Planung, Durchführung und Evaluation eines außerschulischen Lernorts. Exkursion in das Bonner "Haus der Geschichte" durchgeführt mit einem Grundkurs 11


Examensarbeit, 2009

36 Seiten, Note: gut (2,0)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung
1 Herkunft und Anlass des Themas
2 Der Bezug zu den Lehrerfunktionen: Unterrichten und Evaluieren, Innovieren und Kooperieren

II Planung, Durchführung und Evaluation eines außerschulischen Lernorts anhand einer Exkursion in das Bonner Haus der Geschichte durchgeführt mit einem Grundkurs
1 Theoretische Grundlagen
1.1 Zugrunde liegendes Verständnis und Definition von außerschulischer Lernort und Exkursion
1.1.1 Exkursion
1.1.2 Außerschulischer Lernort
1.2 Chancen und Grenzen eines Museumsbesuchs
1.3 Planungsüberlegungen – Der methodische Dreischritt
1.3.1 Mögliche Arbeitsformen im Museum
2 Die Planungs- und Vorbereitungsphase des Museumsbesuchs
2.1 Ausgangssituation und Erkenntnisinteresse
2.2 Die Wahl des Museums als Exkursionsziel und damit als außerschulischer Lernort und seine Stellung innerhalb des Unterrichtsvorhabens
2.3 Organisatorische Vorbereitungen der Exkursion zum außerschulischen Lernort Haus der Geschichte
2.4 Thematisch-methodische Vorbereitungen der Exkursion zum außerschulischen Lernort Haus der Geschichte
3 Die Durchführung des Museumsbesuch
4 Nachbereitung der Exkursion
4.1 Reflektion der Referate im Hinblick auf die Tauglichkeit für das Museum
4.2 Besprechung des Mitmachbogens und Erfahrungsaustausch
4.3 E-Mail an das Bonner Haus der Geschichte
5 Evaluation und Reflektion des Unterrichtsvorhabens
5.1 Evaluation durch die Schülerinnen und Schüler des Kurses
5.2 Reflektion durch die Geschichtslehrerin des Kurses

III Fazit und Ausblick

LITERATURVERZEICHNIS

I Einleitung

1 Herkunft und Anlass des Themas

„Erstes und letztes Ziel unserer Didaktik soll es sein, die Unterrichtsweise aufzuspüren und zu erkunden, bei welcher die Lehrer weniger zu lehren brauchen, die Schüler dennoch mehr lernen“[1]

Dieses Ziel ist eines von vielen, das im Laufe der Geschichte unseres Bildungssystems formuliert wurde. Eine beinahe beliebig lange Liste von Zielen und Maximen ließe sich erstellen, die sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart von Bedeutung waren und sind.

In welchem Zusammenhang diese Aussagen mit dem Thema der vorliegenden Arbeit stehen, soll im Folgenden erläutert werden.

Qualität von Schule und Unterricht ist spätestens seit PISA[2] beherrschendes Thema der bildungspolitischen Auseinandersetzung. Viele Konzepte zur Optimierung von Lehr- und Lernprozessen, die zu einer Neuorganisation von Unterricht führen, werden erstellt und erprobt. Etliche dieser Konzepte gehen auf Ideen aus der Vergangenheit zurück. Auch das zuvor genannte, von Comenius formulierte Ziel ist heute ein Aspekt didaktischer Überlegungen. Eine veränderte Anforderung der Gesellschaft an die Schülerinnen und Schüler[3] und somit an die Bildungsinstitutionen machte die Entwicklung von neuen Konzepten notwendig. Die Erwartungen an die SuS sind vielfältig: Sie sollen mündige Bürgerinnen und Bürger sein, soziale Kompetenzen besitzen, teamfähig, leistungsorientiert und -fähig sein. Auf diese Weise sollen sie eine individuelle Persönlichkeit entwickeln.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, gibt die nordrhein-westfälische Bildungspolitik unter anderem Vorgaben für die Gestaltung des Unterrichts in den Richtlinien und Lehrplänen. Aktives, selbstständiges Arbeiten soll das Leitbild für den Lernprozess sein. Zudem sollen die Lernprozesse Gelegenheit zum kooperativen Arbeiten geben. Der Unterricht soll auf Anwendung und Transfer der zu erwerbenden Fähigkeiten und Kenntnisse zielen. Die Lerngegenstände müssen also mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und authentischen Handlungssituationen verbunden werden.[4]

Auch für das Fach Geschichte gibt das Ministerium Vorgaben bezüglich der Aufgaben und Ziele des Faches. Eine rationale und erfahrungsbezogene Auseinandersetzung mit Geschichte wird dabei als Basis für den Geschichtsunterricht gesehen. Das oberste Ziel hierbei ist, dass sich die SuS am Ende ihrer schulischen Laufbahn „für die Annahme demokratischer Prinzipien und Wertsetzungen entscheiden.“[5] Dabei soll der Geschichtsunterricht stets problemorientiert sein.[6] Die in der Sekundarstufe I erworbenen historisch-politischen Kenntnisse und Fertigkeiten sollen in der gymnasialen Oberstufe vertieft werden.[7]

Lehrkräfte müssen sich deshalb die Frage stellen, wie Unterricht gestaltet werden kann, um diesen Vorgaben gerecht zu werden. Eine weitere Herausforderung bei der Gestaltung des Geschichtsunterrichts spielt das mit aufsteigender Schulstufe abnehmende Interesse der SuS am Geschichtsunterricht.[8] Kurt Pohl kam in einer schulformübergreifenden Studie zu dem Ergebnis, dass es bei der Einschätzung des Geschichtsunterrichts zu einer Polarisierung von „Gegnern“ und „Befürwortern“ kommt.[9] Zudem kommt, dass in unserer Gesellschaft verstärkt Medien (z.B. TV und Internet) verwendet werden und dies zum Verlust von sinnlich-unmittelbaren Erfahrungen führt.[10]

Eine Möglichkeit, diesen Schwierigkeiten und Vorgaben gerecht zu werden, ist die Nutzung eines Museums als außerschulischen Lernort.

Anders als im Schulbuch, bietet der Besuch eines Museums die Möglichkeit, historischen Originalen zu begegnen und einen Eindruck von Größe und Material der Objekte zu bekommen.[11] Nach Sauer lassen Originale „eine Aura spürbar werden.“[12] Museen können zwar keine Imitation von vergangener Wirklichkeit zeigen, sie können aber die Vergangenheit fassbar und somit „besser vorstellbar machen“[13]. Das Museum bietet also vor allem eine Chance zur „Veranschaulichung“[14] von Unterricht.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, wie diesen Vorgaben und eben geschilderten Hintergründe gerecht werden kann und welche Rolle dabei dem außerschulischen Lernort und der damit verbundenen Exkursion zukommt.

Um jene Frage beantworten zu können, soll zunächst der theoretische Rahmen dem das Konzept der Arbeit zugrunde liegt, geklärt werden, indem vorab die Begriffe außerschulischer Lernort und Exkursion erläutert und das Potenzial eines Museumsbesuchs sowie dessen Grenzen behandelt werden, um anschließend theoretische Planungsüberlegungen in das Zentrum des Interesses zu rücken. Vor dem theoretischen Hintergrund werden dann die Vorbereitungsphase sowie Durchführung und Nachbereitung des Museumsbesuches in das Bonner Haus der Geschichte erläutert. Zuletzt wird das Unterrichtsvorhaben sowohl aus der Sicht der SuS, als auch aus meiner Sicht, im Hinblick auf Gelingen, Praktikabilität und Generalisierbarkeit evaluiert und reflektiert.

Das im Folgenden geschilderte Konzept plädiert für den Besuch von außerschulischen Lernorten, sofern dieser ausreichend vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet wurde. Innovativen Charakter hat dieses Konzept, da es bereitgestellte pädagogische Materialien des Museums als Anregung nimmt, einen eigenen Mitmachbogen für die Durchführung des Museumsbesuchs zu erstellen, und bewertet, inwieweit dieser und das Konzept insgesamt als sinnvoll hinsichtlich der Förderung historischer Kompetenzen (sowohl fachlich als auch methodisch) erachtet werden können.

2 Der Bezug zu den Lehrerfunktionen: Unterrichten und Evaluieren, Innovieren und Kooperieren

Bei dem in dieser Arbeit geschilderten Unterrichtsvorhaben, ist die Lehrkraft insbesondere bezüglich der Lehrerfunktion Unterrichten und Evaluieren, Innovieren und Kooperieren gefordert.

Die gesetzlichen Rahmenvorgaben des Ministeriums für die Lehrerausbildung geben eine Definition der einzelnen Lehrerfunktionen vor, wobei sich demnach das Unterrichten über die adressatengerechte Vermittlung „grundlegende[r] Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Methoden“[15] definiert. Dass sich dieses Unterrichtsvorhaben, bestehend aus der Vorbereitung auf den Museumsbesuch, der Durchführung und der Nachbereitung der Exkursion zum Museum, der Lehrerfunktion Unterrichten zuordnen lässt, ist leicht nachvollziehbar. Zum einen werden den SuS inhaltlich-fachliche Kenntnisse über die deutsch-deutsche Nachkriegsgeschichte, die deutsche Teilung und die Wiedervereinigung vermittelt, zum anderen wird, durch die später geschilderte Vorgehensweise, auch das Methodenrepertoire der SuS erweitert (z.B. Halten eines Referates, Erstellen eines Thesenblattes oder Formulieren eines Feedbacks, Interpretation von fertigen Geschichtsinterpretationen).

Die Planung des in dieser Arbeit vorgestellten Konzepts hat - insbesondere wegen der aktuellen Forderung nach Reform von Unterricht – innovativen Charakter. In diesem Zusammenhang von Innovation zu sprechen ist allein schon aufgrund der etymologischen Herkunft des Wortes gerechtfertigt.[16] Es bedeutet also nicht nur etwas gänzlich Neues schaffen, sondern auch Erneuerung, in diesem konkreten Fall Erneuerung von Unterricht. Die Funktion der Evaluation findet sich auf zwei Ebenen: einerseits werden die SuS das im Folgenden geschilderte Unterrichtsvorhaben mit Hilfe eines Fragebogens evaluieren, andererseits werde ich am Ende dieser Arbeit „eigene berufliche Erfahrungen […] und deren Entwicklung reflektieren und hieraus Konsequenzen ziehen […]“[17].

Bei der Planung und Durchführung des Konzepts werden noch andere Lehrerfunktionen gestreift. Die Unterrichtsplanung beinhaltet im Hinblick auf das konkrete Erkennen der Ausgangssituation dieses Kurses diagnostische Kompetenz. Während der Gruppenarbeitsphase (Vorbereitung der Referate) kommt dem Lehrer vor allem eine beratende Funktion zu. Die Lehrerfunktion Leistung messen und beurteilen kommt bei der Auswertung der Referate zum Tragen. Außerdem kommt der Lehrerfunktion Erziehen in diesem Unterrichtsvorhaben keine unbedeutende Rolle zu. Diese Funktion wird in der Rahmenvorgabe als Beitrag zur „Entwicklung einer mündigen und sozial verantwortlichen Persönlichkeit“[18] definiert, wobei als ein wesentlicher Aspekt auch ausdrücklich auf die Förderung von „Handlungskompetenz“[19] hingewiesen wird. Der Geschichtsunterricht kann auf diese Forderung in spezifischer Weise antworten. So ist, wie oben bereits erwähnt, als oberstes Ziel des Geschichtsunterrichts im Lehrplan die „Annahme demokratischer Ziele und Wertsetzungen“[20] ausgewiesen. Durch eine Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zu Gegenwart kann darauf hin gearbeitet werden. Das Fach Geschichte kann auf diese Weise einen entscheidenden Beitrag zur politischen Bildung der SuS leisten, welche sich in der Folge durch die solchermaßen erworbene demokratische Handlungsfähigkeit der SuS für die Gesellschaft auszahlt.

II Planung, Durchführung und Evaluation eines außerschulischen Lernorts anhand einer Exkursion in das Bonner Haus der Geschichte durchgeführt mit einem Grundkurs 11

1 Theoretische Grundlagen

1.1 Zugrunde liegendes Verständnis und Definition von außerschulischer Lernort und Exkursion

Was versteht man eigentlich unter den Begriffen außerschulischer Lernort und Exkursion ? Welche Schwierigkeit darin liegt, diese Frage eindeutig zu beantworten, zeigt schon die Tatsache, dass selbst in den Richtlinien für das Fach Geschichte in der Sekundarstufe II keinerlei Definition der Begrifflichkeit außerschulischer Lernort vorgenommen wird. Bei der Begrifflichkeit der Exkursion sieht es ähnlich aus. Hier findet eine explizite Erwähnung lediglich in Kapitel 3.2.3. Fachübergreifende, fächerverbindende und projektorientierte Lern- und Arbeitsorganisation statt. Jedoch wird keine eindeutige Unterscheidung zwischen den Begriffen Exkursion und Erkundung vorgenommen.[21] In der Fachliteratur hingegen wird eine Unterscheidung vorgenommen. Auf eine weitergehende Erläuterung dieser Unterscheidung kann an dieser Stelle jedoch verzichtet werden, da es für die vorliegende Arbeit nicht von entscheidender Relevanz ist. Man kann sagen, dass im vorhandenen Fall die Exkursion das Mittel zum Zweck darstellte, da nur so der außerschulische Lernort - das Bonner Haus der Geschichte - als solcher genutzt werden konnte.

1.1.1 Exkursion

Exkursionen erstrecken sich vom Zeitfaktor her, wie im vorliegenden Fall, über einen Unterrichtstag, können aber durchaus auch ganz- oder mehrtägig sein. Die Organisation der Exkursion sollte möglichst selbstständig durch die SuS erfolgen. Allerdings wird gerade zu Beginn die Zusammenarbeit mit einer Lehrkraft nötig sein, um beispielsweise eine erste Verbindung mit der zu besuchenden Einrichtung aufzunehmen. Hilbert Meyer ist der Ansicht, dass Exkursionen oder auch Erkundungen (er setzt diese Begriffe gleich) ganzheitliches, handlungsorientiertes Lernen ermöglichen.[22]

Benachbarte Disziplinen wie Geographie, Biologie oder Pädagogik verwenden den Begriff Exkursion häufig für die Erkundung eines Ortes.

Exkursionen können unterschiedliche Funktionen innerhalb einer Unterrichtsreihe übernehmen. Sie können als Einstieg in eine Unterrichtsreihe oder als Veranschaulichung und Konkretisierung der im Unterricht erworbenen Kenntnisse fungieren.

Exkursionen werden häufig und sollen auch in diesem Fall als Voraussetzung zur Nutzung eines außerschulischen Lernorts gesehen werden.

1.1.2 Außerschulischer Lernort

Nur eine Definition für den Begriff Lernort, aber keine speziell zu außerschulischer Lernort ließ sich in der Literatur finden. Der Deutsche Bildungsrat setzte 1974 eine Definition von Lernort fest: „Unter Lernort ist eine im Rahmen des öffentlichen Bildungswesens anerkannte Einrichtung zu verstehen, die Lernangebote organisiert“[23].

Der Begriff außerschulischer Lernort erklärt sich durch sich selbst. Es ist ein Lernort, der außerhalb der Schule aufgesucht wird. Fritz Kath macht bei dem Ort des Lernens keinen Unterschied: „Der Mensch kann an vielen Orten lernen, und diejenigen, an denen er wirklich lernt, werden für ihn zu Lernorten, unabhängig davon, ob das Lernen gewollt bzw. gesollt ist oder nicht.“[24] Der eben genannte deutsche Bildungsrat hingegen meint mit dem Begriff außerschulischer Lernort bestimmte Einrichtungen. Die Einrichtungen zeichnen sich durch folgende Merkmale aus: Sie sollen didaktisch-lerntheoretisch aufbereitet sein, sowie kooperatives und selbstständiges Lernen ermöglichen. Experten helfen dabei zu neuen Erkenntnissen zu kommen.[25] Außerschulische Lernorte ermöglichen sinnlich-rationale Erfahrungen und können Bildungsprozesse anregen.[26] Sie können sowohl von Schulklassen und Kursen besucht werden, als auch von Privatpersonen.

Zahlreiche außerschulische Lernorte können für den Geschichtsunterricht genutzt werden. In der Geschichtsdidaktik wird häufiger der Begriff historischer Lernort verwendet. Es stellt sich nun die Frage, wie sich dieser von dem des außerschulischen Lernorts unterscheidet. Bernd Hey unterscheidet diese Begrifflichkeiten nicht: „Hey bestimmt die Lernorte formal nach dem Kriterium ihrer Lage außerhalb des Schulgebäudes und bezieht deshalb neben sog. Historischen Stätten auch Museen und Archive mit ein“[27]. Andere Autoren hingegen sehen nur Orte als historische Orte, an denen Geschichte stattgefunden hat, also z.B. Ausgrabungsstätte und Mauerreste.[28] Trotz dieser unterschiedlichen Auffassung sind sich alle Autoren über ein Merkmal eines historischen Lernorts einig, ohne das ein historischer Lernort nicht als dieser bezeichnet werden könnte: „Erst die Möglichkeit zu Erkenntnisgewinn, also das Vorhandensein von Ansatzpunkten zum Aufzeigen historischer Sachverhalte, zum Nachfragen und zum Untersuchen, macht ihn dazu.“[29] Aus diesem Grund können auch Museen als historische Lernorte gesehen werden.[30] Diese Auffassung liegt der vorliegenden Arbeit zugrunde. Folgende weitere Merkmale machen ein Museum zu einem außerschulischen Lernort und sollten deshalb zum Abschluss genannt werden:

- „die Unmittelbarkeit, Direktheit und Authentizität der Objekte,
- das Ansprechen mehrerer Sinne und die permanente Wahrnehmung des Objektes beim Lernenden,
- die Fülle der Exponate und die darin zu entschlüsselnden Ordnungsprinzipien und Informationen,
- die Verbindung von Wissenserweiterung und Unterhaltung.“[31]

1.2 Chancen und Grenzen eines Museumsbesuchs

Schon seit der Reformpädagogik wird das Verlassen des Klassenraums als Lernmöglichkeit gefordert. Doch welche Chancen hat das historische Lernen außerhalb des Klassenraums? Zunächst sollen die geschichtsdidaktischen Vorzüge eines Museumsbesuchs beleuchtet werden, bevor die Grenzen des außerschulischen Lernens behandelt werden.

Da man im Museum Quellen in Form von Sachzeugnissen begegnen wird, soll besonders auf Sachzeugnisse eingegangen werden, da diese eng mit den Chancen eines Museumsbesuchs zusammenhängen. Zunächst muss angemerkt werden, dass es mobile und immobile Sachzeugnisse gibt.[32] Für die immobilen Sachzeugnisse gilt, dass sie in einem Museum aufgesucht werden müssen, wohingegen mobile Sachzeugnisse theoretisch auch in die Schule mitgebracht werden können. Letzteres scheitert häufig an Wert und Größe der Objekte.

Auf verschiedenen Ebenen lassen sich Vorteile für die Arbeit mit historischen Sachzeugnissen und somit für einen Museumsbesuch finden. Als Erstes ist die illustrierende Form von Sachquellen zu nennen. Marc Bloch ist der Ansicht, dass es schwierig sei, schriftlichen Quellen und Vergangenem Leben einzuhauchen, d.h. Farbe einzuhauchen.[33] Demnach hat der Geschichtsunterricht einen hohen Illustrationsbedarf. Sachquellen sind hilfreich, weil es SuS erleichtert wird, das Vergangene in ihren Köpfen zu reproduzieren. Sie haben, anders als schriftliche Quellen, z.B. im Schulbuch, dreidimensionale Ausdehnung und können vermitteln, dass Geschichte neben der zeitlichen auch eine räumliche Dimension hat.[34] Jedoch dominieren schriftliche Quellen den Geschichtsunterricht.[35]

Die so genannte Emanzipation ist ein weiterer Vorteil von der Arbeit mit Sachzeugnissen. Damit ist gemeint, dass die SuS Geschichte an Sachquellen nicht mehr auf die bloße Autorität des Lehrers und dessen autoritativen Einsichten hin lernen, sondern sie können selbst durch Anschauung der Sachquellen Erkenntnisse gewinnen.

Außerdem kann die Methodenkompetenz der SuS mithilfe von Sachquellen gefördert werden. „Sie können z.B. die unterschiedliche Aussagekraft verschiedener Quellenarten selbst erfahren; so kann ihnen etwa ein Brief Auskunft geben über Gefühle und subjektive, individuelle Bedeutungszuschreibungen, während eine Sachquelle z.B. den Stand der technischen Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur widerspiegelt.“[36]

Ein Beispiel für das Methodenlernen ist, wie bei schriftlichen Quellen auch, dass die SuS die Unterscheidung zwischen absichtlich und unabsichtlich überlieferten Quellen (Überrest und Tradition) erlernen. Des Weiteren können sie den unterschiedlichen Quellenwert beider Quellengattungen kennen lernen. Gerade an Gegenständen zeigt sich, weil sie für sich genommen kaum eine Auskunft, geschweige denn Kausalitäten kundtun, wie wichtig Vorkenntnisse, Vergleiche und von vornherein Fragen an die Quelle sind. Obwohl die Interpretation gegenständlicher Quellen schwieriger ist, hat diese einen hohen Aufforderungscharakter zum Spekulieren und Hypothesen bilden. Dieser Aufforderungscharakter lässt die SuS in die Rolle des Forschers schlüpfen[37] (forschend-entdeckendes Lernen)[38]. Ein weiteres Beispiel für das Methodenlernen ist folgendes: Auch wenn Sachquellen in Museen durch ihre Materialität einen direkten Zugang zu Geschichte zu vermitteln scheinen, sind sie dennoch ein Teil einer Ausstellung, der wiederum Teil einer Rekonstruktion von Geschichte ist.[39] „Die genaue Analyse einer Ausstellung schult also eine der grundsätzlichen Techniken im Umgang mit Geschichte: die Fähigkeit, fertige Geschichtsinterpretationen zu dekonstruieren.“[40]

Auch angesichts der Tatsache, dass der Geschichtsunterricht Emotionen möglicherweise zu wenig anspricht, erweisen sich gegenständliche Quellen als vorteilhaft. Die Exponate im Museum sollen bei den SuS Emotionen hervorrufen, da diese oft einen hohen Motivationsanreiz darstellen und Interesse wecken[41]. Berit Pleitner ist der Ansicht, dass die Exponate im Museum den Zugang zur Geschichte durch ihre Anmutungsqualität erleichtern.[42] Die Anmutungsqualität wird durch die Authentizität der Gegenstände erreicht. SuS sind beeindruckt von dem Alter oder dem hohen Wert der Objekte.[43] „Lassen sich die Schüler auf die Exponate ein, kann es ihnen gelingen, über diesen emotionalen Zugang eine Vorstellung von geschichtlichen Lebenswelten zu entwickeln. Dies ist der große Vorteil von Exponaten: Sie regen die historische Imagination an.“[44]

Trotz aller Vorteile weist das außerschulische Lernen auch Grenzen und Probleme auf. Die Autoren Burk und Claussen nennen allgemeine Probleme, die bei dem Besuch eines außerschulischen Lernorts auftreten können. Die Wegstrecken bedeuten eine zusätzliche finanzielle Belastung für die SuS. Deshalb wählen Lehrkräfte oftmals Medien als Alternative. Außerdem muss eine Begleitperson für den Besuch eines außerschulischen Lernorts gefunden werden. Dies kann sich als schwierig herausstellen, da einige Lehrkräfte einen zeitlichen Mehraufwand scheuen. Des Weiteren befürchten viele Lehrkräfte, dass ihre Lerngruppe nicht die nötige Disziplin an einem außerschulischen Lernort zeigt, zumal viele Orte unübersichtlich zu kontrollieren sind.[45]

Zudem können aus fachlicher Sicht Probleme entstehen. Mit dem Besuch eines außerschulischen Lernorts ist „oft die Hoffnung verknüpft, die Lebendigkeit, Ursprünglichkeit und Unmittelbarkeit von Geschichte zurückgewinnen zu können. Aber auch außerhalb der Schule lässt sich vergangenes Geschehen (res gestae) nicht direkt erfahren, ist nicht die Geschichte selbst zu finden.“[46] Außerdem fehlt oftmals die didaktische Aufbereitung der geschichtlichen Zeugnisse oder die Zeugnisse wurden durch spätere Eingriffe verfälscht. Diese Aspekte müssen den SuS bewusst gemacht werden. Die aufgeführten Probleme und Grenzen des außerschulischen Lernens müssen von der Lehrperson bei der Planung berücksichtigt werden.

1.3 Planungsüberlegungen – Der methodische Dreischritt

Um einen außerschulischen Lernort möglichst effektiv nutzen und einen hohen Lernerfolg erzielen zu können, bedarf es einer besonderen Planung der Unterrichtssequenz, in die das Unterrichtsvorhaben eingebettet ist. Verschiedene Didaktiker[47] schlagen deshalb einen methodischen Dreischritt vor, der im Folgenden kurz dargestellt wird:

1. „Vorbereitung (auf das Lernen vor Ort)
2. Durchführung (handelnde Auseinandersetzung mit dem Ort)
3. Nachbereitung (Auswertung und Festigung der Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen)“[48]

Im Rahmen der Vorbereitung müssen sowohl organisatorische als auch didaktisch-methodische Überlegungen gemacht werden. Grundlegend bei den organisatorischen Überlegungen ist die Auswahl des Exkursionsziels. Informationsmaterial wie z.B. Ausstellungskataloge und der Kontakt mit dem Ausflugsziel, können bei der Wahl des Ziels hilfreich sein. Ist dieses ausgesucht, müssen die Schulleitung um Erlaubnis gefragt, die SuS in Kenntnis gesetzt und der Hin- und Rückweg geplant werden. Bei Letzterem gilt, die preisgünstigste Variante zu finden.[49]

Zu Beginn der didaktisch-methodischen Überlegungen sollte festgelegt werden, welche Stelle die Exkursion in der Unterrichtsreihe haben soll. Außerdem sollten Ziele des gesamten Unterrichtsvorhabens formuliert werden. Zu Beginn muss das Vorwissen der SuS abgefragt werden, um ggf. die Ziele dem Vorwissen der SuS anzupassen. Die Abfrage des Vorwissens kann mithilfe verschiedener Methoden (z.B. Kartenabfrage, MindMap oder Placemat) geschehen. Überlegungen müssen auch im Hinblick auf die Arbeitsform, in der die SuS vor dem Besuch des außerschulischen Lernorts und während dessen arbeiten, gemacht werden. Für den Besuch des außerschulischen Lernorts müssen Arbeitsblätter oder Beobachtungsaufträge erstellt werden[50] und ggf. bei einem Vorbesuch des außerschulischen Lernorts überprüft werden.

Während der Durchführung, also der konkreten Auseinandersetzung mit dem außerschulischen Ort, sind verschiedene Aufgaben und Arbeitsformen denkbar. Da mögliche Arbeitsformen, beispielsweise in einem Museum, so vielseitig sind, werden diese gesondert unter 1.4. dargestellt.

Die Nachbereitung dient dazu, das gemeinsam Erlebte, Gesehene und Erfahrene während der Exkursion zu kommunizieren.[51] Hier müssen sowohl die Arbeitsergebnisse als auch die Eindrücke, die die SuS bei der Exkursion gemacht haben, besprochen werden. Die Arbeitsform des Unterrichtsgesprächs empfiehlt sich hierfür. Es bietet sich an, dass die SuS ihr Erlebtes auch außerhalb der Lerngruppe schildern können. Bei Elternabenden, durch einen Bericht in der Schülerzeitung oder einer Ausstellungen können die SuS ihre Arbeiten und ihre Erfahrungen darstellen.

[...]


[1] Comenius, Johann Amos: große Didaktik zitiert nach Kaulfuß, Ralf, u.a.: Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung: Geschichte vor Ort. Anregungen für den Unterricht an außerschulischen Lernorten. Handreichung für den Geschichtsunterricht am Gymnasium, Donauwörth 1999, S. 9.

[2] Programme for International Student Assessment, die seit dem Jahr 2000 im dreijährigen Turnus den meisten Mitgliedstaaten der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) durchgeführt werden und zum Ziel hat, die Fähigkeiten und Kenntnisse 15jähriger Schülerinnen und Schüler zu messen.

[3] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit im Folgenden mit SuS abgekürzt.

[4] Vgl. Ministerium für die Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW (Hrsg.): Richtlinien und Lehrpläne Geschichte für die Sekundarstufe II – Gymnasium/Gesamtschule in NRW, Frechen: Ritterbach Verlag, 1999, S. XIX.

[5] Ebd. S. 5.

[6] Vgl. Ebd. S. 7.

[7] Vgl. Ebd. S. 7

[8] Vgl. Sauer, Michael: Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik, Seelze 2007, S. 35.

[9] Vgl. Ebd. S, 34.

[10] Vgl. Kaulfuß, Ralf, u.a.: Geschichte vor Ort, S. 9.

[11] Vgl. Sauer, Michael: Geschichte unterrichten, S. 143.

[12] Ebd. S. 143.

[13] Ebd. S. 143.

[14] Reeken, Dietmar von: Gegenständliche Quellen und museale Darstellungen, in: Geschichtsdidaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II, Berlin 2003, S. 137-150, S. 148.

[15] Rahmenvorgabe für den Vorbereitungsdienst in Studienseminar und Schule. Runderlass des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen vom 01.07.2004 (BASS 20 – 03 Nr. 21).

[16] Das Wort ist von den lateinischen Begriffen novus „neu“ bzw. innovatio „etwas neu Geschaffenes“ abgeleitet.

[17] Vgl. Rahmenvorgabe für den Vorbereitungsdienst.

[18] Ebd.

[19] Ebd.

[20] Vgl. Richtlinien und Lehrpläne, S. 5.

[21] Vgl. Ebd. S. 64.

[22] Meyer, Hilbert, UnterrichtsMethoden II: Praxisband, Berlin 2007, S.327.

[23] Vgl. Deutscher Bildungsrat: Zur Neuordnung der Sekundarstufe 2, Konzept für eine Verbindung von allgemeinem und beruflichem Lernen, Empfehlungen der Bildungskommission, Bonn: 1974, auch Traub, Silke in „Das Museum als Lernort für Schulklassen“ verwendet diese Definition, S. 53.

[24] Kath, Fritz: Einführung in die Didaktik, Alsbach 1984 zit. nach Traub, Silke: Das Museum als Lernort für Schulklassen. Eine Bestandsaufnahme aus der Sicht von Museen und Schulen mit praxiserprobten Beispielen erfolgreicher Zusammenarbeit, Hamburg 2003, S. 53.

[25] Vgl. Ebd. S. 54.

[26] Ebd.

[27] Hey, Bernd: Die historische Exkursion. Zur Didaktik und Methodik des Besuchs historischer Stätten, Museen und Archive, Stuttgart 1978. Zit. nach: Mayer, Ulrich: Historische Orte als Lernorte, in: Mayer, Ulrich/ Pandel, Hans-Jürgen/ Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht, Schwalbach/Ts. 2007, S. 389-407, S. 390.

[28] Vgl. Ebd.

[29] Vgl. Kaulfuß, Ralf, u.a.: Geschichte vor Ort, S. 12.

[30] Ebd.

[31] Igl, Josef: Die Schüler im Kooperationsfeld von Schule und Museum in der Region, Rheinfelden 1993, zit. nach: Traub, Silke: Das Museum als Lernort für Schulklassen, S. 54.

[32] Vgl. Reeken, Dietmar von: Gegenständliche Quellen und museale Darstellungen, S.137.

[33] Bloch, Marc: Apologie der Geschichte oder Der Beruf des Historikers, hrsg. v. Lucien Febvre, Stuttgart 1992, S. 57f.

[34] Hey, Bernd: Exkursionen, Lehrpfade, alternative Stadterkundungen. In: Bergmann, Klaus; u. a.(Hrsg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik, Seelze-Velber 1997, S. 727-731, S. 728.

[35] Vgl. Ebd.

[36] Reeken, Dietmar von: Gegenständliche Quellen und museale Darstellungen, S. 139.

[37] Vgl. Ebd. S. 193.

[38] Vgl. Pleitner, Berit: Geschichte im Museum, S. 121.

[39] Vgl. Ebd. S. 122.

[40] Ebd. S. 122.

[41] Vgl. Reeken, Dietmar von: Gegenständliche Quellen und museale Darstellungen, S. 141.

[42] Vgl. Pleitner, Berit: Geschichte im Museum, S. 121.

[43] Vgl. Ebd.

[44] Ebd.

[45] Vgl. Burk, Karlheinz / Claussen, Claus: Lernorte außerhalb des Klassenzimmers II: Methoden - Hintergründe. In: D. Haarmann (Hrsg.): Beiträge zur Reform der Grundschule – Band 49. Frankfurt am Main 1981, S. 177ff.

[46] Kaulfuß, Ralf, u.a.: Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung: Geschichte vor Ort. Anregungen für den Unterricht an außerschulischen Lernorten. Handreichung für den Geschichtsunterricht am Gymnasium, Donauwörth 1999, S. 14.

[47] Sowohl Karlheinz Burk und Claus Claussen als auch Petra Sauerborn und Thomas Brühne nennen diesen methodischen Dreischritt in: Burk, Karlheinz / Claussen, Claus: Lernorte außerhalb des Klassenzimmers II und Sauerborn, Petra / Brühne, Thomas: Didaktik des außerschulischen Lernens, Baltmannsweiler 2007, S. 76.

[48] Sauerborn, Petra und Brühne Thomas: Didaktik des außerschulischen Lernens, S. 76.

[49] Vgl. Mayer, Ulrich: Historische Orte als Lernorte, S. 402.

[50] Vgl. Ebd.

[51] Burk, Karlheinz und Claussen, Claus, Lernorte außerhalb des Klassenzimmers II, S.36.

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Details

Titel
Planung, Durchführung und Evaluation eines außerschulischen Lernorts. Exkursion in das Bonner "Haus der Geschichte" durchgeführt mit einem Grundkurs 11
Hochschule
Studienseminar für Lehrämter an Schulen Oberhausen
Note
gut (2,0)
Autor
Jahr
2009
Seiten
36
Katalognummer
V323421
ISBN (eBook)
9783668229891
ISBN (Buch)
9783668229907
Dateigröße
686 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
planung, durchführung, evaluation, lernorts, exkursion, bonner, haus, geschichte, grundkurs
Arbeit zitieren
Janine Diedrich-Uravic (Autor:in), 2009, Planung, Durchführung und Evaluation eines außerschulischen Lernorts. Exkursion in das Bonner "Haus der Geschichte" durchgeführt mit einem Grundkurs 11, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323421

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