Reflexionsbericht über ein 60-stündiges Praktikum in der Wohnungslosenhilfe


Praktikumsbericht / -arbeit, 2015

13 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1 Die Wohnungslosenhilfe

2 Motivation
2.1 Wahl der Praktikumsstelle
2.2 Erwartungen an das Praktikum

3 Reflexion des Praktikums
3.1 Praxisverlauf
3.1.1 Anfangsphase
3.1.2 Hauptphase
3.1.3 Abschluss
3.2 Vegleich mit ursprünglichen Erwartungen
3.3 Berufliche Identität und Fazit

4 Literaturverzeichnis

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

1 Die Wohnungslosenhilfe

In Deutschland konsumieren 9,5 Millionen Menschen Alkohol in gesundheitlich riskantem Ausmaß (vgl. Mortler 2015, S. 15). Das Hilfesystem bietet bei einer Alkoholabhängigkeit den Weg von der Suchtberatung, zur Entzugbehandlung hin zur medizinischen Rehabilitation (vgl. DHS 2015, S.152 ff.). Viele Menschen erleiden mehrmals Rückfälle und starten mehrere Versuche des Entzugs. Doch was ist mit älteren Menschen, die nach jahrezehntelangem Konsum keine Abstinenz mehr anstreben und deren Gesundheit durch den jahrelangen Alkoholkonsum stark in Mitleidenschaft gezogen wurde? Auch für diese Menschen muss es eine Anlaufstelle geben, in der ihnen der Alkoholkonsum nicht strikt verweigert wird und in der nicht der Entzug, sondern ein würdevolles Leben auch mit der Abhängigkeit im Vordergrund steht.

Solch eine Einrichtung ist die Wohnungslosenhilfe, in der mein Praktikum stattfand. Es ist eine stationäre Einrichtung für volljährige, wohnungslose Männer. In der Einrichtung arbeitet ein multiprofessionelles Team von Pflegern, Ergotherapeuten, Sozialpädagogen und Psychologen im Bezugsklientensystem. Jeder Bewohner wird vorrangig von einen Sozialpädagogen, einem Ergotherapeuten und einem Pfleger betreut. Mein Praktikum bezog sich auf die Langzeithilfe, in der die vorhandenen Ressourcen und die Selbständigkeit in allen Lebensbereichen gefördert werden. In der Langzeithilfe sind die Ziele deutlich niedriger angesetzt und es werden kleinere Schritte gemacht. Die Bewohner der Langzeithilfe können keine eigene Wohnung halten, da sie in vielen Bereichen, die hierfür nötig wären, Defizite aufweisen. So zeigen die meisten Verwahrlosungstendenzen auf, sie können also ohne Unterstützung schwer Ordnung halten. Außerdem haben die meisten, als sie allein gelebt haben, ihre Briefe nicht geöffnet und dadurch hat beinahe jeder Bewohner Schulden. Bei 2/3 aller Männer in der Einrichtung liegt eine Alkoholsucht vor. Sie neigen stark dazu, das vorhandene Geld für alkoholische Getränke auszugeben statt sich regelmäßig mit Lebensmitteln zu versorgen. Die Zielgruppe der Einrichtung umfasst keine Männer, die wegen Sexualstraftaten oder massiven Gewaltdelikten verurteilt wurden, illegale Drogen konsumieren oder Pflegeleistungen über der Pflegestufe 0 benötigen. Bei der Aufnahme eines neuen Bewohners findet ein Gespräch zwischen dem jeweiligen Mann, der Psychologin und der Einrichtungsleitung statt, durch das entschieden wird, ob die Person in die Einrichtung passt. Aufgrund der multiplen Problemlagen passen die Männer in keine spezifische Einrichtung, sodass die Langzeithilfe Männer aufnimmt, die sonst durch das Versorgungssystem fallen. Die Langzeithilfe ist ein nasses Haus. Das bedeutet, dass in der Einrichtung niedrigprozentiger Alkohol konsumiert werden darf. Die Menge dürfen die Männer zunächst selbst bestimmen. Fällt jedoch ein extrem übermäßiger Konsum auf, können die Sozialpädagogen beschließen zu intervenieren. Die Sozialpädagogen können entscheiden, die Geldsumme, die die Bewohner monatlich erhalten, in wöchentliche oder gar tägliche Auszahlungen zu unterteilen, sodass ein starker Konsum finanziell unterbunden wird. Zudem gibt es die sogenannte Biereinteilung. Ist ein Mann in der Biereinteilung, so kann er sich zu bestimmten Zeiten am Tag eine vereinbarte Anzahl an Bierflaschen im Pflegebüro abholen. Gleichzeitig erhält derjenige kein Essensgeld, sondern muss stattdessen bis zu dreimal am Tag in der Einrichtung essen. Diese Maßnahme lässt sich sehr individuell steuern. Fällt es einem Mann wieder leichter, den eigenen Konsum zu kontrollieren, kann die Vereinbarung wieder gelockert werden. Bei extremen Einbrüchen sind somit schnelle Reaktionen durch die Sozialpädagogen möglich. Der Alkoholkonsum wird also versucht zu regulieren, jedoch ist eine Abstinenz nicht das Ziel. Es gibt wenige und keine verpflichtenden Gruppenangebote, die sich mit dem Thema auseinandersetzen. Vor allem bieten die Ergotherapeuten Gruppen an, die sich jedoch vorrangig mit Alltagsfähigkeiten auseinandersetzen.

2 Motivation

Der Suchtbereich stellte für mich ein neues Arbeitsfeld vor, in dem ich zuvor noch keine Erfahrungen sammeln konnte. Ich wollte jedoch in meinem Studium auch diesen Bereich kennenlernen, da ich mir gut vorstellen konnte, dass auch dieses Arbeitsfeld für mich infrage kommen kann. Zuvor hatte ich nach meiner Schulzeit im psychiatrischen Bereich gearbeitet und immer wieder Berührungspunkte mit Suchtproblematiken der Klienten festgestellt. Ich kannte mich jedoch sehr wenig aus, was ich im Studium zu ändern anstrebte. Da Sucht in jedem Bereich des Sozialen ein Thema ist, wollte ich im Studium mehr Wissen über Sucht und Drogen erwerben. Durch die Teilnahme am Seminar strebte ich ein solides Hintergrundwissen an und erhoffte mir bereichernde praktische Erfahrungen durch das Praktikum.

2.1 Wahl der Praktikumsstelle

Zunächst suchte ich nach einem Praktikumsplatz in einer Einrichtung, die mit drogenabhängigen Menschen arbeitet, da ich mich für diesen Bereich besonders interessierte. Obwohl ich mich früh bei verschiedenen Einrichtungen bewarb, stellte es sich als äußerst schwierig heraus, eine Stelle zu finden, die eine Praktikantin für lediglich 60 Stunden annahm. Ich erhielt sieben Absagen aus unterschiedlichen Gründen. Manche Stellen hatten schon Praktikanten, andere begründeten die Absage mit Personalmangel, die meisten jedoch erklärten mir, dass der Aufwand, eine Praktikantin für nur 60 Stunden anzuleiten, zu groß sei. Erst die Wohnungslosenhilfe schien dem 60-stündigen Praktikum gegenüber aufgeschlossen zu sein. Ich telefonierte mit einer Sozialpädagogin, die sehr interessiert war und mich zu einem Vorstellungsgespräch einlud. Alkoholsucht als vorrangiges Thema im Praktikum hatte ich zunächst nicht in Erwägung gezogen, jedoch stellte ich mir auch diese Arbeit sehr interessant vor. Zudem konnte ich in der Einrichtung auch die Berührungspunkte mit Wohnungslosigkeit, psychischen Störungen und Arbeit mit älteren Menschen erleben. Durch die verschiedenen Berührungspunkte, die die Einrichtung abdeckt, eröffneten sich mir vielseitige Aspekte im Praktikum. Ich kam also über Umwege zu dem Praktikumsplatz und war sehr gespannt auf die Zeit in der Einrichtung und freute mich auch auf die ersten fünf Tage im Praktikum, die ich schon in den Semesterferien ableisten wollte. Die restlichen Stunden verteilte ich bewusst auf je zwei Tage pro Monat im Semester, um einen längeren Zeitraum in der Einrichtung mitzuerleben und da ich den Input im Seminar und die praktischen Erfahrungen gerne parallel erleben wollte.

2.2 Erwartungen an das Praktikum

Meine Erwartungen an die Arbeit in der Wohnungslosenhilfe orientierten sich an meinen bisherigen Erfahrungen im sozialen Bereich. Ich stellte mir die Wohnungslosenhilfe sehr ähnlich vor wie die Tagesstätte für psychisch kranke Menschen, in der ich ein Jahr lang gearbeitet habe. Meine Vorstellung war, dass es einen festen Tagesablauf gibt. Ich vermutete, dass die Bewohner zu einer bestimmten Uhrzeit für das Frühstück geweckt werden und dass den Tag über mehrere Gruppenangebote, die die Sozialpädagogen anleiten, stattfinden. Dass die Bewohner Aufgaben übernehmen, beispielweise in Kochgruppen oder andere Aufgaben im Haushalt. Ich stellte mir eine sehr enge Betreuung vor und erwartete viel Kontakt zwischen Bewohnern und Mitarbeitern. Vor dem Praktikum wusste ich schon, dass es ein Gebäude für die Übergangshilfe gibt und ein Gebäude für die Langzeithilfe. Die Sozialpädagogen der beiden Bereiche sprachen sich ab und ich war sehr froh, dass ich in der Langzeithilfe als Praktikantin angenommen wurde. Unter der Langzeithilfe stellte ich mir nämlich den schwierigeren und spannenderen Bereich vor, in dem eine intensivere Arbeit mit den Bewohnern nötig ist. Bei einer langfristigen Wohnungslosigkeit nahm ich an, dass viele andere Hilfsangebote gescheitert sein müssen und dies ist in einem jungen Leben eher selten. Die Wohnungslosenhilfe ist, wie bereits erwähnt, ein nasses Haus. Ich konnte mir nicht genau vorstellen, warum der Konsum von Alkohol erlaubt wird und wie das in der Praxis funktioniert, darauf war ich sehr gespannt. Insgesamt erwartete ich, dass das Thema Sucht sehr präsent sein würde, beispielsweise in Form von Gruppenangeboten und Gesprächen zwischen Sozialpädagogen und den einzelnen Bewohnern. In Bezug auf meine Zeit im Praktikum war mir sehr wichtig, dass ich mich im Team wohlfühle. Meine Anleiterin lernte ich schon im Vorstellungsgespräch kennen. Sie war sehr sympathisch, darum hatte ich sehr positive Erwartungen in Bezug auf das Team. In dem Gespräch merkte ich schon, dass sich das Team um mich Gedanken gemacht hatte und dass sie darum gemüht sein würden, dass ich viel sehen kann und mich wohlfühle. Ich hatte zu Beginn einerseits Zweifel, ob mir das Praktikum gefallen würde, da ich ja ursprünglich eine Einrichtung, die sich vorrangig mit Sucht auseinandersetzt, kennenlernen wollte. Nach dem Vorstellungsgespräch jedoch war ich sehr gespannt auf die Arbeit mit alkoholabhängigen wohnungslosen Männern, die teilweise schon Jahrzehnte in der Einrichtung leben. Ich interessierte mich sehr dafür, wie es zu Wohnungslosigkeit kommt, wie in der Einrichtung mit dem Alkoholkonsum umgegangen wird und natürlich hauptsächlich, wer diese Menschen sind, die in dieser Einrichtung leben.

3 Reflexion des Praktikums

3.1 Praxisverlauf

Zunächst möchte ich den Verlauf meines Praktikums darlegen. Im Anschluss folgt ein Vergleich mit den ursprünglichen Erwartungen und abschließend möchte ich mich mit dem Gewinn aus dem Praktikum beschäftigen und ein persönliches Fazit ziehen.

3.1.1 Anfangsphase

Ich war sehr überrascht, wie schwierig es ist, eine Praktikumstelle für 60 Stunden zu finden. Die Absagen frustrierten mich zu Beginn, jedoch war die Wohnungslosenhilfe bereit, mich als Praktikantin anzunehmen. Am Tag nach dem ersten Telefonat mit meiner Anleiterin erhielt ich eine Zusage und ich sollte zum Kennenlernen vorbeikommen. Ich war vor Ort sehr überrascht, dass meine Anleiterin ein eigenes Büro hatte und wie ich später erfuhr, hat in der Einrichtung jeder Sozialpädagoge ein eigenes Büro. Auch überraschte mich positiv, dass das Team einen Plan für mich über die ersten Praktikumstage erstellt hatte. In den Semesterferien wollte ich schon einmal fünf Tage im Praktikum verbringen und dann im Semester pro Monat zwei Tage Praktikum ausmachen. Meine Anleiterin war sehr flexibel und ging sehr auf meine Wünsche bezüglich der Termine und der Inhalte ein. Ich sollte ihr erzählen, welche Themen mich interessieren und was mir wichtig war. Ich nannte vor allem das Thema Sucht und ansonsten wollte ich am Alltag in der Einrichtung teilhaben dürfen und die Klienten kennenlernen. Meinem Plan zufolge durfte ich bei jedem Team einmal dabei sein, damit ich auch einen Einblick in die Arbeit der Ergotherapeuten, der Pflege und der Psychologen einen Einblick erhalten konnte. Und nachmittags sollte ich jeden Tag zu einem anderen Sozialpädagogen gehen und ihm bei der Arbeit über die Schulter schauen. Ich hatte bei dem Gespräch zum Kennenlernen ein sehr gutes Gefühl, da sich das Team wirklich auf mich vorbereitet hatte und sich Gedanken gemacht hatte, was für mich interessant sein könnte.

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Reflexionsbericht über ein 60-stündiges Praktikum in der Wohnungslosenhilfe
Hochschule
Hochschule München
Note
1,0
Jahr
2015
Seiten
13
Katalognummer
V340859
ISBN (eBook)
9783668334236
ISBN (Buch)
9783668334243
Dateigröße
845 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
reflexionsbericht, praktikum, wohnungslosenhilfe
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Reflexionsbericht über ein 60-stündiges Praktikum in der Wohnungslosenhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340859

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