Verlustabzug bei Körperschaften. Praxisrelevante Aspekte


Bachelorarbeit, 2016

66 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2 GESETZLICHE GRUNDLAGEN DES § 8C KSTG
2.1 Frühere Gesetzgebung
2.1.1 Mantelkaufregelung nach § 8 Abs. 4 KStG a.F.
2.1.2 Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 KStG a.F.
2.2 Unterschiede zwischen § 8 Abs. 4 KStG a.F. und § 8c KSTG
2.3 Geltungsbereich
2.3.1 Persönlicher Anwendungsbereich
2.3.2 Sachlicher Anwendungsbereich
2.3.3 Zeitlicher Anwendungsbereich
2.4 Verlustabzug
2.4.1 Verlustvortrag/Verlustrücktrag nach § 10d EStG
2.4.2 Vererblichkeit des Verlustabzugs nach § 10d EStG
2.4.3 Missbräuchliche Verlustnutzungen
2.5 Tatbestandsvoraussetzungen
2.5.1 Schädlicher Beteiligungserwerb
2.5.2 Erwerb
2.5.3 Fünf-Jahres-Zeitraum
2.5.4 Anteilsübertragungsvorgang
2.5.5 Vergleichbare Sachverhalte
2.5.6 Kapitalerhöhungen

3 RECHTSFOLGEN
3.1 Umfang des Verlustuntergangs
3.1.1 Quotaler und Vollständiger Verlustuntergang
3.1.2 Prüfschema

4 AUSNAHMETATBESTÄNDE
4.1 Konzernklausel
4.1.1 Anwendung vor dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 13.05.2015
4.1.2 Anwendung nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 13.05.2015
4.2 Stille-Reserven-Klausel

5 VERFASSUNGSMÄßIGKEIT DES § 8C KSTG
5.1 Verfassungsrechtliche Sicht
5.2 Notwendigkeit einer Lösung

6 GESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN
6.1 Verlustnutzungsstrategien
6.1.1 Rechtzeitige Aufdeckung stille Reserven
6.1.2 Sale- and- lease- back
6.1.3 Verlagerung von Aufwand- und Ertragspotenzial
6.1.4 Forderungsverzicht mit Besserungsschein
6.2 Anwendungsempfehlung

7 ZUSAMMENFASSUNG

LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS L

ANLAGEN LV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Gegenüberstellung von § 8 Abs. 4 KStG a.F. und § 8c KStG

Abbildung 2: Übersicht zur Wirkungsweise des § 8c KStG

Abbildung 3: Unterjähriger schädlicher Beteiligungserwerb

Abbildung 4: Ermittlung der Fünf-Jahres-Zeiträume

Abbildung 5: Unmittelbare Anteilsübertragung

Abbildung 6: Mittelbare Anteilsübertragung

Abbildung 7: Verlängerung der Beteiligungskette

Abbildung 8: Fall zur Aufwärtsverschmelzung

Abbildung 9: Fall zur Abwärtsverschmelzung

Abbildung 10: Quotenverändernde Kapitalerhöhung

Abbildung 11: Prüfschema zur Wirkungsweise des § 8c KStG

Abbildung 12: „Konzernklausel ist anwendbar“

Abbildung 13: „Konzernklausel ist nicht anwendbar“

Abbildung 14: Problemfall zur Konzernklausel

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

„Unternehmerisches Handeln ist stets mit Chancen und Risiken verbunden: es zielt auf Gewinne, nimmt aber auch Verluste in Kauf“1. Wenn Unterneh- men Gewinne erwirtschaften, sind sie verpflichtet Steuern abzuführen. Werden jedoch Verluste erlitten, so wirkt sich dies steuermindernd aus. Ge- nau aus diesem Grund kommt in der Praxis auf die Nutzung von Verlusten eine hohe Bedeutung zu. Im Rahmen des Unternehmenssteuerreformge- setztes (UntStRefG) 2008 v. 14.08.2007 wurde der § 8 c KStG ins Gesetz eingeführt und tritt erstmals am 01.01.2008 in Kraft. Dieser ist die Nachfol- gevorschrift des § 8 Abs. 4 KStG a.F.2 Die Vorgängervorschrift war darauf abgestimmt, die missbräuchliche Nutzung von Verlusten, den sog. Mantel- kauf zu unterbinden.3 Werden demnach Anteile von Kapitalgesellschaften mit der Absicht erworben, um Verluste mit den im neuen Wirtschaftsjahr erzielten Gewinnen zu verrechnen und somit sich einen steuerlichen Vorteil zu erschaffen, so würde dies unter die Mantelkaufregelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. fallen. Dieser wurde Aufgrund der unkonkreten und verbesse- rungsbedürftigen Formulierungsweise oftmals kritisch betrachtet und durch die Regelungen des im Jahr 2008 eingeführten § 8c KStG ergänzt. Der § 8 Abs. 4 KStG wurde letztlich nach dem VZ 2012 vollständig aus dem Gesetz entfernt.4

Als Grund für die Einführung der verschärfteren Verlustabzugsbeschrän- kung (§ 8c KStG) wird die Senkung des Körperschaftssteuersatzes von 25 % auf 15 % seitens des Gesetzgebers genannt. Außerdem soll die Neure- gelung zwecks der Vereinfachung der komplizierten Vorgängervorschrift erlassen sein.5 Im Gegensatz zu der alten Mantelkaufregelung (§ 8 Abs. 4 KStG a.F.) gelang es dem Gesetzgeber durch die Einführung des § 8c KStG eine in der Praxis relativ einfach umsetzbarere Vorschrift zu gestal- ten. Man verzichtete jedoch auf das wichtigste Tatbestandsmerkmal der al- ten Regelung bezüglich der Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen.6 Geprüft wurde der § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG durch das Bundesverfassungsgericht über die Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG und durch das Gericht der Europäischen Union über die wirtschaftliche Anwendbarkeit der Sanierungsklausel (§ 8c Abs. 1a KStG).7

Zu einem Zeitpunkt der wirtschaftlichen Instabilität im Jahr 2008 wurden die Gesetzeseinführungen (§ 8c KStG und § 4h EStG) durch das Unterneh- menssteuerreformgesetz nicht besonders als unternehmerfreundlich emp- funden.8 Aus der Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG ergibt sich, dass erlittene Verluste bei einem schädlichen Anteilseignerwechsel in ei- nem Unternehmen quotal oder vollständig ohne Ausnahmen untergehen. Deshalb hat der Gesetzgeber, um die Wirtschaftskrise zu „überwinden und neue Impulse für einen stabilen und dynamischen Aufschwung zu setzen”9 einige Erleichterungsvorschriften im Rahmen des sog. Wachstumsbe- schleunigungsgesetz eingeführt.10 Die Auswirkungen dieser Vorschrift sind bis heute höchst umstritten und haben in naher Vergangenheit zunehmend Kritik auf sich gezogen.11

1.2 Gang der Untersuchung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die verschärfte Verlustabzugsbeschränkung nach § 8c KStG gründlich mit jeglichen Details aufzuzeigen, die Intention des Gesetzgebers näher festzustellen und die Kritikpunkte aus der Wirt- schaft zu analysieren. Die Vorliegende Arbeit ist in sieben Teile unterglie- dert und beschäftigt sich im Wesentlichen mit der körperschaftssteuerli- chen Sichtweise, weshalb die Vorschriften § 10d EStG und § 10a GewStG zwar parallel neben dem § 8c KStG Anwendung finden, jedoch hier eine nebensächliche Rolle spielen.

Im zweiten Teil der Arbeit werden aus Gründen der Verständlichkeit und Einführung in die Thematik die frühere Gesetzgebung bezüglich des Man- telkaufs mit den Tatbestandsmerkmalen und Rechtsfolgen aufgegriffen. Darauf folgend wird auf den aktuellen Anwendungsbereich eingegangen und die Problematik der missbräuchlichen Nutzung von Verlusten darge- stellt. Anschließend werden die ersten vier Sätze des § 8 Abs.1 KStG ein- zeln mit praxisrelevanten Beispielen erläutert. Im Rahmen dessen werden diese einer näheren Untersuchung hinsichtlich ihrer praktischen Bedeutung und Auswirkung auf Anteilsübertragungen unterzogen. Mitunter wird auch auf die Intentionen des Gesetzgebers eingegangen und untersucht, inwie- fern die neuen Regelungen zur Verlustabzugsbeschränkung den Zielset- zungen des Gesetzgebers entsprechen. Der Anwendungsbereich wird vom BMF sehr weit ausgelegt. Das Augenmerk liegt und begrenzt sich jedoch hauptsächlich auf Körperschaften.

Darauf folgend wird im dritten Teil dieser Arbeit umfangreich auf die Rechts- folgen von Anteilsübertragungen eingegangen. Da die Vorschrift bereits in sich selbst teilweise unkonkret bzw. unstimmig ist, wird hierauf ein beson- derer Wert gelegt. Aufbauend auf den Erkenntnissen soll die Wirkungs- weise des § 8c KStG bei unmittelbaren bzw. mittelbaren Übertragungen von Anteilen möglichst praxisorientiert dargestellt und verdeutlicht werden. Im vierten Teil erfolgen die Ausnahmeregelungen Konzernklausel und die Stille-Reserven-Klausel mit ihren Auswirkungen auf Übertragungsvor- gänge. Diese werden ebenfalls in ihrer Wirkung untersucht und anschlie- ßend beurteilt, ob sie in der Praxis tatsächlich als „Erleichterungsvorschrif- ten“ gesehen werden können.

Des Weiteren erfolgt im fünften Teil der Arbeit eine kritische Betrachtung der Vorschrift, um konkrete Aussagen über die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift zu treffen. Abschließend wird im sechsten Teil auf Gestaltungs- vorschläge eingegangen. Insbesondere werden diesbezüglich auf der Un- ternehmensebene (in naher Vergangenheit) entstandene Problemfälle ge- schildert, die Problematik im siebten Teil der Arbeit zusammengefasst und rückblickend diskutiert, ob eventuell die Vorschrift § 8c KStG in der Zukunft Verbesserungswürdig ist.

2 Gesetzliche Grundlagen des § 8c KStG

Die Nachfolgevorschrift der früheren Mantelkaufregelung (§ 8c KStG) hat eine direkte Auswirkung auf die Steuerlast von Körperschaften, da sie die Möglichkeit der Verlustnutzung nach Anteilsübertragungen beschränkt bzw. vollständig untersagt. Es erfolgt zunächst eine Zusammenfassung der wesentlichen Merkmale des nicht mehr gültigen § 8 Abs. 4 KStG, bevor die Grundlagen des § 8c KStG im Detail aufgegriffen werden.

2.1 Frühere Gesetzgebung

Um den Hintergrund des Regelungsbedürfnisses des Gesetzgebers und die Grundlegenden Regelungen in der Vorschrift § 8c KStG näher verstehen zu können, bietet es sich hier an, die Rechtsentwicklung insbesondere nach der Einführung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. in Bezug auf Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen eines schädlichen Beteiligungserwerbs auf das wesentliche zusammenzufassen.

2.1.1 Mantelkaufregelung nach § 8 Abs. 4 KStG a.F.

Bei einem Mantelkauf handelt es sich um den Erwerb von substanzlosen Kapitalgesellschaften mit hohen Verlustvorträgen, d. h. Unternehmen, die nicht über einem nennenswerten Geschäftsbetrieb bzw. keinem Betriebs- vermögen verfügen. Der im Rahmen des Steuerreformgesetz 1990 vom 26.07.1988 eingeführte § 8 Abs.4 KStG a.F. ließ sich durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 erheblich ver- schärfen und beabsichtigte, die missbräuchliche Nutzung von Verlustvor- trägen zu unterbinden, denn sonst wurde bis dato lediglich das Ziel verfolgt, den eigenen Gewinn mithilfe von Verlustabzügen zu minimieren.12

Die steuerliche Attraktivität des Mantelkaufs tritt vor allem dann in Erschei- nung, wenn angenommen ein Steuerpflichtiger vor der Wahl steht, entwe- der eine neue Kapitalgesellschaft zu gründen oder bspw. Anteile an einer bestehenden Gesellschaft mit Verlustvorträgen zu erwerben und somit den steuerlichen Nachteil der Neugründung zu umgehen, in der das erzielte Einkommen unmittelbar zu einer höheren Steuerlast führt.13

2.1.2 Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen des § 8 Abs. 4 KStG a.F.

Das Hauptkriterium der früheren Mantelkaufregelung ist, dass eine Körper- schaft nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine wirtschaftliche Identität mit der Körperschaft aufweisen muss, um erlittene Verluste vortragen zu können. Die wichtigste Voraussetzung, d.h. die wirtschaftliche Identität würde sich aufheben, wenn folgende zwei Tatbestandsmerkmale vorlie- gen:14

- Übertragung von mehr als 50 % der Anteile an einer Körperschaft
- Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen

Die wirtschaftliche Identität würde vor allem dann erhalten bleiben, wenn der Verlust i.S.d. § 10d Abs.4 S.2 EStG i.V.m. § 8 Abs.4 S.3 KStG a.F. aufgrund einer Sanierung des Geschäftsbetriebs entsteht und wenn der Geschäftsbetrieb „nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhält- nisse“15 in den folgenden fünf Jahren fortgeführt werden kann.

2.2 Unterschiede zwischen § 8 Abs. 4 KStG a.F. und § 8c KSTG

Sowohl die Vorgängerregelung als auch der neue § 8 c KStG bezwecken inhaltlich, den Missbrauch durch Handel mit Verlustvorträgen zu unterbinden und streben eigentlich das gleiche Ziel an. Dennoch gibt es wesentliche Unterschiede zwischen diesen Vorschriften, welche anhand der unten stehenden Abbildung ersichtlich werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gegenüberstellung von § 8 Abs. 4 KStG a.F. und § 8c KStG16

2.3 Geltungsbereich

Es bietet sich im Folgenden sehr gut an, den Geltungsbereich des § 8c KStG systematisch in drei Abschnitte zu unterteilen. Es handelt sich dabei um den persönlichen, sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereich. Sinnvoll ist es hierbei auch, den Bezug zu den Änderungen, die durch das WaBeschG eingeführt wurden, herzustellen.

2.3.1 Persönlicher Anwendungsbereich

Für alle nicht genutzten Verluste (negative Einkünfte) gilt die Verlustab- zugsbeschränkung nach § 8c KStG. In den Anwendungsbereich des § 8c KStG fallen beschränkt und unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i.S.d. § 1 Abs.1 KStG. Dieser umfasst ebenfalls Personenvereinigungen und Vermögensmassen. Dem BMF-Schreiben vom 04.07.2008 zu Folge fallen auch Anstalten des öffentlichen Rechts und Stiftungen darunter, auf die jedoch die Vorschrift weniger Anwendung findet, da diese Körperschaf- ten keine Anteilseigner haben und somit keine Anteilübertragungen getätigt werden können.17 Ein Unternehmen gilt als unbeschränkt steuerpflichtig, wenn es seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung im Inland hat. Beschränkt steuerpflichtige Unternehmen fallen in den Anwendungsbereich nur dann, wenn inländische Einkünfte vorliegen bzw. erzielt werden. In beiden Vari- anten wird für eine Abzugsbeschränkung vorausgesetzt, dass Anteile ver- äußert werden. Dabei ist die Veräußerung der Einkunftsquelle unbeacht- lich.18

Für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften gilt außerdem, dass aus- ländische Verluste ebenfalls zu berücksichtigen sind und daher von den Regelungen des § 8c KStG betroffen werden. Zudem ist auch festzuhalten, dass die Gesetzgebung keine Vorgaben über die beschränkte bzw. unbe- schränkte Steuerpflicht des Veräußerers und des Erwerbers macht, sodass die Verluste in jedem Fall der Abzugsbeschränkung des § 8c KStG unter- liegen, wenn die Grundtatbestandmerkmale gem. § 8c Abs.1 Satz 1 bis Satz 4 KStG erfüllt sind.19

2.3.2 Sachlicher Anwendungsbereich

Der sachliche Anwendungsbereich des § 8c KStG ist ebenfalls sehr weit ausgedehnt und umfasst die Übertragung von Anteilen, Mitgliedschafts-, Beteiligungs- und Stimmrechten. Vorschriften, auf welche die Verlustab- zugsbeschränkung Anwendung findet. Nach Auffassung des BMF-Schrei- bens vom 4.7.2008 sind vor allem folgende Verluste von der Abzugsbe- schränkung betroffen:20

- Verlustvortrag/Verlustrücktrag i.S.d. § 10d EStG - nicht ausgeglichene Verluste i.S.d. § 2a EStG
- nicht ausgeglichene Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhal- tung nach § 15 Abs. 4 EStG
- nicht ausgeglichene Verluste i.S.d. § 15a bei beschränkter Haftung so- wie nach § 15b EStG i.V.m. Steuerstundungsmodellen
- Zinsvortrag nach § 8a Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 4h Abs.1 EStG - gewerbliche Fehlbeträge § 10a Satz 9 GewStG

Auch unterjährig anfallende Verluste unterliegen der Verlustabzugsbe- schränkung. Es bleibt jedoch dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit erhal- ten, die erlittenen und noch nicht genutzten negativen Einkünfte, horizontal auszugleichen. Nach dem Wortlaut des Gesetztes betreffen die Regelun- gen des § 8c KStG grundsätzlich nicht die Verlustrückträge sondern nur die „künftige Nutzung früher entstandenen Verluste“21. Hierbei bietet sich fol- gendes Beispiel zur Verdeutlichung an:

Beispiel:22 Es werden Anteile an einer beliebigen Gesellschaft un- terjährig am 01.06.2015 veräußert. Die Gesellschaft konnte im Jahr 2013 Gewinne erwirtschaften, erlitt jedoch im Jahr 2014 Verluste.

Die Verluste im Jahr 2014 unterliegen nicht der Verlustabzugsbeschränkung, wenn die Gesellschaft von ihrem Wahlrecht zum Verlustrücktrag Gebrauch macht. Die negativen Einkünfte können zweifelslos in das Jahr 2013 zurückgetragen werden.

Laut Finanzverwaltung dürfen jedoch die bis zum Zeitpunkt eines schädlichen Beteiligungserwerbs entstandenen Verluste auch nicht in vergangene Jahre bzw. Veranlagungszeiträume zurückgetragen werden.23

Dennoch gibt es eine Ausnahme, nach welcher die Rechtsfolgen des § 8c Abs. 1 KStG keine Anwendung finden. Dabei handelt es sich um den „Er- werb oder Rückübertragung von Stabilisierungselementen durch den SoF- Fin (Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung)“24 gem. § 14 Abs. 3 FMStFG. Maßnahmen für Sonderkonstellationen, die i.S.d. Rettungsübernahmege- setzes erfolgen, sollen die Körperschaften durch die Rechtsfolgen der Ver- lustabzugsbeschränkung nicht benachteiligen. Ebenso unproblematisch ist das Vortragen von alten Verlusten bzw. das Rücktragen von neuen Verlus- ten, d.h. Verluste, die nach dem schädlichen Beteiligungserwerb entstan- den sind dürfen problemlos in vergangene Perioden zurückgetragen wer- den. Auch der Umkehrschluss ist zulässig. Verluste, die vor dem schädlichen Beteiligungserwerb entstanden sind, dürfen in die Folgeperioden vorgetragen werden.25

2.3.3 Zeitlicher Anwendungsbereich

Der durch das Unternehmenssteuerreformgesetz eingeführte § 8c KStG trat erstmals am 01.01.2008 in Kraft und fand zunächst gem. § 36 Abs. 6 KSTG a.F. bis Ende VZ 2012 parallel mit der Vorgängerschrift § 8 Abs. 4 KStG a.F. Anwendung. Anteilserwerbe vor dem 01.01.2008 blieben somit unberücksichtigt und wurden für die Feststellung eines schädlichen Beteili- gungserwerbs nicht zu den Anteilserwerben nach dem 01.01.2008 ad- diert.26 Die parallele Anwendung sah jedoch vor, dass Anteilsübertragun- gen vor dem 01.01.2008 berücksichtigt blieben, wenn mehr als die Hälfte der Anteile (beginnend vor dem 01.01.2008) an einer Kapitalgesellschaft innerhalb eines Fünfjahreszeitraums übertragen wurden und somit ein Ver- lust der wirtschaftlichen Identität i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG a.F. zustande kam.27

Durch das WaBeschG v. 22.12.2009 wurde die stark kritisierte Vorschrift zur Verlustabzugsbeschränkung weitgehend entschärft. Ins Gesetz kamen die Erleichterungsvorschriften Konzernklausel (§ 8 Abs. 1 Satz 5 KStG) und die Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 Satz 6-9 KStG), die erstmals nach dem 31.12.2009 anzuwenden waren. Mit dem MoRaKG v. 12.08.2008 sollte der § 8c KStG um einen weiteren Absatz erweitert werden. Der Abs. 2 sollte den Verlust in Höhe der stillen Reserven vor dem Verlustuntergang bewahren. Wegen unterbliebener Zustimmung der EU-Kommission ist der § 8c KStG Abs.2 nie in Kraft getreten.28

2.4 Verlustabzug

2.4.1 Verlustvortrag/Verlustrücktrag nach § 10d EStG

Für die Verlustnutzung und Einkommensermittlung sind gem. § 8 Abs. 1 Satz1 KStG die Regelungen des Körperschafts- und Einkommensteuerge- setztes maßgeblich. Nach den Vorgaben des § 10d EStG können Verluste bis zu einer Höhe von 1 Mio. EUR ins Vorjahr zurückgetragen bzw. in das kommende Jahr vorgetragen werden. Anders als bei einem Verlustvortrag nach § 10d Abs. 2 KStG steht dem Steuerpflichtigen für einen Verlustrück- trag nach § 10d Abs. 1 S.5 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG ein Wahlrecht zu.29

Anzumerken ist, dass der Verlustvortrag begrenzt bis zu 1 Mio. EUR voll abzugsfähig bleibt (Sockelbetrag). Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass der Verlustabzug gegenüber Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belas- tungen und sonstigen Abzügen einen Vorrang hat und somit zuerst erfolgen muss. Diese sind einkommensteuerliche Vorschriften, unter deren Anwen- dungsbereich die Körperschaften nicht fallen.30 Ein möglicher übersteigen- der Verlust beschränkt sich gem. § 102 Abs. 2 S.1 2. HS EStG auf 60 % des übersteigenden Einkommens. Dies wird anhand des folgenden Bei- spiels verdeutlicht:

Beispiel:31 Die X-GmbH weist im Jahr 2014 einen steuerlichen Verlust i.H.v. 2 Mio. EUR. In 2015 hat die Gesellschaft ein Einkommen i.H.v. 1,5 Mio. EUR. Die Gesellschaft macht von ihrem Wahlrecht zum Verlustrücktrag nicht gebrauch.

Der erlittene Verlust wird in das Jahr 2015 vorgetragen. Der voll abzugsfähige Teil des Verlustes beträgt nach § 10d Abs.2 S.1 EStG 1 Mio. EUR. Addiert zu dem voll abzugsfähigen Teil des Ver- lustes werden 60 % des übersteigenden Einkommens 300.000 EUR (60 % von (1.500.000 - 1.000.000)). Für die X-GmbH ergibt sich insgesamt ein Verlustvortrag i.H.v. 1.300.000 EUR und somit ein zu versteuerndes Einkommen von 200.000 EUR (1.500.000 - 1.300.000).

Gem. § 10d Abs. 1 Satz 5 und 6 EStG können Steuerpflichtige anstelle eines Verlustrücktrags zu einem Vorlustvortrag optieren. Dies ist nur dann empfehlenswert, wenn die Körperschaftsteuersätze der Veranlagungszeit- räume unterschiedlich sind daraus steuerliche Vorteile entstehen.32

2.4.2 Vererblichkeit des Verlustabzugs nach § 10d EStG

Bei Besteuerung von Personen gilt grundsätzlich das Individualsteuerprin- zip, welches besagt, dass jede natürliche bzw. juristische Person die selbst erzielten Einkünfte zu versteuern hat. Daraus lässt sich ableiten, dass auch der Verlustabzug Personenbezogen ist.33 Unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige sind in der Regel zu einem Verlustabzug berechtigt, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sie die Verluste nach dem „Prinzip der Personenidentität“34 selbst erlitten haben. Dabei sind auch die Son- dervorschriften des § 50 EStG zu beachten. Die Personenidentität hängt von der Rechtsfähigkeit der Person ab. Sie beginnt nach § 1 BGB mit der Geburt und endet mit dem Tod.

Bis Ende VZ 2007 wurde die Auffassung über die Vererblichkeit des Ver- lustabzugs nicht in Frage gestellt, sodass der BFH die Vererblichkeit des Verlustabzugs nicht einschränkte. Nach dem Beschluss des BFH vom 17.12.2007 wurde jedoch die Vererblichkeit des Verlustabzugs im Falle ei- ner Universalsukzession bzw. Gesamtrechtsnachfolge abgelehnt. Als Hauptgrund dafür wurde auf das Prinzip der Leistungsfähigkeit hingewie- sen. Die Personensteuer stehe demnach in einem direkten Zusammen- hang mit der (finanziellen) Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, die mit dem Tod enden würde.35 Der Verlust könne deshalb weder unter leben- den übertragen werden noch wäre er vererbbar. Dabei sollen einige Bei- spiele aus dem Zivilrecht die Ablehnung der Vererblichkeit rechtfertigen. Der Nießbrauch nach §§ 1030 ff. BGB solle ähnlich wie der Verlustabzug ein Vermögensrecht darstellen, welches mit dem Tod des betroffenen Steu- erpflichtigen untergeht bzw. erlischt und nicht im Rahmen einer Gesamt- rechtsnachfolge nach § 1922 BGB auf den Erben des Erblassers über- geht.36

Mit diesem Beschluss hat der BFH endgültig entschieden, dass der Verlustabzug nach § 10d EStG nicht vererbt werden kann. Somit fand die Unklarheit über die Vererblichkeit des Verlustabzugs ein Ende.

2.4.3 Missbräuchliche Verlustnutzungen

2.4.3.1 Steuerliche Attraktivität des Mantelkaufs

Die steuerliche Attraktivität des Mantelkaufs besteht vor allem für Unter- nehmer, die neulich eine Kapitalgesellschaft betreiben möchten und dabei vor der Wahl stehen, entweder eine neue Gesellschaft zu Gründen oder Anteile an einer bereits bestehenden Verlustgesellschaft zu erwerben, um sich steuerliche Vorteile zu ergattern.37 Die Variante der Neugründung ei- ner Kapitalgesellschaft ist zunächst relativ zeitaufwendig und im Hinblick auf Steuergestaltung sehr ungeeignet, da die in der laufenden Periode er- wirtschafteten Gewinne dementsprechend eine Steuerbelastung auslösen würden. Deshalb ist der Erwerb von Gesellschaftsanteilen an einer beste- henden Kapitalgesellschaft zunächst unstrittig die attraktivere Variante, da die Verlustvorträge der Kapitalgesellschaft die neu erzielten Gewinne schmälern, und somit zu einer niedrigeren Steuerlast führen würden. Nach- folgendes selbst ausgedachtes Beispiel soll die Problematik verdeutli- chen:38

Beispiel: A gründet im Jahr 2015 die A-Bau GmbH, deren Ge- schäftsrichtung der Hochbau von Gebäuden ist. Durch nacheinan- der entstandene Mängel und Schaden in einem Großprojekt ent- stehen der A-GmbH im Jahr 2015 einen Verlust in Höhe von 200.000 €. Ein Verlustrücktrag ist nicht möglich, da die Gesellschaft erst im Jahr 2015 gegründet wurde. Somit ergibt es sich eine Ver- lustvortrag i.H.v. 200.000 €, der den Gesellschafter A dazu bewegt, dass Unternehmen zu veräußern. Zu Beginn des Jahre 2016 ver- äußert A seine Anteile an der A-Bau GmbH an B, der die Ge- schäftsgrundlage der Gesellschaft ändert und das Unternehmen weiter fortführt. Gleich im ersten Jahr erwirtschaftet B für die Ge- sellschaft ein zu versteuerndes Einkommen i.H.v. 200.000 €.

Durch die bestehenden Verluste i.H.v. 200.000 € könnte B die er- zielten Gewinne im Jahr 2016 um diesen Betrag schmälern, sodass die Steuerlast die normalerweise auf den im Jahr 2016 erwirtschaf- teten Gewinn i.H.v. 200.000 € anfallen würde, durch den Verlust- abzug auf 0 € sinkt.

2.4.3.2 Zielsetzungen des Gesetzgebers

Nach der Veröffentlichung des UntStRefG 2008 vom 14.08.2007 ersetzte der § 8c KStG die Vorgängervorschrift § 8 Abs. 4 KStG a.F., die ähnlich wie der § 8c KStG den missbräuchlichen Handel mit Verlustvorträgen unterbin- den sollte. Als Hauptgrund für die Einführung der verschärfteren Verlustab- zugsbeschränkung (§ 8c KStG) wurde die Senkung des Körperschaftssteu- ersatzes von 25 % auf 15 % seitens des Gesetzgebers genannt.39 Ein wei- terer Grund war die Komplexität der Vorgängervorschrift, der auch in vielen Fällen sehr viel Raum für Gestaltungen ließ. Dieser wurde in der Vergan- genheit mehrfach kritisiert, da wegen der mangelnden Akzeptanz in der Praxis viele Gerichtsverfahren stattgefunden haben.40

Mit Einführung des § 8c KStG wollte der Gesetzgeber die Vorschrift zur Verlustabzugsbeschränkung vereinfachen und konkretere Tatbestands- merkmale in das Gesetz verankern.41 Der § 8c KStG betrifft Verluste, die sowohl in der Vergangenheit als auch in der laufenden Periode entstanden sind.42 Dieser wirkt hinsichtlich der Begrenzung des Verlustabzugs als „Ein- kommensermittlungsvorschrift“43. Im Entwurf des Unternehmenssteuerre- formgesetztes 2008 wird das Hinzutreten eines neuen Gesellschafters mit dem Verlust der wirtschaftlichen Identität gleichgesetzt.44

Die Einführung des zunächst relativ strickten § 8c KStG brachte ebenfalls Streitigkeiten mit sich, da sie keine Erleichterungsregelungen beinhaltete und dadurch vor allem mittelständische Unternehmen in großen Maßen be- nachteiligte. Sie sorgte in einem Zeitraum, in dem die Wirtschaftskrise ihren Höhepunkt erreichte, für starke Kritik. Bereits ein Jahr nach Einführung des neuen § 8c KStG wurden im Koalitionsvertrag der zu dem Zeitpunkt regie- renden Parteien CDU, CSU und FDP einige „Krisenentschärfende Maß- nahmen“45 hervorgerufen bzw. angekündigt. Einige dieser Maßnahmen wurden für die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG entwickelt. „Um schnell und effektiv Wachstumshemmnisse zu beseitigen, werden wir un- verzüglich mit einem Sofortprogramm zum 01.01.2010 beginnen“46 hieß es zu Beginn des Plans, der aus der Krise helfen sollte.

Durch die geplanten Maßnahmen sollten vor allem international aufgestellte Konzerne sowie mittelständische Unternehmen den Weg aus der Krise finden. Drei wesentliche, folgend aufgelistete Maßnahmen standen dabei im Mittelpunkt, die auch im Entwurf zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu finden sind:47

- Die zeitliche Begrenzung bei der Sanierungsklausel aufheben.
- Den Verlustabzug innerhalb eines Konzerns unter Umständen erlau- ben.
- Den Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven ermöglichen.

2.5 Tatbestandsvoraussetzungen

2.5.1 Schädlicher Beteiligungserwerb

Der Grundtatbestand "schädlicher Beteiligungserwerb" ist nach § 8c Abs. 1 Satz 1 - 4 KStG gegeben, wenn ein bestimmter Umfang von Anteilen an einer Körperschaft übertragen wird.48 Hierfür müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein. Es werden:

- Innerhalb von fünf Jahren
- Mittelbar oder unmittelbar
- Mehr als 25 % / mehr als 50 %
- Des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungs- rechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft
- An einen Erwerber oder diesem nahe stehende Person oder Perso- nen mit gleichgerichteten Interessen
- Übertragen oder es liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor.49

Laut BMF-Schreiben setzt der § 8c KStG für einen schädlichen Beteili- gungserwerb den Erwerb durch ein Erwerberkreis voraus und beschreibt diesen. Demzufolge sind Personen betroffen, die ein gleichgerichtetes In- teresse mit dem Erwerber oder auch mit einer ihm nahe stehenden Person haben. Des Weiteren wird festgehalten, dass die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich (Schenkung) erfolgen kann, mit der Ausnahme des Erb- falls. Werden sozusagen in einem Erbfall Gesellschaftsanteile unentgeltlich übertragen, so werden diese nicht von § 8c KStG betroffen. Diese Aus- nahme würde sich jedoch wieder aufheben, wenn die Übertragung auch nur in einem geringen Umfang gegen Entgelt erfolgt.50 Bei mehreren Über- tragungen die zur unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen, wird der Ver- lustuntergang gem. § 8c Abs.1 Satz 1 KStG erst in dem Wirtschaftsjahr vollzogen, in dem die 25 %-Grenze erstmals überschritten wird. Der als „schädlich qualifizierte Beteiligungserwerb steht in einer direkten Proporti- onalität zu den wegfallenden Verlusten.51 Die steuerlichen Auswirkungen eines schädlichen Beteiligungserwerbs können folgendermaßen darge- stellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Übersicht zur Wirkungsweise des § 8c KStG52

Umstritten ist, ob und in welcher Höhe Verluste im Falle eines unterjährigen Beteiligungserwerbs genutzt werden können. Es gibt in der Literatur ver- schiedene Ansichten darüber. Eine darüber weit verbreitete Ansicht ist, dass die Nutzung von Verlusten einer Kapitalgesellschaft, die in der laufen- den Periode bis zu dem Zeitpunkt des unterjährigen schädlichen Beteili- gungserwerbs angefallen sind, mit den jeweiligen Gewinnen verrechenbar sein sollten. Das würde bedeuten, dass die Verluste, die vor einer Anteils- übertragung entstanden sind, nicht untergehen, obwohl sie im gleichen Ka- lenderjahr liegen. Sind demnach nun Verluste mit den Gewinnen, die eben- falls bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielt wurden verrechnet und es bleibt immer noch ein Verlustvortag übrig, so könnte man diesen Teil der Verluste quotal untergehen lassen.53 Die Finanzverwaltung ist diesbezüg- lich anderer Auffassung.54

Beispiel: A ist Alleingesellschafter der A-GmbH. Das Wirtschafts- jahr der GmbH ist vom Kalender abweichend zwischen dem 01.09 und 31.08. Die GmbH hat im Wirtschaftsjahr 13/14 Verluste erlitten und stellte zum 31.12.2014 einen Verlustvortrag in Höhe von 1 Mio. fest. Euro. Am 01.07.2015 beschloss der Gesellschafter A, 55% seiner Anteile an der A-GmbH an B zu veräußern. Vom 01.09.2014 bis zur Anteilsübertragung am 01.07.2015 erzielte die A-GmbH ei- nen Gewinn i.H.v. 800.000 Euro. Nach der Anteilsübertragung ent- standen der GmbH bis zum Bilanzstichtag ein Verlust i.H.v. 200.000 Euro.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Unterjähriger schädlicher Beteiligungserwerb55

Zum 01.07.15 liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb vor, da A mehr als 50% seiner Anteile an der A-GmbH an B übertragen hat. Dies würde dazu führen, dass die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht genutzten Verluste voll- ständig untergehen. Zunächst muss jedoch ermittelt werden in welcher Höhe der Verlust untergeht. Der Verlust i.H.v. 1 Mio. Euro lässt sich mit dem Gewinn der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erzielt wurde, verrechnen und vermindert sich somit auf 200.000 €. Dieser Betrag geht mit dem Anteilserwerb des B vollständig unter, da die schädliche 50%- Grenze überschritten wird. Der Gewinn vermindert sich durch die Verrech- nung mit dem Verlust auf 0 Euro. Die Verluste die nach dem Beteiligungs- erwerb i.H.v. 200.000 Euro angefallen sind, bilden den zum Ende des Ka- lenderjahres festzustellenden Verlustvortrag.

Im § 8c KStG kommt es nicht darauf an, ob Anteile nur kurzfristig oder lang- fristig erworben werden, weil als zeitliche Bestimmung nur der Fünf-Jahres- Zeitraum maßgeblich ist. Deshalb sind Durchgangserwerbe, die häufig in Konzernen stattfinden, ebenfalls schädlich und führen zu einem quotalen oder vollständigen Verlustuntergang. Bei einem Durchgangserwerb wer- den, die von einem Unternehmen zum Erwerben beabsichtigten Anteile zu- erst durch eine Vorratsgesellschaft erworben und danach kurzfristig kon- zernintern weiterübertragen. Die Vorratsgesellschaft agiert in diesem Fall gegenüber dem endgültigen Erwerber nur als Vermittler, wobei aus Sicht des endgültigen Erwerbers die Übertragung eine mittelbare Anteilsübertragung darstellt. Ob für die Konzerninterne Anteilsübertragung eine Begünstigung i.S.d. § 8c Abs. 1 Satz 5 KSTG anfällt, ist abhängig von weiteren Tatbestandsvoraussetzungen die im Kapitel 4.1 näher beschrieben werden.56 Eine Ausnahme hierbei besteht darin, dass nach Auffassung des BMF-Schreibens ein Zwischenerwerb durch eine Emissionsbank im Rahmen eines Börsengangs unschädlich bleibt.57

2.5.2 Erwerb

In diesem Teilabschnitt der Arbeit kommt es auf die Fragestellung an, ob ein Missbrauch durch Handel mit Verlustvorträgen vorliegt, wenn mehrere Erwerber bzw. Gesellschafter an dem übertragenden Rechtsträger beteiligt sind, von denen keiner nach der Verschmelzung die schädliche Grenze von 25 % überschritten haben. Es ist im Einzelnen detailliert zu analysieren, ob diese Gesellschafter einander nahestehen bzw. gleichgerichtete Ziele ver- folgen und somit eine Gruppe von Erwerbern i.S.d. § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG bilden.

2.5.2.1 Erwerber und Erwerberkreis

Nach § 8c Abs. 1 KStG wird eine Anteilsübertragung als „schädlich“ quali- fiziert, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % bzw. 50 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Be- teiligungsrechte oder Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwer- ber übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt. Nach der Auffassung des BMF-Schreibens vom 04.07.2008 geht hervor, dass die Anteilserwerbe des Erwerbers und diesem nahestehende Personen sowie Personen mit gleichgerichteten Interessen zusammengerechnet werden müssen, da der Gesetzgeber eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerich- teten Interessen nicht von einem einzigen Erwerber unterscheidet.58 Er- werbe, die im Zusammenhang mit einer Erbfolge stehen, fallen nicht unter dem Anwendungsbereich des § 8c KStG und werden nicht als schädliche Beteiligungserwerbe qualifiziert. Als Erwerber gelten natürliche und juristi- sche Personen sowie Mitunternehmerschaften unabhängig davon, ob diese bereits vorher an einer Verlustgesellschaft beteiligt waren. Personal- gesellschaften sind darunter nicht erfasst.59

Das BMF-Schreiben vom 04.07.2008 stellt klar, dass ein anteiliger oder vollständiger Verlustuntergang dann zustande kommt, wenn die Gesell- schaftsanteile durch einem sogenannten „Erwerberkreis“ erworben wer- den. Dieser Begriff ist im Gesetz nicht enthalten. Nach Auffassung des BMF-Schreibens kann es drei Arten von Erwerberkreisen geben:60

- Der Erwerber selbst und diesem nahestehende Personen bilden den Erwerberkreis. Die Mitglieder dieser Gruppe haben keine gleichgerich- tete Interessen i.S.d. § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG. Diese Gruppe wird auch als „Zusammenrechnungsgruppe“ bezeichnet, da die Erwerbe dieser Personen zusammengerechnet werden.
- Eine Gruppe von Erwerbern die sich zwar nicht nahestehen, jedoch gleichgerichtete Interessen verfolgen.
- Der Erwerberkreis besteht aus dem Erwerber, diesem nahestehende Personen und aus weiteren Personen bzw. Erwerbern, die gleichge- richtete Interessen haben.

2.5.2.2 Erwerber mit gleichgerichteten Interessen

Der Gesetzgeber hat in der Vergangenheit nicht genau bestimmt, wann und in welchen Fällen von einer Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen gesprochen werden kann. Es hat darüber weder Rechtsprechungen gegeben, noch gesetzlich näher definiert. Nach einem Gerichtsurteil des Senats vom 26.02.2015 liegen gleichgerichtete Interessen vor, wenn die Erwerber im Erwerbsvorgang zusammenwirken und im Anschluss einen beherrschenden Einfluss ausüben.61

Gleichgerichtete Interessen liegen im Weiteren auch dann vor, wenn die Absicht der Erwerber darin besteht, die Verluste des übertragenden Rechtsträger wirtschaftlich bzw. steuermindernd nutzbar zu machen. Der Erwerb von Anteilen zu einem angemessenen Kaufpreis stellt zunächst kei- nen wirtschaftlichen Vorteil dar. Erst die Nutzung des erworbenen Anteils für gemeinsame Zwecke mit einem anderen Erwerber führt zu einem Be- stehen der gleichgerichteten Interessen.62 Das Vorliegen dieses Tatbe- standsmerkmals ist genau zu überprüfen, da nicht bei jeder Möglichkeit ei- ner Verlustnutzung der Erwerber auf eine Missbrauchsabsicht zurückge- führt werden kann. Die Anwendung des § 8c Abs. 1 würde demnach nur dann Anwendung finden, wenn der Erwerb „strukturiert“ erfolgt.63

Wie bereits erwähnt werden die Anteilserwerbe der Erwerber zusammen- gerechnet, wenn gleichgerichtete Interessen einer Erwerbergruppe vorlie- gen, wobei auch nur eine bloße Abstimmung zwischen den Erwerbern be- züglich des Erwerbvorgangs ausreichend ist.

[...]


1 Schmidt-Fehrenbacher, DB 2011, S. 75.

2 Die Übergangsregelung des § 34 Abs.6 Satz 3 KStG a.F. schrieb eine parallele An- wendung der Vorschriften § 8 Abs.4 KStG a.F. und § 8c KStG bis zum Ende der VZ 2012 vor; Vgl. auch BGBl. I 2007, S. 1912; BStBl. I 2007, S. 630).

3 Vgl. Dötsch, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, 2008, § 8c, Rz. 1.

4 Vgl. Dötsch, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, 2008, § 8c, Rz. 2.

5 Vgl. Bundesministerium für Finanzen, Monatsbericht des BMF - März 2007, Die Un- ternehmenssteuerreform 2008, S. 97; BT-Drucks. 16/4841 v. 27.03.2007, S. 75.

6 Vgl. Lendewig, SteuerStud 2009, S. 309 (310).

7 Vgl. Dörr/Eggert, NWB 2015, DokID CAAAE-72810, Rn. 1.

8 Vgl. Niehus/Wilke, Kapitalgesellschaften, 2012, S. 103; Bundesministerium für Fi- nanzen, Monatsbericht des BMF - März 2007, Die Unternehmenssteuerreform 2008, S. 91.

9 BT-Drucks. 17/15 v. 09.11.2009, S. 1.

10 Vgl. BGBl. I 2009, S. 1959; BStBl. I 2009, S.782; BMF v. 30.04.2010 - IV C 2 -S 2745-a/08/10005; Neben dem, die im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungs- gesetztes eingeführten Erleichterungsvorschriften wie die Stille-Reserven-Klausel und die Konzernklausel wurde durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversi- cherung v. 16.7.2009 die Sanierungsklausel eingeführt, damit Körperschaftsver- luste in Sanierungsfällen nicht untergehen. Die Europäische Kommission hat je- doch die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG aufgrund des Zweifels an der Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt als „schädliche Beihilfe“ eingestuft und suspendiert. Die Sanierungsklausel ist aus diesem Grund nicht Gegenstand dieser Arbeit.

11 Vgl. Lendewig, SteuerStud 2009, S. 309 (310).

12 Vgl. Dötsch, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, 2008, § 8c, Rz. 1.

13 Vgl. Niehus/Wilke, Kapitalgesellschaften, 2012.

14 Vgl. BMF v. 16.04.1999, BStBl. I 1999, S. 2 (Rz. 1); Niehus/Wilke, Kapitalgesell- schaften, 2012, S. 193; Vgl. hierzu auch BFH v. 14.03.2006, BStBl. II 2007, S. 602.

15 BMF v. 16.04.1999, BStBl. I 1999, S. 2 (Rz. 1).

16 Mit Änderungen entnommen aus: Dötsch/Pung, DB 2008, S. 1703 (1703).

17 Vgl. Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 8c, Rz. 19.

18 Vgl. Lendewig, SteuerStud 2009, S. 309 (310).

19 Vgl. Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 8c, Rz. 22.

20 Vgl. Grobshäuser/Maier/Kies, Gesellschaften, 2014, S. 558 - 559.

21 Dötsch/Pung, DB 2008, S.1703 (1709).

22 In Anlehnung an Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 8c, Rz. 27.

23 Vgl. BMF v. 4.7.2008, BStBl I 2008, S. 736 (Rn. 30); Vgl. auch Neyer, DStR 2010, S. 1600 (1602).

24 Suchanek, in: Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, 2013, § 8c, Rz. 11.

25 Vgl. Neyer, DStR 2010, S. 1600 (1603).

26 Vgl. Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 8c, Rz. 27; Vgl. auch BT-Drucks. 16/4841 v. 28.03.2007, S. 78.

27 Vgl. Suchanek, in: Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, 2013, § 8c, Rz. 2.

28 Vgl. Dötsch, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, 2015, § 8c, Rz. 5.

29 Vgl. Heinicke, in: Weber-Grellet, EStG, 2014, § 10d, Rz. 20.

30 Vgl. Niehus/Wilke, Kapitalgesellschaften, 2012, S. 189.

31 In Anlehnung an Dötsch/Alber/Sell/Zenthöfer, 2015, S. 204.

32 Vgl. Niehus/Wilke, Kapitalgesellschaften, 2012, S. 189-190.

33 Vgl. Frankus, Verlustverrechnung, 2010, S. 57.

34 Lambrecht, in: Kirchhof, EStG, 2013, § 10d, Rz. 6.

35 Vgl. Dötsch, DStR 2008, S. 641 (641); Kessler/Hinz, DStR 2011, S. 1771 (1772).

36 Vgl. Dötsch, DStR 2008, S. 641 (641).

37 Vgl. Niehus/Wilke, Kapitalgesellschaften, 2012, S. 193.

38 Vgl. Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung, 2011, S. 102.

39 Vgl. Bundesministerium für Finanzen, Monatsbericht des BMF - März 2007, Die Unternehmenssteuerreform 2008, S.75.

40 Vgl. BR-Drucks. 220/07 v. 03.03.2007, S. 123.

41 Vgl. Bundesministerium für Finanzen, Monatsbericht des BMF - März 2007, Die Unternehmenssteuerreform 2008, S.87, 98.

42 Vgl. Neyer, DStR 2010, S. 1600 (1600).

43 Dötsch, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, 2015, § 8c, Rz. 12.

44 Vgl. BR-Drucks. 220/07 v. 03.03.2007, S. 125 ff.

45 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP, 2009 S.11.

46 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP, 2009 S.11.

47 Vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP, S.11-12; Vgl. auch BT-Drucks. 17/15 v. 09.11.2009, S. 1.

48 Vgl. Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 2015, S. 382.

49 Vgl. Lendewig, SteuerStud 2009, S. 309 (310).

50 Vgl. BMF v. 4.7.2008, BStBl I 2008, S. 736 (Rn. 3).

51 Vgl. Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 2013, S. 374 sowie Zerwas/Fröhlich, in: Lüdi- cke/Kempf/Brink, Verluste, 2010, S. 205 f.

52 Vgl. Dötsch, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, 2015, § 8c, Rz. 19.

53 Vgl. FG Münster v. 30.11.2010; Vgl. auch Dudek, Verlustabzug, 2013, S. 157.

54 Vgl. BMF v. 4.7.2008, BStBl I 2008, S. 736 (Rn. 31).

55 Eigene Darstellung in Anlehnung an Niehus/Wilke, Kapitalgesellschaften, 2012, S. 198.

56 Vgl. Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 8c, Rz. 96.

57 Vgl. BMF v. 4.7.2008, BStBl I 2008, S. 736 (Rn.6).

58 Vgl. BMF v. 4.7.2008, BStBl I 2008, S. 736 (Rn.27).

59 Vgl. BMF v. 4.7.2008, BStBl I 2008, S. 736 (Rn.24).

60 Vgl. Dötsch, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, 2015, § 8c, Rz. 62.

61 Vgl. Niedersächsisches FG v. 26.02.2015.

62 Vgl. Neumann, in: Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2015, § 8c, Rz. 153.

63 Vgl. Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, S. 897 (900).

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Verlustabzug bei Körperschaften. Praxisrelevante Aspekte
Hochschule
Hochschule Aschaffenburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
66
Katalognummer
V339789
ISBN (eBook)
9783668296480
ISBN (Buch)
9783668296497
Dateigröße
1364 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
verlustabzug, körperschaften, praxisrelevante, aspekte
Arbeit zitieren
Ömür Altunbey (Autor:in), 2016, Verlustabzug bei Körperschaften. Praxisrelevante Aspekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339789

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