Untersuchung der Variation von Bodenreaktionskräften infolge schuhorthopädischer Maßnahmen bei Sportschäden


Examensarbeit, 2004

88 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Begriffsklärungen
1.1 Bodenreaktionskraft
1.2 Kraftmessplatte
1.3 Sportverletzung
1.4 Sportschaden
1.5 Bänderriss
1.6 Shore-Härte
1.7 Interpolation

2. Theorie des Gehens und Laufens
2.1 Physiologie des menschlichen Gangbildes
2.2 Bodenkontaktphase des Standbeins bei einem Laufschritt

3. Untersuchungen der Testpersonen
3.1 Medizinische Untersuchung an der Klinik
3.2 Untersuchung beim Schuhorthopäden

4. Versuchsbeschreibung
4.1 Versuchsaufbau
4.2 Kalibrierung
4.3 Markierungspunkte der Testpersonen
4.4 Bestimmung des Pronationswinkel

5. Testpersonen der Versuche
5.1 Testperson 1 (Johannes Mayer)
5.1.1 Daten zu Testperson 1
5.1.2 Medizinisches Untersuchungsergebnis
5.1.3 Einlagenversorgung
5.1.4 Abmessungen der Markierungspunkte
5.2 Testperson 2 (Dennis Birtel)
5.2.1 Daten zu Testperson 2
5.2.2 Medizinisches Untersuchungsergebnis
5.2.3 Einlagenversorgung
5.2.4 Abmessungen der Markierungspunkte
5.3 Testperson 3 (Jan Einig)
5.3.1 Daten zu Testperson 3
5.3.2 Medizinisches Untersuchungsergebnis
5.3.3 Einlagenversorgung
5.3.4 Abmessungen der Markierungspunkte
5.4 Testperson 4 (Christoph Löhr)
5.4.1 Daten zu Testperson 4
5.4.2 Medizinisches Untersuchungsergebnis
5.4.3 Einlagenversorgung
5.4.4 Abmessungen der Markierungspunkte
5.5 Testperson 5 (Thomas Jaeger)
5.5.1 Daten zu Testperson 5
5.5.2 Medizinisches Untersuchungsergebnis
5.5.3 Einlagenversorgung
5.5.4 Abmessungen der Markierungspunkte

6. Ergebnisse/Auswertung der Versuche
6.1 Ergebnisse aus den Versuchen mit Testperson 1
6.2 Ergebnisse aus den Versuchen mit Testperson 2
6.3 Ergebnisse aus den Versuchen mit Testperson 3
6.4 Ergebnisse aus den Versuchen mit Testperson 4
6.5 Ergebnisse aus den Versuchen mit Testperson 5
6.6 Allgemeine Ergebnisse aus den Versuchen mit den fünf Testpersonen

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Anhang
1 Experimentelle Ermittlung der Eigenfrequenz
2 Erfassung von nicht unmittelbar auf die Kraftmessplatte wirkenden Kräften
3 Erläuterung der Herstellerdaten (Datenblatt)
4 Messgenauigkeit der Kraftmessplatte mit und ohne PVC-Belag
5 Erläuterungen zum Interpolationsverfahren

Einleitung

Auf der einen Seite stellt der Freizeitsport einen unverzichtbaren Ausgleich für den krankmachenden Bewegungsmangel dar. Auf der anderen Seite gefährden übertriebene sportliche Aktivitäten die Schwachstellen des Bewegungsapparates. Sie manifestieren sich als Sportverletzungen oder Überlastungsfolgen an Muskeln, Sehnen und Bänder. Die Zahl der durch den Breitensport verursachten <Freizeiterkrankungen> nimmt ständig zu, so daß Allgemeinmediziner, Sportärzte, Orthopäden und Sporttraumatologen sich immer häufiger mit sportlich bedingten Gesundheitsschäden befassen müssen.“ (Arendt 1990, S.11)

Diese Schäden zu vermeiden ist eine von mehreren Aufgaben eines Schuhorthopäden. Meist geschieht dies durch die Anfertigung einer Einlage. Daraus ergibt sich eine interessante Fragestellung, auf deren Beantwortung diese Arbeit abzielt: Kann die Entstehung von Sportschäden infolge von Sportverletzungen durch den Einsatz von Einlagen vermieden werden?

Im Rahmen dieser Examensarbeit wird das Laufen mit und ohne Einlage nach einer Sportverletzung untersucht. Anhand der Analyse der Bodenreaktionskräfte und des Pronationswinkels beim Laufen soll gezeigt werden, inwiefern schuhorthopädische Maßnahmen das individuelle Laufen beeinflussen bzw. verbessern. Möglicherweise werden keine sehr großen Unterschiede zu sehen sein. Man muss jedoch bedenken, dass kleine Unterschiede auf große Laufstrecken (Marathonlauf) bezogen einen großen Effekt haben können. Gleichzeitig sollen verschiedene Aspekte zur Funktionsweise der Kraftmessplatte überprüft werden.

Diese Examensarbeit wurde aufgrund der Zusammenarbeit des Institutes für Sportwissenschaften der Universität Koblenz-Landau, Abteilung Koblenz und der Orthopädie-/Schuhtechnik Jaeger aus Lahnstein ermöglicht. Diese Zusammenarbeit gründet auf dem Erwerb einer Kraftmessplatte und vier 80Hz-Kameras des Instituts für Sportwissenschaften.

Für diese Examensarbeit wurden fünf Testpersonen benötigt, die sich im Rahmen sportlicher Aktivitäten einen Bänderriss am Fuß zugezogen hatten. Die Firma Orthopädie-/Schuhtechnik Jaeger stellte nach einer eingehenden medizinischen Untersuchung an der Klinik Lahnhöhe in Lahnstein, sowie einer Untersuchung im hauseigenen Biomechaniklabor sensomotorische Einlagen für die Probanden her. Dabei handelt es sich zunächst um eine schuhorthopädische Maßnahme nach einer Sportverletzung. Diese Maßnahmen dienen jedoch auch der Prävention von Sportschäden, die durch eine mögliche Fehlbelastung des Fußes entstehen können.

Kapitel 1 befasst sich mit Begriffsklärungen und Definitionen, die grundlegend für das Verständnis der nachfolgenden Kapitel sind. Im zweiten Kapitel wird die Theorie des Gehens und Laufens beschrieben. Hierbei erfolgt eine Konzentration auf den für diese Examensarbeit relevanten Teil des Laufzyklus. Die nachfolgenden Kapitel geben einen Überblick über die durchgeführten Untersuchungen an der Klinik und beim Schuhorthopäden, sowie eine detaillierte Beschreibung der Versuchsreihen. Die Daten zu den fünf Testpersonen sind dem Kapitel fünf zu entnehmen. An dieser Stelle wird das Untersuchungsergebnis der Klinik zu jedem Probanden vorgestellt und die Besonderheiten der individuellen Einlagenversorgung durch den Schuhorthopäden erklärt. Der letzte Teil dieser Examensarbeit behandelt die Auswertung der Versuche. Nach einer separaten Betrachtung der Ergebnisse zu jedem Probanden erfolgt der Versuch, allgemeine Aussagen zu treffen. Ergänzend dazu befinden sich im Anhang Erläuterungen zur Kraftmessplatte und des verwendeten Interpolationsverfahren sowie Ergebnisse zu Versuchen, mit denen die Messgenauigkeit der Kraftmessplatte überprüft wurde.

1. Begriffsklärungen

Im Rahmen dieser Examensarbeit wird die Variation der Bodenreaktionskräfte infolge schuhorthopädischer Maßnahmen nach Sportschäden mit Hilfe einer Kraftmessplatte untersucht. Im ersten Kapitel werden neben der „Bodenreaktionskraft“ und der „Kraftmessplatte“ folgende Begriffe geklärt: „Sportverletzungen“ werden von „Sportschäden“ abgegrenzt, die Entwicklung eines „Bänderrisses“ erläutert und zwei Begriffe, die für die Versuchsreihen wichtig sind, „Shore-Härte“ und „Interpolation“ erklärt.

1.1 Bodenreaktionskraft

Die Bodenreaktionskraft steht in enger Verbindung mit dem dritten Newton’schen Axiom, was auch als Wechselwirkungsgesetz bezeichnet wird. Die Gleichung zu diesem Gesetz lautet:

actio = reactio

Es wird wie folgt verbalisiert: „Kräfte treten immer paarweise auf. Wenn Körper A eine Kraft auf Körper B ausübt, so wirkt eine gleich große, entgegengesetzt gerichtete Kraft von Körper B auf Körper A“ (Tipler 1998, S.93).

Die Bodenreaktionskraft ist die gleich große, entgegengesetzt gerichtete Kraft zu der Kraft, die ein Körper auf den Boden ausübt.

Im allgemeinen Fall wird eine Kraft mit

F = ma

(F = wirkende Kraft, m = Masse des Körpers, a = Beschleunigung des Körpers)

beschrieben.

Betrachtet man die Kraft auf einen ruhenden Körper, spricht man von der Gewichtskraft (G) mit der Formel:

G = mg

(G = Gewichtskraft, m = Masse des Körpers, g = Erdbeschleunigung mit dem Wert 9,81 m/s2).

Die Gewichtskraft ist die Kraft, die aufgrund der Massenanziehung der Erde auf den Körper wirkt. Der Boden, auf dem der Körper steht, wirkt dieser Kraft entgegen und der Körper bleibt auf dem Boden liegen oder stehen. Deshalb auch die Begriffsbezeichnung „Bodenreaktionskraft“, da vom Boden aufgrund einer Aktion eine Reaktion erfolgt, die eine gewisse Kraft hervorbringt.

Die Einheit der Kraft ist F = [1 N] (N steht für Newton).

Beim Menschen kann die Bodenreaktionskraft zeitlich variieren. Ist der menschliche Körper in Ruhe, haben die Gewichtskraft und somit auch die Bodenreaktionskraft einen konstanten Wert. Im Gegensatz dazu bewirkt das Hochspringen eines Menschen, dass sich die Bodenreaktionskraft im Vergleich zum Ausgangswert durch das Abdrücken mit den Füßen vergrößert. Federt man beispielsweise diesen Sprung beim Auftreffen ab, erhält die Bodenreaktionskraft während dem Abfedern einen kleineren Wert.

1.2 Kraftmessplatte

Die Kraftmessplatte funktioniert über vier Sensoren, die in drei Komponenten aufgeteilt sind. Diese Komponenten ermöglichen eine Unterscheidung der auftretenden Kräfte in x-, y- und z-Richtung. Die vier Sensoren sind jeweils an den Eckpunkten der Kraftmessplatte angebracht. Diese Sensoren bestehen aus Piezo-Kristallen. Mit Hilfe dieser Kristalle lassen sich die durch Kräfte entstehenden Druck- und Zugkräfte in elektrische Ladungen umwandeln. Dies bezeichnet man auch als piezoelektrischen Effekt. Die abgegebenen Ladungen verhalten sich proportional zu den einwirkenden Kräften.

Die von der Messplatte gelieferten analogen Daten werden mit einem 16-bit-A/D-Wandler in digitale Werte umgewandelt und können am Computer mit Hilfe des Programms Simi°Motion in einem Graphen sichtbar gemacht werden. Wie im Anhang beschrieben wird, kann man für die Genauigkeit einer Messung aus vier Messgenauigkeitsstufen auswählen. Für die Messungen beim Laufen der Testpersonen wurde immer der Bereich 2 (10.000 pC) ausgewählt.

Für die Versuche im Rahmen dieser Examensarbeit wurde eine Kraftmessplatte der Firma Kistler verwendet, die in der Sporthalle des Instituts für Sportwissenschaften an der Universität Koblenz im Hallenboden eingelassen ist. Die verwendete Kraftmessplatte hat eine Größe von 90 cm Länge und 60 cm Breite. Die Messplatte ermöglicht es, auftretende Kräfte in x-, y- und z-Richtung zu erfassen. Die für diese Arbeit erforderlichen Werte für die Bodenreaktionskraft in x- und z-Richtung lassen sich mit dieser Kraftmessplatte aufnehmen.

1.3 Sportverletzung

Die Ursache einer Sportverletzung ist ein Unfall, der sich beim Ausüben einer Sportart ereignet. Die Verletzung kann entweder durch das Einwirken eines Gegenspielers oder durch ein zufälliges, unvorhergesehenes Ereignis, zum Beispiel das Umknicken des Fußes beim Laufen, entstehen. Es gibt für jede Sportart typische Verletzungen, beispielsweise Fußverletzungen beim Fußball oder Hand- bzw. Fingerverletzungen beim Hand- oder Basketball. Eine Sportverletzung kennzeichnet sich dadurch, dass sie strukturell und funktionell ausheilen kann, was in verschiedenen Fällen operativ unterstützt wird. Die Sportverletzung kann jedoch „durch ein einziges Makrotrauma bzw. rezidivierende Mikrotrauma zum Sportschaden werden.“ (Bläsius 1999, S.7)

1.4 Sportschaden

Der Sportschaden entsteht nicht wie die Sportverletzung durch einen Unfall, sondern durch einen Prozess, der eine Folge einer Sportverletzung sein kann. Kennzeichnend für den Sportschaden ist, dass er strukturell irreversibel ist, funktionell jedoch durch eine entsprechende Behandlung und Therapie wieder zu beheben ist.

Eine andere Möglichkeit für die Entstehung eines Sportschadens ist eine häufig wiederholte Fehlbelastung, die zu einer Schädigung und einem Funktionsverlust des Gewebes führt.

Die genaue Abgrenzung zu einer Sportverletzung ist nicht immer zu erkennen, da auch vereinzelte Verletzungen auf eine Fehlbelastung zurückzuführen sind. Ein Beispiel dafür ist der Riss eines Meniskus; Er wird als Sportverletzung definiert, basiert jedoch auf einer Vorschädigung des Gewebes.

Zu den Ursachen von Sportschäden zählen außerdem eine angeborene oder erworbene Resistenzminderung des Gewebes, eine statische Fehlstellung, fehlerhaftes Training, ungenügend ausgeheilte Verletzungen, unzureichende Sportgeräte, ungünstige Bodenverhältnisse sowie Überbelastungen. Speziell bei Überlastungsschäden spielen weitere Faktoren wie Fehlstellung (zum Beispiel Hyperpronation des Fußes), Beinlängendifferenz, Muskelschwäche, Flexibilitätseinschränkung, Gelenkinstabilität oder Übergewicht eine wichtige Rolle.

1.5 Bänderriss

Ein Bänderriss im Sprunggelenk des Fußes kann auf zwei Arten entstehen: Entweder durch eine starke Supinationsbewegung oder eine Pronationsbewegung. Je nachdem welche Bewegung zum Bänderriss führt, sind verschiedene Bänder des Fußes davon betroffen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: fibulare Seitenbänder (aus Voss/Herrlinger, 1983, S.216)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: tibiales Seitenband (aus Voss/Herrlinger, 1983, S.216)

Abbildung 1 zeigt, dass bei starker Supinationsbewegung das äußere, sogenannte fibulare Seitenband verletzt werden kann. Das fibulare Seitenband ist in drei Bänder aufgeteilt: das Ligamentum fibulare anterius, das Ligamentum fibulocalcaneare und das Ligamentum fibulotalare posterius. Das tibiale Seitenband, das ebenfalls in drei Bänder aufgeteilt ist (Pars tibionavicularis, tibiocalcanearis und tibiotalaris anterior und posterior), wird bei zu starker Pronation beschädigt.

1.6 Shore-Härte

Das Attribut „Härte“ beschreibt das Verschleißverhalten eines Körpers. Im Bezug auf die verwendeten Puffermaterialien bestimmt der Härtegrad nicht nur das Verschleißverhalten, sondern auch die Absorbtionsfähigkeit von Stößen und Bewegungen.

Die Shore-Härte (Sh) ist ein Werkstoffkennwert für Elastomere das heisst, formfeste, aber elastisch verformbare Kunststoffe. Die Shore-Härte wird mit einem Prüfgerät ermittelt, welches aus einem federbelasteten Stift besteht, dessen elastische Eindringtiefe ein Maß für die entsprechende Shore-Härte des Materials ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der ermittelte Härtegrad wird auf einer Skala von 0 (=weich) bis 100 (=hart) in Shore (Sh) wiedergegeben. Es wird zwischen Shore-A und Shore-D unterschieden, wobei die erstgenannte Kategorie nach Messungen bei Weichelastomeren mit einer Nadel mit kleinem Radius und die letztgenannte Kategorie nach Messungen bei Zähelastomeren mit einer Nadel mit großem Radius verwendet wird.

1.7 Interpolation

Interpolation ist ein Hochrechnungsverfahren zur näherungsweisen Bestimmung von unbekannten Punkten, die sich auf einer Kurve oder Geraden zwischen bekannten Punkten befinden. Bei der Interpolation werden aus bereits vorhandenen Dateninformationen, den Stützstellen, neue Daten, so genannte Zwischenwerte, ermittelt und dem bestehenden Datensatz hinzugefügt“. (www.matheboard.de 2.11.2004)

Das Interpolationsverfahren wurde im Rahmen dieser Examensarbeit dazu verwendet, die gewonnenen Kraftdaten mit den aus den Videodaten erhaltenen Winkeldaten zu vergleichen. Ein direkter Vergleich ist nur bedingt möglich, da die Videodaten mit einer Frequenz von 80 Hz aufgenommen wurden, während die Aufnahmefrequenz der Kraftdaten 1000 Hz betrug.

Die Interpolation ermöglicht es jedoch, die Daten so zu bearbeiten, dass beide eine gleiche Frequenz haben. Durch dieses Verfahren wird künstlich eine Aufnahmefrequenz für Winkel- und Kraftdaten von 2000 Hz hergestellt. Somit lassen sich beide Datenreihen in einer Graphik darstellen und direkt miteinander vergleichen.

Eine genaue Erläuterung des Interpolationsverfahrens ist dem Anhang zu entnehmen.

2. Individualität des Gehens und Laufens

Dieses Kapitel beschreibt die Individualität des Gehens und Laufens. Außerdem erfolgt hier eine Erklärung der für die Untersuchung bedeutenden Phasen des Auftretens bei einem Laufschritt.

2.1 Physiologie des menschlichen Gangbildes

Das menschliche Gangbild ist sehr individuell und somit sehr verschieden. Das liegt vor allem an unterschiedlichen Verhaltens- und Lebensweisen, Lebensumständen und unterschiedlichen Ausprägungen in der kognitiven und motorischen Entwicklung. Ein einheitliches Erscheinungsbild des menschlichen Gehens ist deshalb kaum festzulegen. Durch Studien wurde jedoch bewiesen, „dass immer dieselben Voraussetzungen und Fähigkeiten Grundlage eines harmonisch fließenden Gangbildes sind.“ (Götz-Neumann, Kirsten 2003, S. 5)

Götz-Neumann zeigt in ihrem Buch „Gehen verstehen“ einige Voraussetzungen für das Gehen auf. Dazu zählen unter anderem eine gesunde Energieversorgung, gesunde Gelenke, die Funktionstüchtigkeit der Augen und Sehnerven, ein gesundes neuromuskuläres System, die Motivation zum Gehen, ein dynamisches Equilibrium (d.h. die Fähigkeit, das Gleichgewicht beim Stehen und in der Bewegung zu halten), unabhängiger Gebrauch der Arme, symmetrischer und asymmetrischer Einsatz von Körper oder Gliedmaßen, das Generieren von Kräften (d.h. die Fähigkeit einschätzen zu können, wie viel Kraft man für eine bestimmte Bewegung benötigt) sowie die Fähigkeit des Absorbierens einer Kraft, die z.B. beim Hinabsteigen einer Treppe aufgewendet werden muss.

Als weitere Faktoren, die zu einer Individualität des Gehens führen, sind Alter und Geschlecht zu nennen. Ältere Menschen zum Beispiel nehmen beim Gehen eher eine gebückte Haltung ein. Weiterhin wird der Gang durch Körpergröße, Körperbau, Gewicht und Masseverteilung beeinflusst. Ein weiterer Faktor, das Schuhwerk, wird durch die Mode beeinflusst.

Eine einheitliche Norm im Bezug auf das Gehen lässt sich folglich nicht genau definieren. Normwerte für Drehmomente, Winkel, Beschleunigungen und Belastungen können jedoch festgelegt und verglichen werden.

Diese Individualität des Gehens kann ebenfalls auf das Laufen übertragen werden. Dem zur Folge treffen alle zuvor genannten Punkte nicht nur aufs Gehen, sondern auch auf das Laufen, das im Rahmen dieser Arbeit untersucht wird, zu.

2.2 Bodenkontaktphase des Standbeins bei einem Laufschritt

In diesem Kapitel wird der speziell für diese Examensarbeit notwendige Verlauf des Auftretens eines Laufschrittes im Laufen beschrieben. Abbildung 3 zeigt eine Kurve der z-Komponente der Bodenreaktionskraft.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: z-Komponente der Bodenreaktionskraft beim Auftreten im Laufen

Diese Kurve kann man im Bezug auf den Verlauf des Auftretens in verschiedene Phasen unterteilen: Die hellgelb hinterlegte erste Phase beschreibt den Zeitraum vom ersten Bodenkontakt des Fußes bis zum fast kompletten Aufsatz der Schuhsohle. Die Abbildungen 4a, b zeigen den Videoausschnitt aus der Sicht von Kamera 3 und 1 am Ende dieser Phase.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4a,b: Videoausschnitt von Kamera 3 und 1 am Ende der ersten Phase

In der Abbildung 3 ist zu erkennen, dass im Anschluss daran die z-Komponente der Bodenreaktionskraft kleiner wird. Dieser Effekt ist damit zu erklären, dass der Läufer nach dem Auftreffen das Knie beugt. Dieser automatisierte Mechanismus dient dem Schutz der Gelenke.

Im Folgenden steigt die Bodenreaktionskraft wieder an, was einerseits damit zu erklären ist, dass der Läufer das Knie wieder aufstreckt, andererseits das andere Bein nach vorne schwingt. Am Ende der rot hinterlegten Phase (Abbildung 3) sind beide Kniegelenke nebeneinander (Abbildungen 5a, b).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5a, b: Videoausschnitt von Kamera 3 und 1 am Ende der zweiten Phase

In der nun folgenden Abdruckphase wird der Wert der z-Komponente der Bodenreaktionskraft kontinuierlich kleiner, weil das Stanbein währenddessen durch das Schwungbein entlastet wird.

3. Untersuchungen der Testpersonen

Die Probanden wurden vor der Einlagenversorgung zweimal untersucht. In diesem Kapitel werden sowohl die medizinische Untersuchung, als auch die Untersuchung beim Schuhorthopäden dokumentiert.

3.1 Medizinische Untersuchung an der Klinik

Die fünf Testpersonen wurden im Rahmen dieser Examensarbeit medizinisch untersucht, um den Zustand der Füße nach dem erlittenen Bänderriss zu überprüfen. Dr. med. J. Henning, Chefarzt für Orthopädie, Phys. und Reha. Medizin, Schmerztherapie und Chirotherapie im Krankenhaus Lahnhöhe/Mittelrhein in Lahnstein, führte diese Untersuchungen durch. Sie umfassten folgende Punkte:

- Eventuelle Entzündungen
- Gangbild
- Hüftbeweglichkeit
- Kniegelenkbeweglichkeit
- Kniekapselband
- Bänderschäden
- Sprunggelenk (siehe Abbildung 6)
- Mögliche neurologische Ausfälle für Sensibilität, Reflexe, Koordination und Durchblutung
- Bewegungsausmaße der Dorsal-/Plantarflexion rechts und links (siehe Abbildung 7)
- Umfangsmaße rechts und links des Knies, 10 cm und 15 cm unterhalb des Knies, kleinster Unterschenkelumfang, Knöchel, Spann und Vorfuß (siehe Abbildung 8)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.6: Überprüfung der Sprunggelenke und Bänder

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Abb. 7: Messung des Winkels Dorsal-/Plantarflexion

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Abb.8: Bestimmung der Umfangsmaße

Die Untersuchungsergebnisse der einzelnen Testpersonen werden im Kapitel 5 beschrieben.

3.2 Untersuchung beim Schuhorthopäden

Bei der Untersuchung der fünf Testpersonen bei der Firma Jaeger Orthopädie wurden folgende Schritte durchgeführt: Zunächst wurde jeder Proband auf eine Druckmessplatte (siehe Abbildung 9) gestellt, durch die die Druckverteilung des Körpergewichtes auf die Füße (Abbildung 10) sowie die Lage des Körperschwerpunktes festgestellt werden kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Untersuchung auf der Druckmessplatte

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Abb. 10: Messung der Druckmessplatte am Beispiel der Balancemessung von Testperson 1 (Johannes Mayer)

In Abbildung 10 kennzeichnen rote Flächen Stellen mit hoher Druckbelastung. Helle Flächen hingegen zeigen Stellen mit sehr geringer Druckbelastung. Die Balken in den vier Ecken geben die prozentuale Druckverteilung auf die vier Bereiche wieder. Es zeigt sich, dass Testperson 1 rechts zu 43 % auf dem Zehenbereich und zu 14 % auf dem Ballenbereich steht, zusammen also zu 57 % den rechten Fuß belastet. Die übrigen 43 % der linken Seite verteilen sich zu 26 % auf den Zehenbereich und zu 17 % auf den Ballenbereich.

Die Lage des Körperschwerpunktes ist in der Abbildung 10 durch die unregelmäßigen Linienverläufe zwischen den beiden Füßen zu erkennen. Im normalen Stand liegt der Schwerpunkt relativ mittig. Die Verlagerung nach vorne rechts erfolgt durch die Aufrichtung in den Hochzehenstand. Da Testperson 1 ihren Bänderriss links hatte, ist diese rechtsseitige Verlagerung eine natürliche Schutzreaktion des verletzten linken Fußes.

Im nächsten Schritt erfolgte eine Fotoaufnahme des Fußes von unten (Abbildung 10), bevor mit Hilfe eines Scanners der Fuß gescannt wurde (Abbildung 11). Die unterschiedlichen Farben beim Messergebnis zeigen ein Höhenprofil an, wobei rot eine kleine und grün eine größere Höhe anzeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 11: Fotoaufnahme der Füße von unten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 12: Scannen des linken Fußes mit dazugehörigem Ergebnis

Als letztes wurde eine Laufbandanalyse am Computer durchgeführt (Abbildung 13), bei der die Testperson bei 8 km/h auf einem Laufband von 2 Kameras gefilmt wurde. Kamera 1 zeigte dabei die Rück- bzw. Frontansicht, Kamera 2 die seitliche Ansicht beim Laufen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 13: Laufbandanalyse am Computer

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Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Untersuchung der Variation von Bodenreaktionskräften infolge schuhorthopädischer Maßnahmen bei Sportschäden
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
88
Katalognummer
V39833
ISBN (eBook)
9783638385060
Dateigröße
1663 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Untersuchung, Variation, Bodenreaktionskräften, Maßnahmen, Sportschäden
Arbeit zitieren
Roland Kinnen (Autor:in), 2004, Untersuchung der Variation von Bodenreaktionskräften infolge schuhorthopädischer Maßnahmen bei Sportschäden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39833

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