Elektromobilität. Indikator einer nachhaltigen Stadtentwicklung?

Stadt- und Verkehrsentwicklung in Dortmund. Ein kommunales Stimmungsbild


Masterarbeit, 2015

129 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Tabellen

1. Einleitung

2. Methodische Vorgehensweise
2.1 Entwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren der Stadt- und Verkehrsentwicklung
2.2 Difu-Kommunalbefragung
2.3 Leitfadengestützte Experteninterviews
2.4 Struktur der Arbeit

3. Das Konzept der Nachhaltigkeit
3.1 Nachhaltige Entwicklung
3.1.1 Verständnis und Meilensteine einer „Nachhaltigen Entwicklung“
3.1.2 Dimensionen einer „Nachhaltigen Entwicklung“
3.1.3 Das Verhältnis der Nachhaltigkeitsdimensionen
3.1.4 Einblicke in die Diskussion um das Leitbild „Nachhaltige Entwicklung“
3.2 Nachhaltige Stadtentwicklung
3.2.1 Verständnis und Handlungsfelder einer „Nachhaltigen Stadtentwicklung“
3.2.2 Dokumente zur Umsetzung einer „Nachhaltigen Stadtentwicklung“
3.2.3 Nachhaltige Stadtentwicklung durch „Urban Governance“
3.3 Abgrenzung des Nachhaltigkeitsbegriffs für die vorliegende Arbeit

4. Indikatoren einer Nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung
4.1 Qualitätsziele, Indikatoren und wesentliche Kriterien – Ein Werkzeugkasten
4.2 Ein Kernset – Indikatoren einer nachhaltigen Stadt-und Verkehrsentwicklung
4.2.1 Ableitung von Indikatoren für die ökologische Dimension
4.2.2 Ableitung von Indikatoren für die soziale Dimension
4.2.3 Ableitung von Indikatoren für die ökonomische Dimension
4.2.4 Ableitung von Indikatoren für die politisch-institutionelle Dimension

5. Status Quo Elektromobilität
5.1 Verständnis von Elektromobilität
5.2 Stellenwert von Elektromobilität
5.2.1 Innerhalb der Politik
5.2.2 Innerhalb der kommunalen Planung
5.2.3 Innerhalb der Gesellschaft
5.3 Potentielle Einsatzfelder der Elektromobilität
5.3.1 E-Wirtschaftsverkehr
5.3.2 Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs
5.3.3 E-Carsharing- und E-Bikesharing-Systeme
5.3.4 Kommunale Fahrzeugflotten und Nutzfahrzeuge
5.3.5 Befragungsergebnisse zu den Einsatzpotenzialen von Elektromobilität
5.4 Elektromobilität – Eine Aufgabe für viele Akteure

6. Dortmund elektrisiert – Ein Fallbeispiel
6.1 Dortmund auf dem Weg zur elektromobilen Stadt
6.2 Analyse der Dortmunder Elektromobilitätsansätze auf Nachhaltigkeitspotentiale
6.3 Weitere elektromobilitätsspezifische Nachhaltigkeitspotentiale in Dortmund
6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse

7. Methodenkritik

8. Fazit - Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse
8.1 Von der Theorie in die Praxis – Indikatoren einer nachhaltigen Stadtentwicklung
8.2 Der „Status Quo Elektromobilität“ – Ein kommunales Stimmungsbild
8.3 Die Stadt Dortmund – Auf dem Weg zur elektromobilen, nachhaltigen Stadt?
8.4 Resümee

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Quellen der Abbildungen:

Vorwort

Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei allen bedanken, die mir während des Erstellens dieser Masterarbeit zur Seite standen. Ich bedanke mich bei meiner Familie für all die Unterstützung während meines Studiums, bei unseren ehemaligen Kommilitonen und Dozenten für die wunderbaren Jahre in Münster, und einen extra Dank an Josefa, Lilly und Baris für die hervorragende Mitarbeit bei der Endredaktion. Ein spezieller Dank gilt dem Deutschen Institut für Urbanistik, insbesondere Herrn Dr. Gies und Frau Klein-Hitpaß dafür, dass sie mich für das Thema Elektromobilität begeistern konnten und mir jederzeit beratend und hilfreich bei der Umsetzung meiner Vorstellungen zur Seite standen.

Julian Gerlach

* Die Namen der Interviewpartner wurden anonymisiert.

** Der Fragebogen der Difu-Städteumfrage, der Fragebogen der Experteninterviews sowie die Transkription der Experteninterviews sind für das Verständnis der Ergebnisse nicht nötig und daher nicht Teil dieser Veröffentlichung.

Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1: Stichprobe und Rücklauf der Difu-Kommunalbefragung

Abbildung 2: Zielsystem der Arbeit

Abbildung 3: Nachhaltigkeitsmodelle lokaler Nachhaltigkeitspolitik

Abbildung 4: Das europäische Konzept nachhaltiger städtischer Mobilitätspläne

Abbildung 5: Kriterien für ein kommunales Nachhaltigkeitsindikatorensystem

Abbildung 6: Modellregionen und Schaufenster Elektromobilität

Abbildung 7: Politischer Stellenwert von Elektromobilität in der Kommune

Abbildung 8: Kommunale Einschätzungen zum Themenfeld Elektromobilität

Abbildung 9: Potentielle Einsatzfelder von Elektromobilität

Abbildung 10: Einsatz eines Cargo Cruisers im Lieferverkehr

Abbildung 11: Dieselhybridbus der Hamburger Hochbahn

Abbildung 12: Kombinierte Nutzung von e-Carsharing und Call-a-Bike in Berlin

Abbildung 13: E-Fahrzeuge der kommunalen Flotte der Dortmunder Verwaltung

Abbildung 14: Bewertung der Einsatzfelder von Elektromobilität

Abbildung 15: Elektromobilität - Eine Aufgabe für viele Akteure

Abbildung 16: Treiber innerhalb der Kommune

* Ein Quellenverzeichnis für die Abbildung ist dem Literaturverzeichnis angehängt

Verzeichnis der Tabellen

Tabelle 1: Überblick der Experteninterviews

Tabelle 2: Nachhaltigkeitsansätze der unterschiedlichen staatlichen Ebenen

Tabelle 3: Fragenkatalog zur Analyse unterschiedlicher Nachhaltigkeitsdokumente

Tabelle 4: Kernindikatoren und erweiterte Indikatoren des Gesamtkatalogs

Tabelle 5: Steckbrief zum Kernindikator - Energie und Klimaschutz

Tabelle 6: Steckbrief zum erweiterten Indikator - Flächenverbrauch

Tabelle 7: Steckbrief zum erweiterten Indikator - Lärm und Luft

Tabelle 8: Steckbrief zum erweiterten Indikator - Verkehrssicherheit

Tabelle 9: Steckbrief zum Kernindikator - "Mobilität sichern"

Tabelle 10: Steckbrief zum erweiterten Indikator - Finanzierbarkeit

Tabelle 11: Steckbrief zum Kernindikator - Partizipation und Öffentlichkeitarbeit

Tabelle 12: Steckbrief zum Kernindikator – Local und regional Governance

Tabelle 13: Steckbrief zum Kernindikator – Aufstellung von Nachhaltigkeitsplänen

Tabelle 14: Steckbrief zum Kernindikator - Umgang mit dem kommunalen Vermögen

Tabelle 15: Dortmund auf dem Weg zur elektromobilen Stadt

Tabelle 16: Weitere Dortmunder Nachhaltigkeitspotentiale im Bereich Elektromobilität

Tabelle 17: Bewertung der Nachhaltigkeitspotentiale von Elektromobilität in Dortmund

* Alle Tabellen basieren auf einer eigenen konzeptionellen Leistung des Autors

1. Einleitung

Unsere Städte und Gemeinden handeln spätestens seit den 1990er Jahren nach den Prinzipien einer „Nachhaltigen Entwicklung“ und nutzen das allgemeinverbindliche Leitbild als Lösungsansatz zur Bewältigung fast aller Probleme im Kontext der Stadtentwicklung. In diesem Zusammenhang wird vor allem die negative Entwicklung des Verkehrssektors thematisiert. Die Befunde umfangreicher Studien, wie etwa die der bundesweiten Befragung zur „Mobilität in Deutschland (MiD)[1] “, weisen darauf hin, dass der Verkehr „ als drittgrößter Verursacher von CO2-Emissionen neben der Energiewirtschaft, der Industrie und den Privathaushalten erheblich zum Klimawandel beiträgt (MID 2010; 154).“ Im Jahr 2010 gingen allein ein Fünftel der energiebedingten CO2-Emissionen in Deutschland vom Verkehrssektor aus (Vgl. Bracher et al. 2014; 29).

Aus Sicht der EU-Kommission sind die vom Verkehr freigesetzten Treibhausgasemissionen erheblich zu reduzieren. Um dieser Vorgabe zu begegnen, hat die Bundesregierung sich das politische Ziel gesetzt, „ihre jährlichen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 40 % gegenüber 1990 zu reduzieren (UBA 2011; 2) .“ Andere Sektoren leisten bereits ihren Anteil bei den Einsparungen.[2] Der Verkehrssektor jedoch ist bisher weit von seinen verbindlichen Nachhaltigkeitszielen entfernt, bzw. konterkarieren dessen Entwicklungen mit den Bemühungen einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung (Vgl. Bracher et al. 2014; 29).

Vor diesem Hintergrund und dem generellen Anspruch einer „postfossilen Mobilität“ erhält der Einsatz energieeffizienter Lösungen im Verkehrssektor stetig mehr Beachtung. In den Vordergrund rücken dabei neue „ Innovationen im Fahrzeugbereich mit neuen elektrischen Antriebs- und Stromspeichertechnologien (Aichinger et al. 2015; 9)“. Einen hohen Stellenwert besitzt die strategische und planerische Implementierung von Elektromobilität. Diese wird „ als ein weiteres Systemelement eines nachhaltigen Stadt- und Regionalverkehrs (Gies et al. 2014; 7)“ wahrgenommen. Als „Alternative“ zu fossilen Energieträgern können elektromobile Fahrzeuge zur Reduzierung der „spürbaren“ Umweltbelastungen in urbanen Räumen beitragen. Vorausgesetzt die Ladung der E-Fahrzeuge findet über regenerative Energien statt (Fraunhofer ISI 2011; 10).

Die Bundesregierung sieht in diesem Zusammenhang eine große Chance den Verkehr und die Mobilität in Deutschland nachhaltig zu gestalten. „Als Etappenziel strebt die Bundesregierung an, dass bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen fahren (Fraunhofer ISI 2011; 8).“ In Anbetracht der ambitionierten Zielsetzung sind Bund und Länder darin bemüht, geeignete Rahmenbedingungen für die Markteinführung und -verbreitung von Elektromobilität bereit zu stellen. Beispielsweise wurden für die Förderprogramme „Modellregionen Elektromobilität“ und „Schaufenster Elektromobilität“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) für den Zeitraum von 2009 bis 2015 mehr als 850 Mio. Euro Fördermittel bereitgestellt. Der Förderschwerpunkt bestand darin, in ausgewählten Regionen und Kommunen die Elektromobilität auf Alltagstauglichkeit zu testen.

Aus der Elektromobilitätspolitik der Regierung haben sich bereits eine Handvoll engagierter „Vorreiterkommunen“ herausgebildet, die das Thema mit starkem „Umsetzungswillen“ vorantreiben. Andererseits halten weiterhin „ Unsicherheiten, gepaart mit der „Neuigkeit“ des Themas (Aichinger et al. 2015; 9) Kommunen davon ab, sich mit dem Themenfeld Elektromobilität zu beschäftigen. Um diese Disparitäten auszugleichen wurden in den letzten Jahren diverse wissenschaftliche Einrichtungen damit beauftragt diese Wissenslücken durch entsprechende Forschungen und Veröffentlichungen zu schließen.

Im Fokus stehen dabei insbesondere Fragen der Systemforschung, wie etwa des bedarfsgerechten Aufbaus von Ladeinfrastruktur oder der Identifizierung geeigneter Einsatzfelder. Aus der sozialwissenschaftlichen Perspektive wurden Studien zum Nutzerverhalten im Umgang mit Elektromobilität durchgeführt. Die bedeutende Frage, ob Elektromobilität ein Bestandteil einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung darstellen kann, ist in der Nachhaltigkeitsforschung größtenteils vom ökologischen Standpunkt aus betrachtet worden.[3] Hier wurde deutlich, dass Elektromobilität vielen Herausforderungen begegnen kann: „die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen, den Ausstoß von Luft- und Umweltschadstoffen sowie die klimaschädlichen CO2-Emissionen (Fraunhofer ISI 2011; 8).“

Das die an den ökologischen Leitplanken ausgerichtete Forschung, vor allem im Kontext der Stadtentwicklung, keine allgemeingeltenden Aussagen über eine „Nachhaltige Entwicklung“ hervorbringt, wird anhand der folgenden Definition deutlich: „ Eine nachhaltige Stadtentwicklung kann nur gelingen, wenn die Dimensionen sozial, wirtschaftlich, ökologisch sowie politisch-institutionell so zusammenwirken, dass aus dem verantwortlichen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen ein fairer Konsens zwischen den Interessen der heutigen und der künftigen Stadtmenschen erwirkt wird (BBSR 2014).“

Eine wissenschaftliche Studie zu den Potentialen von Elektromobilität, hinsichtlich einer nachhaltigen Stadtentwicklung die alle Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt, ist nach aktuellem Forschungsstand noch nicht umfassend erarbeitet worden. An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an und verfolgt dabei die Erarbeitung der folgenden zentralen Fragestellungen:

- Wodurch zeichnet sich eine nachhaltige Stadt- und Verkehrsentwicklung aus, die soziale, ökologische, ökonomische sowie politisch-institutionelle Belange gleichermaßen und ihre Wechselwirkungen berücksichtigt?
- Welche Herausforderungen, Chancen und Risiken sind mit dem System der Elektromobilität verbunden?
- Sind Elektromobilitätsansätze bereits unter dem Nachhaltigkeitsgedanken im Kontext der Stadt- und Verkehrsentwicklung gestaltet worden?
- Und wo bestehen im Bereich der Elektromobilität weitere Nachhaltigkeitspotentiale?

Aufbau der Arbeit:

Auf der Grundlage der zurückliegenden Einführung und den Hinweisen zu den zentralen Forschungsfragen, lässt sich der Aufbau der Arbeit wie folgt beschreiben. Im nachstehenden zweiten Kapitel sollen die für diese Arbeit verwendeten methodischen Überlegungen in Kürze dargestellt werden.

Im Mittelpunkt des dritten Kapitels wird der zentralen Frage nachgegangen, unter welchen Bedingungen eine Stadt- und Verkehrsentwicklung gestaltet werden muss, damit diese die Kriterien von Nachhaltigkeit erfüllt. Dementsprechend rücken einführend Fragestellungen zum inhaltlichen und konzeptionellen Verständnis einer nachhaltigen Entwicklung in den Fokus (Vgl. Kap. 3.1). Anschließend ist es die Aufgabe aufzuzeigen, wie „Nachhaltigkeit“ auf der kommunalen Ebene projiziert und konkretisiert werden kann. Von daher besteht die Zielsetzung an dieser Stelle darin, unterschiedliche Dokumente zur Umsetzung einer nachhaltigen Stadtentwicklung auf entsprechende Kriterien zu untersuchen. Um das Verständnis von Nachhaltigkeit auch in den Rahmenbedingungen von kommunalen Abläufen, hier vor allem innerhalb der Verkehrsplanung, zu vervollständigen, wird das Governance-Modell genauer beleuchtet (Vgl. Kap. 3.2).

Im vierten Kapitel werden die zuvor erzielten Ergebnisse zusammengefasst und in einem Nachhaltigkeitsindikatoren-Set verdichtet. Damit erhält die vorliegende Masterarbeit eine methodische Grundlage zur Operationalisierung einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung (Vgl. Kap. 4).

Das Kapitel fünf widmet sich der zweiten zentralen Forschungsfrage der Masterarbeit und untersucht, welche Herausforderungen, Chancen und Risiken mit dem System der Elektromobilität verbunden sind? Dabei wird einführend ein allgemeines Stimmungsbild der Politik, der kommunalen Planung und der gesellschaftlichen Sichtweise auf die Einführung von Elektromobilität vorgestellt (Vgl. Kap. 5.2). Darüber hinaus werden die potentiellen Einsatzfelder von Elektromobilität und dessen Problemlösungspotentiale im Rahmen der kommunalen Pflichtaufgaben identifiziert und durch einzelne Fallbeispiele demonstriert (Vgl. Kap. 5.3). Abschließend steht die Frage, welche kommunalen Akteure im Rahmen der Implementierung von Elektromobilität als Treiber ernannt werden können und wie ihr Engagement zu bewerten ist, im Mittelpunkt des Forschungsinteresses (Vgl. Kap. 5.4).

Gegenstand des Kapitels sechs wird die zentrale Fragestellung darstellen, ob Elektromobilität einen potentiellen Bestandteil einer nachhaltigen Stadtentwicklung darstellen kann. Als Fallbeispiel diente die Stadt Dortmund, da diese bei der Einführung von Elektromobilität bundesweit, aber auch im internationalen Vergleich, eine Vorreiterposition einnimmt. Die einführende Frage besteht darin, seit wann Elektromobilität in Dortmund eine Rolle spielt und wie es zu dieser Entwicklung kam. In einem zweiten Schritt werden die strategischen Rahmenbedingungen sowie die dazugehörigen Dortmunder elektromobilen Projekte tabellarisch verdichtet zusammengetragen (Vgl. Kap. 6.1). Anhand dieser Grundlage und demzuvor entwickelten Kernset an Indikatoren einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung folgt die Operationalisierung der elektromobilen Aktivitäten in Dortmund auf Nachhaltigkeitspotentiale (Vgl. Kap. 6.2). Darauf aufbauend wird auf die letzte zentrale Forschungsfrage eingegangen, welche weiteren Nachhaltigkeitspotentiale im Bereich von Elektromobilität in Dortmund auszuschöpfen sind (Vgl. Kap. 6.3).

Bevor im Kapitel acht der vorliegenden Masterarbeit die wichtigsten Untersuchungsergebnisse zusammengefasst werden, ist im Kapitel sieben eine kritische Reflektion der empirischen Methoden dieser wissenschaftlichen Arbeit angedacht.

2. Methodische Vorgehensweise

Für die Erarbeitung der zuvor dargelegten zentralen Forschungsfragen wurden vier methodische Überlegungen – eine systematische Sekundärdatenanalyse, die Aufstellung von Indikatoren, eine bundesweite Städtebefragung und leitfadengestützte Experteninterviews – herangezogen, die der vorliegenden Masterarbeit wie folgt zuzuordnen sind. Der theoretische Teil dieser Arbeit (Vgl. Kapitel 3), dargestellt im „Konzept der Nachhaltigkeit“, im „Leitbild einer Nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung“ sowie im „Governance-Modell“, wurde mit Hilfe einer sekundärstatistischen Datenanalyse erarbeitet. In einem ersten Schritt, wurde zunächst kursorisch die enorme Fülle an Literatur auf belastbare Informationen hinsichtlich der drei theoretischen Schwerpunkte untersucht. Darauf aufbauend konnte die für diese Arbeit relevante Literatur gefiltert und anhand definierter Fragestellungen analysiert werden. Die allgemeinen theoretischen Grundlagen dienen der vorliegenden Arbeit als Basis für darauffolgende Arbeitsschritte und sind unerlässlich zur Operationalisierung einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung.

2.1 Entwicklung von Nachhaltigkeitsindikatoren der Stadt- und Verkehrsentwicklung

Zur Beschreibung und Bewertung komplexer Systeme, wie es etwa der Begriff Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung impliziert, werden häufig Indikatoren entwickelt und in die Analyse eingebettet (Vgl. Birkmann et al. 2009; 17). Die vorliegende Arbeit greift auf diese methodische Vorgehensweise zurück (Vgl. Kapitel 4) und stellt somit geeignete Messgrößen bereit, um Elektromobilität auf Nachhaltigkeitspotentiale hin zu untersuchen. Bezugsebene für die Aufstellung von Nachhaltigkeitsindikatoren bilden dabei die vier Dimensionen (ökologisch, ökonomisch, sozial und politisch-institutionell) der Nachhaltigkeit sowie die Handlungsfelder einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung in den Bereichen: ressourcenschonende und umweltgerechte Stadtentwicklung, stadtverträgliche, sozial und umweltgerechte Mobilität, Bürgerbeteiligung und Local Governance sowie eine verantwortungsvolle und generationsgerechte Haushaltsführung. Literarische Grundlagen zur Indikatorenentwicklung bilden der Anwendungsleitfaden des Umweltbundesamtes zu den „Qualitätszielen und Indikatoren für eine nachhaltige Mobilität“ sowie die Veröffentlichung aus den Dortmunder Beiträgen zur Raumplanung mit inhaltlichem Fokus auf die „Methoden und Konzepte der Indikatorforschung“.

Neben der Aufstellung von Indikatoren thematisiert das vierte Kapitel der vorliegenden Arbeit die Bedeutung von Indikatoren, deren Ziele und Klassifikation, sowie deren Stellenwert für die Nachhaltigkeitsdiskussion.

2.2 Difu-Kommunalbefragung

Das nachstehende Kapitel fünf, „Status Quo Elektromobilität“, greift methodisch neben einer sekundärstatistischen Datenanalyse auf empirische Daten zurück, die im Rahmen meiner Anstellung beim Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) entstanden sind und an deren Ausführung und Auswertung ich beteiligt war. So werden Ergebnisse einer bundesweit durchgeführten Kommunalbefragung aus dem Jahr 2014 zu den Erfahrungen mit der Einführung von Elektromobilitätmit in dieses Kapitel einfließen. Die schriftliche Befragung verfolgte das primäre Ziel, ein allgemeines „Stimmungsbild“ der „ Städte, die bereits erste Erfahrungen mit dem Thema gesammelt haben, als auch die Kommunen, die noch über keine Erfahrungen verfügten (Klein-Hitpaß et al. 2015; 10) zu erfassen . Inhaltlich wurden Fragen „ zur kommunalen Verankerung, zur Einschätzung des politischen Stellenwerts und der Potenziale der Elektromobilität sowie zu sinnvollen Einsatzbereichen für elektrische Fahrzeuge (Ebd.)“ gestellt.[4] Um eine möglichst hohe Flexibilität bei der Handhabung des Fragebogens zu erreichen, sowie unter Beachtung der zeitlichen Rahmenbedingungen des Projektes wurde entschieden, die Befragung postalisch unter Einsatz eines standardisierten Fragebogens mit überwiegend geschlossenen Fragen durchzuführen. Das „kommunale Stimmungsbild“ sollte dabei möglichst repräsentativ abgebildet werden. Mit dem Stichprobenumfang von 457 Kommunen – Vollerhebung der Städte mit einer Einwohnerzahl größer als 50.000, sowie eine Stichprobe von 250 kleineren Städten mit einer Einwohnerzahl zwischen 20.000 und 50.000 – konnte diesem Anspruch gerecht werden. Insgesamt wurden 193 auswertbare Fragebögen zurückgesandt, welches einer Rücklaufquote von 42,2 % entspricht. Mit einem Rücklauf von insgesamt 34,9 % ist die Gruppe der Städte zwischen 20.000 EW und 50.000 EW ebenfalls gut repräsentiert. Der Rücklauf größerer Städte zeigt ein etwas höheres Antwortverhalten. Einen Überblick über die Stichprobe und den Rücklauf der Befragung veranschaulicht die folgende Tabelle (Vgl. ebd. 49f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Stichprobe und Rücklauf der Difu-Kommunalbefragung 2014

2.3 Leitfadengestützte Experteninterviews

Für das Fallbeispiel der vorliegenden Arbeit, der Stadt Dortmund (Kapitel 6), wurden die im Kapitel vier aufgestellten Nachhaltigkeitsindikatoren angewandt, mit dem Ziel die Dortmunder elektromobilitätsspezifischen Aktivitäten auf Nachhaltigkeitspotentiale hin zu untersuchen. Hintergrundinformationen zum Stellenwert der Elektromobilität und entsprechenden Projekten konnten zum Teil der begrenzt vorhandenen Literatur sowie einer vertieften Internetrecherche entnommen werden. Komplementär dazu, leisteten leitfadengestützte Experteninterviews mit lokalen Akteuren aus Dortmund einen wichtigen Beitrag, um an Erfahrungen und unveröffentlichte Informationen aus erster Hand zu gelangen.

Als erster Ansprechpartner wurde der Experte1 aus der Dortmunder Wirtschaftsförderung befragt. Aufgrund seiner beruflichen Funktion als Geschäftsführer des „Lenkungskreises Elektromobilität“ sowie seiner Anstellung in der kommunalen Verwaltung, verfügtExperte1 über wichtige Kenntnisse hinsichtlich verwaltungsinterner Abläufe sowie über Organisations- und Kooperationsstrukturen zu anderen Akteuren. Darüber hinaus sind demExperten1 viele der bereits durchgeführten oder geplanten Projekte im Themenfeld Elektromobilität vertraut. Mit der Befragung vonExperte2, Vorsitzender der „Bürgerinitiative Solarmobil Ruhr“, konnte eine zusätzliche Perspektive auf die Aktivitäten in Dortmund gewonnen werden. Als „externer“ Akteur verfügt dieser über die nötige Distanz zum Dortmunder Verwaltungsapparat und Erfahrungen hinsichtlich des Stellenwerts der Bürgerbeteiligung und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit. Als dritter Experte wurde Experte3 von der Dortmunder Energie und Wasserversorgung GmbH (DEW21) befragt. Als „Elektromobilitätslotse“ der Stadt Dortmund steht derExperte3 als erste Anlaufstelle Interessenten und Ratsuchenden rund um das Themenfeld Elektromobilität als Ansprechpartner zur Verfügung.

Durch die Auswahl der dargelegten Experten wurden unterschiedliche Betrachtungsweisen, aus der kommunalen Verwaltung, der lokalen Bürgerinitiative und dem lokalen Energieversorger, in den Ausarbeitungen des sechsten Kapitels berücksichtigt. Ferner wird mit dieser Auswahl dem Querschnittsgedanken bei der Einführung von Elektromobilität Rechnung getragen. Eine Übersicht der ausgewählten Akteure, dessen Institution und Funktion lässt sich der nachstehenden Tabelle eins entnehmen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Überblick der Experteninterviews

Als Grundlage für die Experteninterviews wurde ein teilstrukturierter, nicht standardisierter Fragenkatalog entwickelt. Diese Vorgehensweise impliziert eine offen gehaltene Befragungssituation, bei der dem Interviewten keine vorgefertigten Antwortmöglichkeiten angeboten werden, sondern ihm ein großer Antwortspielraum zur Verfügung steht (vgl. Atteslander 2010; 142f). Der entwickelte Interviewleitfaden ist in seinen Grundzügen für alle Interviews derselbe, um eine Vergleichbarkeit der Antworten zu erzielen. Lediglich für denExperten2 wurde der Kanon an Leitfragen an die Themen Bürgerbeteiligung und kommunale Zusammenarbeit angepasst. Die eigentliche Datenerhebung fand in den Einrichtungen der Experten in Dortmund statt und wurde nach Absprache mit einem Tonbandgerät aufgenommen. Diese Aufzeichnungen wurden in einem zusammenfassenden Interviewskript festgehalten, welches nicht Teil dieser Veröffentlichung ist.

2.4 Struktur der Arbeit

Das dargelegte methodische Vorgehen, die zentralen Forschungsfragen sowie einzelne Arbeitsschritte sind in einem Zielsystem zusammengefasst worden. Das Zielsystem hat für die vorliegende Arbeit einen hohen Stellenwert, da es den strukturellen Rahmen vorgibt und ein Controlling der eigenen Ergebnisse auf ihre Qualität und ihren Erfolg ermöglicht. Letztendlich konnte auch der Zielfindungsprozess besser abgestimmt werden, indem eine logische und zeitliche Reihenfolge eingehalten wurde (Vgl. Abbildung 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Zielsystem der Arbeit

3. Das Konzept der Nachhaltigkeit

Dieses Kapitel erfüllt die Aufgabe den theoretischen Rahmen dieser Arbeit mit dem „Konzept der Nachhaltigkeit“ einführend vorzustellen. Der konzeptionelle Gedanke stellt für die vorliegende Arbeit die Grundlage zur Operationalisierung einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung dar und wird deshalb zunächst definiert und inhaltlich umrissen. Mit Verlauf des Kapitels wird der Fokus auf unterschiedliche Strategien, Konzepte und Leitbilder einer nachhaltigen Stadtentwicklung gerichtet, um die Anforderung an ein nachhaltiges Verkehrssystem aus der Sicht unterschiedlicher Politik- und Planungsebenen zu beleuchten. In einem nächsten Schritt widmet sich das Kapitel einer Einführung in das „Governance-Modell.“ Dabei lassen sich Hinweise ermitteln, inwiefern das Thema Nachhaltigkeit innerhalb der institutionellen und politischen Rahmenbedingungen der Kommune bzw. der kommunalen Verkehrsplanung gefestigt werden kann. Abschließen wird das Kapitel eine kurze Zusammenfassung der Theorie sowie eine Abgrenzung des Nachhaltigkeitsbegriffs für die vorliegende Arbeit.

3.1 Nachhaltige Entwicklung

Das Leitbild einer Nachhaltigen Entwicklung[5] stützt sich spätestens seit der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro von 1992 auf einen breiten Konsens in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Das bis dato primär in der Wissenschaft diskutierte Thema wird seither auch verstärkt in der politischen Programmatik der internationalen und nationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik wahrgenommen, wo es sich sukzessive als das zentrale Leitbild einer zukünftigen Entwicklung etablieren konnte. Vor dem Hintergrund zunehmender Verkehrs- und Umweltbelastungen muss sich auch der Verkehrssektor seit den 1990er Jahren dem kritischen Blick der Nachhaltigkeit und den daran korrespondierenden Herausforderungen stellen.

3.1.1 Verständnis und Meilensteine einer „Nachhaltigen Entwicklung“

Die Suche nach einer allgemeingültigen Definition des Leitbildes einer Nachhaltigen Entwicklung erweist sich als schwer realisierbar. Nach Birkmann et al. lassen sich „ allein in der Literatur 70 unterschiedliche Definitionen nachweisen (2014; 14).“ Als Folge birgt der Nachhaltigkeitsbegriff „ ein hohes Maß an begrifflicher Unschärfe, das vielfältige Interpretationsmöglichkeiten zulässt (Bpb 2008).“ Um sich der Bedeutung von Nachhaltigkeit anzunähern werden im Folgenden die wissenschaftlichen und politischen Meilensteine des Leitbegriffs und das daran entwickelte Verständnis einer Nachhaltigen Entwicklung in zeitlicher Reihenfolge vorgestellt.

Rückblickend kann festgestellt werden, dass der Begriff „Nachhaltigkeit“ erstmalig 1972 im zeitgeschichtlichen Kontext der internationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik Verwendung fand. Innerhalb des Diskurses um die „Grenzen des Wachstums“ stützt sich die gleichnamige wissenschaftliche Studie des „Club of Rome“ auf die gemeinsame Betrachtung demographischer, ökologischer und ökonomischer Entwicklungstrends (Vgl. Birkmann et al., 1999; 15). Der UN-Abschlussbericht „Unsere gemeinsame Zukunft“, auch als sogenannter „Brundtland-Bericht“ bekannt, sorgte im Jahr 1987 dafür, dass sich der Nachhaltigkeitsbegriff in den allgemeinen Sprachgebrauch verstärkt etablierte (Vgl. Bracher et al. 2014; 31). Die bis heute weit verbreitete und allgemein anerkannte Definition des Brundtland-Berichts[6] dient seither vielen Studien und wissenschaftlichen Beiträgen als Grundlage. Nachhaltigkeit ist demnach eine Entwicklung, „ die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen (Lexikon der Nachhaltigkeit 2014).“

Seine globale Zustimmung erfuhr das Konzept jedoch erst innerhalb der Weltkonferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro. Im Rahmen des Zusammentreffens der Vereinten Nationen verpflichteten sich 170 Mitglieder der internationalen Staatengemeinschaft der Rio-Deklaration und damit den „ allgemeinverbindlichen Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung (Bpb 2008).“ Seither festigte sich der Leitbegriff sowohl „ in der globalen als auch in der europäischen und deutschen Politik (bmub 2014; 2).“

Die Europäische Union hat bereits seit 1999 das übergeordnete Ziel einer „Nachhaltigen Entwicklung“ für alle Politiken vertraglich verankert und verständigte sich 2001 in Göteborg auf eine Strategie[7], dessen Ziele und Maßnahmen in den Bereichen Klimaschutz, Verkehr, Gesundheit und natürliche Ressourcen realisiert werden sollen (Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit 2014). Im Jahr 2002 verabschiedete die deutsche Bundesregierung ihre „Nationale Nachhaltigkeitsstrategie – Perspektiven für Deutschland“, in der neben den übergeordneten Leitzielen: Generationsgerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt, Lebensqualität und internationale Verantwortung eine „ außerordentliche Strahlkraft auf unterschiedliche Politik- und Handlungsfelder (Bracher et al. 2014; 33)“ projiziert wurde. Der Verkehrssektor wird dabei konkret in die Verantwortung einer Nachhaltigen Entwicklung einbezogen (Vgl. Bundesregierung 2014). Der von der deutschen Bundesregierung berufene Rat für eine Nachhaltige Entwicklung fasst die Grundidee von Nachhaltigkeit wie folgt zusammen:

„eine Nachhaltige Entwicklung heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet also: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen (Bundesregierung 2014)."

Das auf der Rio-Konferenz 1992 verabschiedete Entwicklungs- und Umweltprogramm der Agenda 21 (Kapitel 28) räumt den Kommunen bei der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung eine zentrale Rolle ein. Mit dem Aktionsprogramm werden „ detaillierte Handlungsaufträge (sozial, ökologisch, ökonomisch) gegeben, um einer weiteren Verschlechterung der Situation des Menschen und der Umwelt entgegenzuwirken und eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen sicherzustellen (Lexikon der Nachhaltigkeit 2014).“ Mit der Charta von Alborg („Europäische Städte auf dem Weg zur Zukunftsbeständigkeit“) von 1994 sowie die 1996 in Istanbul verabschiedete Habitat Agenda stehen weitere politische Dokumente für die stadtregionale Ebene bereit, die „ einen Weg zur Initiierung nachhaltiger Entwicklung in den Städten und Gemeinden aufzeigen (Bauriedl 2008; 12).“ Etwa 2.500 Gemeinden weltweit führen und diskutieren seit 1999 ihre Konzepte und Strategien vor dem Hintergrund des Programms „Nachhaltigkeit“ und setzen den Leitspruch „Global denken, lokal Handeln“ in die Praxis um (Kagermeier 1998; 549 nach Brand 1997; 25).

3.1.2 Dimensionen einer „Nachhaltigen Entwicklung“

Bei der Konkretisierung des politischen Zieles der „Nachhaltigen Entwicklung“ werden in der Regel drei Problemdimensionen berücksichtigt. Nachhaltigkeit beschränkt sich dabei nicht ausschließlich auf die Berücksichtigung von ökologischen Gesichtspunkten, sondern bindet zur Realisierung der Umweltziele auch ökonomische und gesellschaftliche Aspekte ein, die jeweils Makro-, Meso- und Mikroebenen aufweisen. Dieses konzeptionelle Verständnis einer „Triade als Modell für Nachhaltigkeit“ ist eine Schöpfung der wissenschaftlichen und politischen Diskussion während und in der Entwicklung nach der Umweltkonferenz in Rio de Janeiro von 1992. Dabei wurde deutlich, dass die Subsysteme Gesellschaft, Ökonomie und Ökologie zusammen als „Ganzes“ integriert betrachtet werden müssen. Diese Systeme sind vielfach über Querbeziehungen miteinander vernetzt oder stehen teilweise in Konkurrenz zueinander (Vgl. Bracher et al. 2014; 33 & Hauff et al. 2014; 21).

3.1.2.1 Die ökologische Dimension

Die ökologische Nachhaltigkeit konzentriert sich primär „ auf den Erhalt der Funktionsfähigkeit von Ökosystemen sowie um die Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen (Bracher et al. 2014; 34).“ In der Umsetzungspraxis ergeben sich anhand dieser Zielsetzung Handlungsregeln, die den Abbau fossiler Ressourcen, die Nutzung alternativer Ressourcen sowie den Schadstoffeintrag in Ökosysteme betreffen. Dabei wird konstatiert, dass die Intensität der Nutzung regenerierbarer Ressourcen „ die natürliche Regenerationsrate der Ressource nicht übersteigen darf und endliche Ressourcen nur so weit abgebaut werden dürfen, wie sie durch Alternativen substituiert werden können. Der Schadstoffeintrag in natürliche Ökosysteme darf die Abbaurate für diese Schadstoffe nicht übersteigen (Bracher et al. 2014; 34).“ Für die Festlegung der Grenzwerte und der damit verbundenen Gewährleistung einer nachhaltigen ökologischen Entwicklung sind insbesondere die Fachrichtungen der Umweltwissenschaften verantwortlich. Innerhalb dieser Grenzen darf die Gesellschaft die natürliche Ressource nutzen, ohne dabei das Ziel einer (ökologisch) nachhaltigen Entwicklung zu überschreiten (Vgl. Ebd.).

3.1.2.2 Die soziale Dimension

Die soziale Dimension von Nachhaltigkeit strebt die Erhaltung gesellschaftlicher Systeme und flankierend die Forderungen nach intra- und intergenerativer Gerechtigkeit an: „ Neben dem Ziel der Grundbedürfnisbefriedigung für heutige und zukünftige Generationen (bpb 2008; 3)“ legt die soziale Dimension ein besonderes Augenmerk auf die Chancengleichheit innerhalb einzelner Länder und Gesellschaften. Diese Chancen beziehen sich auf den Zugang zu Ressourcen und berühren beispielsweise Themen wie die Erhaltung oder die Teilhabe am Human- und Wissenskapital sowie den Zugang zum Arbeitsmarkt oder zu Mobilitätsangeboten (Vgl. Ebd.). Ausdrücklich werden auch Fragen der Geschlechterverhältnisse und der Verteilung des Wohlstandes behandelt. Zur sozialen Nachhaltigkeit gehört beispielsweise auch „in der Gegenwart keine in dem Maße irreversiblen Veränderungen vorzunehmen, die Handlungsspielräume von zukünftigen Generationen in einem hohen Maße beeinträchtigen (Vgl. Bracher et al. 2014; 34).“

3.1.2.3 Die ökonomische Dimension

Die ökonomische Sichtweise konzentriert sich im Sinne der Kapitalerhaltung und des Erhalts des ökonomischen Systems auf die langfristigen Erträge, die aus der Nutzung vorhandener Ressourcen entstehen. Dabei wird „ von einer auf kurzfristige Gewinne setzenden Logik stetigen Wachstums [8] abgesehen und die Berücksichtigung von inter- und intragenerativen Gerechtigkeitsüberlegungen (Blazejczak 2004, S. 17)“ in den Fokus gerückt. Das zentrale Thema der ökonomischen Nachhaltigkeit ist mithin die Effizienz. Unter „ optimalen und effizienten Ressourceneinsatz, bzw. durch die Optimierung der wirtschaftlichen Produktion und der Effizienz der Märkte (Vgl. Bracher et al. 2014; 34)“ soll das ökonomische System individuelle und gesellschaftliche Bedürfnisse effizient, d. h. ohne Ressourcenverschwendung, befriedigen. Im Kontext der Nutzung von erneuerbaren und nicht erneuerbaren Ressourcen entwickelte die ökonomische Theorie folgende Regeln: Regenerierbare Ressourcen dürfen in ihrem Bestand nicht gefährdet werden. Zur Verfolgung dieses Ziels verhelfen festgelegte Preise und die Annahme von Extraktionskosten. Nutzungsregeln für nicht regenerierbare Ressourcen sind dagegen schwierig zu ermitteln. Durch den gegenwärtigen Abbau stehen für die Folgegeneration und damit in Hinblick auf Konsum und wirtschaftliche Produktion entsprechende fossile Ressourcen nicht mehr oder nur begrenzt zur Verfügung (Vgl. ebd.; 35 nach Klauer 1998; 28ff.). Vor diesem Hintergrund sollte nach Klauer: „der Konsum und die Produktion in der Gegenwart höher bewertet werden, als in der Zukunft (1998; 28ff.)“, da davon auszugehen ist, dass die Folgegenerationen neue Technologien einsetzen, wobei eine Abhängigkeit von fossilen Energien nicht vorliegt.

3.1.3 Das Verhältnis der Nachhaltigkeitsdimensionen

In der wissenschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskussion existieren sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, „ inwieweit ökologische Grenzwerte als Leitplanken einer nachhaltigen Entwicklung gelten sollen (Bauriedl 2008; 12). Ebenso besteht noch keine Einigkeit darüber , inwieweit „die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung unabhängig voneinander oder nur in enger Wechselwirkung miteinander realisiert werden können (Hauff 2014; 22ff.).“ Eine Ausformulierung und Differenzierung des Drei-Dimensionen-Verhältnis ist nach Bauriedl über die Abgrenzung der drei alternativen Nachhaltigkeitsmodelle, dem Leitplanken-, Sektoral- und Komplexitätsmodell, zu benennen (Vgl. 2008; 30ff.). Inhaltlich unterscheiden sich die Modelle in ihren Aussagen zum Verhältnis der Nachhaltigkeitsdimensionen (Vgl. Abb. 1).

Das Leitplankenmodell sieht i.d.R. keine Wechselwirkungen zu den anderen Dimensionen vor. Vielmehr setzt die ökologische Tragfähigkeit den Rahmen für die Verteilungsgerechtigkeit knapper Ressourcen sowie für den des ökonomischen Wachstums. Die zentrale Entwicklungsoption wird in „ einer strukturellen Ökologisierung der Konsummuster und Produktionsweisen (2008; 30ff.)“ gesehen. Seit den 1990er Jahren hat das stark ökologisch ausgerichtete Modell an Bedeutung verloren. Intensiviert hat sich dagegen die Überzeugung, dass „ Umweltproblemen mit Managementlösungen und technologisch induzierten Effizienzgewinnen begegnet werden (2008; 32)“ kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Nachhaltigkeitsmodelle lokaler Nachhaltigkeitspolitik

Hinter dem metaphorischen Begriff der „Nachhaltigkeitssäulen“ verbirgt sich das Verständnis einer auf gleichwertiger Berücksichtigung gestützten, sektoralen Betrachtung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Entwicklung. Nach Bauriedl sind „ die Begrenzungsziele einer Dimension durch die Präferenz einer anderen Dimension nun nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium für Nachhaltigkeit (2008; 32) . “ Die Gleichwertigkeit der Nachhaltigkeitsdimensionen wurde anfänglich noch in Form dreier nebeneinanderstehender Säulen bildhaft dargestellt. Mit der Erkenntnis, dass jede Dimension ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele subsumiert, doch auch jede Dimension durch zahlreiche Querbeziehungen miteinander verbunden sind, wurde das Säulen-Modell durch ein „Nachhaltigkeitsdreieck“ ersetzt (Vgl. Hauff 2014; 23).

In Anlehnung an das Sektoralmodell kann die Verknüpfung der drei Zieldimensionen durch drei überlappende Kreise, den sog. „ Zauberscheiben der Nachhaltigkeit “, noch präziser herausgearbeitet werden (Vgl. Hauff 2014; 33). Das Komplexitätsmodell veranschaulicht, dass sich nicht „ am Ökologierädchen drehen lässt, ohne dass auch Gesellschafts- und Wirtschaftsrädchen mit in Bewegung kommen (Bauriedl 2008; 32).“ Somit rücken neben der Integration aller Nachhaltigkeitsdimensionen vor allem die komplexen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Entwicklungszielen ins Zentrum des Realisierungsprozesses.

Zur Umsetzung von Nachhaltigkeit können nach Schwedes drei Strategien, die Effizienz-, Konsistenz- und Suffizienzstrategien verfolgt werden. Die Effizienzstrategie strebt einen sparsamen Ressourcenverbrauch an. Die Konsistenzstrategie zielt auf das recyceln von natürliche Ressourcen. Suffizienzstrategien zielen auf eine Verhaltensänderung der Menschen (z. B. der Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel). In einer nachhaltigen Gesamtstrategie sollten alle drei Strategien gleichermaßen berücksichtigt werden (Vgl. 2011; 14).

Es kann festgehalten werden, dass lokale sowie regionale Nachhaltigkeitspolitik auf unterschiedliche Modelle mit unterschiedlichen Referenzpunkten zukünftiger Entwicklung zurückgreifen kann. Gemeinhin kann es passieren, dass eine städtische Nachhaltigkeitsstrategie im Rahmen einzelner Stadtentwicklungsprojekte gegensätzliche Modelle und somit unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt. Die Stadt Leipzig greift beispielsweise auf einen Modell-Mix zurück, womit „ lokalen Entwicklungspfaden begegnet als auch auf raumstrukturelle Bedingungen reagiert wird (Bauriedl 2008; 46ff.).“ Auf diese Weise wird die „ Nachhaltigkeitsidee jeweils in projektbezogene Nachhaltigkeitsleitbilder übersetzt, die explizit oder implizit die stadtregionale Debatte prägen (Ebd.).“ Sofern der Bezug auf ein bestimmtes Nachhaltigkeitsmodell für einen konkreten räumlichen Kontext konstatiert werden kann, gewinnt der Prozess an Umsetzungsschärfe. Bleibt die Konkretisierung aus, „ wird die Realisierung einer Nachhaltigen Entwicklung immer wieder mit Konflikten verbunden sein (Ebd. 2008; 33f.).“

3.1.4 Einblicke in die Diskussion um das Leitbild „Nachhaltige Entwicklung“

Das folgende Unterkapitel verfolgt nicht das primäre Ziel die Diskussion um das Leitbild einer Nachhaltigen Entwicklung in seiner Vollständigkeit darzulegen. Es wird vielmehr der Fokus auf einen Überblick an elementaren Ausschnitten der langanhaltenden Debatte gelegt. Eine Vertiefung würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten, dennoch erscheint ein knapper Einblick unverzichtbar.

„Nachhaltigkeit ist wie kaum ein anderes Schlagwort geeignet, die raumplanerisch Tätigen zu polarisieren. Von den einen als umfassender Ansatz zur Bewältigung fast aller Probleme des ausgehenden 20. Jh. euphorisch begrüßt, ist es auf der anderen Seite auf dem besten Weg dazu, zum „Unwort des Jahrzehnts“ zu werden, das nur noch ein müdes Lächeln hervorruft (Kagermeier 1998; 584).“

Ungeachtet der hohen Beliebtheit, geht aus dem Zitat hervor, dass am eben diesem Leitbild eine kontrovers geführte Diskussion haftet.

Eines der zentralen Probleme der Nachhaltigkeitsdiskussion bezieht sich auf die interpretatorische Beliebigkeit des Nachhaltigkeitsbegriffs, die vor allem Kritikern eine breite Angriffsfläche bietet (Vgl. Birkmann et al. 1999; 16 & Bpb 2008; 2). Die Auslegung des Leitbegriffs eröffnet einen zu großen Interpretationsraum, der anhand der häufig kursierenden Einschätzung mit „diffus“, „vage“ oder „fuzzy“ deklariert wird (Vgl. Kruse-Graumann 2014; 186ff & Hauff 2014; 21). Vor diesem Hintergrund beklagen „ die mit Umsetzungsstrategien befassten Akteure aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung, dass der Nachhaltigkeitsbegriff häufig schwer greifbar und operationalisierbar sei (Bauriedl 2008; 12).“ Als Folge erweist sich in der Praxis eine eindeutige Identifizierung und Begrenzung von Nachhaltigkeit als äußerst schwierig. In diesem Zusammenhang stellten Götz et al. fest, dass „ eine Identifikation nicht nachhaltiger Prozesse einfacher ist, anstatt zu beurteilen, ob eine nachhaltige Entwicklung vorliegt (2009; 24f).“ Ein weiterer Kritikpunkt zweifelt die Praxisnähe des Leitmotivs an. Es fehlt dem Leitbild an Genauigkeit, „ um diskutiert werden zu können und es ist zu allgemein, um als Planungsvorgabe zu dienen (Birkmann et al. 1999; 14 ).“ In der Planungspraxis werden auf einem hohen Abstraktionsniveau Ziele formuliert, die in der Umsetzung kaum realisierbar erscheinen (Vgl. Kagermeier 1998; 548). Flankierend haben Verständnisprobleme einen „ maßgeblichen Einfluss darauf, ob und auf welche Weise der Gedanke der Nachhaltigkeit in europäischen Städten und Strategien übertragen und praktisch umgesetzt wird (Bauriedl 2008; 12).“

Befürworter des Konzepts verweisen darauf, dass „ die Bedeutungsvielfalt des Nachhaltigkeitsbegriffs eine wesentliche Voraussetzung für dessen Verbreitung ist. Sie kann daher als Stärke des Begriffs gesehen werden.“ (…) „ Diese Vielfalt von Nachhaltigkeitsbegriffen ist ein Beleg für den prozeduralen Gehalt (Bauriedl 2008; 16).“ Nach Birkmann et al. besteht der Eindruck, das Leitbild wirke gerade dadurch, dass es ein großes Maß an interpretatorischer Freiheit und Raum für Variationen und Alternativen offenlässt. Dieses stellt „ eine bildhafte Vorstellung von zukünftigen Zuständen dar“, (…) „welche als Schnittstelle zwischen Idee und Realität (2014; 16) “ interpretiert werden kann . Trotzdem zeichnet das Leitbild einen normativen Charakter aus, da sowohl das Ziel („wie es ist“) als auch der Weg dorthin („wie es sein soll“) aufgegriffen werden (Vgl. Bracher et al. 2014; 31 & Bauriedl 2008; 16ff.).

Eine Annäherung beider Ansichten scheint nahezu unmöglich. Würde das „ Leitbild der Reallösung angenähert, verlöre es seine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung. Formuliert man es dagegen zu allgemein, leistet es keinen Beitrag zur Konkretisierung einer gemeinsamen Zielvorstellung (Birkmann et al. 2014; 14).“ Diese Problematik lässt sich jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht auflösen und soll nicht weiter konkretisiert werden.

Das Leitbild stellt sicherlich keinen Königsweg zur stadt- und umweltgerechten Entwicklung dar und zweifelsohne hat sich im Laufe der Jahre „Nachhaltigkeit“ mehr und mehr zum Modewort entwickelt, welches in unterschiedlichen Kontexten als Synonym für „gut“ verwendet wird. Trotz der scharfen Kritik wird das Leitbild seit mehr als 40 Jahren auf der öffentlichen und wissenschaftlichen Bühne diskutiert. Es hat bereits wertvolle Umdenkprozesse in der internationalen und nationalen Debatte sowie in der kommunalen Umwelt- und Stadtentwicklung in Bezug auf Ressourcenschutz, wirtschaftliche Entwicklung und soziale Gerechtigkeit bewirkt (Vgl. ebd. 2014; 16).

Aufgabe der weiteren Arbeit ist es aufzuzeigen, wie „Nachhaltigkeit“ auf die räumliche Ebene des Stadt-Umland-Kontextes konkretisiert werden kann. Für das nachfolgende Unterkapitel stehen deshalb folgende Fragestellungen im Fokus: Unter welchem Verständnis wird eine Nachhaltige Stadtentwicklung geführt? Welche kommunalen Handlungsfelder werden dabei berührt? Wie wird das geradezu inflationär gehandelte Schlagwort in Nachhaltigkeitsstrategien diskutiert und interpretiert? Und zuletzt, welche Kriterien lassen sich für die Gestaltung eines nachhaltigen Verkehrssektors aus diesem Verständnis ableiten?

3.2 Nachhaltige Stadtentwicklung

Städte und Gemeinden stellen die urbanen Lebensräume dar, in denen Nachhaltigkeit gelebt und gestaltet wird[9]. Gleichzeitig stehen diese Räume diversen herausfordernden Rahmenbedingungen gegenüber, die die Umsetzung einer Nachhaltigen Entwicklung auf vergleichsweise engem Raum fördern oder behindern können. Dabei werden gegenwärtige Entwicklungstrends, beispielsweise die Themen Klimaschutz, Energiewende und Ressourceneinsparungen im urbanen Raum genauso greifbar, wie die Themen des demographischen Wandels, die Stärkung des sozialen Zusammenhalts oder die finanziellen Engpässe der kommunalen Haushalte. Aufgrund dieser regionalen Gegebenheiten und lokalen Entwicklungspfade, in denen Städte eingebettet sind, wirken diese Trends im unterschiedlichen Maß auf die zukünftige Stadtentwicklung. Allen gleich ist jedoch, dass die Impulse, Nachhaltigkeit in alle Gesellschaftsbereiche zu transportieren, aus einer intrinsischen Überzeugung von unterschiedlichsten Interessengruppen[10] ausgehen (Vgl. Rat für Nachhaltigkeit 2011; 4f).

Viele kleinteiligere, an ökologische Leitplanken ausgerichtete Nachhaltigkeitsprozesse sind im Rahmen des stark partizipativen Ansatzes der Lokalen Agenda 21 aus der Initiative von Bürgerinnen und Bürgern „von unten“ entstanden. Andere dagegen sind auf die Bemühungen der kommunalen Politik und Verwaltung „von oben“ zurückzuführen. Als Initiatoren geben Stadtspitze und verantwortliche Fachbehörden den Anstoß oder führen das bestehende Engagement (bspw. der Lokalen Agenda 21-Prozesse) in kommunale Nachhaltigkeitsstrategien zusammen (Vgl. Grabow et al. 2010; 22f.). Seit 1998 hat sich das wichtige politische Feld der „Nachhaltigen Stadtentwicklung“ auf kommunaler Ebene verstärkt etabliert. Als fester Bestandteil des Planrechts findet Nachhaltigkeit im städtischen Kontext mit zunehmender Tendenz Einzug in die Ressorts der Kommunalen Verwaltung (Vgl. Walcha o.J.; 2).

3.2.1 Verständnis und Handlungsfelder einer „Nachhaltigen Stadtentwicklung“

Unter dem Stichwort einer Nachhaltigen Stadtentwicklung wird eine Strategie und Praxis der Stadtentwicklung oder des Stadtumbaus verstanden, bei der die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit „ sozial, wirtschaftlich sowie ökologisch gleichberechtigt – so zusammenwirken, dass aus dem verantwortlichen Umgang mit den vorhandenen Ressourcen ein fairer Konsens zwischen den Interessen der heutigen und der künftigen Stadtmenschen erwirkt wird (verändert nach Steuer 2008; 71 & BBSR 2014).“ Damit sollen Voraussetzungen geschaffen werden, „dass sich eine Gemeinde, eine Stadt oder eine Region als attraktiver Lebens-, Wirtschafts-, Erholungs- und Kulturraum entwickeln kann (Walcha o.J.; 3).“

Eine Nachhaltige Stadtentwicklung stellt damit ein komplexes Gestaltungsmerkmal für die zukünftige urbane Entwicklung dar. Für die kommunalpolitische Arbeit heißt das, sich mit neuen Schwerpunkten und Aufgabenfeldern zu beschäftigen. Diese lassen sich aus zwei unterschiedlichen Perspektiven steuern. Einerseits kann eine nachhaltige, urbane Entwicklung aus der Managementperspektive betrachtet werden. Hier liegt der Schwerpunkt bei den strategischen Aspekten, wie „zukunftsfähigem Vertragsverhandeln, neuen Formen „lokaler und regionaler Governance“ oder einer verantwortungsvollen, generationsgerechten Haushaltführung (Rat für Nachhaltigkeit 2011; 4f.).“ Ferner werden Aufgabenfelder berührt, wie „ zukunftsfähige Entwicklungsvorhaben und deren Organisation, die Festlegung von Verantwortlichkeiten, Beteiligung und Mitwirkung, sowie in Möglichkeiten, Nachhaltige Stadtentwicklung finanziell abzusichern und tragfähige Haushalte zu planen (Rat für Nachhaltigkeit 2011; 4).“

Aus der fachlichen, raumplanerischen Perspektive werden Handlungsfelder des Stadtumbaus, der Stadterneuerung und der Stadterweiterung in den Nachhaltigkeitsprozess einbezogen (Vgl. Bundesregierung 2004; 12). In diesem Zusammenhang führt Steuer die nachfolgenden normativen Zielsetzungen auf: neben einer „ Flächenhaushaltspolitik, die den sparsamen Umgang mit dem Gut Boden durchsetzt und bestrebt ist, wohnortnahe und attraktive Erholungs- und Naturflächen zu erhalten (und zu entwickeln), dichte und integrierte Wohnquartiere zu entwickeln und die Wiedernutzung von Flächen aktiv fördert “, sieht Steuer in der „ integrierten Verkehrsplanung, die darauf zielt, den Modal Split zugunsten emissionsarmer Mobilitätsformen zu verschieben und dazu den Ausbau (kostengünstiger) ÖPNV-Angebote und Fahrradwege (2008; 71)“, die Schlüssel für eine Nachhaltige Stadtentwicklung (hierzu auch Birkmann et al. 1999; 64).

Dieser erste exemplarische Auszug entsprechender Ziele macht deutlich, dass Stadtentwicklung unter dem Leitbegriff Nachhaltigkeit eine komplexe Aufgabe darstellt. Zur Konkretisierung sind neben kleinteiligeren „ Graswurzelprozessen “, die vor allem „ in der Breite, die strukturell, organisatorisch und in der Akteursbeteiligung (Grabow et al. 2010; 22)“ liegenden Aktivitäten der kommunalen Verwaltung unverzichtbar. Einen besonderen Stellenwert kommen dabei Nachhaltigkeitsstrategien sowie Steuerungs- und Managementansätzen zu, anhand derer sich die komplexen Zielvorstellungen verwirklichen lassen (Ebd.).

Im Nachstehenden wird dargestellt, wie Nachhaltigkeit im städtischen Kontext definiert wird und welche übergeordneten Dokumente bei der Implementierung eine wesentliche Rolle spielen. Dabei spielt der Sichtwechsel von kommunalen zu übergreifenden inter- und nationalen Nachhaltigkeitsdokumenten eine wesentliche Rolle. Die Analyse dient in erster Linie dazu, sich dem allgemeinen Verständnis einer Nachhaltigen Stadtentwicklung weiter zu nähern. Ferner sollen zentrale Handlungsfelder, Zielvorgaben und Schlüsselindikatoren einer Nachhaltigen Stadtentwicklung identifiziert werden. Angesichts der zentralen Forschungsfrage dieser Arbeit, liegt der Untersuchungsschwerpunkt bei den Instrumenten, bei der die Förderung nachhaltiger Stadt- und Verkehrsentwicklung in den Mittelpunkt rückt.

3.2.2 Dokumente zur Umsetzung einer „Nachhaltigen Stadtentwicklung“

Nachhaltigkeitsstrategien oder alternative Nachhaltigkeitsmodelle zielen darauf ab, das Umwelt- und Entwicklungsprogramm der Agenda 21, „das Schlussdokument des Erdgipfels 1992, auf lokaler, regionaler, staatlicher und überstaatlicher Ebene (Rat für Nachhaltigkeit 2011; 4) umzusetzen . Das Leitbild „Nachhaltigkeit“ wird dabei über die verschiedenen staatlichen Ebenen nach dem „ Top-Down-Verfahren “ in lokale Nachhaltigkeitsleitbilder übersetzt (Vgl. Bauriedl 2008; 16).

Je nach Raumbezug greifen Politik und Administrative auf unterschiedliche planerische Instrumente und Strategien zurück. Der Instrumentenkoffer reicht von Nachhaltigkeitsstrategien und -berichten der europäischen und nationalen Ebene, über regionale Entwicklungskonzepte, bis hin zu kommunalen Stadt-, Klimaschutz- oder Mobilitätskonzepten mit dem Schwerpunkt einer nachhaltigen Entwicklung (Grabow et al. 2010; 22f).[11] Global es bereits eine Vielzahl an entsprechenden Ansätzen.

Das Thema eines nachhaltigen Verkehrs bzw. Mobilität spielt dabei eine wesentliche Rolle. Für die folgende Untersuchung sollen Ansätze der europäischen Kommission, der Bundesregierung und des städtebaulichen Diskurses um eine Nachhaltige Stadtentwicklung auf entsprechende Nachhaltigkeitskriterien untersucht werden. In einem ersten Schritt werden die Ansätze anhand ihres Raumbezugs geordnet und systematisiert (Vgl. Tabelle 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Nachhaltigkeitsansätze der unterschiedlichen staatlichen Ebenen

In einem zweiten Schritt ist die Festlegung von einheitlichen Untersuchungsfragen vorgesehen. Dadurch wird eine konsistente Analyse der unterschiedlichen Nachhaltigkeitsansätze gewährleistet. Vorgesehen sind in Anlehnung an Birkmann et al. (1999; 21f.) einleitende Fragen, die die allgemeinen Charakteristika des jeweiligen Ansatzes erfassen. Im Anschluss sollen spezielle Fragestellungen und Untersuchungskriterien formuliert und thematisiert werden. Die Untersuchungsfragen wurden aus dem Forschungsinteresse des Autors entwickelt (Vgl. Tabelle 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Fragenkatalog zur Analyse unterschiedlicher Nachhaltigkeitsdokumente

3.2.2.1 EU-Weißbuch für Verkehr 2011

Entstehung, Ziel und Adressat des Ansatzes:

Die Kommission zur europäischen Verkehrspolitik bezieht mit dem „Weißbuch für Verkehr 2011 – Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem“ explizit Stellung zur Umgestaltung des derzeitigen europäischen Verkehrssektors. Im Sinne einer postfossilen Mobilitätsstrategie bis zum Jahr 2050 wird eine „Reduzierung der CO 2-Emissionen für den Verkehrssektor um 20 % bis 2030 (gegenüber dem Jahr 2008) und um 60 % bis 2050 (gegenüber 1990) vorausgesetzt (KOM 2011; 5).“ Die Zielsetzungen und Handlungsempfehlungen dieses Berichts betreffen alle staatlichen Ebenen und nehmen auch den Stadtverkehr in die Pflicht, den Anteil an Klimagasemissionen maßgeblich zu reduzieren.

Nachhaltigkeitsaspekte:

Mit der zentralen Absicht eine umweltfreundliche und ressourcenschonende Transformation der Verkehrssysteme herbeizuführen, erhält die Einhaltung der Prinzipien von Nachhaltigkeit innerhalb der EU-Vision höchste Priorität. Methodisch greift das EU-Weißbuch zunächst eine Reihe bedeutsamer verkehrs-, umwelt- und energiepolitischer Fragen auf, die aus Kommissionsansicht im Kontext zukünftiger Entwicklung europäischer Verkehrssysteme zu klären sind. Der zweite Abschnitt widmet sich der „Vision“ der EU-Kommission, die folgende grundlegende Zielsetzungen verfolgt:

- Das Verkehrswachstum soll weiter gewährleistet und Mobilität bei Erreichen des Emissionsminderungsziels von 60 % unterstützt werden.
- Die Förderung eines umweltfreundlichen Stadt- und Pendlerverkehrs sowie der Ausbau der Infrastruktur soll unter der Einhaltung der Prinzipien von Nachhaltigkeit gestaltet werden.

Handlungsfelder:

Für die übergeordneten Zielsetzungen wurde ein Maßnahmenkatalog an zehn konkreten Teilzielen formuliert, die auf ein wettbewerbsorientiertes und ressourcenschonendes Verkehrssystem abzielen. Für die zukünftige Stadt- und Verkehrsentwicklung bedeutet das im Einzelnen, dass „ die Nutzung von „mit konventionellem Kraftstoff betriebenen Pkws“ bis 2030 halbiert und bis 2050 im Stadtverkehr ganz abgeschafft werden soll ( Ebd.; 9).“ Dabei spielt das Thema innovativer Technologien für Fahrzeuge sowie die Verbesserung der Verkehrsabläufe im Rahmen eines Verkehrsmanagements eine entscheidende Rolle. Schrittweise soll die Zahl der mit konventionellem Kraftstoff betriebenen Fahrzeuge in Städten verringert werden. Parallel sorgen neue Motoren für mehr Fahrzeugeffizienz. Durch die Verwendung umweltschonender Energien, etwa neue Kraftstoffe und Antriebssysteme, kann unter den Anforderungen der Nachhaltigkeit, der Ölabhängigkeit, den Treibhausgasemissionen sowie den lokalen Luftverschmutzungen und Lärmbelästigungen entgegengesteuert werden. Auch „ Infrastrukturen für den nicht-motorisierten Verkehr sowie Möglichkeiten für das Betanken und Laden umweltfreundlicher Fahrzeuge sollen zu einem wirksamen integrierten Maßnahmenbündel kombiniert werden (Ebd.;15).“

Als zweites wesentliches Ziel wird eine Reduzierung von Verkehrsunfällen benannt. In diesem Zusammenhang „ strebt die EU eine Halbierung der Zahl der Unfalltoten im Straßenverkehr bis 2020 an. Bis 2050 eine Senkung der Zahl der Unfalltoten im Straßenverkehr auf nahe Null (Ebd.).“ Verkehrssicherheit erhält somit zunehmend Bedeutung im Kontext einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung.

Ferner, aber weniger im Detail, zeigt das „Weißbuch Verkehr“ für den Stadtverkehr Perspektiven und Strategien auf, wonach die „ Qualität, Zugänglichkeit und Zuverlässigkeit von Verkehrsdiensten“ sowie „die Verknüpfung der Verkehrsträger“ zunehmend an Bedeutung gewinnen werden. Gerade vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung wird die Aufrechterhaltung der Servicequalität immer wichtiger. Damit diese Elemente in den Planungsprozess einfließen, werden Städte dazu angehalten, sogenannte Stadtmobilitätspläne oder „sustainable urban mobility plans (SUMP)“ auszuarbeiten.

Partizipation/ Kooperation:

Eine Umgestaltung des europäischen Verkehrssystems wird nur durch die Kombination vielfältiger Initiativen auf allen Ebenen möglich sein. Die verschiedenen in diesem Fahrplan dargelegten Aktionen und Maßnahmen werden auf kommunaler Ebene ressortübergreifend und durch eine aktive Bürgerbeteiligung weiter ausgearbeitet (KOM 2011; 19f.).“

3.2.2.2 Sustainable urban mobility plan (SUMP)

Entstehung, Ziel und Adressat des Ansatzes:

Vor dem Hintergrund eines im Jahr 2009 erschienenen „Aktionsplan urbane Mobilität“ und den zuvor dargelegten Erwartungen an die städtische Mobilität im „Weißbuch Verkehr 2011“ empfiehlt die Europäische Kommission die „ Beschleunigung der Einführung von nachhaltigen urbanen Mobilitätsplänen in Europa (Rupprecht Consult 2011; 1).“

Im deutschsprachigen Raum eher unter Stadtmobilitätsplänen bekannt, bauen diese Pläne „auf bestehender Planungspraxis (z.B. Verkehrsentwicklungsplänen in Deutschland) auf und berücksichtigen dabei Integrations-, Beteiligungs- und Evaluierungsprinzipien, die den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen heute und in Zukunft genügen und zu höherer Lebensqualität in Städten und ihrem Umland führen (Ebd.).“ Der anthropozentrisch ausgerichtete Planungsansatz verfolgt in erster Linie nach Rupprecht Consults, eine

- Gewährleistung der Mobilität in allen Teilgebieten einer Agglomeration,
- Minimierung der Gesundheitsfolgen des Verkehrs;
- Minimierung von Emissionen, Energieverbrauch und Verkehrslärm;
- Optimierung der (Kosten-)Effizienz von Verkehrsströmen;
- Berücksichtigung externer sozialer und ökologischer Kosten;
- Qualitätsverbesserung der städtischen Umwelt und Stadtgestaltung.

Die Hinweise (Strategien und Maßnahmen) die im nachhaltigen urbanen Mobilitätsplan definiert werden, berücksichtigen alle „ Beförderungsarten im ganzen Ballungsraum, öffentliche und private, Personen- und Güterverkehre, motorisierte und nichtmotorisierte sowie den fließenden und ruhenden Verkehr (Ebd.; 2). “ Dabei baut der Plan auf bestehende Praktiken, Planungsdokumente und Verordnungen einzelner Länder auf (Ebd.; 1).

Nachhaltigkeitsaspekte:

Die methodische Herangehensweise eines nachhaltigen urbanen Mobilitätsplans zielt darauf ab, Verkehrsprobleme im urbanen Raum effizienter zu lösen. Dabei wird eine Verpflichtung zur Nachhaltigen Entwicklung vorausgesetzt. Bei der Entwicklung und während des Planungsprozesses sind soziale, ökonomische, ökologische sowie politisch-institutionelle Kriterien und ihre Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Die SUMP-Methodik richtet sich jedoch schwerpunktartig nach der politisch-institutionellen Dimension und forciert die „ Gestaltung des Prozesses und die Einbindung von Akteuren (Vgl. Bracher et al. 2014; 71).“

Handlungsfelder:

Ein nachhaltiger, urbaner Mobilitätsplan versucht ein nachhaltiges, städtisches Verkehrssystem aufzubauen, indem er

- einen partizipatorischen Ansatz verfolgt, der Bürger und Akteure von Anfang an und während des gesamten Planungsprozesses einbezieht. Durch die breite Akteursbeteiligung erhalten Entscheidungen über städtische Mobilitätsmaßnahmen ein hohes Maß an öffentlicher Legitimierung.
- einen integrierten Ansatz, der „ Praktiken und Strategien verschiedener Politikbereiche, Verwaltungsebenen und benachbarter Behörden berücksichtigt ( Rupprecht Consult 2011 ; 6). “ Neben der Mobilitäts- und Verkehrsabteilung, werden andere städtische und regionale Ressorts (Wirtschaftsförderung, Umweltamt, Sicherheit etc.) als integrierter Bestandteil des Planungsprozesses verstanden. Aus der Interaktion werden Defizite bei der Kooperation und Integration identifiziert, gleichzeitig auch Innovationen und Verbesserungsmöglichkeiten angestrebt.
- eine strategische, auf Langfristigkeit ausgelegte, Vision verfolgt, die „ auf qualitative Weise eine wünschenswerte Zukunft (Ebd.; 5)“ beschreibt. Anhand konkreter Ziele und messbarer, umsetzbarer Größen dient diese Version der Orientierung und Lenkung der Entwicklung von geeigneten Planungsmaßnahmen zur Umsetzung einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung.
- Einen integrierten Maßnahmenkatalog mit zunehmendem Einsatz weicher Maßnahmen (Mobilitätsmanagement) formuliert.
- Verkehrskosten und -nutzen in Anbetracht der Vermeidung steigender gesellschaftlicher Kosten, mit verringerndem Nutzen anhand der Wirksamkeit und dem Preis-Leistungsverhältnis überprüft. Vor dem Hintergrund geringer kommunaler Ressourcen (vor allem Finanzen und Personal) ist es von besonderer Bedeutung die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Eine grundsätzliche Kosten-Nutzen-Einschätzung berücksichtigt auch schwer messbare Indikatoren, etwa Treibhausgasemissionen oder die Auswirkungen auf die Luftqualität.

Partizipation/ Kooperation:

Partizipation und Kooperation bilden das Herzstück eines nachhaltigen urbanen Mobilitätsplans. Entsprechend stark „ tritt der Prozesscharakter mit der Einbeziehung wichtiger lokaler Akteure und Meinungsführer für einen Konsens zur Erreichung einer nachhaltigen Mobilität in den Vordergrund (Ebd.; 4 ).“ Dazu gehört auch eine aktive Beteiligung der Bürger. Über eine offensive Öffentlichkeitsarbeit und regelmäßigen Informationsveranstaltungen werden die Bewohner zum integrierten Bestandteil des Planaufstellungsprozesses (Vgl. ebd.; 4f.).

3.2.2.3 Nationale Nachhaltigkeitsstrategie 2002

Entstehung, Ziel und Adressat des Ansatzes:

Mit dem Beschluss der Bundesregierung vom 17. April 2002 der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie „Perspektiven für Deutschland“ zu folgen, stellt das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung das zentrale Ziel des Regierungshandelns dar. „ Die Bundesregierung hat Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe erkannt und macht sie zu einem Grundprinzip ihrer Politik (Bundesregierung 2002; S. 1). “ Die Vision soll über die Entwicklung von vier Leitlinien getragen werden. Benannt wurden die folgenden:

- Generationsgerechtigkeit,
- Lebensqualität,
- Sozialer Zusammenhalt,
- Internationale Verantwortung.

[...]


[1] Mobilität in Deutschland (MiD) ist eine bundesweite Befragung von rund 50.000 Haushalten zu ihrem alltäglichen Verkehrsverhalten. Sie wurde erstmals im Jahr 2002 vom Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH (infas) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) durchgeführt und im Jahr 2008 wiederholt (Vgl. Internetauftritt MiD).

[2] Dabei hervorzuheben sind die Sektoren „Haushalte“ und „Gewerbe, Handel, Dienstleistungen“ in denen Absenkungen um 21,3 Prozent bzw. 43,1 Prozent realisiert werden konnten (Vgl. Bracher et al. 2014; 29).“

[3] Beispielsweise hat das das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu), das Städtebau-Institut der Universität Stuttgart (SI) sowie das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) im Rahmen der Begleitforschung zu den „Modellregionen Elektromobilität“ zu unterschiedlichen Themen der Elektromobilität Veröffentlichungen hervorgebracht.

[4] Eine Gesamtübersicht aller Ergebnisse ist der Difu-Broschüre „Elektromobilität in Kommunen – ein Stimmungsbild“ zu entnehmen (siehe Literaturverzeichnis).

[5] Deutsche Übersetzung der englischen Ausdrücke „sustainable Development“ oder „sustainability“. Synonym zur „Nachhaltigen Entwicklung“ werden auch die folgenden Begriffe verwendet: dauerhafte, zukunftsfähige oder umweltgerechte Entwicklung (Vgl. Bracher et al. 2014; 32).

[6] Benannt nach der ehemaligen Vorsitzenden der Kommission für Umwelt und Entwicklung, Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland aus Norwegen (Vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit 2014).

[7] Siehe hierzu die EU-Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2001.

[8] „Sie grenzt sich dadurch von einer auf kurzfristige Gewinne setzenden Logik stetigen Wachstums ab, deren Unabdingbarkeit in der internationalen Handels- und Wirtschaftspolitik immer wieder als grundlegende Entwicklungsvoraussetzung beschworen wird (Bpb 2008).“

[9] Siehe hierzu „Stellenwert der Kommune“ (Vgl. Kap. 3.1.1).

[10] Die Bundesregierung verpflichtete sich mit der Unterzeichnung der Rio-Deklaration von 1992 zu den allgemeinverbindlichen Prinzipien einer Nachhaltigen Entwicklung. Dabei legte Sie fest, dass eine Umsetzung auf der kommunalen Ebene selbstverpflichtend, durch Ratsbeschluss durchgeführt werden kann (Vgl. Stottele o.J.; 3).

[11] Zur Vereinfachung wird im weiteren Verlauf das vielseitige Instrumentarium (Leitbilder, Strategien, Fahrpläne etc.) zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung unter dem Begriff „Ansätze“ zusammengefasst.

Ende der Leseprobe aus 129 Seiten

Details

Titel
Elektromobilität. Indikator einer nachhaltigen Stadtentwicklung?
Untertitel
Stadt- und Verkehrsentwicklung in Dortmund. Ein kommunales Stimmungsbild
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Geographie / Abteilung Stadt- und Regionalforschung)
Note
1,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
129
Katalognummer
V319696
ISBN (eBook)
9783668331983
ISBN (Buch)
9783946458791
Dateigröße
4565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Elektromobilität, Nachhaltigkeit, Stadtentwicklung, Dortmund, Verkehr, Indikatoren, Difu, Governance, wirtschaftsverkehr, E-Carsharing- und E-Bikesharing-Systeme, Einsatzfelder der Elektromobilität
Arbeit zitieren
Julian Gerlach (Autor:in), 2015, Elektromobilität. Indikator einer nachhaltigen Stadtentwicklung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319696

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