Auslandsadoptionen. Motive, Vermittlung, Eignung


Hausarbeit, 2009

15 Seiten


Leseprobe


Einleitung
Diese Hausarbeit setzt sich mit der Thematik der Auslandsadoptionen, den Motiven dafür,
dem Vermittlungsprozess und dessen rechtlicher Grundlage und den Voraussetzungen, die die
Adoptionsbewerber erfüllen müssen, auseinander.
Immer wieder wurde dem Thema Auslandsadoption in den letzten Jahren größte Aufmerk-
samkeit durch die Medien geschenkt, da sich die Aufnahme von Kindern aus osteuropäischen
und Dritte Welt- beziehungsweise Entwicklungsländern in die Familie unter wohlhabenden
Prominenten scheinbar wachsender Beliebtheit erfreut. Doch wie häufig kommt es zu Aus-
landsadoptionen bezogen auf Deutschland? Warum entscheiden sich Menschen dazu, ein
Kind aus einem anderen Land zu adoptieren? Existieren rechtliche Grundlagen für Adoptio-
nen auf internationalem Gebiet und wenn ja, welche? Welche Verfahrensgänge gibt es bei
Auslandsadoptionen? Und ist es möglich, dass sich, wie es in den Berichterstattungen der
Medien häufig den Eindruck erweckt, ein Jeder, der über die nötigen finanziellen Mittel ver-
fügt, ein Kind aus dem Ausland ,,besorgen" kann oder müssen die Adoptionsbewerber weitaus
mehr Bedingungen erfüllen? Diese Hausarbeit soll aufzeigen, welche komplexen Vorgänge
und Bedingungen tatsächlich hinter dieser aktuellen Thematik stecken.
Im ersten Teil dieser Arbeit werde ich zunächst einen Überblick darüber geben wie verbreitet
die Adoption ausländischer Kinder in Deutschland ist, um ein Bild von der aktuellen Situation
zu machen. Anschließend setze ich mich mit den Motiven der Adoptionsbewerber, ein Kind
aus dem Ausland zu adoptieren, auseinander, um nachvollziehbar zu machen, warum sie diese
Entscheidung treffen. Im darauffolgenden Teil geht es um die Vermittlung von Auslandsadop-
tionen, wobei ich zunächst in die rechtlichen Grundlagen, genauer gesagt auf das Haager
Übereinkommen, und danach in die Verfahrensgänge sowohl in Vertrags- als auch in Nicht-
Vertragsstaaten bei Auslandsadoptionen einführe. Im Anschluss daran werde ich herausarbei-
ten, worum genau es sich bei der Eignungsüberprüfung handelt und welche Anforderungen an
die Bewerber gestellt werden, um ein Kind aus dem Ausland zu adoptieren.
Abschließend werde ich im Resümee die Ergebnisse dieser Arbeit zusammenfassen und ver-
suchen mich kritisch mit diesen auseinanderzusetzen.
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1. Auslandsadoptionen
1.1 Zahlen und Fakten zu Auslandsadoptionen
In der Bundesrepublik Deutschland sind die Zahlen adoptierter Kinder aus dem Ausland in
den letzten Jahren gestiegen. Von den 2.370 durch Nichtverwandte abgeschlossenen Adoptio-
nen im Jahr 2000 wurden die Kinder in 632 Fällen zum Zweck der Adoption aus dem Ausland
nach Deutschland geholt. Der Großteil dieser Kinder stammt aus Europa (48,7%), davon al-
lerdings 32,1% ausschließlich aus osteuropäischen Ländern. An zweiter Stelle stehen Adop-
tivkinder asiatischer Herkunft, hier beträgt die der Anteil an der Gesamtgruppe der adoptierten
Kinder 28,5%. Den dritten Rang nehmen, neben den westeuropäischen Ländern (16,6%), süd-
amerikanische Länder mit mit fast zwölf Prozent ein. Die afrikanischen Adoptivkinder folgen
mit fast zehn Prozent. Aus den USA und übrigen Teilen der Erde stammt der geringste Anteil
der Kinder (ca. 2%). Nicht alle dieser Kinder sind aus dem Ausland nach Deutschland geholt
worden, teilweise resultieren diese Zahlen daraus, dass die abgebenden Mütter mit ausländi-
scher Herkunft in Deutschland leben und ihre Kinder in der BRD zur Adoption freigeben,
oder diese Kinder werden von in Deutschland lebenden Verwandten aus dem Ausland geholt
und adoptiert. Dennoch zeigt die oben genannte Zahl aus dem Jahr 2000, dass zu jenem Zeit-
punkt bereits ungefähr ein Viertel aller Adoptionen in Deutschland Kinder aus dem Ausland
betrafen (vgl. Lange 2003, S. 34ff).
1.2 Hintergründe und Motive der Adoptionsbewerber
Die Adoption von ausländischen Kinder ist in Deutschland, wie die vorher beschriebenen
Zahlen zeigen, relativ verbreitet. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, welche
Motive der Entscheidung zur Adoption eines Kindes aus dem Ausland zugrunde liegen.
In früherer Zeit spielten hier besonders altruistische Motive, also der Wunsch, Kindern aus be-
nachteiligten Ländern ein besseres Leben zu ermöglichen, eine sehr große Rolle. In der heuti-
gen Zeit ist der Hauptgrund für die Bewerbung um eine Adoption aus dem Ausland der
Wunsch, eigene Kinder zu haben. In diesem Zusammenhang spielt die Unfruchtbarkeit die
wichtigste Rolle. Ehepaare, die sich eine Kind wünschen, denen dies aber auf natürlichem
Weg nicht gelingt, sehen ihre letzte Hoffnung häufig in der Adoption eines Kindes.Wenn diese
Paare feststellen, dass der Kinderwunsch auch mit medizinischer Hilfe nicht zu realisieren ist,
stellt sich in der Regel der Wunsch ein, ein Kind zu adoptieren. In der Zeit zwischen dem
Realisieren, dass man keine Kinder bekommen kann und der Entscheidung, ein Kind zu adop-
tieren, wird von den Paaren häufig zunächst die Kinderlosigkeit verarbeitet. Diese Verarbei-
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tung der Kinderlosigkeit hat letztendliche auch eine große Bedeutung für den Adoptionser-
folg, also der Adoptionszufriedenheit, der Beschreibung des Familienklimas, das Selbstkon-
zept des Adoptivkindes, dessen Sympathie gegenüber der Herkunftsfamilie und dessen Ge-
sprächsbereitschaft über die Herkunftsfamilie. Diese Vorgänge gelten für Inlands- wie auch
für Auslandsadoptionen, wobei sie bei letzterem eine noch größere Rolle spielen könnten, da
hier oft auch nach außen erkennbar ist, dass das Kind adoptiert ist. Dadurch sind die Eltern
und vor allem auch das Kind häufig erhöhten Anforderungen, wie zum Beispiel kritischen
Fragen und rassistischen Anfeindungen, ausgesetzt. Die Adoptiveltern können nur dann voll
hinter ihrem adoptierten Kind stehen, wenn sie die Tatsache, kein leibliches Kind bekommen
zu können, gut verarbeitet haben (vgl. Lange 2003, S.12ff).
Nur ein geringer Anteil der ungewollt kinderlosen Paare adoptiert ein Kind, lediglich die Paa-
re, die sich nicht ihrem Schicksal fügen wollen und der Meinung sind, einem Adoptivkind
einen idealen Rahmen (sowohl auf materieller, als auch auf pädagogisch-emotionaler Ebene)
bieten zu können, entschließen sich, eine Vermittlungsstelle aufzusuchen. Die Adoptionsbe-
werber stammen überwiegend aus der Mittel- und Oberschicht, was daran liegen könnte, dass
in diesen Schichten, aufgrund der längeren Schul- und Ausbildungszeit, Kinderlosigkeit häufi-
ger auftritt, als in niedrigeren Schichten, in denen oft, aufgrund der kurzen Schul- und Ausbil-
dungszeit, früher mit dem Kinderkriegen begonnen wird. Denn im höheren Alter ist das Risi-
ko für Infertilität erhöht (vgl. Lange 2003, S. 21ff).
Ein weiterer Grund, warum die Adoptionsbewerber, die sich für die Adoption eines fremdlän-
dischen Kindes entscheiden, in der Regel mindestens der gehobenen Mittelschicht an gehören,
liegt darin, dass hier die soziale Selektion der Bewerber noch ausgeprägter ist, als bei einer In-
landsadoption.Außerdem bietet die Auslandsadoption mehr Möglichkeiten, sich aktiv in den
Vermittlungsprozess einzubringen. Es werden z.B. ,,Kontakte geknüpft, Telefongespräche ins
ferne Ausland getätigt, Urkunden übersetzt und vieles mehr" (Lange 2003, S. 23). Auch für
die speziellen Prozesse der Auslandsadoptionsvermittlung sind die für die Mittel- und Ober-
schicht typischen Eigenschaften (die finanziellen Mittel, die Durchsetzungskraft, der Umgang
mit Problemen etc.) vorteilhaft. Dieser aufwändige Prozess der Auslandsadoption hat positive
Auswirkungen auf die grundsätzliche Einstellung gegenüber der Adoption; die Eltern können
diese, aufgrund ihrer vielen Bemühungen, stärker bejahen, als Eltern einheimischer Adoptiv-
kinder. Der altruistische Aspekt der Auslandsadoptionen, also einem benachteiligten Kind ein
besseres Leben zu ermöglichen, kann außerdem eine Art Entschädigung für den unerfüllten
Wunsch nach leiblichen Kindern sein (vgl. ebd.).
Ein weiterer, sehr wichtiger Faktor, der bei der Entscheidung für die Adoption eines ausländi-
schen Kindes großen Einfluss hat, ist der, dass die Chancen auf die Adoption eines Säuglings
oder Kleinkindes in Deutschland sehr gering sind. Das liegt daran, dass, im Jahr 2000, auf je-
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des zur Adoption vorgemerktes Kind 14 Adoptionsbewerber kommen. Diese Situation wird
zusätzlich zu Ungunsten der Adoptionsbewerber erschwert, weil ein Großteil der zur Adopti-
on vorgemerkten Kinder aufgrund von Behinderungen, Verhaltensauffälligkeiten oder ihres
Alters schwer vermittelbar ist. Somit kommt eine deutlich größere Zahl an Bewerbern auf ge-
sunde Kinder unter drei Jahren, welche bei den Adoptionsbewerbern am begehrtesten sind (im
Jahr 2000 waren 53% der adoptierten Kinder ein bis drei Jahre alt) . In diesem Zusammen-
hang kommt hinzu, dass in Deutschland nur wenige Säuglinge und Kleinkinder zur Adoption
freigegeben werden, was unter anderem daran liegt, dass es in der heutigen Zeit, unter ande-
rem aufgrund von Empfängnisverhütung und der Möglichkeit zum Schwangerschaftsabbruch,
zu weniger unerwünschten Schwangerschaften bzw. Geburten kommt (vgl. Lange 2003,
S.24ff).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entscheidung zur Adoption eines ausländischen
Kindes in der Regel auf einem komplexen Prozess beruht, der von vielen verschiedenen Fak-
toren, unter anderem dem Kinderwunsch, der Schichtzugehörigkeit, den geringen Adoptions-
chancen in Deutschland, altruistischen Motiven, den Möglichkeiten zur Beeinflussung des
Adoptionsvermittlungsprozesses und individuellen Umständen, abhängig ist (vgl. Lange
2003).
2. Die Vermittlung von Auslandsadoptionen
2.1 Rechtliche Grundlagen der Adoptionsvermittlung
2.1.1 Das Haager Übereinkommen
Zwar existierte bereits seit dem Jahr 1989 die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen
als verbindliches Rechtsinstrument bezüglich internationaler Adoptionen, jedoch gab es keine
Regelungen für die zwischenstaatliche Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Im Jahr 1993
wurde diese zwischenstaatliche Zusammenarbeit jedoch mit der Unterzeichnung des ,,Haager
Übereinkommens vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit
auf dem Gebiet der internationalen Adoptionen" durch 60 beteiligte Staaten beschlossen. Auf-
grund von strafrechtlichen Veränderungen im Bereich des Kinderhandels und Änderungen des
Adoptionsrechts trat das Übereinkommen jedoch erst am 1. März 2002 für Deutschland als
44. Mitgliedsstaat in Kraft (vgl. Paulitz 2006, S.272ff). Das Haager Übereinkommen hat welt-
weit große Akzeptanz erfahren; im Jahr 2006 umfasste es 68 Vertragsstaaten (vgl. Paulitz
2006, S.282), Anfang des Jahres 2009 sind es bereits 78 Staaten (vgl. Hague Conference On
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Private International Law 2009).
Das Haager Übereinkommen bezieht sich ausschließlich auf die Adoption von Kinder, nicht
die von Erwachsenen, außerdem regelt es auch die Adoption von Verwandten oder Stiefkin-
dern. Das Übereinkommen ist immer dann zu praktizieren, wenn ein Kind nach einer erfolg-
ten Adoption im Ausland oder mit dem Ziel der Adoption im Inland nach Deutschland (bzw.
in ein anderes Aufnahmeland) gebracht werden soll. Das Abkommen regelt also die Situatio-
nen, in denen ein Kind wegen einer Adoption seinen bisherigen Aufenthalt von einem Ver-
tragsstaat in einen anderen Vertragsstaat verlegt. Ein zentraler Aspekt des Haager Überein-
kommens ist, dass die Staaten verpflichtet sind, bestimmte Behörden auszuwählen, die zum
Zweck des Kindeswohls zusammenarbeiten, und die Kooperation dieser Behörden im Hei-
matland und im Aufnahmestaat zu fördern. Diese Behörden sollen gemeinsam entscheiden, ob
die Adoption eines Kindes durch die Bewerber dem Kindeswohl dient (vgl. Gillig-Riedle/
Riedle 2003, S. 22f). Ein weiterer bedeutender Aspekt sollte im Hinblick auf das Kindeswohl
die Transparenz der Adoptionen sein, um den Adoptivkindern zu späterer Zeit eine Antwort
auf die Frage nach ihrer Herkunft zu ermöglichen.
Um die Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu fördern, hält die Haager Konferenz regel-
mäßig Spezialkommissionen ab. Dadurch soll sowohl den Herkunfts- als auch den Aufnahme-
staaten eine bestmögliche innerstaatliche Unterstützung ermöglicht werden (vgl. Paulitz 2006,
S.282ff).
Die Ziele des Haager Übereinkommens wurden aufgrund der großen Brandbreite von Adopti-
onsvorschriften (von den Adoptionsvoraussetzungen bis hin zu den Wirkungen und der Auf-
hebbarkeit des Adoptionsverfahrens) sehr weit gefasst, damit diese von der Mehrheit der Staa-
ten mitgetragen werden konnten (vgl. Paulitz 2006, S. 275).
Die Zielvorgaben zum Schutz des Kindes und zur Sicherung international mittlerweile aner-
kannter Vermittlungsstandards sind:
­
die Sicherstellung, dass eine Auslandsadoption nur dann in Betracht gezogen wird,
wenn für das Kind weder ein Verbleib in seiner Herkunftsfamilie, noch ein Leben
in einer anderen Familie in seinem Heimatland in Frage kommt,
­
die Sicherstellung, dass Auslandsadoptionen nur zum Zweck des Kindeswohls
stattfinden und seine Grundrechte dabei gewahrt werden,
­
Die Kooperation zwischen den Vertragsstaaten bezüglich der Auslandsadoptionen
zu optimieren,
­
die Sicherstellung der gegenseitigen Anerkennung der Adoptionsentscheidung und
­
die Unterbindung von Kinderhandel (vgl. Gillig-Riedle/ Riedle 2003, S. 21).
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Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Auslandsadoptionen. Motive, Vermittlung, Eignung
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Psychologie)
Veranstaltung
Pflege- und Adoptivfamilien
Autor
Jahr
2009
Seiten
15
Katalognummer
V376255
ISBN (eBook)
9783668532298
ISBN (Buch)
9783668532304
Dateigröße
545 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
auslandsadoptionen, motive, vermittlung, eignung
Arbeit zitieren
Heike Hiemstra (Autor:in), 2009, Auslandsadoptionen. Motive, Vermittlung, Eignung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376255

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