LBG 7, S. 20) (5)
- "Geheiligte in Christus" (1 Kor. 1,2, vgl. auch 1 Kor. 3, 17)
- "Leib Christi", von dem jeder Einzelne ein Glied ist (1 Kor. 12, 27, vgl. auch 1 Kor. 10, 16-18).

Mit der "Kirche Gottes" (1 Kor. 1, 2) wird die Doppeldeutigkeit des paulinischen Gemeindebegriffes deutlich: Die Gemeinde in Korinth ist zugleich örtlich ansässige Gemeinde und Teil der weltumspannenden Christenheit, der "Kirche Gottes" (1. Kor. 1, 2). Christus ist das Haupt der Kirche. (vgl. Kol. 1, 18, Eph. 1, 22)

Jedes Mitglied der Gemeinde ist auf Christus getauft und trägt Christi Gewand (vgl. Gal 3, 27). Dem Christen verdeutlicht Paulus eine geradezu phantastisch Dimension: Sein Wirken ist nicht bedeutungslos. Alles, was der Christ lebt und wirkt, hat zugleich Bedeutung für die örtliche Gemeinde, für die Weltkirche und vor Gott. Deshalb ist er als Glied des Leibes Christi zu verantwortbarem Handeln aufgerufen, zur Mitarbeit am Ackerbau, am Bau Gottes (vgl. 1. Kor. 3, 9-11, LBG 16, S. 30 ff., LBA 12, S. 61 ff.)

3.2.1.2 Communio als Charakter der neuzeitlichen Gemeinde (6)

Neuzeitlich könnte der paulinische Begriff "Ekklesia" am besten mit "Communio" übersetzt werden. Mehrere Aspekte dieses Begriffes sind auch heute noch von der zentralen Bedeutung:

Auch die neuzeitliche christliche Gemeinde ist und bleibt Kirche Gottes. Solange sie ihre Berufung zuversichtlich und mit Freude ausstrahlen kann, wird sie auch suchende und zweifelnde Menschen anziehen.

Auch neuzeitliche Christen sind der Gemeinde, der Weltkirche und Gott gegenüber verantwortet. Werden wir uns bewusst, dass sich in jeder Gemeinde "Kirche Gottes" (1 Kor. 1, 2) ereignet, dann kann diese Sicht neue Kraft geben. In der partnerschaftlichen Einbeziehung aller Christen in die Gemeinde, im gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Engagement und im gemeinschaftlichen Gottesdienst erfährt sich das Gemeindemitglied als vollwertiger Mitgestalter der Gemeinde und der Weltkirche. Es erfährt sich zugleich als Schwester und Bruder angenommen. Diese Sicht schafft Hoffnung und Trost, trotz aller Anfechtung und Anzweiflung.

Alles Handeln der Gemeinde ist auf Christus als "Haupt der Kirche" ausgerichtet. (vgl. Kol. 1, 18, Eph. 1, 22) Es muss sich auch an den Maßstäben Jesu orientieren. Nur solange sich alles Beten und Wirken der Gemeinde in Christus begründen lässt, bleibt es glaubwürdig. (7) Es wird gleichsam zur Strahlkraft, an der sich Menschen auf der Suche nach dem Lebenssinn aufrichten können (vgl. 1 Kor. 12, 12-27)

3.2.2 Christliche Gemeinde unter der Zusage des heiligen Geistes

3.2.2.1 Die paulinische Sicht: Ein Leib, viele Glieder; ein Geist, viele Gnadengaben (8)

Jeder Christ ist, unabhängig von seine Herkunft, durch die Taufe ein unverzichtbares Glied des Leibes Christi geworden (vgl. 1 Kor. 12, 12-14, Gal. 3, 27). "... Juden und Griechen, Sklaven und Freie, ... alle wurden wir mit einem Geist getränkt." (1 Kor. 12, 13).

Aus dieser Feststellung resultieren nach Paulus folgende Aussagen:

- Es gibt verschiedene Charismen (= Gnadengaben), aber nur einen Herrn, einen Geist und einen Leib. (vgl. 1 Kor. 12, 4-6, 20)
- Jeder Christ ist entsprechend seiner Begabung als Glied des Leibes Christi zum Dienst an der Gemeinde aufgerufen. (vgl. 1 Kor. 3, 5-10; 12, 7-11; 12, 28-30)
- Kein Dienst an der Gemeinde ist geringer oder höher einzuschätzen als ein anderer. Deshalb ist jedes Glied gleichberechtigt. (vgl. 1 Kor. 7, 17-24; 12, 13)
- Jedes Gemeindemitglied hat seine ganz besonderen Charismen (Gnadengaben), deren Einsatz durch Ermutigung und Annahme zu fördern ist. (vgl. 1 Kor. 2, 1-16; 9, 1-23) (9)
- Die Gemeinde ist umgekehrt auf den Dienst jedes Gliedes angewiesen (vgl. 1 Kor. 12, 14-27), und deshalb zur Einheit in Christus aufgerufen (vgl. 1 Kor. 1, 11-27; 6, 1-11; 9, 1-18) (10)

In einem dramatischen Appell fasst Paulus zusammen: Über allem aber steht die Liebe. Sie entspringt dem Geist Gottes und hält - sofern sie gelebt wird - alle Glieder der Gemeinde zusammen (vgl. 1 Kor. 13, 1-13, Gal. 5, 13-14).

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Gemeindebild des Apostels Paulus im 1. Korintherbrief und Bedeutungen für die christliche Gemeinde von heute
Veranstaltung
Theologie im Fernkurs - Aufbaukurs
Note
1,0
Autor
Jahr
1993
Seiten
16
Katalognummer
V301723
ISBN (eBook)
9783668014473
ISBN (Buch)
9783668014480
Dateigröße
513 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gemeindebild, apostels, paulus, korintherbrief, bedeutungen, gemeinde
Arbeit zitieren
Klaus Emmerich (Autor:in), 1993, Gemeindebild des Apostels Paulus im 1. Korintherbrief und Bedeutungen für die christliche Gemeinde von heute, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301723

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