"To sell or not to sell?". Eine kritische Analyse der Start-Up-Akquisitionen durch größere Unternehmen im Silicon Valley


Bachelorarbeit, 2015

49 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Hinführung zum Thema
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Die Start-Up-Szene im Silicon Valley
2.1 Der Standort Silicon Valley
2.1.1 Die Entwicklung zum "Silicon Valley": Die frühen Gründer
2.1.2 Standortvorteile für Gründer
2.1.3 Das Silicon Valley im Jahr
2.2 Start-Ups im Silicon Valley
2.2.1 Größe und Innovationskraft der Gründerszene
2.2.2 Aktuelle Wachstumsbranchen und Trends

3 Theoretische Aspekte von Start-Up-Akquisitionen
3.1 Motive für Käufer von Start-Ups
3.1.1 Nutzen von Start-Up-Akquisitionen für Käufer
3.1.2 Risiken und mögliche Nachteile für Käufer von Start-Ups
3.2 Motive für Verkäufer von Start-Ups
3.2.1 Nutzen einer Akquisition für Start-Up-Gründer
3.2.2 Risiken für Start-Up-Gründer
3.3 Konsumenteninteressen im Kontext einer Start-Up-Akquisition

4 Erfolg und Misserfolg bei Start-Up-Akquisitionen
4.1 Erfolgreiche Synergien mit Risikomotiv: Google/YouTube (2006)
4.2 Personelle Integrationsprobleme: Microsoft/Danger (2008)
4.3 Monopolstellung und überhöhter Kaufpreis?: Facebook/WhatsApp (2014)
4.4 To sell or not to sell? Facebook/Snapchat (2013)

5 Zusammenfassung und Ausblick

6 Literaturverzeichnis

7 Anhang

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Bewilligte Patente pro 100.000 Einwohner

Tabelle 2: Top 10 Silicon Valley Start-Ups nach VC-Investment (2014)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anzahl an Start-Ups Im Silicon Valley (2014)

Abbildung 2: VC-Investments Silicon Valley nach Branche (2014)

Abbildung 3: Bereiche des M&A

Abbildung 4: Motive für Unternehmenskäufe

Abbildung 5: Die drei Felder der Akquisitionsprobleme

Abbildung 6: Motive für Unternehmensverkäufe

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Hinführung zum Thema

Das "Silicon Valley" im Bundesstaat Kalifornien der Vereinigten Staaten von Amerika beherbergt auf einer Fläche von etwa 2,900m3 die Hauptstandorte vieler bedeutender IT- und High-Tech-Unternehmen und bildet damit eines der wichtigsten Zentren für Produkte und Dienstleistungen in der Technologiebranche weltweit. Große Firmen wie Apple, Inc., Google, Inc. oder Facebook, Inc. haben mit ihrer breiten Produktpalette von Software, Hardware bis hin zu diversen Internet-Services heute einen erheblichen Einfluss auf das tägliche Leben und den Umgang mit Medien wie dem Internet. Dieser Einfluss und letztendlich auch die hohen Gewinne dieser Konzerne sind vor allem auch auf die regelmäßige Innovation von neuen Technologien und deren Integration in bestehende oder neue Produktlinien zurückzuführen. Neben internen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen spielen bei diesem Prozess speziell auch Akquisitionen von innovativen, wachstumsstarken und jungen Unternehmen, sogenannten "Start-Ups", eine entscheidende Rolle. Diese bringen oftmals neue Technologien in Form von Patenten und "Know-How" in die akquirierenden Unternehmen ein. Durch die hohe Dichte an Technologiefirmen, den einhergehenden Netzwerkeffekten sowie der Präsenz von berühmten Universitäten wie der Stanford University werden im Silicon Valley optimale Bedingungen für Unternehmensgründungen geschaffen. Es hat sich infolgedessen dort eine rege Gründerszene in den letzten Jahrzenten entwickelt. Neben diversen Ursachen für die Kaufmotivation der größeren Unternehmen gibt es dabei auch verschiedene Motive für Gründer, ihr Unternehmen zu verkaufen. Ebenso haben sich auch viele Gründer bereits bewusst gegen solche Transaktionen entschieden. Die Firmeninhaber stellen sich deshalb oft die Frage: "To sell or not to sell?". Als dritte Interessensgruppe spielen die Konsumenten der Endprodukte ebenfalls eine wichtige Rolle in der kritischen Bewertung von Start-Up-Akquisitionen. Mehrere aktuelle Beispiele ,wie zum Beispiel die Akquisition von WhatsApp, Inc. durch Facebook Anfang 2014, werden unter dieser Betrachtung noch heute kontrovers diskutiert. Das Silicon Valley ist daher durch seine Merkmale ideal geeignet für eine kritische Analyse aus Sicht aller Interessensgruppen.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser einen umfassenden Überblick über die Vor- und Nachteile von Start-Up-Akquisitionen im Hinblick auf die Interessen der Käufer- und Verkäuferseite sowie der Kunden zu geben. Neben theoretischen Aspekten sollen dabei auch speziell Analysen von aktuellen Beispielen zur Veranschaulichung dienen. Exemplarisch ist dafür die Region Silicon Valley gewählt. Im Zuge dessen werden dem Leser auch die Besonderheiten der Technologie-Gründerszene in diesem Gebiet näher gebracht, um ein ausführliches Verständnis dafür zu entwickeln, welche Faktoren für die Entstehung einer Region mit außerordentlich vielen Unternehmensgründungen entscheidend sind.

1.3 Aufbau der Arbeit

Kapitel 2 gibt zunächst einen Überblick über die zu untersuchende Start-Up-Szene geben. Eine Analyse von quantitativen Faktoren wie der Anzahl an Gründungen oder Patentanmeldungen sowie eine Darstellung der aktuellen Wachstumsbranchen und Trends hat das Ziel den Leser mit dem Gründertum im Silicon Valley vertraut zu machen. Dabei wird vorab eine kurzer Querschnitt des Standortes selbst gegeben. Eine Übersicht über die Entstehung der Start-Up- Szene sowie die nach wie vor aktuellen Erfolgsmerkmale der Region vermitteln dem Leser ein umfassendes Verständnis über das Geschäftsumfeld der nachfolgenden Analysen vermitteln.

Auf Kapitel 3 liegt der Schwerpunkt der Arbeit. Dieses hat das Ziel, die relevanten Motive für oder gegen ein Akquisitionsgeschäft im Allgemeinen sowie speziell für Start-Ups des Silicon Valley zu identifizieren. Neben den Interessen der Käufer und Verkäufer werden zudem die Interessen der Kunden in einem Akquisitionsprozess analysiert. Dabei werden auch explizit die Risiken eines Akquisitionsgeschäfts für jede Gruppe erläutert.

Nachfolgend verfolgt Kapitel 4 das Ziel, die vorher identifizierten theoretischen Nutzen und Kehrseiten solcher M&A-Transaktionen an praktischen Fallbeispielen zu verdeutlichen. Dazu werden mehrere vollendete erfolgreiche wie auch misslungene Transaktionen auf ihre Charakteristika hin untersucht und aus der Sicht der vorher identifizierten Interessen hin analysiert.

Im abschließenden Fazit werden die gesammelten Erkenntnisse zusammengefasst und bewertet und ein Ausblick auf die Zukunft wird vorgestellt.

2 Die Start-Up-Szene im Silicon Valley

2.1 Der Standort Silicon Valley

2.1.1 Die Entwicklung zum "Silicon Valley": Die frühen Gründer

Als "Silicon Valley" wird heutzutage der südliche Teil der "San Francisco Bay Area" mit seinem Zentrum Santa Clara County bezeichnet. Die Region erstreckt sich über etwa 2.900 km3 mit einer Bevölkerung von 2,97 Millionen (2014).1 Traditionell im Norden durch das San Mateo County bis im Süden durch das Santa Cruz County eingegrenzt, wird San Francisco selbst heutzutage ebenfalls zum Gebiet dazugezählt.2

Die Entwicklung des Silicon Valley zum Zentrum des amerikanischen Technologiesektors ist geprägt von mehreren bedeutenden Meilensteinen im Laufe des 20. Jahrhundert.3 Dabei spielten bereits von Anfang an Pioniergeist in Form von Start-Up-Gründungen die entscheidende Rolle. Schon 1939 gründeten die Absolventen der nahegelegenen Stanford University, W. Hewlett und D. Packard, ihr Unternehmen Hewlett-Packard Co. in Palo Alto. Anfangs noch auf Audio-Oszillatoren spezialisiert, sollte Hewlett-Packard während des zweiten Weltkrieges das erste profitable "High-Tech"-Unternehmen im Santa Clara County werden. Auf Initiative des Professors Fred Terman von der Stanford University, wurde nach dem Krieg verstärkt öffentliche Förderung für die ansässige, aufstrebende Technologiebranche erteilt. Termans Idee war zudem die Errichtung des Stanford Industrial Park im Jahr 1953, der Technologiefirmen mit Sitz nahe Stanford ein optimales Geschäftsumfeld bot. Zu den ersten Mietern gehörten Hewlett-Packard, General Electric sowie Lockheed. Weitere Firmen verlegten ihren Sitz in den 50er-Jahren dorthin, welches den Stanford Industrial Park zu einem entscheidenden Faktor in der Entwicklung des Standorts machte. Durch die dortige Aufbruchstimmung angezogen, gründete der spätere Nobelpreisträger William Shockley in Mountain View ein Labor zur Erforschung von Halbleitern mit Silizium-basierten Transistoren. 1957 spielte Fairchild Semiconductor schließlich die entscheidende Rolle beim Durchbruch von Silizium-Halbleitern.4 Gegründet von acht ehemaligen Mitarbeitern Shockleys, produzierte das Unternehmen ab 1959 die ersten integrierten Schaltkreise auf Silizium-Basis in Serie und führte damit einen neuen Industriestandard ein. 1961 gründete Arthur Rock, ein früher Helfer Fairchild Semiconductors, die Kapitalgesellschaft Davis & Rock um in junge Technologiefirmen der Umgebung zu investieren und gilt damit als einer der Begründer des Begriffs "Venture Capital".5 Arthur Rock war auch einer der ersten Investoren der Firma Intel, die 1968 von zwei der Gründer von Fairchild Semiconductor, Robert Noyce und Gordon Moore, gegründet wurde. Intel erschuf den nächsten Meilenstein in der Branche: den ersten serienreifen Mikroprozessor, mit dem das Unternehmen zum führenden Chiphersteller seiner Zeit wurde. Ehemalige Fairchild Semiconductor Mitarbeiter gründeten bis Ende der 1960er Jahre vergleichbare Unternehmen wie AMD oder Intersil sowie wichtige Versorger von Gerätschaften zur Herstellung von Halbleitern.6 Eine florierende Silizium- Halbleiter Industrie entwickelte sich, die schließlich 1971 zur ersten Erwähnung des Begriffs "Silicon Valley" von Don Hoefler in den Electronic News führte.7 Dieser Name wurde zum Synonym für die Region und später für Ansammlungen von Technologiefirmen allgemein. Ab den 1970er Jahren war das Silicon Valley damit der Mittelpunkt des amerikanischen High-Tech-Sektors und später Standort für viele weitere erfolgreiche Unternehmen, die im Besonderen bei der Analyse der prominentesten Käufer von Start-Ups untersucht werden. Die Synonymisierung mit Technologie wird heutzutage durch viele Nachahmer deutlich, aktuell zum Beispiel vom "Silicon Saxony"8 oder dem "Silicon Valley of India".9 Die Strukturen, die in der frühen Historie erschaffen wurden, wirken noch bis heute nach und sind daher auch heute noch wichtig für den Innovations- und Unternehmergeist der Region.

2.1.2 Standortvorteile für Gründer

Die entscheidenden Faktoren, die zur heutigen Dichte an marktführenden High-Tech-Firmen im Silicon Valley führten, sind ebenso Voraussetzung für die hohe Rate an Gründungen von Start-Ups. Mehrere dieser Faktoren entwickelten sich mit der zunehmenden Größe des Wirtschaftsraumes, während hingegen andere der Bevölkerung und dem Standort selbst bereits inhärent waren.

Diese Elemente lassen sich hauptsächlich in Netzwerkeffekte, Infrastruktureffekte und Merkmale der Bevölkerung einteilen.

Netzwerkeffekte umschreiben die diversen positiven Effekte, die der Konzentration von Unternehmen und anderen Institutionen entspringen. Dazu gehören nach Lee et al. (2000)10 die tiefgehenden Kollaborationen zwischen Unternehmen und dem öffentlichen Sektor sowie gemeinnützigen Organisationen. Das Ziel dabei ist, die Region Silicon Valley gemeinsam zu unterstützen und sich gegenseitig auszutauschen, zum Beispiel in Form des jährlich erscheinenden "Silicon Valley Index". Kooperationen in Form von "Joint-Ventures" und genereller Wissensaustausch zwischen Unternehmen sollen Transaktionskosten senken und gemeinsame Standards schaffen. Noch wichtiger ist die Kollaboration des Bildungssektors mit der Industrie zu werten. Besonders der Einfluss der renommierten Universität Stanford ist hier zu erwähnen. Neben herausragenden akademischen Leistungen11, die mitentscheidend bei der Entwicklung technologischer Innovationen sind, ist vor allem die Vernetzung mit den ansässigen Unternehmen von Vorteil. Die exzellent ausgebildeten Absolventen werden häufig direkt von den ansässigen Firmen rekrutiert um ihre Expertise direkt in den Wirtschaftsstandort einzubringen. Für die Start-Up-Szene ist die Präsenz Stanfords von zentraler Bedeutung. 2000 lag der Anteil an Unternehmensgründern bei Stanford-Absolventen bei 24,6%12, davon gründeten mehr als ein Drittel ein Technologie-Start-Up. Die erwähnte enge Verknüpfung mit der Industrie sowie besonderer Fokus auf Entrepreneurship in den Lehrplänen sind Hauptgründe dafür, dass Unternehmen wie Google, Hewlett-Packard, Nike oder Yahoo! von Stanford-Alumni gegründet wurden.

Zusätzlich können Entrepreneure im Silicon Valley auf eine herausragende ökonomische Infrastruktur zugreifen. Die amerikanischen Gesetze und Regularien bezüglich Unternehmenssteuerung, Forschung und Entwicklung oder Insolvenzrecht begünstigen ein Klima, das Risikobereitschaft fördert und Scheitern toleriert.13 Nach Lee et al. (2000) kann sich das Silicon Valley, wie auch die USA generell, dadurch einen weltweiten Wettbewerbsvorteil durch diese "favorable rules of the game" sichern.14 Besonderen Erwähnungswert hat auch das breite Geflecht an spezialisierten, unterstützenden Unternehmen. Die Investments durch "Business Angels" (2014: $2,8 Mrd.) sowie durch spezialisierte Venture Capital- Unternehmen (2014: $3,3 Mrd)15 sind im Silicon Valley enorm und machen mehr als die Hälfte des gesamten US-Marktes aus. Technologie-Start-Ups können zudem auf die Dienste einer auf sie spezialisierten Beratungsbranche im Silicon Valley zurückgreifen. Neben Beratungen zu Unternehmenskäufen von Investmentbanken können sie sich auch auf rechtliche Beratung durch Anwaltskanzleien sowie auf diverse strategiespezifische Beratungen stützen.16

Charakteristisch sind auch die Merkmale der arbeitenden Bevölkerung im Silicon Valley. Ein außerordentlich hoher Lebensstandard, ein ergebnisorientierter Leistungswillen, sowie eine ethnische besondere Vielfalt führen zu einem hochgebildeten und mobilen Personal.17 Besonders die ethnische Vielfalt, hervorgerufen durch hohe Zuwanderungsraten, gibt der Region Zugang zu Ideen aus der ganzen Welt. Der Arbeitsmarkt ist dabei gekennzeichnet durch seine hohe Effizienz und Dynamik, Talente werden schnell mit der passenden Arbeitsstelle verbunden. In Kombination mit den erwähnten Netzwerken und Infrastrukturen legen diese Talente den Grundstock für ein ausgezeichnetes Humankapital.

Die Summe dieser Faktoren war ausschlaggebend bei der Entwicklung des Silicon Valley und muss daher bei der Betrachtung von heutigen Start-Ups weiterhin bedacht werden.

2.1.3 Das Silicon Valley im Jahr 2015

In einem Gebiet mit Fokus auf der sehr schnelllebigen High-Tech- Branche können ökonomische oder soziodemographische Trends erhebliche Einflüsse auf die Wohlstandsentwicklung haben. Die aktuellen wirtschaftlichen und demographischen Rahmenbedingungen prüfen die identifizierten Erfolgsfaktoren auf ihre Aktualität und sind daher für Entrepreneure von großer Bedeutung. Die ökonomischen Eckdaten des Silicon Valley im Jahr 2015 sind von mehreren Trends gekennzeichnet:

Zunächst ist das sehr hohe Arbeitsstellenwachstum der Region zu erwähnen. Mit einer Wachstumsrate von 4,1% (58.000 neue Stellen) im Jahr 2014 übertrifft das Silicon Valley bei weitem Kalifornien (2,5%) oder die gesamten USA (1,8%) im nationalen Vergleich.18 Außergewöhnlich ist zudem die Tatsache, dass die absolute Beschäftigung im Silicon Valley sowie in San Francisco die Beschäftigungslevel vor der Rezession ab 2008 bereits bei weitem übersteigt.19 Die Arbeitslosenquote liegt mit etwa 5% dabei schon seit Jahren unter dem nationalen Durchschnitt.20 Mit dem starken Wachstum geht auch die Einkommensentwicklung einher. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen im Silicon Valley liegt mit $75.100 weit über dem nationalen Durchschnitt ($45.526) und konnte zusätzlich in den letzten Jahren höhere Wachstumsraten vorweisen.21 Dieses Wachstum wurde jedoch primär von hochgebildeten Angestellten in höheren Gehaltsklassen getragen, was sich auch in einer vergleichsweise hohen Einkommensdisparität im Silicon Valley äußert.22

Neben ökonomischen Daten belegen auch aktuelle demographische Daten die immer noch außergewöhnliche Stellung des Silicon Valley:

Die Bevölkerung des Silicon Valley wächst stark (2015: 1,06%), was primär einer außerordentlich starken internationalen Zuwanderung zuzuschreiben ist.23 Einher geht eine überdurchschnittliche Vielfalt an Menschen, die im Ausland geboren wurden (36,8%)24, weswegen die Fremdsprachenkompetenz im Silicon Valley überaus hoch ist. Das Bildungsniveau der Bevölkerung ist im nationalen Vergleich ebenfalls beeindruckend. Während in den gesamten USA durchschnittlich 29% einen Bachelorabschluss oder höher haben, beträgt dieser Wert im Silicon Valley 47%.25 Naturwissenschafts- und Ingenieurfächer sind dabei besonders beliebt, was sich in immer höheren Abgängerzahlen widerspiegelt.26 Erwähnenswert ist zudem die besondere Stärke der Generation im Alter von 25-44. Im Silicon Valley allgemein, sowie besonders in San Francisco, ist diese Altersgruppe weitaus stärker vertreten als im Bundesdurchschnitt (30%, 39% vs. 26%).27

Bedenkliche demographische Merkmale sind, ähnlich wie bei ökonomischen Eckdaten, eine wachsende ethnische Disparität in der Bevölkerung. Das hohe Bildungsniveau ist vor allem auf weiße sowie asiatische Menschen zutreffend, während die hispanische und schwarze Bevölkerung dort unterrepräsentiert ist.28 Zudem ist das hohe Bevölkerungswachstum und Arbeitsstellenwachstum von der bereits erwähnten hohen Zuwanderungsrate abhängig. Die Geburtenrate der ansässigen Bevölkerung ist seit Jahren sinkend (-15,3% seit 2008).29 Es kann daher davon ausgegangen werden, dass das Wachstum des Silicon Valley signifikant schwächer werden würde, sollte sich die Zuwanderung verringern.

Zusammenfassend lässt sich mit diesen Daten ein akkurates Bild der durchschnittlichen Arbeitskraft im Silicon Valley zeichnen: Sie oder Er ist jung, überdurchschnittlich gebildet (vorherrschend in Natur- oder Ingenieurswissenschaften), hat mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Migrationshintergrund und arbeitet in einem wirtschaftlichen Umfeld, das von hohen Wachstum und einem sehr hohen Lohnniveau geprägt ist.

Obwohl die beunruhigenden Trends in Zukunft kritisch zu beobachten sind, bieten die beschriebenen Merkmale daher auch im Jahr 2015 noch exzellente wirtschaftliche Bedingungen und das Humankapital für eine erfolgreiche Unternehmensgründung.

2.2 Start-Ups im Silicon Valley

2.2.1 Größe und Innovationskraft der Gründerszene

Die Start-Up-Szene im Silicon Valley ist eine der größten und innovativsten der Welt. Für einen Überblick dieser Szene ist zunächst zu klären welche Unternehmen für die Analyse noch als Start-Up zählen, um dann im nächsten Schritt die Größe und Innovationskraft des Milieus anzunähern.

Im Allgemeinen bezeichnet man als Start-Up „junge, noch nicht etablierte Unternehmen, die zur Verwirklichung einer innovativen Geschäftsidee ... mit geringem Startkapital gegründet werden und i.d.R. sehr früh zur Ausweitung ihrer Geschäfte und Stärkung ihrer Kapitalbasis entweder auf den Erhalt von Venture- Capital ... oder auf einen Börsengang angewiesen sind."30 Die beiden Kernelemente sind demnach ein angestrebtes überproportionales Wachstum (häufig in Wachstumsfeldern wie der High-Tech-Branche) mithilfe von externen Kapitalgebern sowie ein geringes Alter des Unternehmens. Die Abgrenzung zu „etablierten" Unternehmen ist quantitativ kaum festzulegen und Diskussionsgegenstand in der Wissenschaft. Bezüglich der überproportionalen Wachstumsraten reichen dabei die gängigen Definitionen von mindestens 20% bis 30% Umsatzwachstum p.a., während von einem Alter von höchstens 6 Jahren bis hin zu 3 Jahren (von Businessplan zu IPO) ausgegangen wird.31 Im Silicon Valley bieten sich dank seiner einzigartigen Strukturen andere Möglichkeiten die Größe der Start-Up-Szene einzuordnen.

Eine Möglichkeit ist, die Daten der diversen ansässigen Venture-Capital- Unternehmen (oder Business Angels) zu nutzen, da per Definition ein Start-Up die häufige frühe Fremdfinanzierung durch diese Unternehmen ausmacht. Anbieter wie Mattermark, Inc.32 erstellen dabei fortlaufend aus den Daten von Venture- Capital-Unternehmen Verzeichnisse von Start-Ups in ihren verschiedenen Finanzierungsstadien („Pre-Series A“, „Series A,B,C“ und „Exited“).33 Die folgende Abbildung zeigt dabei die Menge an registrierten Start-Ups bei Mattermark, gegliedert nach Stadien.

[...]


1 Vgl. Joint Venture Silicon Valley, Silicon Valley Institute for Regional Studies (Hrsg.): 2015 Silicon Valley Index, 2015, S. 6.

2 Vgl. Ebd., S.7., im Folgenden wird San Francisco, wenn möglich, stets dem Silicon Valley zugerechnet.

3 Vgl. National Public Radio: The Birth Of Silicon Valley, 2012.

4 Vgl. Lee, Chong-Moon et al.: The Silicon Valley Edge, a habitat for innovation and entrepreneurship, 2000, S. 158-183

5 Vgl. Harvard Business School: Entrepreneur Profile: Arthur Rock, 2012.

6 Vgl. Lee, Chong-Moon et al.: The Silicon Valley Edge, a habitat for innovation and entrepreneurship, 2000, S. 183.

7 Computer History Museum: Silicon Valley, USA, Electronic News, 1971.

8 Siehe auch: Silicon Saxony e.V.: Silicon Saxony, The High-Tech Network, 2015.

9 Siehe auch: Canton: How the 'Silicon Valley of India' is bridging the digital divide, 2012.

10 Vgl. Lee, Chong-Moon et al.: The Silicon Valley Edge, a habitat for innovation and entrepreneurship, 2000, S. 10f.

11 Siehe auch: Stanford Nobel Laureates

12 Byers, Thomas et al.: The Impact of a Research University in Silicon Valley: Entrepreneurship of Alumni and Faculty, 2000, S. 11.

13 Vgl. Lee, Chong-Moon et al.: The Silicon Valley Edge, a habitat for innovation and entrepreneurship, 2000, S. 9.

14 Ebd., S. 7.

15 Joint Venture Silicon Valley, Silicon Valley Institute for Regional Studies (Hrsg.): 2015 Silicon Valley Index, 2015, S. 34-36.

16 Vgl. Lee, Chong-Moon et al.: The Silicon Valley Edge, a habitat for innovation and entrepreneurship, 2000, S. 276-341.

17 Vgl. Ebd. S. 46-58.

18 Vgl. Joint Venture Silicon Valley, Silicon Valley Institute for Regional Studies (Hrsg.): 2015 Silicon Valley Index, 2015, S. 16.

19 Vgl. Ebd., S. 17.

20 Vgl. Ebd., S. 19.

21 Vgl. Ebd., S. 22.

22 Vgl. Ebd., S. 28.

23 Vgl. Ebd., S. 11.

24 Vgl. Joint Venture Silicon Valley, Silicon Valley Institute for Regional Studies (Hrsg.): 2015 Silicon Valley Index, 2015, S. 15.

25 Vgl. Ebd., S. 13.

26 Vgl. Ebd., S. 14.

27 Vgl. Ebd., S. 11.

28 Vgl. Ebd., S. 13.

29 Vgl. Ebd., S. 12.

30 Springer Gabler Verlag (Hrsg.): Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Start-Up-Unternehmen.

31 Vgl. Heinrichs, Nicolas: Bewertung von Wachstums-und-Startup-Unternehmen, 2008, S. 20f.

32 Siehe auch: Mattermark Database

33 Siehe auch Newton, David: Understanding the Financing Stages, 2001. Mattermark kategorisiert dabei Finanzierungslevel ab $750.000 bis $20 Mio. als „Series A-C“, ab $20 Mio. als „Late"

Ende der Leseprobe aus 49 Seiten

Details

Titel
"To sell or not to sell?". Eine kritische Analyse der Start-Up-Akquisitionen durch größere Unternehmen im Silicon Valley
Hochschule
Frankfurt School of Finance & Management
Note
1,8
Autor
Jahr
2015
Seiten
49
Katalognummer
V365507
ISBN (eBook)
9783668450387
ISBN (Buch)
9783668450394
Dateigröße
1292 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
analyse, start-up-akquisitionen, unternehmen, silicon, valley, Verkaufsgründe, Kaufgründe
Arbeit zitieren
Christian Tschäbunin (Autor:in), 2015, "To sell or not to sell?". Eine kritische Analyse der Start-Up-Akquisitionen durch größere Unternehmen im Silicon Valley, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/365507

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