Verdeckte Gewinnausschüttungen an der Grenze zur Steuerhinterziehung


Bachelorarbeit, 2016

69 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die verdeckte Gewinnausschüttung
2.1 Rechtsentwicklung der vGA und Definition des I. Senats des BFH
2.2 Tatbestände der vGA nach BFH
2.2.1 Die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung
2.2.2 Zurechenbare Handlung der GmbH als Körperschaftsteuersubjekt
2.2.3 Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und der Fremdvergleich
2.2.4 Der Sondertatbestand des beherrschenden Gesellschafters
2.2.5 Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG
2.2.6 Der fehlende Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung
2.2.7 Die Vorteilsgeneigtheit
2.3 Rechtsfolgen der vGA auf Ebene der Gesellschaft und auf Ebene des Gesellschafters
2.3.1 Rechtsfolgen auf Ebene der Gesellschaft
2.3.2 Rechtsfolgen auf Ebene des Gesellschafters
2.4 Typische Anwendungsfälle bei einer GmbH

3 Steuerhinterziehung nach § 370 AO
3.1 Rechtsgut und Deliktstruktur
3.2 Objektiven Tatbestände des § 370 Abs. 1 Nr. 1 - 2 AO
3.2.1 Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Angaben § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO
3.2.2 Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges in Unkenntnis lassen § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO
3.3 Erfolg der Steuerhinterziehung
3.4 Subjektiver Tatbestand
3.5 Leichtfertige Steuerverkürzung § 378 AO
3.6 GmbH-Geschäftsführer als Täter einer Steuerhinterziehung
3.7 Beteiligung Dritter an der Steuerhinterziehung der GmbH
3.8 Folgen der Steuerhinterziehung

4 Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung nach § 370 AO durch eine vGA und deren Grenze
4.1 Scheingeschäfte und Gestaltungsmissbrauch
4.2 Die vGA als straflose Vorbereitungshandlung
4.3 Verletzung der steuerlichen Erklärungspflicht
4.4 Feststellungslast
4.4.1 Besteuerungsverfahren
4.4.2 Steuerstrafverfahren

5 Zusammenfassung und Fazit

Darstellungsverzeichnis

Literatur- und Quellenverzeichnis

Rechtsprechungsverzeichnis

Eigenständigkeitserklärung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Trotz der Fülle der bestehenden Literatur und Rechtsprechung (Rspr.) gehört die Thematik der verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) zu den umstrittensten und unübersichtlichsten Themen des Steuerrechts. An einer Legaldefinition des Begriffes vGA fehlt es. Ohne den Begriff der vGA zu definieren, verwendet der Gesetzgeber ihn und seine Rechtsfolgen mehrfach.[1] Im Körperschaftsteuergesetz (KStG) wird der Begriff der vGA lediglich in § 8 Abs. 3 KStG im Zusammenhang mit der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens erwähnt. Die Rspr. hat es sich zur Aufgabe gemacht, Grundsätze zum Begriff und des Anwendungsbereichs der vGA herauszuarbeiten. Doch auch innerhalb der Rspr. des I. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) und des VIII. Senats des BFH gibt es Abweichungen.[2] Obwohl sich ganze Kommentare ausschließlich diesem Rechtsinstitut widmen und die ABCs der vGA einen anhaltenden Aufschwung erleben, fehlt es an einem konkreten Zweck der vGA.[3] Janssen fasst zusammen, dass „ der Zweck der vGA […] bei der KapGes. [Kapitalgesellschaft] den Bereich der Einkommenserzielung vom Bereich der Einkommensverwendung abzugrenzen “ ist.[4] Der Zweck der vGA besteht somit darin, eine Verminderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Körperschaft aufgrund von Geschäftsvorgängen zu vermeiden, die ihren Ausgangspunkt im Gesellschaftsverhältnis und damit im Bereich der Einkommensverwendung haben.[5] Die einzelnen Vorgänge sind darauf zu untersuchen, ob ihr Rechtsgrund ihrem Wesen nach im Gesellschaftsverhältnis und damit der Einkommensverwendung darstellt oder die Vorgänge eine Teilnahme am Marktgeschehen darstellen und zum Bereich der Einkommenserzielung gehören. Wird der einzelne Vorgang falsch dargestellt, stellt das zu versteuernde Einkommen der Körperschaft nicht die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft dar.[6] Das Trennungsprinzip zwischen Besteuerung der Körperschaft und Besteuerung des Gesellschafters erfordert eine Unterscheidung in betriebliche und gesellschaftsbezogene Vorgänge, da Körperschaft und Gesellschafter über getrennte Vermögenssphären verfügen.[7] Die vGA tritt überwiegend bei den Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) auf. Dies liegt darin begründet, dass die GmbH im deutschen Rechtsraum stark verbreitet ist.[8] Steuerliche Gestaltungen innerhalb einer GmbH haben u.a. das Ziel, die Steuerbelastung auf ein Minimum zu reduzieren. Das Gesetz setzt der Gestaltung im Wesentlichen zwei Grenzen, deren Überschreitung unterschiedliche Konsequenzen hat. Dies sind die Regelungen zur vGA und der Tatbestand der Steuerhinterziehung. In steuerrechtlicher Hinsicht schränkt die vGA die Gestaltung ein. Eine unzulässige Gestaltung hat steuerrechtliche Folgen. Wird die Grenze zur Steuerhinterziehung überschritten, kann dies steuerstrafrechtliche Konsequenzen für die GmbH, für den Geschäftsführer und auch für einen möglicherweise Beteiligten nach sich ziehen.

Nachstehend erfolgt eine eingehende Erläuterung und Untersuchung der vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG. Zunächst wird die Rechtsentwicklung der vGA herausgearbeitet. Hieran schließt sich die Formulierung der Definition des I. Senats des BFH an. Es folgt eine systematische Auseinandersetzung mit den einzelnen Tatbeständen der vGA. Sodann folgt die Darstellung der Rechtsfolgen von vGA auf Ebene der Gesellschaft und auf Ebene des Gesellschafters, welche mit ausgesuchten typischen Anwendungsfällen einer GmbH abschließt. Ziel dieser Auseinandersetzung ist es, die Komplexität der vGA darzulegen und dem Leser eine Grundlage für die Problematik der Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung durch eine vGA und dessen Grenze zu vermitteln. Bevor diese Problematik behandelt wird, erfolgt zur Vervollständigung der Grundlagen eine Darstellung der Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung (AO). In dieser Darstellung werden die objektiven Tatbestände der Steuerhinterziehung durch unrichtige oder unvollständige Angaben und Steuerhinterziehung durch pflichtwidriges in Unkenntnis lassen nähergebracht. Im Anschluss daran folgt die Erläuterung des subjektiven Tatbestandes bzw. des Vorsatzes, die mit der Beteiligung einer Steuerhinterziehung abschließt. Da sich die Arbeit mit Steuerpflichtigen in der Rechtsform einer KapGes., konkret der GmbH, beschäftigt, wird hier auf den GmbH-Geschäftsführer als Täter eingegangen. Hierauf folgen die Personen, die Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben können. Um die Grundlagen der Steuerhinterziehung zu vervollständigen, wird im Anschluss auf die Folgen einer Steuerhinterziehung eingegangen.

Nach dieser Grundlagenvermittlung vollzieht sich die Auseinandersetzung mit der Verwirklichung des Tatbestands der Steuerhinterziehung nach § 370 AO durch eine vGA und deren Grenze. Der Fokus dieser Untersuchung liegt in der strafrechtlichen Würdigung einer vGA. Es soll der Versuch unternommen werden abzugrenzen, wann die Tathandlung einer vGA den Tatbestand des § 370 AO erfüllt, wann es sich um eine straflose Vorbereitungshandlung handelt und wann der Beginn des Versuchs einer Steuerhinterziehung vorliegt. Weiterhin soll untersucht werden, wann ein GmbH-Geschäftsführer die steuerliche Erklärungspflicht verletzt und wie er die Folgen einer Steuerhinterziehung vermeiden kann. Im Anschluss daran folgt die Beschäftigung mit der Feststellungslast, wobei hier zwischen dem Besteuerungsverfahren und dem Steuerstrafverfahren differenziert wird. Hier soll aufgezeigt werden, welcher Beweise sich die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte bedienen können, um das Vorliegen einer vGA festzustellen.

2 Die verdeckte Gewinnausschüttung

Durch eine vGA werden Gesellschaftern einer KapGes. Vermögensvorteile in der Form zugeführt, in der sie äußerlich nicht als ausgeschüttet erscheinen, sondern hinter einer anderen Bezeichnung als Betriebsausgabe verborgen sind. Die Zweckrichtung, ob eine Leistung an den Gesellschafter aus betrieblichen Gründen oder aus dem Gesellschaftsverhältnis gewährt wurde, kann nur anhand der objektiven, nach außen in Erscheinung tretenden, Merkmalen des Einzelfalls festgestellt werden.[9] Zunächst ist der Begriff der vGA zu definieren. Dies schlägt jedoch fehl, da § 8 Abs. 3 S. 2 KStG lediglich eine Rechtsfolgenbestimmung für die vGA enthält, nicht jedoch eine Definition. Auch die Vorschriften der §§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Einkommensteuergesetz (EStG), 1 Abs. 1 Nr. 3 Umsatzsteuergesetzt (UStG) und § 8a Abs. 1 KStG verwenden diesen Begriff, ohne ihn genau zu definieren. Die vGA ist ein Produkt der Rspr. Es ist ihr überlassen, den Begriff der vGA zu definieren und weiterzuentwickeln. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält den Begriff der vGA als einen unbestimmten Rechtsbegriff verfassungsrechtlich für unbedenklich und durch die Rspr. als einheitlich interpretiert.[10] Um das System der vGA aufzuzeigen, wird zunächst auf die historische Rechtsentwicklung und die Entwicklung der Definition der vGA in der Rspr. des BFH eingegangen, die mit der Definition des I. Senats des BFH abschließt.

2.1 Rechtsentwicklung der vGA und Definition des I. Senats des BFH

Bereits das Preußische Oberverwaltungsgericht (PrOVG) beschäftigte sich mit dem Begriff der vGA in Gestalt der Verrechnungspreise für Rübenlieferungen. In § 4 Reichsabgabenordnung befasste es sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine nicht auf einen Gewinnverteilungsbeschluss beruhende Zuwendung einer Gesellschaft an einen Anteilseigner bei diesem als Gewinnausschüttung der Einkommensteuer zu unterwerfen sei.[11] Es unterschied schon damals zwischen den Zuwendungen, die ein Gesellschafter aufgrund seiner Gesellschafterstellung erhielt und den Zuwendungen, welche ihm unabhängig von seiner Stellung gewährt wurden.[12] Die Rspr. des PrOVG war zunächst einzelfallbezogen.[13] Der Reichsfinanzhof stellte die Grundlage der vGA in Frage und entwickelte die Rspr. weiter. Durch ihn wurde ein einheitliches Institut entwickelt. Der Gesetzgeber erkannte dieses Institut an und erwähnte den Begriff der vGA erstmals im Jahr 1934 in § 6 Abs. 2 KStG alte Fassung (a.F.) mit der Aufnahme in das KStG. Mit der Aufnahme ins Gesetz wurde lediglich ein bereits bestehendes Rechtsinstitut im Gesetz verankert und nicht der Tatbestand der vGA konkret definiert. Das Gesetz verwies auf die Durchführungsverordnung im KStG, welches Beispiele für die vGA enthalten sollten.[14]

Erst der BFH entwickelte im Jahr 1955 eine Definition der vGA.[15] Nach dem BFH darf das Einkommen bei der Gesellschaft nicht gemindert werden § 8 Abs. 3 S. 2 KStG und auf der Ebene des Anteilseigners ist die vGA als sonstige Bezüge unter Einkünfte aus Kapitalvermögen zu fassen, sofern die Anteile im Privatvermögen gehalten werden § 20 Abs. 1 EStG. Der BFH ging von einem einheitlichen Tatbestand der vGA auf Ebene der Gesellschaft und auf Ebene des Gesellschafters aus. Nach der Rspr. des BFH war eine vGA anzunehmen, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer die Zuwendung einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Umständen nicht gewährt hätte.[16]

Mit der Körperschaftsteuerreform 1977 übernahm der Gesetzgeber die Regelung in § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, ohne ihn inhaltlich zu ändern. Nach der Reform erwies sich diese sogenannte Einheitsdefinition als nur eingeschränkt brauchbar, da sie Unterschiede zwischen einer vGA nach § 8 Abs. S. 2 KStG und den anderen Ausschüttungen nach § 27 Abs. 3 S. 2 KStG a.F. sowie eine vGA auf Ebene des Gesellschafters nicht deutlich herausarbeiten konnte. Eine Unterscheidung zwischen einer vGA nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG und einer anderen Ausschüttung nach § 27 Abs. 3 S. 2 KStG a.F. erwies sich als notwendig, da eine Vermögensminderung bei der KapGes. nicht immer mit einem zeitgleichen Mittelabfluss bei der Gesellschaft verbunden sein muss. Der Unterschied zwischen einer vGA nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG und einer anderen Ausschüttung nach § 27 Abs. 3 S. 2 KStG a.F. war, dass die andere Ausschüttung unabhängig von einer Einkommensminderung bei der Gesellschaft war, jedoch einen tatsächlichen Mittelabfluss voraussetzte.[17] Als Beispiel ist hier die Rückstellung für Pensionszusagen zu nennen. Die Bildung der Rückstellung erfolgt im Jahr der Zusage, sowohl auch die Zuführungen zur Pensionsrückstellung in den Folgejahren. Sie lösen eine sofortige Vermögensminderung bei der KapGes. aus, aber keinen sofortigen Mittelabfluss. Auch eine eigenständige Definition im Verhältnis zur vGA nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG und vGA in Form von Beteiligungserträgen beim Gesellschafter nach § 20 Abs. 1 N. 1 S. 2 EStG erwies sich als erforderlich, da eine Vermögensminderung bei der KapGes. nicht zeitgleich mit einem Vermögensvorteil beim Gesellschafter korrespondieren muss. Auch hier ist das Beispiel einer Rückstellung für Pensionszusagen erneut zu nennen. Durch die Bildung der Rückstellung im Jahr der Zusage und durch die Zuführungen in den Folgejahren, mindert sie den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG bei der KapGes. In diesem Zeitpunkt führt sie nicht zu einer Vermögensmehrung beim Gesellschafter, sondern erst im Moment des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG).

Um die vorgenannten Unterschiede zwischen den verschiedenen Ebenen einer vGA zu verdeutlichen, änderte der I. Senat des BFH am 22.02.1989 seine Definition der vGA nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG. Danach ist eine vGA bei einer KapGes. eine Vermögensminderung oder Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammengang mit einer offenen Ausschüttung steht.[18] Der BFH stellt damit klar, dass es ausschließlich darum geht, ob eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung betrieblich veranlasst ist, d. h. ob ein Mittelabfluss bei der KapGes. vorliegt. Die neue Definition streicht den Vermögensvorteil, der beim Gesellschafter zeitgleich zufließen muss. Die Loslösung der vGA mit einem zeitgleichen Mittelzufluss verdeutlicht, dass eine vGA auf zwei Ebenen zu berücksichtigen ist. Zum einen auf der Ebene der KapGes. und zum anderen auf der Ebene des Gesellschafters.

Nachdem vorstehend die Rechtsentwicklung der vGA aufgezeigt wurde, wird an dieser Stelle die Definition des I. Senats des BFH herausgestellt, welche als Grundlage für die nachfolgenden Kapitel dienen soll.

In ständiger Rspr. definiert der I. Senat des BFH die vGA auf Ebene der Kapitalgesellschaft als

i. eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung,
ii. die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
iii. sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gem. § 4 Abs. 2 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt
iv. beim Gesellschafter zu einem sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG führen kann und
v. in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.[19]

Auch die Finanzverwaltung hat die Definition des I. Senats BFH in R 36 Abs. 1 S. 1 2004 übernommen. Mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 28.05.2002 hat sie sich auch der außerbilanziellen Hinzurechnung der vGA als Teil der zweistufigen Gewinnermittlung angeschlossen.

Mit der Definition des I. Senats des BFH ist jedoch keine Rechtsklarheit geschaffen worden. Die beiden wichtigsten Tatbestandsmerkmale, die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung und die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis bedürfen einer weiteren Konkretisierung. Die nachfolgenden Kapitel untersuchen die einzelnen Tatbestandsmerkmale und versuchen diese zu konkretisieren, die zu einem ausreichenden Verständnis der vGA führen sollen.

2.2 Tatbestände der vGA nach BFH

In diesem Kapitel soll auf die vom I. Senat des BFH definierte Tatbestandsmerkmale einer vGA eingegangen werden. Sie sind Voraussetzung für eine vGA. Das Hauptmerkmal der vGA liegt systematisch bei der Körperschaft, da die vGA als Instrument dafür dient, den steuerlichen Gewinn der Körperschaft richtig zu ermitteln. Bevor jedoch auf die einzelnen Tatbestände eingegangen wird, ist vorher die Frage zu klären, wer eine vGA vornehmen kann. Nach der Rspr. des BFH kann jedes Körperschaftsteuersubjekt, dass Mitglieder (Gesellschafter) hat und nicht nur eine KapGes. ist, eine vGA vornehmen.[20] Da die Körperschaftssteuersubjekte über eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, können sie mit ihren Mitgliedern schuldrechtliche Leistungs- und Lieferungsbeziehungen eingehen. Die vGA kann ab dem Zeitpunkt vorgenommen werden, ab dem die Körperschaft besteuert wird. Eine Vorgesellschaft kann daher an die Gründer eine vGA vornehmen, die Vorgründungsgesellschaft jedoch nicht.[21]

2.2.1 Die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung

Die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung ist ein elementares Tatbestandsmerkmal, welches zu einem Vermögensnachteil seitens der KapGes. führt. Maßstab für die Tatbestandsmerkmale ist der Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG, welcher sich auf das bilanzielle Vermögen der KapGes. auswirkt. Beide Tatbestandsmerkmale sind zu differenzieren. Vermögensminderungen sind bilanziell zu erfassen, wogegen verhinderte Vermögensmehrungen in der Bilanz nicht fassbar sind. Zunächst soll auf den Tatbestand der Vermögensminderung eingegangen werden. Sämtliche Aufwendungen sind Betriebsausgaben. Dabei ist zu beachten, dass die KapGes. über keine Privatsphäre verfügt. Betriebliche und gesellschaftliche Veranlassungen schließen sich damit nicht aus. Liegen diese aber vor, ist eine Korrektur der vGA vorzunehmen.

Eine Vermögensminderung liegt vor, wenn die KapGes. einen Aufwand tätigt, dem keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. Sie führt zu einer Minderung des Gewinns der KapGes. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Abschluss einer Vereinbarung, der dem Gesellschafter einen Vermögensvorteil gewährt. Fehlt es an einer Vereinbarung, so ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Vermögenszuwendung beim Gesellschafter maßgeblich. Das Vorliegen einer Vermögensminderung bestimmt sich nach Maßgabe bilanzieller Grundsätze und der Steuerbilanz. Der BFH geht zur Ermittlung der Vermögensminderung von einem zweistufigen Gewinnermittlungsverfahren aus. Auf der ersten Stufe ist die Vermögensminderung anhand der Steuerbilanz zu ermitteln. Die Bilanz ist ohne Berücksichtigung der Rechtsfolge nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG unter Anwendung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes i.S.d. § 5 Abs. 1 EStG aufzustellen. Der Steuerbilanzgewinn ist mit demjenigen zu vergleichen, der sich bei Ansatz des Aufwands als Ausschüttung ergibt. Der sich ergebende Differenzbetrag stellt die Vermögensminderung dar.[22] Dieser Betrag wird dem Bilanzgewinn außerhalb der Bilanz hinzugerechnet.[23] Als Beispiel ist hier der Verkauf eines Grundstücks der KapGes., angenommen wird eine GmbH, zu nennen, der bei ihr mit Anschaffungskosten von 300.000 € in der Bilanz verbucht ist. Die GmbH veräußert ihrem Gesellschafter das Grundstück zu einem Kaufpreis von 200.000 €. In der Differenz zwischen dem Buchwert von 300.000 € und dem Kaufpreis von 200.000 €, also in Höhe von 100.000 €, liegt eine vGA vor aufgrund einer Vermögensminderung, da sich das bilanzielle Vermögen der GmbH durch den Verkauf um diesen Betrag verringert hat. Bei der KapGes. ist ein sofortiger Mittelabfluss und beim Gesellschafter ein sofortiger Mittelzufluss zu verbuchen. Eine vGA scheidet mangels einer Vermögensminderung bei fehlerhaften Buchungen aus. Die Buchführung bildet nur Vermögensbewegungen ab, bewirken sie jedoch nicht. Die Buchung ist daher nicht nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 KStG zu korrigieren. Die Korrektur findet ausschließlich innerhalb der Steuerbilanz statt.[24] Eine Buchung ist erst dann eine vGA, wenn der Buchungsfehler erkannt, aber nicht korrigiert worden ist.

Nicht alle Fälle einer vGA sind bilanziell zu erfassen. Der BFH hat in seiner Definition der vGA neben Form der Vermögensminderung, auch die Form der verhinderten Vermögensmehrung aufgenommen, um so eine deutliche Differenzierung zwischen aufwands- und einnahmebezogenen vGA vorzugeben.[25] Durch die gemeinsame Nennung der Tatbestandsmerkmale, setzt der BFH diese gleich. Dies hat zur Folge, dass die Einbeziehung einer verhinderten Vermögensmehrung in die vGA auch den entgangenen Gewinn einer KapGes. erfasst. Eine verhinderte Vermögensmehrung liegt vor, wenn die KapGes. für die von ihr erbrachte Leistung an den Gesellschafter oder an einen Dritten eine zu geringe Gegenleistung erhält. Darunter sind entgangene Betriebseinnahmen bei der KapGes. zu verstehen. Auch hier ist das Beispiel der Grundstücksveräußerung zu nennen. Wie im obigen Beispiel ist das Grundstück mit ihren Anschaffungskosten von 300.000 € in der Bilanz der GmbH erfasst. Der Marktpreis des Grundstücks liegt bei 500.000 €. Durch die Veräußerung tritt keine Verringerung des Eigenkapitals bei der KapGes. ein, da mit dem Abgang des Grundstücks eine in Höhe des Buchwertes des Grundstücks zu aktivierende Forderung in der Bilanz gegenübersteht. Die verhinderte Vermögensmehrung ist in der Steuerbilanz nicht erkennbar, sondern ist mit Hilfe eines Vergleichs festzustellen. Hierfür wird die Steuerbilanz mit derjenigen verglichen, die bestehen würde, wenn die Veräußerung zum Verkehrswert erfolgt wäre. Ergibt sich ein Differenzbetrag, liegt eine verhinderte Vermögensmehrung vor.[26] Im Beispiel wäre der Differenzbetrag zwischen dem Buchwert von 300.000 € und dem Marktpreis von 500.000 €, der Betrag in Höhe von 200.000 €. Durch den Verkauf ist eine Vermögensmehrung bei der GmbH verhindert worden. In dieser Höhe liegt eine vGA bei der GmbH vor. Dies hätte sie verhindern können, wenn sie das Grundstück zum Marktpreis von 500.000 € veräußert hätte. Als Maßgabe, ob die Veräußerung des Grundstücks zu niedrig ist, ist das Kriterium der Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis heranzuziehen.

Bei der Frage, ob eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung als Voraussetzung einer vGA vorliegt, ist ein sogenannter Vorteilsausgleich zu berücksichtigen. Eine Vermögensminderung liegt nicht vor, wenn der gewährte Vorteil der KapGes. durch Gegenleistung des begünstigten Gesellschafters aufgewogen wird.[27] Ein Vorteilsausgleich setzt eine rechtliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung aus einem gegenseitigen Vertrag voraus. Ein Vorteilsausgleich liegt z. B. vor, wenn die KapGes. an ihren Gesellschafter Wohnungen zu einem verbilligten Mietzins vermietet und zeitgleich von ihren Gesellschaftern ein zinsloses Darlehen erhält. Gleichen sich der Vermögensnachteil aus dem verbilligten Mietzins einerseits bei der KapGes. und der Vermögensvorteil aus dem zinslosen Darlehen andererseits aus, so liegt keine vGA vor. Bei den gegenläufigen Geschäften muss es sich nicht um gleichartige Geschäfte handeln, sie müssen jedoch gleichwertig sein.[28]

2.2.2 Zurechenbare Handlung der GmbH als Körperschaftsteuersubjekt

Eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung kann nur angenommen werden, wenn diese auf Handlungen beruht, die sich die KapGes. bzw. die Gesellschafter steuerlich zurechnen lassen muss.[29] Das Erfordernis einer Rechtshandlung muss dabei nicht zugrunde liegen. Auch rein tatsächliche Handlungen können den Tatbestand der vGA erfüllen.

Eine KapGes. muss sich grundsätzlich immer die Handlungen ihrer Organe, die sie nach außen vertreten, zurechnen lassen. Im Fall der GmbH sind das die Geschäftsführer. Neben den Geschäftsführern zählt auch die Gesellschafterversammlung in ihrer Gesamtheit zu den Organen einer GmbH, die ihre Kompetenz überschreiten kann und durch nicht formell korrekte Beschlüsse eine vGA veranlassen kann.[30] Nach der Rspr. des BFH ist das Verhalten eines nicht geschäftsführenden, aber eines beherrschenden Gesellschafters ebenso der KapGes. zuzurechnen.[31] Für die Annahme einer vGA ist es nicht entscheidend, ob die Organe sich der Konsequenz ihrer Handlungen bewusst sind. Zu einer vGA können auch Handlungen Dritter führen, wenn die KapGes. ihnen die Möglichkeit verschafft hat, über das Vermögen der KapGes. zu disponieren.[32] Die KapGes. muss sich dabei jede Rechtshandlung, jedes Tun, Dulden oder Unterlassen zurechnen lassen.

2.2.3 Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und der Fremdvergleich

Betrieblich veranlasste Aufwendungen mindern das zu versteuernde Einkommen der KapGes. Sie sind gegeben, wenn diese objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Beruhen die Aufwendungen aufgrund von Tätigkeiten auf dem Marktgeschehen, besteht für ihre steuerliche Beanstandung kein Anlass. Die Marktbeziehungen gehören der Ebene der Einkommenserzielung an. Aufwendungen im Marktgeschehen vermindern den Gewinn einer KapGes. und somit das zu versteuernde Einkommen. Anders zu beurteilen ist es, wenn die Aufwendungen auf gesellschaftsrechtliche Beziehungen zurückzuführen sind. Denn gesellschaftsrechtliche Beziehungen gehören nicht zur Sphäre der Einkommenserzielung, sondern der Einkommensverwendung. Der Vermögensnachteil bei der KapGes. führt nicht zu einer Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und darf daher nicht steuerlich berücksichtigt werden. Das Veranlassungsprinzip unterscheidet, ob eine Aufwendung in den Bereich der Einkommenserzielung- oder Einkommensverwendungssphäre fällt bzw. dient der Abgrenzung einer schuldrechtlichen Lieferungs- und Leistungsbeziehung von einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung.[33] Der Begriff der gesellschaftlichen Veranlassung ist ein objektiver Maßstab und kein subjektiver Maßstab. Es kommt dabei nicht darauf an, was die handelnden Personen gewollt haben oder was ihre Absicht ist.

Die Betrachtung der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis bedarf der besonderen Betrachtung, da sich bei ihrer Feststellung häufig Streit entwickelt.[34] Im Gegensatz zur Vermögensminderung, die sich aus der Steuerbilanz feststellen lässt, liegt im Tatbestandsmerkmal der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ein wertendes Element vor.[35] Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist das umfangreichste und gehört zum Kernbereich der Tatbestandsmerkmale einer vGA. Das liegt darin begründet, dass es zu diesem Tatbestandsmerkmal eine Vielzahl von Urteilen gibt. Auch in der Literatur ergeben sich zu diesem Tatbestandsmerkmal diverse umfangreiche Auffassungen hinsichtlich der dogmatischen Grundlage für die vGA.[36] Damit eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung eintritt, muss eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis vorliegen. Dies geschieht in der Weise, dass die KapGes. ihren Gesellschaftern oder einer dieser nahe stehenden Person, einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem fremden Dritten nicht gewährt hätte. Die Beurteilung der Veranlassung ist schwierig, denn ähnlich wie bei einer vGA, ist auch für die Veranlassung in keiner gesetzlichen Vorschrift zu finden, die dieses Tatbestandsmerkmal definiert. Für die Prüfung der Veranlassung wird daher das Veranlassungsprinzip herangezogen. Da die Veranlassung nicht vom Gesetzgeber näher definiert wurde, ist der unbestimmte Rechtsbegriff näher zu bestimmen.

Das Veranlassungsprinzip erfüllt die Funktion, zwischen betrieblichen Aufwendungen auf Ebene der KapGes., die mit der Einkommenserzielung verbunden sind, und mit den Aufwendungen, die dem privaten Bereich des Gesellschafters zuzuordnen sind, abzugrenzen. Seinen Ursprung hat das Veranlassungsprinzip im EStG. Im EStG grenzt es die betriebliche Sphäre von der Privatsphäre im Rahmen des Werbungskostenbegriffs ab §§ 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 S. 1 EStG. Betriebliche Aufwendungen sind i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Die Rspr. interpretiert daraus den inhaltsgleichen Werbungskostenbegriff. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 S. 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind Aufwendungen, die durch die Einnahmenerzielung gerichtete Tätigkeit veranlasst sind.[37] Die berufliche Veranlassung grenzt die Aufwendungen der Sphäre der Einkunftserzielung von der Sphäre der Einkommensverwendung ab. Aufwendungen die nicht beruflich veranlasst sind, sind dem Bereich der Einkommensverwendung zuzuordnen. Zu diesen zählen die in § 12 EStG genannten nicht abziehbaren Privataufwendungen, Sonderausgaben nach § 10 EStG und außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 ff. EStG. Damit schließen sich Einkunftserzielung und Einkommensverwendung gegenseitig aus. D. h., je nach Veranlassung, gehören Aufwendungen entweder als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu dem Bereich der Einkunftserzielung oder zum Bereich der Einkommensverwendung. Das wesentliche Abgrenzungsproblem im EStG ist die Frage, welche Aufwendungen der betrieblichen Sphäre und welche der privaten Einkommensverwendungssphäre zuzurechnen sind. Das EStG zeigt damit offensichtliche Parallelen zum KStG und damit zur vGA. EStG und KStG haben beide die Funktion, die Einkommenserzielung von der Einkommensverwendung abzugrenzen.

Aus dem Begriff der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis folgt, dass eine vGA im Interesse eines Gesellschafters liegen muss. Nur wenn diese Person Gesellschafter der KapGes. ist, kann die Zuwendung auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erfolgen. Dem folgt, dass die KapGes. einer Person, die nicht Gesellschafter ist, keinen Vermögensvorteil aufgrundlage gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zuwenden kann. Empfänger einer vGA können daher nur Personen sein, die Inhaber einer gesellschaftsrechtlichen Stellung sind. Wer diese Personen sind, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsrecht. Diese Stellung muss zum Zeitpunkt bestehen, in dem die KapGes. über Zuwendungen an den Gesellschafter entscheidet. Ist der Begünstigte des Vermögensvorteils in Zeitpunkt der Zuwendung kein Gesellschafter, liegt demnach keine vGA vor. Eine vGA kann auch dann vorliegen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter erfolgt, sondern an eine nahe stehende Person. Voraussetzung ist auch hier, dass die Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Dies ist der Fall, wenn der Gesellschafter mit der nahe stehenden Person in einer Beziehung steht. Sie erklärt die Folge, warum die KapGes. an diese Person eine Leistung oder einen Vermögensvorteil erbringt, die sie ohne Bestehen des Gesellschaftsverhältnisses zu dem Gesellschafter nicht erbracht hätte. Nicht zwingend notwendig ist, dass der Gesellschafter aus der Leistung der KapGes. an die nahe stehende Person selbst einen finanziellen Vorteil erzielt. Die Verschaffung eines mittelbaren Vorteils an den Gesellschafter genügt. Für eine Annahme des Nahestehens lässt der BFH jede Beziehung zwischen dem Gesellschafter und dem Dritten zu. Beziehungen können familienrechtlicher Art, d. h. Verwandte, Ehegatten; gesellschaftsrechtlicher Art, d. h. Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften; schuldrechtlicher Art, d. h. Vertragspartner einer persönlichen Geschäftsbeziehung; und tatsächlicher Art, d. h. enge Freunde, sein.[38] Da die Leistung der KapGes. an die nahe stehende Person im Interesse des Gesellschafters, und damit im Gesellschaftsverhältnis, erfolgt, ist sie diesem auch steuerlich zuzurechnen. Das Steuerrecht stellt damit ab, dass die KapGes. die vGA an den Gesellschafter vorgenommen und dieser die empfangene Leistung an die nahe stehende Person weitergeleitet hat.[39]

Da die konkrete Veranlassungsprüfung wegen der Ermittlung der subjektiven Erforderlichkeit nur schwer überprüfbar ist, kann eine Veranlassungsprüfung anhand von Hilfskriterien ermöglicht werden. Anhand der von der Rspr. entwickelten Hilfskriterien wird die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis festgestellt, denn die Erfahrung spricht dafür, dass „ fremde Dritte sich untereinander marktkonform verhalten.“[40] Das am häufigsten herangezogene Kriterium ist der Fremdvergleich. Er dient dabei als methodisches Instrument zur Abgrenzung der betrieblichen und gesellschaftlichen Veranlassung. Wird eine Vereinbarung geschlossen, die so gegenüber fremden Dritten nicht abgeschlossen würde, kann die Vereinbarung steuerlich nicht akzeptiert werden.[41] Der Fremdvergleich wird sowohl für die Anerkennung im Grunde nach, als auch der Höhe nach herangezogen. Um den Fremdvergleich zu konkretisieren, bedient sich die Rspr. einer Reihe von Hilfskriterien. Im Falle ihrer Erfüllung dienen sie als widerlegbare Vermutungsregeln für eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis.

Um den Fremdvergleich zu konkretisieren, wird als Maßstab der des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters herangezogen und auf einzelne Geschäfte übertragen. Diese Denkfigur soll dabei helfen, die Veranlassung einer Leistung an den Gesellschafter objektiv zu beurteilen. Dieser Maßstab ist anwendbar, wenn die zu beurteilende Rechtsbeziehung ihrer Art nach auch mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen werden könnte. Nach der Rspr. des I. Senats wird „ die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die KapGes. ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.[42] Bei der grundlegenden Gestaltung des Rechtsgeschäfts verweist die Rspr. auf das Kriterium des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, welcher dem Gesellschaftsrecht der §§ 43 Abs. 1 Gesetz betreffend die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG), 93 Abs. 1 S. 1 Aktiengesetz (AktG) entlehnt ist.[43] Da der Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters dem Gesellschaftsrecht entnommen wurde, ist dieser nicht einfach auf das Steuerrecht übertragbar, da die beiden Regelungen bereits im Zweck unterschiedlich sind.

Bauschatz sowie Böhmer üben Kritik an dieser Auslegung und sind der Ansicht, dass der gesellschaftsrechtliche Maßstab vor allem dazu dient, die Interessen der Gesellschafter und der Gläubiger zu schützen.[44] Dieser Zweck ist nicht mit dem Rechtsinstitut der vGA zu vereinbaren, da es bei der vGA nicht um die Interessen der Gesellschafter und Gläubiger, sondern um die zutreffende Ermittlung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage geht. Demnach wäre der Vergleichsmaßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ohne exakte Rechtsgrundlage.[45] Ein weiterer Unterschied ist die Rechtsfolge einer Verletzung der Sorgfaltspflicht. Nach dem Gesellschaftsrecht führt eine Sorgfaltspflichtverletzung zu einem Anspruch auf Schadensersatz der Gesellschaft gegen den Geschäftsleiter nach §§ 43 Abs. 2 GmbHG, 93 Abs. 2 S. 1 AktG. Dagegen kann im Steuerrecht die Verletzung der Sorgfaltspflicht zur Folge haben, dass eine vGA eintritt. Wie schon bei der Auslegung der vGA und dem Tatbestandsmerkmal der Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis, besteht auch bei dem Hilfskriterium des Fremdvergleichs durch den Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters Rechtsunsicherheit.[46]

Da die Rspr. weiter an dem Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter festhält, ist dieser weiter zu konkretisieren. Handelt der Geschäftsleiter im handelsrechtlichen Sinne zuwider, muss dies nicht zwangsläufig zu einer vGA führen. Die Denkfigur nach dem Handelsrecht muss sich alle Kenntnisse zurechnen lassen, über die der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter regelmäßig verfügen muss. Auf mangelnde Kenntnisse oder Erfahrungen kann er sich nicht berufen, um so den Folgen einer vGA zu entgehen. Hilfsweise hat er sich bei schwierigen technischen oder Bewertungsfragen, die Spezialkenntnisse erfordern, diese von einem Berater zu verschaffen. Zu beachten ist, dass dem Geschäftsleiter ein breiter Ermessensspielraum zur Gestaltung der unternehmerischen Verhältnisse zusteht. Diese aber nur in dem Rahmen, der als ordentlich und gewissenhaft anzusehen ist. Überschreitet er diesen Rahmen nicht, führt der Fremdvergleich nicht zur Annahme einer vGA. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Handlungen des Geschäftsleiters bestimmt sich danach, wann dieser die Vereinbarung abgeschlossen hat. Nachträglich eintretende Umstände sind ihm daher nicht zuzurechnen.[47]

Um Vermutungsmaßstäbe greifbarer zu machen, hat der BFH in ständiger Rspr. weitere Unterkriterien des Fremdvergleichs entwickelt. Ein Unterfall des Fremdvergleichs ist die Angemessenheit. Besonders bei der Vergütung des Gesellschafter-Geschäftsführergehalts kommt diese zur Anwendung. Ein von der KapGes. geleistete Vergütung an den Gesellschafter-Geschäftsführer stellt eine vGA dar, wenn sie unangemessen ist.[48] Dies folgt aus der fiktiven Denkfigur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Dieser würde keine Leistungen an die KapGes. versprechen, die in keinem angemessenen Verhältnis zu der erbrachten Gegenleistung stehen würden.

Ein weiterer Unterfall des Fremdvergleichs ist die fehlende Ernstlichkeit, die der Feststellung der gesellschaftlichen Veranlassung einer Vermögensminderung oder einer verhinderten Vermögensmehrung dienen soll. Nach der Rspr. ist von einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auszugehen, wenn sich aus dem Fremdvergleich ergibt, dass ein abgeschlossenes Rechtsgeschäft von Anfang an nicht ernstlich gewollt war.[49] Sowohl Kohlhepp als auch Oppenländer weisen darauf hin, dass die fehlende Ernstlichkeit nach der Rspr. nicht in dem Sinne verstanden werden kann, dass bereits das zu untersuchende zivilrechtliche Geschäft nicht ernsthaft gewollt sei. Würde man nämlich den Tatbestand des § 117 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) folgen, dann wären die Willenserklärungen der KapGes. und des Gesellschafters nichtig und ein Rechtsgeschäft bzw. eine Verbindlichkeit wäre gar nicht erst eingegangen worden. Dies hätte zur Folge, dass keine Verbindlichkeit in der Bilanz auszuweisen wäre und keine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung als Tatbestandsvoraussetzung einer vGA vorlägen.

Um die Ernstlichkeit festzustellen, werden Kriterien der Üblichkeit und der tatsächlichen Durchführung herangezogen. Vorweg ist zu sagen, dass es sich bei der Üblichkeit um kein eigenes Tatbestandsmerkmal des Fremdvergleichs handelt. Sie ist lediglich ein Teilaspekt und soll ein Indiz im Rahmen des Fremdvergleichs darstellen. Eine Vereinbarung ist nicht ernstlich gemeint, wenn sie nicht üblich ist.[50] Der Gesellschafter hat jedoch die Möglichkeit, die Beweislast umzukehren. Durch Vortragen von betrieblichen oder branchentypischen Besonderheiten kann er im Einzelfall konkretisieren, warum der Geschäftsvorfall unüblich ist. Neben der Üblichkeit kann es an Ernstlichkeit ebenso dann fehlen, wenn eine Vereinbarung nicht tatsächlich durchgeführt wird.[51] Wird eine Vereinbarung tatsächlich durchgeführt, kann dies ein Indiz dafür sein, dass die Leistung einer betrieblichen Veranlassung entspricht.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine Vereinbarung zwischen KapGes. und Gesellschafter sich auf verschiedenster Weise daraufhin untersuchen lässt, ob sie gesellschaftlich veranlasst ist. Eine Veranlassung kann konkret nachgewiesen werden oder durch den sogenannten Fremdvergleich festgestellt werden. Der Fremdvergleich ist mit Hilfe einer Reihe von Hilfskriterien durchzuführen. Zum einen ist zu prüfen, ob das Handeln der KapGes. dem eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers entspricht. Sodann ist die Ernstlichkeit zu prüfen mit ihren weiteren Unterkriterien der Üblichkeit und der tatsächlichen Durchführung einer Leistung.

2.2.4 Der Sondertatbestand des beherrschenden Gesellschafters

Bereits in der Definition der vGA wird deutlich, dass der beherrschende Gesellschafter strenge Auflagen für die mit der KapGes. getroffene Vereinbarungen zu erfüllen hat, wenn vermieden werden soll, dass Zuwendungen oder Leistungen als vGA klassifiziert werden. Dies resultiert aus der Tatsache, dass der beherrschende Gesellschafter jederzeit die Möglichkeit hat, Vermögensverschiebungen zwischen der eigenen Sphäre und der Sphäre der KapGes. durchzuführen. Hinzu kommt, dass der beherrschende Gesellschafter weder wirtschaftlich noch rechtlich gezwungen ist, Leistungsbeziehungen zwischen ihm und der KapGes. auf eine schuldrechtliche Grundlage zu stellen. Z. B. kann er statt schuldrechtliche Leistungsentgelte zu beziehen, auch seine Leistungen der KapGes. unentgeltlich zur Verfügung stellen, um so eine höhere Gewinnausschüttung an sich selbst zu erreichen.

Nach der Rspr. des BFH liegt eine vGA unabhängig von der Angemessenheit der Leistung auch dann vor, wenn eine KapGes. Leistung an einen beherrschenden Gesellschafter erbringt, die nicht auf einer klaren und eindeutigen im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen Vereinbarung beruht und der geschlossene Vertrag nicht durchgeführt wird.[52] Ist dies jedoch zu verneinen, kann von einer schuldrechtlichen Veranlassung der Vereinbarung ausgegangen werden.

Das sogenannte Rückwirkungs- und Nachzahlungsverbot besagt, dass eine Vereinbarung zwischen der KapGes. und dem Gesellschafter bestehen muss, bevor der Gesellschafter seine Leistung erbringt und nicht erst zu dem Zeitpunkt, in dem er seine Vergütung erhält.[53] Für den Gesellschafter bedeutet dies, dass er sich nicht spontan Belohnungen auszahlen kann, da diese als vGA zu werten wäre, wenn sie für die in der Vergangenheit erbrachter Leistung gezahlt werden.[54] Damit es nicht zu einer vGA kommt, sind Vergütungsvereinbarungen im Voraus klar und eindeutig festzulegen, so dass die Höhe und die Bedingungen durch Rechtsvorgänge genau zu ermitteln sind. Eine Vereinbarung ist nicht klar und eindeutig, wenn sie nur einen Rahmen vorgibt, der durch weitere Vereinbarungen ausgefüllt werden muss. Das ist dann der Fall, wenn der Gesellschafter mit der KapGes. eine Vereinbarung schließt, dass ihm als Geschäftsführer ein Geschäftsführergehalt zusteht, indem lediglich vereinbart wird, dass an ihm ein „angemessenes“ Gehalt auszuzahlen ist. Nach ständiger Rspr. ist eine vGA anzunehmen, wenn eine klare und eindeutig im Voraus geschlossene Vereinbarung mit dem Gesellschafter nicht durchgeführt wird. Zweifel an der tatsächlichen Durchführung bestehen, wenn Zahlungen unregelmäßig erfolgen, Zahlungen in schwankender Höhe erfolgen oder Sozialabgaben nicht abgeführt werden. Ein fremder Dritter hätte diese Tatsachen nicht hingenommen, so dass von einer gesellschaftlichen Veranlassung ausgegangen werden kann. Damit die Vereinbarung steuerlich anerkannt wird, muss die im Voraus geschlossene Vereinbarung zivilrechtlich wirksam sein. Ist hingegen eine Vereinbarung unwirksam, indiziert dies die mangelnde Ernstlichkeit der Vereinbarung. Danach ist die Vereinbarung nicht schuldrechtlich, sondern gesellschaftsrechtlich veranlasst.[55]

Von einer Beherrscherstellung ist auszugehen, wenn der Gesellschafter über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt und deshalb in der Gesellschafterversammlung einen entscheidenden Einfluss ausüben kann. Damit er den entscheidenden Einfluss ausüben kann, muss der Gesellschafter mit mehr als 50 % an der KapGes. beteiligt sein. Dabei ist nicht die Kapitalmehrheit entscheidend, sondern die Mehrheit der Stimmrechte[56], denn nur Stimmrechte erlauben es, Gesellschafterbeschlüsse im Interesse des beherrschenden Gesellschafters zu erzwingen. Ist dagegen laut Satzung eine höhere Mehrheit erforderlich, muss der Gesellschafter diese Mehrheiten erreichen, um als beherrschend zu gelten.[57] Als beherrschender Gesellschafter ist auch der Gesellschafter anzusehen, der zwar selbst nicht über die erforderliche Mehrheit der Stimmrechte verfügt, im Zusammenwirken mit anderen Gesellschaftern jedoch über eine gleichgerichtete Interessenlage verfügt und die Addition der Anteile der begünstigten Gesellschafter insgesamt eine Beherrschung ergibt.[58] Die gleichgerichtete Interessenslage muss sich dabei auf einen konkreten Geschäftsfall beziehen und die Gesellschafter müssen im gleichen Maße von einer Leistung der KapGes. profitieren. Dies könnte z. B. dann der Fall sein, wenn gleichzeitig die Gehaltsbezüge mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer erhöht werden.

2.2.5 Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG

Neben den Tatbestandsmerkmalen der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung und dem Tatbestandsmerkmal der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, fordert die Rspr. des BFH zur Anwendung der Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, dass die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung Auswirkungen auf den Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG hat.[59] Demnach wäre eine Gewinnausschüttung keine vGA, sofern sie einerseits eine Vermögensminderung darstellen würde, jedoch keine Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag hätte. Der Unterschiedsbetrag erfasst für Gewinneinkünfte, Vermögensminderungen und verhinderte Vermögensmehrungen, die mittels Vergleichs der Bilanz zum Abschluss des Wirtschaftsjahres (WJ) mit derjenigen zum Abschluss des davorliegenden WJ ermittelt werden. Der Unterschiedsbetrag stellt einen Gewinn oder einen Verlust fest. Zu diesem Merkmal der vGA wird jedoch auch Kritik angeführt. Nach Kohlhepp ist der Unterschiedsbetrag inhaltlich mit dem Begriff der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung gleichzusetzen. Der Unterschiedsbetrag ergebe sich bereits aus der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung. Es findet somit eine Verdopplung des Tatbestandsmerkmals statt.[60]

2.2.6 Der fehlende Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung

Zur Annahme einer vGA fordert der BFH weiterhin, dass die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung stehen darf.[61] Dies deutet, dass keine vGA vorliegt, wenn ein ordnungsgemäßer Gewinnverteilungsbeschluss von der Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 1 GmbHG gefasst wurde. Nach § 46 Nr. 1 GmbHG obliegt die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung der Ergebnisse der Bestimmung der Gesellschafter. In der Satzung der Gesellschaft ist die Bestimmung der Gesellschafter bzgl. der Verwendung des Ergebnisses fixiert. Möglich ist nach § 48 Abs. 1 GmbHG auch eine entsprechende Beschlussfassung einer Gesellschafterversammlung oder gem. Abs. 2 die schriftliche Abgabe der Stimmen durch die Gesellschafter, sofern sie sich hiermit einverstanden erklärt haben.

Auch zu diesem Merkmal wird Kritik angeführt. Frotscher hält dieses Merkmal für überflüssig, da in der Definition der vGA bereits deutlich wird, dass es sich um eine verdeckte Zuwendung handelt. Weiterhin ist er der Ansicht, dass schon das Erfordernis, dass eine vGA zu einer Verringerung des Einkommens geführt haben muss, den Fall der offenen Gewinnausschüttung ausschließt.[62] Böhmer ist hierbei allerdings anderer Meinung, der an diesem Merkmal festhält. Würde man dieses Tatbestandsmerkmal aus der Definition der vGA streichen, hätte das die Folge, dass jede offene Gewinnausschüttung zugleich eine vGA darstellen könnte.

2.2.7 Die Vorteilsgeneigtheit

Das letzte Tatbestandsmerkmal der vGA ist die sogenannte Vorteilsgeneigtheit. Für das Verständnis der vGA ist diese unverzichtbar. Nach dem Merkmal der Vorteilsgeneigtheit muss die Unterschiedsbetragsminderung bei der KapGes. die Eignung haben, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S.d § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 9 oder Nr. 10 EStG auszulösen.[63] Logisch gesehen, kann dies anders nicht sein, da eine vGA eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Ausschüttung ist, welche dem Gesellschafter zufließt. D. h., dass die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung sich nicht neutral auswirkt, sondern stets im Zusammenhang mit einer gesellschaftlichen Veranlassung verknüpft ist.

Die Eignung einen sonstigen Bezug beim Gesellschafter auszulösen, muss möglich sein.[64] Das Erzielen von Kapitaleinkünften durch den Gesellschafter darf daher nicht ausgeschlossen sein, um die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG nach sich ziehen zu können. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass der Zufluss beim Gesellschafter zeitgleich mit dem Abfluss bei der KapGes. erfolgen muss. Es reicht daher aus, wenn der Zufluss infolge einer vGA denkbar ist.

2.3 Rechtsfolgen der vGA auf Ebene der Gesellschaft und auf Ebene des Gesellschafters

An dieser Stelle wird auf die Rechtsfolgen auf der Ebene der Gesellschaft und auf Ebene des Gesellschafters eingegangen. Zunächst soll auf die Rechtsfolgen auf Ebene der Gesellschaft eingegangen werden, bevor die Behandlung der Rechtsfolgen auf Ebene des Gesellschafters erfolgt. Die Reihenfolge ist insofern logisch, als eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung auf Seiten der Gesellschaft aufgrund der Vorteilsgeneigtheit die Grundlage für eine vGA i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auf Seiten des Gesellschafters darstellt.

Zur Bestimmung der Rechtsfolgen einer vGA wird die gesetzliche Rechtsfolge nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG betrachtet. Sie ordnet an, dass eine vGA das Einkommen einer Körperschaft nicht mindert. Durch das Trennungsprinzip unterscheiden sich die steuerlichen Rechtsfolgen der vGA auf Ebene der Gesellschaft und auf Ebene des Gesellschafters.

2.3.1 Rechtsfolgen auf Ebene der Gesellschaft

Steuerliche Rechtsfolgen auf Ebene der Gesellschaft werden durch den § 8 Abs. 3 S. 2 KStG geregelt. Ziel ist es, die Einkommensermittlung so durchzuführen, wie sie ohne gesellschaftsrechtliche Veranlassung geschehen wäre. Nach dem vogenannten § mindern auch vGA das Einkommen der KapGes. nicht. Liegt also eine Gewinnminderung durch eine vGA vor, ist diese rückgängig zu machen. Das Wort „auch“ nimmt Bezug auf Satz 1 des Absatzes 3, der anordnet, dass es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung ist, ob das Einkommen verteilt wird. Dies hat zur Folge, dass vGA genauso behandelt werden wie offene Ausschüttungen.

Voraussetzung ist, dass eine vGA nach dem Grund und/oder Höhe vorliegt. Eine vGA dem Grunde nach liegt vor, wenn das Geschäft schon dem Grunde nach gesellschaftlich veranlasst ist und die gesamte von der KapGes. gezahlte Vergütung eine vGA darstellt. Dagegen liegt eine vGA der Höhe nach vor, wenn die Höhe der Vergütung unangemessen ist. Der unangemessene Teil ist als vGA und der angemessene Teil als Betriebsausgabe zu werten. Die Korrektur hat nach der Rspr. des BFH und des BMF auf der zweistufigen Gewinnermittlung zu erfolgen. Die erste Stufe ermittelt die Vermögensminderung anhand der Steuerbilanz. Dabei wird zunächst der Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG unter Beachtung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes nach § 5 Abs. 1 EStG, der sogenannte Steuerbilanzgewinn, ermittelt. Auf dieser Stufe werden alle betrieblich und gesellschaftsrechtlich veranlasste Ausgaben Betriebsausgaben. Danach setzt die Korrektur auf der zweiten Stufe an. Der steuerbilanzielle Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG wird durch Hinzurechnungen und Kürzungen korrigiert. Korrekturen sind unter anderem steuerfreie Einnahmen, Einlagen, nicht abziehbare Betriebsausgaben, Korrekturen nach § 1 Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen und vGA.[65] Die Hinzurechnung der vGA erfolgt außerhalb der Steuerbilanz in der KSt-Erklärung bzw. im KSt-Bescheid. Die Frage, ob die Hinzurechnung einer vGA innerhalb oder außerhalb einer Steuerbilanz durchzuführen ist, war lange Zeit umstritten. Laut Rspr. des BFH wurde entschieden, dass eine Korrektur nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG außerhalb der Steuerbilanz durchzuführen ist.[66] Auf den Hinzurechnungsbetrag fällt Körperschaftsteuer von 15 % und Solidaritätszuschlag (SolZ) von 5,5 %, ausgehend vom Körperschaftsteuerbetrag, an. Grund für diese Vorgehensweise ist, dass durch die vGA nicht der Steuerbilanzgewinn der KapGes., sondern der Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 EStG zu berichtigen ist. Die Steuerbilanz bildet hierfür lediglich die Grundlage. Die vGA bewirkt daher keine Korrektur der Steuerbilanz, sondern ist eine Gewinnkorrektur außerhalb der Steuerbilanz. Die Konsequenz daraus ist, dass keine Korrektur der Bilanzansätze führt. Wurde z. B. im Jahr 2000 für eine Pensionszusage eine Rückstellung gebildet, die als vGA anzusehen ist, kann die Korrektur nur im Jahr 2000 erfolgen. Ein Nachholen der Besteuerung in einem späteren Jahr durch Auflösung der Rückstellung ist nicht zulässig.[67] Die Korrektur ist nur dann zu erfolgen, wenn auf der ersten Stufe festgestellt wurde, dass eine Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst worden ist. Die Veranlassungsprüfung erfolgt auf der zweiten Stufe.

Von grundlegender Bedeutung für die Durchführung der Korrektur ist der Zeitpunkt, zu dem die Korrektur durchzuführen ist. Die Korrektur des Einkommens ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die vGA das Einkommen gemindert hat.[68] Daraus folgt, dass es nur auf die bilanzmäßige Auswirkung der vGA ankommt. D. h. maßgeblich ist, wann die Vermögensminderung bei der KapGes. in der Steuerbilanz vermögensmindert ausgewiesen worden ist bzw. wann die verhinderte Vermögensmehrung in der Steuerbilanz hätte ausgewiesen werden müssen. Wie bereits erwähnt, kommt es auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Abflusses der vGA nicht an. Die Erfassung der vGA bei der KapGes. nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG führt daher dazu, dass sie von der Erfassung der vGA beim Gesellschafter nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG losgelöst ist.[69]

Als Beispiel sei davon auszugehen, dass der Gesellschafter einer KapGes. zugleich als Geschäftsführer für die KapGes. fungiert. Die Gesellschaft behandelt das Geschäftsführergehalt im WJ als Lohnaufwand i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG. Demnach erfolgt eine Minderung des Gewinns i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG dahingehend, dass diese als Aufwand behandelte Gehaltszahlungen den Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG mindern, da der Aufwand das Einkommen am Schluss des WJ um diesen Betrag nicht erhöht. Das Geschäftsführergehalt wurde im Anstellungsvertrag schriftlich festgehalten. Als Geschäftsführergehalt wurde ein Betrag in Höhe von 500.000 € vereinbart. Durch eine Betriebsprüfung und eines Fremdvergleichs wurde ein branchenübliches Geschäftsführergehalt i.H.v. 200.000 € ermittelt. Als vGA ergibt sich i.S.d. § 8 Abs. 3 S.2 KStG ein Betrag i.H.v. 300.000 €. Dieser Teil des unangemessenen Gehalts ist bei der Einkommensermittlung der KapGes. hinzuzurechnen. Der Betrag i.H.v. 300.000 € gilt als an den Gesellschafter verdeckt ausgeschüttet. Der angemessene Teil i.H.v. 200.000 € ist bei der KapGes. Betriebsausgabe.

Neben der Körperschaftsteuer kann eine vGA noch für die Gewerbesteuer (GewSt) von Bedeutung sein. Der Hinzurechnungsbetrag ist nach § 7 Gewerbesteuergesetz (GewStG) und dem jeweiligen Hebesatz der Gemeinde/Stadt zu ermitteln.

Ebenso sind die umsatzsteuerlichen Folgen zu berücksichtigen. Die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands an einen Gesellschafter unterliegt der Umsatzsteuer (USt). Die Berücksichtigung der USt gilt sowohl als sich aus der vGA ergebenden Nebenfolge als auch für die Funktion der USt im Rahmen der vGA nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG. Bemessungsgrundlage bilden bei diesen Vorgängen die der KapGes. entstandenen Kosten. Nach Ansicht der Finanzverwaltung führt die USt trotz der Vermögensminderung nicht zu einer vGA bei der KapGes. und ist auch nicht nach § 10 Nr. 2 KStG dem Gewinn hinzuzurechnen.[70]

Neben den vorgenannten Steuern unterliegt die vGA auch der Kapitalertragssteuer § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Sie entsteht ab dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge, also die vGA, dem Gesellschafter zufließen § 44 Abs. 1 S. 2 EStG. Dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen die vollen Kapitalerträge. Die KapGes. ist dabei Entrichtungsschuldner für die Kapitalertragsteuer.

2.3.2 Rechtsfolgen auf Ebene des Gesellschafters

Die Voraussetzungen sowohl die Rechtsfolgen der Aufdeckung einer vGA auf der Seite des Gesellschafters, in Form einer natürlichen Person, ist von denen auf der Ebene der Gesellschaft zu differenzieren. Hier soll von einem Gesellschafter ausgegangen werden, der eine natürlich Person ist und seine Anteile an der KapGes. im Privatvermögen hält.

Hält der Gesellschafter die Anteile an der KapGes. im Privatvermögen, so sind die daraus bezogenen Erträge als Kapitalvermögen nach § 20 EStG zu werten. Stellt die Zuwendung der KapGes. an den Gesellschafter eine vGA dar, sind diese ebenfalls als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu werten, die zu einem sonstigen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG führen. Sein Einkommen aus Kapitalvermögen erhöht sich damit. Dies hat den Effekt, dass die Einkünfte des Gesellschafters, die auf eine gewinnmindernde Ausgabe der KapGes. beruhen, in Einkünfte aus Kapitalvermögen umqualifiziert werden. Im Falles des oben genannten Beispiels des überhöhten Geschäftsführergehalts bedeutet dies, dass der überhöhte Teil des Geschäftsführergehalts beim Gesellschafter nicht mehr als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 EStG zu werten ist. Der überhöhte Teil i.H.v. 300.000 € ist nunmehr als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu erfassen. Der angemessene Teil des Gehalts i.H.v. 200.000 € ist beim Gesellschafter als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit nach § 19 EStG umzuqualifizieren. Wurde das überhöhte Gehalt bereits besteuert, erfolgt beim Gesellschafter-Geschäftsführer eine Umqualifizierung der Einkünfte von § 19 EStG nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG.

Dieser sonstige Bezug erfolgt jedoch gem. § 11 Abs. 1 EStG erst dann, wenn dem Gesellschafter ein Ertrag aus der Beteiligung zugeflossen ist. Entscheidend ist, dass vorher auf der Ebene der Gesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung dazu geführt haben muss, dass sich der Steuerbilanzgewinn mindert. Der Unterschied zur einkommensteuerlichen vGA besteht darin, dass dem Gesellschafter ein Vermögensvorteil zugeflossen sein muss, wohingegen die körperschaftsteuerrechtlich vGA eine Vermögensminderung verlangt.[71]

Steuerliche Folgen einer vGA können auch zeitversetzt eintreten. Dies ist der Fall, wenn z. B. eine überhöhte Pensionsrückstellung gebildet wird. Die Vermögensminderung tritt wie bereits erwähnt bei der KapGes. zum Zeitpunkt der Bildung der Rückstellung sowie in den Folgejahren bei Zuführung in die Rückstellung auf. Den Vermögensvorteil spürt der Gesellschafter allerdings erst dann, wenn ihm dieser zugeflossen ist. Eine Besteuerung beim Gesellschafter kann sogar ganz entfallen. Im Dies ist dann der Fall, um bei der Pensionsrückstellung zu bleiben, wenn ihm die erhöhte Pensionszusage zwar erteilt wurde, er aber vor Beginn der Pensionszahlungen verstirbt.[72] Hat der Gesellschafter allerdings eine beherrschende Stellung inne, so gelten Beträge, welche ihm die KapGes. schuldet, bereits zu dem Zeitpunkt zugeflossen, an dem diese fällig werden.[73] Die Rspr. geht hier von einem fiktiven Zufluss aus. Der beherrschende Gesellschafter hat angesichts seiner Stellung ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit die Möglichkeit, die sofortige Auszahlung des Vermögensvorteils zu erzwingen.

Anzumerken ist, dass eine vGA beim Gesellschafter grundsätzlich unabhängig davon als sonstiger Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 KStG in Ansatz zu bringen ist, ob sie auf Ebene der Gesellschaft als vGA erfasst, also dem Einkommen hinzugerechnet wurde.[74] Das bedeutet, dass die vGA-Voraussetzungen im ESt-Bescheid des Gesellschafters selbständig geprüft werden können. Eine Bindungswirkung, das sogenannte Korrespondenzprinzip, des KSt-Bescheid für den ESt-Bescheid des Gesellschafters existiert nicht. Der sonstige Bezug ist nach § 32 d Abs. 3 EStG mit dem Sondersteuersatz zu erfassen. Dieser Einkommensteuertarif (Abgeltungssteuer) für Kapitaleinkünfte beträgt 25 % zzgl. SolZ i.H.v. 5,5 %.

2.4 Typische Anwendungsfälle bei einer GmbH

Nachdem nun die Rechtsentwicklung, die Tatbestände der vGA und die Rechtsfolgen auf Ebene der Gesellschaft und Ebene des Gesellschafters erläutert wurden, sollen im Anschluss daran die Erkenntnisse auf ausgewählte typische Anwendungsfälle bei einer GmbH übertragen werden.

Der erste Anwendungsfall ist die Geschäftsführervergütung. Es soll davon ausgegangen werden, dass es sich bei der GmbH um eine Ein-Personen-GmbH handelt. Der GmbH-Geschäftsführer vertritt die GmbH. In dieser Funktion kann er mit natürlichen und juristischen Personen rechtswirksame Verträge abschließen. Allerdings darf er nach § 181 BGB als Organ der GmbH nicht mit sich selbst einen Vertrag abschließen (Selbstkontrahierungsverbot). Vorstehender § besagt auch, dass niemand gleichzeitig zwei Vertragsparteien vertreten kann. Damit er von diesem Verbot des Selbstkontrahierens befreit wird, muss dies in der GmbH-Satzung festgehalten sein. Zu beachten ist, dass im Handelsregister eingetragen werden muss, ob der GmbH-Geschäftsführer von dem Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit sein soll. Daher sollten Ein-Personen-GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer darauf achten, dass diese vom Selbstkontrahierungsverbot befreit sind, um Insichgeschäfte abschließen zu können. Erst dann ist es ratsam, einen Anstellungsvertrag mit sich selbst abzuschließen, damit dieser rechtlich und steuerlich anerkannt wird. Die Abschlusskompetenz für den Geschäftsführeranstellungsvertrag liegt durch die Satzung bei der Gesellschafterversammlung, welcher einer entsprechenden Gesellschafterbeschlusses bedarf.[75] Gem. §§ 675, 611 BGB ist der Anstellungsvertrag des gegen Vergütung tätig werdenden Geschäftsführers ein auf Dienstleistung gerichteter Geschäftsbesorgungsvertrag. Nach ständiger Rspr. ist dieser Anstellungsvertrag nicht mit einem Arbeitsvertrag zu vergleichen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer ist daher in der Regel kein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinn. Da er gegenüber normalen Angestellten einen besonderen Verantwortungsbereich innehat, ist es gerechtfertigt, wenn dieser ein erhöhtes Gehalt gegenüber dem bestverdienenden Angestellten erhält. Nach der Rspr. des FG Baden-Württemberg ist das 2,5-fache des Gehalts des bestverdienenden Anstellten angemessen.[76] Die gezahlten Gehälter stellen bei der GmbH Betriebsausgaben dar. Die gezahlten Gehälter des Anstellungsvertrages sind bei ihm als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 EStG.

Da der Gesellschafter-Geschäftsführer jederzeit Verträge mit der GmbH und sich selbst abschließen kann, unterliegt das Geschäftsführergehalt unabhängig von der Beherrscherstellung besonderen Anforderungen. Die Art und Weise des Entgelts und der Vertragsbedingungen müssen dem Üblichen entsprechen. Entspricht sie diesem nicht, kann eine gesellschaftliche Veranlassung vorliegen. Für die Angemessenheit der Gesamtvergütung bzw. Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers ist die Summe aller Vorteile und Entgelte des Dienstverhältnisses mit der GmbH maßgebend. Dabei sind auch Pensionszusagen, auf deren Zufluss es jedoch nicht ankommt, Sachbezüge, Tantiemen und Versicherungsbeiträge miteinzubeziehen.[77] Diese Gesamtvergütung wird sodann an den Diensten des Gesellschafters gemessen, die auf den Einzelfall zu überprüfen sind. Bei der Grundvergütung erkennen die Rspr. Überstundenvergütungen und Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit nicht als Betriebsausgaben an, sondern geht von einer vGA aus.[78] Dies begründet die Rspr. mit dem Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Die Denkfigur identifiziert sich in besonderer Weise mit dem wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft. Dabei sei die Vergütung für seine Mehrarbeit bereits mit dem Grundgehalt abgegolten.[79] Damit die Vereinbarung auch ernstlich anerkannt wird, muss diese tatsächlich durchgeführt werden. D. h., dass in der Regel eine monatliche Auszahlung erfolgen muss, Sozialabgaben einbehalten und abgeführt werden müssen und diese Vorgänge monatlich gebucht und erfasst werden.

Der zweite typische Anwendungsfall ist das Gesellschaftsdarlehen. Darunter versteht man die Kreditgewährung, die eine GmbH ihrem Gesellschafter gibt. Damit bei einer Ein-Personen-GmbH ein wirksamer Darlehensvertrag zustande kommt, muss der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer vom Selbstkontrahierungsverbot gem. § 181 BGB befreit sein. Der Abschluss dieses Vertrages ist auch mündlich möglich, sollte aber aus steuerlichen Nachweisgründen schriftlich abgeschlossen werden. Die Gewährung eines Darlehens kann als vGA angesehen werden, da diese als Gestaltungsmöglichkeit, Gewinne außerhalb der offenen Gewinnausschüttung von der GmbH an den Gesellschafter zu übertragen, angesehen werden kann. Ob eine Darlehensvereinbarung dem Fremdvergleich standhält, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Wird eine vGA durch das Finanzamt erkannt, sind Korrekturen auf Ebene der GmbH und auf Ebene des Gesellschafters durchzuführen.

Eine vGA dem Grunde nach kann bereits bei Hingabe des Darlehens vorliegen, ist jedoch umstritten.[80] Dies ist dann der Fall, wenn die Rückzahlungsabsicht fehlt. Ein Indiz dafür ist, dass in dem Darlehensvertrag die Rückzahlungsvereinbarung fehlt und damit die gesellschaftliche Veranlassung begründet. Weitere Indizien für eine gesellschaftliche Vereinbarung sind fehlende Vereinbarungen über Sicherheiten, ungewöhnlich lange Laufzeiten oder die von vornherein feststehende Uneinbringlichkeit der Darlehensforderung. Liegen jedoch keine der vorgenannten Indizien vor und ist damit die Darlehensvereinbarung dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, ist die Darlehensforderung bei der GmbH zu aktivieren. Auf den ersten Blick fehlt es an einer Vermögensminderung für die Voraussetzung einer vGA. Eine Vermögensminderung liegt jedoch dann vor, wenn die GmbH auf die Rückzahlung des Darlehens verzichtet. Der Verzicht ist in der Regel durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst anzusehen. Ein Indiz für eine nicht ernsthafte Darlehensvereinbarung ist gegeben, wenn der Gesellschafter von Anfang an nicht über eine ausreichende Bonität verfügt und die GmbH kurze Zeit nach Darlehenshingabe auf die, dann nicht mehr werthaltige, Restforderung verzichtet.

Weiterhin ist keine vGA anzunehmen, wenn die GmbH die Darlehensgewährung an ihren Gesellschafter unverzinslich oder zu einem unangemessen niedrigen Zinssatz erfolgt.[81] Eine verhinderte Vermögensmehrung liegt bei der GmbH dann in der Form vor, dass ihr Zinsen aus dem Darlehensvertrag entgeht.

Bei der GmbH ist der Steuerbilanzgewinn durch außerbilanziellen Ansatz eines Hinzurechnungsbetrages in Höhe der Differenz zwischen vereinbartem und fremdüblichem Entgelt für das Darlehen zu korrigieren. Auf Ebene des Gesellschafters führt die unentgeltliche oder vergünstigte Darlehensüberlassung zu einem Vermögensvorteil. Der Vorteil erscheint beim Gesellschafter in Form ersparten Zinsaufwands. Dieser ist bei ihm bei den Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG zu erfassen.

[...]


[1] Vgl. Wilk in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG § 8 Rn 100.

[2] Vgl. Kohlhepp 2008, S. 19.

[3] Vgl. Kohlhepp 2008, S. 19; Janssen 2010, S. 1.

[4] Janssen 2010, S. 3.

[5] Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG Anhang zu § 8 Rn 37.

[6] Vgl. Kohlhepp 2008, S. 61.

[7] Vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11 Rn 1.

[8] Vgl. „Gesamtwirtschaft & Umwelt - Unternehmensregister - Unternehmensregister - Statistisches Bundesamt (Destatis)“ 2015.

[9] BFH-Urteil vom 23.05.1984 I R 294/81, BStBl. II 1984, 673.

[10] BVerfG-Urteil vom 08.12.1992, BVerfGE 1993, 278.

[11] Vgl. Bauschatz 2001, S. 17.

[12] Vgl. Schulte in Erle/Sauter, KStG § 8 Rn 73.

[13] Vgl. Kohlhepp 2006, S. 81.

[14] Vgl. für eine umfassende Auseinandersetzung mit der historischen Rechtsentwicklung Fröhlich 1968, S. 6 ff.

[15] BFH-Urteil vom 16.12.1955 I 12/55 U, BStBl. III 1956, 43.

[16] BFH-Urteil vom 10.01.1973 I R 119/70, BStBl. II 1973, 322.

[17] BFH-Urteil vom 12.04.1989 I R 142/85, BStBl. II 1989, 636, 638.

[18] BFH-Urteil vom 22.02.1989 I R 9/85, BStBl. II 1989, 631, 632.

[19] Vgl. Gerten 2014, S. 31.

[20] BFH-Urteil vom 09.08.1989 I R 4/84, BStBl. II 1990, 237.

[21] BFH-Urteil vom 14.10.1992 I R 17/92, BStBl. II 1993, 352.

[22] BFH-Urteil vom 23.06.1993 I R 72/92, BStBl. II 1993, 801, 802.

[23] Vgl. Schulte in Erle/Sauter, KStG § 8 Rn 154; BMF-Schreiben vom 28. 5. 2002, BStBl. I 2002, 603.

[24] BFH-Urteil vom 20.08.2002 IX R 69/00, BStBl. II 2003, 149; BFH-Urteil vom 13.06.2006 I R 58/05, BStBl. II 2006, 928, 929.

[25] Vgl. Oppenländer 2004, S. 12.

[26] Vgl. Böhmer 2011, S. 23.

[27] Vgl. Dötsch, Alber u.a. 2015, S. 133.

[28] BFH-Urteil vom 08.06.1977 I R 95/75, BStBl. II 1977, 704.

[29] Vgl. Gerten 2014, S. 47.

[30] BFH-Urteil vom 14.10.1992 I R 17/92, BStBl. II 1993, 352.

[31] BFH-Urteil vom 18.07.1990 I R 32/88, BStBl. II 1991, 484.

[32] Vgl. Schulte in Erle/Sauter, KStG § 8 Rn 161.

[33] Vgl. Bauschatz 2001, S. 25.

[34] Vgl. Böhmer 2011, S. 24.

[35] Vgl. Oppenländer 2004, S. 36.

[36] Vgl. Bauschatz 2001, S. 25 ff.; Oppenländer 2004, S. 28 ff.

[37] Vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 8 Rn 213 ff.

[38] Vgl. Kohlhepp in Schnitger/Fehrenbach, KStG § 8 Rn 466.

[39] BFH-Urteil vom 03.02.1971 I R 51/66, BStBl. II 1971, 408; Vgl. Frotscher 2008, S. 166 ff.

[40] Wassermeyer 2001, S. 2467.

[41] BFH-Urteil vom 06.04.2005 I R 27/04, BFH/NV 2005, 1633, 1634.

[42] BFH-Urteil vom 25.06.2014 I R 76/13, DB 2014, 2022.

[43] BFH-Urteil vom 16.03.1967 I 261/63, BStBl. III 1967, 626.

[44] Vgl. Bauschatz 2001, S. 55; Böhmer 2011, S. 27.

[45] Vgl. Wassermeyer 1994, S. 1105 - 1109.

[46] Vgl. Böhmer 2011, S. 28 f.

[47] Vgl. Streck in Streck, KStG § 8 Rn 181.

[48] Statt aller nur: BFH-Urteil vom 05.10.1994 I R 50/94, BStBl. II 1995, 549, 550; BMF-Schreiben vom 14.10.2002 IV A 2 – S 2742 – 62/02, BStBl. I 2002, 972.

[49] Statt aller nur: BFH-Urteil vom 12.10.1995 I R 127/94, BFHE 179, 258, 260.

[50] Vgl. nur BFH-Urteil vom 02.12.1992 I R 54/91, BStBl. II 1993, 311, 314.

[51] Vgl. Kohlhepp 2006, S. 208.

[52] Vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht § 11 Rn 78.

[53] Vgl. Gosch in Gosch, KStG § 8 Rn 325.

[54] BFH-Urteil vom 15.09.2004 I R 62/03, BStBl. II 1988, 301.

[55] BFH-Urteil vom 22.09.1976 1 R 68/97, BStBl. II 2007, 15.

[56] BFH-Urteil vom 03.11.1976 I R 98/75; Vgl. dazu Kohlhepp 2006, S. 195; Böhmer 2011, S. 172.

[57] BFH-Urteil vom 13.12.1989 I R 45/84, BFH/NV 1990, 455.

[58] BFH-Urteil vom 21.07.1976 I R 223/74, BStBl. II 1976, 734.

[59] Statt aller nur: BFH-Urteil vom 05.06.2002 I R 69/01, BStBl. II 2003, 239, 330.

[60] Vgl. Kohlhepp 2006, S. 135.

[61] Ständige Rspr, siehe nur BFH-Urteil vom 06.12.1995 I R 88/94, BStBl. II 1996, 383.

[62] Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG Anhang zu § 8 Rn 42 u. 204.

[63] BFH-Urteil vom 07.08.2002 I R 2/02, BFH/NV 2003, 124.

[64] Vgl. Oppenländer 2004, S. 23.

[65] Vgl. Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG § 8 Rn 315.

[66] BFH-Urteil vom 29.06.1994 I R 137/97, BStBl. II 2002, 366.

[67] BFH-Urteil vom 29.06.1994 I R 137/93, BStBl. II 2002, 366; BFH-Urteil vom 28.01.2004 I R 21/03, BStBl. II 2005, 841; BMF-Schreiben vom 28.05.2002, IV A 2 - S2742 - 32/02 BStBl. I 2002, 603.

[68] BFH-Urteil vom 20.08.1986 I R 87/83, BStBl. II 1987, 75; BFH-Urteil vom 29.04.1987 I R 176/83, BStBl. II 1987, 733.

[69] Vgl. Frotscher 2008, S. 186.

[70] Vgl. Kohlhepp 2006, S. 17.

[71] Vgl. Böhmer 2011, S. 49.

[72] Vgl. Schulte in Erle/Sauter, KStG § 8 Rn 250,

[73] BFH-Urteil vom 14.02.1984 VIII R 221/80, BStBl. II 1984, 480.

[74] BFH-Urteil vom 27.10.1992 VIII R 41/89, BStBl. II 1993, 569.

[75] FG Hessen, Urteil vom 09.03.1992 4 K 4113/90, EFG 1992, 414.

[76] FG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.03.2001 6 K 131/98, EFG 2001, 851.

[77] BFH-Urteil vom 11.09.1968 I 89/663, BStBl. II 1968, 809.

[78] Ständiger Rspr.: BFH-Urteil vom 19.03.1997 I R 75/96, BStBl. II 1997, 577.

[79] BFH-Urteil vom 27.03.2001 I R 40/00, BStBl. II 2001, 655.

[80] Vgl. Neumann in GmbH-Handbuch, Rn III 1321.

[81] BFH-Urteil vom 28.02.1990 I R 83/87, BStBl. II 1990, 649.

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Verdeckte Gewinnausschüttungen an der Grenze zur Steuerhinterziehung
Hochschule
Rheinische Fachhochschule Köln
Note
2,5
Autor
Jahr
2016
Seiten
69
Katalognummer
V323414
ISBN (eBook)
9783668225541
ISBN (Buch)
9783668225558
Dateigröße
984 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
verdeckte, gewinnausschüttungen, grenze, steuerhinterziehung
Arbeit zitieren
Vanessa Seng (Autor:in), 2016, Verdeckte Gewinnausschüttungen an der Grenze zur Steuerhinterziehung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323414

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