Faktoren beim Erwerb von Relativsätzen bei sprachlernenden Kindern im Alter von 2-5 Jahren

Auswertung anhand eines Fallbeispiels


Hausarbeit, 2012

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Faktoren des Erwerbs von Relativsätzen
2.1 Ähnlichkeit und Frequenz
2.2 Belebtheit
2.3 Access
2.4 Satzstruktur
2.5 Verbstellung

3. Leos Sprachaufzeichnungen

4. Leos Relativsätze

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Relativsätze sind eine der komplexesten Satzstrukturen der deutschen Sprache und deswegen sehr schwer zu erlernen. Sie verlangen von sprachlernenden Kindern, dass sie die Satzstellung so ändern, dass das Verb am Ende des Satzes steht, und nicht, wie in normalen Sätzen, an der zweiten Position nach dem Subjekt. Außerdem muss das Verb aufgrund seiner Stellung im Satz anders konjugiert werden. Viele Kinder haben damit Schwierigkeiten und es dauert seine Zeit, bis sie Relativsätze erlernen können. Üblicherweise beginnen sie damit im Alter von 2 Jahren.

Bevor der Forschungsgegenstand erläutert wird, soll erst einmal geklärt werden, wie ein Relativsatz genau aufgebaut ist. Um einem Satz den Titel Relativsatz geben zu können, müssen folgende Merkmale zutreffen:

Der Satz muss

- Ein Nebensatz sein
- Ein Relativpronomen, zum Beispiel der, die oder das, besitzen
- Mit einem Komma abgetrennt sein
- Sich auf jedes Satzglied oder auch auf den kompletten Satz beziehen

Um zu erforschen, welche Faktoren eine Rolle für den Erwerb von Relativsätzen spielen, werden drei Hauptthesen aufgestellt: (1) Der Erwerb hängt von der Ähnlichkeit zu normalen Sätzen ab. Das heißt, je ähnlicher die Relativsätze zu normalen Sätzen sind, umso besser können sie erlernt und angewendet werden. Hierbei spielt auch die Art der Relativsätze eine Rolle; da Subjektrelativsätze ähnlich zu normalen Sätzen sind, sollten sie am einfachsten sein. Genitivrelativsätze hingegen sind am unähnlichsten und somit am schwersten. Weiterhin wird die These (2) aufgestellt, dass die meisten Relativsätze ein pronominales Subjekt und einen unbelebten Head haben. Das pronominale Subjekt steht zumeist in der ersten oder in der zweiten Person und der Head ist zumeist ein Gegenstand, zum Beispiel eine Eisenbahn, und keine Person, zum Beispiel mein Vater etc. Die dritte These (3) besagt, dass Kinder Relativsätze aus einfachen Sätzen mit Verbzweitstellung (V2 Sätze) lernen. Diese sind relativ ähnlich zu Relativsätzen, sie unterscheiden sich nur aufgrund der Stellung des Verbs. Kinder beginnen mit V2 Sätzen und fangen dann an, komplexere Satzstrukturen wie Relativsätze zu bilden.

Um diese Thesen zu überprüfen werden Daten des Kindes Leo im Alter von zwei bis fünf Jahren ausgewertet und analysiert. Zuvor werden die Thesen anhand von verschiedenen Studien und Forschungen erläutert und an Beispielen veranschaulicht.

2. Faktoren des Erwerbs von Relativsätzen

Kidd besagt, dass es zwei Typen von Relativsätzen gibt, die von Kindern erlernt werden müssen: Zum einen die Relativsätze, die an ein isoliertes Head Nomen angehängt sind (5) und zum anderen die Relativsätze, die in Präsentationen von Konstruktionen vorkommen (6) (Vgl. Kidd 2011: S.2).

(5) The girl that came with us.

(6) Here’s a tiger that’s gonna scare him.

2.1 Ähnlichkeit und Frequenz

Diessel behauptet, dass Frequenz und Ähnlichkeit eine wichtige Rolle in der grammatikalischen Entwicklung von Kindern spielen, deswegen sind sie auch wichtig für den Erwerb von Relativsätzen (Vgl. Diessel 2009: S.3). Desweiteren soll in dieser Studie bewiesen werden, dass die oben genannten Faktoren den Erwerb von Relativsätzen insofern beeinflussen, als dass der Erwerb von Subjektrelativsätzen und Nichtsubjektrelativsätzen von der Ähnlichkeit zu einfachen Sätzen abhängig ist (Vgl. Diessel 2009: S.3).

Die Ergebnisse der Studie zeigen relativ eindeutig, dass die getesteten Kinder im Alter von 4-5 Jahren die wenigsten Fehler bei Subjektrelativsätzen machten. Die häufigsten Fehler kamen bei Genitivrelativsätzen vor (Vgl. Diessel 2009: S.5). Der auffälligste Fehler der Kinder war, dass sie Objekt- und Adverbialrelativsätze in Subjektrelativsätze umwandelten.

Test Item: Da ist der Mann, [den das Mädchen im Stall gesehen hat]

Child: Da ist der Mann, [der das Mädchen im Stall gesehen hat]

Die Schlussfolgerung der Studie beweist die These, dass Ähnlichkeit und Frequenz mitbestimmend für den Erwerb von Relativsätzen sind. Die Sätze, bei denen am wenigsten Fehler entstanden sind, Subjektrelativsätze, kommen in der gesprochenen Sprache am häufigsten vor und sind außerdem einfacher, da sie simplen Satzstrukturen ähnlich sind. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass aufgrund der gleichen Satzstellung, direkte und indirekte Objektrelativsätze und adverbiale Relativsätze die gleiche Anzahl von Fehlern aufweisen. In Bezug auf Genitivrelativsätze lassen sich die Faktoren Frequenz und Ähnlichkeit ebenfalls anwenden. Die Kinder machten dort so viele Fehler, da Genitivrelativsätze in der gesprochenen Sprache nicht häufig vorkommen. Darüber hinaus sind Genitivrelativsätze sehr unähnlich zu einfachen Sätzen, deswegen wurden bei Genitivrelativsätzen mehr Fehler gemacht als bei indirekten Objektrelativsätzen, obwohl letztere auch nicht häufig in der gesprochenen Sprache vorkommen (Vgl. Diessel 2009: S.6-7.).

2.2 Belebtheit

In Studie 2 soll bewiesen werden, dass Belebtheit ebenfalls ein wichtiger Faktor für den Spracherwerb ist. Außerdem wird behauptet, dass die meisten Relativsätze, die die getesteten Kinder produzieren, einen unbelebten Head und ein pronominales Subjekt haben, meistens in der ersten oder zweiten Person. Dies kann man auch mit dem Faktor Ähnlichkeit erklären, da diese Arten von Satzstrukturen auch in einfachen transitiven Sätzen vorkommen (Vgl. Diessel 2009: S.10). Es bedeutet zudem, dass die semantische und die syntaktische Rolle verknüpft sind (Vgl. Diessel 2009: S.9). Subjektrelativsätze in der dritten Person weisen zumeist neue Informationen auf, wohingegen alle anderen Relativsätze eher prototypischen Hauptsätzen gleichen (Vgl. Diessel 2009: S.10). Die Verben in Nichtsubjektrelativsätzen sind fast immer transitiv, im Gegensatz zu Subjektrelativsätzen, in denen sowohl intransitive als auch transitive Verben vorkommen. Die Mehrheit machen jedoch transitive Verben und Kopularverben aus (Vgl. Diessel 2009: S.11).

2.3 Access

Die Studie von Fitz et al. beschäftigt sich mit der „Accessibility Hierarchy“ (Fitz et al. 2011: S. 40). Diese besagt, dass man Relativsätze aufgrund der Funktion des Substantivs unterscheiden kann und deswegen eine Hierarchie unter den Relativsatzarten aufgestellt werden kann. In Tabelle 1 ist diese Hierarchie einsehbar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 (Fitz et al. 2011: S.41)

In der Tabelle wird die Rolle im Satz beschrieben, dann jeweils ein Beispiel und die Bezeichnung, wie die Art von Relativsatz in weiteren Zusammenhängen im Buch genannt wird. Man kann erkennen, dass intransitive Subjektrelativsätze am weitesten oben in der Hierarchie rangieren.

Es wird außerdem der Unterschied zwischen transitiven und intransitiven Relativsätzen untersucht. Vergleiche zeigen, dass die zwei sich in der Länge, der Frequenz, der verbindenden Informationen und der Beteiligung in syntaktischen Alternationen unterscheiden. Diese Faktoren mussten also angepasst werden, um die beiden Arten von Relativsätzen ordnungsgemäß vergleichen zu können. Das Ergebnis hierbei zeigt, dass intransitive Relativsätze wesentlich schneller erlernt werden als transitive Relativsätze (Vgl. Fitz et al. 2011: S. 47).

Die Studie bestätigt zudem die These, dass Subjektrelativsätze einfacher zu erlernen sind als Objektrelativsätze (Vgl. Fitz et al. 2011: S. 50). Dies wird hier damit begründet, dass die Satzstruktur eines Subjektrelativsatzes (Relativpronomen + Verb) häufiger vorkommt, als die eines Objektrelativsatzes (Relativpronomen + Artikel + Nomen).

2.4 Satzstruktur

Gegenteilig dazu behauptet Brandt et al., dass Objektrelativsätze nicht schwerer zu erlernen sind als Subjektrelativsätze. Dies steht im Gegensatz zu allen bisherigen Thesen, in denen festgestellt wurde, dass Objektrelativsätze weniger häufig in der gesprochenen Sprache vorkommen, und deswegen schwerer für Kinder sind. Brandt et al. hingegen sagt, dass Kinder und Erwachsene Objektrelativsätze mit unbelebtem Head und pronominalem Subjekt produzieren, weil sie häufig in der gesprochenen Sprache vorkommen (Vgl. Brandt et al. 2009: S.1). Kinder produzieren Objektrelativsätze mit hoher Frequenz genauso oft wie Subjektrelativsätze mit hoher Frequenz (Vgl. Brandt et al. 2009: S.6). Besonders interessant ist die Tatsache, dass deutschsprachige Kinder im Alter von 3 Jahren bei einer Studie (Brandt et al. 2009) bei Objektrelativsätzen mit unbelebtem Head besser abschnitten als bei Subjektrelativsätzen. Den dritten Platz belegten Objektrelativsätze mit belebtem Head (Vgl. Brandt et al. 2009: S.13). Deutschsprachige Kinder achten außerdem auf Fallmarkierungen („case marking“), Belebtheit und die Stellung des Satzes (Vgl. Brandt et al. 2009: S.20).

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Faktoren beim Erwerb von Relativsätzen bei sprachlernenden Kindern im Alter von 2-5 Jahren
Untertitel
Auswertung anhand eines Fallbeispiels
Hochschule
Universität Mannheim  (Germanistische Linguistik)
Veranstaltung
Erstspracherwerb
Note
1,7
Autor
Jahr
2012
Seiten
15
Katalognummer
V339555
ISBN (eBook)
9783668295483
ISBN (Buch)
9783668295490
Dateigröße
580 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
faktoren, erwerb, relativsätzen, kindern, alter, jahren, auswertung, fallbeispiels
Arbeit zitieren
Larissa Pöltl (Autor:in), 2012, Faktoren beim Erwerb von Relativsätzen bei sprachlernenden Kindern im Alter von 2-5 Jahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339555

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