Einfluss einer systematischen Materialbedarfsplanung auf die Entwicklung eines Start Ups im individuellen Konsumgüterbereich


Bachelorarbeit, 2017

61 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Ziel der Bachelorarbeit
1.2. Aufbau der Arbeit

2. Grundlagen einer systematischen Materialwirtschaft
2.1. Einführung in die Grundlagen der Materialdisposition
2.1.1. Materialanalyse
2.1.2. Materialbedarf
2.1.3. Materialbestand
2.1.4. Materialbeschaffung

3. Lieferantenmanagement
3.1. Auswahlverfahren
3.1.1. Lieferantenidentifikation
3.1.2. Lieferanteneingrenzung
3.1.3. Lieferantenanalyse
3.1.4. Lieferantenbewertung
3.1.5. Lieferantenauswahl
3.2. Lieferantenintegration
3.2.1. Materielle Produkte
3.2.2. Softwarelösungen
3.2.3. Dienstleistungen
3.3. Ziele der Lieferantenintegration
3.3.1. Kostengesichtspunkte
3.3.2. Qualitäts- und Leistungskriterien
3.3.3. Versorgungssicherheit und Flexibilität

4. Anwendung auf Praxisbeispiel Start Up Grill
4.1. Situationsbeschreibung
4.2. Risiken und Probleme
4.2.1. Kapitalrisiken und Bestand
4.2.2. IT-System
4.2.3. Qualitätsrisiken
4.2.4. Versorgungsrisiken und Flexibilität
4.3. Zielkonflikte
4.4. Lösungsmöglichkeiten
4.4.1. Reduzierung der Durchlaufzeit
4.4.2. Standardisierung
4.4.3. Vertragliche Absicherung
4.4.4. Langfristige Lieferantenbindung
4.4.5. Reduzierung der Lieferanten

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

Der Begriff Start Up beschreibt eine kürzlich gegründete Firma, die im Wesentlichen durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet wird: Es hat eine innovative Geschäftsidee und das Ziel, stark zu wachsen und den Unternehmenswert zu steigern (Vertical Media GmbH).

Das wohl bekannteste Unternehmen, dass mit dem Begriff Start Up in Verbindung gebracht wird, ist Apple. Anhand des Verlaufs von der Gründung, über Rückfälle bis hin zum wert­vollsten Unternehmen der Welt; Stand Februar 2016 (Sokolow 2016), werden neue Start Ups gemessen. Das klassische Start Up wird zuhause gegründet und entwickelt sich stetig weiter bis daraus ein rentables Unternehmen wird.

Zusammen mit Steve Wozniak gründete Steve Jobs Apple 1976 in der Garage von Steve Jobs Eltern. Das Start Up wuchs, trotz Rückschlägen, schnell zu einem bedeutenden Un­ternehmen in der IT-Branche (Melamedia/Macprime Networks).

Ein Grund für die Gründung neuer Unternehmen ist die Lösung eines Problems, das bisher ungelöst war. Im Falle von Airbnb entstand die Idee, nicht genutzte Zimmer an frem­de Besucher zu vermieten, aus Geldnot. Daraus entwickelte sich ebenfalls ein milliarden­schweres Unternehmen (Alex Hofmann).

Auch aufgrund des modernen Konsumverhaltens werden immer mehr individuelle Produkte benötigt. Dies bietet Chancen für Start Ups den Konsumenten eine größere Vielfalt an Pro­dukten anzubieten. Deshalb gab es in den vergangenen Jahren immer mehr Start Ups, die auf die Bedürfnisse der Kunden eingingen.

Beispiele für erfolgreiche Start Ups sind z.B. das oben bereits genannte Apple, Amazon oder Facebook. Auch sie zeichneten sich in ihren Anfangszeiten durch die typischen Merk­male eines Start Ups aus: Eine sehr geringe Kapitaldecke, hohe Flexibilität, niedrige Hier­archien und vor allem einen hohen Innovationsgrad.

Inwiefern diese Merkmale Einfluss aufdie Materialversorgung eines Start Ups haben, wird im Folgenden erläutert.

1.1 Ziel der Bachelorarbeit

In der folgenden Arbeit soll die systematische Materialsteuerung eines neugegründeten Unternehmens dargestellt und erklärt werden. Hierbei wird grundlegendes Basiswissen aus Materialbedarfsplanung und Lieferantensteuerung erläutert, welche Vorteile bzw. Chancen damit verbunden sind, aber auch welche Nachteile bzw. Risiken sich daraus ergeben kön­nen.

Ziel ist es, die Risiken und Probleme, die sich für ein kapitalschwaches Start Up erge­ben können, zu identifizieren und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, wie diese vermieden werden können. Dafür ist die Erläuterung und Anwendung der theoretischen Grundlagen unbedingt notwendig, um vermeidliche Schwachstellen zu erkennen und ihnen entgegen­wirken zu können. Veranschaulicht soll das Thema an einem Beispiel-Start Up Grill ange­wandt werden.

1.2 Aufbau der Arbeit

Die Arbeit ist in einen theoretischen Teil, einen praktisch angewandten Teil und einer Schlussbetrachtung gegliedert. Im Theorieteil werden die Grundlagen einer Materialdispo­sition und die Aufgaben des Lieferantenmanagements zusammengefasst und erklärt. Im praktisch angewandten Teil werden die gewonnenen Erkenntnisse auf die Anforderungen und Bedürfnisse von Start Ups, besonders auf das Praxisbeispiel Grill Start Up, zugeschnit­ten und theoretisch umgesetzt. Am Ende der Arbeit werden die Erkenntnisse und Ergebnis­se zusammengefasst und diskutiert.

2. Grundlagen einer systematischen Materialwirtschaft

In einem produzierenden Unternehmen müssen die richtigen Materialien, in der richtigen Menge, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, in der richtigen Qualität der Produktion zur Ver­fügung stehen. Dies zu gewährleisten ist die Aufgabe der Materialdisposition. Der Begriff stammt vom lateinischen Verb „disponere“ ab, was so viel bedeutet wie verteilen, ordnen, planen.

2.1 Einführung in die Grundlagen der Materialdisposition

Die Materialdisposition beschäftigt sich mit einer Fülle von Materialien und den damit ver­bundenen Aufgabenstellungen. Deshalb ist es notwendig Schwerpunkte zu bilden und sich auf Materialgruppen zu konzentrieren, die wegen ihres Gesamtwertes eine intensive Bear­beitung erfordern. Ziel der Materialwirtschaft ist die Sicherstellung der Versorgungsfunktion sowie die Identifikation von Kostenpotentialen durch eine strukturierte Analyse der benötig­ten Materialien sowie der dafür benötigten Lieferanten (Wannenwetsch 2014, S. 31).

Im Folgenden wird genauer auf einzelne Aufgabenbereiche in der Materialdisposition ein­gegangen.

2.1.1 Materialanalyse

Um die Kapitalbindung durch zu beschaffendes Material soweit wie möglich einzugrenzen, muss als erster Schritt eine genaue Analyse der benötigten Teile stattfinden. Ziel hierbei ist es, geeignete Beschaffungsformen gemäß dem Wertanteil der Materialien zu finden. Als Beispiel-Verfahren sollen hier die ABC- sowie die XYZ-Analysen beschrieben werden (Arnolds 2013, S. 20 f.).

ABC-Analyse

Zunächst werden die jährlichen Verbrauchsmengen in geeigneten Mengeneinheiten erfasst und mit dem Einzelpreis multipliziert. So erhält man für jede Position den Jahresverbrauchs­wert. Danach werden sie nach Größenordnung sortiert und kumuliert. Anschließend bildet man den Prozentanteil am Gesamtwert. Auf diese Weise kann der Anteil jeder Position bestimmt und eine Einteilung nach Wertgruppen durchgeführt werden. Das Ergebnis lässt sich sehr gut graphisch oder tabellarisch darstellen, wie in Abbildung 1 zu sehen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieses Diagramm zeigt beispielhaft eine Verteilung nach einer ABC-Analyse:

А-Teile machen 80% Wertanteil aus, während sie nur ca. 20% des Mengenanteils beanspruchen.

В-Teile decken etwa 15% des Wertanteils, während sie 10% vom Mengenanteil aufweisen.

C-Teile decken die restlichen 5% des Wertanteils, der von 70% des Mengenanteils gene­riert wird.

Dadurch kann man gut erkennen, für welche Positionen es Sinn macht sie auf Lager zu be­vorraten oder welche Teile eine sehr hohe Kapitalbindung verursachen. Auch ist es wichtig B- und C-Teile zu berücksichtigen, da sie evtl. dringend benötigte Teile darstellen oder für die Auslastung der Kapazitäten notwendig sind (Arnolds 2013, S. 23).

Die Grafík zeigt jedoch auch die hohe Abhängigkeit des Umsatzes von den А-Teilen, die nur einen kleinen Mengenanteil haben. Bricht dieser Teil weg, ist das Unternehmen in seiner wirtschaftlichen Position stark gefährdet.

Mit Hilfe der ABC-Analyse kann man nach Oeldorf und Olfert

- die wesentlichen Teile von den Unwesentlichen trennen
- Schwerpunkte gezielt festlegen
- die Wirtschaftlichkeit steigern
- wirtschaftlich nicht wirkungsvolle Anstrengungen vermeiden (Oeldorf und Olfert 2008, S. 103).

Die ABC-Analyse kann durch die XYZ-Analyse ergänzt und verbessert werden.

-X-Artikel: konstanter Verbrauch, hohe Vorhersagegenauigkeit
-Y-Artikel: schwankender Verbrauch, mittlere Vorhersagegenauigkeit
-Z-Artikel: unregelmäßiger Verbrauch, niedrige Vorhersagegenauigkeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Bedarf und die Vorhersagegenauigkeit müssen dementsprechend auch berücksichtigt werden.

Die ABC-Analyse findet nicht nur bei Lagermaterialien Anwendung, sondern ist auch in an­deren Bereichen ein bewährtes Mittel zur Klassifizierung.

2.1.2 Materialbedarf

Um den reibungslosen Produktionsverlauf zu gewährleisten, ist die möglichst genaue Er­mittlung des Bedarfs an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Zulieferteilen, Waren und Ver­schleißteilen vonnöten (Oeldorf und Olfert 2008, S. 129 f.). Bei Beschaffung einer zu großen Menge an Material, ist die Kapitalbindung, auf Grund der entstehenden Anschaffungs- und Lagerkosten, so groß, dass sie für das Unternehmen nur schwer zu tragen ist. Bei Beschaf­fung einer zu geringen Materialmenge kann es zu Störungen oder gar zu Ausfällen in der Produktion kommen, die dazu führen können, dass Liefertermine nicht eingehalten werden und im schlimmsten Fall Strafzahlungen fällig werden. Das heißt, je größer der Anteil der betreffenden Materialien am wertmäßigen Gesamtbedarf, desto genauer muss der Mate­rialbedarf ermittelt werden um folgenschwere Risiken zu vermeiden (Oeldorf und Olfert 2008, S. 129 f.).

Programmorientierte Bedarfsermittlung

Grundlagen für die programmorientierte Bedarfsermittlung sind das Produktionsprogramm und das Produkt. Das Produktionsprogramm liefert die Daten welcher Rohstoffbedarf in welcher Periode benötigt wird, seien es selbst gefertigte oder zugekaufte Teile. Bei Letzte­rem bedarf es einer genauen Abstimmung mit den Zulieferern.

Ein weiteres Kriterium ist hierbei, ob für Lageraufträge oder für Kundenaufträge produziert wird.

Lageraufträge findet man vor allem in der Massen- und Großserienfertigung, wo durch Marktforschung ermittelt wird, wie hoch die Produktionsmenge in einem bestimmten Zeit­raum ausfallen soll. Der benötigte Primärbedarf wird somit aus dem Periodenbedarf abge­leitet, wobei der Sekundärbedarf mithilfe einer Stücklistenauflösung aus dem Fertigungs­programm bestimmt wird (Oeldorf und Olfert 2008, S. 131 f.).

Laut Oeldorf und Olfert steht das Unternehmen bei Kundenaufträgen in di­rekter Verbindung zum Kunden, das bedeutet, dass es in Einzel-, Kleinseri­en-, oder Variantenfertigung produziert. Dieses Modell wird vor allem von hand­werklichen Betrieben aber auch von industriellen Unternehmen praktiziert. Der Primärbedarf wird hier nicht durch den Periodenbedarf bestimmt, sondern durch die Auftragseingänge. Art, Menge und zeitliche Beschaffung des Sekundärbedarfes wird eben­falls durch Stücklisten ermittelt.

Stücklisten

Die Art, Menge und Zeit der zu produzierenden Erzeugnisse wird durch das Produktions­programm vorgegeben. Um nun den Materialbedarf zu bestimmen, wird das Endprodukt zu Hilfe genommen. Die analytische Gliederung der Erzeugnisse wird durch Stücklisten vorgenommen. Daraus kann man erkennen, aus welchen Bestandteilen sich das Produkt zusammensetzt und wie viel für die Fertigung benötigt wird.

Es gibt verschiedene Arten von Stücklisten:

- Mengenstücklisten
- Strukturstücklisten
- Baukastenstücklisten
- Variantenstücklisten

Auf eine detaillierte Beschreibung der verschiedenen Stücklisten wird verzichtet (Oeldorf und Olfert 2008, S. 131 f.).

Bedarfsarten

Um den genauen Bedarf zu ermitteln, helfen die verschiedenen Bedarfsarten:

- Primärbedarf: Bedarf an Erzeugnissen, verkaufsfähigen Produkten
- Sekundärbedarf: Bedarf, der zur Herstellung des Primärbedarfes benötigt wird
- Tertiärbedarf: Bedarf an Betriebs- und Hilfsstoffen, die zur Herstellung des Sekundärbedarfes notwendig sind

Darüber hinaus kann in Brutto- und Nettobedarf unterschieden werden:

- Bruttobedarf: Sekundärbedarf + Zusatzbedarf
- Nettobedarf: Bruttobedarf - Lagerbestand - Bestellbestand + Vormerkbestand

Unter Zusatzbedarf versteht man einen nicht geplanten Mehrbedarf, der sich aus Wartung und Reparatur, Ausschuss oder Schwund, sowie Bedarf für Versuche oder selten produ­zierten Teilen ergibt (Raffael Herrmann).

In Abbildung 2 sieht man die genaue Aufteilung der Materialbedarfsarten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Verschiedene Bedarfsarten in der Materialwirtschaft (Wannenwetsch 2014, S. 65)

Zeitbezug

Um termingerecht produzieren zu können, ist der Faktor Zeit von entscheidender Bedeu­tung. Wichtige Größen sind hierbei der Fabrikkalender, der nur Arbeitstage berücksichtigt, an denen produziert wird, sowie die Berücksichtigung der Beschaffungszeit, da die be­nötigten Materialien nicht sofort zur Verfügung stehen. Grund dafür ist die Dauer des Be­stellvorganges und des Transportes. Auch können Lieferfristen oder Lieferverzögerungen von Bedeutung sein (Oeldorf und Olfert 2008, S. 142). Nicht zu vernachlässigen ist auch die Durchlaufzeit, das heißt die Zeit, die das Material von der Bereitstellung der einzelnen Bearbeitungsstationen braucht. Die Aufteilung der Durchlaufzeit ist in verschiedene Teil­bereiche unterteilt, wie in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Aufgliederung der Durchlaufzeit (Prof. Dr. Christoph Siepermann)

Ziel hierbei ist es, die Förder-, Liege- und Kontrollzeiten zwischen den einzelnen Bearbei­tungsschritten zu reduzieren, um so die Produktionszeit zu verkürzen.

Methoden der Bedarfsermittlung

- Die deterministische Bedarfsermittlung (bedarfsgesteuert)
Hierbei wird der Sekundärbedarf anhand des ermittelten Primärbedarfes abgeleitet, z.B. mit Hilfe von Stücklisten.
- Die stochastische Bedarfsermittlung (verbrauchsgesteuert)
Grundlage sind Vergleichswerte aus der Vergangenheit mit denen eine Prognose für den zukünftigen Verbrauch erstellt wird. Mögliche Verfahren sind zum Beispiel die Methode der kleinsten Quadrate oder des gleitenden Mittelwerts, die nicht näher erläutert werden.
Für Start Ups mit geringem Kapital ist diese Methode am besten geeignet.
- Heuristische Bedarfsermittlung (durch Schätzen)

Diese Methoden beruht auf den Erfahrungen und Vermutungen von Experten oder erfahrenen Mitarbeitern, die den Bedarf durch Schätzen bestimmen.

Ein Hilfsmittel zur Auswahl der passenden Planungsmethode ist auch hier die vorher be­schriebene ABC-Analyse (Arnolds 2013, S. 41 f.), (Prof. Dr. Diethardt Freye 2014).

2.1.3 Materialbestand

Die Aufgabe der Bestandsermittlung ist die Überprüfung der bereits vorhandenen Vorräte und in welcher Menge sie bereitgestellt werden können. Zur Durchführung dieser Aufgabe müssen die Lagerbewegungen überwacht werden, woraus sich der aktuelle Lagerbestand ermitteln lässt. Dabei kann zwischen körperlichen (Abgang oder Zugang) und nichtkörper­lichen Lagerbewegungen (Reservierung oder Bestellung) unterschieden werden (Oeldorf und Olfert 2008, S. 174 f.).

Ziel jeder Bestandsplanung ist es, sowohl den eigentlichen Bestand als auch die Liege­zeiten zu minimieren, um dadurch die Kapitalbindung so gering wie möglich zu halten. Fehlplanungen wirken sich somit sofort auf die Liquidität aus oder führen möglicherweise zu Produktionsengpässen (Wannenwetsch 2014, S. 68 f.).

Es wird vor allem in folgende Bestandsarten unterschieden:

- Lagerbestand
- Sicherheitsbestand
- Meldebestand
- Höchstbestand

Abbildung 4 veranschaulicht die verschiedenen Bestandsarten und liefert Hinweise auf den Bestellpunkt.

Abbildung 4: Darstellung des Bestands und des Bestellzeitpunktes (Lehrstuhl fml TUM)

Der Lagerbestand zeigt den körperlichen sowie nichtkörperlichen Bestand, der aktuell zur Verfügung steht. Er wird in zeitlich festgelegten Abständen kontrolliert, etwa monatlich oder quartalsmäßig. Durch Maschinenausfälle oder Lieferverzögerungen können reservierte Bestände (nichtkörperlich) kurzfristig umdisponiert werden und vorübergehend freigestellt werden.

Nach Oeldorf und Olfert dient der Sicherheitsbestand, oder auch Mindestbestand, als Re­serve für Notfälle und sollte nach Möglichkeit nicht für die Produktion verwendet werden. Die Größe des Sicherheitsbestandes richtet sich nach der Wiederbeschaffungszeit bzw. nach der Zeit, die für die Fertigung der Teile notwendig ist.

Der Meldebestand, auch Bestellzeitpunkt genannt, ist der Bestand, bei dem eine Bestellung ausgelöst wird, sobald er unterschritten wird. Der Bestellpunkt muss so gewählt werden, dass der Sicherheitsbestand unberührt bleibt. Dies setzt eine genaue Kenntnis über die Verbrauchssituation als auch über die Zuverlässigkeit der Lieferanten voraus (Oeldorf und Olfert 2008, S. 179).

Der Höchstbestand gibt an, welche Menge an Material im Lager maximal auf Vorrat lie­gen darf. Zu hoher Lagervorrat verursacht zu hohe Kapitalbindung im Lager, was natürlich vermieden werden soll. Die geeignete Höhe muss von erfahrenen Fachkräften festgelegt werden, da zu häufige Bestellungen einen Mengenrabatt reduzieren können.

Ob der Lagerbestand in zeitlich festgelegten Abständen oder nach jeder Entnahme über­prüft werden soll, ist für jedes Unternehmen unterschiedlich und hängt stark vom Ferti­gungsvolumen ab (IFH RETAIL CONSULTANTS GmbH).

2.1.4 Materialbeschaffung

Unter dem Begriff Materialbeschaffung ist die art-, mengen- und termingerechte Beschaf­fung der benötigten Materialien zu verstehen. Dies kann sowohl durch Zukaufteile oder durch Eigenfertigung erfolgen.

Grundsätzlich hat die Bestellplanung drei Aufgaben:

- Beschaffungsart planen
- Bestellmenge planen
- Bestellzeitpunkt bzw. Auslösebestand festlegen

Planung Beschaffungsart

Die Beschaffungsart hängt sehr stark von der Fertigungsart ab. Entscheidende Kriterien sind hierbei die ABC- und XYZ-Analyse sowie die Fertigungsart selbst, nämlich ob es sich um Massen- oder Einzelfertigung handelt.

- Terminbezogen wird vor allem bei gleichmäßigem und hohem Produktions­volumen bestellt, wie etwa in der Massenfertigung.
- Bestandsbezogen tritt sowohl bei der Massenfertigung als auch bei der Einzel­fertigung auf. Billigere Teile, die die Liquidität des Unternehmens nicht gefähr­den, können auch bei Fertigung geringer Stückzahlen bestandsbezogen gekauft werden. In der Massenfertigung werden vor allem Teile mit unregel­mäßigem Volumen bestandsmäßig gekauft, um auftretende Schwankungen ausgleichen zu können.
- Bedarfsbezogene Bestellungen kommen in der Einzelfertigung in der Regel bei teureren Teilen zur Geltung, da sie sonst unnötig Kapital binden würden.

Mit Hilfe der ABC- und der XYZ-Analyse lässt sich beschreiben, welche Teile zu welcher Beschaffungsart zugehören, wie in Abbildung 5 zu sehen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: ABC-XYZ-Analyse mit zugehöriger Beschaffungsart (Prof. Dr. Siegfried von Känel)

Die Vorratshaltung, auch Kanban-System genannt, ist unempfindlich gegenüber Liefereng­pässen oder anderen Störungen. Allerdings entstehen hierbei auch höhere Lagerkosten.

Bei der Einzelbeschaffung im Bedarfsfall wird nur die auftragsspezifische Menge zu einem festgelegten Termin geliefert. Dies bedeutet eine sehr geringe Kapitalbindung aber auch einen hohen Planungsaufwand (Oeldorf und Olfert 2008, S. 239).

Die Vorratshaltung, auch Kanban-System genannt, ist unempfindlich gegenüber Liefereng¬pässen oder anderen Störungen. Allerdings entstehen hierbei auch höhere Lagerkosten.

Bei der Einzelbeschaffung im Bedarfsfall wird nur die auftragsspezifische Menge zu einem festgelegten Termin geliefert. Dies bedeutet eine sehr geringe Kapitalbindung aber auch einen hohen Planungsaufwand (Oeldorf und Olfert 2008, S. 239).

Des Weiteren gibt es noch die einsatzsynchrone Lieferung. Hier werden definierte Mengen in einen festgelegten Zeitraum geliefert. Dieses Prinzip nennt sich „Just in Time“ oder „Just in Sequenz“. Es wird hauptsächlich in Großserien- und Massenfertigungen angewandt, da es eine Belieferung mit minimaler bzw. idealerweise ohne Zwischenlagerung ermöglicht (Arnolds 2013, S. 168).

Optimale Beschaffungsmenge

Bei der Ermittlung der optimalen Beschaffungsmenge ist zu berücksichtigen, dass die Be-stellkosten mit zunehmender Menge exponentiell sinken, während die Lagerkosten linear ansteigen. Der Schnittpunkt der beiden Graphen liefert die optimale Bestellmenge x , wie in Abbildung 6 dargestellt.

Abbildung 6: Darstellung der Bestell- und Lagerkosten (Wannenwetsch 2014, S. 98 f.)

Um nun die optimale Bestellmenge bzw. die ideale Losgröße für Eigenfertigungen berech¬nen zu können, gilt die Andlersche Losgrößenformel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese vereinfachte Formel ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen anwendbar:

- Bedarf ist bekannt und konstant
- Kontinuierlicher Lagerabgang
- Keine Einschränkungen weder bei Beschaffung noch bei der Lagermenge
-Lieferzeit geht gegen null

Nach Schönsleben ist die genaue Planung der optimalen Bestellmenge bzw. Losgröße essentiell für die Risikominimierung in einem Unternehmen (Schönsleben 2007, S. 564 f.).

Planung Bestellzeitpunkt

Bei der bestands- bzw. verbrauchsbezogenen Materialbeschaffung ist es üblich den Be-stellzeitpunkt mit dem Bestellpunktverfahren zu ermitteln. Ziele hierbei sind:

-Möglichst geringe Lagerbestände

Vermeidung der Nutzung des Sicherheitsbestandes

Beide Ziele fordern zum einen eine möglichst späte Auslösung der Bestellung wegen gerin¬gerer Kapitalbindung, zum anderen eine nicht zu späte Bestellauslösung zur Verminderung des Fehlerrisikos. Durch einen vorgegebenen Bestellpunkt, der die Wiederbeschaffungs¬zeit berücksichtigt, kann dieserZielkonflikt umgangen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Lagerbestand und Ermittlung der Nachfüllmenge (Schönsleben 2007, S.546 f.)

Der Sicherheitsbestand muss so gering gehalten werden, dass keine großen Lagerkosten entstehen und zugleich muss er so groß sein, dass Verbrauchsschwankungen sowie Liefer¬engpässe ausgeglichen werden können, wie man in Abbildung 7 sehen kann.

Qualitätsmanagement in der Materialdisposition

Da die Fertigungstiefe und die Anzahl der Zulieferer immer weiter abnehmen, steigen die Anforderungen an die Qualitätssicherung deutlich sowie beim Kunden als auch beim Liefe¬ranten.

Deshalb ist die Auswahl der Lieferanten von großer Bedeutung. Die Qualitätsbewertung der Lieferanten gliedert sich in zwei Bereiche:

- Bewertung vor der Auftragsvergabe
- Bewertung bei laufender Lieferung

Dabei werden alle relevanten Bereiche die mit dem Zulieferer in Kontakt stehen, nicht nur durch die Qualitätsprüfung des Kunden, berücksichtigt. Um die Lieferantenbewertungen begründen zu können gibt es mehrere Verfahren.

Das Checklistenverfahren prüft die Angebote auf relevante Kriterien bei bestimmten Be-darfssituationen (Arnolds 2013, S. 148).

Die Punktbewertungsmethode kreiert eine Rangfolge auf der Grundlage von gewichteten Kriterien.

Bei der Geldwertmethode werden, wie bei der Wertanalyse aus der Technik, bestimmten Kriterien Geldwerte zugewiesen. Die Summen dieser Geldwerte der unterschiedlichen An¬gebote werden danach gegenübergestellt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 61 Seiten

Details

Titel
Einfluss einer systematischen Materialbedarfsplanung auf die Entwicklung eines Start Ups im individuellen Konsumgüterbereich
Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut, ehem. Fachhochschule Landshut
Note
1,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
61
Katalognummer
V355685
ISBN (eBook)
9783668414006
ISBN (Buch)
9783668414013
Dateigröße
720 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einfluss, materialbedarfsplanung, entwicklung, start, konsumgüterbereich
Arbeit zitieren
Michael Aigner (Autor:in), 2017, Einfluss einer systematischen Materialbedarfsplanung auf die Entwicklung eines Start Ups im individuellen Konsumgüterbereich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/355685

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