Vom Geben und Nehmen. Die Goethe-Institute und deutsche Kulturpolitik im Ausland (unter besonderer Berücksichtigung des Goethe-Instituts Dakar)


Magisterarbeit, 2004

99 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


I. Gliederung

1. Einleitung

2. Der Kulturbegriff und die geschichtliche Entwicklung Auswärtiger Kulturpolitik in Deutschland
2.1 Was ist Kultur? Der Versuch einer Definition
2.2 Der Begriff der Kulturpolitik
2.3 Die geschichtliche Entwicklung Auswärtiger Kulturpolitik in Deutschland
2.4 Die Rolle der Mittlerorganisationen in Deutschland

3. Geschichte, Organisationsstruktur und Zielsetzung des Goethe-Instituts
3.1 Fusion von Goethe-Institut und Inter Nationes
3.2 Organisationsstruktur des Instituts
3.3 Der Rahmenvertrag zwischen AA und GI
3.4 Leitlinien für die Arbeit des GIs im Ausland
3.4.1 Leitlinien für die Programmarbeit
3.4.2 Leitlinien für die Bibliotheksarbeit
3.4.3 Leitlinien für die Spracharbeit
3.5 Finanzierung des GIs
3.6 Institute weltweit und deren Sprachprogramme

4. Das Goethe-Institut in Dakar
4.1 Die demographische und politisch-kulturelle Situation im Senegal
4.2 Aufbau und Organisation des GIs Dakar
4.3 Aufgaben und Programm des GIs Dakar (von November 2002 – März 2003)
4.4 Detaillierte Betrachtungen der Projekte ‚Herzliche Grüße’, ‚Europäisches Filmfestival’ und ‚intrAfrika+’
4.4.1 Die Ausstellung ‚Herzliche Grüße’
4.4.2 Das ‚Europäische Filmfestival’
4.4.3 Der experimentelle Workshop ‚intrAfrika+’
4.5 Anspruch und Wirklichkeit– der Institutsalltag in Bezug auf die Leitlinien für kulturelle Auslandsarbeit
4.6 Der entwicklungspolitische Aspekt der Kulturarbeit des GIs im Ausland
4.7 Das Prinzip des ‚Geben und Nehmens’ in der Kulturarbeit des GIs Dakar und sein Verhältnis zur Elite

5. Zusammenfassung und Fazit

II. Abkürzungen

III. Bibliographie
Eidesstattliche Erklärung
Anhang

1 Einleitung

Sie soll als „freudiges Geben und Nehmen“ verstanden werden, die Auswärtige Kulturpolitik. So formulierte es zumindest Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der jungen deutschen Bundesrepublik im Jahre 1951 bei der Eröffnungsrede für das neue Institut für Auslandsbeziehungen (ifa).[1]

Für diese Vision mussten allerdings die BefürworterInnen der Auswärtigen Kulturpolitik erst einmal um Anerkennung, das richtige Selbstverständnis und das eigene Selbstbewusstsein kämpfen – eine Aufgabe, die bis heute noch nicht beendet ist, wie sich im Verlauf der Arbeit zeigen wird.

Doch auch wenn der kulturelle Bereich immer wieder seinen Platz in der bundesdeutschen Politik verteidigen und behaupten muss, so kann die Kulturpolitik doch eine beachtliche Entwicklung in Deutschland verzeichnen: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Kultur in Deutschland ‚politisch’, plötzlich wurde sie ernst genommen und nahm einen Platz in der Außenpolitik Deutschlands unter anderem als friedenstiftendes Element ein. Der Begriff der ‚Kulturpolitik’ entstand und mit ihm auch der Begriff der ‚Auswärtigen Kulturpolitik’, der im Laufe des 20. Jahrhunderts einen immer wichtigeren Stellenwert eingenommen hat.

Ebenfalls immer wichtiger geworden ist aber auch die Frage nach der Finanzierung von Kultur. In Zeiten, in denen vor allem bei kulturellen Einrichtungen der Rotstift angesetzt wird, kann man durchaus von einer Bedrohung der Kultur(-politik) sprechen. Wie finanzielle Schwierigkeiten die deutschen Kulturinstitutionen konkret bedrohen, wird sich im Folgenden zeigen.

Die Kultur im Allgemeinen und die Auswärtige Kulturpolitik (bzw. -arbeit) ist aber nicht nur aufgrund (kurzfristiger) finanzieller Engpässe bedroht, sondern auch dadurch, dass in internationalen Beziehungen andere Faktoren, meist wirtschaftlicher Natur, grundsätzlich wichtiger erscheinen als das Aufrechterhalten bzw. der Aufbau (inter-) kultureller Beziehungen.

Dennoch (oder vielleicht gerade deshalb) gibt es Institutionen weltweit, die die Förderung kulturellen Austauschs zu ihrer Aufgabe gemacht haben und dazu zählt in Deutschland das Goethe-Institut (GI). Die eigene Kultur im Ausland präsentieren, um damit in einen Dialog einzutreten, dessen Ziel der kulturelle Austausch ist, dafür setzt sich das GI weltweit ein; und das – wie Hilmar Hoffmann erklärt – aus einem einfachen Beweggrund, denn

„alle Kulturen leben vom Austausch mit anderen – ja, sagen manche, nur aus der Begegnung mit dem Fremden, dem Anderen heraus entsteht überhaupt Kultur.“[2]

Und genau hier kommt wieder Theodor Heuss’ Gedanke zum Tragen vom „freudigen Geben und Nehmen“: Internationaler Kulturaustausch sollte ein solches Geben und Nehmen darstellen, welches zu einer Verständigung der Völker untereinander beizutragen versucht, um Konflikte zu vermeiden und ein respektvolles Miteinander zu ermöglichen.

Die Auswärtige Kulturpolitik in Deutschland trägt hierfür mit die Verantwortung.

Was kann sie tatsächlich leisten und wie transferiert das GI deutsche Kultur ins Ausland und – im gewünschten Austausch – fremde Kultur in die Bundesrepublik? Diese beiden Fragen stehen im Zentrum der vorliegenden Arbeit.

Außerdem wird im Folgenden dem entwicklungspolitischen Charakter von Kulturarbeit im Ausland nachgegangen. Wie sich herausstellen wird, ist Kulturarbeit in einem Entwicklungsland nicht wirklich von Entwicklungszusammenarbeit[3] zu trennen, da es die post- bzw. neokoloniale Situation eines Landes mit sich bringt, dass kulturpolitische Bemühungen mit entwicklungspolitischen Elementen einhergehen. Die in dieser Arbeit vorgestellten Projekte zeigen, wie fließend der Übergang zwischen diesen zwei Tätigkeitsfeldern ist.

Hierbei stellt sich allerdings die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, Kulturarbeit und Entwicklungszusammenarbeit zu vermengen oder, ob beide Bereich getrennt voneinander effektiver ihre Ziele verfolgen können. Eine Antwort darauf wird sich am Ende dieser Untersuchung finden, für welche als konkretes Beispiel das GI in Dakar/Senegal dient, in dem ich von November 2002 bis März 2003 im Rahmen eines Praktikums tätig war.

Demnach ergibt sich folgende Gliederung:

Das erste Kapitel befasst sich mit dem Kulturbegriff ganz allgemein und einem geschichtlichen Abriss der Entwicklung Auswärtiger Kulturpolitik in Deutschland.

Im zweiten Kapitel liegt der Schwerpunkt auf dem GI. Hier wird dessen Entstehung erläutert, der Rahmenvertrag mit dem Auswärtigen Amt (AA) und die Leitlinien für die Arbeit im Ausland. Außerdem wird die Finanzierung des GIs dargestellt.

Ausgehend von diesen allgemeinen Informationen wird im dritten Teil die Programmarbeit des GIs Dakar in der Zeit von November 2002 bis einschließlich März 2003 näher betrachtet.

Es werden Projekte vorgestellt, welche ich während meines Praktikums (November 2002- März 2003) und auch noch danach (Mai- Juni 2003) betreut habe.

Anhand dieser Projekte gilt es anschließend zu klären, ob die allgemeine Zielsetzung des GIs Dakar des „Geben und Nehmens“ im genannten Zeitraum erreicht wurde und ob das Institut seinen Ansprüchen gerecht werden konnte, und wenn nicht, an welchen generellen (oder speziell westafrikanischen) Problemen es gelegen haben könnte. Außerdem wird rückblickend anhand der vorgestellten Projekte der entwicklungspolitische Aspekt der Kulturarbeit des GIs Dakar und in diesem Zusammenhang auch seine Zusammenarbeit mit der kulturellen und politischen Elite des Senegals betrachtet.

Bezüglich des methodischen Vorgehens bei der Einschätzung der Untersuchung und ihrer Ergebnisse sei bereits an dieser Stelle erwähnt, dass zwar Literatur zur Auswärtigen Kulturpolitik und zur Rolle der GIe im Ausland vorliegt, die auch im Rahmen dieser Arbeit Verwendung gefunden hat[4], dass es aber keine Abhandlungen speziell zum GI in Dakar gibt. Daraus ergibt sich, dass die Bewertungen der Arbeit dieses Instituts zum größten Teil auf persönlichen Erfahrungen beruhen und auf – wenn auch reflektierten und theoretisch untermauerten – subjektiven Einschätzungen.

Von einer Generalisierung der Ergebnisse meines fünfmonatigen Aufenthaltes ist demnach in jedem Fall abzusehen, die Ergebnisse haben den Stellenwert von Arbeitshypothesen und könnten im Vergleich mit anderen GIen in Afrika südlich der Sahara als Grundlage für parallele Untersuchungen dienen.

2 Der Kulturbegriff und die geschichtliche Entwicklung Auswärtiger Kulturpolitik in Deutschland

Um sich ein Bild davon machen zu können, wie sich die Auswärtige Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland heute präsentiert, wird in diesem Kapitel ein geschichtlicher Abriss dessen dargestellt, was man heute als Auswärtige Kulturpolitik bezeichnet und es wird aufgezeigt, wie sich diese entwickelt hat. Weshalb die Terminologie hierbei eine nicht unwichtige Rolle spielt, wird ebenfalls erläutert werden.

Im folgenden Kapitel wird jedoch zunächst der Begriff der Kultur näher definiert.

2.1 Was ist Kultur ? Der Versuch einer Definition

‚Kultur’ ist ein eigenwilliger und beliebig dehnbarer Begriff, was die Suche nach einer allgemein gültigen Definition erheblich erschwert.

In der Wissenschaft nähert man sich der Problematik, indem man von einem eingeschränkten und einem erweiterten Kulturbegriff spricht.

Durch die deutsche Romantik geprägt, wird ausgehend von einem eingeschränkten Kulturbegriff „[...] ‚Kultur’ gern mit dem Herausgehobenen, mit Kunst, Erziehung oder mit dem Schöngeistigen assoziiert oder gar identifiziert“.[5] Es handelt sich hierbei um intellektuelle und künstlerische Elemente in Gesellschaften mit ‚hohem’ intellektuellen Bildungs- und Qualitätsanspruch.

Diese Definition von Kultur als etwas sehr Ästhetischem und Erhabenem konnotiert auch immer einen gewissen Bezug zu einer (geistigen) Elite.

Wohl auch aus diesem Grund musste der enge Begriff zunehmend einem erweiterten Kulturbegriff weichen, für den ,Kultur' „[...] den Gesamtbereich menschlicher Schöpfung von der Wissenschaft bis zu den Normen [umfasst] , nach denen das Zusammenleben der Menschen in der Gesellschaft sich regelt.“[6]

Welche Rolle der erweiterte Kulturbegriff für die Entwicklung der Auswärtigen Kulturpolitik gespielt hat, wird sich in Kapitel 1.3 zeigen.

Durch die Erweiterung der Begriffsbezeichnung, verliert Kultur ihren abgehobenen, exklusiven Charakter, wird einerseits „alltagstauglich“ und andererseits Teil des politischen Wirkens. Wie eng dabei Kultur und Politik tatsächlich verbunden sind, verdeutlicht der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker: „Kultur ist kein politikfreier Raum. Kultur ist nicht der Paradiesgarten geistiger und künstlerischer Eliten. Kultur ist die Lebensweise der Menschen. Sie ist die Substanz, um die es der Politik zu gehen hat.“[7]

Die (Auswärtige) Kulturpolitik in Deutschland ist das Ergebnis der Verschmelzung der beiden sich gegenseitig befruchtenden Bereiche Kultur und Politik.

Wie sich die (Auswärtige) Kulturpolitik in Deutschland nicht nur begrifflich entwickelt hat und wie sie zu einem wichtigen Bestandteil der Außenpolitik Deutschlands wurde, zeigen die beiden nun folgenden Kapitel.

2.2 Der Begriff der Kulturpolitik

Die Bezeichnung ‚Kulturpolitik’ stammt bereits aus der Mitte des

19. Jahrhunderts, hält aber erst um die Wende zum 20. Jahrhundert Einzug in den politischen Sprachgebrauch.[8]

Mit dem Begriff der Kulturpolitik hat man sich in Deutschland etwas schwer getan, was vor allem daran liegt, dass mit der Auswärtigen Kulturpolitik sehr unterschiedliche Zwecke verfolgt wurden – mit verschiedenartigen Mitteln und vor allem auch Zielen.

K. Düwell hat in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg folgende Typen von

Kulturpolitik herausgearbeitet:

1. „Kulturausstrahlung,
2. kulturelle Selbstinterpretation,
3. kulturelle Expansion,
4. Kulturpropaganda und
5. Kulturimperialismus.“[9]

Die dargestellte Reihenfolge geht von einer reinen Präsentation der eigenen Kultur (die gerade nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wichtig für Deutschland war, um das entstandene Negativbild des eigenen Landes im Ausland zu korrigieren), über eine gezielte Weiterverbreitung derselbigen (um mit den weltweit zunehmenden Aktivitäten von Frankreich, England und Nordamerika mitzuhalten, die um kulturellen Einfluss bemüht waren), bis hin zu imperialistischen Bestrebungen und somit zur Eliminierung anderer Kulturen durch die eigene (was von einigen sicherlich befürwortet, aufgrund der weltpolitischen Lage aber zunächst nicht weiterentwickelt wurde – nur kurze Zeit später allerdings wurde dieser Gedanke vom Naziregime wieder aufgenommen und in die Realität umgesetzt).

Eine ähnliche Typisierung nimmt M. Abelein vor. Er unterscheidet nach den unterschiedlichen Zielsetzungen zwischen

1. „der Pflege des eigenen Volkstums,
2. der Pflege einer gemeinsamen Kulturtradition,
3. der kulturellen Expansion,
4. der Selbstinterpretation und
5. der Kulturpropaganda."[10]

Diese Typologie von Kulturpolitik macht eine unterschiedliche Prioritätensetzung deutlich: Bei der „Pflege des eigenen Volkstums“ und der „einer gemeinsamen Kulturtradition“ liegt der Schwerpunkt im innenpolitischen Bereich, bei der „kulturellen Expansion“ wird hingegen die außenpolitische Ebene betont, „Selbstinterpretation“ und „Kulturpropaganda“ können sowohl im Innern als auch außerhalb eines Landes wirken.

So unterschiedlich die einzelnen Typen in Erscheinung treten, so einstimmig herrscht in der Wissenschaft eine allgemeine Ablehnung gegenüber der Kulturpropaganda vor, welche vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus geprägt und praktiziert wurde.

Sowohl in der Auflistung von Düwell wie auch bei Abelein zeigen sich innen- und außenpolitische Wirkungsfelder, welche ein wichtiges Merkmal der Auswärtigen Kulturpolitik sind. Diese spielt sich nämlich nicht nur im Ausland ab, sondern auch zu einem großen Teil im Inland.

Dabei umfasst Auswärtige Kulturpolitik im Inland grundsätzlich alles,

„[...] was bei uns auf kulturellem Gebiet gefördert wird und im Hinblick auf unsere internationalen Kulturbeziehungen von irgendwelcher Bedeutung ist.“[11]

Wenn die Auswärtige Kulturpolitik dem Austausch und der gegenseitigen Verständigung mit Menschen und Völkern unterschiedlicher Kulturen dienen soll, dann können die Voraussetzungen dafür nur innerhalb des eigenen Landes geschaffen werden; für Hans Arnold wird dies z. B. erreicht durch gut ausgebildete LehrerInnen im Bereich ‚Deutsch als Fremdsprache’, durch eine Bildungspolitik, die der sprachlichen Ausbildung in den Schulen mehr Platz einräumt und vor allem durch die Bemühungen jedes/r einzelnen Bürgers/in in Deutschland um ein friedliches Miteinander mit ausländischen MitbürgerInnen, „denn schließlich wird jeder Kulturstaat nach der Art und Weise beurteilt, in der er mit den Minderheiten in seinem eigenen Land lebt.“[12]

Es wird deutlich, dass eine Grenze zwischen den innenpolitischen und außenpolitischen Dimensionen von Auswärtiger Kulturpolitik nicht klar zu ziehen ist, da alle kulturellen Bestrebungen innerhalb eines Landes zugleich Investitionen in seine internationalen Beziehungen sind und sich somit direkt bzw. indirekt auf die Auswärtige Kulturpolitik im Ausland auswirken.[13]

Bzgl. des Begriffs der ‚Auswärtigen Kulturpolitik’ gab es im Zuge ihrer Entwicklung etliche Überlegungen einer Umbenennung.

Die Vorschläge reichten von ‚Auswärtiger Kulturarbeit’ über ‚Kulturwerbung’ und ‚Kulturdiplomatie’ bis hin zum Begriff der ‚Kulturellen Außenpolitik’.

Letzterer kam von der 1970 vom Deutschen Bundestag eingerichteten

‚Enquête – Kommission Auswärtige Kulturpolitik’, wurde aber abgelehnt, da

„ein solcher Wechsel in der Benennung zu Spekulationen führen könnte, als sei in der Zielsetzung und in der Kompetenzverteilung der auswärtigen Kulturpolitik eine Änderung beabsichtigt.“[14]

Außerdem „besitzt er auch keine schärferen Konturen als der [ Begriff ] der auswärtigen Kulturpolitik.“[15]

Abgesehen von der Diskussion über eine geeignete Bezeichnung, hat die deutsche Auswärtige Kulturpolitik einen wichtigen Wandel durchlebt, der zu einer Stärkung ihrer Position in der allgemeinen Außenpolitik geführt hat.

Die Etappen dieser Entwicklung werden im folgenden Kapitel näher erläutert.

2.3 Die geschichtliche Entwicklung Auswärtiger Kulturpolitik in Deutschland

Wie bereits im vorausgegangenen Kapitel erwähnt, gelangt der Begriff der ‚Auswärtigen Kulturpolitik’ Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals ins Interesse der öffentlichen Diskussion.

Der Historiker Karl Lamprecht forderte in seinem Vortrag „Über auswärtige Kulturpolitik“ im Jahre 1912, dass Deutschland der Kulturpolitik im Ausland größere Aufmerksamkeit schenken müsse, um mit den Aktivitäten von Frankreich, Nordamerika und England gleichziehen zu können:

„Da dürfen wir Deutschen nicht zurückbleiben, soll anders die Welt nicht einmal mehr vergeben sein, ehe der germanische Dichter und Denker auf dem Plane erscheint.“[16]

Doch erst nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1920 wurde beim Auswärtigen Amt (AA) die Abteilung ‚Deutschtum im Ausland und kulturelle Angelegenheiten’ gegründet, wobei das Hauptziel hierbei war, „die geistige Verbindung mit den aus Deutschland Ausgewanderten durch deutsche Schulen, Bibliotheken, Vereine oder Krankenhäuser aufrechtzuerhalten“.[17]

Verantwortlich für diese Aktivitäten waren private Initiativen, für das AA war Auswärtige Kulturpolitik zu dieser Zeit eher von geringer Bedeutung.

Die Auswärtige Kulturpolitik im Dritten Reich war geprägt durch die in Kapitel 1.2 bereits zitierte ‚Kulturpropaganda’. Man zielte auf eine Erweiterung des staatlichen Machtbereiches ab und auf die Förderung der im Ausland lebenden Deutschen. Kulturpolitik unter den Nationalsozialisten war reine Expansionspolitik.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte dann eine „kulturpolitische Stunde Null“[18] ein und in Deutschland verloren die kulturpolitischen Bestrebungen im Ausland erneut an Bedeutung.

Man übte sich in Zurückhaltung, begründet durch die während des Dritten Reiches praktizierte Kulturpropaganda im Ausland, von welcher man sich jetzt klar distanzieren wollte.

Auf der einen Seite versuchten die Deutschen zwar vorsichtig „wieder Anschluss an die internationalen kulturellen Entwicklungen zu finden“[19], auf der anderen Seite aber versuchten die Besatzungsmächte in den jeweiligen Besatzungszonen „ihre eigene Kultur, dazu ihre eigenen politischen und weltanschaulichen Auffassungen und Orientierungsprinzipien intensiv zu vermitteln.“[20]

So ist zu erklären, dass auf wirtschaftlicher Ebene Deutschland relativ schnell wieder zu internationalem Ansehen gelangte, Stichwort „Wirtschaftswunder“, sich auf kultureller Ebene zu etablieren war hingegen nicht ganz so einfach:

„[...] Deutschland [hatte] noch immer zwei Handikaps zu überwinden: Zum einen sein aus dem Zweiten Weltkrieg resultierendes, immer noch bestehendes Negativ-Image, zum anderen die Tatsache, dass es über kein Ex – Kolonialreich verfügte und daher nicht, wie zum Beispiel Frankreich, Zugang zu Ländern hatte, die sprachlich und kulturell auf Deutschland ausgerichtet gewesen wären.“[21]

Ein Jahr nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde im Jahr 1950 bei der ‚Verbindungsstelle des Bundeskanzleramtes zur Alliierten Hohen Kommission’ ein Kulturreferat geschaffen, welches im gleichen Jahr zur ‚Dienststelle des Bundeskanzleramtes für auswärtige Angelegenheiten’ umgewandelt wurde, aus der am 1. April 1951 das neue AA entstand.[22]

Die deutsche Außenpolitik befasste sich in dieser Zeit vorwiegend mit der Wiederherstellung außenpolitischer Beziehungen und dem Wiederaufbau internationaler Kontakte. Bei den zaghaften und sehr zurückhaltenden auswärtigen Kulturbemühungen ging es vor allem darum, ein positives Bild Deutschlands zu zeichnen und verloren gegangenes Vertrauen wiederzugewinnen.

Im Jahrbuch für auswärtige Politik von 1962/63 wird dieses Bestreben wie folgt formuliert:

„Es muss unsere Aufgabe sein, dieses Misstrauen zu zerstreuen und das Vertrauen zu einer friedlichen und fortschrittlichen Entwicklung Deutschlands [...] zu stärken oder neu zu schaffen. Die Vermittlung kultureller Werte und die Schaffung breiter menschlicher Kontakte auf all jenen Gebieten, mit denen sich eine aktive Kulturpolitik zu befassen hat, kann hierzu Wesentliches, ja Entscheidendes beitragen.“[23]

Es ging hierbei auch insbesondere darum, das Augenmerk auf das „andere, bessere, geistige Deutschland eines Kant, Beethoven, eines Goethe und Schiller, eines Dürer und Bach“[24] zu legen.[25]

Erst mit Dieter Sattler, der 1959 Leiter der Kulturabteilung des AAs wurde und der die Auswärtige Kulturpolitik 1960 als „dritte Bühne der Weltpolitik“[26]

bezeichnete, gewannen die kulturpolitischen Aktivitäten Deutschlands im Ausland größere Bedeutung.

Mit der Bezeichnung als „dritter Säule einer modernen Außenpolitik“[27] durch den damaligen Außenminister Willy Brandt im Jahr 1966, bekam die Auswärtige Kulturpolitik dann endgültig ihren festen Platz in der bundesrepublikanischen Außenpolitik zugesprochen.

Dass ein Umdenken erreicht werden musste und eine Erweiterung der Auswärtigen Kulturpolitik notwendig war, um effektiv im Ausland Kulturpolitik betreiben zu können, betonte Willy Brandt in seiner Regierungserklärung im Oktober 1969, dieses Mal in seiner Funktion als Bundeskanzler:

„Die Darstellung der deutschen Kultur im Ausland wird sich künftig stärker darauf richten, anderen Völkern neben den unvergänglichen Leistungen der Vergangenheit ein Bild dessen zu vermitteln, was in dieser Zeit des Überganges auch in Deutschland an geistiger Auseinandersetzung und fruchtbarer Unruhe tägliche Wirklichkeit ist.“[28]

In welche Richtung diese Erweiterung der Auswärtigen Kulturpolitik vollzogen werden musste, machte Ralf Dahrendorf, für die Kulturabteilung des AAs verantwortlicher Parlamentarischer Staatssekretär, im November 1969 in einer Bundestagsrede deutlich:

„Erfolgreiche äußere Politik verlangt in unserer Zeit im Kern das wechselseitige Verständnis der inneren Entwicklung der Völker. Außenpolitik ist so gut, wie das ihr zugrunde liegende Verständnis anderer Länder und so erfolgreich wie das aus ihr resultierende Verständnis des eigenen Landes durch die anderen [...].

‚Auswärtige Gesellschaftspolitik’ kann andere politische Beziehungen und Bündnisse begleiten. Sie kann sie auch vorbereiten und sie kann zumindest zeitweise an deren Stelle treten.“[29]

Der eng gefasste Begriff von ‚Kultur’ war hier – wie aus der Verwendung des Begriffs „Auswärtige Gesellschaftspolitik“ hervorgeht – nicht mehr adäquat, den Übergang zu einem erweiterten Kulturbegriff erläuterte Dahrendorf folgendermaßen:

„[...] Wenn ich sage, das wir von einem engen Kulturbegriff wegkommen müssen [...], dann meine ich damit [...] hin zu einem weiten Kulturbegriff, in dem beispielsweise die Umweltprobleme ebenso sehr einen sicheren Ort haben wie Literatur und Kunst in ihrem ganzen Umfang, die nicht hinausgeworfen werden sollen, aber die eingebunden werden sollten in ein weiteres Verständnis der menschlichen Lebensverhältnisse.“[30]

Dass der erweiterte Kulturbegriff für die deutsche Auswärtige Kulturpolitik als Basis dient, wurde im Jahr 1970 in den ‚Leitsätzen für die Auswärtige Kulturpolitik’ des AAs dementsprechend formuliert:

„Die auswärtige Kulturpolitik wird sich künftig intensiver als bisher mit den kulturellen und zivilisatorischen Gegenwartsproblemen befassen. Der Kulturbegriff muss daher weiter gefasst werden. Kultur ist heute nicht mehr Privileg elitärer Gruppen, sondern ein Angebot an alle. Sie ist Teil des dynamischen Prozesses der Veränderung in unserer Gesellschaft, der den Weg zu internationaler Zusammenarbeit aller gesellschaftlichen Gruppen vorzeichnet. Das bedeutet eine beträchtliche Ausdehnung und weitere Differenzierung unserer Kulturarbeit im Ausland.“[31]

Lange Zeit stiefmütterlich behandelt, wurde die Auswärtige Kulturpolitik jetzt immer mehr zu einem festen Bestandteil der deutschen Außenpolitik.

Ausgehend von ursprünglich ‚51 Leitsätzen zur Auswärtigen Kulturpolitik’ entstanden Ende 1970 komprimierte ‚18 Leitsätze für die Auswärtige Kulturpolitik’, welche bis heute gelten[32].

Die Auswärtige Kulturpolitik bekam in diesen Leitsätzen offiziell den Stellenwert, den sie verdient. Sie erhält einen unabhängigen Status und folgt als „tragender Pfeiler der Außenpolitik“[33] ihren „eigenen Gesetzen“[34], hebt sich von der Tagespolitik ab und setzt auf langfristig wirkende Entscheidungen.

Sie wird sich „künftig intensiver als bisher mit den kulturellen und zivilisatorischen Gegenwartsproblemen befassen“[35] und stellvertretend für alle gesellschaftlichen Gruppen agieren.

Daraus ergibt sich, dass „ihr Adressat (...) nicht nur kleine und intellektuelle und künstlerische Eliten [sind], sondern alle (...), die sich von uns [dem deutschen Volk] ansprechen lassen.“[36] Die Auswärtige Kulturpolitik sieht sich als einen Pol im lebendigen Austausch mit anderen Kulturen, der zu einer verbesserten Verständigung der Völker beitragen soll und nur dann zustande kommt, „wenn beide Seiten geben und nehmen.“[37]

Deutschland war in dieser Zeit der neuen Entwicklungen zweigeteilt, dennoch sprach man von einer Nation, die durch ein „Band gemeinsamer Erlebnisse und Erinnerungen, gemeinsamer Kultur“[38] verbunden und deren kulturelles Erbe nicht aufzuteilen sei.

In der Praxis wurde aber dennoch darauf Wert gelegt, dass man die außenkulturpolitischen Aktivitäten von BRD und DDR trennte.

Mit dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme und der Wiedervereinigung Deutschlands 1989/90 begann daher für die deutsche Auswärtige Kulturpolitik eine neue Phase.

Um „der neu aufkommenden Angst vor einem expansionistischen und hegemonialen vereinten Deutschland“[39] zu begegnen, musste ein weiteres Mal international Vertrauen aufgebaut werden.

Um dies zu erreichen, verlangte Barthold C. Witte, ehemaliger Leiter der Kulturabteilung des AA, 1992 uneingeschränkte Offenheit von Seiten Deutschlands:

„Nicht nur ist wie bisher ein ungeschminktes und differenziertes Bild der Wirklichkeit in Deutschland zu vermitteln, auch kritische Fragen, die an das größere Deutschland gestellt werden, müssen freimütig beantwortet werden.“[40]

Der Schwerpunkt der auswärtigen Kulturpolitik sollte von nun an auf der

„Festigung der Einheit der deutschen Kulturnation, Stärkung der westeuropäischen und transatlantischen Gemeinsamkeit, Ausbau der Vertrauenspartnerschaft zwischen West und Ost, Unterstützung des Nord-Süd-Dialogs“[41]

liegen.

Der Umbruch in Ost- und Mitteleuropa bedeutete (und bedeutet noch heute) erhöhte Anforderungen an die Auswärtige Kulturpolitik, da die zu bedienenden Strukturen vielfältiger und komplizierter geworden sind.

Durch das gewachsene Interesse an der deutschen Sprache nach der Wiedervereinigung vor allem in den ehemaligen sozialistischen Ländern, orientierte sich die deutsche Auswärtige Kulturpolitik verstärkt in Richtung Mittel- und Osteuropa und investierte ganz entscheidend in die dortige Sprachförderung, u. a. durch Subventionierung der Sprachprogramme des GIs.

Diese Prioritätensetzung zog jedoch starke Kritik nach sich: Durch die verstärkte kulturelle Zusammenarbeit mit Mittel- und Osteuropa würden andere Regionen vernachlässigt. Außerdem wurde beanstandet, dass die Mittel für das GI zur Sprachförderung stetig zunähmen, die kulturelle Programmarbeit im Gegenzug immer weitreichendere Mittelkürzungen hinnehmen müsse.[42]

Die Akzentsetzung auf der Sprachförderung zu Lasten der Kulturprogramme, wurde 1993 von der christdemokratischen Bundesregierung folgendermaßen gerechtfertigt:

„Die Sprache eröffnet nicht nur Zugang, sondern ist selbst Teil und Medium der deutschen Kultur und Geschichte. In ihr ist der auch durch eine gute Übersetzung nicht vermittelbare Beitrag der deutschen Kultur zur Weltkultur enthalten. In diesem zentralen Sinne ist die deutsche Sprache das ‚Sesam-öffne-dich’ zur historischen und kulturellen Identität der Deutschen und ihrem Anteil an der Kultur der Menschheit.“[43]

Dieses doch sehr starr auf die Sprache gerichtete Konzept der Auswärtigen Kulturpolitik lässt bei kritischer Betrachtungsweise die Vermutung zu,

„dass bei diesem konzeptionellen Primat des Deutschen dem Kulturexport, das heißt der Darstellung unserer Kultur im Ausland, größere Bedeutung zukommt, als dem gleichberechtigten (und nicht sprachfixierten) Austausch an ideellen wie materiellen Kulturgütern zwischen Deutschland und seinen Partnerländern.“[44]

Ebenfalls wurde die zunehmende Verknüpfung von Auswärtiger Kulturpolitik mit den deutschen Wirtschaftsinteressen kritisiert: Die Bundesregierung betonte 1996 verstärkt „die Nützlichkeit der aktiven Sprachpolitik für die legitimen Interessen der deutschen Exportwirtschaft“[45], was vor allem die Gemüter einiger Oppositioneller erhitzte.

Anhand dieser Kritik[46], vor allem von der politischen Gegenseite, ist festzustellen, dass auch die Auswärtige Kulturpolitik vor Auseinandersetzungen der unterschiedlichen politischen Lager nicht gefeit ist; auch (oder gerade) in der Kulturpolitik zeigen sich die Unterschiede zwischen konservativen und neuen Ideen sehr deutlich.

Parallel zu den Veränderungen der Aufgaben der deutschen Auswärtigen Kulturpolitik während des letzten Jahrhunderts entwickelte sich auch das Verständnis für das „Geben und Nehmen“ weiter:

Von der im Dritten Reich praktizierten Kulturpropaganda (welche in keiner Weise um einen gegenseitigen Kulturaustausch bemüht war), ging es über eine repräsentative Darstellung Deutschlands (wobei dieses ‚Geben’ der eigenen Kultur kein ‚Nehmen’ nach sich zog, da die kulturpolitischen Bemühungen Deutschlands in dieser Zeit ausschließlich darauf abzielten, verlorengegangenes Vertrauen zu erneuern), bis hin zum „wechselseitigen Verständnis der Völker“, welches bereits 1969 formuliert wurde und bis heute Gültigkeit hat.

Doch dass das geforderte „Geben und Nehmen“ der Auswärtigen Kulturpolitik eines Industrielandes im Austausch mit ehemaligen Kolonialstaaten der so genannten Dritten Welt, zu denen auch der Senegal zählt, nicht immer einfach umzusetzen ist, wird in Kapitel 3.7 diskutiert werden.

2.4 Die Rolle der Mittlerorganisationen in Deutschland

Im föderalistischen politischen System der Bundesrepublik Deutschland besitzen die Bundesländer ein gewisses Mitbestimmungsrecht in verschiedenen Bereichen. So auch im kulturellen Bereich, in dem die Bundesländer die so genannte Kulturhoheit besitzen. Was die Auswärtige Kulturpolitik aber anbelangt, so liegt die Hoheit beim Bund und somit die Zuständigkeit beim AA.

Auch wenn das AA und dessen Kulturabteilung so zu sagen als Überbau für die Auswärtige Kulturpolitik und -arbeit in Deutschland stehen, ist es nicht das AA selbst, welches sich um die Vermittlung deutscher Sprache und deutscher Kultur im Ausland kümmert.

Diese Aufgabe wurde vom AA, welches die Rolle als „Verteiler und Verwalter“[47] inne hat, an verschiedene Organisationen weitergegeben, die als Mittlerorganisationen bezeichnet werden.

Diese Organisationen arbeiten eng mit dem AA zusammen, behalten aber dennoch eine gewisse Unabhängigkeit.

Bei Trommer werden sie zusammenfassend als Organisationen bezeichnet,

„die unter Beachtung verwaltungsrechtlicher Maßstäbe und überwiegend finanziert durch staatliche Zuwendungen, staatliche Aufgaben im Bereich der auswärtigen Kulturpolitik wahrnehmen, ohne jedoch selber zur mittelbaren oder unmittelbaren Staatsverwaltung zu zählen, mit dieser aber in unterschiedlichen Formen eng zusammenarbeiten.“[48]

Einige der wichtigsten Mittlerorganisationen in Deutschland[49] und ein kurzer Einblick in deren Arbeitsfeld werden bei Znined-Brand vorgestellt[50]:

- Im Jahre 1917 wurde das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) (Stuttgart) gegründet und nach dem Zweiten Weltkrieg wiedergegründet. Der Aufbau enger Beziehungen mit den Auslandsdeutschen war das ursprüngliche Ziel des Instituts. Heute organisiert es (Kunst-) Ausstellungen, den Austausch von Schülergruppen, Informationsseminare, Vortragsreisen ausländischer WissenschaftlerInnen und ist Herausgeber der „Zeitschrift für Kulturaustausch“.
- 1923 als „Staatswissenschaftliche Austauschstelle beim Institut für Sozial- und Staatswissenschaften“ der Universität Heidelberg wurde der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) (Bonn) ins Leben gerufen und 1950 wiedergegründet. Er befasst sich vor allem mit der Pflege der akademischen Beziehungen zum Ausland, also der Vergabe von Auslands- und Ausländerstipendien sowie der Vermittlung von deutschen LektorInnen ins Ausland.
- Inter Nationes (IN)[51] (Bonn) wurde 1952 gegründet. Es belieferte anfänglich die GIe, die diplomatischen Vertretungen sowie das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung mit Informationsmaterial über die Bundesrepublik, veröffentlichte allgemeine und fachspezifische Publikationen in vielen Sprachen und organisierte Studien- und Vortragsreisen ausländischer WissenschaftlerInnen, KünstlerInnen, JournalistInnen und PolitikerInnen im Auftrag der Bundesregierung.
- Im Jahre1953 wurde die Alexander von Humboldt-Stiftung (Bonn) ins Leben gerufen. Sie ist mit der Vergabe von Stipendien an ausländische WissenschaftlerInnen betraut.
- Seit 1989 fungiert das Haus der Kulturen der Welt (Berlin) als Forum für außereuropäische Kulturen in Deutschland.
- Die größte Mittlerorganisation Deutschlands ist das Goethe-Institut, welches im nächsten Kapitel detailliert vorgestellt wird.

Anfang der 50er Jahre betrieb das AA auch eigene, unter seiner Verwaltung stehende Kulturinstitute im Ausland, welche als Instrumente deutscher Kulturwerbung genutzt wurden.

Aufgrund fehlender personeller Kapazitäten gab es bereits 1959 von Seiten des AAs Überlegungen, einen Teil der bundeseigenen Kulturinstitute dem Zuständigkeitsbereich des GIs zu übergeben.

Einer der Gründe für eine in Erwägung gezogene Übernahme durch das GI war, dass von den 35 Kulturinstituten, Bibliotheken und Leseräumen des AAs, „höchstens 11 als voll funktionsfähig angesprochen werden können, während die restlichen 24 sich noch im embryonalen Zustand befinden und noch kein Gesicht haben.“[52]

Durch die schwierige personelle Situation beim AA war eine Verbesserung der aktuellen Lage nicht in Sicht und somit war die Überstellung der Institute an das GI in München naheliegend.

Das AA wollte sich aber bei einer solchen Entscheidung seines Einflusses auf folgenden Gebieten sicher sein:

1. „Festsetzung der Höhe der Mittel der einzelnen Institute (politische Schwerpunktbildung),
2. Auswahl der Leiter der Institute,
3. Programmgestaltung (Mitwirkung und politisches Vetorecht der zuständigen deutschen Auslandsvertretung).“[53]

Das GI erklärte sich mit diesen Bedingungen einverstanden und somit begann die Übernahme der ersten Institute Anfang der 60er Jahre.

3 Geschichte, Organisationsstruktur und Zielsetzung des Goethe-Instituts

Gerade bzgl. der Organisation hat sich im GI in den vergangenen Jahren einiges getan. Die Veränderungen der letzten drei Jahre haben die Organisation sehr geprägt und stehen deshalb am Anfang des nun folgenden Kapitels.[54]

3.1 Fusion von Goethe-Institut und Inter Nationes

Am 8. Januar 2001 wurde aus zwei deutschen Mittlerorganisationen eines gemacht: das Goethe-Institut und Inter Nationes fusionierten zu einem Gesamtinstitut, dem Goethe-Institut Inter Nationes.

Die Motivation für die Zusammenlegung der vorher selbständig arbeitenden Vereine beschreibt der ehemalige Generalsekretär Prof. Dr. Joachim – Felix Leonhard wie folgt:

„Beide Organisationen haben ihre besonderen Erfahrungen und Kompetenzen in die Fusion eingebracht und werden geleitet von den Möglichkeiten für die Gestaltung unserer Auswärtigen Kulturpolitik, die sich den beiden Mittlern bisher getrennt voneinander geboten haben, sich aber nunmehr für das Goethe-Institut Inter Nationes neu eröffnen.“[55]

Auch wenn die Arbeit der beiden zusammengelegten Vereine erfolgreich verlief, hat sich das Goethe-Institut Inter Nationes zwei Jahre nach Zusammenführung zu einer rein „kosmetischen“ Veränderung entschieden und ist zum Namen Goethe-Institut zurückgekehrt.

In einer Pressemitteilung vom 14. Juli 2003 kommentiert Dr. Horst Harnischfeger, ehemaliger Generalsekretär des GIs, diese Entscheidung folgendermaßen:

„Der bisherige Name war ein linguistisches Ungetüm. Die Fusion mit Inter Nationes ist vollzogen und der Mehrwert für alle liegt nicht im längeren Namen, sondern in den gewachsenen Kompetenzen und den Leistungen unserer Mitarbeiter.“[56]

Beide Institutionen können auf eine über 50jährige erfolgreiche Vereinsgeschichte zurückblicken. Bis zur Fusion wurden dabei ganz unterschiedliche Schwerpunkte in der jeweiligen Kulturarbeit gesetzt: Während das GI vorwiegend für die Pflege und die Verbreitung der deutschen Sprache im Ausland zuständig war, informierte IN durch ins Ausland transferierte Publikationen und Medienproduktionen das Ausland über Deutschland[57].

Anfänglich setze das GI mit seiner Spracharbeit im Inland auf Unterrichtsstätten in kleinen deutschen Stätten, um den ausländischen SprachschülerInnen das Bild eines idyllischen Deutschlands zu präsentieren. Mit der Übernahme der ausländischen Kulturinstitute des AAs[58] beginnt das GI mit dem flächendeckenden Ausbau des Institutsnetzes. In den 80er Jahren sorgte ein neues Konzept für die Inlandsinstitute dafür, dass die sich fast ausschließlich in eher kleineren Städten befindlichen Unterrichtsstätten, jetzt auch in größeren

(Universitäts-) Städten zu finden sind.

In den 90er Jahren konzentriert sich das GI verstärkt auf Osteuropa, da es im Zuge des Zerfalls des Ostblocks hier kulturpolitischen Nachholbedarf gab.

Während das GI erst nach und nach seine Arbeit ins Ausland verlegt, ist das IN bereits zu Beginn seiner Aktivitäten international tätig und schickt deutsche Bücher und Zeitschriften in die USA. Mit der Verbreitung interkultureller Zeitschriften setzt sich IN bereits Anfang der 60er Jahre für einen weltweiten kulturellen Dialog ein und sorgt durch die Förderung von Übersetzungsprogrammen für die Verbreitung deutscher Literatur im Ausland.

Durch die Fusionierung der beiden Vereine Anfang 2001 wurden die Kompetenzen der neuen Gesamtinstitution erweitert.

Aufgabe des fusionierten Instituts war nun

„die Förderung der Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland, die Förderung der internationalen kulturellen Zusammenarbeit und die Vermittlung eines umfassenden Deutschlandbildes durch Information über das gesellschaftliche, politische und kulturelle Leben.“[59]

Die konkreten Aufgaben des Instituts wurden in einem Rahmenvertrag mit dem AA festgehalten, der Teil des nächsten Kapitels ist. Außerdem werden dort die Leitlinien für die Auslandsarbeit behandelt genauso wie die Finanzierung der Institute. Am Anfang des Kapitels steht die Organisationsstruktur des Instituts.

3.2 Organisationsstruktur des Instituts

Das GI, dessen Zentrale sich in München befindet, unterhält – wie bereits erwähnt – nicht nur im Ausland Institute, sondern auch innerhalb Deutschlands. In den deutschen Instituten können AusländerInnen Deutschkurse unterschiedlichen Niveaus und mit verschiedenen Abschlüssen belegen.[60]

Die Inlandsinstitute befinden sich sowohl in Großstädten als auch in kleineren Städten, so dass ganz nach den persönlichen Vorlieben ein geeignetes Institut gefunden werden kann.

Präsidentin des GIs ist die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Jutta Limbach, Generalsekretär ist

Dr. Andreas Schlüter.

Das höchste Organ des GIs ist seine Mitgliederversammlung, zu der Abgeordnete des Bundestages, die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das AA, sowie Persönlichkeiten aus Medien, Kultur und Wirtschaft gehören.[61]

[...]


[1] Vgl. www.ifa.de/w/dwaass_50jahre_ifa.htm [Stand: 05.04.2004].

[2] Hoffmann, Hilmar, ehemaliger Präsident des GI zitiert nach Scholz, Antje: Verständigung als Ziel interkultureller Kommunikation- Eine kommunikationswissenschaftliche Analyse am Beispiel des Goethe-Instituts, Münster, 2000, S. 112.

[3] Anm.: Unter Entwicklungs(zusammen)arbeit wird hier die technische und finanzielle Hilfe verstanden, die ein (Entwicklungs)land von einem Industrieland erhält, um seine wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung zu optimieren. Die kulturelle Entwicklungszusammenarbeit versucht diese Optimierung mit kulturellen Mitteln zu erreichen.

[4] Siehe Bibliographie

[5] Vgl. Trommer, Siegfried: „Die Mittlerorganisationen der Auswärtigen Kulturpolitik“, Tübingen, 1984, S. 2.

[6] Malinowski, B.: Eine wissenschaftliche Theorie der Kultur“, 1949, zitiert nach Trommer, 1984, S. 3.

[7] Zitiert nach Thesing, Josef: Kulturdialog und neue Weltordnung, in: Zeitschrift für Kulturaustausch 44, 1994/4, Stuttgart, S. 455.

[8] Vgl. Trommer, 1984, S. 8.

[9] Zitiert nach ebenda, S. 9.

[10] Zitiert nach ebenda, S. 10.

[11] Vortrag von Hans Arnold anlässlich der Jahrestagung des ifa in Stuttgart am 13. Oktober 1973, zitiert in: Arnold, Hans: Kulturexport als Politik?, Tübingen und Basel, 1976, S. 29.

[12] Zitiert nach ebenda, S. 38.

[13] Vgl. ebenda, S. 38.

[14] Zitiert nach Trommer, S. 12.

[15] Zitiert nach ebenda, S.12.

[16] Zitiert nach Werz, Nikolaus: Auswärtige Kulturpolitik: Kontinuität oder Wandel? In: Außenpolitik 43, 1992, S. 246.

[17] Znined-Brand, Victoria: Deutsche und französische auswärtige Kulturpolitik. Eine vergleichende Analyse. Frankfurt, 1999, S. 20.

[18] Zitiert nach ebenda, S. 21.

[19] Arnold, Hans: Auswärtige Kulturpolitik. Ein Überblick aus deutscher Sicht. München, Wien. 1980. S. 13/14.

[20] Zitiert nach ebenda S. 14.

[21] Znined-Brand, 1999, S. 52.

[22] Vgl. ebenda, 1999, S. 35.

[23] Jahrbuch für auswärtige Politik, Frankfurt, 1962/63, S. 6.

[24] Zitiert nach ebenda, S. 7.

[25] Hier wird deutlich, dass man von einem eingeschränkten, sehr eng gefassten Kulturbegriff ausgeht, welcher in Kapitel 1.1 bereits erläutert wurde.

[26] Zitiert nach Arnold, 1980, S. 105.

[27] Ebd., S. 106.

[28] Zitiert nach Peisert, Hansgert: Die auswärtige Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart. 1978.

[29] Zitiert nach ebenda, S. 44.

[30] Ralf Dahrendorf, parlamentarischer Staatssekretär, in einem Referat im Goethe-Institut Rom am 3. 3. 1970, zitiert nach Kretzenbacher, 1992, S. 180.

[31] Zitiert nach Trommer, 1984, S. 5.

[32] Auszug aus den ‚18 Leitsätze für die Auswärtige Kulturpolitik’ siehe Anhang.

[33] Zitiert nach Hamm-Brücher, Hildegard: Kulturbeziehungen weltweit. Ein Werkstattbericht zur auswärtigen Kulturpolitik. München, Wien, 1980, S. 37.

[34] Ebd., S. 73.

[35] Ebd., S. 73.

[36] Ebd., S. 73.

[37] Ebd., S. 73.

[38] Pfetsch, Frank R.: Einführung in die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland, Opladen, 1981, S. 100.

[39] Schulte, Karl-Sebastian: Auswärtige Kulturpolitik im politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Konzeptionsgehalt, Organisationsprinzipien und Strukturneuralgien eines atypischen Politikfeldes am Ende der 13. Legislaturperiode, Berlin, 2000, S. 62.

[40] Witte, Barthold C.: Die Auswärtige Kulturpolitik des vereinten Deutschland, in: Zeitschrift für Kulturaustausch 42, 1992, 1, S. 12-20.

[41] Zitiert nach Werz, 1992, S. 253.

[42] Vgl. Znined-Brand, 1999, S. 74.

[43] Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage im Bundestag über “Das Bild des vereinten Deutschland als Kulturnation in einer sich wandelnden Welt” vom 22.12.1993, zitiert nach Znined-Brand, 2000, S. 75.

[44] Herrmann, Karin: Auswärtige Kulturpolitik- Magd oder Muse?, zitiert nach ebenda, S.75.

[45] Zitiert nach Schulte, Karl-Sebastian, 2000, S. 64.

[46] Ihr kann man meiner Ansicht nach entgegnen, dass das GI bemüht ist, Sprach- und Kulturprogrammen gleiche Priorität einzuräumen oder beide sogar zu vereinen. Als gelungenes Beispiel sei hierfür auf die Ausstellung „Herzliche Grüße- Deutsch entdecken in einer Ausstellung über die deutsche Sprache“ verwiesen, welche in Kapitel 3.4.1 näher beschrieben wird.

[47] Znined-Brand, 1999, S. 22.

[48] Trommer, 1984, S. 52 a.

[49] Eine Auflistung aller deutschen Mittlerorganisationen ist dem Anhang zu entnehmen.

[50] Vgl. Znined-Brand, 1999, S. 23.

[51] IN fusionierte 2001 mit dem GI zu einem Gesamtinstitut, siehe Kapitel 2.

[52] Zitiert nach Znined-Brand, 1999, S. 25.

[53] Zitiert nach ebd., S. 25.

[54] Die in diesem Kapitel verwendeten Informationen über das GI stammen zum größten Teil von der Homepage des Instituts www.goethe.de und zugesandtem Informationsmaterial des GIs.

[55] Leonhard, Joachim-Felix in: Jahrbuch 2001, S. 8.

[56] Vgl. ebenda, S. 8.

[57] Zur detaillierten Geschichte von GI und IN siehe Anhang.

[58] Vgl. Kapitel 1.4, S. 17.

[59] www.goethe.de/prs/prm/de51575.htm [Stand: 14.07.2003].

[60] Informationen über Kurse und Abschlüsse im GI auf www.goethe.de/ins/de/spr/ber/deindex.htm [Stand: 10.09.2003]

[61] Innerhalb des GIs gibt es unzählige unterschiedliche Abteilungen und Bereiche, die Institutsstruktur ist sehr vielfältig. Das sich im Anhang befindliche Organigramm stellt die Strukturen im einzelnen dar.

Ende der Leseprobe aus 99 Seiten

Details

Titel
Vom Geben und Nehmen. Die Goethe-Institute und deutsche Kulturpolitik im Ausland (unter besonderer Berücksichtigung des Goethe-Instituts Dakar)
Hochschule
Universität des Saarlandes
Note
1,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
99
Katalognummer
V38636
ISBN (eBook)
9783638376402
Dateigröße
805 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Geben, Nehmen, Goethe-Institute, Kulturpolitik, Ausland, Berücksichtigung, Goethe-Instituts, Dakar)
Arbeit zitieren
Katrin Eisfeld (Autor:in), 2004, Vom Geben und Nehmen. Die Goethe-Institute und deutsche Kulturpolitik im Ausland (unter besonderer Berücksichtigung des Goethe-Instituts Dakar), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38636

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