Konzept eines Kommissionierungslagers in China für die direkte Belieferung von Filialen

Basierend auf einer fiktiven Fallstudie


Seminararbeit, 2005

23 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Kommissionierlager als Teil der Logistik
2.1 Einordnung und Begriffsdefinition
2.2 Kriterien von Kommissioniersystemen
2.2.1 Auftragszusammenführung
2.2.2 Bereitstellung
2.2.3 Abgabe

3 Situationsanalyse und Anforderungsdefinition
3.1 Aktuelle Situation und Lieferprozess der Vogel GmbH
3.2 Zukunftsszenario 2008
3.3 Rahmenbedingungen und Einschränkungen

4 Kommissionierkonzept
4.1 Lieferprozess
4.2 Lageraufbau
4.3 Organisatorisches
4.3.1 Standortwahl
4.3.2 Aufbauorganisation
4.3.3 Zeitplan
4.4 Informationsfluss zwischen Deutschland und China
4.5 Fehlertoleranz und -vermeidung

5 Kostenkalkulation
5.1 Einmalige Implementierungskosten
5.2 Laufende Kosten im Betrieb

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schematische Darstellung des Kommissionierlagers

Abbildung 2: Zeitplan für Planung, Aufbau und Testbetrieb des Kommissionierlagers

Abbildung 3: Informationsfluss zwischen Zentrale und Kommissionierlager

1 Einleitung

Die Vogel GmbH ist ein mittelständiges Handelsunternehmen aus Albstadt, welches ein kleines Netz von Filialen in Deutschland zum Vertrieb von Heimtextilien und Wohnaccessoires besitzt.[1] Ein besonderes Marketingkonzept ist der fast wöchentliche Wechsel so genannter Themenwelten in den Filialen, so dass sehr oft nahezu das komplette Sortiment ausgewechselt wird.[2] Für die nächsten Jahre plant die Vogel GmbH ein enormes Wachstum und strebt für das Jahr 2008 nicht weniger als 800 Filialen in ganz Europa an. Da die Waren fast ausschließlich in China eingekauft werden,[3] kam der Gedanke auf, einen Teil der Kommissioniertätigkeiten dorthin zu verlegen. Mit ersten Überlegungen und der Erarbeitung eines Konzepts zu dieser Fragestellung befasst sich die vorliegende Arbeit.

Eine Kommissionierung in China bringt natürlich auf Grund der langen Lieferzeiten über den Seeweg nur bei langfristig planbaren Vertriebszahlen einen Vorteil. Diese liegen bei der Vogel GmbH aber zum Teil vor, nämlich dann, wenn die Filialen mit einer neuen Themenwelt ausgestattet werden. Zeitpunkt und Umfang dieser Erstausstattungen lassen sich im Gegensatz zu den eher unbestimmten Nachlieferungen längere Zeit im Voraus relativ genau bestimmen. Weil die Vogel GmbH für fast jede Woche eine neue Themenwelt entwickelt, entfällt auf eben diese Erstausstattungen ein großer Anteil des Warenumsatzes. Würde diese Menge nun statt in Albstadt in China kommissioniert werden, könnten damit nicht nur Kosten gespart sondern gleichzeitig auch das Zentrallager entlastet werden. Dieses ist nämlich zum jetzigen Zeitpunkt schon sehr ausgelastet und könnte sich bei einer weiteren Expansion gänzlich auf die Nachschubversorgung der Filialen kümmern.

In die Betrachtungen im Rahmen dieser Arbeit einbezogen werden alle Tätigkeiten von der Anlieferung eines Herstellers über die Zwischenlagerung, Kommissionierung, Verpackung, Versandvorbereitung (d.h. Beladung der Container) und Versand. Nicht abgedeckt durch das Kommissionierlager in China sind Retoursendungen, da sie de facto nicht stattfinden. Zurzeit werden nicht verkaufte Artikel an einen Restantenverwerter abgegeben, dieses oder ein abweichendes Vorgehen wird in folgenden Betrachtungen keine Rolle spielen. Auch das weitere Vorgehen im Zielland wird nicht weiter analysiert und nur am Rande erwähnt werden.

Vor der Erarbeitung der Lösung werden wir uns mit Kapitel 2 zuerst einer kurzen Einführung in die Logistik widmen. Anschließend wird im Kapitel 3 die aktuelle Situation des Unternehmens sowie ein angestrebtes Zukunftsszenario unter logistischen Gesichtspunkten betrachtet. Auch die Ableitung der Anforderungen an das Kommissionierlager findet sich dort. Ein mögliches Konzept für die Umsetzung wird in Kapitel 4 ausführlich beschrieben und diskutiert. Schließlich werden im letzten Kapitel die anfallenden Kosten und die resultierenden Kostenvorteile kalkuliert.

2 Das Kommissionierlager als Teil der Logistik

2.1 Einordnung und Begriffsdefinition

Unter Kommissionierung versteht man „das Zusammenstellen von bestimmten Teilmengen (Artikeln) aus einer Gesamtmenge (Sortiment) aufgrund von Bedarfsinformationen (Aufträgen).“[4] Die Ursache für die Notwendigkeit einer Kommissionierung ist die Tatsache, dass die vom Lieferanten oder der eigenen Produktion kommenden sortenreinen Transporteinheiten (Paletten, Behälter, etc.) auftragsabhängig auf meist gemischte Transporteinheiten umgepackt werden müssen. Im Warenflusssystem befindet sich das Kommissionierlager also zwischen dem Vorratslager (meist Hochregallager) und dem Warenausgang. Oftmals werden auch das Verpacken und der Versand in die Kommissionierung mit eingeschlossen.

2.2 Kriterien von Kommissioniersystemen

In der Fachliteratur findet man die verschiedensten Typisierungen von Kommissioniersystemen. Im Folgenden sollen die wesentlichen dargestellt und kurz erläutert werden.

2.2.1 Auftragszusammenführung

Grundsätzlich kann die Kommissionierung auftragsbezogen oder artikelbezogen [5] stattfinden. Ersteres bedeutet, dass pro Auftrag alle relevanten Artikel in einem Durchgang gesammelt werden. Wird dagegen artikelweise kommissioniert, fasst man mehrere Aufträge einer bestimmten Zeiteinheit zusammen und kann so größere Mengen eines Artikels auf einmal entnehmen. Allerdings wird dieser Zeitvorteil durch das spätere Vereinzeln und nach Aufträgen wieder relativiert. Ein Vorteil ergibt sich bei der artikelbezogenen Kommissionierung laut Pieper[6] nur bei Aufträgen mit weniger als 30 Positionen.

Zur Verteilung des Arbeitsaufwands auf mehrere Personen bzw. zur Strukturierung z.B. nach Warengruppen kann die Kommissionierung statt einzonig auch mehrzonig erfolgen.[7] Bei der Aufteilung in mehrere Zonen hat man wiederum die Wahl, ob das Sammeln sequentiell oder parallel stattfinden soll.[8] Sequenziell bedeutet, dass in jeder Zone ein Teil des Auftrags abgearbeitet und anschließend die angefangene Transporteinheit mitsamt dem Kommissionier-beleg in die nächste zu bearbeitende Zone weitergereicht wird. Hierbei ist zwar die Koordination relativ einfach, die Abhängigkeit zwischen den verschiedenen Zonen aber groß. Genau umgekehrt ist es bei der parallelen Kommissionierung: Hierbei wird der Auftragsteil einer Zone unabhängig von den anderen Zonen ausgeführt, muss aber später mit den anderen Auftragsteilen wieder zusammen geführt werden. Wird nur in einer Zone kommissioniert geschieht dies entsprechend immer parallel.

2.2.2 Bereitstellung

Die Bereitstellung der Waren kann statisch oder dynamisch erfolgen.[9] Dabei heißt statische Bereitstellung, dass sich die Ware an einem festen Platz befindet und dort vom Kommissionierer aufgenommen wird. Dieser bewegt sich demzufolge von einem Artikel zum nächsten, weshalb dieses System auch „Mann zur Ware“ genannt wird.[10] Im Gegensatz dazu befindet sich der Kommissionierer bei der dynamischen Bereitstellung („Ware zum Mann“) an einem festen Platz und die Artikel werden für die Entnahme zu ihm transportiert. Dies kann z.B. automatisch mit Hilfe von Depalettier-Robotern erfolgen[11].

Bei einer statischen Bereitstellung hat man die Wahl die Nachbefüllung der Regale über integrierte (simultane) oder separate (isolierte) Nachschubgänge durchzuführen.[12] Integriert ist das Nachschubsystem, wenn die Lagerplätze über demselben Weg befüllt wie geleert werden. Das bringt bei hoher Kommissionierleistung natürlich das Risiko mit sich, dass sich Kommissionierer und Nachfüller gegenseitig behindern. Dieses Problem kann mit separaten Nachschubgängen verhindert werden. Bei einer dynamischen Bereitstellung ist diese Entscheidung von geringerer Bedeutung, da Warenentnahme und –abgabe meist sowieso über getrennte Wege bzw. Förderer laufen müssen, da Wareneingang und Vorratslager vom Warenausgang getrennt sind.

2.2.3 Abgabe

Auch bei der Artikelabgabe gibt es Alternativen, sie kann zentral oder dezentral erfolgen.[13] Dabei bedeutet zentrale Abgabe, dass alle Waren (eines Auftrags oder Teilauftrags) in einem Behälter gesammelt und anschließend an einer zentralen Auftragssammelstelle abgelegt werden. Erfolgt die Abgabe dezentral, werden die entnommenen Artikel sofort abtransportiert, z.B. über einen Förderer. Eine dezentrale Abgabe macht also in den meisten Fällen nur im Zusammenhang mit einer dynamischen Bereitstellung Sinn.

3 Situationsanalyse und Anforderungsdefinition

Im folgenden Kapitel soll nun die Ist-Situation der Vogel GmbH, insbesondere in Bezug auf logistische Kennzahlen, untersucht und Anforderungen an ein Kommissionierlager in China zusammengestellt werden. Neben der derzeitigen Unternehmenssituation interessiert uns natürlich auch ein mögliches Zukunftsszenario, damit das Lager den wachsenden Anforderungen gerecht wird. Schließlich werden wir kurz auf die Anforderungen an vor- und nachgelagerte Stellen eingehen und Einschränkungen bzw. Grenzen unserer Idee aufzeigen.

3.1 Aktuelle Situation und Lieferprozess der Vogel GmbH

Die Vogel GmbH vertreibt Wohnaccessoires, Textilien, Dekorationsartikel sowie Lebensmittel. Letzteres beschränkt sich nur auf einfach zu lagernde Güter (keine Kühlwaren), somit lässt sich feststellen, dass wir es lagertechnisch gesehen mit relativ einfachen Waren zu tun haben. Weder sind Sperr- oder Gefahrengüter noch besondere Temperaturanforderungen zu beachten; auch das Gewicht der Gebinde ist nicht außergewöhnlich (z.B. wiegt ein Karton Textilien mittlerer Größe ca. 5 bis 10 Kilogramm). Damit kann auf aufwändige Technik oder besondere Vorsichts-maßnahmen verzichtet werden. Allerdings ist das Produktportfolio relativ groß; es werden insgesamt etwa 2.300 Artikel vertrieben, wovon ca. 1.500 Saisonartikel sind[14], die in jeder Saison (es gibt bei der Vogel GmbH derer sieben) ausgetauscht werden. Allerdings befinden sich nicht alle Saisonartikel gleichzeitig im Umlauf, sondern verteilen sich auf mehrer Themenwelten. Fast jede Woche gibt es eine neue Themenwelt in den Filialen, was den Austausch von etwa 80% der Waren einer Filiale zur Folge hat.

Im Jahr 2005 betrug der gesamte Palettenumsatz 30.000 Paletten bzw. 250 Container[15], ungefähr die Hälfte davon waren Erstlieferungen von Saisonware[16]. Das ergibt eine wöchentliche Liefermenge von rund 300 Paletten. Die 30 Filialen des Unternehmens erwirtschafteten in diesem Jahr 30 Mio. Euro, womit sich ein durchschnittlicher Erlös von 1.000 Euro pro Palette ergibt. Die Waren werden von ca. 100 bis 150 Lieferanten in China geliefert. Saisonartikel werden dabei im Gegensatz zu Dauerware nur einmalig bestellt und geliefert. In den Filialen selbst steht nur eine recht kleine Lagerkapazität von zwei bis maximal 15 Paletten zur Verfügung.

Zurzeit sieht der Lieferprozess folgendermaßen aus: Die Ware wird frühzeitig bei einem Lieferanten in China bestellt. Ungefähr sechs bis acht Wochen vor dem geplanten Verkaufstermin verstaut dieser die Lieferung in einen Container. Ist dieser noch nicht voll, wird einem anderen Lieferanten gesagt, er solle seine Ware zu jenem Lieferanten bringen und noch dazu packen. Anschließend wird der Container in ca. vier[17] Wochen nach Deutschland verschifft. Dort wird er komplett auf einen LKW geladen und in das Zentrallager in Albstadt gefahren. Hier wird sie noch etwa einen Monat eingelagert, schließlich kommissioniert und an die jeweiligen Filialen geliefert.

Das Kommissionierlager muss also in der Lage sein, sehr viele Artikel in relativ geringen Stückzahlen zu kommissionieren. Es soll von der Warenanlieferung bis zum Versand alle anfallenden Tätigkeiten ausführen und eine Kommissionierleistung von mindestens 300 Paletten mit rund 200 verschiedenen Artikeln[18] pro Woche (plus Reserven) erbringen können. Da es sich um eigene Filialen und nicht um externe Kunden handelt, kann zumindest anfangs eine größere Fehlerrate in Kauf genommen werden. Weitergehendes dazu klärt Abschnitt 4.5 Fehlertoleranz und -vermeidung.

3.2 Zukunftsszenario 2008

Aufgrund der angestrebten Expansion der Vogel GmbH ist es notwendig bereits jetzt über Erweiterungsmöglichkeiten und –maßnahmen des Kommissionierlagers nachzudenken bzw. es gleich von Beginn an nach den zu erwartenden Anforderungen zu planen.

Dabei ist zuerst einmal von einer Beibehaltung der Themenwelten und dadurch von einem gleich bleibenden Warenumfang auszugehen. Die Vertriebsstruktur wird sich aber möglicherweise in Richtung Franchising entwickeln. Die hat zur Folge, dass nicht mehr nur unternehmenseigene Filialen sondern auch rechtlich selbstständige Einheiten beliefert werden müssen. Dies wiederum kann Auswirkungen auf Fehlertoleranz und geforderte Lieferqualität haben.

Bis zum Jahr 2008 wird ein europaweites Vertriebsnetz mit 800 eigenen Filialen oder Franchisenehmern mit einem Gesamtumsatz von 800 Millionen Euro erwartet. Bei gleich bleibendem durchschnittlichem Erlös pro Palette ergeben sich damit etwa 800.000 Paletten jährlich. Für die Erstbelieferung dieser Filialen werden nach oben genannter Rechnung etwa 8.000 pro Woche anfallen. Dies entspricht etwa 200 40-Fuß ISO-Containern. Damit ergibt sich in drei Jahren fast eine jährliche Verdreifachung des Handelsvolumens.

3.3 Rahmenbedingungen und Einschränkungen

Für den Aufbau eines Kommissionierungslagers in China gibt es allerdings auch einige Einschränkungen bzw. Vorbedingungen. Diese solle hier kurz dargestellt werden.

Eine Expansion nach China macht natürlich nur Sinn, wenn auch weiterhin dort oder zumindest in der Nähe eingekauft wird. Auch muss die Warenmenge, die als Erstbelieferung an die Filialen geht, groß genug sein um das Lager auszulasten. In unserem Fall haben die Filialen keine großen Lagerflächen, machen dies aber durch häufige Wechsel der Themenwelten wieder wett. Wird dieses Konzept aufgegeben, werden seltener Erstausstattungen an die Filialen gehen. Demzufolge macht eine Kommissionierung in China dann immer weniger Sinn.

Als weiterer Knackpunkt ist zu erwähnen, dass die Containerinhalte im Zielhafen auf Paletten umgeladen werden müssen, da eine Belieferung der Filialen mit Containern nicht möglich ist. Dazu müssen Stellflächen zur Verfügung stehen, auf denen Container aus- und LKWs eingeladen werden können.

Schlussendlich muss eine Verwendung der vorhandenen Mitarbeiter und Anlagen in Albstadt gefunden werden, da Kosteneinsparungen sonst natürlich nicht möglich sind. Aufgrund der geplanten Expansion ist dies allerdings weniger ernst. Das komplette Lager und die Mitarbeiter können mit der Nachbelieferung der Filialen noch im Jahr 2006 wieder im gleichen Maße ausgelastet werden. Dann nämlich ist bereits eine Verdopplung der Filialenanzahl und des Handelsvolumens geplant.

4 Kommissionierkonzept

In diesem Abschnitt soll nun die Konzeption des Kommissionierlagers für die Vogel GmbH vorgestellt und in seinen Einzelheiten beschrieben werden. Dazu schauen wir zunächst auf den geplanten Prozess. Anschließend wird der konkrete Aufbau des Lagers erläutert.

4.1 Lieferprozess

Der Lieferprozess ist nun folgendermaßen geplant: Sämtliche Lieferanten liefern ihre Ware auf Paletten direkt zum neuen Kommissionierlager in China. Dies geschieht möglichst kurz vor der Kommissionierung. Damit kann auf ein großes Hochregallager verzichtet werden. Der Zyklus wird nämlich vom wöchentlichen Wechsel der Themenwelten bestimmt. Da keine Zwischenlieferung in Deutschland geplant ist, sondern die Waren vom Hafen direkt an die Filialen geliefert werden, müssen die Waren im selben Rhythmus – entsprechend vier Wochen früher – verschifft werden. Daraus wiederum können ein wöchentlicher Kommissionier- und schließlich ein ebenso häufiger Anliefer-Zyklus abgeleitet werden.

Nimmt man nun also an, zu einem Montag x sollen die Waren morgens in der Filiale verfügbar sein, kann man wie folgt auf den Tag des Versands und den Liefertag zurückrechnen (s. Tabelle 1, Reihenfolge der Aktivitäten von unten nach oben):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aus der Tabelle kann entnommen werden, dass die Lieferanten ihre Ware bereits 46 Tage vor dem Verkaufsbeginn in das neue Kommissionierlager bringen müssen. Die Belieferung beginnt erst gegen Ende einer jeden Woche, da dann erst wieder ausreichend Platz im Lager vorhanden ist. Für die Kommissionierung selbst ist eine Woche eingeplant, wobei mehrfach angeliefert wird. Das mag für 300 Paletten recht viel erscheinen, ist aber für die Einarbeitung ein guter Anfang. Später kann durch einen höheren Automatisierungsgrad und mehr Personal eine Kommissionierleistung von 8.000 Paletten pro Woche erreicht werden.

Kommissioniert wird grundsätzlich auftragsorientiert nach Filialen, es soll aber darauf geachtet werden, dass bei der Beladung der Container schon tourenorientiert vorgegangen wird. Dies ist selbst sechs Wochen vor der Auslieferung möglich, da die Touren und die Liefermengen relativ konstant sind. Auch eine neue Filiale, die eine Änderung der Touren zur Folge hat, ist in der Regel zu diesem Zeitpunkt schon bekannt.

Aus dem genannten Vorgehen ist schon zu erkennen, dass dies nicht mit einer Belieferung nach dem Pull-Prinzip funktionieren kann. Es wird eine stringente Push-Belieferung nahe gelegt, um eine bessere Planbarkeit zu gewährleisten.

4.2 Lageraufbau

Wie oben schon angedeutet soll auf ein großes Hochregallager verzichtet werden. Dies lässt sich gut mit einer mehrzonigen, statischen Bereitstellung verbinden. Es werden die Paletten also direkt an die Kommissioniergänge geliefert, am besten natürlich über separate Nachschubgänge. Da die Lieferungen an die verschiedenen Filialen regelmäßig und von vergleichbarem Umfang sind, wird von einer Unterteilung in Kommissionier-Zonen nach ABC-Artikeln abgesehen. Stattdessen wird eine Einteilung entweder nach Warengruppen oder noch praktischer nach Ausmaßen bzw. Gewicht der Gebinde vorgenommen. In diesen Zonen wird nun konsequent parallel gearbeitet.

Die Abgabe und anschließende Zusammenführung der Kommissionen erfolgt also zentral und wird mit der Verladung in die Container zusammengelegt. Wie schon im Abschnitt 2.2.1 Auftragszusammenführung geschildert, ist diese Variante bei vielen Positionen – pro Woche immerhin etwa 200 – zu favorisieren. Angedacht sind außerdem mehrere Bereiche, in denen die Kommissionen, die sich noch auf Paletten befinden, nach Touren bzw. Liefergebieten in Container verladen werden. In der ersten Zeit wird es sich dabei nur um zwei bis drei Container wöchentlich handeln. Im Szenario 2008 jedoch werden jede Woche 200 Container versendet.

Aufgrund der geringen Arbeitskosten in China wird von einem hohen Automatisierungsgrad (vorerst) abgesehen. Die vorwiegend manuellen Kommissioniertätigkeiten sollen lediglich durch Transportmittel (Stapler, Förderer) unterstützt werden. Denkbar wäre auch eine Implementierung eines so genannten „Pick-by-Light“ Systems. Zumindest aber soll die Basis für eine weitergehende automatische Kommissionierung gelegt werden, indem alle Prozesse sauber dokumentiert und die verwendeten Systeme zur Lagerverwaltung und Programmplanung mit universellen Schnittstellen ausgestattet werden. Auch soll ein Datenmodell über den gesamten Prozess erstellt und gepflegt werden um eine spätere halb- oder sogar vollautomatische Kommissionierung zu vereinfachen. Da auch in China die Löhne steigen, ist mit einer fortschreitenden Technisierung zumindest zu rechnen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine schematische Darstellung des Kommissionierlagers ist in Abbildung 1 zu sehen. Zu beachten ist, dass der Kommissionierbereich nur angedeutet ist. Er umfasst im Bild nur zwei mal acht Rollenförderer für die Zwischenlagerung der Paletten. Bei 200 Produkten wären für die Anfangsphase aber zumindest 100 Doppelreihen, d.h. 200 Rollenförderbänder mit einer Länge von je 18m, nötig (man könnte dann von beiden Seiten aus zugreifen). Damit ergäbe sich eine Lagerkapazität von 1.500 Paletten[19] im Kommissionierbereich und etwa 80 im Warenausgang. Deutlich zu erkennen ist die Trennung von Wareneingang, Kommissionierbereich und Warenausgang. Ein Lager dieser Art würde eine überdachte Fläche von etwa 5.624m² benötigen.[20] Hinzu kämen noch 5% Verwaltungsflächen, 243m², und Außenflächen für die An- und Ablieferung.

Um eine Lagerkapazität und einen entsprechenden Wochenumschlag von 8.000 Paletten zu erreichen, werden die Lieferzyklen erhöht, so dass nahezu täglich angeliefert wird. So ist die Lagermenge unter 1.500 Paletten zu halten.

Im Wareneingang werden acht Rampen benötigt, die kalkulierte Stundenleistung pro Rampe wird auf 60 Paletten geschätzt (inkl. Verstauung im Lager), womit sich bei sechs Anliefertagen eine maximale Gesamtleistung von 9.000 Paletten und somit ein Puffer für späteres Wachstum ergibt.

Im Warenausgang ist ein System von Rollenbahnen vorhanden, welches als Puffer dient und zusätzlich eine Sortierfunktion ausübt.[21] Die Beladung eines Containers dauert durch das kistenweise Einladen etwas länger, dafür steht aber auch mehr Zeit zur Verfügung. Geht man von einer Leistung von 40 Paletten (das entspricht einem 40-Fuß-Container) pro Stunde und einer Beladung an sechs Tagen je zwölf Stunden aus, sind mit fünf Rampen 14.400 Paletten pro Woche zu schaffen, womit auch hier für einen Puffer gesorgt ist.

4.3 Organisatorisches

4.3.1 Standortwahl

Die Standortwahl ist in China fällt eigentlich nicht schwer. Tatsache ist, dass auf Grund eines schlechten Straßennetzes[22] sowie der langen Transportzeiten über den Schienenweg[23] ein Ort nahe an einem größeren Hafen gesucht werden sollte. Damit sind kurze Transportwege und –zeiten garantiert. Allerdings ist von den rund 460 chinesischen Häfen nur ein Teil von größerer Bedeutung.[24] Möglich wären neben Hongkong und Shanghai (mit Singapur weltweit die größten Containerhäfen gemessen am jährlichen Containerumschlag) wären auch Shenzen oder Qingdao.

In Europa wird man wahrscheinlich einen Hafen im Nordwesten, also Rotterdam, Hamburg etc., wählen, da die meisten Containerschiffe diese Häfen anlaufen. Allerdings wäre aber auch ein Hafen im mittleren oder westlichen Mittelmeer denkbar. Damit ließen sich etwa 2.000 – 3.000 Seemeilen Schiffsweg sparen, was einen Zeitvorteil von etwa einer Woche ermöglicht. Die Transportzeiten über den Landweg zu den Filialen würden bei einer europaweiten Belieferung nicht wesentlich höher ausfallen und den Zeitvorteil bei weitem nicht übersteigen.[25]

Viel entscheidender als die Standortwahl ist jedoch die rechtliche Situation. In China benötigt man eine so genannte A-Lizenz um als Logistiker operativ selbst tätig werden zu können. Diese erhielt man bis vor kurzen nur, indem man ein Joint Venture mit einem chinesischen Unternehmen einging. Diese Regelung wurde zwar etwas gelockert, ist aber trotzdem wenig durchschaubar und mitunter von der Willkürlichkeit lokaler Ämter abhängig.[26] Aus diesem Grund und wegen der bestehenden Beziehungen eines chinesischen Logistikers ist ein Joint Venture zu empfehlen bzw. nicht zu umgehen. Diesem stehen womöglich sogar schon geeignete Immobilien und Arbeitskräfte zur Verfügung, die für das Kommissionierlager benötigt werden, so dass sich das Problem der Standortwahl von selbst löst.

4.3.2 Aufbauorganisation

Die Aufbauorganisation kann relativ einfach und die Hierarchie flach gehalten werden. Für die Leitung ist zumindest ein Gesandter aus Deutschland zu empfehlen, evtl. in Kooperation mit einem Vertreter des Joint Venture Partners. Diesem können anfangs die Kommissionierer direkt unterstellt sein. In späteren Jahren, also bei größerem Warenumschlag und mehr Mitarbeitern wird für jede Kommissionierzone sowie für Wareneingang und Versand ein Gruppenleiter bestimmt. Hinzu kämen ein kleiner IT- und ein Personalbereich.

4.3.3 Zeitplan

Der Zeitplan für die Planung und Umsetzung des oben beschriebenen Kommissionierlagers soll hier nur grob skizziert werden. Er ist abhängig von wesentlichen Faktoren, wie die rechtlichen Hürden in China oder das Finden eines geeigneten Standorts.

Die Planungsphase enthält sämtliche den Lageraufbau betreffende Planungs- und Koordinations- sowie alle organisatorischen Tätigkeiten. Sie kann im optimalen Fall in wenigen Monaten abgeschlossen sein, aber auch ein Jahr oder länger dauern, speziell, wenn rechtliche Schwierig-keiten auftreten. Parallel zur Planung kann bereits mit der Implementierung des Lagersystems und der Ausarbeitung der Schnittstellen begonnen werden.

Der Aufbau, also die Montage des Lagers, wird bei guter Planung in drei Monaten möglich sein, dies ist durch den relativ niedrigen Automatisierungsgrad und das Verwenden von bereits allgemein üblicher Technik zu begründen. Bereits 1988 wurde ein deutlich größeres Lager von Eduscho in dieser Zeit realisiert.[27] Daher kann in dieser Zeit sogar ein Testbetrieb von zwei bis vier Wochen stattfinden.

Unter Berücksichtigung dieser Werte und eines Beginns im Januar 2006 ergibt sich folgender Zeitplan (s. Abbildung 2). Ein Probebetrieb kann also schon im vierten Quartal desselben Jahres mit 1.500 bis 2.000 Paletten wöchentlich durchgeführt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.4 Informationsfluss zwischen Deutschland und China

Wichtig für den Erfolg des gesamten Projekts ist natürlich ein gesicherter und effektiver Informationsfluss zwischen der Zentrale in Deutschland und dem Standort China. Überlegen wir kurz, welche Informationen wann benötig werden.

Der Einkauf sollte irgendwann wissen, welche Ware und in welcher Menger er bei welchem Lieferanten bestellt hat. Idealerweise geschieht dies in Absprache mit dem Vertrieb, der dann auch gleich einen Liefertermin und die genaue Liefermenge für jede Filialen nennen sollte. Das Kommissionierlager weiß nun die Vorlaufzeit für die Verschiffung und kann dem Lieferanten den geforderten Liefertermin mitteilen. Die Zentrale bekommt diesen Termin als Bestätigung des Planungsstandes ebenfalls mitgeteilt. Sobald dann die Ware tatsächlich auf dem Weg ist, wird die tatsächliche Liefermenge je Filiale an den Vertrieb übermittelt, damit eine korrekte Abrechnung auch bei Abweichungen erfolgen kann. Abbildung 3 zeigt den Informationsfluss schematisch.

[...]


[1] vgl. Macher: Gespräch am 15.11.2005

[2] vgl. Bunt: Gespräch am 16.11.2005

[3] vgl. Vogel: Gespräch am 15.11.2005

[4] VDI Richtlinie 3590: Blatt1, Seite 2

[5] vgl. Frischkorn, G.: Seite 1

[6] vgl. Pieper, R.: Seite 99

[7] vgl. Pieper, R.: Seite 9

[8] vgl. Pieper, R.: Seite 102

[9] vgl. Pieper, R.: Seite 10

[10] vgl. Marquardt, H.-G., Schütze, O.: Seite 8f

[11] vgl. Nordemann, B: S. 25

[12] vgl. Frischkorn, G.: Seite 1 und Pieper, R.: Seite 9

[13] vgl. Pieper, R.: Seite 10

[14] vgl. Vogel: Gespräch am 16.11.2005

[15] Das entspräche einem Fassungsvermögen von rund 120 Paletten je Container. Ein 40-Fuß ISO-Container hat aber nur ein Volumen von rund 67m³ (vgl. o.V. [ISO-Container]), eine Palette etwa 1,7m³ (vgl. o.V. [Europalette] bei 1,8m Stapelhöhe). Damit ergibt sich ein Fassungsvermögen von maximal 40 Paletten

[16] vgl. Vogel: Gespräch am 16.11.2005

[17] vgl. Hapag Lloyd und Spunk, M.

[18] Herleitung: In jeder Saison gibt es etwa 1.500 saisonspezifische Artikel, die wöchentlich ausgetauscht werden. Bei sieben Saisons ergibt sich also eine Menge von 1500 / (52 / 7) = 200 Artikeln.

[19] Herleitung: Im Jahr 2006 strebt die Vogel GmbH ein Vertriebsnetz mit 200 Filialen an. Aus o.g. Zahlen (s. Abschnitt 3.1) lässt sich daraus ein Jahresdurchschnitt von 200.000 Paletten ableiten. Davon entfällt voraussichtlich die Hälfte auf Erstlieferungen, womit sich 2.000 Paletten pro Woche ergeben.

[20] Herleitung: Breite der Halle: 38m; Länge der Halle: Wareneingang: 6m, Warenausgang: 12m, Paletten-Speicher (jeweils 2 mal 100 Reihen à15 Paletten): 100m; Gänge: 10 mal 3m; Gesamtfläche: (6m + 12m + 100m + 30m) * 38m = 5.624m².

[21] vgl. Alicke, K.: S. 60

[22] vgl. Grein, M.: S. 27

[23] vgl. bfai: S. 22

[24] vgl. Grein, M: S. 30

[25] vgl. Hoffmann, H.: sinngemäß: „Ein LKW fährt von Spanien nach Prag in ca. 12 Stunden.“

[26] vgl. bfai: S. 33.

[27] vgl. Bädorf, W.: S. 43

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Konzept eines Kommissionierungslagers in China für die direkte Belieferung von Filialen
Untertitel
Basierend auf einer fiktiven Fallstudie
Hochschule
Württembergische Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie e.V.
Veranstaltung
Geschäftsprozesse, Unternehmensberatung
Note
1,5
Autor
Jahr
2005
Seiten
23
Katalognummer
V49982
ISBN (eBook)
9783638463034
ISBN (Buch)
9783638660747
Dateigröße
823 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Fallstudie: Die Vogel GmbH ist ein mittelständiges Handelsunternehmen aus Albstadt, welches ein kleines Netz von Filialen in Deutschland zum Vertrieb von Heimtextilien und Wohnaccessoires besitzt... Da die Waren fast ausschließlich in China eingekauft werden, kam der Gedanke auf, einen Teil der Kommissioniertätigkeiten dorthin zu verlegen. Mit ersten Überlegungen und der Erarbeitung eines Konzepts zu dieser Fragestellung befasst sich die vorliegende Arbeit.
Schlagworte
Konzept, Kommissionierungslagers, China, Belieferung, Filialen, Geschäftsprozesse, Unternehmensberatung
Arbeit zitieren
Jakob Müller (Autor:in), 2005, Konzept eines Kommissionierungslagers in China für die direkte Belieferung von Filialen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49982

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