Die Rekonstruktion und Einschätzung des Tugendbegriffs in Platons Dialog "Menon". Eine Annäherung an den Tugendbegriff


Hausarbeit, 2011

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1.Einleitung
1.1 Definitionen und Charakteristika von Tugend in der Philosophiegeschichte
1.2 Der Dialog „Menon“ – Inhalt und Aufbau, Einordnung unter die Werke Platons

2.Hauptteil
2.1 Analyse der Frage: „ Was ist Tugend?“ (im Dialog)
2.2 Erkenntnistheorie: Wieder-Erinnern
2.3 Analyse der Frage, ob die Tugend lehrbar ist (im Dialog)
2.4 Form der „Antwort“ beziehungsweise Präzisierung der Frage nach der Tugend

3.Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In dieser Arbeit soll zunächst ein grober Überblick über den Begriff „Tugend“ allgemein und daraufhin über den behandelten Dialog gegeben werden. Anschließend werden die Hauptfragen sowie das Modell der Wiedererinnerung, das als Hilfe für die Beantwortung der Frage nach der Lehrbarkeit dient, analysiert und kritisiert. Daraufhin wird dargestellt, inwiefern der Dialog Antworten liefert, ob er hilft sich dem Problem anzunähern, einen einheitlichen Tugendbegriff zu finden, ob er die Lehrbarkeit klärt, oder ob am Ende der Leser selbst in eine Aporie gerät, wie es Menon und auch Sokrates, der als Verursacher als Zitterrochen bezeichnet wird, selbst im ersten Teil des Dialoges wiederfährt. Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst und bewertet.

1.1 Definitionen und Charakteristika von Tugend in der Philosophiegeschichte

Im heutigen, alltäglichen Sprachgebrauch ist „Tugend“ kein oft verwendeter Ausdruck.[1] Deshalb bedarf es zunächst eines groben Umrisses, um zu verstehen, über was man spricht, wenn man von Tugend redet. Im Dialog „Menon“ wird diese Schwierigkeit in etwas anderer Form von Sokrates in den Vordergrund gestellt, obwohl, zumindest bei den Gesprächsteilnehmern Sokrates, Menon und Anytos ein Verständnis darüber vorhanden ist, worüber man redet, wenn es um den Begriff der Tugend geht (vgl. 2.4). In der Antike und bis in das 16. Jahrhundert hinein, sowie auch zum Teil in der Philosophie der Neuzeit, hat der Tugendbegriff keine direkte Verknüpfung mit der Moral.[2] Dennoch wird er auch schon damals teilweise mit enger moralischer Konnotation verwendet (vgl. 2.1). Allgemein liegt jedoch diese Bedeutung, von der eben die Rede ist, sowie sie auch im Dialog vorliegt, im Bereich um Tugend im Sinne von einer ausgeprägten Fähigkeit des Verhaltens, der Tüchtigkeit oder der Tauglichkeit. Ebensfalls geht es, wenn über Tugend diskutiert wird, um das gute Leben für den Menschen, und nicht nur um die Beurteilung einer Handlung bezüglich ihres moralischen Gehalts. Diese Bedeutung bietet eben der griechische Begriff „ αρετή “, um den es hier geht, an.

Dieter Birnbacher stellt in einer modernen Einführung in die analytische Ethik fest, dass die Frage nach den Faktoren für die Ausbildung und Erhaltung von Tugend in den Disziplinen Entwicklungs- und Erziehungspsychologie zu suchen sind und die Philosophie zu dieser Frage nicht viel beitragen könne. [3] Eben diese Frage ist jedoch eine wesentliche des Dialogs, auf deren Beantwortung vor allem Menon pocht. Allerdings ist hier zum Einen anzumerken, dass es zu Platons Zeiten noch keine strikte Trennung von Einzelwissenschaften gab, und die Frage wohl passend ins Aufgabenfeld der Philosophie gehörte, zum Anderen ist die Schwierigkeit der Frage, sowie das recht ungeklärte, offene Ende (siehe 2.4), vielleicht auch ein Hinweis darauf, dass erst wissenschaftlich geforscht werden muss, sowohl im Bereich der begrifflichen Beschaffenheit von Tugend, als auch im bezug auf das Problem, wie jemand tugendhaft wird.

1.2 Der Dialog „Menon“ – Inhalt und Aufbau, Einordnung unter die Werke Platons

Die Dialogform erschafft einen Spielraum, den der Leser füllen muss, um den Text verständlich zu machen. Dadurch wird schon beim Lesen interpretiert und anschließend der vervollständigte Textteil erneut interpretiert. Ebenfalls wird man als Leser zur Spekulation darüber aufgefordert, wie viel Raffinesse und Absichten man Platon als Autor unterstellt, vor allem was die Konstruktion eines solchen Gesprächs angeht, zum Beispiel bezüglich dessen, ob der Dialog wie ein realistisches Gespräch dargestellt werden soll oder die Personen aus methodischer Absicht heraus bestimmte Dinge sagen oder verschweigen.

Der Inhalt besteht aus einem Gespräch, welches hauptsächlich zwischen Sokrates und Menon stattfindet, später auch mit einem Sklaven Menons sowie Anytos. Menon ist ein junger, schöner und reicher Feldherr und wohl unterrichtet in den Lehren des Sophisten Gorgias. Sokrates ist ein alter, weiser Mann, welcher versucht, oft mit übermäßiger, ironischer Bescheidenheit, was sein Wissen anbelangt, den Gesprächspartnern zu helfen, die Probleme zu erkennen und zu lösen, welche er ihnen vorführt. Er zeigt sich dennoch auch bereit, auf Menons Anliegen einzugehen.

Der Gegenstand, der behandelt wird, ist der Tugendbegriff. Das Gespräch stellt den Versuch dar, durch eine allgemeine Erörterung rund um den Begriff „Tugend“ einen Rahmen zu finden, welcher die Gemeinsamkeiten, die der Tugend wesentlich sind, eingrenzen soll. Dies entspricht jedoch nicht den Ansprüchen, die durch die großen Ausgangsfragen, was die Tugend überhaupt ist und ob die Tugend lehrbar ist, aufgeworfen werden. Dies geschieht vorwiegend durch Menon, welcher die Erörterung mit der Frage nach der Lehrbarkeit zunächst initiiert. Allerdings reagiert Sokrates, der ebenso wissbegierig wie Menon erscheint, mit großem Interesse. Diesen lässt Sokrates zwei Definitionsversuche starten, welche er beide widerlegt. Auch Sokrates selbst scheitert bei der Definition von Farbe durch die Gestalt, also einen weiteren undefinierten Begriff. Dafür wird er von Menon angeprangert und letztlich als Zitterrochen beschimpft, der selbst in völlige Verwirrung gerät. Allerdings liegt Sokrates viel daran, dass ebenso Gorgias vor die gleichen Probleme gestellt ist und damit nicht mehr Wissen kann, eine Tatsache, die auch Menon anerkennen muss. Sokrates übernimmt die Rolle des Gesprächleiters, welche er recht gut beherrscht. Jedoch stützt sich sein Erfolg im Gespräch auch auf Wohlwollen der Gesprächspartner, um in Gänze hören zu können, wie Sokrates seine Gedanken fortführt, was beispielsweise deutlich wird, als Sokrates versucht, dem Sklaven den geometrischen Zusammenhang zwischen der Seitenlänge und dem Flächeninhalt eines Quadrates[4] beizubringen beziehungsweise wieder in Erinnerung zu rufen. Die Erinnerung an dieses mathematisch-geometrische Wissen soll als Beispiel dienen für die Wiedererinnerung als Erklärung dafür, wie „lernen“ funktioniert. Das Wissen steckt, so Sokrates, schon in der Seele und stellt somit eine Anlage aus einer Zeit vor dem diesseitigen Leben dar (vgl. 2.2). Die Lehrbarkeit der Tugend wird ein zweites Mal aufgegriffen. Sie führt zu einem negativen Ergebnis. Letztlich hängt es von göttlicher Schickung ab, wem Tugend innewohnt.

[...]


[1] Birnbacher, Dieter: Analytische Einführung in die Ethik, 2. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin, 2007, S. 295.

[2] Roughley, Neil: Artikel „Tugend“, in: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, Stuttgart 2004, Band 4, S. 344 – 350.

[3] Birnbacher, Dieter: Analytische Einführung in die Ethik, 2. Auflage, Walter de Gruyter, Berlin, 2007, S. 298.

[4] Platon: Menon, Übersetzung von Friedrich Schleiermacher, 82a7 ff.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Rekonstruktion und Einschätzung des Tugendbegriffs in Platons Dialog "Menon". Eine Annäherung an den Tugendbegriff
Hochschule
Universität Stuttgart  (Philosophie)
Veranstaltung
Interpretationskurs: Platon „Menon"
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
15
Katalognummer
V306707
ISBN (eBook)
9783668053021
ISBN (Buch)
9783668053038
Dateigröße
584 KB
Sprache
Deutsch
Arbeit zitieren
Cedric Braun (Autor:in), 2011, Die Rekonstruktion und Einschätzung des Tugendbegriffs in Platons Dialog "Menon". Eine Annäherung an den Tugendbegriff, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306707

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