Literarische Bildung zu Zeiten Karls des Großen. Das Buchwesen der karolingischen Bildungsreform


Hausarbeit, 2015

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Buchform des frühen Mittelalters

3 Die Schrift der karolingischen Renaissance

4 Skriptorien

5 Klöster

6 Klosterbibliotheken

7 Schlusswort

8 Literatur

1 Einleitung

Karl der Große war von 768 bis 814 König der Franken und erlangte im Jahre 800 die Kaiserwürde. Er erweiterte während seiner Herrscherzeit sein Reich „von einer Region kleiner als Frankreich“1 zu einem „Großteil des heutigen Westeuropas“2. Zudem, dass er ein geschickter Krieger war, förderte er das Christentum, die Bildung und Gelehrsamkeit.3 Die Herrschaftszeit von Karl dem Großen wird dementsprechend als „Karolingische Renaissance“4 der Bildung oder „Bildungsreform Karls des Großen“5 bezeichnet.

Diese Reform war eine Antwort auf den kulturellen Zerfall der Bildungstradition im Abendland, denn derzeitig Zeit gab es weder eine einheitliche Schrift- noch Volkssprache.6 Zudem herrschte eine Schriftfeindlichkeit im Frankenreich, die erklärt, weshalb selbst Karl der Große des Schreibens nicht mächtig war.7 Ein Ziel der Bildungsreform von Karl den Großen war es, dem Bildungsmangel der Bevölkerung durch die Errichtung von Dom- und Klosterschulen abzuhelfen und somit das Lesen und Verstehen von christlichen Texten zu ermöglichen.8

Die folgende Arbeit thematisiert das Buchwesen während der karolingischen Bil- dungsrenaissance. Um einen Eindruck über die derzeitige Buchproduktion zu erhalten, werden vorerst die materiellen Bedingungen der Herstellung sowie die Buchform des frühen Mittelalters erläutert. Ein weiterer wichtiger Punkt, um nachvollziehen zu kön- nen, inwiefern sich das Buchwesen während der Herrschaft durch Karl den Großen verändert hat, ist die Beschreibung der karolingischen Schrift und die mit ihr verbunde- nen Änderungen für das derzeitige Schriftwesen. Ebenso wie die Schrift wurden während der karolingischen Bildungsrenaissance die Klöster, die sich darin befindlichen Skriptorien und Bibliotheken gefördert. Nach einer Erläuterung dieser und deren Aufgaben erfolgt eine kurze Beleuchtung des Austausches von Büchern zwischen den Bibliotheken und deren literarischen sowie bildungsfördernden Eigenschaften. Abschließend werden die Wirkungen des Buchwesens der Karolingerzeit für die Verbreitung von Wissen zusammengetragen.

2 Die Buchform des frühen Mittelalters

Um das Buchwesen der karolingischen Bildungsrenaissance und die aufwendige Pro- duktion von Büchern nachvollziehen zu können, muss zunächst skizziert werden, was unter der Buchform des frühen Mittelalters zu verstehen ist. Neben der aus Ägypten stammenden Buchrolle, die sich bereits im 4. bis 3. Jahrtausend entwickelte, entstand in der späten Antike der Kodex. Während die Buchrolle aus Papyrus oder Leder bestand, waren die Seiten des Kodexes, der an die Form des heute üblichen Buches erinnert, aus Pergament.9 Eine weitere Entwicklung des Kodexes war, dass sein Beschreibmaterial im Gegensatz zu den Buchrollen nicht aus einer langen Bahn, sondern einzelne, gefaltete und zusammen geheftete Bögen bestand, durch die es ermöglicht war, in dem Kodex zu blättern. So bot der Kodex gegenüber der Bücherrolle den klaren Vorteil der Hand- lichkeit und ermöglichte zudem ein einfaches Nachschlagen.10 Dadurch, dass der Kodex nicht komplett auf- und abgerollt werden musste, versprach er zudem eine längere Halt- barkeit.11 Darüber hinaus waren die gleichformatigen Blätter übersichtlicher und er- möglichten eine beidseitige Beschriftung des Pergaments. Mit dem Aufkommen der Kodexform „setzte sich das Pergament als Beschreibstoff gegenüber Papyrus durch"12. Besonders Christen, die „vorwiegend den ärmeren Bevölkerungsschichten entstammten"13 nutzten für ihre Schriften den Kodex, obwohl zu erwähnen ist, dass aus dieser Zeit ebenfalls christliche Dokumente in Rollenform und aus Papyrus erhalten sind.14 So sieht beispielsweise auch Rosamond McKitterick die Verbreitung des Chris- tentums in einem Zusammenhang mit der Nutzung des Kodexes, durch den es ermöglicht wurde, eigenständig Material zum Beschreiben herzustellen, anstatt es aus Ägypten importieren zu müssen.15 Es wird vermutet, dass die Kodize zur Verbreitung von christlichen Schriften genutzt wurden, um sich durch die neue Buchform von dem jüdischen beziehungsweise heidnischen Glauben abzugrenzen.16 Das für die Kodize be- nutzte Pergament wurde aus Tierhäuten, „meist aus Kalb-, Schaf- oder Ziegenfellen"17 hergestellt und noch bis zum Ende des 15. Jahrhunderts verwendet, bis es durch Papier ersetzt wurde, das in seiner Herstellung günstiger war und in China erfunden wurde.18

Mit der Einführung der Kodize entstanden neue gestalterische Herausforderungen. Auf- grund des veränderten Zuschnitts der Beschriftungsfläche konnten diese völlig anders genutzt und gestaltet werden, als dies noch bei der Bücherrolle der Fall war.19 Den Buchschreibern wurde somit ermöglicht, Texte nicht bloß festzuhalten, sondern diese mit Illustrationen und Diagrammen, verschiedenen Schriftarten sowie Schriftgrößen zu gestalten.20

3 Die Schrift der karolingischen Renaissance

Zur Zeit des römisches Reiches waren lateinische Alphabete als Schriftbild verbreitet. Im vierten Jahrhundert war das Lesen und Schreiben mit den Schriften „Capitalis, Un- ziale, Halbunziale und die jüngere römische Kursiva"21 üblich. Bereits ab dem fünften Jahrhundert zeigten sich erste Tendenzen zur Auflösung der römischen Schrift- tradition.22 Die verschiedenen germanischen Reiche, die sich nach dem einheitlichen römischen Reich entwickelten, verstärkten die Entstehung unterschiedlicher Kulturen.23 Infolgedessen zeichnete sich die Schriftkultur vor der Herrschaft von Karl den Großen dadurch aus, dass sie stark von regionalen Differenzierungsprozessen geprägt war.24 Die einzelnen Skriptorien hatten eigene Buchstaben und es zeigten sich regionale Unter- schiede bezüglich der Schriftgestaltung und den benutzten Buchstabenformen.25 Die Schriften waren derart uneinheitlich, dass die Lesbarkeit anderer Schriften innerhalb des Reiches für jemanden, der nur eine Schrift beherrschte, stark eingeschränkt war.26 Mit der Herrschaft von Karl den Großen und seiner Reform der Bildung gelang eine entscheidende Wende in der Entwicklung des Buchwesens.27 Eine neue Schrift, die vor allem die Grundbedingungen Ordnung und Einheitlichkeit erfüllen sollte, die karolingische Minuskel, wurde wahrscheinlich aus der spätantiken Gebrauchsschrift Kursiva entwickelt.28 Laut Udo Kindermann liegen die Vorteile der karolingischen Mi- nuskel darin, dass die Buchstaben „aus einfachen Bauteilen und sehr regelmäßig gebildet“29 sind. Dadurch, dass sie keine extravaganten Formen hat, lenkt sie nicht von dem zu vermittelnden Inhalt ab. Bei der Zusammenschreibung müssen die Lettern sich nicht den Nachbarbuchstaben anpassen und somit ihre eigentliche Form verändern. Eine weitere positive Eigenschaft war die klare Regelung, dass hinter jedem Wort ein Leer- raum gesetzt und somit das Wortende markiert wurde, um die Schrift übersichtlicher zu gestalten.30 Wie es zu dem einheitlichen Wandel und der Einführung der karolingischen Minuskel kam, konnte laut Johannes Saltzwedel von Experten bis heute nicht genau rekonstruiert werden.31 Jedoch ist so gut wie sicher,

„ dass im Reformerkreis um Karl den Gro ß en die Ü berzeugung wuchs, wichtige Dokumente m ü ssten in ‚ einer von der Kursive freien Buchschrift ‘ (so der Spezialist Bernhard Bischoff) festgehalten werden “ 32

[...]


1 Herde, Peter (Hrsg.): McKitterick, Rosamond: Karl der Grosse. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt 2008. S. 15.

2 Ebd.

3 Vgl. ebd.

4 Laudage, Johannes: Die Bildungsreform Karls des Großen. In: Laudage/Hageneier/Leiverkus: Die Zeit der Karolinger. Wissenschaftlicher Buchgesellschaft. Darmstadt 2006. S. 106.

5 Ebd.

6 Vgl. Von den Steinen, Wolfram: Der Neubeginn. In: Baunfels, Wolfgang (Hrsg.): Karl der Grosse. Lebenswerk und Nachleben. Bd. 2. L. Schwann Verlag. Düsseldorf 1965. S. 9.

7 Vgl. Ebd.

8 Vgl. Fried, Johannes (Hrsg.): Karl der Grosse. Gewalt und Glaube. Ein Biographie. C.H. Beck Verlag. München 2013. S. 290.

9 Vgl. Funke, Fritz (Hrsg.): Buchkunde. Ein Überblick über die Geschichte des Buches. 6. Aufl. K.G. Saur Verlag. München 1999. S. 67f.

10 Vgl. ebd. S. 70.

11 Vgl. Presser, Helmut (Hrsg.): Das Buch vom Buch. 5000 Jahre Buchgeschichte. 2. Auflage. Schlüter- sche Verlagsanstalt und Druckerei. Hannover 1978. S. 7.

12 Funke: Buchkunde. S. 70.

13 Ebd.

14 Vgl. McKitterick, Rosamond: Script and book production. In: McKitterick, Rosamond: Carolingian Culture. Emulation and Innovation. Cambridge University Press. Cambridge 1994. S. 229.

15 Vgl. McKitterick, Rosamond: Script and book production. In: McKitterick, Rosamond: Carolingian Culture. Emulation and Innovation. Cambridge University Press. Cambridge 1994. S. 229.

16 Vgl. ebd.

17 Presser, Helmut (Hrsg.): Das Buch vom Buch. 5000 Jahre Buchgeschichte. 2. Auflage. Schlütersche Verlagsanstalt und Druckerei. Hannover 1978. S. 3.

18 Vgl. ebd.

19 Vgl. McKitterick: Script and book production. S. 231.

20 Vgl. ebd.

21 Schmid, Anne: Schriftreform - Die karolingische Minuskel. In: Stiegemann/Wemhoff (Hrsg.): Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leon III. in Paderborn. Beiträge zum Katalog der Ausstellung. Paderborn 1999. S. 681

22 Vgl. ebd.

23 Vgl. ebd.

24 Vgl. Saltzwedel, Johannes: Normlettern auf Pergament. In: Pieper/Saltzwedel (Hrsg.): Karl der Große. Der mächtigste Kaiser des Mittelalters. Deutsche Verlags-Anstalt. München 2013. S. 208.

25 Vgl. Schmid: Schriftreform - Die karolingische Minuskel. S. 681

26 Vgl. Presser: Das Buch vom Buch. S. 8.

27 Vgl. Mütherich/Gaehde (Hrsg.): Karolingische Buchmalerei. Prestel Verlag. München 1976. S. 9.

28 Vgl. ebd.

29 Kindermann, Udo: Die kulturellen Auswirkungen der Einführung der Karolingischen Minuskel. In: Kriss-Rettenbeck/Liedtke (Hrsg.): Erziehungs- und Unterrichtsmethoden im historischen Wandel. Klinkhardt Verlag. Bad Heilbrunn 1986. S. 114.

30 Vgl. ebd. S. 115.

31 Vgl. Saltzwedel: Normlettern auf Pergament. S. 208.

32 Ebd.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Literarische Bildung zu Zeiten Karls des Großen. Das Buchwesen der karolingischen Bildungsreform
Hochschule
Universität Münster  (Erziehungswissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
14
Katalognummer
V351657
ISBN (eBook)
9783668388659
ISBN (Buch)
9783668388666
Dateigröße
1030 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Karl der Große, Bildungsreform, Buchwesen
Arbeit zitieren
Vanessa Möbes (Autor:in), 2015, Literarische Bildung zu Zeiten Karls des Großen. Das Buchwesen der karolingischen Bildungsreform, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351657

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