Soziale Interaktion von Mädchen der steilshooper Mädchengruppe. Ein Forschungsdesign.

Follow the Conflict


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

27 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


1 Einleitung
,,DA WOHNST DU? ... werden Steilshooper immer wieder mit einem entsetzten
Unterton gefragt. Ja, wir wohnen in Steilshoop ­ und die meisten von uns wohnen
gerne hier."
1
Mit diesen Aussagen nehmen steilshooper Anwohner häufig Bezug auf das
negative Fremdbild des Hamburger Stadtteils, welches nicht zuletzt durch einen
hohen Migrationsanteil unter der Bevölkerung, Kriminalität und soziales Chaos
gekennzeichnet ist. Ähnliche Fremdzuschreibungen bestanden in den 1930er
Jahren im Bostoner Stadtteil North End, welches größtenteils von italienischen
Immigranten bewohnt wurde, eine hohe Bevölkerungsdichte und höhere
Kriminalitätsrate als in anderen Stadtteilen aufwies und dem Fremdbild zufolge
die Anwohner im Chaos lebten. William Foote Whyte führte 1937-1940 eine
Studie in eben diesem Stadtteil durch, um die Sozialstruktur von North End
darzustellen. Die soziologische Fallstudie Street Corner Society
2
zeichnet sich
durch eine flexible Forschungsstrategie und unstrukturierte, offene teilnehmende
Beobachtung aus.
Whyte beschreibt den Aufbau, die Organisation, Aktivitäten
und Wertvorstellungen der Straßengangs und geht auf das Verzahnungsproblem
von North End mit der restlichen Gesellschaft ein. Im Fokus seiner
Untersuchungen stehen insbesondere männliche Jugendliche mit
Migrationshintergrund. Das so entstandene Portrait des Viertels ist zwar komplex,
jedoch nicht holistisch, da Frauen nur am Rande auftreten. Die Frage nach der
weiblichen Lebenswelt, des Alltages und der Struktur in sozialen Gruppen wird
nicht behandelt, sodass mit dieser Arbeit eine Anknüpfung an die aktuelle
Thematik der Migrations- und Anpassungsprozesse und Bildung von lokalen
Kulturen mit Fokus auf die weibliche Perspektive unternommen wird. Im
Folgenden wird ein Forschungsdesign erstellt, welches sich auf Akteure des
Stadtteils Steilshoop bezieht. Genauer soll es um eine Mädchengruppe des Haus
der Jugend Steilshoo gehen. Einige der Gruppenmitglieder mit
Migrationshintergrund müssen durch elterliche Konventionen ihre sozialen
Interaktionen im Alter von etwa 12 Jahren stark limitieren, sodass die
1
1
Vorbereitungsgruppe 40 Jahre Steilshoop: eine Kooperation aus Koordinierungs- konferenz,
Stadtteilbeirat und Stadtteilbüro der Lawaetz-Stiftung Steilshoop: 40 JAHRE STEILSHOOP.
Festbroschüre zum Stadtteiljubiläum, Hamburg 2009. URL:http://www.hamburg-hohenhorst.de/
steilshoop/wordpress/wp-content/uploads/2009/12/40-jahre-kleiner.pdf (04.01.2014).
2
Whyte, William Foote: Die Street corner society: die Sozialstruktur eines Italienerviertels. Berlin
1996.

Mädchengruppe zur z.T. einzigen Möglichkeit auf soziale Interaktion wird.
Untersucht werden soll, welche connections sich zu diesem Konflikt auftun, in
welcher Verbindung diese zum Konflikt stehen und welchen Einfluss sie auf ihn
haben. Die sich durch informelle Gespräche ergebenen connections werden nach
dem Konzept des follow the conflict nach George E. Marcus untersucht. Um
empirisches und theoretisches Vorgehen zu konkretisieren, beschränkt sich dieses
Forschungsdesign auf einige connections, obwohl sich bei umfangreicher
Untersuchung sicherlich noch witere Verbindungen auftun würden. Zur
Einordnung dieses Phänomens, wird zunächst der Stadtteil hinsichtlich seines
Selbst- und Fremdbildes dargestellt, bevor das Selbstverständnis und Klientel des
Haus der Jugend (im Folgenden HdJ) präsentiert wird. Die Mädchengruppe wird
hinsichtlich ihrer Zusammensetzung, Aktivitäten und des Konflikts untersucht,
bevor ein konkretes Forschungsdesign entworfen wird. Hier wird diskutiert,
inwiefern die Multi-sited-etnography und das Prinzip des follow the conflict hier
greift bzw. wo die Grenzen liegen. Die Connections werden bezüglich relevanter
Fragestellungen vorgestellt, weiter werden als geeignet erscheinende Methoden
angeführt und sich möglicherweise ergebende theoretische Ansätze vorgestellt.
2 Hintergrundinformationen zum Untersuchungsgegenstand
2.1 Der Stadtteil Steilshoop
Steilshoop ist ein sich im Bezirk Wandsbek befindender Stadtteil mit einer Fläche
von 2,5 Quadratkilometern
3
und 19306 Anwohnern. Davon sind 19,3%
minderjährig (i.V. 15,6% in HH). Der Ausländeranteil liegt bei 19,3% (i.V. 13,7%
in HH). Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund liegt bei 43,3%
wesentlich über dem hamburger Durchschnitt (29,2%). Der Anteil der unter 18-
Jährigen mit Migrationshintergrund liegt bei 62,6% (i.V. zu 44,8% in HH).
4
Die
Arbeitslosigkeit lag im Juni 2012 bei 9,1% (i.V. 5,9% in HH). 52,9% der
steilshooper Wohnungen sind Sozialwohnungen (i.V. 11,0% in HH). Hinsichtlich
der Kriminalität liegt Steilshopp jedoch unter dem Hamburger Durchschnitt: auf
2
3
N.N.:Hamburg erkunden. Steilshoop ­ mehr als nur Hochhäuser ­ Sportvereine stehen hoch im
Kurs. URL: http://www.hamburg.de/steilshoop/ (06.01.2014).
4
Für Begriffserläuterungen zu ,,Ausländer/innen", ,,Migrant(en)innen" und ,,Personen mit
Migrationsanteil" des Statistischen Bundesamtes siehe Anhang, VII.

1.000 Menschen kommen 104 Straftaten (i.V. 130 in HH).
5
Nicht zuletzt aufgrund
seiner Großwohnsiedlungen
6
ist Steilshoop mehrfach Untersuchungsgegenstand
von diversen Studien.
7
Großwohnsiedlungen, wie sie in Neu-Steilshoop
anzutreffen sind
8
, gelten trotz des hohen planerischen Anspruchs als
Modernisierungsverlierer. Schon kurz nach ihrer Entstehung sind sie als soziale
Brennpunkte und aufgrund von unzureichenden Ausstattungen mit
Infrastruktureinrichtungen in Verruf geraten. Diese Entwicklung trifft zwar auf
einige Großwohnsiedlungen zu, dennoch zeichnet das Beispiel Steilshoop aus,
dass es seit 2000 aus den städtebaulichen Sanierungen entlassen ist, in jedem
Wohnblock Gemeinschaftseinrichtungen, eine ausgeprägte soziale Infrastruktur
und konträr dazu eine wenig ausgebildete wirtschaftliche Struktur besteht
(Fiedelmeier 2007: iii, 31, 57). Ein Blick auf die mediale Darstellung zeigt
oftmals eine Negativdarstellung des Stadtteils aufgrund des hohen
Migrationsanteils, mangelnder kultureller Angebote und wirtschaftlichen Struktur.
9
Ellen Fiedelmeier stellt in ihrer Untersuchung zu Steilshoop fest: ,,Aufgrund von
sozialräumlichen Segregationsprozessen häufen sich hier sozial, ethnisch und
ökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen." (Fiedelmeier 2007:29).
Ortsansässige Institutionen nehmen bereits auf ihren Homepages Bezug auf
vorhandene Probleme
10
und positionieren sich gegen das Fremdbild.
11
In der
Festbroschüre des 40 jährigen Bestehens Steilshoop wird ein positives Selbstbild
h e r g e s t e l l t , a r g u m e n t i e r t w i r d h i e r m i t d e n n a c h b a r l i c h e n
Kommunikationserlebnissen. Ähnliche Ansichten kamen auch in den von mir
geführten Gesprächen mit Sozialpädagogen des HdJ auf; hier wurde ein
Eigenverständnis der Steilshooper vom Stadtteil als Dorf und Einheit entstehen
3
5
Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein Anstalt des öffentlichen Rechts.
Hamburger Stadtteil-Profile 2012, Band 13 der Reihe ,,NORD.regional". URL: http://
www.statistik-nord.de/uploads/tx_standocuments/NR13_Stadtteil-Profile_2012.pdf (05.01.2014).
6
Für Begriffserläuterung zu ,,Großwohnsiedlung" von Ellen Fieldelmeier siehe Anhang, VII.
7
Z.B. Fiedelmeier, Ellen: ,,In Zivil". Auf dem Wege zu einer zivilgesellschaftlich getragenen
Stadtteilentwicklung in Großwohnsiedlungen- Am Beispiel Hamburg-Steilshoop. Hamburg 2007.
Hartenstein, Wolfgang: Vergleichende Untersuchung von vier Hamburger Großsiedlungen:
Bewertung von Mängeln und Maßnahmen durch Experten und Bewohner in den Großsiedlungen
Osdorfer Born, Steilshoop, Mümmelmannsberg und Kirchdorf-Süd. Bonn- Bad Godesberg 1990.
8
Siehe Abb.1 im Anhang, IX.
9
Z.B. N.N.: Bramfeld und Steilshoop. URL:http://www.hamburg.de/stadtteile/wandsbek/4712/
bramfeld-und-steilshoop.html (04.01.2014).
10
Z.B. N.N.: Steilshooper Stadtteilinitiative, Was machen wir? URL: http://www.wir-
steilshooper.de/index.php/ueber-uns (30.01.2014).
11
N.N.: EKZ Steilshoop, Steilshoop überraschend anders. URL: http://www.ekz-steilshoop.de/
index.php?idcat=7 (04.01.2014).

lassen. Diese Vorstellung wird in der Form auch von Fiedelmeier benannt, die
zudem ein Ungleichgewicht zwischen harten und weichen Ressourcen mit Stärke
in den weichen Ressourcen wie Kommunikation und Kreativität des Stadtteils,
sowie geringe Bezüge zum hamburger Umfeld ausmacht (Fiedelmeier 2007: 105).
Festzuhalten ist, dass Fremd- und Selbstbild hier auseinanderdriften. Fiedelmeier
verweist auf empirische Studien, die trotz des negativen Fremdbildes von
Großwohnsiedlungen eine hohe Wohnzufriedenheit der Bewohner aufweisen
(Fiedelmeier 2007:31).
2.2 Das Haus der Jugend Steilshoop
Das HdJ ist eine kommunale Einrichtung für Jugendliche und eines von fünf
weiteren HdJ´s im Bezirk Wandsbek.
12
Es wurde 1973 gegründet
13
, besteht aus
sieben Sozialpädagogen und befindet sich im Gropiusring 43 an die Gesamtschule
Steilshoop gegliedert.
14
Eben diese räumliche und kooperative Nähe zu der Schule
machen dieses HdJ zu einem vielbesuchten Ort der Jugendlichen in Steilshoop.
Das HdJ versteht sich als eine ,,familienergänzende Einrichtung der offenen
Kinder- und Jugendarbeit und Jugendbildung", dessen Auftrag es ist, ,,Kinder und
Jugendliche bei aktiver und sozial sinnvoller Freizeitgestaltung zu fördern und zu
begleiten, ihnen Angebote zur kulturellen und politischen Bildung bereitzustellen
sowie mit pädagogischem Wissen vermittelnd und beratend an der Bewältigung
von Problemen und der Lebensplanung der Kinder und Jugendlichen
mitzuwirken."
15
Es wird betont, dass bei der Umsetzung der Angebote ,,besonders
auf unterschiedliche Lebenslagen von Mädchen und Jungen sowie Jugendlichen
ausländischer Herkunft, auf deren gleichberechtigte Förderung" geachtet wird.
16
Gespräche mit den Sozialpädagogen ergaben, dass es mehr als 25
Interessengruppen gibt, bei denen es oftmals nicht um die angebotene Aktivität
geht, sondern diese lediglich als Medium zur Kommunikation fungiert. Beide
4
12
N.N.: Der Hamburger Jugendserver. URL: http://www.jugendserver-hamburg.de/?
RUB_ID=31&NAV_ID=366 (07.01.2014).
13
Harnisch, Susa/ Wallat, Helga: Kinder- und Jugendkultur in der Kinder- und Jugendarbeit
Muss das sein, kann das sein und wenn wie? In: FORUM für Kinder und Jugendarbeit 3/2009, S.
1 0 . U R L : h t t p : / / w w w . k i n d e r - u n d j u g e n d a r b e i t . d e / f i l e a d m i n / d o w n l o a d
3_2009_FORUM_Wallat_Harnisch.pdf (07.01.2014).
14
Siehe Abb.2 im Anhang, IX.
15
N.N.: HdJ Steilshoop, Über uns. URL: http://www.hdj-steilshoop.de/ueberuns/ueberuns.html
(07.01.2014).
16
Ebd.

Mitarbeiter betonten, dass das HdJ eine sehr wichtige Rolle im Leben der
Jugendlichen einnimmt, welche überwiegend aus dem Stadtteil kommen. ,,Die
Hauptzielgruppe sind Kinder und Jugendliche im Alter von 10 - 18 Jahren", die zu
ca. 60% aus männlichen und 40% aus weiblichen Besuchern besteht. Eine
Mitarbeiterin schätzte den Migrationsanteil bei 50%.
17
2.3 Die Mädchengruppe des Haus der Jugend
Die wöchentlich stattfindenden Mädchengruppe hat eine durchweg weibliche
Zusammensetzung und besteht aus Mädchen im Alter von 10 bis 14 Jahren und
wird von meiner Gesprächspartnerin geleitet. Sie erzählte mir, dass die Mädchen
das Bedürfnis nach gegenseitigem Austausch haben und daher während der
gemeinsamen Zeit hauptsächlich Gespräche über ihre Gefühle führen. Viele der
Mädchen kennt die Sozialpädagogin seitdem sie klein sind und hat daher
Entwicklungen bezüglich der sozialen Interaktionsmöglichkeiten der Mädchen
mitverfolgen können.
3 Forschungsdesign ,,follow the conflict"
3.1 Multi- sited-etnography und das Prinzip des follow the conflict
Der Begriff der Multi-sited-etnography
18
geht auf George E. Marcus zurück und
meint die Ausweitung der Methoden der stationären Feldforschung auf
verschiedene Schauplätze kulturellen Geschehens.
19
Mit seinem reformativen,
interdisziplinär verbreitetem Konzept hat Marcus Veränderungsperspektiven
ausgesprochen, wie in Zeiten der Globalisierung Ethnografie sinnvoll betrieben
werden kann.
20
Da es sich bei dem vorliegenden Forschungsthema um ein von
5
17
G e s p r ä c h m i t S o z i a l p ä d a g o g i n d e s H d J a m 3 1 . 0 1 . 2 0 1 4 .
N.N.: Hdj Steilshoop, Zielgruppen. URL: http://www.hdj-steilshoop.de/ueberuns/zielgruppe.html
(07.01.2014).
18
Das Konzept wurde durch Autoren wie Ghassan Hage (2005) und Matei Candea (2007)
aufgrund seiner Anwendung auf Themenkomplexe, bei welchen sich die konventionelle
Feldforschung mehr eignen würde (Vgl. Falzon, Mark-Anthony: Introduction: Multi-sited
Ethnography: Theory, Praxis and Locality in Contemporary Research. In: Falzon, Mark-Anthony:
Multi-sited Ethnography: Theory, Praxis and Locality in Contemporary Research, Farnham/
Ashgate 2009, S. 1-24, hier. S.2f.), sowie der Idee des modernen Holismus kritisiert. Weiter wird
das Fehlen der dichten Beschreibung (Vgl. Falzon 2009:7) und der Ausdruck following, der die
Vorstellung beinhaltet, dass das Feld bereits existiert (Vgl.Falzon 2009:10) bemängelt.
19
Vgl. Weißköppel, Cordula: Kreuz und Quer. Zur Theorie und Praxis der ,,multi-sited-
ethnography". In: Zeitschrift für Ethnologie. Bd. 130/1, Berlin 2005 S. 45-68, hier: S.45.
20
Vgl. Ebd. S.55.
Vgl. Marcus, George E.: Ethnography in/of the world system: The emergende of Multi-Sited
Ethnography. In: Department of Anthropology, Rice University, Houston, Texas 77251 1995, S.
95-117, hier: S.98.

Globalisierungsprozessen beeinflusstes Feld (kulturell
21
bzw. religiös bedingte
Weltansichten treffen durch Migration der Eltern nach Deutschland mit denen in
Schule und HdJ vermittelten zusammen und lassen bei den Mädchen einen
Konflikt
22
entstehen) handelt, bietet sich das Forschen mit dem mulit-sited
Konzept besonders an.
,,Kultur ist nicht fixiert auf Orte, sondern als potenziell mobile, weil kognitiv und
interaktiv einzubringende Ressource des Denkens und Handelns zu betrachten, die
an ganz unterschiedlichen Stellen und Plätzen und ebenso durch unterschiedliche
Medien zum Einsatz kommen kann oder zur Schau gestellt, inszeniert wird."
23
Eben dieses Nichtfixiert-Sein auf physische Orte, sondern vielmehr die breite
Bandbreite an Forschungsstrategien, mit denen man sich durch mehrere Orte der
kulturellen Bedeutungsproduktion bewegt sind hier elementar.
24
Das
Forschungsdesign beinhaltet daher auch kein follow the conflict im Sinne des
Hinterherreisens, wie es beispielsweise Cordula Weißköppel bei der Untersuchung
sudanesischer Diaspora in Deutschland tat
25
. Vielmehr lässt sich am Fall der
Mädchengruppe eine multi-sitedness durch den Blick auf die sich ergebenden
connections ausmachen.
26
Trotz der Debatte um die Auslegung des Begriffs site,
konzentriert sich das hiesige Forschungsdesign nicht auf mehrere, weit
auseinander reichende physische Orte, sondern orientiert sich an dem
Auslegungskonzept des ,,siting" nach Gisela Welz- dem nicht notwendigerweise
6
21
Kulturell bzw. Kultur wird hier im Sinne von hybriden Gebilden, deren Konturen immer
unschärfer werden und keine Einheiten mehr sind nach Welz verwendet. (Vgl. Welz 2009: 205).
22
Laut Duden meint die Bezeichnung Konflikt: ,,durch das Aufeinanderprallen widerstreitender
Auffassungen, Interessen o. Ä. entstandene schwierige Situation, die zum Zerwürfnis führen
kann" (Duden: URL:http://www.duden.de/rechtschreibung/Konflikt 10.02.2014). An dieser
Definition orientiere ich mich ebenso, wie an den Aussagen von Georg Elwert. Konflikt wird hier:
,,nicht als etwas Chaotisches, Störendes und Irreguläres ansehen, sondern als Etwas, das ­ obwohl
unerwünscht ­ in mehr oder weniger eng gefassten und für jede Gesellschaft spezifischen Bahnen
verläuft." (Elwert, Georg: Herausforderung durch das Fremde ­ Abgrenzung und In- korporation
in zwei westafrikanischen Gesellschaften unter wechselnden evolutiven Bedingungen, Berlin
2001. In: Fikentscher, Wolfgang (Hg.): Begegnung und Konflikt­ eine kulturanthropologische
Bestandsaufnahme ­, München 2001, S. 132-144, hier: S. 140) verstanden. Ob überhaupt ein
Konflikt vorliegt, liegt im Auge des Betrachters. Meine Vorstellung des Konfliktes basiert auf dem
Interview mit der Betreuerin der Mädchengruppe, welche die Situation der Mädchen als Konflikt
bezeichnete.
23
Weißköppel 2005:49f..
24
Falzon widerspricht der Annahme, der Begriff site ließe sich auch als Perspektive und nicht
notwendigerweise als Ort deuten. Er vertritt die Ansicht, dass dies zu einfach und kontraproduktiv
sei (Vgl. Falzon 2009:2,13).
25
Weitere Studien nach dem follow the conflict Prinzip wurden von J. Gaines (1991), F. Ginsburg
(1989), A. Sarat (1993) und Joanna Cook, James Laidlaw, Jonathan Mair (2009) durchgeführt.
26
Ähnliches methodisches Vorgehen durch Beleuchtung des Geschehen aus verschiedenen
Perspektiven, ohne die Forschung auf weit voneinander entfernte Ort zu verlagern:
Rulfs, Monika: Stresemannstraße
:P
rotest und Verkehrspolitik nach einem Unfall ­ ethnologische
Untersuchungen im Stadtteil, Hamburg 2002.

ortsgebundenem Ort.
27
Um die als zentraler Punkt geltenden connections
auszumachen, braucht es nach Marcus ,,mehr eines assoziativen Vorwärtstastens
als der systematischen Durchführung bewährter Verfahren."
28
Konkret bedeutet
dies zu schauen, welche Bedeutungs-Vernetzungen die Akteure dem Forscher
nahelegen. Zur Feststellung der connections dienten zwei informelle Gespräche
mit Sozialarbeitern des HdJ, ein Wahrnehmungsspaziergang durch Steilshoop, ein
weiteres informelles Gespräch mit einer jungen Frau, die sich in ihrer Jugend in
ähnlichen Konflikten, wie dem hier behandelten befand, sowie die Erstellung
einer Mind Map, welche weitere Verästelungen zu den connections, die hier nur
am Rande Eingang finden, aufzeigte.
3.2 Connections
Trotz der Prämisse der multi-sited ethnography, Konturen, Orte und Beziehungen
des Forschungsobjektes seien vor Forschungsbeginn nicht klar definiert, stelle ich
konkrete connections zum oben genannten Konflikt vor, um klar zu machen, wie
eine Studie zum hiesigen Untersuchungsgegenstand aussehen kann. Dabei werden
die unterschiedlichen connections unterschiedlich intensiv behandelt. Eine sich an
diesen connections orientierende Studie folgt der von Stefan Hirschauer
postulieren Methodenoffenheit.
29
Erste relevante Forschungsfragen zu dem
Stadtteil thematisieren die Lebensbedingungen seiner Anwohner, die Rolle von
Nachbarschaft und sozialer Kontrolle, sowie die Frage nach vorhandenen Selbst-
und Fremdbildern. Um Informationen bezüglich der Lebensbedingungen in
Steilshoop zu generieren, bietet sich zum einen die Recherche mit Daten des
Statistischen Bundesamtes an. Hier können grundlegende Tendenzen zur Größe
des Wohnraums, dem Zustand und der Ausstattung der Wohnungen, kulturellen
Angeboten, Sporteinrichtungen, Möglichkeiten zur (Weiter-)Bildung, sowie
Verkehrsanbindungen u.a. ausgemacht werden. Im zweiten Schritt können
Gruppeninterviews mit Anwohnern geführt werden, die oben genannte Aspekte
7
27
Vgl. Welz, Gisela: ,,Sightseeing/Siting globalization". Gegenstandskonstruktionen und
Feldbegriff einer ethnographischen Globalisierungsforschung. In: Sonja Windmüller; Beate
Binder, Thomas Hengartner (Hg.): Kultur- Forschung. Zum Profil einer volkskundlichen
Kulturwissenschaft, Münster 2009, S. 195-210, hier: S.196.
28
Weißköppel 2005: 52.
29
Vgl. Hirschauer, Stefan: Die Empiriegeladenheit von Theorien und der Erfindungsreichtum der
Praxis. In: Kalthoff, Herbert, Stefan Hirschauer und Gesa Lindemann (Hg.): Theoretische Empirie:
zur Relevanz qualitativer Forschung, Berlin 2008, S. 165-187.
Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Soziale Interaktion von Mädchen der steilshooper Mädchengruppe. Ein Forschungsdesign.
Untertitel
Follow the Conflict
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Volkskunde/ Kulturanthropologie)
Note
1,3
Jahr
2014
Seiten
27
Katalognummer
V376178
ISBN (eBook)
9783668537156
ISBN (Buch)
9783668537163
Dateigröße
3521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ethnographisches Arbeiten: Theorien und Methoden, Multi-sited-etnography, George E. Marcus, Street Corner Society, William Foote Whyte, Stadtteil, Jugendliche Forschungsdesign, lokalen Kultur Migration
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Soziale Interaktion von Mädchen der steilshooper Mädchengruppe. Ein Forschungsdesign., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376178

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