Hans Domizlaff. Begründer der Markentechnik und führender Kommunikationsexperte der Weimarer Republik


Hausarbeit, 2015

32 Seiten, Note: 2,0

Janine Griebmann (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Biografischer Hintergrund
2.1 Kindheit und Jugend ab 1892 bis
2.2 Studienzeit und Zeit als Kunstmaler ab 1912 bis
2.3 Zeit als Markenberater ab 1921 bis
2.4 Weitere Stationen bis

3 Zentrale Leistungen
3.1 Propagandamittel der Staatsidee: Die Propagandatheorie
3.2 Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens: Die Markentheorie
3.3 Weitere Arbeiten

4 Zusammenfassung

5 Quellenverzeichnis

Anhang

Selbstständigkeitserklärung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Domizlaff,

Abbildung 2: Domizlaff im Alter von 30 Jahren

Abbildung 3: Zigarettenschachtel der „R6“

Abbildung 4: Werbeplakat für die Marke Senoussi

Abbildung 5: Werbeplakat für die Marke OVA

Abbildung 6: „Der Herr im Frack“

Abbildung 7: Der neue Telefonapparat

Abbildung 8: Domizlaffs „Tulpenrand“ als Labelumrandung der Archiv Produktion

Abbildung 9: Die Wein-Marke „Medinet“

Abbildung 10: Domizlaff auf seinem Segelboot Dirk III

Abbildung 11: Beispiele propagandistisch schwacher und wirksamer Flaggen

Abbildung 12: Die 22 Grundgesetze der natürlichen Markenbildung

Abbildung 13: Domizlaffs Hochseeyacht Dirk III

Abbildung 14: Hans Domizlaffs Autobiographie, Band

Abbildung 15: Hans Domizlaffs Autobiographie, Band

Abbildung 16: Hans Domizlaff – Begründer der Markentechnik

Abbildung 17: Brief von Verleger Ullstein an Domizlaff,

Abbildung 18: Brief von Reichskanzler Brüning an Domizlaff,

1 Einleitung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Ein Mann ‚in den besten Jahren‘, von kräftiger, holsteinischer Statur, dessen Gesicht die Züge des Humors, der Güte und der Nachdenklichkeit tragen, äußerlich kein Gelehrtentyp, wie man es vielleicht von einem Mann erwartet, der ein Denker, Philosoph und Forscher ist“ (o. A. 1952: o. S.).

Abbildung 1: Domizlaff, 1967 (Quelle: Schindelbeck 2006: 89)

Hans Domizlaff war ein deutscher Kunstmaler, Schriftsteller, Werbeberater und Kommunikationsexperte. „Er hat u. a. dem Gebiet der Reklame einen neuen Sinn, nämlich als Werbung um öffentliches Vertrauen, gegeben. Ferner ist er Begründer der Markentechnik und Mitbegründer der Werbepsychologie überhaupt“ (o. A. 1952: o. S.). Domizlaff wirkte in Leipzig, Hamburg und Berlin vor allem als Schöpfer bekannter Marken und Markenartikel wie „Ernte 23“ und „R6“. Unternehmen, die er beraten hat, waren unter anderem die Reemtsma Cigarettenfabriken AG und die Siemens AG. Außerdem veröffentlichte er einige bedeutsame Bücher, wie „Typische Denkfehler der Reklamekritik“ (1929), „Propagandamittel der Staatsidee“ (1932), „Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens“ (1939) oder „Nachdenkliche Wanderschaft“ (1950).

„Für die einen ist er ein Tausendsassa, der als Künstler, Schriftsteller, Flieger, Astronom, früherer Umweltschützer und Segler rastlos seinen Ideen nachging und Aktion um Aktion umsetzte. Für die anderen ist er ein Philosoph auf nachdenklicher Wanderschaft, ein Feingeist, Förderer von Künstlern und Musikern, universell gebildeter und belesener Gesprächs- und Streitpartner“ (Sumerauer 2007a: 40).

Die vorliegende Hausarbeit soll einen Überblick über das Leben und die Leistungen von Domizlaff geben. Nach einer Beschreibung des biografischen Hintergrunds (Kapitel 2) werden zwei zentrale Werke von Domizlaff vorgestellt und kritisch betrachtet: „Propagandamittel der Staatsidee“ und „Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens“ (Kapitel 3). Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung sowie einer Einschätzung zur heutigen Bedeutung von Domizlaff (Kapitel 4).

2 Biografischer Hintergrund

In diesem Kapitel soll zunächst die Kindheit, Jugend und Studienzeit von Domizlaff erläutert werden. Anschließend folgt die Darstellung seiner Zeit als Kunstmaler und als Markenberater sowie weitere Stationen in seinem Leben bis zu seinem Tod 1971.

2.1 Kindheit und Jugend ab 1892 bis 1911

Hans Domizlaff wird am 9. Mai 1892 in Frankfurt am Main geboren. Im Alter von vier Jahren zieht er mit seiner Familie nach Erfurt. Ab 1904 geht er auf ein Internat bei Gotha und ab 1906 besucht er das Realgymnasium in Leipzig. Dort wird er zum ersten Mal im Zeichnen unterrichten. Nach einem Zusammentreffen mit Max Klinger 1908 und einem Besuch seines Ateliers entdeckt Domizlaff seine Liebe zur Malerei (Vgl. Sumerauer 2007c: 50). Er zeichnet gern und fühlt sich schon früh als Künstler, erhält jedoch dafür keine Anerkennung, wie Domizlaff in seiner Autobiografe beschreibt:

„Ich war kränklich, schwächlich, übernervös und für meine Mitmenschen zu Hause und in der Schule unbefriedigend. Alle denkbaren Kinderkrankheiten habe ich nacheinander mit größter Gründlichkeit durchgemacht, und dabei war ich verzweifelt darüber, so anders zu sein als die übrigen Kinder […]. Voll Spannung wartete ich auf die nächste Zeichenstunde, um mein schönes Werk vorzuzeigen. Der Lehrer betrachtet es schweigend, als die Reihe an mich gekommen war. Dann fragte er sinnend: „Hast Du das allein gemacht?“ Voll geschwellten Selbstbewußtseins versicherte ich ihm die Tatsache. Er fragte mich zum zweiten Mal. Plötzlich fühlte ich mein Herz klopfen. Ich hatte mir die Anerkennung viel spontaner erträumt und war tief enttäuscht. Wieder fragt der Lehrer und erhält zur Antwort: „Ja, Herr Lehrer, das habe ich ganz allein gemacht!“ Schweigend holte der Zeichenlehrer den Rohrstock aus dem gelben Schrank. Schweigend packte er mich am Kragen. Meine Welt stürzte ein. Nach dem dritten Schlag fragt er wieder. Ich schwieg völlig verwirrt. Ich war entsetzlich empfindlich gegenüber körperlichen Schmerzen […]. Zu Hause erzählte ich beim Mittagessen auf Befragen über Schulvorkommnisse, daß ich mit meinem Bild einen riesigen Erfolg gehabt hätte. Es war eine lange Geschichte, die sehr reich ausgeschmückt war, und ich erlebte in ihr die Erfüllung aller von der Wirklichkeit betrogenen Hoffnungen (Domizlaff 1950: 46ff.).

Neben der Malerei ist auch das Segeln eine große Leidenschaft von Domizlaff. Im Alter von 19 Jahren sammelt er erste praktische Erfahrungen im Segeln auf der Flensburger Förde. Den Sommert 1911 verbringt er in Paris, anschließend reist er durch die Normandie und die Bretagne. Im selben Jahr legt er seine Reifeprüfung und sein Abitur in Eilenburg ab (Vgl. Sumerauer 2007c: 50).

„Dazu kommt die außergewöhnliche Vielfalt seiner Interessen: Malerei, Schauspiel, Bühnenbildnerei, Musik, Literatur, Psychologie, Segeln, Organisation, Didaktik, Astronomie, Mathematik, Philosophie, Reklame und Werbung als Kulturaufgaben, Naturschutz, Landwirtschaft, Politik, Religion, Unternehmertum“ (Sumerauer 2007a: 40).

2.2 Studienzeit und Zeit als Kunstmaler ab 1912 bis 1920

Nach seiner Schulzeit, in der sich Domizlaff bereits einen Namen als Kunstmaler macht, beginnt er ein Studium der Malerei, Philosophie und Mathematik in Paris. Dort widmet er sich weiterhin intensiv der Malerei und trifft auf bekannte Künstler wie Maria Vassilief und Fernand Léger (Vgl. Sumerauer 2007c: 50). Sein erhoffter Erfolg als Kunstmaler bleibt jedoch aus und er beginnt, sich mit der Struktur des Massengehirns zu beschäftigen. Er liest vor allem Nietzsche und LeBons Psychologie der Massen. „Er hat nur ein geradezu wahnwitziges Ziel: die Masse, die unfähig zu jedem verstandesmäßig generierten (Qualitäts-)Urteil ist, wie ein Dompteur zu beherrschen, um letztlich auch seine eigenen künstlerisch-schöpferischen Leistungen durchzusetzen“ (Vgl. Schindelbeck 2006: 82).

Den Sommer 1913 verbringt Domizlaff in England. Im Frühjahr 1914 reist er über Spanien nach Marokko und im Juli über Barcelona und Venedig zurück nach Deutschland. Im September beschließt Domizlaff eine private Ausbildung zum Flugzeugführer zu machen. Zwei Monate später stürzt er bei einem Flugzeugtest ab. Er überlebt nur schwerverletzt und kann somit nicht als Flieger in den ersten Weltkrieg ziehen. Stattdessen besucht er diverse Veranstaltungen an der Universität Leipzig und inszeniert „Woyzek“ von Georg Büchner (Vgl. Sumerauer 2007c: 51).

1916 meldet sich Domizlaff als Kriegsfreiwilliger in der Flieger-Ersatzabteilung, wo er zum Luftbildfotografen ausgebildet wird. 1919 richtet er als Kunstmaler ein Atelier in Leipzig ein und entwirft Messekojen, Plakate und Buchillustrationen. Außerdem arbeitet er als Bühnen-bildner in der Theaterwerksatt am Schauspielhaus in Leipzig. Ein Jahr später inszeniert er Büchners „Dantons Tod“ am Volkstheater und beginnt mit ersten Arbeiten als Gebrauchsgrafiker. Ein paar Monate später arbeitet er schließlich als künstlerischer Berater der Druckerei und des Packmittelherstellers Wezel & Naumann. Er beginnt sich mit dem Gebiet der Reklame auseinander zu setzen und entwickelt erste Werbemittel für die Schuhfabrik Lingel in Erfurt (Vgl. ebd.: 51).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Domizlaff im Alter von 30 Jahren (Quelle: Sumerauer 2012: o. S.)

2.3 Zeit als Markenberater ab 1921 bis 1965

1921 trifft Domizlaff auf der Leipziger Frühjahresmesse den Zigarettenfabrikant Phillip F. Reemtsma und sein Leben nimmt eine entscheidende Wendung, wie er in seiner Autobiografie beschreibt (Vgl. Schindelbeck 2006: 83f.):

„Du hast dich lange genug mit Physik und Mathematik beschäftigt, um mit Maß und Zahl umgehen und dir technische Dinge verständlich machen zu können. Du kennst Form und Farbe, du kannst in vielen angewandten Aufgaben der bildenden Kunst stilbestimmend wirken und auch mehr Nutzen für die Allgemeinheit stiften, als wenn du im Atelier sitzt und dich mit eigenen Kompositionen abquälst. Du hast Kunstgeschichte studiert und eine leise Ahnung davon mitbekommen. Du bist schriftstellerisch tätig gewesen und besitzt eine gute Allgemeinbildung. Du hast aber auch den kaufmännischen Rechenstift üben müssen sowie die Sorgen und Nöte des Vertreterberufs erlebt. Du kennst deine große Empfindlichkeit gegenüber allen psychischen Wirkungsmitteln der Sprache und der Graphik. Du bist praktisch Massenpsychologe gewesen und verfügst hierin über einen beträchtlichen Erfahrungsschatz. Du kennst die deutschen Landschaften und einen ausreichenden Teil des europäischen Auslandes mit den Besonderheiten ihrer Bevölkerung. Du kannst abstrahieren und einigermaßen vorurteilslos denken. Alle diese anfänglich zusammenhanglos erscheinenden Spielereien, von denen keine einzige bislang ausgereicht hat, einen wirklichen Lebensberuf daraus zu machen, haben einen einzigen Nenner: das Werbefach“ (Domizlaff 1950: 437).

Domizlaff arbeitet von nun an als Werbeberater in der Zigarettenfabrik von Bernhard Reemtsma und seinen Söhnen Philipp F. Reemtsma und Hermann F. Reemtsma in Erfurt. Mit einem neuen Produkt soll ein Experiment gewagt werden, welches nicht durch marktschreierische Reklame, sondern durch besonders gute Tabakqualität überzeugen soll. Im Mai 1921 entwickelt Domizlaff in kurzer Zeit ein Konzept und es entsteht die erste Marke: die „R6“ (Vgl. Abbildung 3, Vgl. Schindelbeck 2006: 84).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Zigarettenschachtel der „R6“ (Quelle: Sumerauer 2007b: 41)

In den folgenden Jahren kreiert er weitere Markennamen wie „Gelbe Sorte“ (1921), „Ernte 23“ und „Ova“ (1925) sowie „Swaneblom“ (1921), „Cavalla“ (1922) und „Erste Sorte“ (1923). Außerdem entwirft er die bekannte Zigarettenmarke „Senoussi“ (1924). Eine von Domizlaff selbst gezeichnete Illustration ziert die Verpackung mit einer geheimnisvollen Versammlung von Beduinen in der Wüste (Vgl. Abbildung 4). 1923 reist er für Aufnahmen für Werbefilme bei den Tabakerzeugern und Lieferanten durch Bulgarien, Griechenland und die Türkei (Vgl. Sumerauer 2007c: 51). 1932 kommt es zum ersten Relaunch. Aus der Marke „R6“ wird „R6 o/M“, welche schließlich die erste überregionale und umsatzstärkste Marke in Europa wird. Da der Firmensitz der Reemtsma Zigarettenfabrik in Hamburg liegt, verlegt Domizlaff seinen Wohnsitz 1927 dorthin. Mittlerweile ist er sogar Teilhaber. Aus der Zwischenkriegszeit stammen zudem einige Slogans von Domizlaff wie „Ova im Araberformat“ (Vgl. Abbildung 5) oder „R6 – doppelt fermentiert – 4 Pfennig“ (Vgl. Sumerauer 2007b: 41f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Werbeplakat für die Marke Senoussi (Quelle: Deichsel 1992: 146)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Werbeplakat für die Marke OVA (Quelle: Sumerauer 2007b: 42)

Weitere Firmen, die Domizlaff in den 1930er Jahren berät, sind Söhnlein Sekt, Norddeutsche Lloyd, Franck-Kathreiner und der Ullstein Verlag. „Die oberste Prämisse bei allen gestalterischen Leistungen waren für ihn Sachlichkeit und Würde im Auftritt. Die betonte Zurückhaltung schien ihm geeignet, Leistungsernst darzustellen und das Vertrauen der Kundschaft zu gewinnen“ (ebd.: 42).

Domizlaff versteht es, die Massenseele zu durchdringen und so die Menschen zu beeinflussen. Die Markennamen fungieren dabei als Magnete, die das Vertrauen der Kunden anziehen sollen, ohne das eine laute Reklame oder ein massiver Verkaufsdruck notwendig ist. „Auf diese Weise wird die Ware selbst zu ihrer besten Werbung, sozusagen ein sich selbst empfehlendes Gesamtkunstwerk, das durch Name, Logo, Verpackung, Preis mit einer einzigen, dafür aber umso kräftigeren Stimme spricht“ (Schindelbeck 2006: 84).

In seinem 1929 veröffentlichten Buch „Typische Denkfehler der Reklamekritik“ schreibt Domizlaff: „Die Kunst der Reklame beruht darin, so wenig wie möglich Reklame zu machen, d. h. soweit sich dies mehr oder weniger in Geld ausdrückt, um dafür aber mit einem Minimum an Kräften die größtmögliche Wirkung zu erzielen“ (Domizlaff 1929: 218).

Ende 1933 wird Domizlaff von Carl Friedrich von Siemens eingeladen. Er soll für die unter der Marke „Protos“ hergestellten Elektrogeräte wie Kühlschränke, Bügeleisen, Waschmaschinen, Radio- und Telefongeräte eine neue Werbekampagne entwickeln. Domizlaff entscheidet sich jedoch dafür, nicht nur Werbung für die neuen Geräte zu machen, sondern die Firma Siemens grundlegend umzubauen (Sumerauer 2007b: 43).

„Er war ein schwieriger, empfindsamer und vereinnahmender Mensch. Er besaß Weitsicht, viel Phantasie und hatte große Gedanken – er war einer, der seiner Zeit ungeduldig vorauslief und seine Gesprächspartner und Auftraggeber oft genug mit seinen Ideen überforderte“ (Sumerauer 2007a: 40).

Domizlaff entwickelt ein Konzept, in dessen Zentrum die Hauptwerbeabteilung und die Verkaufsorganisation stehen sollten. „Hans Domizlaff war nicht nur bei der Schaffung einer auf das Markenartikelgeschäft ausgerichteten und erfolgreichen Unternehmens-struktur beteiligt, sondern schuf auch das weltweit bekannte Corporate Design von Siemens, den bis in die Wirtschaftswunderjahre fortgesetzten und von anderen Unternehmen der Branche oft kopierten „Siemens-Stil“ (Sumerauer 2007b: 43).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: „Der Herr im Frack“ (Quelle: Schindelbeck 2006: 85)

Außerdem entsteht nach Domizlaffs Entwürfen von 1935 bis 1937 eine Serie von Radio-Geräten. Die „Siemens-Schatulle 53 WL“, besser bekannt als der „Der Herr im Frack“, wird unter dem Slogan „Zeitlos in Leistung und Stil“ vermarktet, jedoch mit wenig Erfolg (Vgl. Abbildung 6, Vgl. ebd.).

Des Weiteren entwickelt Domizlaff für Siemens einen neuen Telefonapparat, bei dem sich auf der rechten Seite die geraden und auf der linken Seite die ungeraden Zahlen befinden (Vgl. Abbildung 7). 1938 übernimmt er die Werbeleitung der Firma Siemens.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Der neue Telefonapparat (Quelle: Sumerauer 2007b: 43)

Domizlaff arbeitet auch weiterhin für andere Firmen. Im Auftrag des Norddeutschen Lloyd reist er 1939 mit dem Passagierschiff „Gneisenau“ nach Asien. Die Ziele sind Hongkong, Bali, Bangkok und Birma. Nach einem Gutachten von Domizlaff soll eine neue Generation von Passagierschiffen gebaut werden (Vgl. Sumerauer 2007c: 42).

1941 beendet Domizlaff zunächst die Zusammenarbeit mit der Firma Siemens, nimmt diese nach dem zweiten Weltkrieg jedoch wieder auf. Domizlaff schlägt Ernst von Siemens die Einrichtung eines musikhistorischen Studios der Deutschen Grammophon Gesellschaft vor. 1946 entwickelt er dafür ein Konzept unter dem Namen „Archiv Produktion“ mit zwölf Forschungsbereichen (Vgl. Abbildung 8). Neben diesem Projekt betreut Domizlaff mehrere Schallplattenlabels der Deutschen Grammophon Gesellschaft wie die Marken „Polydor“, „Brunswick“, „Heliodor“ oder das „Literarische Archiv“ (Vgl. Sumerauer 2007b: 44).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Domizlaffs entwickelter „Tulpenrand“ als Labelumrandung der Archiv Produktion (Quelle: Schindelbeck 2006: 86)

„Und doch befriedigt ihn, der sich so gerne als ‚nachdenklich‘ oder ‚denkselbständig‘ apostrophiert, der wirtschaftliche Erfolg kaum. Was er will, ist die Anerkennung seiner geistigen Bedeutung bei den Mächtigen und Einflussreichen (Schindelbeck 2006: 87).

1951 gründet Domizlaff an der Elbchaussee in Hamburg das „Institut für markentechnische Versuchsanlagen GmbH“, das ab 1956 firmiert als das „Institut für Markentechnik, Industrielle Formgebung, Gestaltung und Anwendung von Werbemitteln“. Domizlaff ist hier in der Lage „durch schöpferische Befähigung verbunden mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit, eigene Markenkonzepte zu entwickeln und zu erproben“ (Sumerauer 2007d: o. S.).

Seine letzte Markenschöpfung entwickelt Domizlaff 1964 für Johann Wolfgang Langguth und seine Weinkellerei in Traben-Trarbach. Es entsteht die Wein-Marke „Medinet“, die in einer ungewöhnlichen Flaschenform, einer Amphore, abgefüllt wird (Vgl. Abbildung 9, Vgl. Sumerauer 2007b: 44).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Die Wein-Marke „Medinet“ (Quelle: Sumerauer 2007b: 44)

2.4 Weitere Stationen bis 1971

Neben seinem markentechnischen Schaffen hat Domizlaff viele weitere Interessen, denen er parallel zu seiner Beratertätigkeit nachgeht. Zwei seiner großen Leidenschaften sind das Segeln und der Schiffbau (Vgl. Abbildung 10). Domizlaff versucht in den 1930er Jahren ein einfach zu bauendes Segelboot zu entwickeln, das in großen Stückzahlen hergestellt werden soll. 1936 wird das sogenannte „Starboot“ in die olympische Bootsklasse erhoben. Neben dem Segeln interessiert er sich zudem für Astronomie. Seit 1939 unterhält er sich eine Sternwarte auf seinem Heidehof Bronckhorst in Egestorf, um astronomische Aufnahmen zu machen (Vgl. Sumerauer 2007b: 40).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Domizlaff auf seinem Segelboot Dirk III (Quelle: Schindelbeck 2006: 91)

„Er erwarb eine Druckerei, um nach dem Zweiten Weltkrieg seine politischen Flugschriften zu veröffentlichen, installierte eine landwirtschaftliche Versuchsanstalt zur Pferde- und Geflügelzucht. Ferner unterhielt er die in Europa größte Anlange für Forellenzucht in Salzhausen und ließ in Egestorf einen Lebensmittelchemiker im eigenem Labor Rezepte für Getränke und Spirituosen entwickeln“ (Vgl. ebd.).

Domizlaff engagiert sich zudem stark für den Schutz der Lüneburger Heide. 1943 wird er Vorsitzender des „Verein Naturschutzpark e. V.“. Während des zweiten Weltkrieges versucht er die Lüneburger Heide vor der Wehrmacht zu schützen. 1944 gehen jedoch ein Teil des Naturschutzparkes in den Besitz der britischen Militärbehörde über. Das Gelände soll als Truppenübungsgelände und zur Luftabwehr genutzt werden. Nach Kriegsende wird Domizlaff mehrfach von den britischen Militärbehörden verhört und schließlich einige Monate interniert (Vgl. ebd.: 43).

Noch bis Mitte der 1960er Jahre arbeitet Domizlaff für die Firmen Reemtsma und Siemens sowie die Deutsche Grammophon Gesellschaft. Im Alter von 75 Jahren zieht er sich endgültig als Berater aus der Wirtschaft zurück. Hans Domizlaff stirbt nach langer Krankheit am 5. September 1971 in Hamburg (Vgl. Sumerauer 2007c: 54).

3 Zentrale Leistungen

In diesem Kapitel sollen die beiden bedeutsamen Werke „Propagandamittel der Staatsidee“ (1932) und „Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens“ (1939) von Domizlaff vorgestellt und kritisch betrachtet werden.

3.1 Propagandamittel der Staatsidee: Die Propagandatheorie

Bereits seit 1929 macht sich Domizlaff gemeinsam mit dem Verleger Hermann Ullstein Gedanken darüber, wie die Republik als Staatsform durch Symbole gestärkt werden könnte. Seine Überlegungen hält er in einem Buch fest, welches er 1932 unter dem Titel „Propagandamittel der Staatsidee“ veröffentlicht.

Domizlaff ahnt wohl, dass es mit der Demokratie in Deutschland bald vorbei sein wird und möchte sich mit seinem Buch für das neue System empfehlen (Vgl. Bussemer 2005: 141). Mit seinen Erkenntnissen aus der Massenpsyche beschreibt er zunächst die Abhängigkeit moderner Politiker von dem Willen der Masse: „Ganz einfache Idee, die durchaus nicht vernünftig zu sein brauchen, die aber der Psyche der Masse so entsprechen, daß sie Psychosen auszulösen vermögen, werden immer die klügsten und ehrlichsten Regierungserklärungen wirkungslos machen“ (Domizlaff 1932: 89).

Seine theoretischen Überlegungen stützt Domizlaff mit einer praktischen Fallstudie. Im zweiten Kapitel mit dem Titel „Das Symbol der Staatsidee“ beurteilt er die propagandistische Wirkung der Flaggen verschiedener Länder. Besonders stark schätzt er unter anderem die Flaggen von Schweden, Großbritannien und der Schweiz ein (Vgl. Abbildung 11). Die deutsche Flagge hält er nicht für sehr wirkungsvoll (Vgl. ebd.: 39f.).

„Die Flaggen Schwarz-Weiß-Rot und Schwarz-Rot-Gold haben kein Gesicht; sie sind eben nur Farben, und sie sind damit nicht in der Lage, eine richtige Symbolwirkung und die Verehrung einer Gegenständlichkeit auszulösen. Sie sind, wie jeder Großindustrielle in Bezug auf seinen eigenen Bedarf feststellen können wird, als Signet oder Marke viel zu wenig charakteristisch, gestaltlos und hinsichtlich einer psychischen Beeinflussung der Masse wirkungslos“ (Domizlaff 1932: 40).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Beispiele propagandistisch schwacher und wirksamer Flaggen (Quelle: Domizlaff 1982: o. S.)

Domizlaff kommt zu dem Entschluss, dass die Fahne den deutschen Staat schlecht verkörpert. Die Farben stehen in Konkurrenz zu den bürgerlichen Freiheitsfarben und den regionalen Wappen der Länder. Zudem kritisiert er die fehlende charakteristische Gestaltung. Für die Lösung des Flaggenproblems schlägt Domizlaff eine neue Flagge vor, die einprägsam und einzigartig sein sollte (Vgl. ebd.: 39ff.):

„Das deutsche Reichswappen (ein schwarzer Adler auf goldenem, beziehungsweise gelbem Grunde), das auch heute noch gültig ist, muß in traditionserfüllter Form selbst zur Flagge werden, um die verhängnisvolle seelische Zerrissenheit des deutschen Volkes zu beenden“ (ebd.: 45).

Domizlaff überzeugt mit seinen Überlegungen zumindest den Verleger Hermann Ullstein, der ihn daraufhin als Werbeleiter des Deutschen Reichs bei Mitgliedern der Regierung vorschlägt, wie er Domizlaff in einem Brief im Januar 1931 mitteilt (Vgl. Anhang 1). Es finden zwar Gespräche mit Reichskanzler Brüning statt, jedoch mit wenig Erfolg. In einem späteren Brief von 1948 bekundet Brüning sein Interesse an Domizlaffs damaligen Erkenntnissen und bittet um ein erneutes persönliches Gespräch (Vgl. Anhang 2).

Die Nationalsozialisten, die 1933 die Macht des Deutschen Reiches übernehmen, halten wenig von Domizlaffs propagandistischen Überlegungen. Sein Buch bleibt erfolglos und somit auch seine politische Karriere (Vgl. Sumerauer 2007c: 52).

3.2 Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens: Die Markentheorie

1938 befindet sich Domizlaff auf dem Höhepunkt seiner beruflichen Karriere: Werbeleiter bei Siemens, Markenberater bei Reemtsma und viele weitere Aufträge. Sein Erfolg beruht vor allem auf seiner neu entwickelten Markentechnik als ein Instrument zur Beeinflussung der Massenpsyche. Seine Erkenntnisse hält er in seinem Buch „Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens – Ein Lehrbuch der Markentechnik“ fest, das 1939 erstmals mit folgender Widmung von Domizlaff veröffentlicht wird: „Meinen Auftraggebern, Mitarbeitern und Freunden als Mittel der Verständigung und damit als Grundlage eines Erfahrungsaustausches zum Zweck schöpferischer Leistungs-steigerungen vertrauensvoll zugeeignet“ (Domizlaff 1939: o. S.).

Das Buch ist ein voller Erfolg und nach wenigen Monaten vergriffen. In einer Anzeige der Hanseatischen Verlagsanstalt vom 13. März 1940 heißt es:

„Für die Kunst des methodischen Aufbauens einer zweckgünstigen Massen-meinung vom ersten Anfang der Waren- und Ideenbildung gab es bisher noch kein Lehrbuch. Diese empfindliche Lücke in der Fachliteratur schließt das neue Buch von Hans Domizlaff, der damit freimütig die Geheimnisse seiner großen Erfolge in der Industrie bekanntgibt […]. Das Buch umfaßt mit seinen anschaulichen Beispielen alle allgemeingültigen Grundsätze des erfolgreichen Praktikers für den unmittelbaren praktischen Gebrauch“ (Disch 2007: 9).

1951 erscheint im Hans Dulk Verlag in Hamburg die zweite Auflage mit einigen Überarbeitungen und Ergänzungen durch Domizlaff. Sie ist zugleich die Textvorlage für alle folgenden Auflagen. Auch diese Auflage ist nach einiger Zeit vergriffen. Erst 1976 erscheint die dritte Auflage durch die Programmzeitschrift Hörzu. Es ist das erste Buch der neuen Hörzu-Reprints der Reihe „Werbeklassiker, die man gelesen haben muss“ für ausgewählte Anzeigenkunden. Doch für die Öffentlichkeit bleibt das Werk lange Zeit unzugänglich. Erst 1981 wird es von dem Verleger Wolfgang Disch wiederentdeckt. Im Mai 1982 erscheint die vierte Auflage des Buches. Neben der unveränderten Neuauflage gibt es darin einen zweiten Band mit dem Titel „Lehrbeispiele aus der Markenartikel-Industrie“ sowie acht persönliche Empfehlungen, diesen Klassiker zu lesen. Nach der deutschen Wiedervereinigung erscheint 1991 die fünfte Auflage mit 5000 Exemplaren. Die sechste Auflage wird 1992 um Domizlaffs 1929 veröffentlichtes Buch „Typische Denkfehler der Reklamekritik“ ergänzt. 2007 erscheint schließlich die siebte Auflage (Vgl. ebd.: 10ff.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Hans Domizlaff. Begründer der Markentechnik und führender Kommunikationsexperte der Weimarer Republik
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft)
Note
2,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
32
Katalognummer
V337739
ISBN (eBook)
9783668272125
ISBN (Buch)
9783668272132
Dateigröße
3650 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hans, Domizlaff, Begründer, Pioneer, Markentechnik, Werbung, Marketing, PR, Public, Relations, Kommunikation, Hausarbeit
Arbeit zitieren
Janine Griebmann (Autor:in), 2015, Hans Domizlaff. Begründer der Markentechnik und führender Kommunikationsexperte der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337739

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Hans Domizlaff. Begründer der Markentechnik und führender Kommunikationsexperte der Weimarer Republik



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden