Instrumente der unterbewussten Beeinflussung von Kaufentscheidungen


Bachelorarbeit, 2015

68 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

1. Einleitung
1.1. Kaufentscheidung
1.2. Homo oeconomicus

2. Instrumente der Beeinflussung von Kaufentscheidungen
2.1. Handlungsmuster
2.1.1. Grund für die Verwendung von Handlungsmustern
2.1.2. Preis als Qualitätsindikator
2.1.3. Begründungen
2.1.4. Der gute Zweck
2.1.5. Angebote
2.1.6. Massenpräsentation
2.1.7. Schlagwörter
2.1.8. Preise
2.2. Konsequenz
2.2.1. Commitment
2.2.2. „Fuß in der Tür“- Technik
2.2.3. Die eigene Handschrift
2.2.4. Lockvogelangebote
2.2.5. Technik der 4 Wände
2.3. Kontrast
2.3.1. Zusatzverkäufe
2.3.2. Startpreis
2.3.3. Kompromissentscheidungen
2.3.4. Preiserhöhungen
2.3.5. „That's not all“ Technik
2.4. Gesetz der Reziprozität
2.4.1. Die Macht des Prinzips der Reziprozität
2.4.2. Geschenke
2.4.3. Zeit schenken
2.4.4. Gegenseitige Zugeständnisse
2.4.5. „Door in the face“ Technik
2.5. Knappheit
2.5.1. Knappheit der Informationen
2.5.2. Reaktanz
2.5.3. Konkurrenz
2.5.4. Prinzip der Dringlichkeit
2.5.5. Gewinne und Verluste
2.5.6. Verlust Aversion
2.6. Autoritätsprinzip
2.6.1. Titel
2.6.2. Kleidung
2.6.3. Statussymbole
2.7. Sympathie
2.7.1. Attraktivität
2.7.2. Ähnlichkeit
2.7.3. Chamäleon Effekt
2.7.4. Anerkennung
2.8.5. Namen
2.7.6. Berührungen
2.7.7. Etikettierung
2.8. Prinzip der sozialen Bewährtheit
2.8.1. Anziehungskraft der Masse
2.8.2. Bestätigung durch Dritte
2.8.3. Prämissen

3. Diskussion

4. Literaturverzeichnis

Abstract

Kaufentscheidungen finden spontan und unterbewusst statt . Das Unterbewusstsein ist in der Lage, mehr als 250.000 Mal schneller Daten zu verarbeiten als das bewusste Denken. Das ist der Grund, weshalb das Unterbewusstsein alle wichtigen Kaufentscheidungen trifft. Erst im Nachhinein werden diese Entscheidungen bewusst rational begründet.

Die vorliegende Arbeit zeigt auf, durch welche Instrumente die Kaufentscheidungen von Kunden unterbewusst beeinflusst werden. Hierzu werden Prinzipien, Techniken und Methoden der Einflussnahme betrachtet und deren Einsatz im Verkauf analysiert.

Es wird aufgezeigt, wie Personen ihre Kaufentscheidung, unabhängig von Produkt und Qualität, über dessen Verfügbarkeit und dem Vorhandensein von Alternativen, treffen, wie Verkäufer und Werbung entscheidenden Einfluss darauf nehmen können, was Kunden zu welchem Preis bereit sind zu kaufen. Wie das Verhalten von Freunden und Bekannten oder Aussagen in den Medien darüber entscheiden, was andere Menschen kaufen, beziehungsweise wie sie bestimmte Produkte bewerten. Wie ein Bezugspunkt die Kundensicht auf ein Produkt verändert. Warum Angst vor Verlust stärker motiviert, als der Gewinn einer Sache von gleichem Wert. Wie eine Gefälligkeit den Kunden zum Kauf verführt und wie das menschliche Handeln dessen Art zu denken beeinflusst und warum das Gehirn dazu neigt, Kaufentscheidungen über bewährte Muster zu fällen.

1. Einleitung

70 bis 80 Prozent der Kaufentscheidungen findet spontan und unterbewusst satt (Naderer und Balzer, 2011, S.608). Auch die restlichen 20 bis 30 Prozent werden ebenfalls nicht frei entschieden. Diese werden von dem Emotionsprogramm vorgegeben, welches auf Präferenzen der emotional gemachten Erfahrungen zurückgreift. Wie viele der verbleibenden Prozente durch den freien Willen tatsächlich beeinflussbar sind, ist noch nicht geklärt. Forscher sind sich jedoch einig darüber, dass wenn es einen freien Willen gibt, so kann dieser nur einen minimalen Teil von dem beeinflussen, was der Mensch als freie Entscheidung erlebt (Häusel, 2014, S.86).

Bevor der Kunde nachdenkt hat er sich bereits entschieden. Der rational und bewusst handelnde Kunde ist eine Illusion, Kaufentscheidungen sind fast ausschließlich emotional (Häusel, 2014, S.81). Aktuelle Studien der Neurochemie, Hirnforschung und Psychologie bestätigen, dass der Mensch weder bewusst noch rational seine Kaufentscheidungen trifft (Häusel, 2014, S.16ff). Der Konsument trifft im ersten Moment unterbewusste, emotionale Entscheidungen, welche dieser erst später für sich selbst rational rechtfertigt (Wagner, 2013).

Da der Kunde auf sein Unterbewusstsein keinen Zugriff hat, kann er weder differenzieren noch einsehen, welche seiner Entscheidungen fremdgesteuert werden und welche von ihm selbst getroffen worden sind (Häusel, 2014, S.17). Kunden sind fest davon überzeugt, dass ihre Kaufentscheidungen rational getroffen wurden. Sie geben zu, dass Gefühle beteiligt waren und sind trotzdem sicher, dass sie rational entschieden haben (Häusel, 2014, S.81).

Aus ökonomischer Perspektive betrachtet sollte ein Käufer bei einem Kauf einzig und allein seinen Vorteil maximieren; das heißt maximale Rationalität walten lassen. Da Produkte immer einen subjektiven Wert für den Kunden besitzen, unterminieren psychologische Faktoren ökonomische Prinzipien der Nutzenmaximierung. Der subjektiv empfundene Wert eines Produktes kann von dem objektiven Wert stark abweichen. Besonders dann, wenn emotionale Aspekte wie „ etwas mögen “, „ einem Produkt einen persönlichen Wert beimessen “ oder auch kognitive Faktoren in den Entscheidungsprozess involviert werden (Werth, 2010, S.59).

Die vorliegende Arbeit zeigt auf, durch welche Methoden der Konsument unterbewusst zum Kauf eines Produktes verführt wird. Hierzu werden Prinzipien der Einflussnahme betrachtet und deren Einsatz im Verkauf aufgezeigt.

1.1. Kaufentscheidung

Das Gehirn hat das Bestreben aus dem Handeln einen maximalen Gewinn an positiven Emotionen zu generieren (Häusl, 2014, S.17). Deshalb steuert das Emotionssystem im Gehirn unterbewusst die Kaufentscheidungen. Der Kunde kauft zur Befriedigung seiner Bedürfnisse. Durch diese Befriedigung erhält er positive Emotionen. Das Geld wird als universeller Gegenstand zur Befriedigung aller Bedürfnisse und Wünsche betrachtet (Häusel, 2014, S.58). Aus diesem Grund ist das Schmerzzentrum im Gehirn, bei dem Anblick von Preisen, besonders aktiv (Bach et al., 2008).

Menschen kaufen keine Produkte, sondern Problemlösungen und gute Gefühle[...].“ (Schüller, 2009, S.24) Ein Interessent wird erst dann zu einem Kunden, wenn der emotional, subjektiv empfundene Wert eines Produktes größer scheint oder ist, als der Wert, welchen der Kunde seinem Geld zuschreibt. Deshalb werden Kaufentscheidungen auf emotionaler Ebene getroffen. Nach Bänsch können Kaufmotive in sieben Hauptgruppen aufgeteilt werden (2014, S.69-78):

- Gewinnmotiv
- Zeitersparnismotiv
- Sicherheitsmotiv
- Bequemlichkeitsmotiv
- Geltungsmotiv
- Nachahmungsmotiv
- Abwechslungsmotiv

Das Gehirn hat das Bestreben wie jeder andere Organismus, mit einem Minimum an Ressourcen (Geld, Energie, Zeit) ein Maximum an Bedürfnissen zu befriedigen. Wo das Rationalitätsoptimum liegt, ist bei jedem Individuum höchst verschieden (Häusel, 2014, S.77). Häusel unterscheidet hierbei drei Emotionssysteme, die das gesamte menschliche Handeln bestimmen (2014, S.37):

- Stimulanz (Abwechslung, neune Reize)
- Dominanz (Macht, Überlegenheit)
- Balance (Sparsamkeit, Ausgewogenheit)

1.2. Homo oeconomicus

Der von Volkswirten als homo oeconomicus bezeichnete Konsument, wird von diesen als Beweger der Märkte gesehen. Ökonomen benutzten den homo oeconomicus, um die Bewegungen der Märkte vorherzusagen. Sein Handeln wird stets als rational und wirtschaftlich vorausgesetzt. Er wählt bei voller Marktübersicht das beste Produkt aus einem Set von Alternativen aus (Kirchler, 2011, S.11).

Wie wirkungsvoll dies funktioniert wird an zahlreichen Wirtschaftskrisen und Börsencrashes der letzten Jahre erkannt, welche von niemanden vorhergesagt werden konnten. Im Nachhinein hatte jeder eine passende Theorie für das Verhalten der Konsumenten. Dieses stark vereinfachte und veraltete Bild der Ökonomen spiegelt daher keineswegs das tatsächliche Kaufverhalten der Menschheit wieder. Die abgeleiteten Prognosen haben sich allesamt als falsch erwiesen (Ehrhardt, 2011, S.130f).

Ein neuer Wirtschaftszweig - die Verhaltensökonomie - hat sich etabliert, um das Bild der Standardökonomie zu erweitern. Bei Untersuchungen mit großen Teilnehmerzahlen wird das Kaufverhalten der Konsumenten analysiert. Es wurde eine komplett neue Seite der Kaufentscheidung betrachtet. Hierzu stellte Ehrhardt folgende Annahmen auf (2011, S.131f):

- ein Individuum nimmt nur einen Teil der Realität wahr
- Die Erinnerung ist zeitlich beschränkt
- Eine möglichst geringe kognitive Belastung ist das Ziel
- Verwendung von Handlungsmustern
- Entscheidungen werden rückblickend rational verteidigt.

2. Instrumente der Beeinflussung von Kaufentscheidungen

Im folgenden werden Prinzipien, Instrumente und Methoden beschreiben und erklärt, wie Kunden im persönlichem Verkauf und durch die Werbung in ihren Kaufentscheidungen beeinflusst werden.

Dies bedeutet, dass der Kunde zu einer automatischen, reflexartigen Entscheidung bewegt wird, welche er ohne Beeinflussung nicht getroffen hätte.

2.1. Handlungsmuster

2.1.1. Grund für die Verwendung von Handlungsmustern

In einer Zeit, in welcher der Mensch von Informationen durch Medien, Werbung und die Schnelllebigkeit dieser Zeit überflutetet wird, ist eine Selektion seitens des Unterbewusstseins essenziell geworden, um die Flut an Sinneseindrücken zu verarbeiten. Das Unterbewusstsein kann Informationen wesentlich schneller und effizienter verarbeiten als das Bewusstsein. Das menschliche bewusste Denken kann eine maximale Datenmenge von 40 Bits pro Sekunde verarbeiten. Das Unterbewusstsein schafft hingegen 11 Millionen Bits in einer Sekunde (Häusel, 2014, S.17). Nur 0,00004 Prozent der Informationen der Außenwelt erreichen unser Bewusstsein (Häusel, 2014, S.82). Dies kann an einem Beispiel aus der Urzeit veranschaulicht werden. Wenn beispielsweise ein Säbelzahntiger vor die Höhle des Urmenschen kam, musste dieser sofort reagieren und konnte nicht lange über sein Handeln nachdenken. Er hat sich somit eine Überlebensstrategie angeeignet, um sich an diese Umweltfaktoren anzupassen. Dafür verwendet das Unterbewusstsein Handlungsmuster, die sich über die Evolution entwickelt haben und greift direkt auf diese zu. Studien beweisen, dass Präferenzurteile signifikant schneller getroffen werden als Wiedererkennungsurteile (Häusel, 2014, S.100).

Das Bewusstsein hat nicht die Kapazität, die Flut an Reizen zu verarbeiten und bekommt deshalb nur vorselektierte Informationen bereitgestellt. Das Unterbewusstsein entscheidet darüber, welche der Informationen der Mensch rational wahrnimmt und welche nur auf unterbewusster Ebene verarbeitet werden. Bewusstes Denken ist nicht nur sehr langsam, sondern benötigt auch sehr viel Energie. Trotz seiner geringen Größe benötigt das Bewusstsein 20 Prozent der gesamten Energie des Körpers im arbeitenden Zustand. Im Ruhezustand benötigt es lediglich 5 Prozent der Körperenergie. Da nur Organismen, welche ihre Energie möglichst sinnvoll verwenden ein Bestehen auf dieser Welt haben, arbeitet das Bewusstsein so wenig wie möglich und überlässt dies nahezu vollständig dem Unterbewusstsein (Häusel, 2014, S. 100ff). Nur die wichtigsten Informationen werden bewusst verarbeitet, der Rest wird ausgeblendet (Levine und Broermann, 2014, S.197).

Kelly fasst dies in einem Satz zusammen:

„Der Mensch blickt durch transparente Muster oder Schablonen, die er selbst erschafft, auf seine Welt und versucht dann die Realitäten, aus denen die Welt zusammengesetzt ist, an sie anzupassen. Die Deckungsgleichheit lässt oft zu wünschen übrig. Doch ohne solche Muster erscheint die Welt als so undifferenziert homogen, daß der Mensch hier keinerlei Sinn abgewinnen kann. Selbst eine Schablone, die schlecht paßt, hilft Ihnen weiter als gar keine“ (Levine und Broermann, 2014, S.198)

Es kann nicht sichergestellt werden, dass die wichtigen Informationen im Gehirn ankommen, da der Mensch diesen Vorgang der Informationsverarbeitung nicht beeinflussen kann. Aus vergangenen Ereignissen bildet das menschliche Gehirn Präzedenzfälle aus, woraus Muster für zukünftige Entscheidungen generiert werden (Häusel, 2013, S8).

Durch das Filtern der Informationen wird eine transparente Weltanschauung gewonnen (Senftleben, 2009). Trotzdem sind die meisten Menschen fest davon überzeugt ihre Entscheidungen rational zu treffen, obwohl diese Entscheidungen unterbewusst getroffen und lediglich durch den Verstand ausgeführt werden (Häusel, 2013, S.8).

Verdeutlicht wird dies an einem Beispiel aus dem Tierreich. Männliche Spatzen verteidigen ihr Revier gegen Rivalen. Dieses Handlungsmuster wird durch ein Auslösungsmerkmal (Trigger) hervorgerufen. Bei dem Spatz sind es die roten Brustfedern an der Unterseite des Bauches der männlichen Artgenossen, die dadurch als Rivale charakterisiert werden. Der Spatz attackiert keine täuschend echte Attrappe, bei der die roten Brustfedern nicht vorhanden sind. Ein Federbüschel in der Farbe der Spatzenbrust hingegen wird angegriffen (Cialdini, 2013, S. 23).

Durch den Trigger wird unterbewusst ein festes Handlungsmuster abgerufen, welches vom Vogel praktiziert wird. In diesem Fall stellt das Handlungsmuster die Verteidigung seines Gebietes dar. Hierbei kann der Vogel nicht rational unterscheiden, ob tatsächliche Gefahr besteht oder nicht. Das Gehirn differenziert die Gefahr von einer ähnlichen Situation nicht, sondern gibt nur das Handlungssignal weiter. Der Vogel reagiert automatisch auf die potentielle Gefahr.

Schaut man sich im Tierreich um, findet man unzählige derartige Handlungsmuster. Beispielsweise das Füttern des Nachwuchses, wenn dieser durch Laute nach Essen verlangt. Ein weiteres Beispiel ist das optische Erkennungsmerkmal der Weibchen, welches das Balzverhalten und den Fortpflanzungstrieb bei den männlichen Artgenossen einleitet.

Diese Handlungsmuster funktionieren in den meisten Fällen ausgesprochen gut, jedoch gibt es bereits Tiere, die diese Handlungsabfolge erkannt haben und es gegen eine andere Spezis einsetzen. Das Weibchen der Glühwürmchen Art „Photuris“ nutzt dies zu ihren Gunsten aus. Die Weibchen der Leuchtkäferspezies „Photinus“ locken ihre Männchen mit genau getakteten Lichtimpulsen an. Mit diesen Lichtimpulsen wird ihre Paarungsbereitschaft signalisiert, worauf die paarungswilligen Männchen auf die Weibchen aufmerksam werden und sich auf direktem Weg, ohne weiteres Denken zu diesen begeben. Das Verhalten der „Photinus“ Weibchen haben sich die Weibchen der „Photuris“ Art abgeschaut, angeeignet und zu Nutzen gemacht. Indem sie das Balzverhalten der Gattung „Photinus“ kopieren, werden die „Photinus“ Männchen von den „Photuris“ Weibchen angelockt. Die Weibchen der „Photuris“ Gattung möchten sich mit den Männchen der anderen Gattung jedoch nicht paaren, sondern diese verspeisen (Sieger, 2014).

Auch Menschen haben automatische Handlungsmuster. Solange diese in der richtigen Situation abgespielt werden, haben sie einen hohen Wert. In einer immer komplexer werdenden Welt ist es nicht mehr möglich, jede getroffene Entscheidung auf den Prüfstand zu stellen. Da Menschen nicht alle Informationen bewusst wahrnehmen können, sondern vieles nur unterbewusst abläuft, entsteht ein Aufmerksamkeitsleck, wodurch eine Beeinflussung möglich wird. Kritisch dabei ist, dass der Mensch die Beeinflussung nicht bewusst wahrnimmt, was zu einem enormen Nachteil werden kann (Prack, 2010, S.13ff).

Ein Bäcker generierte eine 22 prozentige Umsatzsteigerung, indem er die Abluft aus der Backstube nicht mehr in den unzugänglichen Innenhof sondern auf die Straße vor seiner Bäckerei leitete. Die Tatsache, dass die Passanten den Duft von frisch gebackenem Brot wahrnahmen, animierte sie zum Kauf eines Brotes. Die Passanten hätten die Bäckerei ohne den Wohlgeruch auf der Straße nicht wahrgenommen und wären daran vorbei gegangen, ohne ein Brot zu kaufen, wenn kein dringendes Bedürfnis bestand. Warum die Passanten das Brot kauften, konnten diese bei einer späteren Befragung meist nicht begründen (Häusel, 2013, S.6).

Im Folgenden werden einige Auslöser beschrieben, die im Menschen verankert sind und automatische Handlungsmuster nach sich ziehen.

2.1.2. Preis als Qualitätsindikator

Besonders bei komplexen und intransparenten Produkten fällt es schwer deren Wert und Qualität einzuschätzen. Deshalb werden hierfür Handlungsmuster verwendet, welche dem Menschen das Beurteilen abnehmen.

Teuer ist gleich gut, also ein hoher Preis zeugt von einer hohen Qualität (Cialdini, 2013, S.16).

Wenn die Fachkompetenz fehlt, wird sich automatisch am Preis orientiert. Da der Kunde den Wert eines Produktes in einen Großteil der Fälle nicht einschätzen kann und keinen geeigneten Vergleichsmaßstab zur Verfügung hat, zieht dieser die einfache zeitsparende Schlussfolgerung heran und kauft das teurere Produkt, welches für diesen subjektiv als wertiger empfunden wird.

Der Wert des Produktes wird mit Hilfe von Erfahrungswerten, welche er aus der Vergangenheit gewonnen hat, assoziiert (Levine und Broermann, 2014, S.197). Da diese Wahl in einem Großteil der Fällen die richtige Entscheidung ist, verstärkt sich die Assoziation von „teuer“ und „gut“.

Der Scotch Whiskey der Marke Chivas Regal, heute einer der meist verkauften der Welt, hatte anfangs kaum eine Chance, sich auf dem Markt zu etablieren. Nicht aufgrund seiner qualitativen Eigenschaften, sondern aufgrund seines zu niedrigen Preises. Erst nachdem die Flasche und die Verpackung neu designt wurden und der Preis so stark erhöht wurde, dass er über dem der Konkurrenz lag, gelang es der Marke, mit dem Whiskey einen hohen Absatz zu erzielen (Huber, Holbrook und Kahn, 1986, S. 250-260).

2.1.3. Begründungen

Menschen sind bereit jemanden Gefälligkeiten zu erweisen, wenn derjenige einen Grund für seine Bitte nennt. Hierbei ist nicht der gelieferte Grund entscheidend, sondern allein die Tatsache, dass ein Grund genannt wird (Dobelli, 2014, S.6).

Langer, Blank und Chanowitz führten hierzu ein Experiment durch. Eine Dame sollte in einer Bibliothek Kopien anfertigen und Personen die vor ihr in der Reihe standen davon überzeugen, ihr den Vortritt zu überlassen (1978, S.635-642).

Das Ziel war es festzustellen, wie es erreicht werden kann, dass andere Menschen ihr aus freien Stücken den Vortritt zu diesem Unterfangen gewähren.

Bei jedem Versuchsdurchlauf wurde damit begonnen, die anderen Personen darüber zu informieren, dass sie nur fünf Seiten kopieren möchte. Im ersten Fall wurde dieser Aussage nichts hinzugefügt. 60 Prozent gewährten der Dame den Vortritt. Im zweiten Durchlauf wurde der einleitende Satz durch einen einfachen Grund ergänzt. Die Dame bittet vorgelassen zu werden, weil sie es eilig habe. Durch das Hinzufügen eines Grundes, weshalb die anderen sie vorlassen sollten, gewährten 95 Prozent der Probanden der Dame den Vortritt. Das Interessante an dem Experiment war der dritte Durchlauf. Die Frau begründete ihr Vorhaben mit dem Satz: ”Können Sie mich bitte vorlassen, weil ich kopieren muss?“.

Sie generierte hierbei keinerlei Mehrwert an Information, sondern wiederholte lediglich das Offensichtliche. Trotzdem kamen 92 Prozent der befragten Personen ihrer Bitte nach. Das Wort „weil“ reicht aus, dass das Gehirn sich mit der Tatsache, dass eine Erklärung vorgetragen wird zufrieden gibt und das eigentliche Argument ausblendet, beziehungsweise neutral betrachtet und nicht dessen Qualität wertet. Ein richtiger Grund liefert neue Erkenntnisse über das Wesen einer Sache (Birkenbiehl, 2013). Diese Tatsache ist ein Grund, weshalb der Mensch täglich folgende Aussagen als Gründe in einer Argumentation hinnimmt:

- weil wir das immer schon so gemacht haben
- weil das so ist
- weil man so etwas nicht macht
- weil ich das gesagt habe

Es werden kleinere Entscheidungen alleine durch die Nennung eines Pseudo Grundes getroffen, die normalerweise mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit nicht oder anders getroffen worden wären (Goldstein, Martin Cialdini, 2009, S.128f).

2.1.4. Der gute Zweck

Ein weiterer Grund, welcher ein automatisches Handeln bei Menschen auslöst, ist der Verkauf für einen vermeintlich guten Zweck. Dabei ist es nicht entscheidend, für welchem Zweck etwas verkauft wird, denn die meisten Menschen hören -nachdem behauptet wird, man würde für den guten Zweck etwas tun- nicht weiter zu, da das Gehirn längst auf ein automatisches Handlungsmuster geschaltet hat (Levine und Broermann, 2014, S.215).

Hierzu führte Levine folgende Studie durch (2014, S213ff). Eine attraktive Studentin versuchte Passanten mit verschieden Appellen zum Kauf von Gebäck zu motivieren. Die Kontrollgruppe wurde mit dem einfachen Satz: „Würden Sie gerne einen Cookie kaufen?“ angesprochen. Lediglich zwei von 30 Passanten kauften der Studentin daraufhin einen Cookie ab.

Als nächstes wurde behauptet, dass die Verkaufserlöse an eine bekannte einheimische Wohltätigkeitsorganisation gingen. Hier kauften bereits 14 von 30 Passanten einen Cookie.

In der letzten Gruppe wurde behauptet, dass die Kekse für einen guten Zweck verkauft werden. 12 von 30 Personen kauften diese, ohne zu erfragen, wofür das Geld gespendet wird.

Selbst für erfundene Organisationen, wie das Levine House, waren 11 von 30 Personen bereit einen Cookie zu kaufen. Keine der Versuchspersonen fragte nach, was mit dem Erlös unterstützt werde, oder was die Aufgabe des Levine House sei.

Das Erwähnen, dass das Geld einem guten Zweck zukomme, fuhr die Aktivität des Verstandes soweit herunter, dass die angesprochenen Personen fünf Mal öfter eine Kaufentscheidung trafen.

2.1.5. Angebote

Die Rabattgestaltung und somit Angebote gehören zu den Marketinginstrumenten, welche bei der Akquise und bei dem Aufbau von Kundenbindungen eingesetzt werden. Diese suggerieren dem Kunden gleichbleibende Qualität zu einem verringerten Preis (Hansen, 2006, S.1). Auf Preis und Rabatt reagieren Konsumenten auf keinen Fall rational (Bach et al., 2008).

Sobald der Kunde einen reduzierten Artikel sieht, laufen zwei Vorgänge im Gehirn ab. Zum einen wird das Belohnungszentrum angesprochen. Die Differenz, die zwischen dem ursprünglichen und dem aktuellen Preis liegt, wird vom Gehirn als Gewinn interpretiert. Zum anderen zeigt das Gehirnzentrum, welches für die Kontrolle und den Verstand zuständig ist, eine reduzierte Aktivität (Häusel, 2014, S.240f).

Diese Trigger versetzen das menschliche Gehirn in einen Zustand, in dem automatisch gehandelt und nicht aktiv nachgedacht wird. Der Mensch denkt nicht darüber nach, ob das Produkt überhaupt benötigt wird, oder ob tatsächlich etwas gespart wird, sondern wittert nur einen möglichen Gewinn und somit ein Erfolgserlebnis.

Die Wissenschaftssendung „Quarks & Co“ hat dies in einem Feldversuch getestet. An einem Stand wurde ein Produkt für 0,59 Euro zum Kauf angeboten. Daneben wurde ein Sonderangebot angepriesen: „Kaufen Sie drei und zahlen nur 1,99 Euro.“ Würde das eigentliche Produkt dreimal einzeln gekauft werden, zahlt der Kunde nur 1,77 Euro. Von 21 Testkunden hat nur ein einziger diesen Schwindel bemerkt (WDR, 2008).

Die Kombination mit der Farbpsychologie lässt diesen Effekt noch verstärken. Die Gruppe Nymphenburg macht hierzu folgendes Experiment.

Dieselben Artikel wurden zum gleichen Preis angeboten, jedoch wurde einer auf ein rotes Label gedruckt, welches dem Kunden besonders schnell ins Auge stach. Es wurden bei dem Artikel, dessen Preis auf ein rotes Schild geschrieben wurde, eine Absatzsteigerung um 700 Prozent durch diesen Effekt generiert (Häusel, 2014, S.239ff).

2.1.6. Massenpräsentation

Die Präsentation eines Produktes entscheidet darüber, ob das Produkt einen hohen Absatz haben wird oder nicht. Menschen kaufen ein Angebots-Produkt zum gleichen Preis an dem sie gestern vorbeigelaufen sind, als es noch in den Regalen stand (Birkenbihl, 2013). Die Erfahrung des Kunden besagt, dass Artikel, welche in großer Masse verfügbar sind, einen geringeren Wert besitzen als Produkte, die nur in einer geringen Stückzahl ausgestellt sind. (Häusel, 2013, S. 157)

Die Gruppe Nymphenburg stellte durch einen Übermittlungsfehler bei einem Experiment fest, dass alleine durch eine Massenpräsentation von Produkten eine Umsatzsteigerung generiert werden konnte. Ursprünglich wollte die Gruppe ermitteln, wie der Preisnachlass in Verbindung zum Abverkauf einer Ware steht. Dazu wurde Ware angeboten, deren Preis stündlich gesenkt wurde. Ein Teil der involvierten Filialen hingegen erhöhten den Preis, statt diesen zu senken. In allen Filialen wurden wesentlich mehr Produkte verkauft, als in den Tagen vor der Aktion. Durch die optimale Produktpräsentation wurde die Kaufautomatik aktiviert und der Kunde kaufte das Produkt, welches dieser unter normalen Umständen nicht gekauft hätte (Häusel, 2014, S.239).

Viele Discounter bieten ihre Produkte direkt auf Europaletten oder in Schachteln an, wie zum Beispiel Aldi und Lidl. Neben dem Vorteil, dass diese Betriebe sich das Umpacken der Waren sparen, nehmen Kunden die Preise dieser angebotenen Waren subjektiv als günstiger war.

2.1.7. Schlagwörter

Wörter wie: „neu“, „verbessert“, „jetzt“, und „neuartig“ tragen dazu bei, dass Produkte, in deren Beschreibung diese Wörter vorkommen, besser verkauft werden, als andere (Levine und Broermann, 2014, S.216).

2.1.8. Preise

Der Preis stellt eine objektiv messbare Eigenschaft des Produkts dar. Ein bestimmter Preis steht für einen bestimmten Wert, den der Kunde von einem Produkt erwartet bezüglich Qualität, Material und Beschaffenheit. Dieser Wert erscheint zunächst objektiv quantifizierbar (Werth, 2010, S.60).

Der Wert eines Preises hat eine unterschiedliche Wirkung auf das menschliche Unterbewusstsein. Das Unterbewusstsein rundet Preise, welche knapp unter der Preisschwelle angesiedelt sind auf die nächst kleiner volle Zahl ab. Bei einem Produkt, das 7,95 Euro kostet, achtet das menschliche Gehirn in erster Linie auf die Zahl vor dem Komma und nicht auf das was danach kommt. So wird nicht erkannt, dass das Produkt knapp 8,00 Euro kostet, da das Gehirn die Information von 7,00 Euro weitergibt (Bänsch, 2013, S.85).

Des weiteren hat die Gruppe Nymphenburg herausgefunden, dass ein Preis, welcher auf 0,99 Euro endet, wesentlich günstiger wahrgenommen wird, als ein gerader Preis. Der gerade Preis wird jedoch mit einer höheren Qualität des Produktes assoziiert. (Häusel, 2014, S.240). Außerdem steigert sich der Abverkauf einer Ware, welche von 20,00 Euro auf 19,99 Euro reduziert wird, um 10 Prozent (Häusel, 2013, S.151).

2.2. Konsequenz

In der heutigen Gesellschaft ist Konsequenz eine positive Charaktereigenschaft.

Der Mechanismus der Konsequenz ist tief im Unterbewusstsein verankert und beeinflusst von dort aus entscheidend das Verhalten und Handeln (Prack, 2010, S. 137).

Der Mensch hat das Bestreben konsequent zu handeln. Dieser möchte in Symbiose mit seinem Verhalten aus der Vergangenheit agieren. Konsequentes Handeln steht für innere Stabilität und Stärke sowie Verlässlichkeit. Personen mit ständig wechselnden Meinungen und Ansichten wirken auf andere verwirrend und werden deshalb oft mit Argwohn betrachtet (Cialdini, 2013, S.94).

Menschen, deren Aussagen und Handeln nicht konform gehen, werden nicht nur von der Gesellschaft abgelehnt, es entsteht auch eine innere Spannung. Der Mensch hat das starke Bestreben, diese kognitive Dissonanz zu minimieren (Levine und Broermann, 2014, S.286f).

Möchte jemand aufhören zu rauchen, erzählt er dies Freunden und Kollegen und involviert ebenfalls seine Familie in sein Vorhaben. Durch das Verbreiten seiner Neuigkeit fühlt der Mensch sich stärker zu seinem Vorhaben verpflichtet, denn er will konsequent bezüglich seiner getroffenen Aussagen wirken und sich verhalten.

Jedes Mal, wenn der Standpunkt, den eine Person eingenommen hat, durch diese öffentlich gemacht wird, entsteht eine innere Überzeugung bei der Person diesen Standpunkt auch zukünftig weiter vertreten zu wollen (Schienker, Dlugolecki & Doherty, 1994, S.22-33).

Durch diese eigenständig getroffene Entscheidung, die öffentlich vor Zeugen kommuniziert wurde, ändert sich das äußere Erscheinungsbild. Der Mensch hat das Bestreben, sich diesem Bild anzupassen. Die innere Einstellung wird dem äußeren Selbstbild der öffentlichen Meinungsbekundung angepasst. Der äußere Druck, welcher durch die Zeugen ausgeht, verhindert den Rückfall in ein früheres Verhalten. Der Mensch wird nach und nach das, was andere in ihm sehen.

Zu diesem Effekt betrachteten zwei kanadische Psychologen die Überzeugung von Personen, welche Geld in Pferdewetten investierten, bevor und nachdem sie ihre Wette platziert hatten. Das Erstaunliche dabei war, obwohl sich weder Rennbahn, Pferde noch Quote geändert hatten, waren die Personen, welche auf ein Pferd gesetzt haben, danach überzeugter davon, dass tatsächlich dieses Pferd gewinnt, als vor der Platzierung der Wette (Knox & Insker, 1968, S. 319-323).

„Haben wir erst einmal eine Entscheidung getroffen oder einen Standpunkt eingenommen , begegnen uns intrapsychische und interpersonelle Kräfte, die uns dazu drängen, uns in Übereinstimmung mit dieser Festlegung zu verhalten.“ (Cialdini, 2013, S.94)

Sobald eine Entscheidung aus freiem Entschluss getroffen wurde, verstärkt der Verstand die Richtigkeit dieser Entscheidung, sodass einmal getroffene Entscheidungen nicht ständig erneut überdacht werden müssen. Dies schont die dem Menschen zur Verfügung stehenden mentalen Ressourcen (Cialdini, 2013, S. 142).

Dieser Effekt macht das Prinzip der Konsequenz zu einer solch einflussreichen Beeinflussungsmethode, die es möglich macht, dass der Mensch Dinge tut, welche nicht mit seinem Interesse im Einklang stehen. Der Mensch macht dies, um mit seinen früheren Handlungen im Einklang zu stehen und nach außen konsequent zu erscheinen.

Um die schlechten Umsätze aus Januar und Februar aufzubessern, setzten große Spielwarenvertreiber die Technik der Konsequenz ein. Im November und Dezember bewarben sie ihre Spitzenprodukte besonders stark, sodass Kinder ihre Weihnachtwünsche festlegen konnten. Diese Produkte wurden dem Einzelhandel nur begrenzt zur Verfügung gestellt. Da einige Eltern das gewünschte Produkt nicht mehr erhielten, schenkten sie ihren Kindern ein anderes Geschenk, um dies zu kompensieren. Im neuen Jahr waren diese rationierten Produkte wieder erhältlich und die Eltern kauften ihren Kindern das versprochene Geschenk (Cialdini, 2013, S.102ff).

Im Normalfall erspart das konsequente Handeln eine Menge Denkarbeit. Der Mensch kann sich auf eine einmal getroffene Entscheidung stützen und muss nicht ständig alles neu überdenken. Konsequenz ist vor allem heute, in einer Zeit in der der Mensch täglich mit multiplen Entscheidungen konfrontiert wird, ein Rettungsanker, mit dem er die Komplexität des Lebens unter Kontrolle bringt und dadurch effektives und effizientes Arbeiten ermöglicht.

2.2.1. Commitment

Das ein Commitment tatsächlich zu Handlungen führt, welche sonst nicht stattgefunden hätten, zeigt das Experiment, welches an einem New Yorker Strand durchgeführt wurde (Moriarty, 1975, S. 370-376). In dem Experiment legte sich ein Proband mit einem Kofferradio in unmittelbare Reichweite einer Testperson. Wenig später, als der Proband seinen Platz verließ, wurde versucht das Radio durch eine involvierte Person zu entwenden. Lediglich vier von 20 Testpersonen schritten hierbei ein. Im zweiten Versuch wurde die Testperson darum gebeten, kurz das Radio zu beaufsichtigen. Als daraufhin jemand versuchte, das Radio zu entwenden, schritten von 20 Testpersonen 19 ein.

Dadurch, dass die Testpersonen das Bewachen des Radios mündlich bestätigt hatten, fühlten sie sich dem Probanden gegenüber so verpflichtet, dass sie beinahe fünfmal mehr bei einem potenziellen Dieb einschritten.

Ein erschreckenderes Beispiel schaffte der Sektenführer Jim Jons. Unglaubliche 909 seiner Anhänger vollzogen ohne äußeren Zwang, also aus freiem Willen, auf seinen Befehl hin Suizid (Ronneburger, 2014). Jim Jones hat seinen Anhängern über Jahre hinweg ständig Commitments abgenommen. Es fing alles ganz klein an. Am Anfang mussten die Anhänger ein paar Stunden im Monat für die Sekte arbeiten. Dann einen Tag in der Woche. Später mussten diese mehrere Tage in der Woche für die Gemeinschaft tätig werden. Irgendwann wurden sie gebeten, im Tempel zu leben und ihr Einkommen abzugeben. Nach und nach wurden der Sekte die gesamten Ersparnisse, Rentenversicherungen und Objekte überschrieben. Mit jedem Schritt den die Anhänger taten, wurde es unwahrscheinlicher, dass sie den nächsten Schritt nicht tun würden.

Vergleichen kann man das mit einer Zigarettenabhängigkeit. Mit jeder Zigarette wird man weiter in die Spirale hineingezogen. Auf diese Weise gelang Jones das Unvorstellbare, dass sich unglaubliche 909 Leute zusammen mit ihm freiwillig, umbrachten.

Indem der Kunde möglichst oft „ja“ sagt, beginnt das Prinzip der Konsequenz zu arbeiten. Verkäufer versuchen das erste Commitment so früh wie möglich einzuholen. Hierbei kann dies eine bloße Zustimmung zu einem Termin sein.

Mit diesem ersten Commitment bewegt sich der Kunde nun schon gedanklich in Richtung des Produktes. Er verwendet seine wertvolle Zeit, um den Ausführungen des Verkäufers zu folgen. Dieser kann mit einer lockeren Bedarfsanalyse beginnen, welche auf einen Großteil der Kunden zutrifft.

„Sie wollen also ein sparsames Auto?“ – „ja!“ – „welches aber trotzdem ausreichend Leistung hat?“ – „ja!“ – „welches Sicherheit bietet?“ – „ja!“ – „für sie und ihre Familie?“ – „ja!“ – „und welches Platz hat zum Verreisen?“ – „ja!“. Dieses Vorgehen kann beliebig lange fortgeführt werden.

Um das Geschäft am Ende abzuschließen, auf welches der Verkäufer mit seinen Commitments hingearbeitet hat, stellt der Verkäufer nun eine entscheidende verbindliche Frage: „Wenn ich Ihnen dieses Auto besorgen kann, dann kaufen Sie es noch heute?” Jetzt folgt das abschließende „ja“, auf welches der Verkäufer hingearbeitet hat.

Sailstrainings für Autoverkäufer arbeiten mit einem bis zu „zehn Schritte Programm“, welches am Ende auf einen Abschluss abzielt (Levine und Broermann, 2014, S.233ff).

2.2.2. „Fuß in der Tür“- Technik

Das erste Commitment mit dem sich jemand zu einem Standpunkt bekennt, ist entscheidend. Die einmal freiwillig gewählte Haltung wird versucht konsequent zu behalten.

Die darauf folgenden Aussagen bauen weiter auf diesem Fundament auf, andernfalls würde die gesamte Konstruktion zusammenbrechen (Aronson, Wilson und Akert, 2004, S. 303).

Ein altes Chinesisches Sprichwort sagt: „Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt“. Nichts ist so wichtig, wie dem Kunden erst einmal den Gedanken in seinem Kopf zu platzieren, dass er mit seiner jetzigen Situation nicht mehr zufrieden ist und etwas Neues benötigt. Die „Fuß in die Tür“- Technik arbeitet mit dem Umstand, „ dass ein erstes kleines Zugeständnis die Wahrscheinlichkeit weiterer, auch größerer Zugeständnisse erhöht.“ (Brandl, 2012, S.71)

Erkenntnisse zu dieser Technik sammelten die beiden Psychologen Freedman und Fraser. Sie baten kalifornische Bürger ein großes Schild in ihrem Garten zu stellen, welches Autofahrer zu vorsichtigerem Fahren animieren sollte. Lediglich 17 Prozent stimmten dieser Bitte zu. In der zweiten Gruppe wurde eine Zustimmung von unglaublichen 76 Prozent erreicht, indem Sie bereits zwei Wochen vor ihrer Bitte einen Freiwilligen zu genau diesen Personen schickten, welcher die Hauseigentümer gebeten hatte ein kleines Schild sichtbar an ihrem Haus anzubringen (1966, S.195-202).

Warum kamen diese Personen der Bitte mit 450 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit entgegen? Sie passten ihr Selbstbild den geänderten Umständen an. Sie waren jetzt der Auffassung wie wichtig es ist, Leute darauf hinzuweisen, sich vorsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Personen, welche sich einmal in eine Richtung orientiert haben, sind gewillter weitere Schritte in diese Richtung zu gehen.

Wie wichtig es ist, einen Fuß in die Tür zu bekommen, zeigt die Provisionsverteilung aus Autohäusern. Wer es schafft, dass ein neuer Kunde zum ersten Mal den Verkaufsraum des Autohauses betritt, ist in jedem Fall mit 50 Prozent an der Abschlussprovision beteiligt (Levine und Broermann, 2014, 235).

Anwendung findet diese Technik bei der Akquise von neuen Kunden mit denen der Verkäufer zuvor keine Geschäfte gemacht hat. Entscheidend hierbei ist nicht, dass Gewinn beim ersten Auftrag erzielt wird sondern in erster Linie, dass der Kunde ein gutes Geschäft gemacht hat. Durch diesen Kauf ist aus einem Interessenten ein Kunde geworden. Nachdem der Kunde zum ersten Mal ein Produkt gekauft hat soll dieser zufrieden mit diesem sein. Da dieser ein gutes erstes Geschäft abgewickelt hat wird er wieder kommen. Dies ist dann der Zeitpunkt, wo auch der Verkäufer sein Geld verdienen wird (Goldstein, Martin und Cialdini, 2009, S. 58ff).

2.2.3. Die eigene Handschrift

Der Mensch fühlt sich dem von sich selbst Verfasstem stärker verpflichtet, dadurch dass er es aktiv und bewusst niederschreibt (Goldstein, Martin und Cialdini, 2009, S. 67f).

Um ihre Gefangenen im Koreakrieg umzudrehen wendeten die Chinesen diese Methode an. Die Gefangenen wurden durch schriftliche Commitments, welche sie mit ihrem eigenen Namen unterschrieben, immer weiter von der Meinung distanziert, dass ihr eigenes Land Gutes tat und der Kommunismus Schlechtes (Dittrich, 2011).

Da geschriebene Erklärungen leicht publizierbar sind, speziell wenn diese noch namentlich unterzeichnet wurden, eigenen diese sich als Mittel zur Veränderung der inneren Einstellung des Schreibers, da dieser sich damit nach außen zu einem Standpunkt bekennt. Die Chinesen nutzen den Effekt der niedergeschriebenen Commitments. Sie ließen ihre Gefangenen die negativen Seiten ihres eigenen Landes aufschreiben und unterzeichnen. Diese Commitments dienten als Grundlage für spätere Diskussionen mit anderen Gefangenen.

Am Ende wurden die Commitments über Lautsprecher, die im ganzen Gefängnis angebracht waren, abgespielt.

Durch diese Praktik änderte sie das Selbstbild der Gefangenen. Als die Chinesen die Gefangenen auf ihrer Seite hatten, folgten diese ihren Bitten und Forderungen automatisch, alleine um ihrem neunen Bild von sich selbst treu zu bleiben (Cialdini, 2013, 110-117).

Auf diese Weise entlockten sie den Gefangenen Informationen, welche sie ohne diese schriftlichen Willensbekundungen niemals freiwillig kundgetan hätten. Es gelang den Chinesen sogar, Gefangene komplett von ihren Werten und Einstellungen zu trennen und eine komplett neue Sicht einzunehmen. Die gefangenen Soldaten hatten sich so an das neue Selbstbild angepasst, dass sie zum Feind überliefen.

Cioffi und Garner machten hierzu ein Experiment mit College Studenten, welche sich für einem AIDS Aufklärungsveranstaltung anmeldeten (1996, S. 133-147). Sie untersuchten, wie sich das Verhalten zwischen einer schriftlichen, aktiven Willensbekundung und einer passiven, mündlichen unterschied. In beiden Gruppen war die Zahl der Studenten, die freiwillig an der Veranstaltung teilnehmen wollten, gleich groß. Nur 17 Prozent der Personen, welche passiv ihre Teilnahme bekundet hatten, kamen zu der Veranstaltung, wohingegen 49 Prozent derjenigen erschienen, die sich schriftlich und aktiv dazu verpflichtet hatten.

Der Psychologe Davis Myers hat herausgefunden, dass das menschliche Denken sein Handeln steuert und dass ebenfalls durch seine Handlungen die Art zu Denken beeinflusst wird (Levine und Broermann, 2014,S. 289).

Firmen wenden diese Technik bei Gewinnspielen an. Die Aufgabe lautet: „Beschreiben Sie die Aspekte und Vorzüge, warum Sie dieses Produkt kaufen würden“ (Cialdini, 2013, S.123). Gewinnen konnte derjenige, der das Produkt am besten beschrieb. Genau dadurch kam der Gewinnspielteilnehmer allerdings selbst in die Spirale, welche unweigerlich zum Kauf des gehuldigten Produktes führte.

2.2.4. Lockvogelangebote

Der größte Vorteil eines abgegebenen Commitments, welches eine Änderung des Selbstbildes nach sich zieht ist, dass diese selbst Wurzeln schlagen können (Cialdini, 2013, S.142).

Der Mensch sucht sich selbst Argumente, warum seine einmal getroffene Entscheidung richtig ist. Er sucht in seinem Umfeld aktiv nach Bestätigungen und findet dadurch selbst neue Argumente. Selbst wenn nun das ursprüngliche Argument wegfällt, haben sich die Interessenten selbst eine Vielzahl an neunen Argumenten aufgebaut, welche ihr Selbstbild stützen.

Pallak, Cook und Sullivan untersuchten, ob sie mit Hilfe dieses Prinzips Hausbesitzer zum Energiesparen animieren können (1980, S.235-253). Sie versuchten mithilfe von Energiespartipps Hausbesitzer zu einem niedrigeren Stromverbrauch zu bewegen. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, welche diese Tipps nicht erhalten hatte, konnten keine Unterschiede festgestellt werden. Deshalb untersuchte das Forschungsteam noch eine weitere Möglichkeit. Den Teilnehmern wurde mitgeteilt, dass ein Artikel über umweltbewusste Bürger mit ihrem Namen in der Zeitung veröffentlicht werden würde. Dadurch gelang es den Haushalten, ihren Energieverbrauch signifikant zu senken. Das Erstaunliche bei diesem Experiment traf ein, als das Forschungsteam den Hausbesitzern mitteilte, dass eine namentliche Nennung in der Zeitung nicht möglich wäre. Am Ende des Winters wurden die Energiewerte erneut abgelesen, wobei das Team feststellte, dass sich der Energieverbrauch sogar noch weiter reduziert hatte.

Die Hausbesitzer hatten sich so mit ihrem neuen Selbstbild, dem energiesparenden, umweltbewussten Menschen identifiziert, dass sie selbst als das Argument wegen dem sie mit dem Energiesparen begonnen hatten wegfiel, weiter an dieser Sache festhielten. Sie hatten über die Zeit genug eigene und neue Gründe geschaffen, sodass das Wegfallen des Ursprungsgrundes keine negativen Auswirkung auf ihr Handeln hatte.

Diese Technik kommt ebenfalls im Verkauf zum Einsatz. Mit einem Lockvogelangebot, welches wesentlich günstiger ist als bei der Konkurrenz, wird dem Kunden ein erstes Commitment abgenommen. Dieser soll sich dazu entscheiden, sein neues Fahrzeug bei diesem Händler zu kaufen.

Wenn dieser Grundstein gelegt worden ist wird versucht, dem Kunden zu helfen, weitere gute Gründe für den Kauf dieses Fahrzeuges zu finden. Durch geschickte Bedarfsermittlung seitens des Verkäufers kann dies geschehen. Auch wird dem Kunden angeboten das Fahrzeug mit nach Hause zu nehmen, damit er das Auto seiner Familie, Freunden und Nachbarn zeigen kann und somit eigene Gründe findet, warum er genau dieses unbedingt benötigt. Selbst wenn das erste, sehr günstige Angebot wegfällt, weil der Verkäufer sich angeblich verrechnet hat oder der Manager den Deal nicht absegnen kann, weil das Autohaus dabei einen Verlust erleiden würde, hat der Kunde bereits genug eigene Argumente gefunden, welchen diesen Verlust des Lockangebots kompensieren (Cialdini, 2013, 141-149).

2.2.5. Technik der 4 Wände

Einen Spezialfall stellt die „4 Wände Technik“ dar. Sie nimmt dem Käufer jegliche Gründe sich zu rechtfertigen, weshalb er das Produkt nicht erwerben könne. Dem Kunden werden rhetorische Fragen gestellt (im normal Fall vier), die ihn soweit in eine Ecke treiben, dass der Kunde das Produkt kauft, da ihm keinerlei Rechtfertigung bleibt es nicht zu tun (Levine und Broermann, 2014, S. 235).

2.3. Kontrast

Jeder kennt den Preis einer Ware, aber niemand ihren Wert.“ (Ehrhardt, 2011, S.129)

Da der Mensch den Wert einer Sache nicht kennt, versucht er diesen durch Vergleich mit Produkten seiner Umgebung zu definieren.

„Das was wir zuerst erleben, bestimmt die Wahrnehmung der darauf folgenden Ereignisse.“ (Goldstein, Martin und Cialdini, 2009, S.140)

Der Kunde sucht deshalb einen Bezugsanker, um den Wert einschätzen zu können. Ebenfalls werden Ereignisse miteinander verglichen um diese einzuordnen.

Hierdurch werden direkt aufeinander treffende Reize wesentlich stärker wahrgenommen, als sie eigentlich sind. Menschen vergleichen, um ihre Entscheidungen zu manifestieren und Unsicherheiten zu kompensieren.

Mit einem einfachen Versuch kann die Wirkung des Prinzips der Differenz selbst getestet werden. Es werden 3 Eimer mit Wasser gefüllt. Der erste mit kaltem, der zweite mit lauwarmen und der dritte mit heißem Wasser. Nun wird eine Hand für einige Sekunden in den Eimer mit kaltem und die andere in den Eimer mit heißem Wasser eingetaucht. Als nächstes werden beide Hände zusammen in den mit lauwarmen Wasser gefüllten Eimer gehalten. Eine Hand wird das Wasser als wärmer, die andere das Wasser als kälter empfinden.

Das Gehirn nimmt nicht einzelne Elemente war, sondern lediglich deren Zusammenspiel (Levine und Broermann, 2014, S. 137f).

Der Unterschied zwischen zwei sich ähnelnden Reizen vergrößert sich, wenn diese direkt miteinander verglichen werden. Der Unterschied wird als stärker verschieden wahrgenommen, als wenn diese unabhängig voneinander bewertet werden (Levine und Broermann, 2014, S140).

Brown untersuchte diesen Effekt, indem er Probenaden Gewichte heben und schätzen ließ. Dabei wurde den Testpersonen zuerst ein Gegenstand gegeben, dessen Gewicht geschätzt werden sollte. Einige Testpersonen hatten einen leichteren Gegenstand, andere einen schwereren. Anschließend wurde ihnen noch ein Ankergewicht gegeben, das bei beiden Testgruppen gleich schwer war. (1953, S.199-214). Das Resultat war, dass Personen, die zuvor ein schwereres Gewicht gehoben hatten, das Ankergewicht als leichter einstuften, als es tatsächlich war. Wurde zuvor ein verhältnismäßig leichteres Gewicht angehoben, wurde das Ankergewicht als schwer wahrgenommen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Instrumente der unterbewussten Beeinflussung von Kaufentscheidungen
Hochschule
Hochschule München  (Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen)
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
68
Katalognummer
V354726
ISBN (eBook)
9783668409002
ISBN (Buch)
9783668409019
Dateigröße
729 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sales, Vertrieb, Manipulation, Verkauf, Beeinflussung, Kaufentscheidungen, Verkaufen, Entscheidungen, Psychologie, Verkaufspsychology, Einkauf, Umsatzsteigerung, Training, Effizienzsteigerung, Marketing, Erfolg, Verkäufer, Kaufentscheidung, Abschluss, Deal, Vetragsabschluss, Verhandlung, Negotiation
Arbeit zitieren
Marius Rudolf (Autor:in), 2015, Instrumente der unterbewussten Beeinflussung von Kaufentscheidungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354726

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